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angedeutet, daß die Unterhaltungspflicht der regulierten Flußläufe m Wege der Gesetzgebung geordnet werden solle; es ist ersichtlich, daß, wenn erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, der Landtag der Monarchie dabei mitwirken muß. Kurzum, es geht aus den kurzen Andeutungen in der Thronrede hervor, daß die König—⸗ liche Staatsregierung gewillt ist, nach den angedeuteten verschiedenen Richtungen umfassend, und zwar so rasch wie möglich, vorzugehen, und es liegt keinerlei Anlaß vor, das Gegentheil anzunehmen.
Ich habe mir die Frage vorgelegt, welchen Zweck der gestellte Antrag hat. Der Herr Antragfteller bezeichnet als Zweck Beschleuni⸗ gung der eingeleiteten Erörterungen. Nach der Fassung des Antrags habe ich annehmen müssen, daß Zweck des Antrags sei: darüber Kenntniß zu erlangen, welche Mittel die Staatsregierung für erforder- lich halte und zur Verfügung zu stellen beabsichtige, um eine erst— malige gründliche Regulierung der in Frage stehenden Flußläufe herbeizuführen. Meines Erachtens geht das auch aus der Begründung des Antrags klar hervor. Aus den Erörterungen des Herrn Bürger⸗ meisters von Görlitz habe ich entnehmen müssen, daß derselbe der Ansicht ist, daß im Jahre 1888 die staatliche, diese Angelegen⸗ heit betreffende Vorlage vom Landtage abgelehnt sei, weil damals nicht volle Klarheit darüber geschaffen sei, in welchem Umfange der Staat die Regulierungskosten zur Verfügung zu stellen bereit ge— wesen sei. Die Frage, in welchem Umfang gegenwärtig er sich an den Kosten der erftmaligen Regulierung zu betheiligen bereit ist, gehört zunächst zum Ressort des Herrn Finanz⸗Ministers, welcher indessen auch eine bestimmte Antwort zur Zeit würde ablehnen müssen, weil eineßtheils die erforderlichen technischen Unterlagen für Ent— scheidung der Frage nech nicht vorliegen, und weil andererseits dem Königlichen Staats-Ministerium die Entscheidung in einer Frage von so weittragender Bedeutung nicht vorzuenthalten ist. Der Herr Finanz⸗Minister läßt sich entschuldigen, daß er an der heutigen Berathung nicht theilnimmt, weil er im anderen Hause den Finanz ⸗Etat vorzulegen und zu begründen hat. Ich möchte indessen annehmen, daß auch der Finanz⸗Minister aus den dargelegten Gründen ebenfalls eine Beantwortung der bezeichneten Frage abgelehnt haben würde, da noch umfangreiche allgemeine technische Untersuchungen erforderlich sind, um einen Ueberblick darüber zu er— langen, welche Mittel die angeregten verschiedenartigen Regu—⸗ lierungsmaßnahmen voraussichtlich beanspruchen und welche dieser Maßnahmen etwa auf Staatekosten auszuführen sei. Zunächst werden sich die betheiligten Ressorts über diese schwierigen Fragen zu verständigen haben, und schließlich wird das Staats, Ministerium zu entscheiden haben, welche Vorlagen es dem Landtag unterbreiten will. Selbst wenn der Herr Finanz ⸗Minister in der heutigen Sitzung hier anwesend gewesen wäre, so würde er Ihnen wahrscheinlich auch nur haben sagen können: die Sache befindet sich in der Erwägung, sie ist noch nicht spruchreif, es ist indessen Absicht, die Entscheidung möglichst zu beschleunigen. Aus den ausgeführten Gründen, meine Herren, bin ich der Meinung, daß der Antrag nicht geboten war, weil die Staatsregierung aus eigenem Antrieb gewillt und verpflichtet ist einzugreifen, wenn öfter bereits wiederkehrend so bedenkliche Kalamitäten hervortreten. Die Königliche Staatsregierung ist daher ernstlich gewillt, thunlichst noch in gegenwärtiger Tagung des Landtages geeignete Vorlagen zur ver— fassungsmäßigen Mitwirkung dem Landtage zu unterbreiten. Die be⸗ theiligten Ressort⸗Minister sind bemüht, die Arbeiten thunlichst zu fördern. Ob aber bei der Schwierigkeit der Angelegenheit an sich, bei dem Zusammenhang der Regulierung der Gebirgsflüsse mit der Oder, dem Hauptrezipienten, bei der Schwierigkeit der Frage der Mittelbeschaffung — darauf gehe ich gleich näher ein — es gelingen wird, die Ange⸗ legenheit nech in diesem Landtage zum Austrag zu bringen, darüber ist heute eine bestimmte Erklärung noch nicht abzugeben. Der Hoff nung gebe ich aber Ausdruck, daß dies gelingen wird, da bei allen betheiligten Faktoren der beste Wille, das Ziel zu erreichen, vorhan—⸗ den ist, sewohl bei der Königlichen Staatsregierung, wie anscheinend auch beim Landtage.
Ich sagte eben, ich würde noch auf einen Gesichts⸗ punkt bezüglich der Finanzierung hinweisen. Meine Herren, wenn in Schlesien auf Staate kosten eine umfangreiche erst⸗ malige Regulierung von Privat⸗ und öffentlichen Wasser⸗ bezw. Flußläufen ausgeführt wird, so wird man sich über die Konsequenzen solchen Vorgehens klar werden müssen. Darüber kann man nicht im Zweifel sein, daß bei gleichen oder ähnlichen Vor⸗ kommnissen in anderen Landestheilen wenigstens die Betheiligten das Gleiche fordern werden. (Sehr richtig) Die Vertreter solcher Landes theile werden zweifellos im Landtage diese Gleichstellung in Anspruch nehmen. (Sehr wahr!) Nun ist in der Staatsregierung darüber, ob solche Forderung berechtigt, ob man eine solche Konsequenz als richtig anerkennen müsse, ein Entschluß nech nicht gefaßt, weil diese Frage in dem Staats. Ministerium noch nicht zur Entscheidung gelangt ist. Es ist denkbar, daß man in der Staatsregierung über diese Frage verschiedener Ansicht sein wird. Ich bin also nicht in der Lage, über diese Frage eine Ansicht kund zu geben. Aus zustimmen— den Bemerkungen einzelner Herren entnehme ich aber, daß dierelben die Frage der Konsequenz bejahen.
Uebernimmt also der Staat die Gesammtkosten oder den größeren Theil der Regulierungekosten in Schlesien, so werden Vertreter anderer Landestheile, wenn gleiche oder ähnliche Fälle dort eintreten, zweifellos und vielleicht mit Recht gleiche Behandlung verlangen; daß aber ähnliche Kalamitäten, wie in Schlesien, auch in anderen Landestheilen der Monarchie sowohl im Höhen. wie im Flachland eintreten können, ist unbestreitbar, ist bereits öfter vorgekommen. Darüber kann gar kein Zweifel bestehen. Auch aus diesem Grunde muß die Staatsregierung mit großer Vorsicht vorgehen.
Meine Herren, sollten Sie den Antrag an eine Kommission ver⸗ weisen, so werden Sie dort von der Staatsregierung kaum mehr er fahren, als was ich mitzutheilen die Ehre hatte.
Ich glaube auch kaum, daß der Herr Finanz⸗Minister, wenn der Hauptzweck des Antrages der sein sollte, darüber Auskunft zu er⸗ langen, wie weit der Staat bei der Aufbringung der Kosten sich zu betheiligen hat, gewillt und in der Lage ist, schen j'tzt in der Kom—⸗ mission eine bindende Eiklärung abzugeben; um so weniger, weil dazu die Zustimmung der Staateregierung erforderlich wäre.
Ich würde mich indessen trotzdem damit einverstanden erklären, daß der Antrag an eine Kommission verwiesen wird, weil in der Kom⸗ mission die Staatsregierung bejw. ihre Vertreter in der Lage sein werden, die Gesichtspuntte klar zu legen, nach denen die Erörterungen und Vorbereitungen, besonders in technischer Beziehung, geführt werden.
Der zum Antrag gestellte Zusatzantrag, bei den letzten Worten einzuschalten: Forstliche Anschonung entwaldeter Höhen zur Ver hütung weiterer schädlicher Entwaldung“, erscheint mir zutreffend und unbedenklich. Meine Herren, wieweit in Schlesien durch Entwaldung Mißstände eingetreten sind, ist Gegenstand eingehender Prüfung. In der Grafschaft Glatz scheinen in dieser Richtung Mißstände vorzu⸗ liegen, während anscheinend im Riesengebirge, wo meist der Wald besitz in der Hand des Großgrundbesitzers ist, vielleicht in der Be⸗ handlung der Wälder Fehler gemacht worden sind, besonders durch zu umfangreichen Kahlhieb in den Höhenlagen; eine bedenkliche Entwaldung ist dort indessen anscheinend nirgend eingetreten. Ich erkläre mich indessen mit dem Zusatzantrag einverstanden.
Also, meine Herren, die Staattzregierung steht dem Antrage insoweit sympathisch gegenüber, als das Herrenhaus damlt zu erkennen geben will, daß diese Frage soweit thunlich zu fördern sei. Ist das lediglich der Zweck des Antrages, so bitte ich, denselben anzunehmen. Sollte indessen es Zweck des Antrages sein, der Staatsregierung bei der Behandlung dieser Frage ein Mißtrauensvotum auszusprechen (lebhafte Rufe: Nein!), etwa in der Richtung, daß die Staats regierung die Angelegenheit anscheinend dilatorisch behandele — was ich indessen aus der Begründung des Antrages durch den Herrn An— tragsteller und aus der bisherigen Diskussion nicht entnommen habe —, dann würde ich bitten, den Antrag abzulehnen, weil zu⸗ treffende Gründe für solche Annahme nicht haben vorgebracht werden können. Glauben Sie, meine Herren, daß Sie durch Verweisung des Antrages in die Kommission schon jetzt bindende Erklärungen der Staatsregierung über die Finanzierung und den Inhalt der Gesetzesvorlage erlangen werden, so erscheint die Ver⸗ weisung in die Kommission erfolglos, da die Sache noch nicht spruchreif ist. Legen Sie aber Werth darauf, durch kom⸗ missarische Verhandlungen Auskunft über die Ziele der Erörterungen besonders nach der technischen Seite hin zu erlangen, so steht der Verweisung des Antrages in die Kommission kein wesentliches Be— denken entgegen. Einstweilen kann ich annehmen, durch die Annahme des Antrages wird eventuell, wenn keine Widerlegung meiner be— züglichen Annahme erfolgt, das hohe Haus der Königlichen Staats regierung keinerlei Vorwurf oder Mißtrauen ausdrücken wollen. (Sehr richtig!)
Graf von Pfeil-Hausdorf schließt sich dem Antrage an, glaubt aber, daß derselbe einer Ergänzung im Sinne seines An⸗ trages bedürfe. Schon in den 80er Jahren habe der schlesische Pro— vinzial Landtag auf diesen Weg hingewiesen. Leider habe die Staats⸗ regierung die Sache auf die lange Bank geschoben, obwohl in Frankreich, der Schweiz und anderen Ländern Gewaltmaßregeln ergriffen worden seien, um der Entwaldung entgegenzutreten. Seien einmal die Höhen kahl geworden, so sei es nahezu unmöglich, schon aus finanziellen Gründen, diese Höhen wieder aufzuforsten, wie das Beispiel Italiens zeige. Die entwaldeten Flächen begünstigten die Ueberschwemmungen, während der Wald das Wasser an sich halte.
Herr von Levetzow bemerkt, daß eine „unverzügliche“ Vor—⸗
legung eines Gesetzentwurfs nicht möglich sci. Die Thronrede habe einen richtigeren Weg vorgesehen. Man habe sich im Wasserausschuß davon überzeugt, daß man in den Mitteln sehr vorsichtig sein müsse. Reguliere man die untere Oder unvorsichtig, so würden andere Landestheile geschädigt. Ehe die technischen Fragen untersucht seien, dürfe man an bestimmte Maßregeln nicht herantreten. Kosten dürfe man nicht scheuen, wie man sie bei Kanalbauten nicht gescheut habe. Vielleicht empfehle sich in Schlesien die Anlegung von Sammelbecken. Eine Provinz dürfe jedenfalls nicht auf Kosten einer anderen be günstigt werden. In seiner, des Redners, Gegend leide man schon seit zehn Jahren. Graf von Pückler-Burghauß: Ich habe mit Regulierungen sehr üble Erfahrungen gemacht; außerdem weiß man nicht, wie groß die Mittel sein sollen. Im Plenum können wir nicht zum Ziele kommen; ich beantrage deshalb, die Anträge einer Kommission zu überweisen.
Freiherr von Manteuffel: Auch ich habe den Antrag unter⸗ schrieben, habe aber Bedenken gegen ihn; ich wollte ihm nur zur Verhandlung verhelfen. Ein Mißtrauen votum wollen wir keinesfalls der Regierung ertheilen. Die Erklärungen des Ministers beseitigen jeden Zweifel, daß die Regierung die Sache nicht dilatorisch behandeln will. Der Antrag darf sich nicht bloß auf Schlesien und Branden burg beziehen. Auch die Provinz Sachsen hat schwer gelitten, nament⸗ lich die Gegend an der Mulde. In der Provinz Brandenburg ist nicht nur die Gegend um Frankfurt, sondern auch um Potsdam schwer heimgesucht worden. Ich empfehle die Ueberweisung der Anträge an eine Kommission von 15 Mitgliedern.
Graf von Mirbach: Auch die Warthe darf nicht unberück⸗ aer n . wie denn die ganze Frage eine einseitige Behandlung aus eßt.
Ober⸗Bürgermeister Bender: Unter den Mitteln zur Abhilfe gegen Wasserschäden spielt eine gute Baupolizei eine große Rolle. Jeder Bau, der in den Fluß eingreift, müßte polizeilich genehmigt werden von einer Instanz, die über den lokalen Behörden steht. Die Dorfgemein en in Schlesien haben in dieser Beziehung nichts zu sagen. Hier wäre eine Neuordnung am Platze.
Das Schlußwort nimmt hierauf
Herzog von Ratibor, um dem Minister für seine entgegen⸗ kommenden Erklärungen zu danken und ihm zu versichern, daß ein Mißtrauensvotum den Antragstellern durchaus ferngelegen habe.
Beide Anträge werden hierauf einer besonderen Kom⸗ mission von 15 Mitgliedern überwiesen, die auf Vorschlag des Freiherrn von Manteuffel sofort gewählt werden.
Schluß 31 Uhr. Nächste Sitzung unbestimmt, voraus⸗ sichtlich Mitte Februar. (Zweite Berathung derselben Anträge.)
Haus der Abgeordneten.
2. Sitzung vom 12. Januar 1898.
. den ersten Theil der Sitzung ist gestern berichtet worden.
Nachdem sich das Haug konstituiert hat, erfolgt die Ent⸗ gegennahme von Vorlagen der Regierung.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Indem ich mir die Ehre gebe, dem hohen Hause die Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres vom 1. April 1894/95, die Uebersicht von den Staatseinnahmen und Ausgaben für das Jahr bvom 1. April 1896/97 und endlich den Gesetzentwurf, betreffend die Feststellong des Staatshaus halts ⸗ Etats für das Jahr vom 1. April 1898/99, auf Grund Allerhöchster Ermächtigung zur verfassungsmäßigen Be⸗ schlußfassung vorzulegen, gestatte ich mir, zur Erläuterung des letzteren einige Vorbemerkungen zu machen. Zum Verständniß des Etats und der einzelnen Positionen in den einzelnen Kapiteln mache ich das hohe Haus darauf aufmerksam, daß nunmehr in diesem Etat rund 1995 Millionen für Aufbesserung der Besoldungen der mittleren und höheren Beamten auf die einzelnen Ressorts vertheilt
sind, daß, wenn Sie also in denselben erhebliche Eihöhungen finden, das nicht für dies Mal. Neubewilllgungen sind, sondern neue Uebertragungen aus dem Etat des Finanz= Ministeriums, in welchem im vorigen Jahre diese Gesammtsumme sich befand.
Ich mache ferner darauf aufmerksam, was namentlich den Etat des Kultus, Ministeriums betrifft, daß zum ersten Mal, entsprechend einem langiährigen Wunsch des hohen Hauses, eine Reihe von Stiftungsfonds, sogenannte Staatsneben. fonds, nunmehr in den Etat selbst eingestellt sind (sehr guth und also der Bewilligung in Einnahme und Auegabe des hohen Hauses unterstellt worden sind. Es hat das noch nicht bei sämmtlichen Staatsnebenfonds geschehen können, weil die höchst schwierigen juristischen und historischen Untersuchungen bezüglich einiger Fonds noch nicht ganz haben zu Ende geführt werden können; sie liegen hauptsächlich in der Hand des Herrn Justiz⸗Ministers. Ez ist da jedesmal festzustellen, — und das ist ja auch die charakte— ristische Unterscheidung dieser Fonds je nach ihrer Ein— stellung in den Etat oder zur bloßen Kenntnißnahme — ob diese betreffenden Fonds juristische Persönlichkelt besitzen. Die⸗ jenigen, welche solche juristische Persönlichkeit besitzen, werden nicht in den Etat eingestellt, weil sie nicht Einnahmen und Ausgaben des St aates geben, also nach Maßgabe der Verfassung der Bewilligung des hohen Hauses nicht unterliegen. Das, was hier noch fehlt, wird beim nächsten Etat nachgeholt werden, und die gesetzliche Ordnung dieser ganzen Frage wird das hohe Haus demnächst finden in dem Gesetz, betreffend Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Staats, dem sogenannten Komptabilitätsgesetz.
Sie werden endlich, meine Herren, die Titel bezüglich der Re⸗ munerationen und Unterstützungen der Beamten geordnet finden nach Maßgabe der Erklärungen, die in dieser Beziehung in der Budget— Kommission und auch im hohen Hause im vorigen Jahre von der Staatsregierung abgegeben worden sind.
Wenn ich nun übergehe zum Staatshaushalt selbst, meine Herren, so will ich generell gleich von vornherein hervorheben, daß der Staatshaushalté⸗Etat balanciert in Einnahme und Ausgabe mit dem Betrage von 2 187527 384 S Im Ordinariam betragen die Ausgaben 2 055 891 380 M, im Extraordinarium 131 636 004 M Gegen das laufende Jahr sind die Einnahmen und Ausß— gaben um nicht weniger als 141 495 999 AM gestiegen, wovon auf das Ordinarium der Ausgaben 100 031 111 S und auf das Extraordinarium 41 464 888 M entfallen. Bei den eigent⸗ lichen Staatsverwaltungsausgaben ist im Ordinarium ein Mehrbedarf von 9 992 667 M½ vorgesehen, während das Extraordinarium bei den eigentlichen Staatsverwaltungen um 14116663 M auf int gesammt 50 320 779 4 gestiegen ist.
Meine Herren, derartige Steigerungen in allen Ressorts haben wohl kaum früher stattgefunden. Aber ich bemerke — ich werde darauf noch zurückkommen, um dem hohen Hause die Grundsätze, nach denen dieser Etat aufgestellt ist, darzulegen —, daß das Extraordinarium doch auch hier den Löwenantheil bekommen hat. Es war schon im vorigen Jahre recht hoch. Es ist jetzt gestiegen, abgesehen von den Betriebsverwaltungen, für die Staatsverwaltungsausgaben auf b0 Millionen Mark rund.
Gestatten Sie mir, meine Herren, hier einen kleinen historischen Rückblick, der für das Verständniß unsrer preußischen Finanzen von Bedeutung ist. Ich beschränke diesen Rückblick absichtlich auf die historische Entwickelung der Staateverwaltungs ausgaben; denn die Einnahmen und Ausgaben bei den Betriebsverwaltungen be— dingen sich bekanntlich gegenseitig. Hohe Einnahmen und hohe Ausgaben geben noch keine hohen Ueberschüsse. Außer⸗ dem sind sie so schwankender Natur, daß daraus keine, wenigstens für den Zweck, den ich hier verfolge, besonderen Schlüsse zu ziehen sind.
Aehnlich ist es mit unserm hiermit im Zusammenhang stehenden Schuldenstand. Ich brauche darauf hier auch nicht näher einzugehen, umsoweniger, als ja bekanntlich zum ganz überwiegenden Theil unsere Staatsschulden lediglich kontrahiert werden für rentable Unterneh⸗ mungen, und sogar bisher die Rente von diesen Unternehmungen bei weitem stärker gestiegen ist als die Zinsen und die Amortisation dieser Schulden.
Ich beschränke mich so auf einige Mittheilungen über die Ent- wickelung unserer Ausgaben bei den Staatsverwaltungen im Ordinarium und Extraordinarium und lege als Vergleichspunkte zu Grunde die Isteinnahmen und Ausgaben im Ordinarium und Extraordinarium vom Jahre 1380 und die etatsmäßigen Ausgaben und Einnahmen, wie sie in dem vorgelegten Etat veranschlagt sind. Ebenso nehme ich als zweiten Ausgangspunkt das Jahr 1890/91. Da stellt sich nun
heraus, daß die Ausgaben für die Staats verwaltungen vom Jahre 1880 ab
von 278 663 000 M auf hol 970 000 M, also um 223 307 000 A gestiegen sind. Von diesem Mehrbetrag entfallen aber auf die Zeit von 189091 bis 1898/99, wo ja der größte Theil dieses hohen Hauses persönlich mitgewirkt bat, allein 141 908 000 .
Allerdings sind in dieser Zeit auch die eigenen Einnahmen der Staate verwaltungen um 36 614 000 M gestiegen, wovon auf die Jahre seit 1890/91 allein 33 683 000 M entfallen. Der Zuschuß der General ˖ Staatskasse zu den allgemeinen Staats verwaltungs ausgaben ist demnach von 1880/81 bis 1898/99 um 186 693 000 4M gestiegen, wovon auf die Zeit von 1890,91 bis 1898/99 108 225 000 4A ent⸗ fallen. Trotzdem also auch entsprechend die eigenen Einnahmen der Staatsverwaltungen infolge einer pfleglichen Verwaltung derselben in dieser Zeit von 19 Jahren um rund 36 Millionen Mark gestiegen sind, so ist doch in dieser ganz bedeutenden Weise die Steigerung des Zuschusses aus der General⸗Staatskasse und zwar vorzugsweise vom Jahre 1890 bis zum Jahre 1899 vorwärts geschritten. Auf die letztere Periode entfallen allein nicht weniger als 8 oo.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
M 10.
— Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗A1nzeiger.
Berlin, Donnerstag, den 13. Janmnar
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Meine Herren, trotz der doch wenigstens allgemein so angesehenen sparsamen Verwaltung hat doch nicht verhindert werden können, daß das Steigen der Ausgaben in stärkerer Progression stattgehabt hat nach 1896, als vor 1890. Meine Herren, diese Thatsachen haben eine höchst erfreuliche, aber auch in manchen Beziehungen zur Vorsicht mahnende Seite. Diese Zahlen enthalten den Beweis für den ge—⸗ waltigen ideellen und materiellen Fortschritt Preußens, den Beweis steigender Beihilfen aus allgemeinen Staatsmitteln zu diesem großen Kulturfortschritt. Später werde ich noch besonders darthun, daß die Hauptverwendung für ideelle Zwecke stattgefunden hat. Andererseits aber allerdings giebt dies starke, ge⸗ waltige Steigen der Ausgaben doch auch zu denken; das wird noch um so mehr der Fall sein, wenn wir nachher auf die einzelnen Gründe kommen, die diese starke Steigerung verursacht haben. Es giebt auch nach der Seite zu denken, die ich hier schon mehrfach, freilich vergeblich, berührt habe, daß in dieser rapiden Steigerung der Ausgaben des Staats für die kulturellen Zvecke materieller und ideeller Natur die Gefahr einer wachsenden Zentralisation unseregß ganjen Staatswesens steckt. Zu welchen Konsequenzen das schließlich führen könnte und wahrscheinlich führen würde, brauche ich dem hohen Hause nicht weiter darzulegen.
Meine Herren, zur Deckung dieser großen Ausgabensteigerung haben die direlten Steuern nichts beigettagen. Denn im Jahre 1880/81 waren die direkten Steuern höher als heute; also von einer starken Ueberlastung der Steuerkräfte des Landes, welche diese Aus—⸗ gaben gedeckt hätten, kann garnicht die Rede sein. Im Jahre 1880‚381 ketrug der gesammte Nettoertrag unserer direkten Sterern 156 268 000 M und im Jahre 1897,98 147 468 000 S½ Im neuen
tat ist allerdings die Steuereinnahme erhöht um 7236 100 M Heute beträgt die direkte Staatsstererlast 5,26 M auf den Kopf der preußischen Bevölkerung — was wohl in keinem anderen großen Kulturstaat der Fall ist. Von selbst ergiebt sich hieraus, daß die Betriebsverwaltungen im wesentlichen die steigenden Ausgaben gedeckt haben. Meine Herren, wenn es vielfach ausgesprochen und auch wirklich gefühlt wird, als wenn unsere Steuern stark ge⸗ stiegen seien, so kommt das wohl daher, weil sie anders vertheilt sind, weil diejenigen, die heute ihrer Leistungsfähigkeit entsprechend mehr bezahlen, sich damit nicht gern zufrieden geben (Zuruf von den Rationalliberalen), wahrend diejenigen, die garnichts zahlen, die ganz befreit sind — lerneuter Zuruf) — ja, Herr von Eynern, das werden Sie doch nicht leugnen (Heiter keit). Das ist ja ein ganz erklärliches menschliches Gefühl; ich tadle das ja garnicht; aber es ist eine Thatsache — während die große Zahl der völlig Befreiten oder weniger Herangezogenen als früher still bleibt.
Nun hat einen Hauptantheil an dieser Ausgabensteigerung gerade das Kultus ⸗Ministerium. Die Einnahmen sind von 1880/81 nur um 1977 000 1 gestiegen. Vielleicht kann man bei der Gelegenkeit einmal in der Sudget · Sommission die Frage prüfen, ob nicht in gewissen Beziehungen die Vergütung für den Unterricht an einigen höchsten Anstalten anders geregelt werden könnte. Die Ausgaben sind aber gestiegen von 57 Millionen — ich werde jetzt nur runde Zahlen nennen auf 146 Millionen, also um 88, fast um 89 Millionen. Hiervon ent— fallen auf die Zeit von 1896ñ91 bis jetzt fast 44 Millionen, also etwa die Hälfte, obwohl es sich nur um 9 Jahre handelt. Wir sind nun allerdings wohl im wesentlichen mit dem starken Steigen des Kultue⸗ Etats nach Abschluß des Lehrerbesoldungsgesetzes zu Ende; aber eine nicht unerhebliche Ausgabe wird uns zweifellos noch werden; das sind etwa 5. Millionen für die Verbesserung der Lage der Geistlichen aller Kon⸗ fessionen. Dies entspricht ja den eigenen Beschlüssen dieses hohen Hauses. Wann das Gesetz noch in diesem Jahre vorgelegt wird, kann ich noch nicht sagen; jedenfalls ist wohl zweifel haft, ob das Gesetz in diesem Jahre noch zur Ausführung würde gelangen können, also noch eine Belastung über den Etat hinaus entstehen würde.
Die Ausgaben der Handels, und Gewerbeverwaltung sind in den letzten 19 Jahren um 8 Millionen Mark gestiegen; auf die Zeit seit 1890/é91 entfällt eine Steigerung um 4 Millionen Mark gleich etwa 100 Prozent.
Die Ausgaben des Landwirthschaftz, Ministeriums sind um 12 718 000 M gestiegen, davon in den letzten 9 Jahren 7 bis 7E Millionen, die Steigerung hat also auch hier in den letzten Jahren eine mehr progressive Tendenz angenommen.
Die Bauverwaltung hatte einen Gesammtausgaben ⸗Etat im Jahre 1880 / 81 von 29 728 000 M und im vorliegenden Etat von 49 451 000 ; das macht also eine Differenz von fast 20 Millionen. Auf die letzten neun Jahre fallen dann allein 15 730 000 6 Der Hauptgrund für die Steigerung ist in den wachsenden Ausgaben für Flußregulierungen aller Art und Wasserbauten zu suchen.
Ich will auf die übrigen Verwaltungen nicht näher eingehen, das würde zu weit führen; Sie werden aber auch dort ganz ähnliche Verhältnisse finden; es ist jede Verwaltung bei der Steigerung des Ausgabebedarfs bedacht worden.
In dem vorliegenden Etat resultieren die Deckungsmittel für diese gewaltig gestiegenen Ausgaben nicht, wie bisher, wesentlich aus der Eisenbahnverwaltung. Während die Eisenbahnverwaltung einen Mehrbetrag an Einnahmen von rund 91 Millionen veranschlagt, steigen doch ihre Ueberschüsse nicht erheblich, nämlich nur um 4161 920 MÆ Das ergiebt sich eben aus den starken Steigerungen der Ausgaben, sowohl im Ordinarium wie im Gxtraordinarium. Im Ordinarium erhöhen sich die Ausgaben der Eisenbahnverwaltung um 59 Millionen und im Extraordinarium um 27 730 000 M Wenn Sle sich nun vergegenwärtigen, durch welche anderen Mittel die Steigerung der Ausgaben gedeckt worden ist, so sind dieselben thellweise von der Beschaffenheit, daß auf ihre Wiederkehr wir zweifellos nicht rechnen
können. In dieser Beniehung verweise ich namentlich auf die Er—⸗
sparung von rund 12 Millionen Mark aus der Konvertierung; sie
wird jetzt in Ausgaben verwandelt, wird also in Zukunft nicht wieder⸗ kommen.
Außerdem, meine Herren, können wir nicht darauf rechnen, daß die Betriebsverwaltungen sämmtlich irgendwie dauernd hier solche Einnahmen liefern werden, wie sie jetzt etatistert werden konnten. Die Forstverwaltung, die Bergwerksverwaltung, alle diese und eine Reihe anderer, kleinerer Verwaltungen liefern mehr Erträge lediglich infolge des Aufschwungs der industriellen Entwickelung auf allen Gebieten, und wir werden uns wohl kaum dessen sicher halten können, daß diese Ueberschüsse in den nächsten Jahren in dieser Höhe uns wieder zufließen werden. Gerade aus diesem Gesichtspunkt, meine Herren, ist noch mehr als in den Vorjahren das Extraordinarium gesteigert worden, und hat man, soweit es überhaupt möglich war, — durch den Zwang der Dinge wird auch der vorsichtigste Finanz- mann häufig weiter gedrängt, als wünschenkwerth ist — die Steige⸗ rung der Ausgaben nicht im Ordinarium eintreten lassen.
Meine Herren, in der Zeit, wo ich die Ehre habe, das Amt des Finanz ⸗Ministers zu bekleiden, sind die Ausgaben im Extraordinarium bon 23 0s0o bis 3 0½ auf 6oeν, der gesammten Staatausgaben ge⸗ wachsen. Ich kann mich nicht erinnern, daß das in Preußen jemals früher der Fall gewesen ist — höchstens in der Zeit, wo wir die französische Kriegskostenentschädigung bekamen.
Das hat mehrere Gründe. Aber der entscheidende Grund ist der, daß wir uns Reserven dadurch verschaffen für zukünftige Zeiten, wo der Einnahmestrom anfängt zurückzugehen. Es ist vollkommen richtig und wird von mir garnicht bestritten, daß ein großer Theil dieser hier etatisierten extraordinären Ausgaben in diesem nächsten Jahre garnicht verbraucht und verwandt werden kann. Dessen bin ich mir vollkommen be— wußt, und, meine Herren, ein großer Theil dieser Ausgaben wird auf die folgenden Jahre übertragen werden. Sollten dann die Einnahmen uns nicht mehr in dem Maße wie heute zufließen, so können wir doch die regelmäßige Ausführung dieser Arbeiten fortführen und haben noch mäßige Mittel, um neue Positionen im Extraordinarium auf⸗ zunehmen.
Das ist für den Staat von der größten Bedeutung. Wie wir überhaupt in unserem ganzen wirthschaftlichen und sozialen Leben dar— nach streben müssen und auch in diesem Streben begriffen sind, Durch⸗ schnittsverhältnisse zu erzielen, diese großen Abstände zwischen Hausse und Baisse, zwischen Ueberproduktion und Mangel an Arbeit, zwischen Ueber⸗ anstrengung und Arbeitslosigkeit thunlichst auszugleichen, — wie dies eine der wesentlichsten sozialen Aufgaben der Gegenwart bildet, so muß der Staat im eigenen Interesse und im Interesse der Allge⸗ meinwirthschaft genau in dieselbe Kerbe hauen. Das thun wir nun aber, wenn wir für das Extraordinarium die reichen Jahre heran. ziehen, um magere Jahre damit zu dotieren. Das ist der Haupt⸗ zweck dieses ganzen Verfahrens, und das hohe Haus hat auch in dieser Beziehung ja schon mehrfach sich zustimmend geäußert, sodaß ich nicht zweifle, daß das auch in diesem Jahre der Fall sein wird.
Meine Herren, unsere Finanzen haben sich ja seit dem Jahre 1894 in einer überraschenden Weise gebessert; darüber ist nicht der geringste Zweifel. Nachdem wir vier Defizitjahre hatten, haben wir zuerst im Jahre 1895.96 einen Ueberschuß gehabt von 60 Millionen Mark. Davon haben 40 Millionen zur Schuldentilgung verwendet werden können; die anderen 20 Millionen sind verwendet für den Dispositions⸗ fonds der Eisenbahnen, der nicht bloß der Eisenbahnverwaltung zur Disposition steht, sondern auch wirklich verwendet wird.
In dem Jahre 1896.97 hatten wir einen Ueberschuß von dot Millionen. Davon sind wieder abzuziehen die bezeichneten 20 Millionen, sodaß eine extraordinäre Schuldentilgung von mehr als 75 Millionen hat stattfinden können. Ich glaube, daß, da den Herren die Uebersicht alsbald zugehen wird, es nicht noth⸗ wendig ist, in specie auf diejenigen Positlonen einzugehen, aus welchen der große Ueberschuß relevlert; ich will nur einige der wichtigsten nennen. Das sind zuerst die Forsten. Sie haben diesmal einen Mehrüberschuß gegen den Etat von 5973 000 4 gebracht; bei dem Erlös aus Verkäufen und Ablösungen ist ein Mehrüberschuß von 435 000 M Bei den direkten Steuern ist ein Mehraufkommen gewesen von 4565 000 Ss, bei den indirekten Steuern ein Mehraufkommen von 7564 000 S, bei den Bergwerken ein Mehraufkommen von 9377 000 M und bei der Eisenbahnverwaltung ein Mehrüberschuß von rund 62513 009 Dann hat aber auch der Antheil, der Preußen aus den Erträgen der Zölle und der Tabacksteuer zugefallen ist, rund 18 Millionen Mark mehr betragen, worauf wir in Zukunft auch mit einiger Sicherheit nicht rechnen können.
Ich will nicht weiter auf die Details eingehen. Es ergiebt sich auch hier wieder, daß im Großen und Ganzen die Betriebsverwaltungen, und keineswegs die Eisenbahnen allein, in hervorragender Weise die Mittel uns gebracht haben, dann aber, daß auch das erste Mal eine erheb⸗ liche Vermehrung der direkten Einkommensteuer stattgefunden hat, und das beweist mir unter anderem, meine Herren, daß unsere Einkommen⸗ steuer doch im Ganzen schon ansängt, nahe an der Wirklichkeit ver⸗ anlagt zu sein; denn mit dem Aufschwunge von Industrie, Handel und Wandel hebt sich entsprechend auch das Einkommen aus der Ein⸗ kommensteuer, sodaß denn auch in diesem Jahre etwa 8 Millionen mehr aus der Einkommensteuer und 400 000 M mehr aus der Er⸗ gänzungssteuer haben etatisiert werden können.
Meine Herren, was nun den wahrscheinlichen Abschluß des lau⸗ fenden Jahres betrifft, also des Jahres 1897/98, so ist er mit Sicher⸗ heit heute natürlich noch nicht zu schätzen. Wenn aber besonders ungünstige Ereignisse nicht eintreten, so nehme ich an, daß der Ueberschuß des laufenden Jahres den Ueberschuß des Jahres 1896/97, wenn auch nicht ganz erreichen, so doch demselben sehr nahe kommen wird. Wir schätzen ihn nach den jetzt vorliegenden Daten auf etwa S5 Millionen Mark; es kann etwas mehr, es kann etwas weniger werden; man muß natürlich bei solchen Schätzungen mit Vorsicht verfahren. Für un⸗ möglich halte ich es nicht, daß er den Ueberschuß des Vorjahres erreichen wird.
1898.
Wenn ich mich nun, meine Herren, zunächst den Einzelheiten des Etats für 1898,99 und den eigentlichen Betriebs verwaltungen zuwende, so habe ich schon gesagt, daß die Mehreinnahmen auf 113 189 000. geschätzt sind, daß die Mehrausgaben aber 70 874 000 4 betragen, sodaß sich im Ordinarium ein Mehrüberschuß von 42340 000 0 ergiebt. Im Extraordinarium, welches für diese Verwaltungen diesmal nicht weniger als 81 315 225 M beträgt, befindet sich eine Steigerung von 28 348 000 M gegen das schon recht hohe Extra- ordinarium im Vorjahre, und beträgt daher nun der Gesammt⸗ Mehrüberschuß der Betriebs verwaltungen nur 13 966 000 ½ Alle Betriebsverwaltungen partizipieren hieran, sowohl in Einnahmen und Ausgaben; nur die Domänenverwaltung macht allein eine Ausnahme. (Hört, hört! rechts.)
Meine Herren, die Domänenverwaltung ist seit dem Jahre 1880 in ihren Reinerträgen bis zum Jahre 1890 ziemlich stabil geblieben, was auch schon nicht als Beweis eines großen Fortschrittes gelten kann. Seit dem Jahre 1890 aber hat sie angefangen, gleich der Landwirthschaft auch in ihren Bruttoeinnahmen erheblich nachjulassen. Der PVächter muß zuerst, wenn ich so sagen darf, Haare lassen, dann schließlich aber kommt es auch an den Verpächter. Die neu abgeschlossenen Pachten gehen herunter, viele derselben müssen erlassen werden, viele bleiben rückständig. So ist jetzt um 3 Millionen gegen das Jahr 1880 der Nettoüberschuß auf rund 19 Millionen heruntergegangen. (Hört! hört) — Meine Herren, allerdings wirkt dabei auch mit die Steigerung der Ausgaben; namentlich haben wir beispielsweise in der Domänenverwaltung die Ausgabe für Arbeiterwohnungen, was einem dringenden Bedürfniß auch bei der Domänenverwaltung, nicht bloß auf den Privatgütern, entspricht, um 100 (G auf 400 000 M erhöht.
Die Ausgaben im Extraordinarium sind im Ganzen um 930 000 M½ gestiegen; man wind jedenfalls sich hüten müssen, seitens des Staates vor allem, aus dem Rückgange der Einnahmen eine über⸗ mäßige Sparsamkeit in der Verwendung auf den Domänen herzuleiten; wenn das der einzelne Landwirth nicht thun soll, wenn er es irgend ermöglichen kann, so würde vom Staate aus das wirklich unver⸗ antwortlich sein. Die Forstverwaltung zeigt nun ein freundlicheres Gesicht. Die Einnahmen sind um 3 405 000 Æ — nach meiner Ueberzeugung recht vorsichtig — höher eingestellt; allerdings sind die Ausgaben auch um 2 523 000 M gestiegen. Im Extraordinartum ist namentlich auch der Fonds zum Ankauf von Grundstücken um 150 000 erhöht worden, und beträgt jetzt 1 100 000 40
Meine Herren, in der Domänenverwaltung und in der Forst= verwaltung führen wir jetzt mehr und mehr den Grundsatz durch, den gesammten Staatsbesitz an Domänen und Forsten gewissermaßen als ein einziges Grundstück zu behandeln, im Westen beispielweise zu verkaufen, im Osten anzukaufen (sehr richtig) Ich erinnere nur daran, daß aus dem Verkauf der unter das Schuldentilgungsgesetz nicht fallenden Domänen in den westlichen Provinzen nur 800 000 0 unbedingt an die allgemeinen. Staatsfonds abgeliefert werden, der ganze Rest aber zu Ankäufen im Osten verwendet wird. In diesem Jahre haben wir nun diese Grundsätze zwar nicht auf⸗ gegeben, weil das wieder viele andere Bedenken hat, aber wir haben angefangen, den Ankaufsfonds selbst aus allgemeinen Staatsmitteln zu steigern. Die Forstverwaltung hat sehr vlele Schwankungen in den letzten 20 Jahren in ihren Ueberschüssen, nach Maßgabe namentlich der Preiskonjunkturen, Windbrüche u. s. w. aufzuweisen gehabt; im Großen und Ganzen sind ihre Erträgnisse aber doch in den letzten Jahren konstante, wenn auch mäßig steigende ge⸗ wesen. Man sollte eigentlich glauben, daß diese Steigerung stärker gewesen sein müßte, da wir ja doch unseren Forstbesitz wesentlich ver⸗ mehrt und außerordentlich melioriert haben aus den Forsteinnahmen selbst, und da fernerhin eine Menge anderweitiger staatlicher Ver⸗ wendungen, die der Forstverwaltung selbst nicht zur Last gekommen sind, auf ihre Ueberschüsse außerordentlich eingewirkt haben. Ich nenne nur die Eisenbahnen, die ja vielfach der Forstverwaltung zu gute gekommen sind. Dabei muß man aber andererselts erwägen, daß dle großartigen Kulturen der Forstverwaltung zur Zeit noch keine Einnahmen bringen, aber sehr bedeutende Ausgaben verursachen. Ich glaube daher, im Ganzen kann man mit der Entwickelung unseres Forstwesens durchaus zufrieden sein. In Betracht kommt bei all den großen Ver— waltungen, daß ein starkes Steigen der Löhne eingetreten ist. Man wird sich darüber auch bei anderen Gelegenheiten klar machen müssen, daß fortschreitende Kultur heißt Verringerung der Besitzrente sowohl des Kapitals als des Grundbesitzes, und daß den Gewinn von der fortschreitenden Kultur die lebendige Arbeit hat in den höheren Klassen und in den unteren Klassen: ein Satz, der das gerade Gegentheil von sonst aufgestellten Theorien beweist.
Was die direkten Steuern berrifft, so sagte ich schon, daß ihr Nettoertrag um 7 236 100 M gestiegen sei. Und zwar ist die Ein⸗ kommensteuer um 8 000 000 46 und die Ergänzungssteuer um 400 000 höher angesetzt worden. Es sind aber andererseits verschiedene Ausgaben nicht bloß für Beamte, sondern auch für andere Zwecke höher veranschlagt, daraus ergiebt sich dann der Etatsansatz.
Die indirekten Steuern sollen einen Mehrüberschuß bringen von 441 000 1M; eine Mehreinnah me von 1140 570 K resultiert aus der Vergütung für Erhebung von Reichssteuern, die ja zu einem Theil des Erhebungsbetrages den Einzelstaaten vergütet werden; da die Beträge der Relchssteuern selbst gestiegen sind, so steigen natürlich die Vergütungen mit.
Die Einnahme von der Stempelsteuer und der Erbschaftssteuer ist um 1100 000 ÆM höher veranschlagt. Ich habe schon früher darüber gesprochen, daß sich bisher noch nicht mit Sicherheit ergeben habe, ob die Zunahme der Stempelsteuer in dem neuen Stempelsteuergesetz ihren Grund habe oder nicht vielmehr auf die Steigerung des all. gemeinen Verkehrs zurückzuführen sei.
Bei der Bergwerksverwaltung sind im Ordinarium rund 74 Mil- lionen Mark Mehreinnahmen und 5 Millionen rund Mehrausgabe veranschlagt, sodaß sich ein Mehrüberschuß von 2130 978 M ergiebt. Bei den Saljwerken hat überraschender Weise ein Minder⸗ überschuß von 3 912 M veranschlagt werden müssen: Das Ertra⸗