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Doppelzentner
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66.
Stargard... . . — 6 . K p . . kö 12,80 reifenberg i. P. . ; ⸗ — ,. ö . 12,40 J k — Neustettin k J 1240 e 13,20 , 1 ö — . — d J 13,00
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8 9 2 2 2 9 9 2 9 9 9 9 9 9 2 2 9 2 2 9
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Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkausswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt.
1280 1710
1280 15 20
13,60 13 56 15 66 12836
13.20 13,20
1280 13 66 12 86
1700
13,80 12, 70 13,00 13, 090
Noch: Hafer. 13,30 13,40 13,20 13,60 — 13.20 12, 80 13,20 13,60 — 13 66 13,20
— 13,60 13,60
. 160 1420 ö. 1336 1510
13,50 13,50 13,20
13,50 183,60 13,20 13, 20
1350 135 66
14,00
1330 4 60
1330 1390 1400 1240 1426
15, So 1469 14 60 1440 1440 1316 12350 173536 15.26 13 20 12716 12.659 173530 13 56 15 36 11,06 14,566 11,575 15 66 1550 1566 1560 15350 15.50 16. 60 15650 17.75 15,75 15. 06 13 66 15, 656 jd, 10 16,56 16, 56 16 60 145606 1450 14,80 14.50 15.35 1585 14,60 1446 14,50 14 36
13.16 14,569
14.560 14.25 14275 145 14,56 15,56 14,56 14, 46 14,59 15.065 14,96 1426 14. 46 14.66 14 36 1250 17560 13,96 13.66 146559 15,60 15.46 16 46 15,5760 15.760 ö. 6. 2 16,86 15.89 13,00 13 40 13,60 1576 14,966 ö . ö 1350 13.56 1200 1424 1424 15.36 1539
Bemerkungen.
13,30 13,20 13,20 12,80 13, 60
13,43 1280 14,00 13,67 12,80 13,25
& 90. C O σσeὴ
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12380 1275 1250
14.50 15,090 14,88 14,17 13,85 13,75 14090 14,00
1417 13 93 14 50 14.9
* — —
88
D.
1680 1500 13,40 13,40
Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.
. Strich (— in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
Ein liegender
Deutscher Reichstag. 15. Sitzung vom 12. Januar 1898, 2 Uhr.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen
Nummer des Blattes berichtet.
Tagesordnung: Fortsetzung der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, beireffend Aenderungen des Ge— richtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßord⸗ nung, sowie eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Zivilprozeßordnung, und des zugehörigen Einführungs—
gesetz es. Abg. Dr. von Buchka (d. kons.) erklärt, er könne sich der Meinung des Abg. Rintelen, daß es besser ware, sich auf die Verabschiedung der⸗ jenigen Theile der Vorlagen zu beschränken, welche als Von sequenzen der Neuordnung des Zivilrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch gufzufassen seien, nicht anschließen, er sehe vielmehr auch in den materiellen Neue⸗ rungen, welche die verbündeten Regierungen darüber hinaus in Vorschlag brächten, überwiegend billigenswerthe Fortschritte. Die beabsichtigte anderweite Ordnung der Verhältnisse der Rechtskonsulenten sei zu be⸗ grüßen, doch würde eine völlig befriedigende Regelung ohne Cinfüh⸗ rung eines Befähigungsnachwelses nicht zu schaffen sein. Ausführlich läßt Redner sich über die beabsichtigte Einführung des Vortermins ohne Anwaltszwang im Zivilprozeßperfahren aus, die er der Vorzüge der Zelt! und Kostenersparniß wegen im wesentlichen billige. Gegen die Erhöhung der Revisienssumme, eine Angelegenheit, die mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Konsequenzen ganz außer Zu— sammhang stehe, nehme er gleich den Vorrednern vom Tage zuvor eine ablehnende⸗Stellung ein. Das Bürgerliche Gesetzbuch werde alsbald nach seinem Inkrafttreten eine Fülle von Kontropersen hervor- rufen, deren Schlichtung und zwar baldigste Schlichtung im Interesse der Rechtseinheit wie der Parteien dringend erwünscht wäre, die Crhöhung der Revisionssumme und die damit gegebene Kompetenz, einschränkung des Reichsgerichts würde in dieser Beziehung höchst nachtheilig wirken. Er befürwortet, die Vorlagen an die bestehende Kommission für den Entwurf, betreffend die freiwillige Gerichtsbar⸗ keit, zu Üüberweisen. ö ; . Abg. Haase (Soz.) wendet sich zunächst gegen die Vorschrist der Vorlage, wonach sämmtliche Anwaltsvollmachten hinfort beglaubigt sein müssen; diese Vorschrift werde lediglich die schon ohnehin theure Rechtspflege noch weiter vertheuern. Die Rechtskonsulenten würden für die ihnen zugedachte Regelung“ nur dann dankbar sein, wenn diese Regelung nicht zu politifchen Maßregelungen benutzt werde. Die im Interesse der Miether vorgeschlagenen Abänderungen der Vorschriften über die nicht pfändbaren Sachen gingen lange nicht weit genug; die Hauseigenthümer hätten es danach immer noch in der Hand, den Miether erbarmungslos um seine ganze wirthschaftliche Existenz zu bringen, wenn der Miether nicht zufällig einem Richter gegenüberstehe, dessen freies Er⸗ messen ihm günstig sei. Das Verzeichniß der nicht pfändbaren Sachen müsse zedenfalls viel genauer speziftziert werden; sei es doch vorgekommen, daß künstliche Gliedmaßen gepfändet worden seien. Auch liege jetzt die Entscheidung darüber, was gepfändet werden dürfe, effektiv in den Händen des Gläubigers, denn der Gerichtsvollzieher sei nur ein. Beauftragter desselben und könne sich als solcher auch nicht eines völlig ungetrübten Blickes erfreuen. Alle diejenigen, welche für die Heiligkeit der Ehe ein⸗ träten, müßten dafür sein, daß man den Weg einschlage, den die amerikanische Gesetzgebung durch Sicherung der Heimstätte gegangen sei Auf diesem Gebiete müßten auch die Laien zur Rechtsprechung heran— gezogen werden; denn die org er , seien der Veränderung der wirthschaftlichen Anschauungen und Verhältnisse nicht so gefolgt, daß sie dem Volksbewußtsein entsprechend urtheilten. Wie bei den ge⸗ werblichen Schiedegerichten, sollte man Laien auch bei den Zivil⸗ gerichten heranziehen, um die neuen wirthschaftlichen Anschauungen auch in der Rechtsprechung zur Geltung zu bringen. Abg. Trim born (Zentr): Ich würde es bedauert haben, wenn die verbündeten Regierungen sich nur beschränkt hätten auf die Re—⸗ vision der Bestimmungen, die mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch im 1 stehen. Ich wünsche dringend, daß die Reform der ivilprozeßordnung in großem Stile, die man jetzt aufgeschoben hat, recht bald kommen möge. Aber daß dabei der Parteibetrieb durchgeführt wird, daß die Sporteln sehr erheblich ermäßigt werden würden, das . ich nicht. Beim Vorhandensein eines tüchtigen Richter, und
nwaltstandes läßt es sich übrigens auch mit der gegenwärtigen Zivil- prozeßordnung ganz gut auskommen. Die Kostenfestsetzung sollte man Len Richtern abnehmen und den Gerichtsschreibern überlassen. Bedenklich ist die Art und Weise, wie das Rechtskonsulententhum efördert und anerkannt wird zum Schaden des Anmaltsstandes.
ichter und Staatsanwalte haben ein Interesse daran, daß der ihnen gleichstehende Anwaltsstand in seinem Anseben erhalten bleibt. Be⸗ denklich ist es, daß der Beklagte beim Vortermin ohne Anwalt er—
langen, den Anwalt des Beklagten baldigst kennen zu lernen. Eine Enflastung des Reichsgerichts ist nothwendig, weil Handel und Ver⸗ kehr in Deutschland auch auf dem Lande überall zunimmt, während eine Ausdehnung des Reichsgerichts durch Vermehrung der Senate nicht gut möglich ist. Aber bezüglich der Heraufsctzung der Repisions summe schließe ich mich allen Vorrednern an. Denn die meisten Streitig keiten des Mittelstandes in Stadt und Land bewegen sich unter er Grenze von 3000 S. Man wird auf andere Mistel zur Entlastung des Reichsgerichts sinnen müssen. Taß dem Richter die Befugniß eingeräumt wird, für die Räumung einer Wohnung eine angemessene Frist zu stellen, entspricht dem französischen Recht; die Richter sollten von dleser Befugniß mit Besonnenheit Gebrauch machen. Bezüglich der Zwangsvollstreckung sind manche Anregungen des Abg. Haase durchaus beachtenswerth. Besonders könnte der Kreis der unpsäud⸗ baren Gegenstände leicht noch erweitert werden. Die Vorlage ist kein prachtvoller Neubau, sondern nur ein Reparaturbau, dazu bestimmt, die Rechtseinheit unseres Vaterlandes erneut zu befestigen. Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberding: Meine Herren! Die Frage der Entlastung des Reichsgerichts ist von dem Herrn Vorredner in seiner lebendigen Weise so eindrucksvoll behandelt worden und sie hat außerdem in den Ausführungen fast aller Redner, die zu diesem Gegenstand gesprochen haben, eine solche Rolle gespielt, daß ich um die Erlaubniß bitten muß, zu dieser Frage, die ich bei meinen Eingangsworten nur ganz flüchtig berührt habe, noch einige Worte zu sagen. Ich halte mich dazu um so mehr sür verpflichtet, als der Herr Abg. von Cuny gestern den Motiven der Vorlage den Vorwurf machte, daß sie gerade in diesem Punkt am Mangel der wünschenswerthen Vollständigkeit litten, und als wir aus den Reden der Herren, die gestern gesprochen haben, den Eindruck empfingen, daß sie die große Tragweite, die diese Frage für die ganze Entwickelung des Reichsgerichts, für seine Aufgabe und seine Autorität und damit für die Zukunft und die Autorität des eben von uns geschaffenen neuen Rechtes behauptet, nicht in dem Maße wie ich glaube, daß es nothwendig ist, gewürdigt haben. Meine Herren, ich glaube, Sie können sich ohne weiteres denken, daß die Reiche ⸗Justizverwaltung einen Antrag, der auf die Beschränkung der Kompetenz des Reichsgerichts gerichtet ist, nur mit widerwilligem Herzen unterstützt. Die Reichs ⸗Justizverwaltung würde an sich darauf angewiesen sein — das liegt ja in' dem von ihm zu vertretenden Reichsgedanken und ist unmittelbar mit der Existenz dieses Amtes gegeben —, die Thätigkeit und die Zu⸗ ständigkeit des höchsten Gerichtehofes im Interesse der Wahrung unseres deutschen Rechts möglichst zu erweitern und zu fördern. Wenn dessen ungeachtet nunmehr aus voller Ueberzeugung auch von meiner Seite die Nothwendigkeit einer Entlastang des Reichsgerichts, und zwar durch Einschränkung seiner Kompetenz nach den von dem Entwurf bezeichneten Richtungen, befürwortet wird, so müssen doch sehr ernsthafte Gründe in der gegenwärtigen und in der kommenden Situation vorliegen, die dazu dringenden Anlaß bieten. Nun, meine Herren, wie ist die Situation! Gestatten Sie mir, daß ich sie Ihnen darlege; sie ist von keinem der Herren Vorredner näher erwähnt worden, und ich glaube für die Würdigung der Nothwendigkeit einer Abhilfe und der Mittel, die zur Abhilfe dienen können, ist es wichtig, die Verhältnisse, wie sie liegen und vor allem auch wie sie sich in allernächster Zeit entwickeln werden, doch auch vollauf zu kennen. Meine Herren, das Reichsgericht arbeitet in Zivilsachen mit 6 Senaten und mit rund 50 Richtern; mit diesem großen Apparat ist es jetzt an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Die Richter sind überlastet, kaum noch im stande, nur mit äußerster Anstrengung ihrer Kräfte im stande, die Zeit zu gewinnen, um neben ihrer amtlichen Thätigkeit den wissenschaftichen Studien sich zu widmen, die nöthig sind, um die Stelle eines Reichsrichters mit Würde und Erfolg zu bekleiden. Die Senate leiden an einem Uebermaß von Sachen, das allmählich den Eindruck der Verschleppung aynehmen muß. Unter einander stehen die Senate nur in einem lockeren Verbande; sie haben keine Zeit, mit einander Fühlung zu suchen in Meinungsperschiedenheiten, und wenn sie diese Fühlung suchen wollten auf dem Wege, den das Gesetz angiebt, auf dem Wege der Plenaiversammlungen,
geworden. Denn das hat auch der geehrte Herr Vorredner angedeutet: Entscheidungen diffizilster Art in einem Kollegium von fünfzig Mit⸗ gliedern laufen Gefahr, Zufallsentscheidungen zu werden, und vor nichts mehr hat sich das Reichsgericht zu schützen, als vor dieser Gefahr.
Meine Herren, Zahlen beweisen die Unhaltbarkeit der Zustände, die ich eben in Worten angedeutet habe. Ich gebe Ihnen einige Zahlen zur Illustrierung der thatsächlichen Verhältnisse aus der Zeit der Entwickelung seit 1890. Die Entwickelung, die die Dinge seit 1890 genommen haben, ist nicht etwa neu, sie zeigt sich als die Fortsetzung einer allmählich steigenden Zahlenreihe, deren Steigen in der Natur der Verhältnisse, in unserem steigenden Verkehr, in dem wachsenden Wohlstand, in der Vermehrung der Bevölkerung begründet ist. Ich wähle diese Jahre seit 1890 nur deshalb, um kurze und prägnante, möglichst mit der Gegenwart in Verbindung stehende Ziffern zu haben. Meine Herren, für die Thätigkeit des Reichsgerichts ist nicht ohne Interesse die Zahl derjenigen Sachen, die am Schluß jeden Jahres unerledigt zurückbleiben. Je mehr diese Zahl wächst, desto mehr zeigt es sich, daß das Reichsgericht nicht mehr das ihm zu⸗ fließende Prozeßmaterial vollständig zu erledigen vermag; je mehr sie wächst, desto mehr zeigt sich auch, daß das Interesse der Recht suchenden Parteien unter der Verlangsamung der Ent⸗ scheidungen leidet. Im Jahre 1890 betrug die Zahl derjenigen Sachen, die am Schluß des Jahres nicht zur Erledigung gekommen waren, bei den sechs Zivilsenaten 62; im Jahre 1897 betrug die gleiche Zahl 1110, d. h. ein Plus von 548, d. h. eine Vermehrung von ungefähr 100 0½ an Rückständen, die ganz regelmäßig angewachsen sind, sodaß man annehmen kann: hier walten keine Zufällig⸗ keiten, hier sind nicht vorübergehende Momente mit im Spiel, sondern das ist der Lauf der natürlichen Entwickelung, die weiter diesen Weg gehen wird.
Ein zweites Moment, um die Thätigkeit des Reichsgerichts richtig zu würdigen, bietet die Zahl derjenigen Sachen, welche von ihrem Eingang bis zu ihrer ersten Verhandlung vor dem Gerichts⸗ hof eine verhältnißmäßig lange Zeit in Anspruch nehmen. Nun, wir sind dahin gekommen, daß wir damit rechnen müssen, daß eine ziemlich große Zahl von Sachen erst nach Verlauf von secht Monaten seit ihrem Eingang zur ersten Verhandlung gelangt und bis dahin ruht. Während im Jahre 1891 dieses Schicksal nur zwei Sachen hatten, ist diese Zahl allmählich in folgender Weise gestiegen: 1891 zwei Sachen, 1892 auch zwei Sachen, dann 37 Sachen, dann 110 Sachen, dann 219 Sachen, zuletzt 222 Sachen, in diesem Jahre also eine Steigerung um das Hundertfache. Und, meine Herren, wir haben keine Aussicht, daß sich dieser Uebelstand vermindern wird, im Gegentheil, wir haben mit einer weiteren Entwickelung in der angegebenen ungesunden Richtung zu rechnen. 260 Sachen, meine Herren, jährlich, welche sechs Monate mindestens warten müssen, bis sie zur ersten Verhandlung vor dem Gericht gelangen. Auch die Belastung der Richter ist nach dieser Richtung ein charakteristisches Symptom, aus dem sich die Zu⸗ stände ziemlich zutreffend beurtheilen lassen. Während 1890 der einzelne Richter im Zivilsenat im Jahre an Urtheilen und Be⸗ schwerden 56 Sachen zu erledigen hatte, ist diese Zahl bis zum Jahre 1896 auf 72 gestiegen, d. h. mit anderen Worten, die Belastung des Richters im Jahre 1896 ist um 25 o6οäo höher als sechs Jahre vorher. Beiläufig gesagt, meine Herren, wenn ein Richter in unserm Reichsgericht 77 Sachen im Jahre erledigen muß, so beläuft sich die Zahl derjenigen Sachen, die ein Mitglied des französischen Kassationshofes im Jahre zu erledigen hat, noch nicht auf 20, d. h. also noch nicht auf den dritten Theil. Sie werden es verstehen, daß unter diesen Umständen im Reichsgerichte selbst aus der Erkenntniß der Unhaltbarkeit solcher Zustände das dringende Bedürfniß nach einer Aenderung der Verhältnisse sich geltend macht. In der That hat der Präsident des Reichsgerichts wiederholt aus eigener Initiative uns gegenüber die Erklärung abgegeben: die Zu—
scheinen kann; denn der Kläger und dessen Anwalt haben das Ver—
dann sagt sich jeder, der Weg ist für uns eigentlich schon unpraktikabel
stände, die sich entwickelt haben, sind auf die Dauer nicht zu halten,
irgend einer Richtung muß eine Abhilfe geschaffen werden. Denn es iückt allerdings die Gefahr der Verflachung der Urtheile, die Gefahr der Verschleppung der Sachen bei den Senaten, die Gefahr der dissentierenden Ansichten unter den Senaten unter diesen Umständen mit jedem Jahre näher und droht die Autorität des Gerichtshofs und das Ansehen unseres Rechts im Inlande und im Auslande schwer zu schädigen.
Das aber, meine Herren, sind die Zustände, wie sie bestehen auf Grund des geltenden Rechts. Wie wird es in Zukunft werden, wenn das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft tritt? Auf diese spätere Zeit sind ja unsere Vorschläge gerichtet. Die Revistiion der Zwil⸗ prozeßordnung soll ja dasjenige Recht schaffen, unter dem das neue materielle Recht zur Anwendung kommt. Meine Herren, da haben wir zu bedenken, daß mit dem Jahre 1900 unter den Jurisdiktiong⸗ bereich des Reichsgerichts neu hinzutreten die Bepölkerung von Bayern, weil das oberste Landesgericht dort für das Bürgerliche Gesetzbuch wegfällt, die Bevölkerung Sachsens, weil das sächsische Recht zur Zeit nicht revisibel ist, und auch die Bevölkerung einiger anderen kleineren Landestheile, in denen ebenfalls nicht repisibles Necht zur Zeit noch gilt. Mit diesem Zuwachs der Bevölkerung nimmt der Bevölkerungs— kreis, für den das Reichsgericht Recht zu sprechen hat, um rund zehn Millionen Menschen zu, und da gegenwärtig 43 bis 44 Millionen unter der Jurisdiktion des Reichsgerichts stehen, so heißt das: nur vermöge dieses Bevölkerungszuwachses, der 1900 neu unter das Reicht— gericht tritt, wächst die Zahl der Geschäfte des Reichsgerichts um 25 00. Das, meine Herren, ist es ja aber nicht allein; zu dleser Ver⸗ mehrung tritt neu noch dasjenige an Wirkungen hinzu, was das neue bürgerliche Recht mit sich bringen wird. Nan habe ich zwar in Zeitungen von der Hoffnung gelesen, daß mit dem neuen bürgerlichen Recht die Zahl der Revisionen sichtlich abnehmen werde, denn das Bürgerliche Gesetzbuch sei so klar geschrieben und es schaffe überhaupt einheitliches Recht für ganz Deutschland; der Anlaß, Revisionen an das Reiche⸗ gericht einzulegen, werde unter diesem einheitlichen und klaren Recht sich ganz erheblich vermindern. Meine Herren, ich glaube, jeder von Ihnen hier im Hause wird anerkennen, daß das eine naive An— schauung ist. Jeder Sachverständige ist sich darüber klar, daß mit dieser Einführung des neuen Rechts eine ganze Menge Streitfragen, die durch Judikatur und Literatur gegenüber dem alten Recht, dem preußischen Landrecht, dem frauzösischen Recht, dem gemeinen R cht erledigt waren, von neuem auftauchen werden und von neuem ihren Weg suchen werden biz zum Reichsgericht hin. Darüber kann kein Zweifel sein, darüber ist sich das Reichs—« gericht selbst auch vollständig klar. Die Vermehrung der Geschäfte, die daraus erwächst, dürfen Sie nicht gering anschlagen. Nun, meine Herren, wenn wir nur in einer einigermaßen befriedigen den Weise in der gegenwärtigen Geschäftsnoth dem Reichsgericht zu Hilfe kommen wollten, dann würden wir jetzt bereits mindestens einen neuen Senat zu den sechs Zivilsenaten hinzufügen müssen. Wenn aber, wie ich es Ihnen dargelegt habe, mit dem Zuwachs der Bevölkerung, die neu unter das Reichsgericht tritt, die Geschäfte des Reichsgerichts ohne weiteres um 25 0½ wachsen, so heißt das, daß nahezu zwei neue Senate wieder nöthig werden, um den Zuwachs zu decken, und wenn wir endlich bedenken, daß das neue Recht vermehrte Streitig keiten an das Reichsgericht heranbringen wird, so heißt das, daß mit diesen drei neuen Senaten das Bedürfniß noch nicht befriedigt sein wird. Dann würden wir also zu den sechs Zivilsenaten, die wir jetzt haben, noch drei oder vier neue haben: neun bis zehn Zwwilsenate, dazu vier Strafsenate, macht im Ganzen 14 Senate im Reichsgericht. Dann, meine Herren, ist vollauf der Zustand erreicht, von dem bereits die Motive der Zivilprozeßordnung bei der Diskussion dieser Frage sagten: eine Erweiterung des Reichsgerichts bis etwa auf die Zahl von 100 Richtern, ist selbstverständlich ein Ding der Unmöglichkeit. Diese Zustände, wie wir sie jetzt vor uns sich entwickeln sehen und wie sie sich sicherlich entwickeln werden, wenn Sie uns nicht helfen hier Ein— halt zu thun, werden diese Unmöglichkeit zu Tage bringen.
Meine Herren, wir haben uns frühzeitig die Frage vorgelegt, wie zu helfen sei; denn wir bei der Reichs Justizverwaltung sind doch in erster Reihe dafür verantwortlich, daß das kostbare Gut, das wir im Reichsgericht besitzen, das wir ia dem gemeinsamen bürgerlichen Rechte hinzubekommen, auch intakt erhalten werde. Ich habe mich mit dem Herrn Präͤsidenten des Reichsgerichts in Verbindung gesetzt und ihn ersucht, unter Zuziehung der geeigneten Elemente aus dem Reichsgericht ein Gutachten über die einschlagenden Fragen abzugeben, namentlich auch darüber, wie weit man dort die Besorgniß theilt, die unsererseits gehegt wurde und welche Mittel zur Abhilfe der Ge—⸗ schäftsnoth anzuwenden sein würden. Der Herr Präsident des Reichsgerichts hat die Präsidenten der Zivilsenate und die erfahrensten Richter aus den Zipilsenaten zusammen— berufen und ohne unsere Zujiehung mit diesen unabhängigen Richtern die Sache erörtert. Das einstimmige Urtheil dieses gewiß sachkundigen Kollegiums ist dahin gegangen: Die Zustände, wie sie gegenwärtig beim Reichegericht bestehen, erscheinen schon jetzt nahezu unhaltbar und werden, wenn nicht im Wege der Gesetzgebung eine Abhilfe eintritt, mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch vollends un⸗ haltbar werden. Das einzige Mittel einer wirksamen Abhilfe ist nur im Wege einer Entlastung des Reichsgerichts zu erblicken. Einstimmig ging die Meinung dahin, daß daz zweckmäßigste Mittel der Abhilfe in einer Erhöhung der Revisionssumme liege.
Meine Herren, wenn da Reichsgericht, welches das größte Interesse hat, auf die Erhaltung seiner Autorität zu sehen, wenn die Reichs⸗ Justizverwaltung, die junächst die Verantwortung für die ruhige, ge—= deihliche Entwickelung des höchsten deutschen Gerichtshofes trägt, in dieser Weise auf Grund — wie ich sagen zu därfen glaube — durchaus objektiver Prüfung zu demselben Resultat kommen, dann, glaube ich, darf doch der Vorschlag, den wir Ihnen gemacht haben, namentlich wenn er von den verbündeten Regierungen nach sorgfältigster Er—⸗ örterung und auch nicht ohne Bedenken gutgeheißen worden ist, nicht so leichthin abgethan werden, wie es nach meinen Eindrücken von einem Theile der Herren, die gestern gesprochen haben, geschehen ist. Ich erkenne dabei vollständig an, meine Herren, daß das Mittel, das wir Ihnen vorschlagen, ein unerwünschtes ist, und gebe zu, daß man sich nur unter dem äußersten Druck der Verhaͤltnisse zu dem vor⸗ tzeschlagenen Wege entschließen kann. Aber wir und auch das Reichsgericht haben nach erschöpfender Prüfung kein anderes Mittel gefunden, das geeignet wäre, die erforderliche Abhilfe zu bringen. Wir sind durchaus bereit, auf andere Wege einzugehen, wenn sie praktikabel, wenn sie wirksam sind; aber was nach dieser
nung nicht aus,. Höchstens in den Gebanken, die der letzte Herr Redner angedeutet hat, die er, wle ich ihn verstanden habe, nicht ein⸗ mal zu den seinen gemacht hat, kann ich vielleicht einen Weg finden, der zu einer Verständigung geeignet ist — aber auch er setzt voraus, daß eine Erhöhung der Revisionssumme eintritt. Sie mögen sagen, was Sie wollen, meine Herren, Sie mögen die Augen gegen die vorliegenden Gefahren schließen: diese werden immer näher kommen; wenn sie nicht gleich kommen, werden sie doch sehr bald kommen, und dieses Haus, das das einheitliche Gesetzbuch beschlossen hat, würde dann später die Verantwortung tragen, wenn das Mittel der Hilfe später kommt, als es im Interesse unseres Rechtes wünschenswerth wäre. (Bravo! rechts.)
. Meine Herren, ich habe keinen anderen Wunsch, als Ihnen in diesem Augenblicke die große Verantwortlichkeit, die nach dieser Richtung Ihre Beschlußfassung mit sich bringt, vor Augen zu führen. Wenn bei Ihren Berathungen die Verhältnisse, die ich die Ehre hatte, Ihnen darzulegen, die Würdigung finden, die sie verdienen, — ich bin überzeugt, dann werden wir auch zu einer Verständigung gelangen.
Abg. Lenzmann (fr. Volksp.): Es freut mich, daß die sämmt⸗ lichen Redner darin übereinstimmen, daß die Zioilprozeßordnung nichts taugt. Das haben wir praktischen Juristen bereits nach wenigen Jahren erfahren. Der rheinische Jurist sehnt fich nach dem code, der preußtsche Jurist nach der allen preußischen Gerichtsordnung— Man sollte einfach die Zivilprozeßordnung aufheben. Die Vorlage enthält nur eine sehr geringe Abschlagszahlung auf das dringend nothwendige große Reformwerk, welches wir allerdings bis zur FYeltung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht fertigsteßen können. Aber einige der hervorgetretenen Uebelstände können schon jetzt beseitigt werden. Es sind manche ganz lobenswerthe Aen— derungen in der Vorlage enthalten; aber es sind auch einige, die auf das schaͤrfste zu tadeln sind, namentlich die Hineintragung fiskalischen Interesses bei der Vorschrift über die Vollmacht der Anwaste und bezüglich der Erhöhung der Revisionssumme. Es findet sich auch eine gewiss Animosität gegen den Anwaltstand in der Vorlage. Der Anwaltstand, die Richter und die Staatsanwalte gehören alle drei, zu einer richtigen Rechtsprechung. Man hätte bei dieser Gelegenheit die Frage der Ungebührvorschriften regeln sollen, die jetzt vielfach von den Richtein falsch angewendet werden. Daß gegen die Erhöhung der Repisionssumme eine Abneigung bei allen Parteien vorhanden ist, hat mich gefreut. Hoffentlich bleiben die Parteien der Rechten bei dem stehen, was ihre Redner ausgeführt haben. Wenn die verbündeten Regierungen auch nur schweren Herzens die Erhöhung der Revisionsfumme zur Entlastung des Reichsgerichts vor— geschlagen haben, so trägt die Schuld an dem Uebelftand doch haupt. sächlich die Reichs⸗Finamwerwaltung; denn es wäre kein Malheur, wenn wirklich im Reichsgericht die Plenarversammlung ein kleines Parlament werden würde, wenn die Zabl der Richter vermehrt wird. Die bisherige Revisionssumme von 1500 M ist auch willkürlich gegriffen, aber wir haben sie einmal, und wie die Erhöhung wirken wird, wissen wir nicht. 1500 und 2000 oder 2500 M find fü kleinere und mittlere Leute bereits ein Kapital. Warum soll bei einer Ver— mehrung der Senate des Reichsgerichts die Einheitlichkeit der Recht⸗ sprechung gefährdet sein? Eine viel größere Gefährdung liegt darin, daß bei allen Streitobsekten unter 3600 6 das höchste Gericht gar⸗ nicht angerufen werden kann. Meine Idee wäre, eine mit wenigen Rie tern besetzte Instanz über dem Reichsgericht zu schaffen, welches Rechtsfragen, losgelöst von dem besonderen Fall, nicht für die Parteien, sondern der Wissenschaft wegen entscheidet. Die Erschwerung der Revision ist besenders bedenklich in einer Zeit, wo wir ganz neues materielles Recht schaffen. Der Reichstag sollte einmüthig den Versuch, auf diesem Gebiete zu sparen, zurückwelsen. Ich bin auch der Meinung, daß man die Parteien mit dem Anwalt verschonen sollte, so lange es geht; aber ganz beseitigen kann man die Anwaltschaft nicht, wenn man nicht die Mündlichkeit des Verfahrens beseitigen will. In dem Vortermin ist der Beklagte, der ohne Anwalt erscheint, dem Einfluß des Richters und des klägerischen Anwalts ausgesetzt und giebt vielleicht unnöthigerweise sein gutes Recht preis. Höchstens sollte man den Einzelrichter ermächtigen, Kontumazialurtheile zu fällen und die Sachen eist an das Landgericht abzugeben, wenn es wirklich zum Prozeß kommt. Ich bin nicht ein Gegner der Regelung der Rechtsverhältniffe der Konsulenten, aber ich muß Verwahrung einlegen gegen Angriffe, die gegen die Rechtsanwälte gerichtet sind. Bie Rechtskonsukenten sollen un⸗ abhängig von den Richtern gestellt werden; das ist gut, aber daß ihre Zulassung in die Hand der Bebörde gelegt wird, ist bedenklich; denn da würden fortschrittliche und sozlaldemokratische Konsulenten sicherlich nicht zugelassen werden. Vie Zulassungsbedingungen müffen gesetzlich festgelegt werden. Die Konzesslonierung einer Rechts kon sulentenschaft ist ein schlimmerer Schlag gegen die Rechtsanwalte als der Assessoren⸗ Paragraph; die Anwalte werden dadurch zu Kollegen der Rechts⸗ lonsulenten degradiert. Wo Anwalte an einem Gerichtsorte nicht bor— handen sind, da sind Konsulenten als Nothbehelf am Platze.
Staatssekretär des Reichs⸗Justizamts Dr. Nieberding:
Meine Herren! Unter manchen nach meiner Meinung anfecht. baren Ausführungen des Herrn Vorredners befindet sich eine, die derart ist, daß ich doch nicht versäumen möchte, ihr sofort zu wider sprechen. Der Herr Vorredner hat der Meinung Ausdruck gegeben, als seien bei der Ausarbeitung unseres auf die Entlastung des Reichs⸗ gerichtes gerichteten Vorschlages fiskalische Motive im Spiele gewesen, als habe, wie er sich ausdrückte, der preußische Finanz⸗Minister dabei die Hand im Spiele gehabt; ja, er hat uns direkt vorgeworfen, daß der Vorschlag gemacht sei, um zu sparen.
Meine Herren, ich kann erklären, daß auch nicht der mindeste thatsächliche Anhalt vorhanden ist, um eine solche Behauptung zu begründen. Ich kenne den Gang dieser Frage von ihrem ersten Ur⸗ sprung durch alle Phasen der Entwickelung hindurch bis zu dem heutigen Tage und kann positiv versichern, daß nie, bei keiner Gelegen⸗ heit, mit irgend einer Person oder mit irgend einer Stelle der preußischen oder der Reichs⸗Finanzverwaltung über diese Frage ge⸗ sprochen worden ist, daß weder bei uns im Reichs- Justizamt bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags noch später bei dessen Die kusston in Preußen oder im Bundesrath irgendwie die Frage der finanziellen Wirkung zu Tage getreten ist. Niemand hat an diese Seite der Sache gedacht. Mir selbst ist der Gedanke, daß eine selche Idee aufkommen könnte, vollständig fremd gewesen, bis ich vor ein paar Tagen in einer angesehenen Zeitung las, daß man den Verdacht fiskalischer Motive habe. Meine Herren, ich muß gestehen, ich habe mich gewundert, daß ein großes Blatt auf diesen Gedanken hat hinein⸗ fallen können, und ich begreife nicht, wie der so sachkundige Herr Lenzmann diesem Gedanken folgen kann; er braucht doch nur zu er— wägen, daß wir ja zunächst, indem wir die Revision beschränken, eine ganze Anjahl von Sachen dem Reichsgericht fernhalten und damit die Einnahmen des Reichsgerichtß an Gebühren und Kosten in sehr erheblichem Maße einschränken werden. Wenn man das mit in Betracht zieht, dann würde nach meiner Meinung eine etwaige Ersparniß durch Beschränkung der Richter⸗ kräfte — wenn überhaupt von einer Ersparniß die Rede sein könnte
Richtung hin bis jetzt hier gesagt worden ist, reicht nach meiner Mei⸗
— als so minimal sich erweisen, daß es für jeden auf der Hand liegen würde: es kann hier kein fiskalisches Interesse mitgespielt haben.
Meine Herren, ch ; de die Entwickelung des Reichsgerichts durch Vorschläͤge fiskalischer A unterbinden oder einschränken wolle, um damit einen kleinen finanziellen
einer Politik hergeben, die den Gedanken verfolgte, die Zukunft und Wirksamkeit des Reichsgerichts von 50 000 oder 66 000 6 mehr oder weniger abhängig zu machen — um größere Beträge könnte es sich in keinem Falle handeln. — Ich kann nur wiederholt erklären, daß der Gedanke eines fiskalischen Vortheils den verbündeten Regierungen in allen Instanzen ferngelegen hat.
Darauf wird die Berathung vertagt.
Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 2 Uhr. (Antrag des Abg. Prinzen von Arenberg (Zentr.), betreffend die lex Heinze.)
Preusischer Landtag. Herrenhaus.
2. Sitzung vom 12. Januar 1898. Ueber den Beginn der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Zur Berathun elangt der Ant des Ratibor und i, ; nnn n,,
Die Regierung zu ersuchen, unverzüglich dem Landtage einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die erforderlichen Mittel bereit gestellt werden, um, zur möglichsten Verhütun künftiger Dochwasser kata strophen, die dauernde Verbesserung der n gäflußverhältnisse einzelner besonders gefährlicher Privatfläße der Provinzen Schlesten und Brandenburg durch Regulierung der Fluß⸗= läufe, Freilegung der. Hochwasserabflußprofile, Zurückhaltung von . und Geschieben in den Quellgebieten und dergleichen
l ten.
Graf von Pfeil⸗Hausdorf beantragt, hinter dem Wort Quellgebieten einzuschalten: „forstliche Anschonung ent⸗ . Höhen, sowie Verhütung weiterer schädlicher Eni⸗
ngen.“
Herzog von Ratibor: Uns Allen steht noch das schreckliche Unglück in Schlesien im vorigen Sommer vor Augen. Die ewährten staa t ichen und privaten Mittel reichen aus, die Beschädigten im Nahrungs. und Besitzstande zu erhalten und das Jerstörte wieder- herꝛustessen, aber die Gewährung solcher Mittel wirkt fehr leicht demoralisierend, und deshalb muß vor allem vorbeugend gewirkt wer⸗ den, ramit solchet Unglück nicht wieder hereinbrechen kann, und zwar sofort. Die Regierung hat die ernste Absicht, zu helfen, aber in der Thronrede ind vorläufig nur Ererterungen Über die Frage angekündigt worden. Ich zweifle nicht, daß diesen Erörterungen Thaten folgen wer⸗ den, aber ich möchte durch den Antrag diese Aktion beschleunigen. Eine ahnliche Vorlage, wie ich sie jetzt wünsche, scheiterte 18389 an der Ned elung der Unterhaltungepflicht. Jetzt aber hat sich der Probinzial⸗ Ausschuß einstimmig bereit erklärt, für die Uebernahme der Ünter— haltungtkosten zu sorgen, und der Provinzial⸗Landtag, dessen Vor⸗ sitzender ich bin, wird eine solche Vorlage sicherlich mit großer Mehr⸗ heit oder einstimmig annehmen. Wir beschäftigen unt nicht mit uferlosen Plänen, sondern erstreben ein fest begrenztes Ziel; wir wünschen daß ahnlichen Katastrophen vorgebeugt wird; wenn auch nicht für alle Zeit die Hochwassergefahr beseitigt werden kann, so kann sie doch auf ein Minimum herabgemindert werden. Wir wollen, daß alles, was in menschlichen Kräften steht, sofort geschieht, um die gefährdeten Gegenden vor ähnlichen Katastrophen zu bewahren. Darum Hzitte ich Sie, den Antrag möglichst einstimmig anzunehmen.
Ober Bürgermeister Büchtemann (Görlitz): Die Nothwendig⸗ keit der Regulierung der schlesischen Gebirgesfluͤsse hat die Regierung 1889 anerkannt, sie wollte damals aber erst die Unterhaltungspflicht, für welche sie die Kreise in Aussicht nahm, regeln und dann erst an die Regulierung der Flüsse herantreten. Eg ergab sich, daß die Kreise kaum die Unterhaltungspflicht übernehmen konnten“ Seltdem sind acht Jahre vergangen, und die schlesischen Gebirgsflüsse sind noch schlechter geworden und noch mehr berschlemmt. Pen letzte Hochwasser tand hat alles Frühere in Schatten gestellt. Vie Lausitzer Neisse ist bei Görlitz um 1,75 m höher gestiegen, als man bisher den ganzen Hochwasserstand kannte. Die Interessenten meinen, die Flußregulierung sei nicht mehr abzuweisen. Die Re⸗ gulierung der Flußläufe in Schlesien soll ungefähr 30 Millionen kosten, und dazu kommen noch 10 bis 12 Millsonen für die Re⸗ gulierung der unteren Flußläufe in der Provinz Brandenburg, welche der oberen Regulierung vorangehen muß. 40 Millonen können nicht bon den Interessenten aufgebracht werden; die Kreise und auch die Provinz sind dazu nicht in der Lage. Der Staat muß hier helfend eintreten; wenn auch nach den Verhältnissen der Leistungs fähigkeit die Interessenten, die Kreise und die Pro⸗ vinz einen Theil der Summe übernehmen können, so muß doch die Sauptsumme vom Staate getragen werden. Das Prinzip, erst die Unterhaltungepflicht zu regeln, ist nicht mehr durchzuführen. Es muß zunächst eine erstmallge Regulierung der gesammlen Flußläufe statt⸗ sinden; dann wird auch der Provinzial. Landtag die Unterhaltungepflicht übernehmen. Deshalb muß dir Regierung im Landtage einen Gesetzentwurf ü ber die erstmalige Regulierung einbringen, noch bevor die technischen Vorarbeiten ganz vollendet sind, denn diese werden sich noch lange hinziehen. Der Landtag wird einer solchen Regulierung der Flußläufe und Regelung der Unterhaltungspflicht sicher zustimmen; es muß in dieser Sache in der That ein schnelleres Tempo ein⸗ geschlagen werden.
ß für Land virthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ Meine Herren! In der vorliegenden Angelegenheit sind zunächst und hauptsächlich drei Ressorts betheiligt: der Finanz ⸗Minister, welcher, wenn gründliche Abhilfe für die Zukunft gewährt werden soll, erhebliche Mittel zur Verfügung zu stellen hat, der landwirth⸗ schaftliche Minister, weil es sich in der Hauptsache um die Regu⸗ lierung von Privatflüssen, nicht schiffbaren Flüssen, handelt, und der Arbeits⸗Minister, weil die Regulierung dieser Privatflüsse von weit. tragender Einwirkung auf die schiffbare Oder ist, die dem Arbeits. Minister untersteht. Ich weise besonders darauf hin, daß nicht bloß die Frage einer sehr eingehenden Prüfung be⸗ darf, wie die finanztellen Mittel und in welchem Umfange dieselben herbeigeschafft werden sollen, und wie die Regulierung der in Frage stehenden Privatflässe ausgeführt werden soll; sondern es bedarf auch der eingehendsten, sorgsamen Prüfung, ob denn die Oder, welche als der Schlußrecipient für die schneller abgeführten Gewässer aus dem Gebirge dienen muß, in ihrer gegenwärtigen Ver⸗ fassung im stande ist, das ihr verstärkt bezw. rascher zugeführte Hochwasser abzuführen. Daß alle diese Fragen einer sorgfältigen technischen Prüfung und Untersuchung bedürfen, liegt klar zu Tage.
Meine Herren, die Thronrede sagt, „es seien Erörterungen ein geleitet, welche die Regulierung der in Betracht kommenden Flußlãufe, deren planmäßige Unterhaltung, wie sonstige, eine geregelte Wasser abführung erleichternde Einrichtungen bezweckenV In diesen wenigen Worten ist alles enthalten, wagß geschehen muß.
wenn man der Frage näher treten, wenn man sie zur Entscheidung bringen will. Es ist angedeutet, daß Erörterungen über die Frage eingeleitet seien, wie die erforderlichen Mittel zu beschaffen sind; es
Vorthell zu erzielen, ist ein derartiger, daß ich es unbedingt ablehnen würde, ihn meinerseits zu vertreten. Ich würde mich nie zum Träger