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mehreren siegreichen Gefechten der Engländer unterdrückt wurde. Ein Theil der Leute, 4590 bis 460, trat mit Mwanga zu unt über, wurde nach Bukoba gebracht und dort entwaffnet (45 Hinterlader, ungefähr 209 Vorderlader u. s. w.). Der andere Theil, 1500 bis 2000 seiner besten Leute unter dem Führer Madzasi, ist in Nkole und, von den Engländern bart bedrängt, anscheinend gewillt, auf deutsches Gebiet überzutreten. Eg läßt sich über die Gründe der Flucht, sowie über die augenblickliche politische Lage, die dadurch hervor- gerufen ist, Folgendes zusammenzustellen. Durch die Begünftigung der großen Katikeros in Uganda war unter der Hand die absolute Monarchie Mwanga's in eine konstitutionelle umgeändert. Dies paßte diesem in keiner Weise. Verschiedene andere Umstände, wie
olliablen bei Ein- und Ausfuhr seiner Wagren, scharfe Kontrole über ein Thun und Lassen, ließen ihn schließlich zu dem Entschlusse kommen, zur Vertreibung aller Europäer am See einen allgemeine n Aufftand im Geheimen vorzubereiten. Die Gelegenheit schien ibm jetzt gerade günstig, da die Manjema, welche eine belgische . niedergemacht baben und sich im Besitze un⸗ zähliger Hinterlader, Geschütze und ihrer Munition befinden sollten drohten, in Uganda einzufallen. Mwanga sandte an alle Sultane dez westlichen Ufers, gleichgültig ob deutsch oder englisch, Gesandtschaften, die, falls die Manjema, siegreich wären und die von den Engländern ihnen ,,, . 2000 Waganda zurückschlügen, aufforderten, gemeinsame Sache zur Ver⸗ treibung der Weißen mit den Manjema zu machen. Die Manjema ließen sich jedoch mit den Waganda garnicht ein, sondern zogen nach Süden ab. Daraufhin handelte Mwanga auf eigene Fauft, floh in seine süd⸗ lichste Provinz Buddu in dem Glauben, daß sich nun ganz Uganda erheben würde. Mit großer Schnelligkeit kamen die Engländer aber dem zuvor, indem sie mit einer großen Tryppenmacht ihn mehrere Male schlugen und in deutsches Gebiet drängten. Zum Schutze der Grenze war ich sofort beim Ausbruch der Wirren abgerückt, und es gelang mir, ihn gerade in dem Augenblick in Empfang nebmen zu können, als er den gi auf deutsches Gebiet setzte. Ich beeilte mich, ihn sofort von der Grenze nach Bukoba zu bringen, um jede Unruhe auf deutscher Seite zu vermeiden.
In derselben Angelegenheit meldet der Premier⸗Lieutenant Schlobach aus Bukoba unter dem 16. August:
Es ist natürlich, daß der Uebertritt Mwanga's, des Kabeka von Uganda, auch hier im Seengebiet großes Aufsehen erregte. Die Aufregung hat sich jedoch bereits gelegt, eine Gefabr ist nicht mehr vorbanden. Mwanga ist entwaffnet. Die etwa 2000 Waganda, deren Eindringen in unser Gebiet befürchtet wurde, sind von der Grenze von. Deutsch⸗Mbuddu über Nkole, Mpororg abgezogen, wahr. scheinlich in der Richtung nach Unioro und Toro, um sich dort eventuell mit Feinden der Engländer gegen diese zu verbinden. Es bandelt sich nunmehr nur darum, Mwanga unterzubringen. Es ist ausgeschlossen, ihn am Westufer des Sees zu belafsen. Die Sultane des Bukobagebiets wollen ihn dort nicht haben; auch ist sicher, daß er von hier aus mit Ruanda konspirieren, dorthin eventuell flieben würde; denn er wünscht, wie die Missionare behaupten, sich dort ein neues Reich zu gründen. Von dort aus würde dann auch unserem Gebiet Ge⸗ fahr drohen. Eine mögliche Lösung der Frage besteht darin, daß Mwanga dicht bei der Station Muanza dauernd untergebracht wird, unter der beständigen Aufsicht derselben. Kaufmann Sixdorf, welcher augenblicklich bier in Bukoba anwesend ist, hat sich bereit erklart, Mwanga vorläufig in seine Niederlaffung aufzunehmen, die etwa 300 m von der Station Muanza entfernt ist. Da Sixdorf mit Mwanga seit Jahren bekannt ift, verliert der Trantport des Mwanga nach Muanza den Charakter der gewaltsamen Ueberführung, sowie sein Aufenthalt daselbst den Charakter der Haft. Bis eine Entscheidung des Gouvernements eintrifft, wird für ständige Bewachung des Mwanga durch einen Ehrenposten gesorgt werden. Die Zabl der hier be⸗ findlichen Anhänger beträgt etwa 450. In Bukoba vefinden sich augen⸗ blicklich das englische Dampfboot sowie die drei Segelbogte Fürst Wied“, Herrmann“ und Wilhelm. Das Dampfboot fährt am heunigen Tage nach Muanza und wird Sirdorf und Mwanga mitnehmen, sowie Lieutenant von Wulffen, der die Ueberbringung leiten soll, da er alle bisherigen Schauris mit Mwanga erledigt hat. Vermittels der drei Segelboote werden zunächst 100 Waganda heute nach Muanza trans⸗ portiert. Die Stationen werden sich bemühen, die fleißigen geschickten Waganda seßhaft zu machen. Den Transport der Segelboote leitet Sergeant Wassilewski mit neun Askaris. Lieutenant von Wulffen kehrt mit dem englischen Dampfboot in wenigen Tagen bierber zurück, worauf ich selbst auf dem Landwege durch die Länder westlich und südlich des Sees nach Muanza zurückkehren werde, wozu 14 Tage bis 3 Wechen erforderlich sind.
Der Kaiserliche Gouverneur hat sich mit den von dem Premier⸗Lieutenant Schlobach getroffenen Maßnahmen, be⸗ sonders der e m, . Mwanga's in dem Sixdorf schen
use bei der Station Muanza, einverstanden erklärt und den efehl ertheilt, daß Mwanga auch weiterhin dort ver— bleiben soll.
Oefsterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser und die Kgiserin empfingen gestern den Prinzen und die Prinzessin Albrecht zu Schaum— burg⸗Lippe.
Die öästerreichische Delegation trat vorgestern Mittag zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Bei Beginn derselben gab der Delegirte Hofmann von Wellen hof (Deutsche Volks⸗ partei) die . daß er an den Verhandlungen der Delegationen mit Rücksicht auf die innere politische Lage, insbefondere den ungeklärten Stand der Ausgleichsver⸗ handlungen mit Ungarn, nur unter dem Vorbehalt theil⸗ nehmen könne, daß daraus kein Schluß auf die Haltung seiner Partei betreffs einer entsprechenden Vertheilung der Lasten sowie überhaupt betreffs der verfassungsmäßigen Er— ledigung des Ausgleichs gezogen werden dürfe. Dieser Erklärung schlossen sich der christlich⸗soziale Delegirte Dr. Scheicher und der deutsch⸗fortschritiliche Delegirte Groß im Namen ihrer Parteien an. Bei der sodann vorgenommenen Wahl des Präsidiums wurde der Delegirte Graf Franz Thun mit 35 von 36 Stimmen zum Präsidenten gewählt. Die deutschen Delegirten hatten unbeschriebene Stimmzettel ab⸗
egeben. Zum , g. wurde der Delegirte von n,, der Obmann des Polenklubs, gewählt. Der Präsident Graf Thun führte hierauf in seiner Er⸗ offnungsrede aus, daß die Delegation von dem patrio⸗ tischen Wunsche getragen sei, die Großmachtstellung der Monarchie kräftig und . zu erhalten sowie die Würde und das Ansehen des Habsburger Reiches feierlich nach innen wie nach außen zu dokumen⸗ tieren. Die Delegation werde die Mittel, welche zur Er⸗ reichung dieses hohen Zieles nothwendig seien, opferfreudig bewilligen und dabei die Forderungen für die Gemeinsamkeit mit der Leistungsfähigkeit der Bevölkerung in Einklang bringen. Sodann gedachte der Präsident der tapferen Armee, welche des Reiches Stolz und Schutz sei, der Kulturmission in Bosnien und in der Herzegowina und ab seiner Freude über den durch die Einmuͤthigkeit der
roßmächte zwischen zwei kriegführenden Staaten gestifteten Frieden, sowie dem Wunsche baldiger Wiederherstellung der Ordnung auf Kreta Ausdruck. Es sei ein hohes Ver⸗ dienst der leitenden Staatemänner und Regierungen, daß es gelungen sei, die volle Einmüthigkeit aller Großmächte in der
Beurtheilung dieser beiden im Orient aufgetauchten egen im vollsten Maße zu erweisen und so der Friedensl der Kabinette ein glänzendes Zeugniß auszustellen. „Für das große Verdienst, welches unser Auswärtiges Amt sich dabei erworben hat“, fuhr der Präsident fort, „zollen wir ihm gerechten Dank, und egen die Zuversicht, daß das selbe im Festhalten an der Basis treuer ndesgenossenschaft fortfahren moge, unsere Beziehungen zu allen Mächten zu den freundschaftlichsten zu gestalten Die glücklich herbeigeführte Uebereinstimmung unserer und der russischen Regierung in, der Behandlung der orientalischen Frage ist eine neue, freudig zu begrüßende Bürg⸗ schaft des Friedens.“ Der Präsident dib seine Rede mit einem Hoch auf den Kaiser, in welchem Alle den Friedent⸗ fürsten verehrten, der nun bald ein halbes Jahrhundert mit väterlichem Wohlwollen die Geschicke seiner Völker lenke. Nachdem alsdann die Wahl der Ausschüsse vorgenommen worden war, wurde die Sitzung geschlossen.
Die ungarische Delegation hielt vorgestern Nach⸗ mittag ihre Eröffnungssitzung ab. Zum Präsidenten wurde Graf Julius Szäpärn, zum Vize-Präsidenten Koloman 3 gewäblt. Der Präsident wies in seiner Ansprache auf verschiedene, in der letzten Zeit von gekröntern senhie gethane Aeußerungen hin, welche bewiesen, daß die
lonarchen ebenso die Aufrechterhaltung des Friedens wünschten, wie die Völker. Er sprach ferner von dem Dreibunde, dessen Grundlage ebenfalls die Erhaltung des Frie⸗ dens sei, und betonte sodann die Nothwendigkeit der Eintracht zwischen beiden Staatshälften als der Hauptgarantie der Großmachtstellung der Monarchie. Zuletzt gedachte der Präsident der Millenniumsfeier und schloß mit einem von den Mitgliedern der Delegation begeistert aufgenommenen Eljen auf den König Franz Joseph.
Gestern Mittag wurde von dem Kaiser und König zuerst die ungarische und sodann die österreichische Delegation empfangen.
Der Präsident der ungarischen Delegation Graf Szäpäry gedachte in seiner Ansprache an den König zunächst der letzten Allerhöchsten Entschließungen, welche die öffentliche Meinung in Ungarn elektrisiert hätten. Im Laufe des Jahres seien im Orient mancherlei Differenzen aufgetaucht; es sei aber dem König in Gemeinschaft mit den anderen Großmächten gelungen, den Krieg ft lokalisieren und den Frieden wiederherzustellen. Tiese Verwicke⸗ ungen hätten den auswärtigen Vertretern des Königs reiche Gelegenheit zur Thätigkeit geboten. Die Ungarn hätten mit Freuden von jener geachteten Stellung, jenem Einflusse ver⸗ nommen, den das Auswärtige Amt des Königs auf diesem Gebiete erworben habe. Graf Szäpäry gedachte so⸗ dann der Anwesenheit des Deutschen Kaisers und des Königs und der Königin von Rumänien in Budapest. Hierbei sei hervorgetreten, wie treu die ungarische Nation zu dem Drei⸗ bunde stehe, welcher die Grundlage der auswärtigen Be⸗ ziehungen Desterreich⸗Ungarns bilde, und wie freudig das ungarische Volk Verbündete des Beherrschers Oesterreich⸗ . empfange. Graf Szäpäry fuhr hierauf fort: „Wir wissen, welche Sorgen Eurer Masestät die Erneuerung des Ausgleichs zwischen Ungarn und den übrigen Königreichen und Ländern bereitet. Aber je schwieriger die Verhältnisse sind, desto nothwendiger ist es, daß wir uns zur Lösung dieser Fragen aneinanderreihen, und daß diejenigen zusammenhalten, welche die Schöpfungen des Jahres 1867 aufrecht zu erhalten wünschen.“ ach Erwähnung der Nothlage der Landwirth⸗ schaft schloz Graf Szäpäry mit Eljen⸗Rufen auf den König.
Der Präsident der österreichischen Delegation Graf Thun betonte in seiner Ansprache an den Kaiser, daß die verschiedenen öͤsterreichischen Völker den sichersten Schutz ihrer geistigen und wirthschaftlichen Interessen im festen . sowie in der Kraft und Stärke der Monarchie fänden; deshalb erfülle die Delegation nur ihre Pflicht gegen die Bevölkerung, wenn sie unter sorgfältiger Bedachtnahme auf die Leistunge⸗ sähigkeit der Steuerträger die Mittel für die Wahrung der Würde und der Großmachtstellung der Monarchie be— willige. Graf Thun schloß mit heißen Segenswünschen für den Kaiser, als den von ganz Europa verehrten Hort des Rechtes und des Friedens. ;
Die Ansprachen beider . beantwortete, dem W. T. B.“ zufolge, der Kaiser und König mit folgender Thronrede:
Die Versicherungen treuer Ergebenbeit, welche Sie soeben an Mich gerichtet haben, nehme Ich mit aufrichtigem Danke entgegen. Im Laufe des leßten Jahres hat die Lage im Ortent zu manchen Besorgnissen Anlaß gegeben, die aber heute dank dem einmüthigen Vorgehen der groß hn lücklich beseitigt erscheinen. Bas europaische Koniert hat 9 während dieser Zeit als mächtiger Faktor zur Beilegung der orientalischen Wirren be⸗ wäbrt; und wenn es demselben auch nicht gelungen ist, den Ausbruch des sehr bedauerlichen kriegerischen Konflikts zwischen der Türkei und Griechenland zu verhindern, so ist es doch seiner un— ermüdlichen und zielbewußten — zuzuschreiben, daß dieser Konflikt lokalisiert und schließlich infolge der Intervention der Mächte auch beendigt wurde. Es wird jetzt die Aufgabe des eurgyäischen Konzerts sein, an die Regelnng der Zustände auf Kreta zu schreiten, welches unter Wahrung der Souveränttätsrechte Seiner Majestät des Sultans eine weitgehende Autonomie und damit die Bürgschaften für eine bessere Zukunft erhalten soll. Mit Befriedigung kann Ich betonen. daß Unsere Beziehungen zu allen Mächten die besten sind. Nach wie vor bildet Unser Bundesverhältniß zu Deutsch⸗ land und Italien die unverrückbare Basis Unserer Politik. Diese Basis zu erhalten und zu kräftigen, ist das beständige Bestreben Meiner Regierung. Zu den bisher bestehenden Bürgschaften des Frieden ist die freundschaftliche Ausgestaltung Unseres Verhältnisses zum russischen Reich hinzugekommen. Die wiederholten Zusammenkünfte, die Ich mit Seiner Majestät dem Kaiser von Rußland hatte, überzeugten Mich von der er, e, n,. Gesinnungen und begründeten ein Verhältniß gegenseitigen ertrauens zwischen y Staaten, dessen Konsolidierung nur Erfreuliches für die Zukunft verheißen kann. Mit Gefüblen warmer Genugthuung gedenke Ich der Besuche, mit welchen Mich Seine Majestät der Deutsche Kaiser, Mein treuer Freund und Bundesgenosse, hier in Wien und kürzlich in Budapest erfreut hat. Eine nicht. minder dankbare Erinnerung be⸗ wabre Ich Meinem vorjäbrigen Aufenthalte in Rumänien und dem Gegenbesuche Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Rumänien. Die Wahrung der Interefsen des europäischen Friedens wird auch fernerbin die Hauptaufgabe Meiner Regierung sein, und hoffe Ich, daß wir der Zukunft in dieser Hinsicht mit Zuversicht entgegensehen können. Meine Kriege verwaltung hat auch in diesem Jahre bei ihren Forderungen der wirthschaftlichen und finanziellen Lage der Monarchie weitgehend Rechnung getragen, obgleich die Er. eignisse zu Beginn eue. Jahres eine raschere Ergänzung des Kriegematerials als nothwendig erscheinen ließen, welche theils durchgeführt, theils eingeleitet werden mußte. iese Vorkehrungen bewegten sich 4. innerbalb des für den Ausbau Meines Heeres fixierten Rahmens, welchem im übrigen auch das vro 1898 aufgestellte Gesammibudget Meiner Kriegsverwaltung entspricht An⸗ gesichtßz der normal fortschreitenden wirthschaftlichen Entwickelung Botniens und der Herzegowina werden diese Länder auch in diesem
Jahre ebenso wie bisher in der Lage sein, alle Erfordern:sse ihrer Verwaltung aus eigenen Einnahmen zu bestreiten. Indem Ich di Ihnen zugebenden Vorlagen Meiner Regierung Ihrer bewährten Einsicht und patriotischen Opferwilligkeit anempfehle, wünsche Ich Ihren Arbeiten den besten Erfolg und heiße Sie herzlichst willkommen? Das österreichische Abgeordnetenhaus wählte in seiner gestrigen Sitzung den Abg. Dr. Kram arz zum Ersten Vize⸗Präsidenten und setzie sodann die Berathung der Noihstandsvorlage fort. 5 Unter dem Vorsitz des Kardinal⸗-Fürstbischofs von Prag Schönborn fanden am Dienstag Vormittag Vorberathungen für die am 23. d. M. beginnenden Bischofskonferenzen statt.
Großbritannien und Irland.
In einer am Dienstag in der Albert Hall zu London abgehaltenen großen Versammlung sprach, dem W. T. B.“ ufolge, der Premier-Minister Lord Salisbury seine volle
nerkennung des glänzenden Beispiels von Patriotismus und Hingebung aus, welches die Eingeborenen⸗Truppen in Indien ge— geben hätten. Gegenüber den scharfen Beurtheilungen der bri⸗ tischen Politik gegen Frankreich im Auslande vertheidigte Lord Salisbury die Politik der gegenwärtigen Regierung in Bezug auf Siam und Madagaskar, indem er erklärte, 1 es Glad⸗ stone gewesen, welcher in diesen Ländern vor Frankreich zurück— gewichen sei. Schließlich wiederholte Lord Salisbury seine jüngst auf dem Lord⸗Mayors-Bankett geihane Aeußerung, daß das europäische Konzert überall erfolgreich gewesen sei, nur nicht bei der Bemühung, Griechenland vom Kriege zurückzuhalten, welches daher auch die ganze Verantwortung für den Krieg mit der Türkei zu tragen habe.
Der Ober⸗Befehlshaber der britischen Armee, Feldmarschall Viscount Wolseley, sagte am Dienstag in einer Ansprache an die Mitglieder der „United Service Institution“: Die Nothwendigkeit, die Stärke der Armee zu erhöhen, werde allgemein anerkannt. Die allgemeine Dienstpflicht könne aber für ein Heer, wie das britische, welches zumeist außerhalb Englands Dienst thue, nicht eingeführt werden. Wenn man den Mannschaften dagegen ausreichenden Sold oder Aussichten auf spätere Verwendung im Dienste der Regierung gewähren würde, würde man bald genug Rekruten
erhalten. Frankreich.
71 dem vorgestern abgehaltenen Ministerrathe berichtete der Minister des Aeußern Hanotaux über die Verhandlungen mit Großbritannien in der Nigerfrage und theilte mit, daß dieselben einen regelmäßigen Fortgang nähmen.
Die Frage, ob der Hauptmann Dreyfus, welcher im Jahre 1894 mit Deportatlon nach Französisch⸗Guyana bestraft wurde, weil er vertrauliche militärische Papiere dem Militär⸗Attachs einer fremden Macht ausgeliefert haben sollte, unschuldig verurtheilt worden und deshalb eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen ihn erforderlich sei, ist in letzter Zeit von dem Vize⸗Praͤsidenten des Senats Scheurer⸗Kestner und dem Bruder des Verurtheilten Mathieu Dreyfus wieder aufgeworfen worden und vorgestern in beiden Häusern des Parlaments zur Sprache gekommen. Im Senat beantragte der Senator Le Provost de Launany, daß in der naͤchsten Sitzung der gegenwärtig in der Kommissionsberathung befind⸗ liche Gesetzentwurf über die Spionage berathen werde, damit bei Gelegenheit dieser . der Kriegs⸗ Minister, General Billot und der Vize⸗Präsident des Senats Scheur er⸗Kest ner aufgefordert werden könnten, um⸗ fassende Eiklärungen über die Angelegenheit, welche allgemeine Erregung verursache, abzugeben. Redner sprach sein Bedauern darüber aus, daß Scheurer⸗Kestner mit Insinugtionen vor— gegangen sei, statt die Angelegenheit von der Tribüne des Senats herab vorzubringen. Der Justiz-Minister Dar lan und der Senator Morellet bemerkten, die Besprechung der Frage würde dadurch gewinnen, daß sie auf eine ruhigere Zelt verschoben werde; übrigens habe auch die Kommission für das Spionage⸗ Gesetz ihre Arbeiten noch nicht beendet. Der Antrag des Senators Le Provost de ö wurde hierauf abgelehnt und die Sitzung geschlossen. — In der . richtete der Deputirte Graf d Alsace eine Anfrage an die Regierung bezüglich eines Schreibens des Senators Scheurer⸗ Kestner an einen anderen Senator und eines Schreibens des Bruders des Hauptmanns Dreyfus, Mathieu Dreyfus, an den Kriegs⸗Minister. Der Redner forderte die Regierung auf, so klare und bestimmte Erklärungen abzugeben, wie sie die Armee und das Land erwarteten. Hierauf erwiderte der Kriegs⸗Minister, General Billot: er habe mit dem Vize-Präsidenten des Senats Scheurer⸗Kestner eine vertrauliche Unterredung gehabt, in
welcher dieser ihm seine Absicht angezeigt habe, die Revision des
rozesses Dreyfus zu betreiben; Scheurer⸗Kestner habe ihm dabei Schriftstücke gezeigt, welche er ihm aber nicht überlassen habe und welche er, der Minister, auch nicht in Empfang zu nehmen befugt gewesen sei. Scheurer⸗Kestner habe eine Unter⸗ suchung gefordert. Er (der Minister) habe geantwortet, diese Untersuchung sei ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Durch das Ergebniß derselben sei aber die Autorität des gefällten Urtheils in keiner Weise erschüttert worden. Die Regierung, welcher die Angelegenheit vorliege, sei der Ansicht, daß es Zeit sei, derartigen Schritten und wiederholten Indiskretionen ein Ziel zu setzen, und habe den Vize⸗Präfi= denten des Senats c n ,, aufgefordert, die An⸗ è , . der zuständigen Justizbehörde in der vom esetz vorgeschriebenen Form vorzulegen. Scheurer⸗ Kestner scheine nicht geneigt, diesen Weg zu be⸗ schreiten; aber die Familie Dreyfus habe in die Sache eingegriffen, indem sie ein Schreiben an den Kriegs⸗-Minister erichtet habe, worin sie einen Offizier anklage, der wirklich Schuldige zu sein. Der Regierung sei somit eine formelle Anzeige zugegangen. Sie hahe die Hflcht, den Urheber dieser Anzeige in den Stand zu , seine Behauptung zu gründen; sodann werde die Sache gesetzmäßig zur en fshg bang kommen. Er, der Kriegs-Minister, sei zum Hüter Ehre der Armee berufen und werde seiner Pflicht nach= kommen. Das Haus trat hierauf in die i des Unterrichts-Budgets ein. Der frühere Minister⸗Prä dent Bourgeois hielt hlerbei eine Rede, in welcher er für den Laien⸗Unterricht eintrat. Die Kammer beschloß mit 320 gegen g Stimmen den öffentlichen Anschlag der Rede in allen Gemeinden.
Die Armeekommission der Deputirten kammer hat einen Antrag des Kriegs⸗Ministers, Generals Billot an—= genommen, in welchem vorgeschlagen wird, daß die Generale welche vor dem Feinde als Oberbefehlshaber kommandiert haben, eo ipso Mitglieder des Obersten Kriegsraths sein sollen, welches Lebensalter sie auch erreicht haben mögen.
Epaænien. er ehemalige spanische Botschafter in London, Marquis z 1 70h 6e ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestern in Real gestorben. 3 ; Der Proseß gegen die Mörder des deutschen Banquiers ageßner in Tanger ist vorgestern in Cadiz vor dem zuständigen ihtshofe (ie Mörder sind spanische Unterthanen) zu Ende sefihrt worden. Der Hauptangeschuldigte Perez Gallego nurde für schuldig befunden und zum Tode verurtheilt, wäh⸗ nd der Mitangeklagte Galindo freigesprochen wurde.
Türkei.
Gestern hat, wie, W. T. B. meldet, in Konstantinopel ie Sitzung der Bevell mächtigten für die Friedens⸗ unter handlungen stattgefunden zur Paraphierung des zrtikels 7 des Friedensvertrages, welcher die freie Aus⸗ panderung betrifft. . . .
Zur Aburtheilung der jüngst wegen jungtürkischer Um⸗ niebe verhafteten 2 ih neuerdings ein außerordent⸗ hes Kriegsgericht eingesetzt worden.
Das Wiener „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ meldet aus Kanea vom 16. d. M.: Der dortige , Bischof gikifor o habe durch den russischen Konsul die Mittheilung nhalten, daß der Kaiser von Rußland das abgebrannte hristliche Stadtviertel von Kanea auf seine Kosten wieder ufbauen und die Kirche vergrößern lassen werde. Ferner
der Kaiser eine bedeutende Summe für die Armen von kandia, Rethymon und Kanena zur Verfügung gestellt.
Griechenland.
Bei der am Dienstag vorgenommenen Wahl des Vize⸗ Ppräsiden ten und der Schriftführer der Deputirten⸗ sammer wurden, dem „W. T. B. zufolge, die delyan⸗ nistischen Kandidaten mit Mehrheiten von 85 bis 9 Stimmen gewählt.
Amer ika.
Der Präsident Mac Kinley hat, wie W. T. B. aus Bashing ton meldet, gestern die jüngst beschlossenen Zusatz= ztimmungen zu dem Welt-Postvertrag, welche am 1. Ja—⸗ mar 1898 in Kraft treten, unterzeichnet.
Die Konferenzen zwischen den britischen, cangdischen id amerikani schen ,,, in der Robben⸗ sangfrage und zwischen den canadischen und ameri⸗ anfschen Bevollmächtigten in der Angelegenheit der zezipro zität sind, ohne daß ein endgültiges Uebereinkommen getroffen wäre, geschlossen worden; die Verhandlungen sollen aber auf c ch Wege fortgesetzt werden.
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuter schen Bureaus“ aus Naidan vom 16. d. M. ist der 6 des Mullah von Akbar zerstört worden. Es seien daselbst viele interessante Schrif tstücke gefunden worden, darunter eines von dem Mullah von Hadda, in welchem es heiße; die Türken hätten die Griechen geschlagen; die Ing. nach In⸗ Ren befänden sich in den Händen der Mohamedaner; die britischen Verstärkungen seien abgeschnitten; es sei daher für den Jslam die Stunde gekommen, einen Hauptschlag zu thun.
Aus Simla vom gestrigen Tage wird gemeldet, daß die BZrigade des Generals Kempster am 15. d. M., als sie sich uf dem Rückwege vom Auran⸗Thale, wohin sie eine edition mternommen, befunden habe, in einer Entfernung von 4 Meilen von Maidan heftig vom Feinde angegriffen worden sei. Eine Lbtheilung des Dorsetshixe⸗Regiments sei in der Dunkelheit ibgeschnitten worden. Zwei Lieutenants und neun Mann 63 Abtheilung seien gefallen, ebenso zwei andere Offiziere, ind drei seien verwundet worden. Die Sikhs hätten bei decken des Rückzuges große Tapferkeit gezeigt und den Feind unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Ihr Verlust betrage
12 Todte und 25 Verwundete.
Aus Maidan vom gestrigen Tage erfährt die Times“: 6a sei sehr wahrscheinlich, daß die juͤngsten Gefechte, welche ni schweren Verlusten an Menschen und Waffen ver⸗ hunden gewesen seien, alle Eingeborenen ⸗Stämme angefeuert jitten, und daß die Furchtsamen und Schwankenden dadurch
1 2
n einem für die Engländer ungünstigen Sinne beeinflußt
worden seien. Afrika.
Wie das „Reuter sche Bureau“ aus Kairo meldet, hat die egyptische Regierung an die diplomatischen Vertreter ein Rundschreiben, betreffend die Erneuerung der. Ge⸗ mnischten Gerichtshöfe, gerichtet. ,,, ist die Re⸗
gierung bereit, die Machtwollkommenheiten dieser Ge⸗
richte aufrechtzuerhalten; sie beantragt jedoch eine schärfere Fassung des Artikels 11, wonach die Gerichte befugt sein sollen, die Verwaltungsmaßnahmen der Regierung ju interpretieren, aber nicht zu beaufsichtigen. Ferner schlägt die Reglerxung eine Aenderung des Artikels 9 vor, welcher die Grenzen der Rechtsprechung im Zivilprozeß zwischen Ein⸗ , . und Ausländern, sowie zwischen Ausländern ver⸗ chiedener Nationalität feststellt.
Nach einer Meldung der „Times“ aus Johann esburg wird der Präsident Krüger in der nächsten Woche, wie all⸗ sährlich, eine Reise bung die Bezirke des Landes antreten. Die Reise werde etwa drei Wochen in Anspruch nehmen. .
Aus Cape Coast Castie erfährt das „Reuter sche Hureau“, daß die Mehrzahl der Traͤger der Hinterland⸗ Erpedition des Oberst⸗Lieutenants Northeott, nachdem man ihnen die geforderten Fleischrationen bewilligt habe, wieder aufgebrochen fei.
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Arbeiterbewegung.
In Trebbin haben einer Mittheilung des Vorwärts. zufolge e 16 merlente auf wei Bauplätzen die Arbeit niedergelegt, als e Mitglieder einer Arbeiter⸗Kommission, welche den Arbeitgebern orderungen vorlegen sollten, entlassen wurden.
Aus London meldet W. T. B.: Ju einer gestern abgehaltenen borläufigen Konferenz der Arbeitgeber und der gusständig en Arbetter der Maßschinenbaubranche wurde beschlossen, am 24. d. in London eine förmliche Konferenz ab luhalten, zu welcher Arbeitgeber und Arbeiter je 14 Vertreter entsenden sollen. Bis ju der Konferenz werden beide Theile sich . feindlichen Vorgehens enthalten. — Nach einer Bekanntmachung,
E am Dienztag in der Londoner Shipping Exchange“ angeschlagen wurde, haben die Kesselfchmiede und die Eisenarbeiter der f fffebauwerften ju den am 14. Oktober vereinbarten Bedingungen
rbeit wieder aufgenommen.
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Kunst und Wissenschaft.
Im oberen Umgang des Lichthofs im Königlichen Kunst« ewerbe⸗Mu seum sind gegenwärtig Stickereien der Geschwister ucy und Rose du Bois⸗Reym ond aukgestellt, deren Arbeiten schon von früher ber vortheilhaft bekannt sind. Das Bestreben der Künftlerinnen., in Anlehnung an natürliche Pflanzenformen Flach- muster zu schaffen, findet auch in diesen jüngsten Werken glückliche Anwendung. Zur Ausstellung gelangten meistens Stickereien auf Leinen, die in flottem Platt⸗ oder Stilstich ausgeführt sind.
neber neue römische Funde in Köln berichtet die Köln. Ztg.. Bel einem Neubau der Versicherungegesellschaft Concordia am Maria-Ablaßplatz stieß man auf Reste von Brandgräbern mit ansehnlichen Beigaben, welche dem Museum Wallraf⸗Richartz überwiesen wurden. Darunter befinden sich eine unversehrte Kanne aus azurblauem Glase von seltener Größe sowie Sigillata Schalen mit Relief und Kerbverzierungen, dem Ende des ersten Jahr hunderts n. Chr. angehörig. Ein ungefähr gleichaltriges Grab wurde von dem städtischen Tiefbauamt bei der Lindentbaler Kanalanlage an der Aachenerstraße freigelegt. Es war gemauert und enthielt eine roße gläserne Urne mit der Knochenasche sowie andere Beigaben aus hon und Glas. Ein Brandgrab aus der ersten 6 des ersten Jahrhunderts am Eigelstein enthielt als Hauptstück eine große Ge— sichtsurne aus Then, die mit drei originell kombinierten Gesichtern in plaftisch aufgelegter Arbeit verziert ist, dabei eine tbönerne Waschschüssel, eine Lampe mit tragischer Maske und kleine Thongefäße. Aus einem Grabfunde an der Severinstraße stammt u. a eine schöne Lampe von etwa h0 n. Chr. mit einem Relief im Diskus, Jupiter und Antiope dar⸗ stellend. — Neben diesen Fundstücken kam als Geschenk des Mitgliedes einer der ältesten Familien der Stadt eine ,, und byzantinischer Grabfunde aus Palästina an das Museum, In den letzten Jahren wurden dort bei Cisenbahnbauten jablreiche Felsen· gräber aufgefunden und ihr wohlerhaltener Inhalt durch Händler in Europa jerstreut. Die dem Museum geschenkten Gegenstände, Gläser, Lampen und Thongefäße, zeigen zum theil charakteristische griechi ck orientalische Formen. Unter den mitaufgefundenen Münzen sind die Kaiser von Konstantin dem Großen bis Justinian vefteten.
Einen Wettbewerb um originale Werke graphiser Kunst schreibt die Verlagsbuchhandlung von Seemann . Eo.
dafür folgende Preise ausgesetzt: J. Preis 5o0 , JI. Preis 390 , III. Preis 200 M Verlangt werden originale Werke in beliebige technischer Ausführung (Holzschnitt, Radierung, Lithographie, diese auch mit mehreren Steinen) in einer dem Format der, ge
Gegenstandes ist freigestellt, doch dürfen die eingesandten Arbeiten noch nirgends veröffentlicht fein. Die Einsendung hat bis spaätestens jum 1. April 1898 anonym an die Verlagsbuchhandlung von See—
Arbeit sind zwei Probedrucke (uneingerahmt), nur mit Kennwort ver, seben, einzuschicken; es ist ein . Kuvert beizulegen, das außen das Kennwort trägt und innen den Namen und die vollständige Adresse des Urhebers 23 Die Jury tritt noch im Monat April 1898 jusammen; das Ergebniß des Wettbewerbs wird öffentlich be— kannt gemacht. Alle dazu eingesandten Drucke gelangen mindestens ach Tage lang zur öffentlichen Ausstellung in Leipzig. Durch die Preisperthei⸗ lung werden die Originalplatten bez. Steine und Probedrucke ausschließ⸗ liches Eigenthum der a n, . Die käufliche Erwerbung einer größeren Anzahl Platten ist in Aussicht genommen. Das Preis. richteramt haben außer den Herausgebern (Br. Richard Graul und Dr. Ulrich Thieme) und den Verlegern der eit gn für bildende Kunst“ folgende Herren übernommen: Professor Otto Eckmann in Berlin, Professor Max Klinger in Leiv ig, Professor Carl Koepping in Berlin, Max Liebermann in Berlin, Professor Lr. Theodor Schreiber, Direktor des städtischen Museums in Leipzig, Professor Hr. von Tschudi, Direktor der Königlichen National. Galerie in Berlin, Pr. Julius Vogel, Kustos am staͤdtischen Museum in Leipzig.
Bauten.
Zur Erlangung von Entwürfen für den Neubau der evangelisch-⸗lutherischen Lukaskirche in Chemnitz wird von dem Kirchenvorstande ein Wettbewerb unter den deutschen evangelischen Architekten ausgeschrieben. Die Entwürfe sind bis zum 15. Februar 1898 einzureichen. Die Preise betragen 3000 2000 und 1000 0 Preisrichter sind die Herren Geheimer Baurath Drth in Berlin, Baurath Dr. Roßbach in Leiprig und Professor H. Stier in , Die Baubedingungen werden vom Kirchenvorstande auf
unsch kostenfrei zugesandt. ;
— Bei dem Wettbewerb um den Neubau einer evan gelischen Kirche im Hammerbrook in Ham burg ist der erste Preis dem Professor Johannes Vollmer in Berlin zuerkannt worden. Den jweiten Preis erhielt Architekt Fernando Lorenzen in Hamburg, den dritten Preis Architekt Karl Voß.
Land⸗ und Forstwirthschaft. Ernteergebniß und Getreidebandel in Galizien.
Aus Lemberg liegt folgende Nachricht vort;
Nach den bisherigen Feststellungen soll die diesjährige Ernte in Galizien einer ziemlich schwachen Mittelernte gleichkommen. Wenn auch einzelne Gegenden namentlich in Weizen ein gutes Ernteergebniß aufweifen, so brachte doch die Mebrzabl der Weizen. und insbesondere der Roggenfaaten in schlechter Qualität kaum eine größere Ernte, als fur den Samen erforderlich ist. Infolge dieses ungünstigen Ernte⸗ ergebnises deckten aus der heurigen Ernte vor allem die galizischen Mühlen ihren Bedarf, zumal da aus den Vorräthen der letzten Ernte naheju garnichts übrig geblieben sein dürfte.
Von einem Export galizischen Getreides, welcher sonst, wenn auch nicht in größerem Maßstabe, stattzufinden pflegt, wird für die nächste Zukunft daher wohl nicht die Rede sein können. Galizien ist in diesem Jahre vielmehr zum theil auf die russische Einfuhr angewiesen. Ueber Die beiden galtzisch, rufsischen Grenzstationen Brody und Podwoloczyska sollen angeblich in letzter Zeit monatlich etwa 900 bis [Io Waggons, und zwar gegen 290 über Brody und gegen 700 bis gö0 äber Podwoloczvöka, nach Galizien eingeführt worden sein. Zum größeren Theil wurden diese Zufuhren an der Grenze ver⸗ zollt und für den galizischen Konsum verwendet; ein Theil davon, ins- befondere Weizen und Roggen, geht nach Böhmen, Mähren und Schlesien. Die Einfuhr nach Deutschland, namentlich über . wojoczyska, foll sich mehr auf Erbsen, Wicken, Linsen und Bohnen beschränken. Das Getreidegeschäft in Podwoloczyska gestaltet sich in diefem Jahre ziemlich schwach, was hauptsächlich den billigen
rachten anderer Grenzpunkte und den billigen Wasserfrachten via
deffa und Rikolajew zugeschrieben wird. In letzter Zeit trat außer, dem in Brody vie in Podwoloczyska Waggonmangel ein, wodurch das Geschäͤft ins Stocken gerieth.
Wie das Direktorium der Deut schen Landwirthschafts⸗ Gesellschaft mittheilt, werden die Tagungen der Ausschüsse und Abtheilungen der Tandwirthschafts - Gesellschaft sowie ihre Haupt- versammlung in der Zeit vom 14. bis 18. Februar 1898 in erlin statifinden und die Sitzungen der bedeutendsten Fachvereinigungen deutscher Landwirthe sich, wie in früheren Jahren, daran anschließen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungõ⸗ Maßregeln. Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Weche vom
31. Sftober bis 6. November etwas weniger günstig, die Sterblich⸗ keitsziffer jedoch eine noch kleinere als in der orwoche (pon je 10900
Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 14,4 gegen 15,3 der Vor⸗
in Leipzig für die „Zeitschrift für bildende Kunst' aus und hat
nannten Zeitschrift (25634 em) entsprechenden Größe Maximal-
lidgröße: 6 Die Wahl des Da ; . . ; g 5 Ur Nachm., von Sonthampton (Needles) ab. Die Reisedauer betrug
Co. i 17, Von jeder von j k . , Resultat. — DD. Wartburg“, v. Brasilien kommend, 16. Nov.
woche). Unter den Todegursachen kamen akute Darm krank beiten wieder in größerer 2 zum Vorschein und führten auch in esteigerter Zahl (in 50 Fällen gegen 30 der Vorwoche) zum Tode.
ie an diesen Krankbeitsformen Gestorbenen standen faft ausschließlich im jugendlichen Alter von unter 2 Jahren. Die Be theiligung des Säuglingsalter an der Sterblichkett blieb fast die gleich niedrige wie in der Vorwoche; von je 10 099. Einwohnern starben in Berlin, aufg Jahr berechnet, 41 Säuglinge. Auch akute Entzündungen der Athmungs⸗ organe kamen mehr zum Vorschein, doch zeigten sie im allgemeinen einen milden Verlauf. Erkrankungen an Influenza traten gleich⸗ falls zablreicher hervor, und es wurde auch von 5 Todesfällen infolge von Influenza berichtet. — Von den anderen Infektionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern mehr, an Scharlach und Diphtherie nahezu in gleicher Zahl wie in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar zeigten sich Erkrankungen an Masern und Scharlach in keinem Stadttheile in besonders nennenswerther Zabl, während Erkrankungen an Diphtherie aus den westlichen Theilen der jenseitigen Luisenstadt, aus dem Stralauer Viertel und aus der Rosenthaler Vorstadt am häufigsten zur Meldung gelangten. Erkrankungen an Unterleibstvphus sind nicht zur Anzeige gekommen. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt. Seltener als in der Vorwoche wurden rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut beobachtet. Auch Erkrankungen an Keuchhusten, die in 6 Fällen mit dem Tode endeten, kamen weniger zur ärztlichen Behandlung. Erbeblich seltener als in den Vorwochen wurden ferner rheumatische Beschwerden aller Art, namentlich akute Gelenkrheumatismen, zur Beobachtung gebracht.
Bom bay, 16. Rovember. (W. T. B.) Alle Eisenbahn⸗ passagiere zweiter und dritter Klasse, welche aus den Gebieten, in denen die Pest berrscht, hier eintreffen, werden einer Quarantäne von mindestens sechs Tagen unterworfen. — Vier weitere an der Pest er⸗ krankte Europäer sind gestern in das Hospital in Poona auf⸗ genommen worden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Tilsit. 17. November. (W. T. B.) Die Memel gebt mit Eis; ée Schiffahrt ist geschlossen.
Rostow am Don, 17. Nobember. (W. T. B.). Nachdem nunmehr Thauwetter eingetreten ist, können die Schiffe, welche urch den bisherigen Frost im biesigen Hafen festgehalten waren, veder auslaufen.
Bremen, 16. November. (W. T. B.) Der Schnelldampfer des eutichen Llovd Kaiser Wilhelm der Große ist heute tag ii Uhr woblbebalten in New⸗ York angekommen. Der Dampfer ging am 9. d. M. von Bremerhaven und am 10. d. M.,
8 Tae 23 Stunden, was unter Zugrundelegung der Distanz der nördlichen Reute von 3066 Seemeilen eine mittlere Geschwindigkeit von 21. Meilen in der Stunde ergiebt, — wiederum ein glänzendes
Mrgt d. r angekommen. Nopem ber. (W. T. B) PD. „‚Darmstadt“ 16. Nov. Mrge. Kesse v. Genua n. Southampton fortges. „Koblenz“, n. Brasilien best., 16. Nob. Vm. Ouessant passiert. Trave“, p. Nere-Hork kommend, 16 Nov. Nm. Seil ly passiert. Olden⸗ urg“, v. Baltimore kommend, 16. Nov. Nm. auf d. We ser an⸗ gekommen. urg, 16. November. (W. T. B.) Hamburg ⸗Amerika⸗ pD. Pers ia‘, von New ⸗ Vork kommend, hat heute Nachmittag Lizard passiert. PD. ‚Rorxmannia“, von Ham burg kommend, ist heute Morgen in New-⸗ Pork eingetroffen. London, 17. November. (W. T. B.) Castle Lin ie. Dampfer Tartallon Castlen ist auf der Ausreise heute in Madeira angekommen. . Union Linie. Dampfer Mexican“ ist auf der Heimreise heute von Madeira abgegangen. D. . Arab! hat auf der Aus. reife gestern die Canarsschen Inseln passiert. D. . Goorkha“ ist heute auf der Heimreise in Southampton angekommen.
Theater und Musik.
Konzerte.
Am Abend des gestrigen Bußtages brachte der Königliche Opernchor unter Mitwirkung einer Reihe von Solisten sowie der Köntslichen Kapelle die Legende von der heiligen Elisabeth“ ven Franz Liszt zur Aufführung. Dieses, zuerst im Sommer des Jahreß 1865 bei dem ungarischen National ⸗Musikfest in Budavest und später, im Herbst des Jahres 1881 und im Früb— jahr 1384 in Weimar in dramatischer Inscen erung aufgeführte Oratorium ist auch in Berlin bereits mehrfach zu Gehör gebracht worden. Liszt strebt darin eine Art geistlicher Oper an und hat in diesem Sinne die von Otto Roquette nach den Schwind'schen Wandgemälden in der Wart— burg gedichteten Scenen, unter Anwendung des bon Wagner erfundenen Motivs“, mit sorgfalti er Charakterisierung der einzelnen Personen, jreffender orchestraler Stimmungsmalerei sowie reichlicher Ver- wendung von Chören wirkungkvoll musikalisch gestaltet. Ven den sfechs Bildern machten einen besonders tiefen Gin druck das zweite mit dem Rosenwunder! und das fünfte und sechste: Elisabeth's Tod und feierliche Bestattung. n den letztgenannten Bildern fand namentlich der Chor Gelegen beit, sich oft und wacker hervorzuthun. Die schwierige Partie der Elisabetb wurde von Fräulein Hiedler sehr lobenswerth aueg f son, auch die anderen Soli waren mit den besten iesigen und auswärtigen Kräften besetzt, nämlich: . Goetze (Landgräfin Sophie), Großherzoglich sächsischer ammersãänger Derr Franz Schwarz (Landgraf Ludwig), Herr Stammer (Landgraf Herrmann und Kaiser Friedrich II.), Herr Hoffmann (ungarischer Magnat) und Herr Mödlinger (Seneschall, die ihre Aufgaben mit Tinsetzung allen Könnens lösten. Das Quartett der Engel wurde von den Damen Dietrich, Weitz, Rothauser und Pohl innig ergreifend gefungen. An der Orgel saß. Herr Professor Br. Reimann. Unter . Kapellmeister Dr. Muck energischer Leitung ging die Auf⸗ hrung präzis von statten. Gegen sonstige Gepflogenbeiten ließ sich das Publikum durch die eindringliche Wirkung der Hauptscenen des Oratoriums und der vortrefflichen Einzelleistungen öfter zu lautem Beifall hinreißen. .
Am Dientztag Abend fand im Saal der Sing ⸗Akadem ie das letzte der vier Abonnements. Konzerte der Meininger Hofkapelle statt, welches nicht minder rübmlich für die Kapelle verlief, als Die vorangegangenen. Zur Ausführung gelangte an erster Stelle Jo⸗ hannes Brahms' vierte Symphonie in Ermoll, eins der be- deutendsten, aber auch schwiersgsten Tonwerke des Meisters; ihr folgte Beethoven's „Coriolan“ Ouvertüre, die in ihrer knappen Form und inneren Klarbeit in einem bemerkenswerthen Gegensatz zu der Brahms 'schen Symphonie steht; beide Tonwerke wurden unter Herrn General. Musikdirektor Fritz Steinbach s Leitung künftlerisch tadellog vorgetragen. In einer Tarantella für Flöte und Klarinette mit Orchester von Salnt. Saäns konnten die Solisten,
err Fulius MNanigold und Herr Richard Müblfeldd ibre
irtuosität aufs neue glänzend, entfalten. Franz. Schuberts oft und immer gern gehörte liebliche und ue Zwischenakt⸗ und Balletmusik aus der Oper . Rosamunde; schien den
zrern einen besonders willkommenen Genuß zu bereiten, jumal zuch hier die Leistung des Orchesterg völlig auf der Höbe stand. Den Beschluß machte Richard Wagner's Vorspiel zu den Meistersingern von Nürnberg? welches nach minutenlangem Beifall wiederholt werden mußte. — Dem Konzert wohnte Ihre Majestät die Kaiserin und Königin bei. — An demselben Tage gab Fräulein Marianne Geyer aus Wien im Saal Bech stein einen Liederabend, in welchem . hier zum ersten Mal erschien. Die Sängerin gebietet über eine tiefe, recht klangvolle Älistimme, deren Verwendung von guter Schulung zeugt, die jedoch