Gntwurfe gegeben, um besonderen Verhältniffen Rechnung zu tragen, die den De fre 3 als ausreichende Gtundlage für die Regelung des Ranges der Baubyvothek erscheinen lassen. Es darf erwartet werden, daß von dem Rechte nur ausnahmqsweis. Göebrauch gemacht werden wird. Auf eine Einschrãnkung der besonderen . wird dadurch hin⸗ gewirkt, daß dieselben nach 5 15 besondere Kosten verursachen, welche dem Antragsteller zur Last fallen. Der Gigenthümer wird auch deshalb wenig Neigung haben, eine besondere mh ,. zu beantragen, weil dadurch das Verfahren verlangsamt und der Zeitpunkt, zu dem mit dem Bau begonnen werden darf, 1 wird. Dinglich Berechtigte, welche erst aus Anlaß des bevorstehenden Baues das Grundstuck be⸗ liehen haben, waren in der Lage, im voraus aus den bekannt ge⸗
machten Einheitssätzen zu berechnen, wie hoch sich der Baustellenwerth
stellen würde; ist aber das Grundstück zu einer Zeit beliehen worden, zu welcher es noch nicht Baustelle war, so ist anzunehmen, daß der nach dem Durchschnittswerthe berechnete Baustellenwerth höher ist, als der Werth zur Zeit der Beleihung. .
Fin bestimmter Zeitpunkt, zu welchem der Antrag auf Ertheilung der Bescheinigung über den Baustellenwerth zu stellen ist, wird im Entwurfe nicht vorgefehen. Insbesondere wird nicht bestimmt, daß der Antrag erst nach Ertheilung der Bauerlaubniß gestellt werden dürfe, damit durch die Vornahme einer Abschätzung oder die Wahrung der in Abf. 3 bestimmten Frist thunlichst wenig Zeitverlust entsteht. Selbstverftändlich kann aber nur eine solche Bescheinigung der Ein⸗ tragung des Bauvermerks zur Grundlage dienen, aus der erhellt, wie ö der gegenwärtige Bausftellenwerth, d. h. der Werth zur Zeit der Eintragung des Bauvermerks, ist.
Die in Abs. 3 vorgeschriebene Mittheilung des Antrags auf Er⸗ theilung der Bescheinigung hat nur an den Anzeigenden versönlich, nicht auch an Erben oder Rechtsnachfolger zu geschehen. Wollen letztere sich den Empfang einer Mittheilung sichern, so haben sie für ihre Person eine Anzeige zu erstatten. Ebenso ist es Sache des Anzeigenden von Veränderungen seines Wohnsitzes oder seines Aufenthalts dem Bauschöffenamte Kenntniß zu geben, damit ibn die Mittheilung er⸗ reicht, oder, falls er sich im Auslande befindet, einen Bevollmächtigten zum Empfange der . .
Daß durch die Vorschrift des s 14 eine Art von Instanzenzug inncihalb des Bauschöffenamts nicht ausgeschlossen wird, ist bereits oben zu 5 10 Abs. Z bemerkt worden. Im übrigen kann die in der Bescheinigung des Bauschöffenamts getroffene Festsetzung des Bau stellenwerths weder im Verwaltungs wege, noch im Rechtswege ange⸗ fochten werden. 4
§ 15.
Die Höhe der an das Bauschöffenamt zu entrichtenden Gebũhren muß fich nach den örtlichen Verhältnissen richten und wird daker dem Statut überlassen. Für andere, als die im 5 15 bezeichneten Ge⸗ schäfte, insbesondere die Entgegennahme der Anzeige eines dinglichen Rechts (8 13 Abs. 3) dürfen Gebühren nicht erboben werden. Ob die Gebühren die Auslagen des Bauschöffenamts z. B. für die Mit- tbeilungen an die Anzeigenden umfassen oder ob neben einer Vergütung für die Thätigkeit des Bauschöffenamts noch baare Auslagen anzu⸗ setzen sind, richtet sich nach dem Statut; im Sinne des § 15 gehören auch die Auslagen zu den Gebühren.
16. Da das Bauschöffenamt eine Einrichtung der Gemeinde bildet, fallen diefer die Kosten des Bauschöͤffenamts, soweit sie nicht durch die nach 5 16 zu erhebenden 6 . gedeckt werden, zur Last.
In Beziehung auf die für die Thätigkeit des Grundbuchamts zu erhebenden Gebühren kann es im allgemeinen kei den Bestimmungen des Preußischen Gerichtskestengesetzes vom 25. Juni 1895 ver⸗ bleiben. Eine besondere Bestimmung erscheint nur in Ansehung des Bauvermerks erforderlich. Für die Eintragung des. Bauvermerks würde nach 3 59 des P. G. K. G. eine Gebühr in Höhe von ölio des Gebührensatzes B vom CGigenthümer zu entrichten sein; außerdem hätte der Gigenthümer nach 5 62 die Hälfte dieser Gebübr für die Löschung zu entrichten. Da der Eigenthümer gezwurgen wird, ich die Cintragung eines Bauvpermerks gefallen zu lassen, kann hin die Entrichtung erheblicher Gebühren für diese Eintragung nicht zugemuthet werden; gegen eine Anwendung der bezeichneten, nach der Höhe des Werths abgestuften Gebühren spricht ferner der Umstand, daß bei Eintragung des Banuvermerks der Werth des Gegen⸗ standes nicht feststebt, weil nicht bekannt ist, ob und in welcher Höhe Bauforderungen zur Anmeldung gelangen werden. Der Entwurf setzt daher eine mäßige feste Gebühr fest, durch welche zugleich die Löschung des Bauvermerks gedeckt wird, so daß dem Eigenthümer, wenn ez nicht zur Eintragung einer Bauhypotbek kommt, weitere Kosten nicht erwachsen.
Für die Stadt Berlin bedarf es mit Räücksicht auf die besonderen Bestim mungen, welche über die Behördenorganisation für den Stadt⸗ kreis Berlin gelten (8§ 41 f. des Gesetzes vom 30. Juli 1883 über die allgemeine Landesverwaltung) einer ergänzenden Vorschrift, durch welche die Zuständigkeit für die in dem Entwurfe dem Regierungs⸗ vräsidenten oder dem Bezirksausschusse zugewiesenen Geschäfte geregelt wird. Daß auch in Berlin der Bezirksausschuß als Disziplinarbebörde (6 7 Abs. I zu entscheiden hat, wird einer besonderen Begründung nicht bedürfen; im übrigen erklärt 5 18 in Uebereinstimmung mit den für die Gewerbegerichte bestehenden Anordnungen (Verf. der Minister für Handel und Gewerbe und des Innern vom 23. Sep- tember 1890) allgemein den k fur zuständig.
§19.
Durch die Vorschrift des 5 19 wird die auf S 135 des Preußischen Gerichtskostengesetzes beruhende Zuständigkeit des Justiz⸗Ministers in Anfehung der für die Thätigkeit des Grundbuchamts zu erhebenden Gebühren (5 17) nicht berührt.
Deutscher Reichstag.
10. Sitzung vom 14. Dezember 1897, 1 Uhr.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der ersten Berathung des Reichshaushalts-Etats für das Rechnungsjahr 1898. )
Abg. Rickert (fr. Vgg): Ich möchte mich zunächst gegen die Bemerkung des Herrn von Leipziger wenden, daß das Anseben Deutfchlands unter dem Grafen Caprivi gelitten habe. Herr Fritzen hat schon dem Grafen von Limburg. Stirum gegenüber diese Behaup⸗ fung als unrichtig bezeichnet. Haben Sie (rechts) denn garnicht mehr die Worte in Erinnerung, die Seine Majestät der Kaiser ge⸗ sprochen hat, daß der Abschluß der Handelsverträge durch den Grafen Caprivi eine rettende That gewesen sei. (Zuruf des Abg. von Masfow (d. kons.): Wir haben dagegen gestimmt.) Ihre Führer,
err von Manteuffel an der Spitze, baben mit uns gestimmt. GH habe bier eine Nummer der Schlesischen Zeitung⸗ von 1891, Dom 20. Dejember; in diesem Harptergan der schlesischen Kon⸗ fer vativen findet sich ein langer Leitartikel über die kolossalen histori⸗ schen Verdlenste, die Graf Caprivi sich um das Vaterland erworben bat, und der Schluß lautet: Daß so bedeutende Erfolge, wie sie durch diese Nebenwirkung der Handelsverträge illustriert werden, nicht ohne Einfluß auf die Wertbschätzung bleiben können, welche man im Inlande und Auslande der neuen deutschen Regierung entgegenzu⸗ dringen hat, ist garnicht zu bejweifeln; ebenso ist es unzweifelbaft, daß die Bedeutun der Handels vertrãge weit über das handelepolitische Gebiet bHinqusreicht und die Beziehungen Deutschlands zu lonsolidieren und vielleicht auch ohne besondere Vertrags instrumente zu erweitern 8 ist.‘ Daß sagten die Konservativen damals, als der russische ndelsvertrag noch nicht abgeschlossen war. Der Handels vertrag mit Rußland war auch im i der auswärtigen Politik ein Akt ersten Ranges, was auch der jetzige Reichskan ler nicht bestreiten
wird; Graf Capri . in die Verhältnisse gere die wir jeßt mit Rußland haben. Graf Caprivi at s Polli bier im e mit schlichten und einfachen Worten gekennzeichnet, wie eg seine Art war; er wellte das friedliche Zusammengehen der Völker fördern. 9a Caprivi ist nicht unser Parteimann, er war ein konfervativer Mann. Aber wir sind gerecht genug um auch beim polltischen Gegner die Verdienfte anzuerkennen, welche die ganze anerkennt. Die Einleitungsrede des Schatzsekretãrs brachte die Mittheilung von der Auskunft ertheilung nber den Zolltarif; ich begrüße den Anfang, der immerhin etwas werth ist, wenn auch die Möglichkeit der Verschiedenartigkeit der Auskünfte unangenehm bleibt. Es sind vielfach direkte Irre⸗ führungen durch die Auskunft der Zoll! und Steuerbehörden vor⸗ gekommen. Ein Mann in Westyreußen hatte Spiritus, der sich im freien Verkehr kefand, zur Essiafabrikation verwandt, weil ihm gesagt war, er würde die Steuer jurückerbalten. Er bat 1887 alle In⸗ stanzen angerufen, ohne zu seinem Rechte zu kommen. Die Finanz reform bat der Schatzsekretär gestreist. Wir werden an der clausula Frandenstein festbalten, bis eine andere konstitutionelle Garantie geschaffen sein wird. Die Matrikularbeiträge sind vor= läufig angenommen mit der Augsicht auf Ersetzung durch eine andere dirckte Steuer, die der Bewilligung des Reichstages unterliegt. Ob wir eine sehr fung oder weniger günstige Finanzlage haben, will ich dahingeftellt sein lassen. Das Prophezeien ist eine mißliche Sache. Bezüglich der zweijhrigen Dienstzeit hat Graf Caprivi aus- drücklich bindend erklärt, daß, wenn nicht unübersteigbare Hindernisse sich herausstellen sollten, an keiner Stelle der verbündeten Regierungen die Äbsicht bestehe, zur dreijährigen Dienstzeit zurückzukehren. Ich bin einverftanden mit Herrn Lieber, daß neue indirekte Steuern nicht be⸗ willigt werden soll'n. Graf Posadoweky hat, von einer Aenderung der Zollfätze gesprechen. Graf Kanitz hat seinen Wählern erklãrt, daß er gar keine Has delsverträge haben wolle, und offiziöse Blätter baben offen davon gesprochen, daß die Regierung keineswegs gegen höhere Getreidezölle sei. Wird Rußland jemals zu einem Vertrags abschluffe kommen, wenn ihm nicht niedrige Zölle angeboten werden? Weshalb hat man bei dem Hsollausschuß die Vertreter der Kon fumenten vollständig außer Betracht gelassen? Auch die ver⸗ schierenen Arbeitervereine baben direkt auf eine Mitwirkung der Arbeiter bei diefen Dingen angetragen. Oder will die Regierung die Körperschaften der Arbeiter besonders befragen? Die Statistik über die Handelsbeziehungen, von der ich annehme, daß sie nicht das Einzige sein wird, was wir an Material erbalten, zeigt, daß alle Behaupfungen der Agrarier unrichtig sind. Unsere Ausfuhr sst erbeblich im Steigen. Herr von Kardorff bleibt der alte Optimist. Trotzdem Eine nach dem Andern von ihm abfällt und der Doppel⸗ währung den Rücken dreht, hofft er noch immer auf den Sieg der Doppelwãhrung. Herr Moline, der für Herrn von Kardorff eine so große Autorität ist, bat sich gegen eine Beschränkung des Termin⸗ handels ausge sprochen, Warum folgen Sie rechts) nicht dieser Autorität in diesem Punkte? Die Herren befinden sich glücklich kei dem gegen ⸗ wärtigen Zustande, der es ermöglicht, mit Gewinn Getreide von Deutschland nach Paris zu verkaufen. Die Getreidehändler können es aushalten; ob die Landwirthe auch warten können, ist eine andere Frage. Herr von Kardorff hat eine Herabsetzung des Diskonts der Reichebank verlangt, daß die Reichsbank den Wünschen der Agrarier zugänglich gemacht wird. (Widerspruch des Abg. von Kardorff (Rp.) Ich berufe mich auf das Zeugniß aller Hörer der gestrigen Rede des Herrn von Kardorff. Oder was hat er denn eigentlich ewollt? Das Margarinegesetz und das Zuckergesetz haben nicht ge⸗ alten, was sie versprochen haben. Das ist der Fehler, daß wir ab⸗= gewichen sind von den großen Grundlätzen der alten preußischen Tra⸗ ditionen. Es ist nicht richtig, die Maschine der Gesetzgebung so im Rollen zu erhalten, daß kein Mensch im Lande folgen kann. Der Antrag wegen des Vereinsgesetzes ist im Reichstage mit 207 gegen 53 Stimmen angenommen worden. Wir bekamen in Preußen ein kleines Sozialistengesetz, welches nicht angenommen wurde. Ich bin Optimist genug, zu glauben, daß der Reichskanzler das Wort, welches er dafür eingesetzt hat, auch einlösen wird, daß das Vereinsgeletz fräher in Kraft treten wird als das Bürgerliche Gefetzbuch. Nachdem der preußische Landtag sich ablehnend verhalten hat, kann der Bundesrath den Beschluß des Reichstages annehmen. Die verbündeten Regierungen haben fast sämmtlich anerkannt, daß das Verbindungeberbot für Vereine nicht mehr zeitgemäß sei. Was zögert maa? Nur aus Respekt vor dem Herrenhause? Eine gesunde Reichspolitik ist das nicht. Die bayerische Gesetzgebung ist mit dieser Frage nicht befaßt worden, weil die bayerische YNegierung hofft, daß die Sache im Reich gemacht wird. Nehmen Sie im Bundesrath doch endlich den Antrag an. Wenn Herr Bebel die Fürsorge für die Schulen in den Vordergrund gestellt hat, so stimme ich ihm vollständig bei. Graf Posadowsiy hat bereits die Ziffern ange⸗ geben für die Schulausgaben in Preußen. In Preußen ist nur subsidiär der Staat verpflichtet, aber es ist seine 4flicht, den schwachen Gemeinden zu helfen. Der Kultus⸗Minister wollte Geld haben, um die alten Baracken, in denen sich Schulen befinden, zu beseitigen; aber die Konservativen haben rie Verlage abgelehnt. Herr Bebel sieht also, daß die Landtagswahlen doch nicht so un⸗ bedeutend im kulturellen Interessfe sind, wie die Sezialdemokratie immer angenommen hat. Herr Bebel hat uns den Rath gegeben, wir möchten keine Schlachtschiffe bewilligen. Ich will über den Marine Etat nicht sprechen. Ich behalte mir meine Stellungnahme vor. Ich bin aber im Ganzen und Großen mit der Richtung, in welcher sich die Marineforderungen bewegen, verstanden. Es wird heute so dargestellt, als ob der Kampf um die Schlachtschiffe eigentlich ein brennender nur deshalb geworden sei, weil eine gewisse persönliche Liebhaberei die Triebkraft für die Vermehrung der Flotte sei. Ich habe eine ganze Reihe von Jahren für die Marine ge— kämpft, namentlich unter Herrn von Stosch. Wenn Schlachtschiffe damals nicht genügend gebaut sind, so lag das daran, daß die Techniker im Kampfe miteinander lagen, daß eine Konkurrenz zwischen Schlachtschiffen und Torpedos entstanden war. Aber wenn Frankreich und England und die Seemächte jweiten und dritten Ranges Schlachtschiffe bauen, wie will Deutschland es ver⸗ antworten, daß es dabei zurückbleibt? Bei der großen Tragweite der Geschũtze wird uns Seeanwohnern einigermaßen ängstlich wegen der Tüftendertbeidigung,. Die Schlachtschifft⸗ sind eine Vertbeidigung der Küsten. Die Politik der Regierung hat sich in dieser Beziehung auch 86 t so sehr geändert; denn in der Denkschrift von 1867 wurde als ufgabe der Marine hingestellt, daß ein Theil der Flotte den Handel schüßt, ein anderer Tbeil die Küste vertbeidigt und die feindliche Flotte zurũckzuschlagen versucht. Weiter geht die Marineverwaltang jetzt auch nicht. Wir sind für die Flotte eingetreten zu einer Zeit, als eine Recken rer Graten Kilbelm Biemard in der Nortdeutschen Aug. Ztg. vom 28. Juni 1881 die Vorliebe der Herren Richter und Rickert für Panzer korvetten als nicht wohlfeil bezeichnete. Damals war man selbst innerhalb der Regierung nickt für eine Flottenvermehrung. Aus dem Briefwechsel zwischen dem Admiral Batsch und dem General Stosch ersieht man aß letzterer für eine Schlachtflotte war, die auf offener See offensiv vorgehen könnte. Wir baben lange gekämpft gegen die greßen Panier, aber es wird uns nichts Anderes übrig bleiben, wir werden darauf eingehen müssen, daß wir große Panjer⸗ schiffe zur Verfügung stellen. Die sozialdemokratischen Abgeordneten sind auf dem Parteitag angegriffen worden, weil sie dem Kriegs- Minifler keine Schn ierigkeiten bereitet kaben bei der Anschaffun des Artilleriematerials. Darauf erklärte Herr Bebel, kag dafür gesorgt werden müsse, daß unsere Soldaten genügend geschũtzt seien. Herr von Leiniger bat sich dreimal in seiner Rede mit dem Verein Nordost beschäftigt, trotz der m mit der er von im sprach. Hert von Leipziger meinte, daß die Heinen Landwirthe ein Jnteresse an hohen Getreideyreisen hätten. Der Kreis voꝛsitzende des Bundes der Landwirthe kat schon in einer Versammlung zu⸗ gegeben, daß der kleine Landwirth kein Irterrsse an den hohen Ge⸗ nreidepreisen habe. Ein Kreisb att hat selbst zugegeben, daß Getreide Produzenten eigentlich nur die Großgrundbesitzer sind. Damit ist die Identitãt der . der großen und kleinen Grund besitzer vernichtet. Die amtliche Beeinflrsffung der Bauern wind systematisch betrieben. Im
ortrag . dazu mobil 1 Reichskanzler einmal einen inbl Bevõlkerun .
dort
ĩ
so bitte ich ihn, auf diesen Punkt sein Augenmerk zu richten. Im ganzen Lande herrscht eine große Unzufriedenheit, das kann nur der jenige bestreiten, der das Sonnenlicht auch bestreitet. Vom Bunde der Landwirtbe wird alles gethan, um die Unzufriedenheit zu schüren.
Diese ganze Unzufriedenheit wird nur genährt von ibrer. Begehrlichkeit keine Caprivi'schen Handelspolitik nichts wissen wollen. daß diesem Pessimismus
in ihrer
Zeit, entgegengetreten so koͤnnen Sie
immer weiter ausdehnt.
kennen und ron der Es ist hohe ; us mit voller Regie rungsgewalt wird. Lassen Sie die Herren so weiter wirthschaften, sich nicht wundern, daß die Sozialdemokratie sich Wir haben aber auch in unsere eigenen
Grenze
Reihen zu sehen. Ein Agrarierthum, wie wir es haben, wäre nicht
möglich, wenn der Liberalismus einig wäre.
Tausende von Bürgern
halten sich zurück, weil sie den Parteikampf nicht mitmachen wollen. Ich gebe meinen Platz im öffentlichen Leben preis; mir liegt nichtz daran. Was ich wünsche, ist, daß die Liberalen einsehen, daß ihnen ein Gut anvertraut ist, das sie nicht vernachlässigen dürfen. Sie haben selbst die Verantwortung dafür, wenn eine selche egoistische Interessenpolitik wie die des Bundes der Landwirthe Oberwasser
bekommt.
Kriegs⸗Minister, GeneralLieutenant von Goßler:
Der Herr Vorredner hat die Frage an mich gerichtet, wie der Inhalt des künftigen Gesetzes über die Friedenspräsenzstärke der Armee keschaffen sein würde, und hat diese Anfrage damit motiviert, daß eine Antwort hierauf zur Beruhigung weiter Kreise dienen würde. Ich bin selbstverständlich nicht in der Lage, zur Zeit hierauf eine definitive Antwort zu geben; denn die verbündeten Regierungen haben in dieser Angelegenheit überhaupt noch nicht Stellung genommen, da ja das bezügliche neue Gesetz den diesjährigen Reichstag nicht mebt beschäftigen wird. Ganz selbstverständlich ist es aber, daß schon seit längerer Zeit hierauf abzielende Vorarbeiten im preußischen Kriegk⸗ Ministerium stattgefunden haben und noch weiter stattfinden. Von großem Vortheil ist bierbei das bestehende Quinquennat, welches es ung ermöglicht, in aller Ruhe die Mängel der zeitigen Organisation zu er⸗ kennen, auf deren Abhilfe hinzuwirken und uns so vor übereilten Entschlüssen zu hüten. Soweit diese Vorarbeiten gediehen sind, kann ich mittheilen, daß es nicht in der Absicht liegt, die gegenwärtige
Dienfl verpflichtung
zu ändern. (Hört, hört! links) Wir ver—
kennen keineswegs die besonderen Anforderungen, welche die zwei⸗ jäbrige Dienstzeit dem Ausbildungepersonal und auch den Mann schaften selbst auferlegen; aber es sind doch immerhin Erscheinunger, die in dieser Beziehung eine Aenderung unbedingt nothwendig
machen, nicht zu
Tage getreten. (Hört, hört! links) Im übrigen
möchte ich bei dem erwähnten geschäftlichen Stand der Angelegenheit
nur noch einige
Hauptpunkte ganz kurz streifen. Es ist mir die
Befürchtung entgegengetreten, es läge in der Absicht, die Zabl der Infanterie Bataillone wesentlich zu vermehren. Nun, die theilweise
Neuorganisation
der Infanterie hat erst in diesem Jahre stattgefunden.
Es liegen daher ausreichende Erfabrungen in dieser Hinsicht noch garnicht vor, und glaube ich nicht, daß man sich zu einer Vermehrung
der Zahl der Infanterie Bataillone entscheiden wird.
die Verhältnisse
Anders liegen
bei der Feld Artillerie. Bei dieser Waffe wird sich
das dringende Bedürfniß nach Aenderung der Organisation kaum noch länger hinausschieben lassen, und ich scheue mich garnicht, wenn die verbündeten Regierungen sich nach dieser Richtung hin schlüssig machen sollten, mit dieser Forderung an das hohe Haus beranzutreten; denn ich habe stets die Erfahrung gemacht, daß derartige, das technische Gebiet streifende Fragen hier volle Würdigung und vorurtheils freie Beurtheilung finden. (Bravo! rechts und in der Mitte. Heiterkeit
links.)
Abg. Dr. Paasche (nl); Es hat mich überrascht, daß der Abg. Rickert don den Zuftaͤnden unseres öffentlichen Lebens ein so trübes Bild entworfen Fat; im Munde des Abg. Bebel sind solche Schilde, rungen eher verständlich. Wenn die Behauptungen des Abg. Bebel richlig wären, so müßten wir uns ja schämen, Deutsche zu sein. Et
bat gemeint, das Deutsche Reich set nicht im stande,
seine Kult
aufgaben zu erfüllen, die Arbeiter würden in skandalöser Weise be⸗ handelt, ihnen würden in egoistischer und einseitiger Weise alle Lasten
aufgebürdet, und das deuische keinen Fortschritt zu rerzeichnen.
Volk habe in den letzten 23 Jahren Davon ist doch absolut nicht die
Rede. Bebel's Aeußerungen über das Schulwesen hat der Staatè=
sekretãr des Innern schon widerlegt. des Volkes, das Schulwesen und Richtungen thun,
Wir wollen für die Bildung die Kulturaufgaben noch allen was in den Mitteln des Staats, der Gemeinden
und des Reichs liegt. Aber die Schullasten fallen doch wesentlich
den Gemeinden alles Mögliche Marine halten ausgaben. Das
für die heranwachsende Jugend.
entwicklung ist
zu, die dafür in den letzten Jahriebnten geihan haben. Die Ausgabe für Heer und meine Freunde gewissermaßen auch für Kultur. Heer ist elne Schule im besten Sinne des Wortes Für unsere gesunde Weiter diese Schule von der allergrößten Bedeutung. Die
Opfer dafür werden auch für die Kulturentwidllung des deutschen
Volkes gebracht, abgesehen davon, daß der , des landes gegen den Feind selbst eine Kulturaufgabe ist. Daß
Vater ⸗ die Lasten
der Kriegeverwaltung in erfter Linie von den Arbeitern getragen
werden, 5 Herr Bebel dech eist bemeisen.
teuern. Sind denn nur die Arbeiter die Konsumenten des Volkes? Mindestens die Arbeitgeber. Nach der Berufsftatistik —
indirekten
Sie verweisen auf die
Hälfte der Konfumenten sind bene denken Sie nur an die
selbständigen Landwirthe und selbständigen Besitzer in Gewerbe Handel und Verkehr — haben wir 27 Millionen Arbeitgeber Daß
die nichts konsumieren sollten,
Von den 400
mindestens die Hälfte au ie sagen doch, Wer bejahlt denn die 47 Millionen Stempelsteuer? Doc
steuer? Sie brauchen
werden Sie dech selbst nicht glauben. Piillionen, die wir sur Jöle ausgeben, entfällt
die Arbeitgeber. Wer trägt die Jucker. der arme Mann kann keinen Zucker e.
nicht die Arbeiter? Wer trägt die 113 Millionen Branntweinftener Die will ich zum großen Theil Ihnen gers opfern, aber etwas davon
entfãllt doch auf bahneinnahmen?
den Mittelstand. Wer trägt die Post⸗ und Gisen · Die indirekten Steuern fallen wohl auf die Konsa⸗
Neinung aus S
Leuten, die
sollten Sie doch us allein von den
ch
doch auf die
zt werden. haben selbft oft gesagt, daß Arkeirgeber die direkten Steuern als Geschãftsunkosten auf die Arbeiter abwälen, Auch die Arbeiterlöhne machen ja nach Ihrer einen wesentlichen Theil der Kosten der Kon sumtion artikel
Sie müßten also, um die Konsumnten zu entlaften, die Löbne nicht steigern wollen. Mit solchen Schlagwörten soll man nicht kemmen. Die 2. der Arbeiter bat sich kedertend gebessert. Danach sollten Sie urtheilen und nicht nach der Berechnung. daß so und soviel indirekte Steuern pro Kapf zu zablen sind. Des sind Berechnungen die mit dem praktischen Leben nichts zu thun haben. ztten Sie bei der vorjäbrigen Erhöhung der Beam tenbesoldungen je Beamten gefragt, ob sie die Last der indirekten Steuern los sein und dafũr auf die Gehaltserböbhung verzichten wollten, so hätten sie sicher lieber die indirelte Belastung behalten. Sie syrechen immer von den indirekten Abgaben des Reichs. Sind denn die Lasten sür Staat, die Gemeinden und die Kirche nicht auch zffentliche Lasten? Wer trägt. penn die Gemeindeꝛuschläge? Diese Lasten sind viel ase als die indirekten Steuern. Sie können die Bebauptung also n cht aufrecht erhalten, daß der . Theil der öffenllichen Lasten auf indirektem Gebiet von den Arbeitern getragen wird; das Gegentheil ist der Fall. Es wundert mich, daß Herr Richter sich die Anschauungen Bebel's zu eigen gemacht hat; er fragt: was würden die Kommerzien. Näthe sagen, wenn sie 25 0 / Cinkommen⸗ steuer mehr zahlen sollten. Unsere e. hat sich im Abgeordneten haufe nie gegen direkte Steuererhöhungen mit Selbsteinschãtzun gewehrt. Sind die Wohlhabenden so oppositionell gegen Steuer- erhöhungen gewesen? Ich habe früher nicht Kirchensteuern bezahlt, in Charlottenburg muß ich 190 tragen. Ja den Kreisen werden bis zu 40 0½ο Krelssteuern erhoben; ohne Besinnung muß das bezahlt werden. Bet der Landesvoertheidigung handelt es sich auch um die Vertbeidigung der Arbeiter, und wir sind bereit, dafür Opfer zu bringen. dert Bebe fhrach von einer wirthschaftlichen Krisis; allerdings kommt, nach dem Aufschwunge ein Niedergang; aber ob die Krisis so nahe bevorsteht, bezweifle ich. Daß beim Niedergange die Produktion ein- geschrankt wird und die Arbeiter auf die Straße geworfen werden, ist nicht wahr, das sind alte doktrinäre Anichaunngen früherer Zeiten. Daß der Richschlag auf die Arbeiterklafsen abgewälzt wird, können Sie nicht bewelfen. An Stelle der Kleinindustrie ist die Gre ßindustrie getreten, an Stelle der Einzelwirtbschaft die Gesellschaftsproduktion, Fenossenschaften und Aktiengesellschaften; diese beschränken nicht beim Rückschlage ihre Produktion, sondern die Kapitalisten verzichten auf ihte Renie, beschäftigen die Arbeiter weiter und man bestrebt sich, an den Generalkosten zu ersparen, und sogar mehr aber billiger zu produzleren. Und diese Koften tragen die Arbeitgeber, nicht die Arbeiter. Die Steinkoblenproduktien ift von 48 Millionen Tonnen im Jahre Iss3 auf 79 Millionen und die Zahl der Arbeiter von 207 000 auf zö3 o0 gesticgen. Sind diele Arbeiter auf die Straße gewerfen? Dder hat man aus ihrem Fell Riemen geschnitten? Keineßwegs. Einen Schaden baben böchstens die Kapitalisten gehabt, deren Dividende sich verringert hat. Es sind auch nicht die großen Millionãre, welche daran theilnehmen, sondern Hunderttausende und Millionen von industriellen Werlben sind vielfach in den Händen recht kleiner Kapitalisten, die sich mit 2 bis 3 0 Dividende begnügen müssen statt mit 3 bis 5 o(9. Der Bauer ist oft schlimmer daran als der Arbeiter. Mir hat ein Nachbar mehr als einmal gesagt: Ich beneide meine Arbeiter. Der Bauer muß um 4 Uhr Morgens aufstehen und im Stall die Pferde füttern und sonstige Arkeiten verrichten, und er weiß nicht, ob seine Aibeit lohnend fein wird. Der Arbeiter steckt am Schlusse der Weche schmunzelnd seinen Lohn ein. Herr Bebel sagte: ohne die deutschen Arbeiter kein Handel und keine Industrie. Das klingt sebr schön, zber ebenfo währ ift: ohne Handel und Induftrie guch kein wohl situierter Arbeiterstand. Sorgen Sie alfo dafür, daß die Wurzeln unferer Kraft nicht abgegraben werden, daß Handel und Industrie und auch Landwirtbschaft gedeihen. Man muß nicht einseitig die Arbeit des Arbeiters aberschätzen. In vielen Fällen hängt Rente und Ertrag nicht ab von der Handarbeit, sondern von der Intelligenz, Geschicklichkeit und sachkundigen Leitung des Aibeit⸗ bers. Ünd sollte die Flottenvermebrung zu stande kommen, 9 würde sie nicht nur ter Industrie zu gute kommen, sondern zum weitaus grökten Theile der arbeitenden Klasse. Ich wende mich zu dem Abg. Richter, der gestern doch sachlich nicht so frisch gewesen sst in seinen Angriffen wie sonst, und vielfach Aeußerungen wiederholt hat, die er schon in seinen früheren Etatsreden fast mit denselben Worten gethan hat. Auf seine Erörterungen über die Zuckersteuer saffe ich mich nicht ein; er hat nicht ein Sterbenswörtchen mehr gesagt. als im vorigen Jabre, daß der Konfum sich heben würde, wenn die Steuer a nt wurde ze. Ich brauche es nicht noch einmal zu wider · legen. Er sprach von einem Fiasko der Herren von der Rechten und meiner politischen Freunde beim Börfen⸗ und Zucker steuergesetz Mit dem vielverschrienen Börsengesetz sind doch die Landwirthe ganz zu⸗ frieden. Es ist keineswegs notorisch', daß unsere Preisentwickelung egen das Ausland zurückgeblieben ist. Der Weizenpreig hat sich vom ge bis zum Oktober in St. Petersburg um 36, ln Mannheim um 3900, n Köln um 38 3 gehoben, in Antwerpen um 37 00, in Liveipool um 3906/9. Nur Danzig ist dahinter zurückgeblieben; da waren aber schon im Juni infolge der starken Ausfuhr relativ bohe Preise. Die Landwirthschaft kann also mit der Preisentwickelung sanz zufrieden sein und hat mit ihrem eigenen 3 be⸗ züglich der Börse durchaus nicht Fiat ko gemacht. Einzelne Börsen⸗ barone hätten ja bei der Weltbörse gerne tüchtige Provisionen ver⸗ dient und in Berlin die Gimpel gefangen durch übertrieben hohe Preise. Aber die Landwirthschatt hätte davon keinen Vortheil gehabt, denn ein Rückschlag wäre nicht . Ich gebe es zu, es ist traurig, daß wir in Berlin keine soliden Getreide⸗ märkte haben, daß die Landwirthe gezwungen sind, weil der Handels⸗ stand versagt, selbst die Preise notieren zu müssen. Wenn die Zwischenhändier zwischen Großhändlern und Konsumenten ihre Preise nicht veröffentlichen wollen, so mag ihnen das überlassen bleiben. Glauben Sie denn, daß die Berliner Getreidehändler zur Freude der Ronsumenten Getreide einführen? (Zuruf rechts. Es ist keine zu. nehmende Einfuhr vorbanden ) Jede Einfuhr beweist, daß sie lohnend ist. Die Sozialdemokraten haben die Schädigung durch den Terminhandel noch schlimmer geschildert als wir. Jetzt sprechen sie auch von Fiasko. Sie wollten den Terminhandel nicht verbieten, weil dadurch das Getreide vertheuert wird. Zuruf, der Sozialdemo kraten: Das Getreide ist ja vertheuert!) Paß die Steigerun sich ö in den Arbeitslöhnen ö. machen wird, ist selbstoer⸗
9 beiter abge
ändlich. Die Ärbeiterfrage ist heute eine große Kalamität für die mn g af. Man fagt: gebt höhere Löhne! Die landwirthschaftlichen Arbeiter verdienen vielfach mehr als die städtischen. Ich weise nur auf die niedrigen Löhne in der Konfekltlonsindustrie hin. Warum müssen die Märchen in die Schneiderwerkstätte gehen? nur um sich Abends herumzutreiben. Sie wollen heute Alle Schweine fle sch essen, aber eine Schweinemagd ist kaum noch aufzutreiben. Wenn das Korn gedroschen wird, dann sind Arbeiter vorhanden, aber zu eiten, wo das Korn auf dem Felde verfault, wenn, man keine
aschinen verwenden kann, dann fehlt es an Arbeitern. Vom Stocken der Sozialreform sst gesprochen. Wir wollen eine gesunde WeiterentwickluZng der Sozialreform: das beweist der Antrag von yl. Aber Graf Posadowsky hat allerdings auch vollkommen recht. ie Arbeiterversicherungsgesetze sind keineswegs o abgeklärt, daß sie jezt mit Äussicht auf Erjolg vorgelegt werden könnten. Die Herren Sozialdemokraten würden den in der vorigen Session berathenen Ge⸗ setzen nicht zustimmen. Es ist also ganz gut, daß die Sache erst noch in die anderen . gebt, namentlich an die Berufs. genossenschaften, heren Mltarbeit wir nicht entbehren können. Hern von Kardorff hat viele Dinge ausgesprochen, in denen wir mit m übereinstimmen. So zum Beispie! in 2 auf die Polen⸗ stage. Auch ich halte die Reichstagetribüne nicht ür den geeigneten
t, über einzeistaatliche Vorgänge zu urtheilen, daß das ver⸗
fassungs mäßige Recht mit Füßen dach anderg gefaltet, wenn . Sprache gebracht sind. Eine Gegenrechnung würde zu Ungun der Polen ausfallen. jug auf die Doppelwährung meinte err a — a. n,, nur 3 windend sei. ie Soldproduktion ebr erheblich in jedem Jahre, sodaß der Goldumlauf sich fortwährend vermehrt. bedeutet es = über, daß 900 Millionen Menschen zur Silberwährung halten? Die 300 Millionen, die in China und Indien wohnen, haben an der Kon- kurren; mit unserer Landwirthschaft nur ein minimales Interesse. Ich wende mich nun jzum Ctat, der durchaus keinen Anlaß zur abfãlligen Kritik giebt. Ueber die Finanzreform werden wir bei dem Schulden⸗ tilgungsgesetze sprechen koͤnnen. Die gegenwärtige Wirtblschaft ist keine gesunde, daß wir im Reiche Schulden machen und den Einzelstaaten Geschenke geben. Das Durchschlagende wird immer sein, daß die Einzel staaten gesichert werden gegen zu hohe Anforderungen des Reichs. Daß da⸗ durch der Partikularismug gefördert wird, glaube ich nicht; denn wenn das Reich nur dadurch jusammengehalten würde daß die Einzelstaaten Matrikularbeiträͤge zahlen, so wäre es sehr schle t um daeselbe kestellt. Daß der Etat zu sparsam und bescheiden in Bezug auf die Kulturgufgaben aufgestellt sei, lann ich nicht behaupten. Es 1. mehr Mute] eingeftellt:; für die Hochseefisck rei, fär die iefseeferschung, für die Pariser Weltausstellung, für die Un- fall ftatistik z. Auch im Stat der Heeres verwaltung finde ich keine Bescheidenheit. Die Verbesserung der Verpflegung der Soldaten entspricht einer . des Hauses. Die Kofst der Soldaten soll etwas rerbessert werden durch Vermehrung des Fettes. Es wird von den Pbystologen behauptet, daß allein der Zucker Kraft erzeugt, während andere Stoffe erst im Körper in Zucker umgesetzt werden, ehe sie sich in Muskelkraft umsetzen. Es müßte überhaupt der Zucker mehr zum Volke nahrungsmittel gemacht weren. Das fann am sersten geschehen durch die Gewöhnung der Soldaten an den Zuckergenuß. Die Kriegsverwaltung fordert neue Fahrrãder, mehr Ausgaben für die Luftschifferabtbeilung, für die Reserveverpfle⸗ gung 2c. Aufgefallen ist mir die Mebrausgabe für zu erneuernde Tornister und Patronentaschen; es müßte darüber eine genaue Aue kunft gegeben werden, wo denn die zu beseitigenden Bestände bleiben sellten. Auf die Einzelkragen will ich nicht eingehen, ich überlasse das der Kommission. Die Reichs. Eisenbahnen haben einen reichlichen Mehr⸗ sberschuß von 14 Millionen eingestellt. Es haben sich so viel Uebel⸗ stände auf den Gebieten des Ge rn wcfenl ergeben; ob nicht von seiten des Reichs Eisenbabnamts etwas geschehen kann zur Be⸗ ruhigung des Publikums durch eine straffere Kontrole auch über die preußischen Staatsbahnen? Es wird datei die Frage erörtert werden müfsen, ob nicht die Neuorganisation in Bezug auf den Betrieb mehr eschadet als genützt kat. Ueber die Zuckersteuer will ich keine aue een, Rede kalten, sondern nur fragen, ob es nicht möglich ist, unsere Intereffen in Nord. Amerika besser zu vertreten. Entsprechend der gewährten Prämie wird der ausländische Zucker in Amerika besonderg besteuert. Die deutsche Prämie kommt dabei nur zum Ausdruck, die französische und belgische indirekte Prämie aber nicht, sondern nur die direkte. Die Reichsregierung sollte dahin drängen, daß auch die indirekten Prämien berüͤcksichtigt werden, daß die teutsche Prämie auch richtig berechnet wird; denn neben der Prämie baben wir die Betriebssteuer, die von der Prämie in Abzug gebracht werden müßte; dadurch wũrde die Prämie von 250 M auf 2M ermäßigt werden. Das jetzige Ver⸗ fahren wird schließlich dahin führen, daß Deutschland gar keinen Zucker mehr nach Amerika ausführen kann. Wenn die Prämien abgeschafft werden könnten, fo würden wir damit einverstanden sein und ich habe nichts dagegen, daß neben Amerika auch England als Hecht im Karpfenteiche hinzuläme. Unsere Reichsregierung sellte auch die Hand bieten, daß wir für die nächsten 5 Jahre ju einer einiger⸗ maßen vernünstigen Handelsvertragsbeziebung zu Nord · Amerika kon men. Die Amerikaner erkennen ja nicht einmal an, daß der Vertrag von 1828 für das ganze Reich gilt, weil er nur von Preußen abgeschlossen sei. Bizüglich den Wirthschaftlichen Ausschusses wäre es ganz gewiß erwünscht gewesen, möglichst alle Klassen des Volkes zu bören, wenn er ein Volkeswir:ihschaftsrath sein sollte; bisher handelt es sich aber nur um die Informationen, um die Beschaffung der Statistik. Was dabei herauskommt, dafür übernebmen die ver bündcten Regierungen die Verantwortung. Wir brauchen keinen Vor- wurf gegen den volkswirthschaftlichen Ausschuß zu erbeben, wir können urs nur freuen, daß Landwirthschaft und Industrie zusammen⸗ arbeiten. Daß Agrarier in den Ausschuß gekommen sind, kann ich nicht bedauern.
eten wird. Die Dinge haben im preußischen ö en
Es ist ganz gut, wenn die schroffsten Gegner sich mit einander aussprechen. Der letzte Etat, über den ich sprechen will, ist der Pest· Etat, der einen gewaltigen Fortschritt gegen früher enthält, indem er eine Menge Beamten etatsmaßig anstellt, so namentlich Assistenten und Ünterbeamten. Wenn so viel von den Postieformen gesprochen wird, so sind wir wobl alle der Meinung, daß diese Rrformen dem allgemeinen Wunsche entsprächen. Die Telegrapben. und Telephonanlagen sollte man im Interesse des Mittelftandes recht stark ausdebnen. Das ist ein kleines Mittel zur Debung des Mittelstandes und der Landwirtbschaft. Den ländlichen Distriften sollte die Woblthat des telephonischen Berkebrs besonders zugeführt werden. Auf die Frage der Marine brauche ich nicht einzu⸗ gehen. Daß die Zollkuriosa möglichst beseitigt werden, bat der Fteichztag verlangt. Das Palliativmittel, daz der Schatzsekretär vor. geschlagen, kann vielleicht dessere Zustände schaffen. Ich hoffe, daß der Schatzsekretär den Wünschen nach übersichtlicherer Gestaltung des Etats entgegenkommen wird.
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Ich möchte zunächst auf die Anfrage, die gestern an mich gerichtet ist, eine Erklärung abgeben.
Der Herr Abg. Richter hat gefragt, wie es mit den Verhand- lungen mit England, wie es mit den Verhandlungen mit Amerika stände. Wir haben im Ressort des Herrn Reichskanzlers die Grund ⸗ lagen für diese Verhandlungen festgestellt; jetzt ist mit der Weiter⸗ führung der Arbeit lediglich das Auswärtige Amt beschäftigt, und die Sache befindet sich in einem Stadium, welches es nicht gestattet, zur Zeit dem hohen Hause eine weitere Mittheilung zu machen.
Der Herr Abg. Richter ist demnächst auf den Wirthschaftlichen Ausschuß zu sprechen gekommen. Ich bitte doch bei der Kritik dieser Scköpfung nicht zu vergessen, daß der Wirthschaft⸗ liche Ausschuß etwas Anderes darstellt, als der Volkswirth⸗ schaftsrath. Der Volkswirthschaftsrath war eine große Versammlung, vorzugsweise bestimmt zur Begutachtung der Arbeiterschutzgesetze; der Wirthschaftliche Autschuß soll ein engeres geschäfte führendes Gre⸗ mium von Sachverständigen sein, welches der Regierung an die Hand geht bei der Vorbereitung handele volitischer Maßnahmen, dem entsprechend auch beim eventuellen Abschluß von Handelsvertrãgen. Wern ein solcher Ausschuß wirklich arbeiten soll, so konnten wir ihn nicht so groß bilden, wie den früheren Zollbeirath, der schließlich nichts war als ein Wahlkörper, aus dem eine kleinere Kommission gebildet wurde, die dann wirklich Hand in Hand mit der Reicht verwaltung positive Arbeit geleisttt hat. Es ist selbstverständlich, daß eine Versammlung, die sich aus dreißig Mitgliedern zusammensetzt, nicht das unendlich mannigfaltige Er ⸗ werbeleben Deutschlands darstellen kann; wir glaubten aber trotzdem eine kleinere Körperschaft bilden zu sollen: einerseits, weil sie nur sach ; verständig allgemeine Grundsätze festlegen, einen allgemeinen Arbeits · plan entwerfen sollte, und ferner weil ausdrücklich vorbehalten ist, daß für alle Spezialfragen seitens des Wirthschaftlichen Aus schusses Sachverständige zu kooptieren und zu hören sind. Also auch allen den Wünschen, die seitens einzelner Industrien geltend gemacht sind, welche
tim Autschuß keine besondere ( ung haben, und ebenso den
Wanschen des Handwerls wird durch Anhsrn- berbortaender, gut informierter Sachverstãndiger völlig genug gethan werd. 3. Meine Herren, der Herr Reichskanzler hat geglaubt, mi der Bildung des Wirtbhschaftlichen Ausschusses Dank und nicht Tadel ver⸗ dient zu haben. Ich meine, eine Regierung kann nicht lovaler ver fahren, wenn sie vor wichtigen handelepolitischen Maßnahmen steht, die zum theil erst in ziemlich ferner Zukunft liegen, als bervorragende Sachverständige aus dem ganzen Lande zu berufen und mit diesen zunächst einmal alle wichtigen Fragen technisch durchzuarbeiten.
Der Herr Abg. Richter bat gesagt: ja, was thun die Herren eigentlich im Wirthschaftlichen Ausschuß? Die Frage hat mich über- rascht und ich möchte deshalb mit Ihrer Genehmigung ein kurzes Bild geben, welche Aufgaben dem Wirthschaftlichen Ausschuß eigentlich zufallen.
Will man sich darüber klar sein, welche wirthschaftliche Schwer kraft die einzelne Position eines Zolltarifs in sich birgt, so muß man meines Erachtens vor allen Dingen wissen: wie groß ist die deutsche Produktion in dem Artikel, wie groß sind die Herstellungskosten, wieviel von der Gesammtproduktion wird in Deutschland selbst verbraucht, welche Quote dieser Produktion ist gejwungen, den Anslandsmarkt auf zusuchen, inwieweit konkurriert gegenüber der eigenen Produktion des Artikels eine fremde Produktion, wie hoch müssen eventuell die Zölle festgesetzt werden, um die heimische Produktion zu schũtzen, und welche Zölle können wir im Auslande ertragen, um noch die Aussicht zu baben, daß wir den Ueberschuß der eigenen Produktion ausführen urd im Auslande absetzen können? Die erste Aufgabe des Wirthschaftlichen Ausschusses ist es deshalb, den Versuch zu machen, eine möglichst umfassende Produktionsstatistik aufzustellen. Dazu müssen für die tausende verschiedenen Zweige der Industrie, ebenso wie für die Landwirthschaft, Fragebogen aufgestellt werden, die selbft⸗ verständlich für jeden einzelnen Erwerbs zweig durchaus verschieden sind. Diese Fragebogen müssen zur Begutachtung an Sach⸗ verständige versandt werden, es muß festgestellt werden: auf welchem Wege bekommt man am besten eine wahrheitsliebende Antwort auf diese Fragebogen, an wen sind diese Fragebogen ju verschicken? Das umfangreiche Material ist demnächst von den verschiedenen Sach⸗ verstãndigen, die sich innerbalb des Wirthschaftlichen Ausschusses in Fachkommissionen getheilt und wiederum weitere Sachverstãndige kooptiert haben, zu sichten, zu ordnen und zu begutachten. Ich glaube, ich brauche nicht auszuführen, daß das eine Arbeit von Jahren ist; der Umfang der Arbeit ist jetzt schon ein so großer, daß im Reichs amt des Innern bierfür ein ganzes handelspolitisches Bureau eingerichtet werden mußte und daß die betreffenden Kommissionen des Wirth⸗ schaftlichen Ausschusses selbst ganz außerordentlich in Anspruch ge⸗ nommen sind. Wir haben jetzt schon eingehende Verhandlungen, bei⸗ spielsweise nur darüber geführt: wie ist der Fragebogen für die Textil industrie und andere Industrien aufzustellen? — Verhandlungen der allerschwierigsten, zolltechnischen und technisch industriellen Art.
Wenn wir so wenigstens den Anfang gemacht haben für eine deutsche Produktionsstatistik, so folgt der zweite Theil der Arbeit des Ausschusses, die Aufstellung eines neuen Zolltarifs. Wie ich das erste Mal in diesem hohen Hause auf die Nothwendigkeit hinwies, einen neuen Zolltarif aufzustellen, hat diese meine Aeußerung zu meinem lebhaften Bedauern in der Presse vielfach Mißverständnisse hervor gerufen; man hat sich aber doch schließlich überzeugt, daß die Auf ⸗ stellung eines neuen Zolltarifs die unbedingte Vorbedingung ist für den Abschluß neuer Handelsverträge (lebhafte Zustimmung rechts), und zwar aus dem einfachen Grunde, weil unser Zolltarif, der in seiner ursprünglichen Gestalt aus dem Jahre 1818 stammt, vollkommen ver ⸗ altet ist (sebr richtig! rechts), wäbrend doch seitdem die Industrie auf technischem und chemischem Gebiete geradezu riesige Fortschritte gemacht hat, während seitdem eine Masse neuer Industrieartikel ent ⸗ standen ist, welche jetzt in großen Massengruppen inbegriffen sind, und bei ibrer Bedeutung im deutschen Wirtbschaftsleben im zukünftigen Zolltarif ausgeschieden und bei den Handels dertrãgen individuell be handelt werden müssen. Darin liegt die Chance, bei neuen Handels verträgen einen günstigen Vertrag abzuschließen, daß wir unseren Tarif mehr spezialisieren; je größer die einzelnen Zollpositionen, je mehr von den verschiedensten Gegenständen sie entbalten, desto größere Konzessionen machen wir unsererseitz, wenn wir für eine solche Position eine Tarifermäßigung nachlassen, während der Gegner, der einen spezialisierteren Tarif hat, selbstverständlich bei Nachlaß einer Position eine volkswirthschaftlich leichter wiegende Kon zession macht. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, die Arbeit der Aufstellung eines neuen Zolltarif ist also eine sehr bedeutende, und wer hieran mitarbeitet, muß nicht nur ein hervorragender Sachverständiger in seiner Branche sein, sondern muß auch die fremden Zolltarife kennen. Diese Arbeit findet in zwei Abschnitten statt; zunächst wird die ganz objektive Arbeit gemacht, ein Schema, ein Gerippe für den neuen Zolltarif aufzustellen, und erst, wenn man sich hierbei über die hundertfältigen Einzelfragen geeinigt hat, können wir daran gehen, die Zollsäͤtze einzusetzen. Der so vorbereitete Entwurf eines Zolltarifs wird danach Gegenstand der Verhandlungen der verbündeten Regierungen sein und später eventuell dem hohen Hause vorgelegt werden. Daß aber die Zeit des Wirth⸗ schaftlichen Ausschusses außerordentlich stark in Anspruch genommen sein wird, werden Sie sich klar machen, wenn Sie daran denken, wie viele Handelsvertrãge im Jahre 1904 gleichzeitig ablaufen. Daß die Berathung des Zolltarifs den Bundetzrath Jabr und Tag in Anspruch nehmen wird und ebenso lange den Reichstag, daß wir aber neue Handelsvertrãge nicht einleiten können, so lange wir nicht den neuen Zolltarif haben, ist selbstverständlich.
Ich glaube also damit die Frage: Was hat eigentlich der Wirth⸗ schaftliche Ausschuß ju thun? — ziemlich reichlich beantwortet zu haben. (Sehr richtig! rechts.) Es ist ein sebr großes Pensum, welches ein bobes Maß von Interesse für die vaterländische Industrie, von Sachkenntniß und von Hingebung für seine erfolgreiche Bewältigung von den Mitgliedern des Ausschusses erfordert. (Sehr richtig! rechts.)
ö Gegen den Wirtbschaftlichen Ausschuß ist ferner der Vorwurf erboben, daß nicht die kleine Industrie, nicht Handwerker, nicht Arbeiter darin vertreten seien, und schließlich auch nicht die Konsumenten. Meine Herren, das ist doch klar, wenn es sich um so weitausschauende Fragen des internationalen Verkehrs handelt, zu deren Beantwortung man dadurch befähigt sein muß, daß man auch fremde Produktions ˖ verbältnisse, fremde Zollbedingungen, fremde Zolltarife kennt, wir nur
Männer aus der, Industrie wählen konnten, die als hervorragende