roßen Flotten; aber diese Träume verschwinden, wenn er an den eichstag urd die Steuerzabler denke. Aber jetzt sollen die Träume des Reiche kanzlers erfüllt werden. Auch gegenüber der Niederschrift des Herrn Hollmann hat der Reiche kanzjler erklärt, daß die Zustim⸗ munß des Reichs tages je nach der Finanzlage des Reichs eingeholt weiden soll zur Duichtührung der Denkschrift. In der Veröffent- lichung des Reichs. Anzeiger vom 27. November über das Flottengesetz wird davon gesprochen, daß keine neuen Steuern nofbwendig seien, daß die Bewilligungen alljäbrlich im Etat erfolgen könnten. In der Vorlage ist davon keine Rede mehr. Von seiten der Regierung hat man die Nothwendigkeit einer flärkeren Belastung des Tabacks betont und Graf Posadowsly bat erst in der vorigen Sessien erklart, die Biersteuerschlange werde immer wieder ihr Haupt drohend erheben. Sind denn die Zahlen, welche uns ge— geben werden, zuverlässig? Ein früber bewilligter Kreuzer ist nach den Angaben des Etais jetzt um 30 oo theurer geworden; ebenso sind die Kanonenboote teurer, als man angenemmen. Wie will man auf sieben Jahre einen sicheren Anschlag machen, wenn von Jahr zu Jahr solche Aenderungen eintreten? Wie befriedigend schilderte der Schatzsekretär gestern die Finarzlage! Wie anders klingt es aber, wenn wir Postreformen fordern, wo es sich um höckstens 4 Millionen handelt. Und die Juftiznovelle scheiterte daran, daß 5 statt 3 Richter für die Strafkammern gefordert wurden. Die bei den Zöllen veranschlagten Mehreinnahmen sind ja nur Kalkulatur, denn sle werden nach einer festste henden Schahlone veranschlagt, ohne daß man die rechnungs mäßigen Ueberschüsse sicher erzielt. Wie wird denn das nächste Quinguennat der Militärverwaltun ausfallen? Der jetzige Militär. Etat ist freilich bescheiden; man wi wohl der Marineveraltung keine Konkurrenz machen. ir haben doch noch alle in Erinnerung, wie nach der Steigerung der Militär⸗ lasten alle anderen Ausgaben aus Mangel an Geld hinaus— eschoben wurden. Wollen wir uns wieder einer solchen lümmer⸗ . Wirthschaft aussetzen? Mindestens müßte die Dotierung der Einzelstaaten durch das Reich aufhören. ie lange ist es her, daß der Minister von Miquel im Landtage den Reichstag anklagte! Alfe Finanz. Minister der Einzelstaaten, der Bayer voran, bis zum Meininger herab, verlangten vor wenigen Jahren noch Gelder vom Reiche. Bis 1804 laufen die Handeleverttäge ab. Wie will man . richtig abschließen, wenn man ängstlich vor jeder erminderung der Zolleinnahmen zurückschrecken muß? Freilich, die Agrarier wünschen nur eine Erböhung der Getreidezölle, sodaß es auf eine Brotvertheuerung hinauslaufen würde. Einen Verfassungs—⸗ bruch traue ich dem Reichskanzler nicht zu; allein es handelt sich um eine Knebelung, um eine Bindung des Etaterechts, das hat der Reichskanzler selbst zugegeben. Das soll keine Schmälerung konsti⸗ ftutioneller Rechte sein! Die einfache Regelung unseres Etaterechts kann nicht herbeigeführt werden, weil überall eine Antaftung der großen Rechte, die aus absolutistischer Zeit stammen, vermuthet wird. Das Quinquennat für das Heer ist immer als etwas Besenderes be—⸗ zeichnet worden, das für andere Verwaltungen nicht möglich und nörhig sei. Graf Limburg sprach dem Reichstage das Recht der technischen Kritik ab. Wir haben immer nur die Techniker kritisiert, namentlich wenn die Techniker einander widersprachen. Was bedeuten denn die Ausdrücke: Linienschiffe, größere Kreuzer, kleinere Kreuzer? Wenn die Technik darin freie Hand hat, warum soll der Reichstag nicht auch freie Hand haben in der Auslegung der Worte? Der ganze sach⸗ liche Streit wird dann in eine Reihe technischer Streitfragen auf⸗ gelßst und es wird sich ein Herd von ständigen Streitig keiten herausbilden. Es hat mindestens eigenthümlich be— rührt, daß der Atmiral Timwitz gestern immer von einer Mindeststärke der Panzerflotte sprach. Die ausländischen Beispiele sind uns vorgeführt worden. Das italienische Gesetz, welches an⸗ geführt wurde, legt nicht alles das gesetzlich fest, was hier gefordert wird. Das englische Gesetz bedeutet weiter nichts, als daß eine große Flotte in allen ihren ersten Raten sofort in Angriff genommen werden soll. Es handelt sich also nur um einen verstärkten Etat. Englische und deutsche Gesetze kann man garnicht in Vergleich ziehen, weil in England die Mehrheit regiert; das Ministerium ist ein Ausschuß der Mehrheit. Sobald die Mehrheit sich ändert, wird das Gesetz dem Wunsche der Mehrheit entsprechend abgeändert. Aber wenn bei uns etwas Gesetz ist, hat der Reichstag alles aus der Hand gegeben. Wir bekommen ja nicht einmal die Gefetze, welche der Reichstag selber zu⸗ gesagt bat. In keinem Lande der Welt, das konstitutionell regiert wird, wäre ein solches preußisches Vereinsgesetz möglich gewesen. Also lassen Sie den Vergleich mit anderen Landern! Die Regierungen anderer Länder schneiden ihre Forderungen auf die Mehrheit des Parlaments zu. Unsere Regierung nimmt nicht einmal Füblung mit den maßgebenden Parteien. In anderen Ländern sind die Minifler thatiächlich Leiter der Verwaltung. Wenn wir unsere Rechte wahren, so wahren wir den Einfluß und die Rechte der Staats sekretäre selbst. Wir haben keinen Einfluß auf die Ernennung der Minister; und unter solchen Umständen sollen wir von unseren bescheidenen Rechten nech etwas abtreten? Wo giebt es in der zivilisierten Welt einen Reichsteg, der so wenig Einfluß hat, der so gefesselt ift wie der deutsche Reichstag? Wir können mit unsern Rechten den Staats- organismus garnicht lahmlegen. Wir bedürfen unserer Rechte, um die finanzielle Ordnung aufrecht zu erhalten, um zu verhüten, daß wir zu einer quantit négligsable werden. Die Opposition soll die Ab⸗ lehnung von Schiffen als eine Niederlage der Regierung aufgebauscht haben. Welch' falsche Darstellung! In die Budgetkommijsion wurde die erregte Erörterung hineingetragen, die dann in den Reichstag überging. Nur die Minderheit des Reichstages soll der Marine feindlich sein. Dann braucht man doch kein Geseßz gegen die Mehr⸗ heit des Reichstages zu machen. Wenn das Ausland sieht, welche Milliarden wir auf die Kriegsmacht rerwendet haben, dann wird es auf die wenigen Kreuzer nicht sehen. Wenn die Einig— keit bewiesen werden soll, dann gebe man doch die Mög- lichkeit, die Einigkeit jährlich zu beweisen. Die Vor—⸗ lage ist ein Gesetz gegen die eigene Volkevertretung und gerade Lor den Neuwahlen! Das widerspricht so sehr allen konstitutio⸗˖ nellen Grundsätzen, daß selbst eine Minderheit der Konservativen davor zurückschr ckt. Wir wollen das Ansehen des Parlaments wahren. Hat dech Fürst Bizmarck selbst anerkannt, daß der Parlamentarie mus etwas mehr betont werden müsse. Wir lebnen darum jedes Eingehen auf diese Vorlage von vornberkin ab, nicht nur, weil wir nicht an den Volke rechten rütteln lassen wollen, sondern weil wir deren Auf⸗ rechterhaltung als Voraugsetzung anehen für eine friedliche und ge—⸗ deihliche Gestaltung der Vethältnisse in unserem Vaterlande!
Staatssekretãr des Reichs⸗Marineamts, Kontre⸗Admiral Tirpitz:
Meine Herren! Ich bin bei meinen gestrigen Darlegungen von dem Standpunkt ausgegangen, daß es doch eigentlich nicht darauf ankomme, was früher geschehen und gesagt worden ist; sondern ich habe geglaubt, daß es vorwiegend darauf ankomme, den Nachweis vor Ihnen zu liefern: welches sind die wirklichen Bedürfnisse für unsere Flotte, wie stark muß sie sein? und zweitens: ist es finanziell für uns möglich, sie zu schaffen? Der Herr Vorredner hat ausgeführt, daß unsere Flotte für unsere Zwecke bei weitem ausreichte, und hat u. a. dabei auf den chinesischen und hastanischen Zwischenfall hingewiesen. Wir sind, meine Herren, nach unserer pflichtgemäßen Ueberzeugung der Ansicht, daß unsere Flotte eben nicht ausreicht für die Bedürfnisse Deutschlands, und gerade der chinesische und hartanische Fall gaben, wenn einmal darauf exemplifiziert wird, ein Beispiel dafür ab. Wir haben, um die Angelegenheiten in Ghina zu erledigen, unsere gesammten guten Kreuzer dorthin detachieren müssen, sodaß bei Ausbruch eines Krieges in der Heimaih wir keine von diesen nothwendigen Schiffen besitzen würden. Wir haben, um den baftanischen Zwischenfall zu erledigen, auf die Schul⸗ schiffe zurückgreifen muüssen, die gewiffermaßen schwimmende Gymnasien
darstellen mit wenigen veralteten Kanonen und noch weniger Männern; denn die meisten sind Knaben.
Es ist dann von dem Herrn Vorredner darauf hingewiesen worden, daß der Schutz unserer Seeinteressen im Frieden vollständig aus- reichend bewirkt wird und es da um so weniger einer Schlachtflotte in der Heimath kedärfe. Meine Herren, worin besteht denn die Be= deutung des einzelnen Kreuzers im Auslande? Doch wesentlich nicht in der Macht, die er selbst darstellt, sondern in der Macht, die da⸗ hinterfteht, und diese Macht liegt in unserer Schlachtflotte. Das ist die Bedeutung der Schlachtflotte nach dieser Richtung bin.
Es ist dann weiter bemängelt worden, daß die Indiensthaltung der Schiffe in so bobhem Maße gesteigert werden sollte. Ja, meine Herren, in der Indiensthaltung der Schiffe liegt eben die Leistungẽ⸗ fäbigkeit des Personals im Kriegsfalle, und ebensowenig wie alte Schiffe mit vorzüglichem Personal etwas leisten können, und man verantworten kann, sie gegen den Feind zu schicken, ebensowenig könnte man es verantworten, moderne Schiffe gegen den Feind zu schicken ohne die Schulung des Personals.
Der Vorredner hat eine ganze Reihe Einwendungen auf dem Gebiete der Technik gemacht. Ich glaube, gerade nach der Richtung hin gestern so eingebende Darlegungen gemacht zu haben, daß ich die Herren jetzt nicht weiter davon zu unterhalten mich berechtigt erachten mchte.
Ich möchte noch cinen Punkt herausgreifen, das ist das finanzielle Beispiel, welches darthun soll, daß die Gelder, die veranschlagt worden sind, nicht zutreffen, und da ist darauf hingewiesen worden, daß der jetzige kleine Kreuzer mit größeren Summen veranschlagt worden ist als früher. Ich habe auch, glaube ich, gestern schon an⸗ geführt, daß wir bei der früheren Veranschlagung — ces handelt sich um den kleinen Kreujer G — nur eine Schätzung hatten, während wir jetzt Kontrakte dafür besitzen. Dieser Einwand würde also röllig hinfällig sein. Daß wir 1873 oder 1867 oder noch auf einige Zeit später nicht ein Gesetz dieser Art vorlegen konnten, daß wir keine Ab⸗ grenzungen der Flotte machten, von denen wir sagen konnten: das kann gesetzlich festgelegt werden — ja, meine Herren, ich glaube, das liegt ganz in der Natur der Entwickelung einer großen Institution, die eben eine gewisse Reife erlangen muß, um zu bestimmten An sichten zu gelangen. Und das ist auch der Grund gewesen, wes⸗ halb General von Stesch in keiner Beziehung nach dieser Richtung sich binden wollte. Wenn nun ausgeführt wird, daß mein Herr Amtsvorgänger im Widerspruch mit mir gestanden hat, so muß ich das doch bestreiten, wenigstens aus meiner Kenntniß der Sache. Die Typen, die dem Gesetzentwurf zu Grunde gelegt sind, sind zenau die Typen, die mein Herr Amtsvorgänger Ihnen empfohlen bat. Die Zahl der Panzerschiffe, der Linienschiffe hat mein Herr Amtsvorgänger ja auch bereits auf 16 normiert, und er hat auch seine ganze Nieder⸗ schrift nur basiert bis 1802 und hat sie basiert auf den alten Denk— schriften, hat also nur Ersatzbauten in dem alten Begriff der Ersatz⸗ bautenforderungen gestellt. Es ist doch in keiner Weise gesagt worden, daß die jetzt für nothwendig gehaltene Zahl dann nicht zur Vorlage gekommen wäre. Ich bin sogar überzeugt davon; denn ich babe gestern ausgefübrt, daß die ganze Marine der Ansicht ist, daß unsere Schlachtflotte aus 17 Panzerschiffen bestehen muß, und diese Ansicht hat mein Herr Amtsvorgänger gewußt; denn daz entsprechende Regle⸗ ment bestebt seit Januar 1893.
Der Herr Vorredner bat dann ferner das Aeternat als etwas sehr Schlimmes binzustellen gesucht. Ja, meine Herren, was be— dertet denn das Aeternat? Das bedeutet doch weiter nichts, als daß die Flotte, die das bobe Haus für nothwendig anerkannt hat, die Flotte, die das bohe Haus bewilligt hat, — wenn ich das Glück haben sollte, die Herren davon zu überzeugen, daß diese Flotte auch künftig erhalten werden soll (sehr richtig! rechts), und ich bin doch der Ansicht, das kann doch die Absicht des hohen Hauses nicht sein, daß man eine Flotte schafft mit der Absicht, sie nachher nicht auch zu er⸗ halten. (Sehr richtig! rechts.)
Es ist dann gesagt worden, daß das hohe Haus hier gebunden werden sollte, ich glaube, es ist sogar ein schlimmerer Ausdruck ge⸗ braucht worden. Ja, meine Herren, binden sich denn die verbündeten Regierungen nicht auch? (Heiterkeit links) Giebt es eine größere Bindung, als das man eine Gesetzesvorlage für die Flotte, die auf organisatoscher Grundlage berubt, hier binlegt? Ist es nicht erfor⸗ derlich, daß, wenn man eine andere Flotte schaffen wollte, die ver⸗ bündeten Regierungen und die Marineverwaltung zu einem ganz neuen Gesetze den Beweis liefern müßten, daß diese Grundlagen für die Flotte falsch sind (sehr richtig) und eine neue Grundlage erfor⸗ derlich ift?
Es ist dann weiter hervorgehoben worden, daß durch die Art der Behandlung, die die verbündeten Regierungen in der Marine⸗ anzelegenbeit jetzt für erforderlich erachtet haben, die Höhe der parla⸗ mentarischen Diskussionen sinken würde. Ja, meine Herren, ich babe nie die Ehre gebabt, früher vor Ihnen zu stehen, ich bin ja auch ganz neu in varlamentarischen Dingen; aber ich habe eigentlich nicht den Eindruck gehabt, daß die Diskussion über ein einzelnes Schiff, der Abstrich von einem einzelnen Kreuzer, eine sebr große Höhe einer Debatte kennzeichne. Ich glaube vielmehr, daß die Höhe der Debatte und die Höbe der Aufgaben auch des hohen Hauses sehr viel mehr zum Ausdruck kommt, wenn bier an der Frage berathen und mit⸗ gearbeitet wird: wie stark soll die deutsche Flotte sein und welches ist ihr Zweck.
Sodann, meine Herren, ist uns vorgeworfen worden, daß auch dieses Gesetz die Uferlosigkeit in sich schließe. Ja, wodurch kann man denn der Uferlosigkeit und allerdings auch der Agitation gegen die Uferlosigkeit befser entgegentreten als durch Gesetz? Und das war unter anderem ja auch die Absicht.
Es ist ferner von dem Herrn Vorredner gesagt worden, man könne mir kein Vertrauen schenken, es sprächen bei einer Vorlage, wo dem hohen Hause gegenüber der Staatssekretãär des Reichs. Marine⸗ amts in Vertretung verantwortlich ist, noch andere Faktoren mit, die mit konkurrierten. Das bezieht sich auf das Marinekabinet und auf das Oberkommando, und da kann ich nur anführen, daß das, was hier vertreten wird seitens der Marine, von dem Staatssekretär des Reichs ⸗ Marineamts verantwortlich vertreten wird, und ich glaube nicht, daß der Staate sekretãr des Reichs Marineamts etwas Anderes vertreten wird, als was seiner Ueberzeugung entspricht.
Es ist schließlich meine Beziebung zur Presse von dem Herrn Vorredner einer Kritik unterzogen worden. Meine Herren, als ich die Ehre hatte, dieses Amt zu übernehmen, habe ich die Auffafsung ge⸗ habt, daß infolge der ganzen historischen Gntwickelung Deutschlands
nahme des Jesuitenantrages
daz Bewußtsein von der großen Aufgabe, die für unser Vaterland nach der Richtung der Seeinteressen hin liegt, und damit zusammen hängend von der Bedeutung der Kriegsmarine nicht ausreichend vorhanden ist. Ich babe die Ueberzeugung gehabt, daß gerade nach dieser Richtung hin erbebliche Unklarheiten in unserer Nation noch befänden. Ich babe daher dem Nachrichtenbureau des Reichs Marineamts den Auftrag ge⸗
geben, nach Möglichkeit aufklärend in dieser Richtung zu wirken und
Nachrichten, welcke die Nation und das Publikum interessieren könnten, ss viel wie möglich an die Presse zu geben. Ich babe da nach keiner Richtung hin eine Ausnahme gemacht, und wenn j. B. die Redaktion der ‚Freisinnigen Zeitung Nachrichten von unserem Nach⸗ richtenbureau baben wollte, so würde ich dem mit Vergnügen nach- kommen. (Heiterkeit) Im übrigen habe ich mich in die Polemik der Presse gar nicht eingemischt und habe das völlig der Presse über- lassen. Ich habe diese Beziehungen zur Presse für mein Recht uad meine Pflicht gehalten. (Bravo! rechts, aus der Mitte und bei den Nationalliberalen.) z
Abg. Graf von Arnim (Ry) :. Der Abg. Richter bält die Flotte für ausreichend, auch im Hinblick auf die Verletzung von Deutschen im Auslande. Ich möchte Herrn Richter hitten nachzulesen, wie die Deutschen im Aut lande über die Unzulänglichkeit unserer Flotte klagen; in Chile.
eru, Brasilien, überall sagen die Deutschen: So gebt es nicht weiter!
er vorliegende Gesetzentwurf enthält eine Grundloge für eise weitere eiständigurg, und die Denkschrift legt in über zeugender Weise die Verhältnisse dat. Für den Schutz der Landwirthschaft haben die Herren auf der Linken kein Verftändniß; wir müssen uns doch darauf einrichten, daß unsere Landwirthschaft unseren Bedarf selbst decken kann. Wenn die Herren der Landwirth-⸗ schaft den Todesstoß geben wollen, müßsen sie das Deppelte an Scklachtschiffen bewilligen, damit in kritischen Zeiten die Zufuhr frei ist, wenn unsere Landwirthschaft den Bedarf nicht mehr, decken kann. Die Soꝛialdemokraten sollten sich doch klar machen, wie in einem langen Kriege für Lebensmittel gesorgt werden soll, wenn eine Blockade eingetreten ist; und wer garantiert uns denn, daß wir einen kurzen Krieg haben werden! Die Arbeiter werden dann brotlos sein. Aber die Herren, die die Interessen der Arbeiter vertreten, sind der Ansicht, daß alle Schiffe nichts Anderes als kulturfeindliche Erfindungen der Regierung seien, welche die Schiffe nur für sich, für die Herren Minister und nicht für das Volk haben wolle. Die Marine ist zu nichts Anderem da als zum Schutze unserer nationalen
Arbeit. Die Kreuzer besonders haben in fernen Ländern unsere Handelsinteressen zu schützen. Sehr interessant ist die Schilderung des Besuchs eines Schiffes in einem auswärtigen Hafen, welche die ‚Freisinnige Zeitung? mit Behagen abdruckt. Es heißt darin, daß dabei ein paar Diners, ein paar Bälle gegeben werden, und daß die dortigen Deutschen sich freuen, wenn das Schiff wieder weg ift, denn ihr Geldbeutel würde die Festlichkeiten nicht länger ausgehalten haben. Das beweist, was für ein Verständniß Hert Richter von dem Schutze des deutschen Handels im Auslande hat. Ich habe die Ueberzeugung, daß unsere Industrie und unser Handel ein größeres und richtigeres Verständniß von diesen Dingen haben. Die Weltgeschichte lehrt, daß eine Handelsmacht zu Grunde geht, wenn dle nöthige Seemacht feblt. Unser auswärtiger Handel hat seit den achtziger Jahren ganz bedeutend zugenommen. In anderen Ländern ist der Schutz des auswärtigen Handels größer als in Deutschland. Die Marine muß den Schutz der nationalen Arbeit im Auge haben. Viele Landwirthe legen sich jetzt die Frage vor, ob ihre Verhält- nisse sich so günstig entwickeln werden, daß sie noch die Lesten dieser Vorlage tragen können. Ich verstehe, daß ur ter den Landwirthen Bedenken vorhanden sind, umsomebr, als die Regierung manche von unseren Vorschlägen und Resolutionen, wie bezüglich der Aufhebung der Zollkredite und Mühlenronten, noch nicht besolgt hat, und riejenigen, welche sie befolgt hat, so unbedeutend sind. daß daraus nicht viel Vortheil entstebt. Aber wenn es sich um die Ehre und das Wohl unserts Vaterlandes handelt, werden die Landwirthe doch auf dem Plane sein. Die Herren sind Reaktiorãre, die nicht versteben, daß, wenn ein Aufschwung unseres Handels und unserer Industrie erfolgt, wir auch den Schutz dieses Hanzels und dieser Industrie ins Auge sassen müssen. Wir sind die Fortschritiser und die Herren (links) sind die Reaktionäre. Es sind große Worte gemacht worden von einer Knebelung des Reichstages, von einem Bruch des Etatsrechtes u. J. w. Die Herren sollten wissen, daß verfaffungsmäßig in besonderen Fällen Bewilligungen auf mehrere Jahre gemacht werden können. Diese be⸗ sonderen Fälle bedürfen der Vereinbarung des Reichetages und der verbündeten Regierungen. Nach der . bat Seine Miajestät der Kaiser das Organisatiensrecht far die Flotte, während der Reiche tag das Bewilligungs recht hat. In der gefetzlichen Festleaung liegt in der That das beste Mittel, um Konflikte zu vermeiden. Diese oll⸗ jährlichen Verhandlungen und Kämpfe sind einer Nation, die jährlich eine Milliarde erspart, nicht würdig. Die Festlegung ist ein Boll— werk des Friedens nach außen hin und eine Garantie des friedlichen Zusammenwirkens im Innern. Herr Richter war böchst erregt über den Nachweis, daß die Freisianige Zeitung eiwas Falsches bebauptet hatte, als sie schrieb, daß keine Regierung die Stärke ibrer Flotte durch Gesetz festgelegt hätte. Das hat Italien in der That gethan und eine festgeordnete Anleihe für die nächsten Jahre festgesetzt. In England aber handelt es sich keineswegs um eine Festlegung des Flottenbestandes, sondern lediglich um eine große Anleihe von über 100 Millionen Mark. Und wenn Herr Richter gegen dieses segenannte Septennat Bedenken hat, so frage ich, ob er vielleicht geneigt wäre, eine derartige Agleihe zu kontrabieren? Darüber ließe sich reden, und man könnte erwägen., ob so der Vorwurf, daß der nächste Reichstag geknebelt werden soll, beseitigt werden könne. Ich gebe schweren
rzens an die Kommissionsberathung, weil Stimmen laut geworden ind, die formelle Bedenken haben, obwohl sir mit der materiellen
Grundlage des Gesetzes einverstanden sind. Ich möchte zu bedenken geben, ob wirklich die formelle Seite der Angelegenheit eine so große Be⸗ deutung hat. daß dadurch das ganze Gesetz in Frage gestellt würde. Ueber Einzelheiten, wie den Zeitpunkt der Fertigstellung der Schiffe, läßt sich ja reden. Die Festlegung aber ist notbwendig. Wir müssen vorwärts schreiten. Fürsf Bismarck hatte, soviel ich weiß, 19 größere Schiffe zur Verfügung. Seitdem sind wir zurückgegangen. Wir werden ja die Herren (links) nicht bekehren. Uns kann nur daran liegen, die Hintermänner der Herren im Lande darüber zu belebren, was die Marine bedarf., und die Arheitgeber und Arbeiter darüber aufklären, daß die Ansichten, wie sie gestern Herr Schönlank ent wickelt hat, für das Wohl des Volkes nicht förderlich sind.
Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Meine politischen Freunde sind nicht mit einem fertigen Votum in die erfle Lesung gekommen. Wir stehen, wie wohl das gesammte deutsche Volk, unter dem Eindruck, daß der Reichstag in seiner letzten eg ng vor einem der bedeutsamsten Gesetzgebungsakte steht. Dieser Eindruck ist geftern durch die Staatg⸗ sekretäte und Minister, die hier erschienen find, und durch den Auf⸗ wand von Aufklärungen der öffentlichen Meinung verschärft worden. So weil die karz: Zeit es zuließ, haben meine politischen Freunde sich der Berathung bingegeben; aber sie sind zu dem , ge⸗ kommen, daß es unmöglich sei, jetzt schon ein abschließendes Ürtheil zu finden. Weder von der Regierung nech von diesem Haufe wird eine andere Haltung von unserer Partei erwartet worden sein. Die allgemeine politische Lage ift die denkbar un—
ünstigste für die Vorlage. Es ist von anderer Seite schon darauf n. wie wenig Entgegenkommen der Reichstag bei den ver- bündeten Regierungen gefunden 263 Nach iangem gen und Würgen ist die Militär⸗Strafprozeßordnung endlich an uns gekommen; wir werden sie mit allem Wohlwollen, aber auch mit schärfster Kritit prüfen. Unsere Partei hat niemals: olitik gegenüber den ver⸗ bündeten Regierungen getrieben. Wir haben unfere Entschließuns über das Buͤrgerli 6 nicht wer gemacht von der An ·
eitens des Bundesrathß. Wir sind
auch 1 6 entschlossen, die Vorlage mit voller Objektivität zu vrüsen. thun wird. Renner weist cuf die Steigerung der Ausgaben der Marineverwaltung hin, auch der ulden, die für dieselbe ge⸗ macht sei n. Die Verlage, öst er dann fort, muthet uns eine große neue Au gabe zu, und deshalb sind die Bedenken nicht von der Hand zu weilen, die in finanzieller Beziebung vorliegen. Ich selbst habe KRlarbeit und Bestimmthelt in Bezug auf die Flotte verlangt. Dieser Forderang genügt die Vorlage, weil sie auf organisaterischer Grundlage aufgebaut it. Gegenüber dem Tadel, daß die Begründung zu dũrftig sei. . der Meinung, daß dieselve vielleicht schon zu viel sagt. Deshalb muß die Verhandlung in der der Oeffentlichkeit entzogenen Kommissions⸗ berathung erfolgen, vamentlich, soweit es sich um die Ergänzung der Begründung handelt. Gegenüber den früheren Plänen stellt die Vor- lage einen unbestreitbaren Fortschritt dar. Die Marineverwaltung glaubt, daß nach 30 jährigen Schwankungen endlich Klärung geschaffen sst, for aß eine gefetzlicke Festlegung eifolgen kann. Meine Freunde balten es für nöthig, darüber namentlich rach tecknischer Seite hin eine gründlicke Nntersuchung anzustellen. Die Vorlage verlangt eine gesetzliche Regelang nur in Belug auf die Linienschiffe und Kreuzer, aber die Torpedoflotte ist nicht einbegriffen und wir wissen nicht, was die Regierung für diese jäbrlich mehr fordern wird. Es handelt sich um ein Aeternat, welches innerbalb 7 Jahren fertig gestellt sein scll. Durch Gesetze bindet wan jeden späteren Reichstag. J. B. durch Be— soldungsfe stsetzungen. Aber auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts sebt es keine Bindung. Wenn trotz eines ablehnenden Votum des er lan, der Reichskanzler ein auf dem Gesetze berubendes Sciff bauen jollte, würde die Ober ⸗Rechnungs kammer das monieren. Die verbündeten Regierungen werden durch die Vorlage am stärksten ge⸗ bunden, denn die verbündeten Regierungen werden nichts Neues, darüber Hinausgebendes fordern foͤnnen. Wenn der Reichstag sich sichern will, daß auch die Regierung gebunden wird, so muß eine gefetzliche Festlegang der jäbrlichen Tufwendungen erfolgen, ratũrlich nur in gewissen Maximalgrenzen. Das würde dem Reichstage er⸗ leichtern, sich sellst zu kinden. In der Bindung auf 7 Zahre liegt das schwerfie Bedenken. Einzelne meiner Freunde fühlen sich in ibrem Gewissen außer stande, in der letzten Tagung des Reichstages eine solche Bindung zu genehmigen. Für den gegenwärtigen Reichstag, der kein Kartell - Reichstag ist, ist es ein glänzendes Zeugniß, daß die verbündeten Regierungen ihm das Bürger. liche Gesetzbuch und diese Vorlage von so großer natisnaler e deutung gemacht baben. Man könnte die Bindung beschränken auf die Scklechtflotte und die Kreuzer der jährlichen Bewilligung vorbebalten. Doch das sind meine persönlichen Ansickten. Jedenfalls wird die Entscheidung davon abhängen, ob die verbündeten Regierungen auf der Festlegung auf sieben Jahre unter allen Umständen besteben oder nicht. Erfreulich ist es, daß in Bezug auf die Deklassierungsfrage unseren Anschauungen Rechnung getragen worden ist. Wie steht es denn außer den Neubauten mit den sonstigen Ausgaben? Man will dafür mit 8 Millionen Mark auskommen. Aber wie wird die Sache sich nach sieben Jahren gestalten? Wird nicht nach sieben Jahren eine Retablissemenrsperiode für die Landbauten der Marine kommen? Trotz aller Wärme für die Wehrhaftigkeit Deutschlands zur See wird man die finanzielle Frage auch in Betracht ziehen müssen. Werden die eigenen Einnahmen des Reichs ausreichen zur Deckung der Kosten? Denn auch die Matrikularbeiträge können nicht herangezogen werden. Die eigenen Einnahmen des Reichs sind großen Schwan- kungen unterworfen, namentlich sowelt die Zölle in Betracht kommen. Alle Finanzkünstler der Reichs regierung können keine Sicherheit schaffen, daß in den sieben Jahren das nöthige Geld vorhanden sein wird. Es würden also nur neue Steuern oder eine Finanzreform im Miguel'schen Sinne übrig bleiben. Es würde also eine direkte Reichseinnahme zu schaffen sein. Ob es gerade die Rickert'sche Reichs. Ginkemmenfteuer sein wird, weiß ich nicht. J denfalls müssen die, denen die Flotte vorwiegend zu gute kommt, die Last tragen. Werden diese leistungsfaähigen Schultern getroffen, dann haben Sie „io des Widerstandes gegen die Vorlage gebrochen. Wir sind es der Wichtig keit der Vorlage den verbündeten Regierungen und dem deutschen Vaterlande schuldig, die Vorlage ernst zu prüfen. Ich wünsche, daß diese Prüfung in der Budgetkommission vorgenommen werden möge. Wir können die Vorlage nicht mit dem Brustton einer schon fertigen Uebereugung einfach zurückweisen. Wir wollen die Wehr haftigkeit des Véterlandes innerhalb der Grenzen der Leiftungefäbigkeit erhalten. 66 Staatssekretãr des Reichs⸗Marineamis, Kontre⸗Admiral Tirpitz:
Meine Herten, ich möchte mich in Anbetracht der vorgerückten Stunde auf ein paar kurze Bemerkungen beschränken. Ich kann dem Herrn Vorredner in Bezug auf das, was er hin⸗ sichtlich der Beschaffungsfrist gesagt bat. nicht ganz folgen. Ich würde die Frage so stellen: Wenn das hobe Haus zu dem Entschluß kommt, die Stärke der Flotte zu genehmigen so, wie sie Ihnen vorgelegt ist, — daß dann die Fest⸗ setzung der Beschaffungsfrist etwas Verständiges und geschästsmäßig Richtiges ift. Für die einmaligen Ausgaben, die ih, wie ich gestern ausgeführt babe, auf jährlich 8, Millionen sür die nächsten?7 Jahre geschätzt habe, ist diefe Summe nach bestem GErmessen festgestellet worden, so gut wie wir das nur irgend konnten, und ich versoͤnlich babe die Ueberzeugung, daß die Marine derwaltung in den nächsten?7 Jahren mit dieset Summe wird auskommen können; was dahinter liegt, kann ich natürlich nicht voraussagen. Ich glaube aber nicht, daß es sich gerade in diesen ein⸗ maligen Ausgaben, die also die Ausgaben in sich schließen, die der Herr Vorredner andeutete, Erweiterung der Werftanlagen re., wirklich um bedeutende größere Summen handelt. Wenn ich jetzt eine Summe zu nennen hätte, um einen Begriff davon zu geben, so würde ich sagen: nach meiner augenblicklichen Schätzung wird die Steigerung nach 1901 vielleicht 4 bis 5 Millionen betragen können.
Ich möchte schließlich auf den Gedanken der Limitierung der Geldausgaben für die nächsten Jahre kommen. Der Gedanke ist mir neu; jedenfalls ist er seitens der verbündeten Regierungen noch nicht erwogen worden. Ich persönlich würde auf dem Standpunkt stehen, daß es vor allen Dingen darauf ankommt, diese Flotte so, wie sie Ihnen vorgeschlagen ist, zu sckaffen, und ich habe, so gut ich das ver mochte, die Summen so geschätzt, wie sie wirklich vorauszuseben sein werden. Ich würde daher persönlich einer solchen Limitierung sym-⸗ vathisch gegenüberstehen, vorauegesetzt natürlich, daß sie so eingerichtet wird, daß der vorliegende Zweck erreicht werden kann; darauf aller⸗ dings kommt es an.
Abg. Graf vo n Bern storf f (b. E. F.): Zur Beruhigung des Volkes hat die Vorlage beigetragen; aber deswegen können wir derselben noch nicht ohne weiteres zuftimmen; denn wir können nicht glauben, daß es möglich sein wird, diesen Reichstag und den rächften Reichstag ju binden. Wir glauben nicht, daß die verbündeten Re⸗ gierangen sich binden werden gegenüber allen möglichen Aenderungen, die in der nächsten ** hervortreten können. Es wird also auch dem Reichstage unmöglich sein, fein Bewilligungsrecht zu beschränken. Der j t vorliegende Plan enthätt so erhebliche Aenderungen gegen den vorsährigen Plan, daß man bedenklich werden muß, ganz ab⸗ gesehen von der finanziellen Seite. Ich will hoffen, daß, ebenso wie die Forderungen der Marine, auch die anderen Ausgaben für Kultur⸗ aufgaben ein williges Obr bei der Regierung finden werden. Per- sönlich sind unsere Sympathien mehr der handelspolitischen Flotte — die auch für die Friedenszeiten eine bedeutende Auf⸗
Um ö5i / Uhr wird die weitere Berathung bis Donners⸗ tag 1 Uhr vertagt.
undesrath wird also überlegen müssen, was er in
1v. ordentliche General - Synode.
In ihrer zebnten Plenarsitzung, am Montag, brachte die Synode zunächst die Berathung deg Entwurfs eines Kirchengesetzes, betr. den liturgischen Gebrauch der Perikopen, zu Ende und nahm denselben in folgender Fassung an:
ö Für die in der Agende (S. 4 und 24) vargereichnete Verlesung der EGpistel und des Evangeliums bei der Liturgie des r , bleiben in erster Linie die berkõmmlichen Peri⸗ pen in Gebrauch. Dieselben können gemäß der diesem Gesetze (in Anlage A) beigefügten, von der deutschen evangelischen Kirchen⸗ Tonfererz empfohlenen Gestalt zur Verlesung gelangen. — 52. Neben den alten Perikopen werden auch die in der Anlage B bei= gefügten neren Reiben von Eristeln und Evangelien sowie von Ab⸗ scknitten aus dem Alten Test⸗ment zum gottesdienstlichen Gebrauch , . Ibre abwechselnde Verlesung in der Liturgie des Haupt- geltesdzenstes ist an eine Ordnung gebunden, welche — sei es für die gane Landeekirche, sei es für einzelne Provinzen — von der Kirchen bebörde erlassen wird — S 3. Die Grundsätze für die Ordnung keiüglich des Gebrauchs der alten und der neuen Perikopen in der Liturgie des Hauxptgottesdienstes werden von dem Evangelischen Ober- sere n tl in Verbindung mit dem Vorstand der General⸗Synode estgestellt.
Der Eatwurf eines Kirchengesetzes, betreffend Ergänzung und Abänderung des Kirchengesetzes vem 28. Juli 1892 über die Auf bebung von Stolgebühren für Taufen, Trauungen und kirchliche Auf⸗ gebote, wurde in jweiter Berathung unverändert genehmigt
Namens der Verfassungs-⸗Kommission berichtete hlerauf Syn. Regierungs- Piäsident Hegel über den Entwurf eines Kirchengesetzes, betrtffend Abänderung und Ergänzung einiger Bestimmungen der Ser eral⸗Synedal⸗Ordnung. Es handelt sich dabei hauptsächlich um die Vertretung der Kreis⸗Synode Hohenzollern in der General ⸗ Synode. Dem Vorschlage des Referenten gemäß wurde der vom Evangelischen Ober Kirchenratb vorgeschlagene Entwurf mit einigen von der Kom— wission beantragten Abänderungen in folgender Fassung angenommen:
Artikel J. S1 Satz 1 erbält folgende Fassung: Der Verband der General ⸗Syngde erstreckt sich auf die vangelische Landeskirche der neun älteren Provinzen der Monarchie und der hohenzollernschen Lande. — S2 Nr. 1 erbält folgende Fassung: Die General Synode wird zusammengesetzt: 1) aus 151 Mitgliedern, welche von den Pro— pinzial Synoden der Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pemmern, Polen, Schlesien, Sachsen, Westfalen, Rheinprovinz und der Kreis Synode Hobenzollern gewählt werden. § 3 Satz 1 erhält folgende Fossung: Die zufolge § 2 Nr. 1 zu wählenden Mitglieder werden auf die 9 Provinzial ⸗ Synoden und die Kreis Synode Hohen zollern dergestalt vertbeilt, daß die Synode der Provinz Ostpreußen 18, Wesipreußen 3. Brandenburg 27. Pommern 18, Posen 9, Schlesien 21, Sachsen 24, Westfalen 12, Tie Rheinprovinz 15, Hohenjollern 1 Mit- glieder wäͤblt Dem § 3 Satz 2 tritt folgende Bestimmung hinzu: 4) Das von der Kreis⸗Synode Hohenzollern ju wäblende Mitglied kann aus den innerhalb derselben in einem geistlichen Amte der Landeskirche an⸗ gestellten Geistlichen oder aus solchen Angebörigen der hohenzollern⸗ schen Lande entnommen werden, welche in der Kreis⸗ Synode oder in den Gemeindekörperschaften derselben als weltliche Mitglieder ent. weder zur Zeit der Kirche dienen oder früher gedient haben. — 57 Nr. 5 erhält folgende Fassung: Aenderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodal Ordnung vom 10. Sextember 1873, der Kirchengemeinde Ordnung für die evangelischen Gemeinden in den hohenzollernschen Landen vom 1. März 1897, der Kreig⸗Synodal⸗Ordnung für dieselben und dieser Ordnung, sowie Aenderungen der Kirchen⸗ verfassung, welche den Grundfatz betreffen, wonach das Kirchen⸗ regiment des Königs durch kollegiale, mit geistlichen und weltlichen Mitgliedern besetzte Kirchenbehörden auszuüben ist. — Artikel II. Für die Vertheilung von Umlagen und Kosten (8 14 und 8 38 der General- Synodal⸗Ordnung) tritt die Kreis Synode Hobenzollern den Probinzen der Landeskirche hinzu. Hierbei findet der 5 29 Nr. 6 Abs. 2 der Kirchengemeinde⸗Ordnung für die evangelischen Gemeinden in den bhohenzollernschen Landen vom J. März 1897 — K. G. u. V- Bl. S. 17). — entsprechende Anwendung. Bis zur Einführung der Reform der direkten Staats- steuern in den hohenzollernschen Landen ist der Eyan—⸗ gelische Ober- Kirchenrath ermächtigt, der Kreis ⸗ Synode Hohen⸗ zollern bei Ausbringung der nach den §§ 14 und 38 der General- Synodal Ordnung zu leistenden Beiträge einen angemessenen Nachlaß zu gen ähren. — Artikel III. Dieses Gesetz tritt erst in Kraft, nach⸗ dem die zu erlassende Kreis. Synodal⸗Ordnung für die evangelischen Gemeinden in den bobenzollernschen Landen Gesetzeskraft erlangt hat. — Der Zeitpunkt seines Inkrafttretens wird durch Königliche Ver⸗ ordnung bestimmt.“
Sodann referierte Syn. General. Superintendent, D. Nebe Münster i. W. namens der Kommission für Evangelisation über die Denkschrift des Evangelischen Ober ⸗Kirchenrathe, betreffend Evangelisation, den Antrag der Weßtfälischen Provinzial Synode, betreffend Angliederung der Evangelisations. Unternehmungen an die Organismen der Kirche, sowie mehrerer Petitionen, betreffend Förderung der Betheiligung gläubiger Laien an der Seelserge. Zu dem Antrage der Kommission wurde eine Reihe von Abänderungs. und Zusatzanträgen gestellt, schließlich aber der erstere mit einer eigzigen (durch Sperrung bezeichneten) Einschaltung im ersten Absatz wie folgt angenommen: General- Synode wolle beschließen: 1) Die General. Synode ist überzeugt, daß der gläubigen, amtlich geordneten Gemeindepredigt immer die Aufgabe und Verheißung gegeben ist, das Evangelium lebenskräftig darzubieten, auf daß die Gemeinde zum Glauben erweckt, in ihm befestigt und zur Heiligung ermahnt werde. Sie erkennt aber in apoflolischer Schätzung der Mannigfaltigkeit der Gaben und in ernster Würdigung der vorbandenen Bedürfnisse, wie schon längst in der Thätigkeit der inneren Mission der evangelischen Kirche, so auch in der sogenannten Evangelisation, d. h. in der außerordentlichen erwecklichen Verkündigung der gesunden Lehre des Evangeliums durch Geistliche oder kirchlich beauftragte Nichtgeistliche eine nicht abzuweisende 86 zut Wiedergewinnung entftemdeter Glieder der Kirche, zar Erweckung urd Belebung der Gemeinde, zur Pflege chriftlichen Gemeinschafts⸗ lebens. — 2) General Synode erkennt es als eine wichtige Aufgabe an, die freie und infolge dapon oft neben der Kirche oder doch nicht für die Kirche 1bätige Evangelisation zum Anschluß an die organisierte Kirche zu reranlassen und dadurch eine gesunde Entwickelung zu sichern. — ) General. Synode erkennt die vom Evangelischen Ober . Kirchenrath in der Denkschrift aufgestellten Richtlinien für provinzielle Regelung der Cvangelisation, unbeschadet der Bestrebungen der Inneren Mission der Landeskirche als zweckwäßig an, ersucht denselben aber, in dem beabsichtigten Erlaß an die Konsistorien und Previnzial⸗ Synodal. Vorstãnde — : a. dieselben darauf aufmerksam zu machen, daß die in 11 und 1 der Denkschrift aufgestellten Grundsaͤtze in großen Städten, in Induftriebezirken und an anderen Orten mit einer im Anschluß an die Kirche eingerichteten Stadtmission in einer den ört⸗ lichen Bedürfnissen entsprechend veränderten Weise auszuführen sind, — Pb. zur Verhütung eines Mißverständnisses in I7 und V der Dent⸗ schrift statt des Wortes . Gemeindevertretungen' die Bezeichnung Ge—⸗ meinde ⸗Kürchenräthe, bez. Presbyterien- zu gebrauchen, — . in Aus⸗ sicht zu nehmen, daß die Provinzial⸗Instanzen (Nr. VIII der Denkschrift den zur CEvangelisation auszusendenden Helfern aus dem Laienstande zu diesem Behuf einen widerruflichen firchlichen Auftrag ertheilen und hierbei zum Ausdruck bringen, daß alle auf Gewinnung der Seelen gerichtete Arbeit mit innerer Noth. wendigkeit die Förderung und Festigung der lirchlichen Gemeinschaft einschließen müßte, wenn sie von bleibendem Segen sein solle. — 4) Bie General. Synode ersucht durch den Cvangelischen Ober ⸗ Kirchen- rath die Pfarrer und Gemeinde ⸗Kirchenräthe bez. Presbyterien, der erstrebten kirchlichen Regelung der Gvangelisatign, und alle die, welche mit Ernst Chriften sein wollen, der beabsichtigten Fürsorge der Kirche mit Vertrauen entgegenkommen zu wollen. — 5) Die eneral⸗ Synode legt die Ausführung der Gedanken der Denkschrift vertraueng- voll in die Hände des CGvangelischen Ober Kirchenraths. — 6) Die General. Synode erklärt den Beschluß der 21. Westfälischen Provinzial Synode Iöß und die Petitionen des Brüderraths in Posen und West ⸗
leitig gestelt
preußen sowie des PiT̃nmerschen Brüderraths und der Rudolf Martike und Heinrich Müller in Berlin durch die Vorlage des Evangelischen Ober KAiichenraths und diese Beschlü se für erlerigt. ͤ Gine längere Debatte knüpfte sich noch an den Bericht des S Prof. D. Warneck⸗Halle g. S. über die Denkschrift des ie e, Ober. Firchenraths, betreffend die kirchliche Versorgung der deutsch⸗ redenden Evangelischen in Deutsch · Ostafrika, ins besondere die Errichtung einer Kirche und eines Pfarrhauses in Dar. es⸗Salam. Die von ibm beantragte Beschlußfassung wurde verworfen und dafür nachstebende, von dem Vije⸗Präsidenten der General ˖ Synode, Syn. Sup. Holtz heuer 5 vorgeschlagene Fassung angenommen; General ⸗Synode erklärt sich mit dem bisherigen Vorgeben des Cvangelischen Ober⸗ Kirchenraths in der kirchlichen Versorgung der Evangelischen in Deutsch. Ostafrika einverstanden, in der Erwartung, daß derselbe in dieser Richtung fortfabren werde, ersucht aber den Evangelischen Ober ⸗Kirchenrath, dafür einzutreten, daß die durch die kirchliche Ver= sorgung der Evangelischen in Deutsch Ostafrika entstehenden Kosten auf Fonds des Deutschen Reichs übernommen werden.“
Land⸗ und Forstwirthschaft. Weinernte Italiens im Jahre 1897.
Die diesjährige Weinernte in Italien bat ein quantitativ geringeres Ergebniß geliefert, als die Ernte des Jahres 1836, doch ist die Qualität des Weineg im allgemeinen gut. Nach amtlichen Schätzungen stellt sich das Ergebniß im Bergleich zu dem Vorjahre, wie folgt:
6rng ixss ohen Crnte i8s⸗
Ernte IS96 . 2619 350 125,30 3 2851 900 999 380 95,25 951 900 zenet go dh 3330 831 65d Ligurien 242 100 133, 15 322 400 . 19586969 68, 30 1356700 Marken und Umbrien . 1933 111,K80 2161 200 2 268456 30, 85 2 3090400 1‚·‚· 125 — 1420200 Sũd⸗Italien, adriatica 87,560 5 774 500 2 mediterr. ö 87, 60 3 298 400 Sizilien Kö 75,60 3 544 600 Sardinien.
; 122,35 745 300 Königreich Italien 26 396 240 91,460 25 955 5660
Das Wetter war im allgemeinen günstig. Insektenschaden und kryptogamische Krankheiten kamen verhältnißmäßig wenig vor. Ueber Didium und Peronospora wurde im Süden, über Cochvlis namentlich in den Abrunzen, über Trockenheit in Puglien, der Basilicata und in Calabrien und über Hagelschaden im Norden geklagt. Letztere Um—⸗ stände dürften aber nicht in allzugroßem Umfange zu dem Minder⸗ ertrag mitgewirkt haben. Auch die Verbreitung der Pbylloxera, deren Folgen für die Zukunft bedrohlich sind, wird nicht als Hauptgrund des quantitativ geringen Ernteausfalls angesehen. Derselbe wird viel- mehr in erster Linie auf die ungünstige Witterung des Sommers des Vorjahres 1896 zurückgeführt, die das junge Holz nicht zur Reife kommen ließ und auf die in früheren Jahren durch Peronospora, Oidium und andere Krankheiten hervorzerufene Erschöpfung vieler Weingärten, für deren Auffrischung durch Düngung oder Erneuerung noch nicht ausreichend gesorgt wurde.
Piemont Lombardei Venetien
Ernteergebniß und Saatenstand in Spanien.
Ueber das Ernteergebniß und den Stand der Saaten in der Pro—⸗ vinz Valencia liest folgende Nachricht vor:
Die mit Getreide bebaute Fläche wird auf 20 bis 22 000 ha be- wãsserbares Land und 22 bis 25 000 ha nicht bewãsserbares Land geschätzt. Das Gesammtergebniß wird mit 709 0090 hl angegeben. Auf dem nicht bewässerbaren Lande hat die Aussaat unter günstigen Be⸗ dingungen stattgefunden, doch läßt sich vorläufig noch nicht bestimmen, ob die kürzlich niedergegangenen wolkenbruchartigen Regengüsse Schaden angerichtet haben.
Auf dem bewässerbaren Lande hat die Aussaat noch nicht statt⸗ gefunden und wird infolge der stattgehabten Ueberschwemmungen voraus⸗ sichtlich noch verzögert werden.
Gelegentlich der dietjährigen Deutschen Gersten⸗ und Hopfen Ausstellung des Vereins „Versuchs- und Lehr— anstalt für Brauerei in Berlin“ wurde seitens der Land⸗ wirthschaftẽkammer für die Provinz Sachsen in Halle a. S. Herrn Ober⸗Amtmann Säuberlich in Gröbzig (Anhalt) noch ein Ehrenpreis,
bestehend aus einer Uhr mit künstlerischer Statuette, ver liehen für seine mit dem ersten Preise ausgezeichnete Brau— gerste, welche zugleich die beste der aus der Pro⸗ bin; Sachsen ausgestellten Gersten war. Nachträglich ist auch noch eine Prämiierung von Wintergerste erfolgt, welche mit zwei anderen Gersten gleicher Art bereits auf der 1896er Gerften, und Hopfen ⸗Ausstellung ausgestellt war, jedoch erst jetzt geprüft wurde, nachdem der Werth derselben als Braugerste durch eine vorgängige genaue Untersuchung festgestellt war. Die Gersten⸗ probe, welche den ersten Preis erhielt, war gebaut von Herrn Domänenpächter K. Dreves, Dominium Büllinghausen bei Wetter⸗ burg (Waldech.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin blieb auch in der Woche vom 21. bis 27. November ein günstiger und die Sterblichkeit eine geringe; von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 15.9. Auch in dieser Woche blieben unter den Todekurfachen akute Entzün⸗ dungen der Athmungsor gane vorherrschend und endeten auch in etwas größerer Zahl als in der Vorwoche mit dem Tode. Nicht selten wurden auch Erkrankungen an Influenza beobachtet und 6 durch dieselbe hervorgerufene Todesfälle (gegen 1 der Vorwoche) mit⸗ getheilt. Etwas haufiger als in der Vorwoche (in 33 Fällen) wurden akute Darm krankheiten Todesveranlassung. Die Bethelligung des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war ein wenig geringer als in der Vorwoche; von je 10 0009 Einwohnern starben in Berlin (aufs Jahr berechnet) 40 Säuglinge. — Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Typhus selten; Erkrankungen an Masern und Diphtherie kamen etwas mehr, an Scharlach etwas weniger zur Meldung, und zwar zeigten sich Erkrankungen an Masern in der riedrichstadt und in den beiden Luisenstädtischen Stadttheilen, an charlach in dem nördlichen Theil der Rosenthaler Vorstadt, an Diphtherie in der jenseitigen Luisenstadt (besonders in dem östlichen Theile), dem Stralauer Viertel und in der Resenthaler Verstadt (namentlich in dem nördlichen Theile) am häufigsten. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 4 bekannt. Etwas häufiger als in der Vor- woche gelangten rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut zur ärztlichen Behandlung. Die Erkrankungen an Keuchhusten, die in 7 Fällen zum Tode führten, blieben zahlreich. Dagegen wurden rheumatische Beschwerden aller Art etwas seltener als in der Vor⸗ woche zur ärztlichen Beobachtung gebracht.
Handel und Gewerbe. Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Kok ; 97 . und 6 Oberschlesien. An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 14911, nicht recht ˖
ig gestellt 22 Ff 296 96. ,. ken find am 6. d. M. gestellt 5921, nicht recht- ne Wagen; am 7. d. M. sind gestellt 6410, nicht recht ⸗ zeitig gestellt keine Wagen.