1897 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Nov 1897 18:00:01 GMT) scan diff

Parlament leistungsfähig zu erhalten, während die Obstruktion danach trachte, die Thätigkeit des Parlaments zu hemmen. Der Vize⸗Präsident erinnerte an den Inhalt der vorgestern estellten Anträge und sagte, man möge von ihm nicht ver⸗ angen, daß er die Geschäftsordnung als nur dazu geschaffen ansehe, die Thätigkeit des Parlaments zu hindern. Die An⸗ träge des Abg. Hofmann von Wellenhof wurden darauf in namentlichen Abstimmungen abgelehnt. Nach weiteren fünf namentlichen Abstimmungen ging das Haus zur Fortsetzung der Verhandlung über die Ministeranklagen wegen der Sprachenverordnungen über. Der Abg. Dr. Vasaty cu keiner Partei gehörig wandte sich gegen die Begründung der Ministeranklagen. Vie Sprachenverordnung bilde keine Schädigung des deutschen Volkes, weil sie nur die Parität 327 beiden Nationen bejwecke und für das czechische olk sei sie nur ein ärmliches Almosen. Die Regierung habe dieselbe erlassen, um das chzechische Vol einer Bagatelle abzufertigen, die nicht ernst ge⸗ meint sei und jeden Augenblick widerrufen werden könne. Def ungeachtet erklärte der Redner, die Zurückziehung der Sprachen⸗ verordnungen würde die Obsiruktion seitens aller Slaven zur Folge haben. Er sei jedoch damit einverstander, daß man sie aufhebe und die ganze Frage auf gesetzmäßigem Wege regele. Der Abg. Dr. Menger (deutschfortschr) führte aus, daß die Sprachenfrage auf gesetzmäßigem und parlamentarischem 6 hätte geordnet werden müssen. Die Regierung habe die Grenzen ihrer Kompetenz überschritten, weshalb die An— klage gerechtfertigt sei. Der Kampf gegen die Sprachen ver⸗ ordnung werde nicht nur im Interesse der Deutschen, sondern aller Völker des Reichs geführt, welche ein Interesse daran hätten, daß die Grenzen zwischen Exekutive und Legislative eingehalten würden. Der Redner wies gegenüber den Vorwürfen, welche der Linken wegen der Obstruktian gemacht würden, darauf

mit

hin, daß die Jungczechen selbst, im Falle der Zurückziehung der

Sprachenverordnung, mit Obstruktion drohten und daß die⸗ selben seiner Zeit gegen wirthschaftliche Vorlagen, wie die Steuer⸗ reform u. s. w, Obstruktion gemacht hätten; Lie Obstruktion der . richte sich aber nur 1 die Verfassungsver⸗ letzung. Redner erklärte: so heftige Worte auch auf seiten seiner Partei fielen, so sei diese doch von aufrichtiger Loyalität für den Staat erfüllt; seine Partei kämpfe für den Staat, für alle Völker, nicht bloß für die Deutschen. Redner schloß mit dem Aus⸗ druck des Wunsches, daß der schwere Schaden, den die Sprachenverordnungen mit sich brächten, so schnell als möglich beseitigt werde, darnit es möglich sei, das bevorstehende große Fest in Versöhnung und Frieden zu feiern. Der deutschfortschrittliche Abg. Peschka brachte darauf einen . ein, wonach der 3 X der Gesetzentwurfs, betreffend das Ausgleichs⸗-Proviso⸗ rium, dahin geänderi werden soll, daß das Gesetz am 1. Januar 1898 in * zu treten habe, jedoch nur dann, wenn bis dahin die Vorschriften über den Mahlverkehr zwischen beiden Reichshälften aufgehoben seien. Der deutschfortschritt⸗ liche Abg. Lecher interpellierte wegen des Abschlusses eines Gegen⸗ seitigkeits vertrages zwischen ö und den Ver⸗ einigten Staaten. Hierauf wurde die Verhandlung abgebrochen. Unter den ö des Hauses befinden sich eine Inter⸗ pellation des Abg. Dr. Byck wegen der Arbeiterexcesse in Chodorow vom 5. April d. J. und eine Interpellation des Abg. Prade wegen Defraudationen bei der wechsel⸗ seitigen Versicherungsgesellschaft in Krakau.

Der zur Berathung über die Autonomie der Katho—⸗ liken Ungarns einberufene Kongreß ist gestern in Budapest eröffnet worden.

Frankreich. Die Anfallsteuer auf die Güter der geistlichen Kongregationen betrug in den ersten 19 Monaten des Jahres 1897 424 000 Fr. gegen 254 000 Fr. im Vorjahre.

Rußland.

Ein Kaiserlicher Ukas verfügt, wi „W T. B.“ aus St. Petersburg meldet, daß, nachdem es für angezeigt er⸗ achtet werden sei, einen stän digen Geschäftsträger in Karlsruhe einzusetzen, der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister bei dem Königlich württem⸗ bergischen und dem Großherzoglich badischen Hofe, Fürst Cantakuzene, unter Belassung in seiner Stellung bei dem Königlich württembergischen . der Stellung eines außer⸗ ordentlich n Gesandten und bevollmächtigten Mmisters bei dem Großherzoglich badischen Hofe enthoben werde.

Dem russischen Gesandten in Washington von Kotzebue ist die aus Gesundheitsrücksichten nachgesuchte Dienstentlassung hewilligt worden.

Italien.

Der Papst hat, dem, W. T. B. zufolge, den Zusammen⸗ tritt der Synode des koptischen Patriarchats in Kairo behufs offizieller Proklamation der Patriarchatsver⸗ n. unter Abhängigkeit von dem Papst genehmigt. Mon⸗ ignore Sog gro ist von Seiner Heiligkeit als theologischer Beirath zur Synode ebgeodnet worden und mit Instruktionen nach Kairo abgereist.

Türkei.

Der bisherige deutsche Botschafter Freiherr von Saurma⸗ Jeltsch ist gestern von Konstantinopel abgereist. Der neu⸗ ernannte Botschafter Freiherr Marschall von Bieberstein, welchem der Einführer des diplomatischen Korps Ibrahim Rasich-Bey und der Dragoman Dr. Gies bis Aorianopel entgegenreisen, wird, dem „W. T. B.“ zufolge, zunächst nur achl Tage in Konstantinopel verweilen und dann zu Weih⸗ nachten auf seinen Posten zurückkehren.

In der vorgestrigen Sitzung der Bevollmächtigten für die Friedensunterhandlu ngen wurde die Frage, betreffend die freie Auswanderung der Bewohner der wieder abgetretenen Gebietstheile, praktisch geregelt. In der gestrigen Sitzung wurden dann die Verhandlungen über die beiden noch unerledigten Artikel des Friedensvertrages, nämlich die Aenderung der Kapitulationen und die Entschäͤdigungen für beschädigtes Privat⸗ eigenthum, fortgesetzt.

Die „Times“ meldet aus Kanea vom gestrigen Tage, daß von den Admiralen auf die ihnen übersandte Adresse der kretischen Nationalversammlung die Antwort ertheilt worben sei, sie hätten von den Forderungen der Kreter Kenntniß genommen, seien aber, so lange die Ernennung des Gouverneurs noch nicht erfolgt sei, nicht in der Lage, eine end⸗ gültige Antwort zu geben.

Griechenland.

Die Session der Deputirtenkammer ist gestern in Athen feierlich eröffnet worden.

Schweden und Norwegen.

Bei den gestern im Amte Nedenges, welches mit 4 Stimmen im Storthing vertreten ist, vorgenommenen Wahlen siegte, wie B. T. B.“ aus Christiania erfährt, die Lin ke, deren Mitgliederzahl dadurch auf 77 gestiegen ist. Mit dieser Stimmenzahl besißt die Partei nunmehr eine Stimme über die absolute Mehrheit, welche erforderlich ist, um Verfassungsänderungen durchsetzen zu können. Auch bei den noch ausstehenden Wahlen rechnet die Linke auf einen Zuwachs.

Dänemark.

Der Kronprinz hat sich am Mittwoch, wie W. T. B.“ meldet, zum Besu der verwittweten Herzogin von Anhalt-Bernburg von Kopenhagen nach Ba 3 begeben.

Im Landsth ing wurde gestern die Berathung der Zoll⸗ reform fortgesetzt. Der Finanz⸗Minister Hörring erklaͤrte, die Regierung sei nicht gewillt, einen Zollschutz für landwirth⸗ schaftliche Produkte vorzuschlagen.

Amerika.

Aus Gibara wird gemeldet, der General Weyler sei daselbst während der Ausbesserung des havarierten Packet⸗ bootes „Montserrat“ an Land gegangen, wobei ihm militärische Ehren erwiesen wurden. Er habe auch das Kasino besucht, wo mehrere Reden gehalten worden seien. Der Marschall Blancg habe die Behörden von Gibara abgesetzt.

Nach einer dem New⸗Hork Herald“ aus Puerto Prin⸗ cipe zugegangenen Depesche hat daselbst vor kurzem wegen ungenügender Lebensmittel-⸗Rationen und rückständiger Löhnung eine Empörung unter den spanischen Soldaten stattgefunden.

Asien.

. Der „Times“ wird aus Maidan berichtet, daß die bri⸗ tischen Operationen am Dienstag trotz der schweren Verluste des Feindes ohne Erfolg gewesen seien. Der moralische Vor⸗ theil sei auf seiten der Afridis gewesen, welche gut. be—⸗ waffnet seien. Sie hätten Munition im Ueberfluß und besäßen e, von Martini⸗Gewehren und auch mehrere Lee⸗Metford⸗

ewehre, wie aus zahlreichen Verwundungen britischer Soldaten hervorgehe.

Aus Simla wird vom gestrigen Tage gemeldet, daß eine zweite Rekognoscierung, welche am Donnerstag nach dem Saran-Sar⸗-Berge im Maidan⸗Thale vorgenommen worden sei, einen großen Erfolg gehabt habe. Die Vertheidigungs⸗ linien von vier Dörfern seien zerstört worden. Auf britischer Seite sei ein Offizier verwundet und ein Sepoy getödtet worden. Der Feind habe schwere Verluste erlitten.

Aus Bombay erfährt W. T. B.“, es verlaute dort, daß eine oder zwei Abtheilungen der Streitkräfte des Generals Blood sofort gegen die Uman Khels vorgehen würden. Den Bonerwals sei eine Verlängerung der Bedenkzeit bezüglich der Annahme der von den Engländern gestellten Bedingungen bis zum 15. November zugestanden worden.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani! aus Tanger vom gestrigen Tage sind der Kapitaͤn des italienischen Segel⸗ schiffes ‚„Fiducia“, Razeto, und drei Portugiesen, welche von Riffpiraten gefangen genommen waren, wieder in Freiheit gefttzt worden und auf dem Dampfer „General Valdes“ in Tanger eingetroffen. Es befinde sich jetzt kein weiterer Ge⸗ fangener in den Händen der Riffpiraten.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Kairo berichtet, daß die egyptische Garnison für Kassala etwa 2000 Mann betragen werde. Die Truppen würden über Massowah nach Kassala abgehen und ungefähr am 24. Dezember dort eintreffen.

Aus Prätoria wird gemeldet, daß der Volksraad einen Antrag auf Herabsetzung der der Eisenbahngesellschaft vom Staate zugestandenen Benefizien um 200 000 Pfund Sterling angenommen und die Regierung beauftragt habe, in der nächsten Session eine Berechnung der Kosten für den Ankauf der Eisenbahn sowie die Details einer Anleihe zur Deckung dieser Kosten vorzulegen. Die vom Volksraad genehmigten neuen Zollbestimmungen würden mit dem Januar nächsten Jahres in Kraft treten.

Die Träger der Hinterland Expedition des Oberst⸗Lieutenants Northeott sind, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, nach Cape Coast Cast le zurückgekehrt; sie weigern sich zu mar⸗ schieren, falls sie nicht dieselbe Fleischration erhalten, wie bei der letzten Expedition. *

Parlamentarische Nachrichten.

Nach der amtlichen Feststellung erhielten bei der am 8. d. M. im 1. Potsdamer Reichstagswahlkreise (West⸗ prignitz vorgenommenen Stichwahl der Landtags-Abgeordnete MaxSchulz⸗Berlin (fr. Volksp) 7459, der Ritterschafts⸗ Direktor von Saldern-Perleberg (8. kons.) 5994 Stimmen. Ersterer ist somit gewählt.

Heft 6 (1897) des Archivs für Gisenbahnwelen“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Verlag von Julius Springer, Berlin), hat folgenden Inhalt: Studien zur Heschickte des breußischen Eisenbahnwesens (V. Schluß), von Fleck. Die Güterbewegung auf den russischen Eisenbabnen im Jahre 1834, gegenübergestellt den Jahren 1888 und 1891 —393. Die Eisenbahnen Deutschlands, Englands und Frankreichs in den Jahren 1893 1895. Die Königlich württembergischen Staats⸗ eisenbabnen im Rechnungsjabr 1895/1896. Wohlfahrte einrichtungen der Königlich württembergischen Verkehrsanstalten. Die Eisenbahnen im Großherjegthum Baden im Jahre 1895. Die Eisenbahnen im Königreich der Niederlande im Jahre 1895. Die belgischen Eisenbahnen im Jahre 1895. Die rumäni⸗ schen Eisenbahnen. Die Eisenbahnen in Auftralien. Kleinere Mittheilungen: Die russischen Getreidetarife vom 1/13. No- pember 1897; Norwegische EGisenbahnbauten; Bahnen in Kleinasien; Eisenbahnen in den Vereinigten Staaten von Columbien; Eisen⸗ bahnen in Japan; Eisenbahnen in Algier, Tunis und den übrigen französischen Kolonien und Schutzgebiesen am 31. Dejember 1895, Statiftisches von den Gisenbahnen Rußlands; Statistisches von den deutschen Cisenbahnen. Rechtsprechung Deffentliches Eisenbahn⸗ techt (Urtheil des Königlichen Ober⸗Verwaltungsgerichts vom 4. Juni 1897). Gelege bung Deutsches Reich Preußen; Württemberg; Desterreich; Schwei; Italien; Rußland; Venezuela. ;

Arbeiterbewegung.

In Mainj waren in der Schuhfabrik von S. Wolf we des Lohneg der Zwicker an einer neuen Maschine Streini 8 ausgebrochen. Eine Besprechung der Lohnkommission mit dem Arbeit. geber führte, wie die ‚Frlf. Zig. berichtet, zu keinem Resultat. da dieser jedes weitere Zur flirt ablehnte. Gegen 60 Zwicker, Aus putzer und Handarbeiter reichten hierauf ihre Kündigung ein, die an. h ird der Köln. It ldet: 200 B us Lens wird der Köln. Ztg.“ gemeldet: ? ergleut

der Grube Nr. 3 der Gesellschaft Livin verweigerten am Hie, früh die Weiterarbeit. mer ,

Aus Antwerpen wird demselben Blatt geschrieben, das Ver⸗ hältniß zwischen den Diamantarbeitern und ibten Arbeitgebern habe sich wieder zugespitzt, und die Zahl der Ausftändigen sei be— deutend gewachsen.

Statifstik und Volkswirthschaft.

Die Landwirthschaftsbetriebe in Großbritannien.

In den Agricultural Returns“ des Board of Agriculture für 1856 Eondon 1897) sind die Ergebnisse der jüngsten Erhebungen in Großbritannien über Zahl und Größe der landwirth—. schaftlichen Betriebe, die Besitzverhältnisse (Eigen oder , und den Anbau veröffentlicht. Ohne auf die Metbode der Erhebung hier näher einzugehen, seien daraus in Nach. 1 einige auch für deutsche Leser interessante Angaben mit. getheilt.

Leider gebricht es auch in Großbritannien noch so gut wie gan an einer zuverlässigen landwirthschaftlichen Grundeigenthums. stat ist ik. welche die Grundeigentbumevertheilung, aus der die eigen. artigen Betriebsverhältnisse vielfach herzuleiten sind, klar erkennen ließe. Man weiß nur im Großen und Ganzen, daß das Grund eigentbum sich in verbältnißmäßig wenigen Händen befindet, neben dem Besitz der Krone und der Stiftungen meist in den Händen sehr reicher Familien, und zwar in der Regel fideikommissarisch gebunden. Nicht erstreckt sich ferner die Statistik auf das Waldland, sowie auf das Gebirge land und Heide (Mountain and Heath Lands), welche in weiter Ausdehnung als geringe Weide (Rough grazing pastures) benutzt werden. Die folgenden Zahlen betreffen nur die sogenannte Cultivatsd area under Crops and Grass, das sind in ganz Großbritannien ca. 32 562 000 Acres (1 Acre 0,40 ha)] neben etwa 12 683 000 Acres Gebirgs- und Heideland und 2726 000 Acres Wald und Schonungen. Auch diese Ziffern für die Cultivated area wollen er= sichtlich nicht ohne weiteres als genau gelten, wie schon nachstehende Zahlen lehren werden.

Es wird in den Rsturns des Board of Agrigulturs folgende Uebersicht über die Agricultural Holdings, d. h. die eigent⸗ lichen Wirthschaften, nach der Aufnahme vom Juni 1885 gegeben:

- Durch⸗ Zahl Fläche in Acres

schnitts. absolut Oo absolut 0so 117 968 2268 366782 1,13 149 818 28,89 1 667 647 512 S6 663 16471 2 564 956 35.79 b6 625 12381 43885 203 15. ol 245 15,6213 875 914 13 568 261 5113 945 41616 689 3001184 1000 6063 O12 801862

im Ganzen 520 106 100 0032 577513

Hier sind also die kleinen Agricultural Holdings von * bis unter 1 Acre, deren Zahl sich 1885 auf 25 512 mit einer Fläche von 11195 Acres bezifferte, nicht mitgerechnet, gleichwohl aber erhält man eine Fläche von 32577513 Acres (1885: 32 558 252 Aeres einschl. von ca. 12 500 Baumpflanjungen) . Außerdem aber sind in dieser Ueber. sicht auch nicht untergebracht die Holdings mit weniger als 4 Acre 0,1 ha) und die Allotments von und unter 1 Aere (also alle Parzellenbetriebe), welche letztere mit den Holdings von t bis unter 1 Acre zusammen bei den Zählungen von 1895596 die Zahl von 579 133 erreichten, demnach nicht unbeträchtlich stärker ver⸗ treten waren als die oben gejählten Holdings über 1 Aere. Es wird weiter unten auf, diese zahlreichen kleinen Parzellen betriebe noch zurückzukommen sein, vorlaufig sei hier das Vorhandensein derselben nur festgestellt.

Betrachtet man lediglich die in obiger Uebersicht berücksichtigten Be⸗ triebe, so machen nach der in den Returns des Board of Agriculturs angenommenen Unteischeidung aus

die Smalgl farms“ bis zu einer Größe von 50 Aeres (20 ha): 68 der Zahl und 15 der Fläche,

die „Medium-sized farms“ über 50 300 Aeres (über 20 bis 120 ha): ca. 283 0lo der Zahl und 57g 9 der Fläche,

die „Large farms“ über 3800 Acres (aber 120 ha): ca. 3 9 der Zahl und 275 9 der Fläche.

Die Besitzverhältniffe (Eigen- oder Pachtbetrieb) werden in nachstehender Uebersicht vor Augen geführt.

Von 100 Betrieben einer jeden Größenklasse hatten

nur nur theils Pacht̃⸗, Zu⸗ . Pachtland Eigenland theils Eigenland sammen über 1— 5 Aeres 3,9 14,6 165 1000

5 20 = 20— 50 50 100 100— 300 300 500 5 OM -= 1000

Größe

über 1 5 Aeres

,

20 50 50 100 100 –— 300 300 500 500 - 1000

So o C c DO dd C

über 1000 Acres im Ganzen 84.5 Von 100 Acres einer jeden Größenklasse waren

33

100,0

Pacht land 85,3 86,3 87,7 89,1 88,6 84,0 75,0

zusammen 100,0

Eigenland 147 13,7 12,3 10,9 11,4 16,0 25,0

60.4 396 .

85,8 14, 100,0

Der Pacht betrieb hat also ein ganz außerordentliches Ueber⸗ gewicht über den Eigenbetrieb und worauf im Unterschiede in den deutschen Verhältnissen noch besonders hingewiesen sei dot allem in den mittleren Größenklassen.

Von den Anbauverhältnissen soll bier nur der Unterschied zwischen Permanent pastur e, d. i. dauernd in Kultur gehaltener Weide, und Arab le Land, d. i. Ackerland, in Betracht gezogen werben, wobei jedoch bemerkt sei, daß auch ein erheblicher Theil des Ackerlandes vorübergehend mit Grat zur Weide und Heugen innung bebaut zu werden pflegt. Das Ackerland ist im Ganzen von 1876 bis 1595 von rund is G00 000 auf 15 800 000 Acres herabgegangen, während die Fläche der dauernden Weide (immer ohne die .

and Heath Lands) im gleichen Zeitraum von ö. . h00 n

des ter an en

1'— 5 Aeres 5 20 ö 20— 50 50 100 100 300 300 500 500 - 1000 über 1000 Acres

über

auf mehr als 16700 009 Aeres zugenommen hat. von besonderem Interesse, den Umfang sowohl d Ackerwirthschaft wie des Weide und den einzelnen Betriebegrößenklassen zu betrachten. Zahlen werden dies ermöglichen.

Sie verlangen Lohnerhöhung. Die Ruhe it

Von 100 Betrieben einer jeden Größenklasse hatten J theils Weide⸗ eee 2. zusammen

100, 0

nur nur Weideland Ackerland

5 Acres 51,8 44,8

Tür 57 enklasse waren Ackerland 33,3 30,6 37,8 45,5 50,7 565, 0 58,2 52.6

100.0

zusammen

5 Aeres 66,7 k 69,4 h0 62,2 100 54, 1 300 49,3 45,0 41,8 474 =

51,0 49,0 190,0

Nur mit dauerndem Weideland wirtbschaften also im Ganjen 32, 000 der hier in Betracht kommenden Betriebe (Neldings ber 1 Acre), und dieses Verhältniß steigt bei den Kleinbetrieben von = 20 Acres auf 448 oo, bei denen von 1–—5 Aeres sogar auf 51,8 oso, wäbrend es bei den Großbetrieben über 309 Aeres zwischen 3,6 und 416 schwankt. Auch der Antheil des Weidelandes an der Fläche sst bei den Kleinbetrieben am größten, bei den Großbetrieben am fleinflsen, wobei immer wieder darauf binzuweisen ist, daß unter diesem Weideland weder vorübergebend mit Gras bebaute A erstücke, noch die Mountain and Heath Lands verstanden sind.

Bezüglich der in obigen Zahlenübersichten nicht aufgeführten kleinen . von 1 Acre (— 0,40 ha) und darunter sei zum Schlusse noch bemerkt, daß in den Returns des Board of Agriculturs für 1885/86 eine von den neuen Returns abweichende Behandlung derselben ftattgefunden hat, wo— durch eine Vergleichung der beiden Erhebungsergebnisse über haupt wefentlich beeinträchtigt wird. Es wurden, wie schon erwähnt, 1535 die Holdings bis zur Größe von K Aere (- 0, 10 ha) herab mit- gerechnet und dann 1886 getrennt ven diesen Holdings die sogenannten Ilotments, wie folgt, gezählt: 1) Allotments or Field Gardens nicht über 4 Acres, ohne Gehöft oder Wobn baus ausgenommen die Railway Allotments) ; 2) ebensolche Rail way Allotments, d. h. von den Eisenbahn Gesellschaften an Angestellte ũberwiesene Aecker, ohne Angabe eines Flächenmaßes; 3) Garden AIUotments (ausgenommen Railway A.) von 3 Acre und mehr mit Geböft oder Wohnhaus, ohne Angabe eines Höchstflächen⸗ maßes; 4) ebensolche Railway Allotments, aber ohne Angabe irgend eincß Flächenmaßeß. Außerdem waren 1886 noch gejählt die Arbeiter, welche Kartoffeläcker oder freie Weide für eine Kuh oder auch ein be⸗ stimmtes Ausmaß von Land zum gleichen Zwecke von Farmen erhalten hatten, im Unterschiede von Allotments. Bei den Allotments ohne Gehöft (Field Gardens) waren 1886 unterschieden die unter 3, 6 *,

1 Acre und von 1—4 Acre und zwar auch nach dauernder eide und Ackerland. Sie waren zumeist als in Pacht be⸗ sfindlich bezeichnet, theils mit jährlichen, theils mit kürzeren Pachtrerioden bis zu einer Woche herab. Die Returns für 1895/96 werfen die Betriebe von mehr als 1 Aere, wie es scheint, ohne jede Räcksicht auf den Charakter als Allotments, zusammen; ebenso die Betriebe von 1 Acre und darunter, nur daß bei diesen letzteren die Allotments bis zum kleinsten Ausmaß, die Holdings nur bis zu . Acre herab gezählt sind. Dabei ist weder 1885 die Gesammtfläche der Allotments, noch 1895 die der Betriebe unter 1 Aere berechnet. Gs hanrelt sich, wie bereits erwähnt, um mehr als 570 009 solcher kleinen Parzellenbetriebe, also um die größere Hälfte der Betriebe sberhaupt, da man den Allotments zumal bei einem Vergleich mit der dentschen landwirthschaftlichen Betriebsstatistik, welche die kleinen Be⸗ irieke von 1 a und darunter neben den größten Betrieben in Rechnung stellt keinesfalls den Charakter von Betrieben im statistischen Sinne wird absprechen dürfen. Es fällt dies besonders bei der sehr häuig beliebten Berechnung und Vergleichung von. Durchschnitts⸗ betriebsgrößen von Land zu Land ins Gewicht. Die oben in der erflen Zahlenübersicht berechneten Durchschnittägrößen gelten nur für die 265 166 Holdings über 1 Acre; wollte man den Durchschnitt sämmtlicher Betriebe finden, so müßte man weitere 579 133 in Rech— nung stellen, was ein ganz, anderes Resultat ergeben würde. Leider läßt uns die Statistik dabei über den wichtigsten Faktor: das Areal der Allotments, im Unklaren. Es ist auch nicht etwa wie unser Deputatland in der Fläche der größeren Betriebe enthalten.

nber 1000 Aeres

Kun st und Wifsenschaft.

Die Vereinigung der Kunstfreunde für amtliche publikatlonen der Königlichen National⸗ Galerie ist mit dem 1. Oktober 1897 in ihr 15. Vereinsjahr eingetreten. Die Liste ihrer Mitglieder, an deren Spitze Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiferin, die Kaiserin Friedrich sowie viele andere Fürstlichkeiten stehen hat sich im verflossenen Jahre wiederum erfreulich vermebrt.— ein Beweis für den wachsenden Beifall, den die aus den Ateliers des Herrn Ad. O. . hervorgegangenen Reproduktionen finden und wegen der sorgsamen künstlerischen Ausführung rer Farbenlichtdrucke auch wirklich verdienen. Der kürzlich ausgegebene illustrierte Nachtrag für das Jahr 1897/98 zeigt die Leitung, der jetzt der Geheime Oher— Reglerungs. Rath a. D. Dr. Max Jordan angehört, wieder aufs glücklichste bestrebt, in der Auswahl der zu vervielfältigenden Kunstwerke allen Ansprüchen entgegenzukommen. Voran gehen zwei vorzügliche, lebens⸗ wahre Porträts Seiner Majestät des Kaisers von Max Koner, und ein drittes nicht minder wohlgetroffenes Bilbuiß Allerhöchstdesselben von Ludwig Noster. Weiterhin folgen für Freunde der älteren Kunst wei berühmte Werke aug der Bluthezeit der italienischen Malerei: Tijlans Himmelfahrt Mariä (die sogenannte ‚Assunta“ aus der Akademie zu Venedig) und Guido Reni's Aurora. (Deckengemälde im Casino Rotpigliosi zu Rom). Die moderne Genremalerei ist sehr anziehend vertreten durch zwei Bilder kleineren Formats von Eduard Niegzkv, welche Frühlings. und Herbststimmung durch anmuthige Mädchen- gestalten charakterisieren, sowie das mit 6 Eleganz und Deli⸗ katesse gemalte Bild „Juwelen“, von von Czachorski, welches zuf der letzen Ausfiellung fobiel bewundert wurde. Zur Landschast leitet ein Bild von Herrmann Corrodi über, das eine bei Frühlings⸗ morgenstimmung sich an die Üferfelfen eines Flusses lehnende Nympbe zeigt. Den norwegischen Sognesjord mit den ibn einschließen den maͤchtigen Felsgebirgen hat Mann Normann mit, imponierender Froßartigkest geschlidert, wäbrend Paul Flickell mit sinem seiner Buchenwaldbilder erscheint, das diegmal der an Prachtstücken des herrlichen deutschen Baumes so reichen holsteinischen Schweiß, am Tellerfee, entlehnt ist (Original im Besitz. Seiner Majestät des Kaisers). Für Freunde Ter Hochgebirgswelt und ihrer Seen bietet der Nachtrag eine Reibe meisterhafter Aufnahmen aus den Alpen, und zwar zunächst die Gorner Visp mit dem Matterhorn und die

engernalp mit einer frischgrünen Matte im Vordergrunde und dem ewaltigen Gebirgöstock der Jungfrau und deg Mönch darüber; zwei lbblätter zeigen ferner den Vlerwaldstätter See, überragt vom Uri⸗ Roth und eine Ansicht des Ober; Lauterbrunnenthals. Ichlichte, und doch stimmungtreiche Naturbilder sind die nach illi der Gemälden reproduzterten Blätter. Morgen und Abend“). in bewegtes lfalienischeg Strandbild von Louis Herzog mit Staffage 2 ischern und shren n bei effektvoller Sonnen. 3 tung (aus dem esttz des Königs von Rumãnien) t sein Gegenftück in dem (der Nationgl : Galerie. (ge= kählen Tilke eselben Känstlers Vzm g, ile, r llt, ssen Motiv dem Rhein in der Gegend von Bässeldorf entlehnt ist.

A die Schlachtenmalerei ift nicht unvertreten geblieben: Carl Röchling schildert in zwei packenden Darstellungen, die sich im Besitz der betheiligt gewesenen Truppentbeile befinden, einen kritischen Moment auß den Kämpfen bei Gravelotte und den Sturm auf Le Bourget. Von großer Frische und Wahrbeit sind endlich auch die zur Vervielsälligung gelangten beiden Sportbilder ven Georg Koch Parforce⸗ Jagd? und „Eber, von der Meute gestellt. Dem Kunstliebbaber bietet der Nachtrag somit eine Reihe gut ge⸗ wählter, künstlerisch werthvoller Bilder, die sich vortrefflich zum Wandschmuck eignen und nach jedem Geschmack, reicher oder einfacher, eingerahmt in den unten bezeichneten Geschäftestellen der Vereinigung zu erbalten sind. In dieser Einrahmung empfeblen sich die Bilder ganz besonders als vornebme und preiewerthe Weihnachts Festgeschenke.

Die Vereinigung versendet auf Wunsch den neuen Katalog nebst den Statuten und den Abbildungen aller früber erschienenen Bilder gratis und franko. Anmeldungen zur Mitgliedschaft der Jahres- beitrag beträgt 20 Æ, wofür ein Normalblatt nach freier Wahl ge⸗ liefert und im dritten Jahre ein ebenfalls frei zu wäblendes Prämien⸗

blatt gewäbrt wird werden bei den Geschäftsstellen in Berlin,

Markgrafenstraße 57 und Potsdamerstraße 23, sowie in Dresden, Pragerftraße 15, entgegengenommen.

Der Vorftand der Verbindung für historische Kunst“ bierselbst (Gefschäftsführer: Geheimer Ober ⸗Regierungs Rath a. D. Dr. Jordan) erläßt eine Einladung an die Künstler iur Einsendung von Gemälden für ihre im Juni 1898 in München (Kunstoerein, Galeriestraße) stattfindende XXVII. Haupt- versammlung. In der Einladung heißt es: „Die Ver— bindung für hiftorische Kunst verfolgt das Ziel, hervorragende Gemaͤlde, namentlich Bilder geschichtlichen und idealen Inhalts, durch Bestellung auf einzuliefernde Skizzen oder durch direlten Ankauf zu erwerben. Zu diesem Zweck hält sie alle zwei Jahre eine Versammlung ab, in welcher über die Erwerbungen entschieden wird. Die Künstler, insbesondere diejenigen des historischen Faches, werden ersucht, zur nächsten Hauptversammlung der Verbindung, welche im Juni 1898 ju München stattfinden soll, neuere Gemälde oder Entwürfe zu solchen einzusenden. Bisher wurden 62 Gemälde ꝛc. im Gesammtbetrage von 520 250 M erworben. Besonders erwünscht wird es der Verbindung sein, ein Bildniß Seiner Majestät des Königs Albert von Sachsen als Feld- herr im französischen Kriege und ein solches des ersten Reiche kan lers gart von Bismarck in einem bedeutenden Moment seiner Wirk— amkeit zu erlangen. Die Sendungen sind an den Vorstgnd des Kunstvereins zu München zu richten mit dem äußeren Ver= merk „Verbindung für historische Kunst“ und müssen späteftens bis zum 1. Juni 1898 dort ankommen. Fertige Gemälde können auch auf die im nächsten Jahre in München, Anfang Juni, zu erõff nende Kunstausstellung gesandt werden. Für die an den Kunstverein gebenden Sendungen übernimmt die. Verbindung die Kaften des Hin. und Rücktranports, mit Ausnabme, der Sen— dungen als Eilgut oder mit der Post, und unter der aus— drücklichen Bedingung, daß Nachnahme für Spesen ꝛc. nicht erhoben wird. Bei jeder Einsendung ist außer der genauen Adresse des Ur bebers der Preis und bei Vorlage ven Entwürfen noch außerdem an— zugeben, in welcher Größe der Könstler dieselben auszuführen wünscht. Die den Gemälden beijugebenden bezw. seiner Zeit zu beschaffenden Rabmen dürfen keine Stuckverjierungen erhalten und müssen möglichst leicht und einfach sein. Vorherige genaue Anmeldung der Gemälde und Entwürfe bei dem Schriftführer der Verbindung, Herrn A. Klee, Sekretär der Königlichen National-Galerie zu Berlin C., ist erforder⸗ sich. Falls der Künstler die Versicherung der eingesandten Bilder oder Skizzen gegen Feuersgefahr wünscht, ist die Höhe des Versicherungs⸗ betrages dem Kunstverein in München mitzutheilen.“

Die von dem Geologen Professor A. G. Na thorst für das Jahr 1898 geplante fchwedische Expedition nach den Nordpolgr—⸗ gegenden ist, wie dem W. T. B. aus Stockholin gemeldet wird, duich Beiträge des Königs von Schweden und Norwegen und mehrerer Privatleute gesichert. Die Gesammtlosten werden auf 70 000 Kronen

geschãtzt. Literatur.

Wilhelm Roscher's bochgeschätzted ‚„System der Velks— wirthschaft“, das bei weitem verbreiietste Hand und Lehrbuch der Nationalökonomie in Deutschland, dessen einzelne Bände bei Leb—= zeiten des Verfassers in immer neuen Auflagen erschienen und das in sast alle europäischen Sprachen übersetzt worden ist, wird auch nach seinem Tode davor bewahrt, selbst nur in Einzelbeiten zu veralten. Bereits liegt der erste Band, die Grundlagen der National Fßkonomie enthaltend, in neuer, zweiundjwanzigster Auflage vor, deren Bearbeitung der durch vortreffliche wirthschaftsgeschichtliche Werke bekannt gewordene Professor an der Universität Erlangen Br. Rob ert Pblmann unternommen bat (XIV und 867 Seiten; Preis 11 46; Stuttgart, Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Rachf. ). Den Mittelpunkt dieses erften, mit dem Bildniß Roscher's geschmückten Bandes bilden die Gütervertheilung und die Preisbildung. Rach einer längeren Einleitung über die Grundbegriffe, die Stellung der Rationalökonomik im Kreise der verwandten Wissenschaften und die Methoden der Nationalökonomik behandelt das erste Buch die Güterproduktion, die Faktoren derselben, deren produktives Zusammenwirken und die Arbeitsgliederung, das zweite Buch die Lehren von der persönlichen Freibeit und vom Privateigenthum; das dritte handelt vom Gũterumlauf. vom Kredit, vom Preis, vom Geld und von der Geschichte der Preise, das vierte von der Gütervertheilung, vom Einkommen im allgemeinen, von der Grundrente, dem Arbeitslobn, dem Kapitalzins, dem Unter nehmerlohn und von der persönlichen Vertheilung des Nationalein⸗ kommeng; das fünfte Buch ist dann der Kensumtion der Güter und das sechfte der Bevpölkerungslehre, der Geschichte der Bevölkerung und der Bevölkerungsvolitik gewidmet. Weiteres über die einzelnen Kapitel dieses ersten Bandes von Roscher's System der Volks⸗ wirthschaft hinzuzufügen, darf füglich unterlassen werden. Die unvergleichliche Uaiversalität eines den Zeitraum von Jabrbunderten und die Weite der Welt umspannenden Wissens, wie es nur für ein Gelehrten leben von so bHarmonischer Vollendung erreichbar wars die milde, ab geklärte Weisheit des Urtbeils, der mit einer tiefinnerlichen Re⸗ ligiosttät gepaarte Adel der Empfindung, die ganze Art und Weise der Bebandlung der Dinge, die bei aller vorsichtigen Zurückhaltung, bei aller Anerkennung der immer nur relativen Bedeutung von Inftitutionen und Lehrmeinungen dech von sehr bestimmten etbischen Werthmaßstäben, einer in sich; geschlossenen Welt und! Lebencanschauung auzgebt und so nicht selten zu einem förmlichen Bekenntniß wird, die his lu einem gewissen Grade ja auch mit der Weltanschauung zusammenbängende, für Roscher so bezeichnende gleichmäßige Dandhabung der beiden ent gegengesetzten Forschungsmetbeden, der Induktion und der Deduktion, dies alles giebt dem Werke das Gepräge einer originalen Schöpfung. Aber es ist nicht nur ein Denkmal der geistigen Individualität des Verfassers, sondern auch ein Denkmal der Zeit, in der es entstanden ist. Sein Ausgangevunkt ist das Lehrgebäude, welches die Arbeit der vorangegangenen Cpoche, die llassische· National- zkonomĩe, geschaffen batte, seine Aufgabe, dieses überkommene System zu berichtigen und welser auszubauen an der Hand eines Thatsachen. materialg, wie es einerselts die Geschichte und andererseits die mebr als ein balbes Jabrbundert umfassende Beobachtung der eigenen Zeit, einer Zeit der tiefgreifendsten wirthschaftlichen, sozialen und geiftigen Bewegungen und Umgestaltungen, m Gebote stellten. In erster Linie war das Interesse des Verfassers den großen Fragen der historischen Entwickelungsprejesse der Völker und Staaten, wie sie schon von Ariftoteles und Macchiavell formuliert wurden, 3 ewandt. Er hat die Fragen des an Lebens ju vertiefen gesucht durch Aufdeckung der wirthschaftlichen Prozesse er bat nach Naturgesetzen für den allgemelnen Gang der volkswirtbschaftlichen Entwickelung

ä. Alles Studium der Alten, alle 1 neuerer Geschicht chreibung, alle Durchforschung der Statistik hat ihm als empirisches Material zur Auffindurg allgemeiner Wahrheiten in Bezug guf den Gang der polttischen und wirtbschaftlichen Geschichte gedient. Die bestebende Dogmatik hat er dabei keineswegs völlig ersetzen wollen, sondern, foweit sie berechtigt war, in das Lehrbuch übernommen; aber das für die Gegenwart Gebilligte ift in einen größeren historischen Zusammenhang eingefügt. Roscher hat nicht bloß die beutige Ein⸗ kommens vertheilung dargestellt, sondern auch erklärt, wie sie enistanden ist, nicht bloß die Gründe aufgezählt, die den Lohn heute bestimmen, sondern das heutige Lohnverhältniß als ein Glied in der sozialen Entwickelung aufgedeckt; er hat nicht gevprüft, ob Malthus mit seiner Uebervölkerungstheorie heute recht babe, sondern Nie heutigen Beyölkerungsprobleme in die Geschichte der Be völkerungsbewegung überbaupt eingereiht. Natürlich ist diese Ein⸗ fügung der Erscheinungen in einen historischen Kausalzusammenhang 1c überall in gleicher Weise möglich gewesen. So sehr die empirische Preisgeschichte und Statifttt viele ältere Irrthümer beseitigt hat, die Grundthatsachen der 1. wiederholen sich doch überall ziemlich gleichmäßig und sind daher kistorischer Untersuchung nicht so fehr bedürftig. Aebnlich verhält es sich mit vielen elementaren psycho⸗ logischen und natürlichen Thatsachen, die das Wirthschaftsleben kon⸗ stituleren und beeinflussen. Ueber vieles versagt so sehr jede historische Ueberlieferung, daß aus diesem Grunde andere Be⸗ trachtungsarten auch in Roscher's Werk vorherrschen und ausreichen. Waß den Antheil von Professor Pöblmann an der neuen Auflage an belangt, so hat sich dieser mit Recht in der Hauptsache darauf be⸗ schränkt, die Brauchbarkeit des Werks für den Lernenden dadurch zu erhalten, bezw. zu erhöben, daß er offenkundige Versehen und Irr⸗ tbümer oder überflüssig Gewordenes beseitigt, das historische und das statistische Material ergänzt, das selbständige Weiterforschen durch Hinweise auf die neueste Literatur und deren Resultate ermöglicht bat alles unter sorgfältiger Schonung der Eigenart des Werkes, auf der ja dessen Werth und kulturgeschichtliche Bedeutung beruht, und unter genauer Abgrenzung der Zusätz' zu dem über— kommenen Texte durch eckige Klammern. Trotz dieser He—⸗ schränkung ist dennoch der Umfang des Textes durch die Be— arbeitung um ein Beträchtliches lum 56 Seiten) gewachsen. In den Zusätzen des neuen Herausgebers, in denen sich eine Fülle sreffender und fein durchdachter Bemerkungen findet, zeigt sich seine außerordentlich große Belesenheit; es dürfte ihm kaum ein erwähnens⸗ werthes Werk oder eine werthvolle Abhandlung entgangen sein. Völlig neu hinzugekommen ist ein Paragraph ( 21 P) äber den ökonomischen Materialismus“, d. b. die materialistische Auffassung der Volkswirthschaft, den man mit innerer Befriedigung lesen wird und als eine schäͤtzenswerthe Bereicherung des Inhalts dieses ersten Bandes bezeichnen darf. So wird das Werk noch für eine lange Reihe von Jahren das bleiben, was Roscher mit ihm bezweckte: ein Hand und Tesebuch, das kein Gebildeter, welcher die Wabrbeit und Wifssenschaft um ihrer selbst willen begehrt, ohne Belehrung und An⸗ regung aus der Hand legt. ;

Famikienfideikom misse. Von Dr. Paul Hager. Jena, Verlag von Gustav Fischer. Preis 1,20 ½6é Diese kleine Schrift giebt einen guten Ueberblick über die Geschichte und das Recht Ter Fideikommisse in Deutschland, über die Statistik derselben in Preußen, Bayern und Oesterreich nach den Ergebnissen der amtlichen Erhebungen erörtert, ohne jedoch eine erhebliche wissenschaftliche Förde⸗ rung und Vertiefung zu bieten, die Gründe, die für und wider die Inflitution geltend gemacht werden, und kommt zu dem Schluß, daß die Fideikommiffe im öffentlichen Interesse beizubehalten sind, aller · dings unter gewissen Abänderungen der für sie geltenden Vorschriften. Namentlich befürworset der Verfasser, daß gesetzlich ein Maximum des Umfangs festgesetzt und die Dauer dez Fideikommisses begrenzt werde, daß Parzellen zu Ansiedelungszwecken vom Areal abgetrennt werden dürfen, der Pachtvertrag über Fideikommisse auch sür die Fideikommißnachfolger bindende Kraft haben soll und doß mit einem

Grund auch ein Geldfideikommiß verbunden sein müsse.

Burch Bosnien und die Hercegovina kreuz und quer. Wanderungen von Heinrich Renner. Mit 54 Vollbildern, 300 Abbildungen im Text von W. L. Arndt, E. Arndt / Geplin und Anderen sowie nach photegraphischen Aufnahmen und einer General⸗ karte Bosniens mit Routen und Straßenzügen, nebst Karton: Eisen⸗ babnverbindungen Bosniens mit Europa. Zweite, in Wort und, Bild ergänzte und vermehrte Auflage. Berlin 1897, Verlag von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen), Wilhelmstr. 29. Preis 3 6, geb. 5 6 Dieses Werk erhebt, wie der Verfasser ausdrücklich betont, keinen Änspruch darauf, eine wissenschaftliche Beschreibung zu bieten; es soll darin nur in zwanglosem Geplauder erzaäͤblt werden, was der Ver— fasser auf oftmaligen Reisen in dem Lande, das er gleich einer zweiten Helmalh liebt, gesehen und erlebt bat. Es soll Interesse und Ver⸗ ständniß dafür in weiteren Kreisen wecken und solche, die eine Reise dort⸗ hin antreten wollen, der Mühe geographischer Spezialstudien überheben. Vie Thatsache, daß nach wenig über Jahresfrist eine zweite Auflage nötbig geworden ist, scheint für die Anerkennung der Absichten des Verfassers zu sprechen. Die vorliegende neue Ausgabe ist durch mehrere Reiserouten vermehrt, darunter diejenige in das roman. tische, sang. und liederreiche nordwestliche Krajna mit seinen zahlreichen Burgruinen und berühmten prãhistorischen Funden. Die Abschnitte über die deutschen Kolonien und den Salz- und Koblendistrikt sind reicher illustriert als in der ersten Auflage. Nen ist ferner eine große Karte, in welche sämmtliche Routen und Straßenzüge eingezeichnet sind. Da dieselbe auch die Konfiguration des Terrains wiedergiebt, so wird dem Touristen damit zugleich ein vortrefflicher Führer bei Bereisung des Landes dargeboten; ein bei⸗ gegebenes Eisenbahnkärtchen von Europa belehrt ihn ferner auch über die besten Zufahrt ⸗Linien. . ö

Unter dem Titel Zeiten und Menschen, Er lebnissgund Meinungen“ kündigt die Königliche Hofbuchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn bierselbst ein Buch an, das von Rudolf Gense ver—= faßt sst und in wenigen Tagen erscheinen soll. Wenn in neuerer Zeit die autobiographischen Mittbeilungen und Bekenntnisse namhafter Persön⸗ lichkeiten elner immer lebbafteren Tbeilnahme des Publikums begegnen, fo wird dies bier um so mehr der Fall sein, als auf dem Hintergrunde der ereignißreichen neueren Zeitgeschichte in den Schilderungen der persönlichen Erlebnisse auch den zablreichen hervorragenden Personen aus den Gebieten der Kunst, der Literatur ꝛc. getreue Tbarakterbilder gewidmet werden. Der erste der drei Hauptabschnitte bebandelt die Zelt der vierziger Jabre in Berlin bis jur Revolution; der zweite umfaßt den Zeitraum von 1849 bis 1866, in welche Fit auch der mehrjährige Aufenthalt des Verfassers in Coburg fällt. Der drüte Abfchnitt reicht bis zum Ende des großen Jahres 1870, wonach die neuere Zeit in einem Schlußkapitel zusammengefaßt ist. Bei der Persönlichkeit des Autors und dem hier angedeuteten reichen Inhalt des Buches wird man dem Erscheinen desselben mit lebhafter Spannung entgegensehen dürfen. .

Ber Roman Abu Hafsan“, den J. Adriani im Verlage von Hugo Andres u. Co. in Frankfurt 9. O, hat erscheinen lassen, sst (ine phantasievolle und farbenreiche Erzählung, die an der Grenze des Mittelalters in Spanien spielt und mit geschichtlichen Vorgängen: der Zerstörung der Maurenherrschaft durch die Christen und dem oft poetisch behandelten Untergang des vornehmen Mauren⸗ geschlechts der Abencerragen, im engsten Zusammenhange steht. Die Verfasserin führt den Leser an den durch Natur und Kunst mit verschwenderischer Pracht ausgeftatteten Hof. deg Sultans Abu ef von Granada, der die christliche Könige tochter Isabella von

astilien heimgeführt hat. Seinem Gelöbniß zuwider bringt der Sultan von einem Zuge nach Indien eine zweite Gemablin, Sobende mit; hierdurch entfremdet er ic zwar seiner ersten Gattin, doch bewahrt sie ihm die Treue, bis er ihren Sohn Boabdil gefangen setzt und ihn zu Gunsten des Sohnes der indischen ,, der Thronfolge für verluftig erklärt. Jetzt ruft Isabella die Hilfe ihres Vaters jum Schutze der Rechte ihres Sohnes herbei. Den Aben⸗ cerragen, die im Einverständniß mit der Königin standen, beresfet Abu Hassan jwar den Untergang, aber auch seine Herrschaft wird von den Kastiliern gebrechen und, nachdem seine indische Ge