1897 / 288 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Dec 1897 18:00:01 GMT) scan diff

auf einmal der Marineverwaltung seitens des hohen Hauses bewilligt worden sind. Diese 70 Torpedoboote sind dann in den sechs darauf folgenden Jahren gebaut worden, und wir haben durch die Möglichkeit, von vornherein zu digponieren, einmal erreicht, daß wir erstens die besten Boote hatten, die damals überhaupt schwammen; und zweitens, daß wir die dazu gehörenden milltãrischen Vorbereitungen gut regeln konnten; und drittens, daß wir die Leistungsfähigkeit der in Betracht kommenden Industrien so vorwärts getrieben haben, daß wir bei Ablauf dieser Jahre so viel Bestellungen in dieser Branche aus dem Ausland hatten, daß das, was das Deutsche Reich für seine eigene Marine gegeben hatte, vom Ausland dafür zurückgeflossen ist. Das war datjenige, was ich über die Frage der Beschaffungsfrist zu sagen hätte.

Ich komme nun zu der Nothwendigkeit, die Ersatzbauten gesetz⸗ lich zu regeln. Daß die Schiffe nur eine begrenzte Lebensdauer haben, ist ja den Herren bekannt; die Zeiten, die im Gesetzentwurf genannt worden sind, sind, soviel ich weiß, niemals bestritten worden, wenngleich die daraus resultierenden Bewilligungen mehrfach zurũck⸗

geschoben sind. Wir stehen nun bei diesen Ersatzbauten in gleicher Weise wie bei der Frage des Sollbestandes Thatsachen gegenüber. Es ist eine Thatsache, daß unsere Schlachtflotte auf 7 verwendbare Schiffe anstatt der 14 reduziert ist und damit ihren Daseins zweck in gewissen Grade verloren hat. Es ist auch Thatsache, meine Herren, daß wir nicht im stande sind, unsere augenblicklichen Seeinteressen im Auslande so wirksam durch die Auslandsschiffe zu vertreten, als es erforderlich ist, wir müssen zu diesem Zweck vielmehr unsere Küsten auf eine ganz bedenkliche Weise von integrierenden Theilen der Flotte entblößen. Einer Wiederholung dieses Zustandes würde nur vorgebeugt, und es würde nur Sicherheit geschaffen werden können, daß wir immer die erforderliche Zahl von Schiffen zur Ver⸗ fügung haben, wenn der Ersatzbau gesetzlich geregelt wird. Es wird nun gerade bei diesem Punkte mehrfach hervorgehoben, daß eine ganze Reihe von Schiffen im Bau sind. Das ist mit größtem Dank für dieses hohe Haus, welches diese Schiffe bewilligt hat, zu begrüßen, aber man kann doch mit im Bau befindlichen Schiffen nicht auf eine Vertheidigung der Küste rechnen, und noch weniger kann man damit Auslandtzinteressen vertreten. Gerade dieses Beispiel erinnert an die Richtigkeit des Ausspruchs eines bekannten französischen Admirals, der sehr charakteristisch für die Marine ist: Rien dans la marine ne s'improvise.

Was die Indiensthaltungen anbetrifft, die gesetzlich geregelt werden sollen, so handelt es sich dabei um die Cadres unserer Schlacht⸗ flotte. Von den Cadres der Schlachtflotte hängt die Kriegs bereit schaft, die im Frieden zu machenden Mobilmachung vorarbeiten, und schließlich die vorzubereitende Verwendungsweise der Flotte im Kriege ab. Diese Indiensthaltungen bilden also gewissermaßen das Rückgrat des ganzen organisatorischen Aufbaues unserer Marine und bedürfen aut diesem Grunde einer gesetzlichen Regelung. Die Aufnahme der Berechnungsweise des Personals ist mehr der Vollständigkeit wegen im Gesetz geschehen, das nöthige Personal ergiebt sich ja im wesent⸗ lichen aus den Indiensthaltungen. Es war unser Wunsch, auch nach dieser Richtung hin klare und durchsichtige Verhältnisse zu schaffen, darum hat der Paragraph Aufnahme gefunden.

Ich wende mich, meine Herren, nunmehr zu den materiellen For⸗ derungen, der Verstärkung der Marine, welche dieser Gesetzentwurf enthält. Es handelt sich dabei um eine Vermehrung um hh Linien⸗ schiffe, 2 große Kreuzer und 7 kleine Kreuzer und um eine Ver— mehrung der Indiensthaltungen. Was zunächst die Linienschiffe an⸗ betrifft, so ist die Zahl 14 schon 1873 anerkannt und auch später immer vom hohen Hause als erforderlich und richtig angesehen worden; es fehlen zur Zeit 2 an dieser Zahl, 12 sind vorhanden, es würde also zunächst diese Zabl wieder aufzu⸗ füllen sein. Dann sieht der Gesetzentwurf eine Vermehrung um 5 Linienschiffe vor. Ich bitte, diese Zahl 14 noch einmal von einem historischen Standpunkte kurz beleuchten zu dürfen. Als damals der General von Stosch diese Zahl vorschlug und sie vom Reichstage als erforderlich anerkannt wurde, lag die Absicht vor, daraus zwei Ge⸗ schwader zu formieren, das eine zu sechs Schiffen in der Ostsee, das andere zu acht Schiffen in der Nordsee, und dieselben als Ausfall⸗ geschwader zu verwenden. Wir haben aber schon Ende der siebziger Jahre gesehen, daß es doch eine bedenkliche Position für diese kleinen Geschwader wäre, einem mächtigen Gegner gegenũberzuslehen, daß eine große Gefahr vorlag, gerade für die schwierigsten Situa⸗ tionen Deutschlands, daß unsere Flotten vereinzelt mit leichter Mühe geschlagen würden. Die Marineverwaltung hat damals mehrfach geschwankt unter dem Druck dieser Schwierigkeit, nach welcher Seite der Schwerpunkt der Vertheidigung unserer Ge⸗ wässer durch die Flotte gelegt werden solle. Ja, meine Herren, es hat eine Zeit gegeben, wo wir durch die militärische Situation ge⸗ wungen waren, die Nordsee von vornherein aufzugeben, wo wir im Frieden bereits die letzten Schlachtschiffe von der Nordsee nach der Ostsee versetzt hatten und wo wir entsprechende Vorkehrungen ge⸗ troffen hatten, die übrigen Schlachtschiffe nach der Indienststellung im Mobilmachungèsfall nach der Ostsee überzuführen, wenn die Neu⸗ tralität Dänemarks und der übrigen Staaten es gestatten würde. Es wird den Herren bekannt sein, daß ja gerade diese Schwierigkeit die Veranlassung war, daß der Hochselige Kaiser Wilhelm J. den Ge⸗ danken des Nord⸗Ostsee Kanals wieder aufgriff und daß auch der Fürst Bismarck diesem Gedanken zustimmte, indem er sagte: Jawohl, das ist nothwendig, dann kann wenigstens die ganze Schlachiflotte auß einem Loch heraus. Als nun die Fertigstellung des späteren Kaiser Wilhelm⸗Kanals anfangs der neunziger Jahre in eine greifbare Nähe gerückt war und auch gleichzeitig die Marine qualitativ und quantitativ genug entwickelt und gereift wat, traten wir in eine Reihe von systematlschen Untersuchungen ein, wle sich denn die Verwendung unserer Flotte gestalten würde, wenn wir im stande wären, unsere Geschwader zu vereinigen, und da ergab sich als Resultat dieser Arbeiten und Versuche, die eine Reihe von Jahren in Anspruch genommen haben, daß wir einem übermächtigen Gegner gegenüber nur dann Überhaupt eine Chance hätten, wenn wir mindestens eine Flotte aus 2 Geschwadern zu je 8 Schiffen zur Verfügung hätten. Es ergab sich dann auch noch, daß der Admiral, der die Flotte kommandierte, ein besonderes Linienschiff haben mußte, und es ergab sich ferner, welche Abgrenzung des Zubehörs an Kreuzern zweck⸗ mäßig war, die ja zu Schlachtschiffen unbedingt zugehören. Im Januar 1893 wurde auf Grund dieser Arbeiten ein Reglement für die Flotte erlassen, welches genau die Formation und die Zahlen enthält, die in dem Gesetzentwurf vorgesehen sind und um deren Be⸗

willigung das bohe Haus gebeten wird. Auf Grund des Reglements vom Jannar 1893 ist die Frage dann weiter geprüft worden, und zwar mit Wechsel der Personen, sedaß Sie, meine Herren, nach dieser Richtung hin augenblicklich einer geschlossenen und ge⸗ reiften Ansicht des gesammten See Offizier korps gegenüberstehen. Es ist mir ja leider aus Rücksichten auf die Landes vertbeidigung nicht möglich, die eingehende taktiche milltärische Begründung für die Zahl von 17 Linienschiffen hier zffentlich zu geben; ich werde mir erlauben, nach dieser Richtung hin die vollste Aufklärung in der Kommisston zu geben, und möchte jetzt nur hervorheben, daß, wenn es mir gelingen sollte, die Herren von der Richtigkeit der Ansicht unseres See⸗Offizierkorps zu überzeugen, Sie darin doch ein weiteres Motiv erblicken wellen, von welcher Bedeutung gerade die Festsetzung einer solchen Beschaffungsfrist für die Flotte selber ist. Wir können dann unsere ganzen militärischen Verbereitungen, unsere Persc nalausbildung, unsere Mobil machungè⸗ und sonstigen Kriegsvorbereitungen für die Verwendung der geforderten Schlachtflotte so einrichten, daß sie in dem Augenblick fertig werden, wo die im Gesetzentwurf vorgesebene Flotte thatsächlich verwendungebereit ist, das heißt im Jahre 1904. Ich wiederhole, meine Herren, unsere Schlachtflotte hat den Zweck einer Schutz flotte; sie ändert ihren Charakter, der ihr in großer Zeit von großen Männern gegeben ist, durch den vorliegenden Gesetzentwurf in keiner Weise; sie bedarf, um ihren Zweck zu erfüllen, um überhaupt einen Daseinszweck zu haben, einer Minimalstärke, und diese Minimal- stärke konzentriert sich in erster Linie um die beiden Geschwader zu je 8 Schiffen. Geht unsere Flotte unter die Stärke herunter, die das Gesetz vorschlägt, so verliert sie ganz unverhältnißmäßig an Werth und wird sehr bald überhaupt keinen Daseinszweck mehr haben. Das Geld und die Arbeit, welche für diese Flotte aufgewandt worden sind, würden im Falle eines Krieges umsonst aufgebracht worden sein.

Ich weiß sehr wohl, daß die Schlachtschiffe im allgemeinen nicht populär sind. Es ist ja schwierig, den Nutzeffekt eines Schlachtschiffes bei den erheblichen Kosten, die ein solches Schiff verursacht, klar zu legen und allgemein verständlich zu machen; es ist auch schwierig, klar zu machen, daß das Schlachtschiff durchaus ein großes, starkes Schiff sein muß. Es erfordert eine eingehendere Beschäftigung mit der Frage, um einzusehen, daß das eigentliche Schlachtschiff der Natur des Seekrieges nach einer großen Kraftanhäufung bedaif. Aber ich glaube, melne Herren, die Frage des Nutzeffekts dieser Vermehrung der Schlachtschiffe liegt doch noch etwas anders, was vielleicht verständlicher sein wird. Man kann wohl sagen: wie stellt sich der Rutzeffelt, wenn die Herren sich entschließen, die deutsche Flette um diese fünf Schiffe und das erforderliche Zu⸗ behör zu verstärken? Da kann ich nur Folgendes anführen: Wenn wir eine Flotte haben werden, die dieser Stärke entspricht, dann schaffen Sie Deutschland eine Seemacht, gegen die offensiv an unseren Küsten vorzugehen selbst eine Seemacht ersten Ranges sich dreimal bedenken würde. (Hört! hört) Sie schaffen eine Flotte, meine Herren, welche ein erhebliches Gewicht zur Sicherung des Friedens in die Wagschale werfen kann; Sie schaffen vom militärischen Stand⸗ punkt aus für die Stellung Deutschlands im europäischen Konzert einen Machtfaktor, der mit dem Jahre 1904 aufgehört haben wird, eine quantits négligeable zu sein.

Was die Kreuzer anbetrifft, so herrscht ja über die ẽtatsmãßige Zahl, wenn Sie mir diesen Ausdruck hier zu gebrauchen gestatten wollen, nicht dasselbe Einverständniß, wie über die Zahl 14 bei den Linien⸗ schiffen. Mein Herr Amtsvorgänger hat auf Grund der Denkschrift pon 1873 und der spaäͤteren Bewilligungen die etatsmäßige Zahl der Kreuzer auf 43 herausgerechnet. Der Gesetzentwurf enthält 42; da⸗ von sind 22 für die Schlachtflotte und 20 für die Heimathsflotte bestimmt. Die Nothwendigkeit der Kreuzer für die Schachtschiffe wird merkwürdigerweise häufig beanstandet, und doch ist es schon vor 100 Jahren so gewesen. Zum Beweis, wie sehr jede Schlachtflotte dringend der Aufklärungsschiff bedarf, brauchen Sie sich nur an die Bitte Nelson's um Kreuzer zu erinnern, als er Napoleon zur Zeit der Eppedition nach Egypten blockierte. Als ihm das nicht mit Erfolg gelang, da bat er dringend um Fregatten. Eine ähn⸗ liche Bedeutung haben die Fregatten oder Kreuzer, wie wir sie heute nennen, ja, in gewisser Beziehung ist die Bedeutung noch ge⸗ stiegen. Das leuchtet ja um so mehr ein, wenn Sie bedenken, welche große Beweglichkeit eine große Flotte besitzt, und daß außerdem noch die Nothwendigkeit binzugetreten ist, die Flotte zu schützen gegen die Torpedoboote, die ja auch erst eine Erscheinung der Meuzeit sind.

Bezüglich der Vermehrung der Indiensthaltung, meine Herren, handelt es sich außer einigen Auslandsschiffen, die mehr hinausgeschickt werden sollen, in der Hauptsache um die Formierung und Indienst⸗ haltung eines vollen aktiven Geschwaders von 8 Schiffen mit zwei dazu gehörigen Aufflärungasschiffen. Aus der Art der Begründung in dem Gesetzentwurf, welche unsere Schwächen nach dieser Richtung hin überall offen legt, werden die Herren wohl ohne welteres die bervor⸗ ragende Bedeutung der Indiensthaltung eines aktiven Geschwaders ent⸗ nehmen können.

Ich komme zum Schluß auf die Kosten. Die Ausgaben für den Schiffbau einschließlich der Artillerie und Torpedo ˖ Armierung sind für die nächsten sieben Jahre auf jährlich 60 Millionen geschãtzt worden; das würden im Ganzen 410 Millionen sein. Davon sind aber nur 162 Millionen für Neubauten. Eine Schätzung der Kosten, die die Ersatzbauten in den nach Ablauf der sieben jährigen Periode folgenden 10 Jahren etwa perursachen würden, hat etwa 30 Millionen ergeben, um welche der Etat der Marine alsdann dementsprechend fallen würde.

Die sonstigen einmaligen Ausgaben sind von den verbündeten Regierungen wie folgt veranschlagt worden. Man hat den Durch⸗ schnitt der letzten sieben Jahre genon min und denselben um 25 0se vermehrt. Ich bin der Ansicht, daß diese Summe ausreichen wird. Nöthigenfalls würden bezüglich derjenigen Bedürfnisse, die aus den sonstigen einmaligen Ausgaben bestritten werden, Zurückstellungen bis nach 1904, wo sich die Ausgaben für Schiffbau wieder vermindern werden, stattfinden können.

Die fortdauernden Ausgaben, die vorwiegend ihre Steigerung erfahren durch die vermehrte Indienststellung, steigen im Ganzen in den sieben Jahren um 30 Millionen. Ich bin fern davon, diese 30 Millionen alg eine geringe Summe ansehen zu wollen, aber, meine Herren, vielleicht verliert diese Summe etwas an Schrecken, wenn Sie bedenken, daß in den beiden zurückliegenden sieben jährigen Epochen die Steigerung der Ausgaben für die Marine 32 Millionen und 46 Millionen betragen hat, also mehr, altz für die nächsten sieben Jahre in Aussicht fteht.

Ich komme zum Schluß, meine Herren. Dle Seelnteressen Deutsch- lands sind, wie der Herr Reichskanzler vorhln ausgeführt bat, und wofür ich mir erlaubt habe, den Herren einsges Materlal zugänglich zu machen, seit Errichtung des Reichs in ganz ungeahnter Weise gestiegen. Ihre Erbaltung ist zu einer Lebensfrage Deutschlands geworden. Werden diese Interessen Deutschlands in Zukunft unterbunden und ernstlich geschädigt, so muß Deutschland erst einen wirthschaftlichen und dann einen politischen Niedergang erlelden. Welche dieser Seeinteressen Sie auch herausgreifen wollen, sei es das politische Ansehen Deutschlands außerhalb und innerhalb Europas, sei es die Offenhaltung wichtiger Lebensadern Deutschlands nach der See zu im Falle eines Krieges, sei es der Schutz deutscher Reichsbürger in fernen Ländern oder der Schutz und die Vertretung dortiger deutschen Handelsinteressen, alle diese Interessen, melne Herren, finden ihr Rückgrat in dieser Welt, wo die Dinge hart auf⸗ einander stoßen, nur in der deutschen Flotte.

Die verbündeten Regierungen sind zu der Ueberzeugung gekommen, daß das bisherige System, die Bedürfnisse dieser Flotte nur durch Jahres forderungen zu sichern, nicht mehr ausreicht, daß vielmehr eine gesetzliche Fundierung der Marine unerläßlich geworden ist, daß nur bei einer gesetzlichen Fundierung die Verwaltung sich in rationeller Weise führen läßt, nur bei gesetzlicher Fundierung die erforderliche Anzahl von Schiffen in gemessener Frist beschafft und dauernd bereit gehalten werden kann.

Demzufolge ist dem hohen Hause eine eingehend erwogene und sich finanziell in zulässigen Grenzen haltende Vorlage zugegangen. Ich bitte Sie nochmals, meine Herren, an die Prüfung dieser für die deutsche Flotte entscheidenden Vorlage mit Wohlwollen herantreten zu wollen. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Dr. Schönlank (Soz.) weist darauf hin, daß im Ser⸗ tember 1895 der Reichs⸗Anzeiger ausdrücklich erklärt habe, daß die Marine sich durch einen Plan nicht binden könne. Der damals als unberantwortlich bezeichnete Flaggoffizier, fährt der Redner fort, ist heute Staatesckretär der Marine, und sein Plan liegt dem Hause jur Beschlußfaffung vor. In den letzten 26 Jahren haben wir mehr als 1500 Millionen für die Marine ausgegeben, zuerst in einer Periode des langsamen Wachsthums und dann in einer 1888 beginnenden Periode des jähen Wachsthums. Die Ausgaben für die deutsche Flotte haben sich in dieser Zeit auf das 31 fache gesteigert, mehr als in anderen Ländern, und die Reichsschuld von 1888 bis jetzt von 700 auf 2141 Millionen, also aufs Dreifache. Der Reichskanzler sprach pon elner Fehler, der gemacht sel; man müsse neue Wege wandeln. Merkwürdig ist, deß die früheren Vertreter der Marine diesen Fehler gemacht haben, daß man sich früher gegen jegtiche Festlegung der Marins verwabrt hat. Der Reichskanzler sprach ferner davon, daß zwar das Reichsheer, aber nicht die Flotte glorreiche Erinnerungen habe. Man appelliert also an das Prestige, an die gloire, und zwar in einer Zeit, wo Alles von Frbedens persiche rung sbberfließt. Das Landungsgespenst hat garnichts zu bedeuten. Deutsch⸗ land bat von allen Großstaaten die geringste Küstenausdehnung, und noch ehe der Nord-⸗Ostsee⸗ Kanal gebaut wurde, wurden unsere Kästen amtlich als geschützt erklärt. Jetzt haben wir zudem noch den Fanal und Helgoland. Erstaunen muß man über die Verherr⸗ lichung des Industrialismus in der enkschrift. Die Handels« agenten und Handelsreisenden baben mehr erobert als alle Kriegk⸗ schiffe. Der deutsche Handel wußte sich den Bedürfnissen seiner Kunden besser anzupassen als der zum fheil verzopfte und feudale englische. Als vor zwei Jahren Missionare in Südchina belästigt wurden, wurde die Sache in wenigen Tagen erledigt ohne jeden Lärm. Jetzt hat man das Bedürfniß nach Weltpolitik; es sollen Seesoldaten eingeschifft werden. Damit ist der erste Schritt ge⸗ macht zum größeren Deutschland. Wag die Sache aber kosten kann und welche Verwicklungen daraus entstehen können, das überlegt man nicht. Rußland hat sich bereits gesichert, und Deutschland wird dann vielleicht mit dem Brocken Kiau⸗Tschou abgefunden. Glaubt man denn, daß das in seinem Siegeslauf aufgehgaltene Japan garnicht mehr existiert, daß es einer dort einzurichtenden Flottenstation nicht ein fehr gefährlicher Feind werden würde? Deutschland ist eine Großmacht, aber keine Weltmacht und keine Seemacht.

ö Staatssekretär des Reichs⸗Marineamts, Kontre⸗Admiral irpitz:

Ich möchte mich nur auf eine kurie Bemerkung beschränken, um die anderen Herren bei Zeiten zum Sprechen kommen zu lassen.

Der Herr Vorredner hat eine Notiz im Reichs. Anzeiger vom vorigen Jahre erwähnt, nach welcher der Admiral Tirpitz kein ver⸗ antwortlicher Offizier sei und doch einen Flottenplan eingereicht haben soll. Das, was der Reichs ˖ Anzeiger! im vorigen Jahre aut gesprochen hat, trifft genau zu. Der Admiral Tirpitz war im vorigen Jahr kein verantwortlicher Offizier dem hohen Haufe gegenüber und hat keinen Flottenplan eingereicht. Daß der Admiral Tirpitz seiner Zeit als Chef des Stabes an der militärischen Entwickelung unserer Marine gearbeitet hat, wird man mir wohl nicht verdenken.

Weiter habe ich nichts zu bemerken. (Bravo)

Staatssekretãr des Relchs⸗Schatzamts Freiherr von Thiel mann: .

Meine Herren! Die politische und wirthschaftliche Nothwendig⸗ keit der Flottenvorlage ist Ihnen bereits von anderer Seite dargelegt worden. Meine Aufgabe ist es, Ihnen zu zeigen, daß die Anforde⸗ rungen, die die Flottenvorlage an das Reich stellt, die Geldanforde rungen, sich harmonisch in den Rahmen des Etats hineinfügen, ohne Zwang und ohne daß irgend welche neuen Deckungs mittel dasür er⸗ forderlich wären. Ich werde mir gestatten, Ihnen dies an der Hand der Ziffern darzulegen, nicht der Ziffern der Schiffe, sondern der Ziffern von Millionen, die Ste in der Begründung der Vorlage finden werden.

Zunächst finden Sie, daß die fortdauernden Ausgaben des Ordinariums in jedem Jahr, mit dem gegenwärtigen Jahr anfangend, um A Millionen steigen. Das erste Jahr, das Jahr 1898, bringt 4 Millionen mehr, als das laufende Jahr gebracht hat, das jzwelte Jahr 8 Millionen u. s. w., bis im Jahre 1904 der Gtat der fort⸗ dauernden Ausgaben für Lie Marine um 28 Millionen hoher ist, als im laufenden Jahre. Ich bitte, mir gestatten zu wollen, daß ich schon die neue Bezeichnung des Rechnung jahres brauche, welche mit einer Jahresziffer schließt, statt wie bisher mit einer Doppelnummer. Die neue Bezeichnung ist bequemer alt die big vor kurzem übliche Doppelziffer. Ich werde also nicht vom Etats jahr 1898/99, sondern lediglich vom Rechnung jahr 1898 sprechen.

Bei den einmaligen Ausgaben ist die Steigerung keine so regel⸗ mäßige. Wir haben hier von dem Jahre 1868 bis 1900 eln Auf steigen, dann kommt ein Stillstand, und von 1901 bit 1904 sindet wieder ein kleines Absinken statt. Dat ist die Folge davon, daß in der letzten Hälfte der 7 Jahre weniger erste Mauraten eingeftellt werden. Die einmaligen Autgaben möchte ich bel dieser Betrachtung nicht in solche teilen, bie dem Ordinarlum, und solche, die dem Grtraordinarium anheimfallen, denn ble bis letzt beliebte Theilung Sie kennen ja den Abschrelbungtzmodug, wenn ich dleg laufmlnnisch

einen Abschreibungsmoduag nennen darf, daß bo /o der vorhandenen Schiffe und 3 der artilleriftischen und Torpedoarmierung auf ordent · Iiche Mittel übernommen werden, der Rest auf außerordentliche diese Thellung werde ich nicht anlegen. Sie ist einmal nicht gesetzlich festgelegt, kann also in jedem Gtatéjahr abgeändert werden, und sodann kommt es nicht darauf an, ob eins von diesen Jahren besonders gut oder schlecht fortkommt, sendern lediglich darauf, ob die Gesammtsumme der einmaligen Aus⸗= gaben im Laufe dieser 7 Jahre eine solche ist, welche das Reich und seine Finanzen ohne Gefahr ertragen können. Wenn Sie also die einmaligen Ausgaben dez, sagen wir Septennats oder siebenjäbrigen plans, in ihrer Gesammtheit betrachten, finden Sie, daß sie in der Mitte der Periode auf eine Gesammtausgabe von 73 Milllonen steigen, also 15 Millionen mehr, als das laufende Jahr gebracht hat, dann sinken sie wieder und betragen im letzten Jahre der siebensährigen Periode 62 Millionen, also noch 4 Millionen mehr als das laufende Jahr. Tie Frage ist also, wenn ich sie zu⸗ spitzen will, erstens die: kann das Reich aus seinen Finanzen eine durch sieben Jahre in jedem Jahre um 4 Millionen erhöhte Ausgabe an fortdauernden Ausgaben tragen? und zweitens: kann das Reich gleichzeitig eine erhöhte einmalige Ausgabe tragen, welche nicht gleichmäßig, sondern ungleichmäßig auf die 7 Jahre ver theilt ist, deren Gesammtsumme in diesen 7 Jahren rund 64 Mil⸗ lionen beträgt, also eine durchschnittliche jährliche Erhöhung um g Millionen in den einmaligen Ausgaben bietet? Beide Fragen, meine Herren, werden Sie an der Hand der Ziffern mit Ja beant⸗ worten.

Wenn ich die Ehre haben werde, Ihnen den Etat des Rech— nungsjahres 1898 vorzulegen und zugleich die Haushaltsübersicht des Jahres 1896 und die Schätzungen für das laufende Jahr 1897, so werde ich näher auf die einzelnen Zahlen eingehen, welche die Schuldentilgung der letzten Jahre gebracht hat. Dieses hohe Haus hat bald hinterelnander jwei Schuldentilgungsgesetze angenommen, von denen das zweite das bereits angenemmene erste in einigen Einzel heiten abänderte. Nach diesen Schuldentilgungsgesetzen haben wir im Rechnungsjahr 1896 das Rechnungsjahr 1896 ist, wie ich be⸗ merkt hatte, das, was man früher das Etatejahr 1896/97 nannte also im Rechnungsjahr 1896 haben wir 50 Millionen an Schulden getilgt, und gleichzeitig haben wir in demselben Rechnungsjahre 1896 15 Millionen an die Bundesstaaten herausgezahlt, indem die Ueber⸗ weisungen an die Bundesstaaten deren reine Matrikularbeiträge um die Summe von 15 Millionen überstiegen. Jetzt leben wir im Rech⸗ nungsjahre 1897 und in diesem Jahre 1897 wird die Schuldentilgung nach dem zweiten Schuldentilgungsgesetz von diesem Frühjahre etwas über 40 Millionen betragen. Aber neben dieser gesetzlichen Schulden tilgung von 40 Millionen läuft nebenher ein novum, das zuerst im Gtat dez laufenden Jahres erschienen ist, nämlich der Zuschuß des ordentlichen Etats zu den Ausgaben des außerordentlichen Etats.

Dieser Zuschuß hat etwas über 9 Millionen betragen, und thatsãächlich

bedeutet dieser Zuschuß gleichfalls eine Schuldentilgung insofern, als Bedürfnisse des außerordentlichen Etats aus laufenden Einnahmen ge⸗ deckt werden. Wir haben also im laufenden Jahre, ebenso wie im ver⸗ flossenen Jahre 1896, eine Schuldentilgung von rund b0 Millionen. Neben diefer Schuldentilgung von 50 Millionen werden wir im laufenden Jahre von 1897 aber auch noch an 13 Millionen an die Bundes⸗ staaten herauszahlen. Sle sehen hieraus, meine Herren, daß wir so⸗ wohl 1896 wie 1897 mehr als 60 Millionen in jedem Jahre zu Zwecken verwendet hatten, welche nicht direkt die Ausgaben des Reichs betrafen, sehr nützliche Zwecke, und Zwecke, die mir sehr erwünscht sind, die aber nicht nothwendig in den Etat hineingehören. Für das kommende Jahr, das Rechnungsjahr 1898, lönnen wir selbstverständ · lich noch nicht vorhersehen, in welcher Höbe wir Schulden tilgen werden; aber Sie werden aus dem Haushaltsanschlag erseben, daß wir eine sehr bedeutende Summe, nämlich 42 Millionen Mark, für Artillerie Material aus laufenden Einnahmen decken, deren Vorrate im laufenden Jahre auf das Extraordinarium verwiesen war.

Meine Herren, die Anforderungen für Artillerie ⸗Material er⸗ schienen zum ersten Male im laufenden Jahre 1897 mit 44 Millionen; im nächsten Jahre, in dem Etatsanschlag, der Ihnen vorliegt, er⸗ scheinen sie mit 42 Millionen. Es ist jetzt kein Geheimniß mehr, und ich kann Ihnen sagen, daß für spätere Jahre nur noch h8 Millionen ausstehen; die Summe war damals nicht öffentlich genannt worden, es ist aber jetzt k ine Ursache mehr, sie zu verschweigen.

Außerdem ist noch ein anderer Posten im Haushalt des nächsten Jahres, der in Zukunft fortfällt; das ist die sogenannte Naturalien⸗ reserpe der Armee. Von dieser Naturalienreserve werden das nächste Jahr 3 Millionen eingestellt, nur noch weitere 3 Millionen bleiben für spätere Zeit.

Sie haben also, meine Herren, in diesem Artillerie Material und dieser Naturalienreserve zwei Posten, welche für spätere Jahre, ich meine also von 1800 ab, von selbst fortfallen, indem die betreffenden Bedürfnisse befriedigt sind. Der Platz dieser 42 bis 43 Millionen wird also zum theil von 1899 und 1900 ab frei, ganz frei von 1901 ab.

Meine Herren, wie ich Ihnen vorhin sagte, stellen sich die An⸗ forderungen des Flottengesetzeg auf ein alljährlich steigendes Mehr von 4 Millionen an fortdauernden Ausgaben und daneben auf eine durchschnittliche Steigerung von 9 Millionen bei den einmaligen Aus—⸗ gaben. Wie ich Ihnen zeigte, haben wir sowohl 1896, wie 1897 eine Anzahl von Millionen Schulden getilgt, die ziemlich das Doppelte dieser Erhöhung beträgt. Ich will Ihnen das noch einmal nachweisen. Wollen wir die großen Summen des Mehrbedarfs aus dem Flotten gesetz nicht in fortdauernde und einmalige Ausgaben theilen, sondern in einer Summe betrachten, d. h. nicht die Gesammtausgaben, die der Herr Vorredner auf eine Milliarde bezifferte, sondern die Mehrauggaben gegenüber dem laufenden Jahre 1897, so kommen wir auf die Summe von 175 Millionen Diese Summe ist einfach nachsurechnen auf der letzten Seite der Begrundung, wo die Sache im einzelnen tabellarisch dargestellt wird. Diese 175 Mil- lionen auf sieben Jahre verthellt sie vertbeilen sich nicht gleichmäßig; für die Finanzen des Relchg ist es aber so ziemlich gleichgültig, ob das eine Jahr 20 oder 30 oder ledes Jabt 20 Millionen zu liefern bat ergeben elnen Jabresdurchschultt von 28 Milllonen. Diese 25 Millonen sind qenau die Mälfte von dem, was wir im Jabre 1895 alleln au Schulden Jeillgt daden; sie ind genau die Dälfte von dem, wag wir lm laufenden Jahre an Schulden lllgen werden, und sie sind nur wenld medr als Ne Ralste ven dem, a Wir au Artillerle Materlal ht in die laulenden Mugaaden eingestellt baben,

statt wie früher ins Grtraoidinarium, welcher Poften, wie ich bereits bemerkte, sich im übernächsten Jahre, im dritten Jahre, sehr verringern und später ganz verschwunden sein wird. Also diese 28 Durchschnitts⸗ milllonen, die das Flottengesetz jährlich fordert für 7 Jahre, finden ihren Platz im Etat gewissermaßen vorbereitet und leer, sie fügen sich ohne Zwang in das Bild des Etats ein, und es ist ersichtlich, wenn sie sich ohne Zwang einfügen, daß neue Deckungmittel zu ihrer Be⸗ friedigung nicht nöthig sein werden.

Meine Herren, es ist nun das Flottengesetz von einer ganz anderen Seite als von der finanziellen im engeren Sinne angegriffen worden, nämlich von der verfassungsrechtlichen. Es ist schon vor dem Zu— sammentreten dieses hohen Hausetz in der Presse vielfach gesagt und heute wiederholt worden, daß die Einbringung des Flottengesetzes mit seinen Anforderungen für sieben Jahre, die nicht bloß den heutigen Reichstag betreffen, sondern auch die ganze Dauer des nächsten Reichstages ausfüllen und noch in den übernächsten Reichstag hinübergreifen, einen Bruch des Etats rechts bedeute. Wenn dem so wäre, so könnte ich nur sagen, daß dieses hohe Haus schon viele Male einem Bruch des Etatsrechts zugestimmt hat. (Sehr richtig) Denn wag ist es Anderes, als ein Militär⸗Septennat oder Quinquennat? Was ist es schließlich Anderes, wenn man die Sache auf die Spitze treiben will, als die Bewilligung eines großen Bauwerks in verschiedenen Bauraten? (Sehr richtigh Die erste Baurate fällt in den gegenwärtigen Reichstag, die nächsten pier oder fünf Raten können in den nächsten Reichstag fallen; und doch glaube ich nicht, daß der folgende Reichstag ein großes, balb— vollendetes Bauwerk deshalb wird als moderne Ruine stehen lassen; er wird weiter bauen. .

Außerdem, meine Herren, sagt der Artikel 71 der Verfassung etwas mehr, als vorhin von dieser Tribüne aus gesagt wurde, er sagt wörtlich: „Die gemeinschaftlichen Ausgaben (des Reichs) werden in der Regel für ein Jahr bewilligt‘; bis hierher ist der Verfassungs⸗ paragraph angezogen worden; aber es heißt weiter: sie können jedoch in besonderen Fällen auch für eine langere Dauer bewilligt werden“. (Hört, hört) Wir verlangen garnicht die Bewilligung der Milliarde, oder wieviel es sein mag, des Septennats heute von diesem hohen Hause; die Regierung fordert weniger, sie legt nur den Plan bis 1904 fest und wünscht, daß das hohe Haus seine Zustimmung dazu gebe, daß dieser Plan bis zum Jahre 1904 ausgeführt sei. In den einzelnen Jahren wird wegen der Einzelheiten der Ausgestaltung dieses Planes noch viel ge⸗ redet werden. (Sehr richtig! rechts) Daß eine Marine wie jede große Einrichtung des Reichs am 31. März Abends nicht in der Ver⸗ senkung verschwinden kann, um am 1. April wieder als neue Marine aufzustehen, wird vom hohen Hause zugegeben werden. Ich hatte die Ehre, Ihnen darzulegen, wie die 25 durchschnittlichen Millionen an Mehrausgaben der Marine für das Flottengesetz sich in den Ctat⸗ wie er gegenwärtig steht und liegt, vom nächsten Jahre ab harmonisch einfügen. Ich hätte noch hinzufügen können, daß die 6 Millionen, gewissermaßen die erste Rate des Flottenplanes im nächsten Etat, schon erschienen sind, ohne daß dem Etat eine erhebliche Erhöhung deswegen anzusehen ist. Es geht alles glatt, und wir haben sogar 42 Millionen, die im rorigen Jahre im Extraordinarium standen, ins Ordinarlum übernehmen können. Ich glaube, daß Sie den Beweis der finanziellen Möglichkeit und finanziellen Zulässigkeit des Flottengesetzez als geliefert ansehen werden, die politische und wirthschaftliche Niothwendigkeit ist Ihnen soeben dargelegt worden und wird in den Einzelheiten in der Kommission noch näher dargelegt werden. Ich hoffe nur, daß Sie in gleicher Weise, wie Sie die politische und wirthschaftliche Nothwendigkeit des Flottengesetzes als gegeben annehmen werden, so auch meiner finanziellen Beweisführung Ibren Beifall schenken mögen. (Bravo!)

Abg. Graf zu Limburg: Stirum (6. kons). Der Abg. Schönlank hat sich ein Phantasiebild von diesem Gesetz gemacht. nler einem perfönlichen Regiment versteht man doch ein solches, das ohne jede Bindung berechtigt und in der Lage ist, seinen Willen jederzeit geltend zu machen. Die Vorlage bindet aber ebenso wie den Reichstag auf eine Anzahl von Jahren auch die Re ierung, auf sieben Jahre hinaus nicht mehr zu forbern. Darum sind die Bemer⸗ kungen don der Gefährlichkeit des persönlichen Regiments und der Rothwendigkeit, dagegen zu kämpfen, nur Phantaemagorien. Unter normalen Verhältniffen würde ich auch finden, daß die Vorlage nicht nothwendig wäre. Aber wir befinden uns nicht in normalen Verhältnisfen. Darunter verstehe ich, daß in Bezug auf das, was für die Marlne nothwendig ist und wie die Mittel sichergestellt werden follen, zwischen der Regierung und dem Reichstage voll⸗ fommene Uebereinstimmung herrscht. In dieser Beniehung haben wir keine normalen Verhältnisse. Bei uns herrschen darüber im Gegensatz u England ewige Streitigkeiten und Differenzen, Hier in einer großen Versammkung follen Leute, die eigentlich nicht bon der Sache herstehen, über die Binge maßgebend entscheiden, und in diesem Kreise wird allem, was die Marineverwaltung sagt, Mißtrauen ent. gegengebracht. Die Schuld daran liegt aber nicht allein auf Seite des Reichstages, fondern auch bei anderen Sachen. Erstens hat naturgemäß bei der Verschledenheit der Bestrebungen innerhalb der Marine auch in anderen Staaten ein Schwanken statt⸗ gefunden, und dann hat man ung seitens der Regierung nicht immer flaren Wein eingeschenkt; man hat oft die Aeußerungen der augen blicklicken Notbwendigkeit angepaßt und nachträglich stellte sich beraus, daß sie der Wirklichkeit nicht entsprachen. Das bat die schwere und unangenehme Folge, daß der Glaube an die Autoritãt der Regierung sinkt. Degbalk mnß eine Erwägung iwischen Reichetag ad Nene. rung stattfinden, ob man sich nicht auf längere Zeit binaas ern gen will über das, was sür die Marine bewilligt werden maß. Die Vorlage ist nicht geeignet, eine kesondere Beunroahigung herbei)n ˖ führen, und alle diejenigen. welche eine gute Marine oller, musfen ben Verfuch machen, das Gesetz in stande a briager Red ans die Sicherbeit giebt, waz wir in den nächsten Jahren für die Marine auf. zubrlngen haben. Die Vorlage erhält etne große moralische Bindung beider Tbelle. Allerdings ist der Reichstag formell in der Sage, auch in den nächsten Jadren das eine eder andere Schiff abzulek nen. Andererseits kann auch die Regiernng unter gan vernderten Ver bältniffen fagen: Die Verbältatsse baben sich o geändert, daß wir jetzt etwas Am deres thun müssen. Aber es liegt in der Annabme der Vorlage für die Regierung ine so große moralische Bindung, daß fle davon nicht wird abgeben können. & mäßten Tenn gans Kuhr. ordentliche Verhältnisse eintreten. Und dann wird auch der spätere Reichstag sich darauf einlassen kennen, von dieser Vorlage abzuweichen. Bedenken Sie doch, wie man die Sache in England macht. Da hat man, um die Marine stark ju machen, mit einem Ruck eine kolossale Anleibe bewilligt, aus der die e nn baut, wie es ihr paßt. Gegen diese eng sis te Meibede sst das was wir verlangen, eine Kleinigkeit. Die Budgetfrage bat der Schatz sekretãr vrärise und forrekt bebandelt. Es kommt auch darauf an. Das man unter Budgetrecht verstebt. Verstebt man darnnter das Recht des Reichẽ ˖ tags, das Budget zu benutzen. um den Schwerpunkt der Macht des Siants in dad Parlament u legen, d. B. Dadurch daß man noth⸗ wendige Dinge verweigert, die Rrene in mi solche Männer u Ministern ju machen, die dem Parlament sind:; dann ist jede Dindur g des Budgetrechte * längere Jabre inan fit de Parlament ber bach den fa fannt

unbequem. wäßtgen Bestimmungen Rede Die Ver.

fst dadon keine

fung verlangt nur die Zuftimmung des Reichstags J den uggakben und Einnahmen und deren Kontrole, Aber es ist lein Rnterschied, ob man sich für ein oder mehrere Jabre bindet. Der Staatsfekretär hat bereits auf Ausgaben für längere Jahre hin= gewiefen, und ich füge die Beamtengelder hinzu, die wir bewilligen müffen. Was die Frage der Kourtossie betrifft, ob wir dem nächsten Reichstag präjudizieren wollen, so kann man doch von dem neuen Reichztage erwarten, daß auch er in patriotischer Weise die Interessen der Natlon wahren wird. Ginige Mitglieder meiner Partei haben Bedenken, die Vorlage auf 7 Jahre zu bewilligen, weil sie dem neuen Reicht tage nicht präjudizieren wollen, aber das ist nur eine Minorlfät. Unsere Interessen, welche durch die Marine zu schützen sind, sind bedeutend gewachsen. Herr Schönlank hat bereits auf die Fortschritte der deutschen Intelligenz und des deutschen Handels hingewiesen, meint aber, daß diese Interessen nicht durch die Kriegte⸗ marine zu schüpen sind. Die Kriegsmarine soll aber unsere Interessen im Kriege schäßen. Hätten wir die Garantie, daß im Kriegsfalle die Ausländer gegen uns so gerecht verfahren, wie wir gegen die Aukt⸗ länder, dann brauchten wir keine besonderen Vorkehrungen; aber für den Fall des Krieges müssen wir doch gerüstet sein. Der Buch⸗ werth der deutschen Handeleschiff; hat 400 Millionen reicht, Es ist erfreulich, daß wir uns eine solche Stellung unter den handel⸗ treibenden Nationen erworben baben, aber wir sind dadurch im Kriege auch verwundbarer geworden. Die Wehrlosigkeit unserer Handelt flotte im Kriege würde höchst verderblich für uns sein; das Privateigenthum zur See kann von den Feinden nach dem Seerecht konfisziert werden; wenn wir nicht im stande sind, unsere Handels sch ffe zu schützen, sind sie der feindlichen Marine preisgegeben. Und außerdem würden wir nicht in der Lage sein, die i ,, ,, zu kontrollieren. 1870/71 benutzte England diese Lage, um Kriegskontre⸗ bande nach Frankreich zu bringen; es sagte zwar, es verbiete dag aber die Kontrole müßten wir selber führen. Wir müssen des halb im Kriege den eigenen Handel schüßen und verhüten, daß nicht der ganze Handel sich ju den Neutralen hinzieht. Meine Freunde erkennen die Solidarität der Interessen des legitimen Handels, der Industrie und der Landwirthschaft vollkommen an, und wenn die Tandwirthschaft an dem Seehandel direkt kein großes Interesse hat, so hat sie doch an dem gesammten Gedeihen und dem Wohlstand des Landes ein großes Interesse, weil die Intustrie ihr bester Konsument ist. Aber wir . . erwarten, daß diese Solidarität der Interessen auch von anderer eite anerkannt wird. Wir müssen betonen, wag es uns sür Schaden gebracht hat, daß man die ausgezeichnete Politik des Fürsten Bie marck verlassen hat, welche die gleichmäßige Beräck= sichtigung aller großen Erwerbeklassen als die Grundlage für die Stärke des Landeg ansah. Es ist gesagt, Deutschland soll ein Industtiestaat sein, aber Dertschland muß ein Landwirth⸗ schasts. und Industriesftaat sein, beide mäßsen sich nebeneinander entwickeln. Ble englische Au faffung, welche die Landwirthschaft zu einem unerheblichen Faktor berabgedrückt hat, ist für Deutsch⸗ land nicht richtig. Darüber herrscht Uebereinstimmung, daß wir eine Schlachtflotte haben müssen, die uns in den Stand setzt, den Kampf aufzunehmen, um eine Blockade unmöglich zu machen. Ich bin daher ö n, daß man nicht 64 Schiffe gefordert hat. Wenn aber die Regierung damit, auskommen zu können glaubt, bin ich überzeugt, daß dies richtig ist. Auch in Bezug auf die Kreuzer kann unsere Hiarine nscht zurückbleiben. Was die Regierung fordert, ist bescheiden, und wir können ihr keinen Vorwurf machen in Bejug auf die beiden j'tzigen Verwickelungen in Haiti und China. Es ist ein unangenehmer Zusftand, daß un er Geschãftsträger seine Forderungen nicht Lurchsttzen kann. Die Kreuzer auf den auswärtigen Staticnen sind Versicherun gsprämlen gegen solche Uebergriffe. Hätten wir fruher schon ein paar Schiffe nach Griechenland geschickt, so wäre unseren Griechen papterbesitzern ihr Geid nicht so lange vorenthalten worden. Wir müssen die Sicherheit dafür ge en, daß ein solcher Fall wie die Ermordung von Mifsi naren in China nicht wieder vorkommt. Jan unseren auswärtigen Beziehungen muß der Reichstag e Regierang stets unterstützen. artige Peli

Die allgemeinen Debatten uber auzwärtige Pelitit

haben hier keinen großen Werth, denn wir sind nickt rrech

informiert, um darũ er zu sprechen. Aber wenn diese 2 gelehnt wird, dann wird man auch in den klein Auslande 2 wo deutsche Interessen vertreten sind, geneigt sein, unsere Interessen mit Füßen zu treten, weil die Meinung entsteben wird, die Regierung habe den Reichstag nicht hinter sich. Wird aber die Vorlage angenommen, so hat das im Ausland den Eindruck: mag man auch im Innern Deutschlands noch so viel kämpfen und streiten, dem Auslande fteht Deutschland geschlofsen gegenüber, und die Re—= gierung kann, wenn es zum Ernst kommt, immer noch auf den Reichs⸗ tag und die deutsche Volksvertretung rechnen, Ob Sie in einem Jahr einmal ein Schlachtschiff oder einen Kreuzer ablehnen, hat diese Bedeu⸗ tung nicht. Aber die Ablehnung dieser Vorlage hat nach außen schwerer wiegende und ernste Bedeutung.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. raf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Die Ausführungen, die der Herr Vertreter der sozialdemokratischen Partei gemacht bat, und die Art, wie er sie ge⸗ macht hat, nöthigen mich schon in diesem Stadium der Verhand⸗ lungen zu einer Entgegnung.

Zunächst hat sich der Redner der soꝛialdemokratischen Partei auf einen Standpunkt geftellt, der den hiftorischen Verbältnifsen meines Er⸗ achtens nicht entspricht; er hat fingiert, kann ich nur sagen, als ob die soꝛial⸗ demokratische Partei die bisherigen Flottenforderungen mit der Majeritẽt des Hauses bewilligt hätte, and als ob die Partei jetzt ein Recht hätte, verletzt ju sein, weil man der Majoritẽt angeblich an irgend einer Stelle einen Vorwurf gemacht hätte, daß fte sich nicht zu den vollen Forderungen verftehen wollte. Meine H soweit meine Kenntniß der Verhandlungen des Reichttages geht, hat aber dĩe sᷣozial⸗ demekratische Partei kitber al le Flotten forderungen rundreg abgelehnt. (Sehr richtig) Also daß wir diese Partei für 1mne nationale Frage gewinnen, darauf. gl kann die Mehrheit des Hauses mit den verbẽndeten Regierungen don vornherein verrichten. *

Nan aber die Beveis führung selbst! Der Herr Borredner hat zan saft ausgeführt auf Grund von Zahlen, die dem Material ent⸗ srtanmen, was ich in meiner Cigerschaft alt Scha zsekretär im vorigen Jahre selbst vorgelegt habe, wie ungeheuer die Ausgaben für die Marine gestiegen seien. Diese Zahlen bewelsen aber in der Ver⸗ wendung, wie Dr. Schönlank sie beliekt bat, meines Er⸗ achtens garnichts. Wir batten früher in Deutschland keine Marine; die Marine ist eine Inftitutien, die sich erst herausbilden muß, die ihre Kräfte bemessen muß adäquat der Entwicklung unserer überseeischen Interessen. Unsere Marine ist noch in der Entwickelung begriffen, es muß erst eine ständige Grund- lage für sie geschaffen werden, und demnächst erst kann man za⸗ treffend berechnen: in welcher Proportion sich die weiteren Ausgaben für ibre Erhaltung steigern dürfen. Und diese feste Grundlage, die die verbündeten Reglerungen einstimmig für nothwendig halten, ist niedergelegt in dem Gesetz, das Sie jetzt beschaͤftigt, und ich glaube. es ist ein Zeichen der klugen Zurückhaltung und weisen Abwãgung der verbündeten Regierungen gewesen, wenn sie einen so langen Zeitraum haben vergeben lassen, ehe sie sich entschlossen haben. mit Ihnen einen festen Rahmen für den Umfang unserer Marine ju dereinbaren.

Der Herr Redner hätte auch nicht nur deduz eren sollen · in welchen Prozentsãtzen unsere Flottenausgaben gestiegen find, sondern, wenn ez sich um eine solch wichtige Forderung der nationalen Vertheidigung

* aube 1M,

bandelt, muß man doch vorerst prüfen: ist die Foerderung an fich br⸗