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Berichte von deutschen Fruchtmärkten.
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Marktort
Qualitat gering mittel gut Verkaufte Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner Menge
niedrigster höchster niedrigster höchster niedrigster höchster Doppelzentner M6 M6.
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Allenstein Thorn
Sorau
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Schweidnitz. Glogau. Liegnitit .. Hildesheim. Emden Mayen Krefeld Saarlouis Landshut Augsburg Bopfingen Mainz.. St. Avold . Breslau. , ö Arnstadt i. Th.
Allenstein Sorau
Posen. H Rawitsch. Czarnikau ; Schneidemühl . Kolmar i. P... Strehlen i. Schl. Schweidnitz . Glogau. Liegnitz Emden Mayen Krefeld . Landshut. Augsburg Bopfingen Mainz Breslau... Bruchsal ... Arnstadt i. Th.
Allenstein Thorn Sorau
een 1 Rawitsch Czarnikau ; Schneidemühl . Kolmar i. P.... Strehlen i. Schl. Schweidnitz. Glogau. Liegnitz
Emden
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Krefeld
Trier ; Saarlouis Landshut Augsburg Winnenden. Bopfingen Mainz Altkirch .. St. Avold . Breslau. 1 O Bruchsal. Arnstadt i. Th.
Die verkaufte Menge Ein liegender Stri
Strehlen i. Schl. .
Sirehlen i. Schl.
e i z e n. 18,50 18,50 17,80 18,00 18,50 18,50 17,00 18,20 17,40 17,70 17,50 18,50 18,40 18,40 18,20 18,B70 16,30 16,30 18,60 18,60
20, 00 20, 00 18, 80 19,80 19,67 21,33 21,690 22, 20 20,00 20,00
2000 2077 1750 1850
19,20 19.80 21,00 21,00
18,40 18,60
gen. 1400 1400 13,56 14,16 14,50 14.56 15,346 14690 14.066 14,2 14 66 14,56 1356 13,75 15,15 15.15 15.56 13,56 15,36 15, 55 14, 965 14,56 14.56 14, 96 1456 14,56 14.386 14,86 14,96 14,95 1456 14,560 15.26 14,26 15,56 16, 59 17.56 18,57 1646 16, 85 17,6 17, 66
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13,20 15,00 14,80 14,B75 15,00 13 15 13,50 13,80 16,30 15,80 13,80 16,00 14,00 17,090 11,00 15,383 5 17,51 17,6 19,23 16,00 18,00 8, A 18,80 18,290 ; 18, 80 9, 19,40 17.35 20, 15 . — 12,60 i 14,00 60 15,70 — 18,50 4 19,30 18,40 8, 8 18,80
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wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen 3.
() in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende
Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechenber Bericht fehlt.
Deutscher Reichstag.
22. Sitzung vom 21. Januar 1898, 2 Uhr.
Das Haus setzt die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichs haushalts—⸗ Stats für das Rechnungsjahr 1898 beim Titel „Gehalt des Staatssekretärs des Reichsamts des Innern“ fort.
Abg. Dr. Ling ens (entr) weist an der Hand der Berichte der Gewerbe. Aufsichtsbeamten nach, daß die Sonntagtruhevorschriften für die Industrie keinen Nachtheil mit sich gebracht haben.
Abg. Dr. Lieber (Zentr... Der Schluß der gestrigen Rede des Grafen Posadowsky über die Durchführung des Kampfes gegen die sozialdeniokratische Partei hat unseren vollen Beifall, indem er von dem Zufammenfchluß aller Partelen und von der Thätigkeit aller religiösen Mächte sprach. Das erinnert an die Worte des Kardinals Manning, daß, wenn wir erst Alle wahre Christen sein würden, die 6 Frage gelöst sein werde. Meine politischen Freunde sind
ereit, selbst tief einschneidende Differenzen zu vergessen, wenn man zu einer solchen gemeinsamen Thätigkeit kommen würde. Wenn er von der Entfesselung der religiösen Mächte sprach, so geht das auch die verbündeten Regierungen an, und besonders die preußische Regierung wird dafür Sorge tragen müssen, daß nicht die Kultus⸗ verwaltung durch ihre Politik diese gemeinsame Politik zu unter graben und zu stören unternimmt. Mit gebundenen Armen kann die katholische Kirche nicht kämpfen. Auf die Einzelheiten will ich hier nicht eingehen; unsere Beschwerden werden an anderer Stelle in den nächsten Jahren vorgebracht werden. Daß ich in Bezug auf die Frage der Arbelterkoalitionen mit dem Freiherrn von Stumm nicht überein stimme, wird jeder begreifen; ich wünsche nur, daß Herr von Stumm das ebenso bedauert wie ich. Die Arbeiter sind nicht schuldlos an den vorgekom menen Gewaltthätigkeiten; die organisierten Arbeiter beginnen sehr viel schwerer ihren Strike, sind jedoch viel zäher bei der Durch führung desselben. Aber die Erbitterung in den Arbeiterklassen kommt daher, daß den Ortanisationen allerhand Schwierigkeiten be⸗ reitet werden, die wir gern wegräumen möchten. In Bezug auf den eforderten Minimallohn, wogegen sich Herr von Stumm gewendet 6 möchte ich bemerken; So lange es dem Kohlensyndikat gestattet ist, Minimalpreise festzusetzen und rücksichtslos durchzuführen, warum sollen die Arbeiter nicht einen Minimallohn fordern, der das Mindestmaß der Lebenshaltung deckt? Herr von Stumm hat auch von den christlichen und von den katholischen Arbeiter vereinen gesprochen. err von Stumm betrachtet jedes Angehen gegen das Kapital als Revolution. Die christlichen Arbeiter vereine haben manchmal Forderungen der Arbeiter aufgestellt, aber doch nur gerechte Forderungen und in den angemessenen Formen. Es macht sich immer mehr eine Strömung in diesen Vereinen bemerkbar, in maßvollerer Weise als in den nichtchristlichen Gewerkschaften die ,, der Arbeiter zu vertreten auf dem Boden des Christenthums.
ie Sozialdemokraten sind auch durchaus nicht gut auf die christlichen Arbelterbereine zu sprechen. Wir können versichern, daß wir uns zur Loalitionsfreiheit 1899 ebenso verhalten werden wie 1891; in meinen Worten lag durchaus nichts davon, daß ich bereit sei, die Koalitions⸗ freiheit zu erdrosseln. Der Antrag Pachnicke kann wohl jetzt nicht in seiner ganzen Ausdehnung zur Entscheidung gebracht werden, denn er muß gründlich berathen werden, und die Stelle dafür wird der Antrag des Abg. Schneider über die Berufsvereine sein. Solche grundsätzlichen Fragen können hier nicht so nebenbei beim Etat erledigt werden, Einverstanden dagegen sind wir mit dem Antrage Pachnicke, soweit er dle Verbesserung der Bestimmungen über die Koalitiontfreiheit betrifft; aber er geht zu welt, wenn es auch gestattet sein soll, die Koalition auszudehnen darauf, daß Aenderungen in der Gesetzgebung und Staatsverwaltung herbeizuführen angestrebt wird. Dadurch werden die Arbeltervereine zu politischen Vereinen, wir wollen sie aber nur auf wirthschaftliche Fragen beschränken. Wir haben einen besonderen Antrag eingebracht und bitten das Haus, dafür zu stimmen. Der Antrag lautet: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen: einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen der 1I52 der Gewerbe⸗ ordnung dahin ergänzt wird, daß Verabredungen und Vereinigungen gestattet werden, welche die Verbesserung der Lage der Arbeiter im allgemeinen oder die Erlangung günstigerer Lohn⸗ oder Arbeits⸗ bedingungen durch Veränderung der Gesetzgebung bezwecken.“ .
Abg. Prinz zu Schönaich Carolath (nl) geht auf die Frauenfrage ein und führt aus, es sei früher von den verschiedensten Seiten hervorgehoben worden, daß man der Frage der wirth⸗ schaftlichen Stellung der Frau und ihrer Rechte in der Familie näher treten könne, wenn die geistige Hebung der Frau die Fort⸗ schritte gemacht hätte, die man an sie zu stellen berechtigt sei. Dazu gehört, fährt der Redner fort, die Zulassung der Frau zum ärztlichen Beruf und zum Besuch der Universitäten. Wir haben in Berlin seit mehreren Jahren mit großen Opfern, die freudig getragen sind, Frauenkurse eingerichtet, die von Fräulein Helene Lange gelettet werden. Wir schickten 1893 6 Damen ins Examen, die dasselbe gut bestanden und zum Universitätsstudium übergingen; 1897 bestanden wiederum 3 Damen das Examen. Die Gymnasial⸗ kurse werden von Lehrern ertheilt, die der preußische Kultus, Minister bestellt; die Damen machen ihre Prüfungen vor den stagtlichen Prü— fungsbehörden, aber nicht vor ihren Lehrern, bei denen sie Unterricht
ehabt haben, sondern vor einem anderen Lehrerkollegium. Die
amen werden also durchaus nicht zarter angefaßt als die männ— liche Jugend. Wir wünschen, daß die Damen sich als Aerzte und Apothekerinnen und für den Unterricht an den höheren Mädchenschulen ausbilden. Die Schwierigkeiten für die Damen bestehen darin, daß sie nicht immatrikuliert werden, sondern von einem Dozenten zum andern laufen müssen, um zu den Vor—⸗ lesungen zugelassen zu werden. Diese Frage muß einheitlich geregelt werden, denn es hilft jetzt garnichts mehr, sich die Ohren zuzuhalten; die Frauenfrage verlangt dringend eine Beantwartung, Cine Dame, die alle Vorbedingungen erfüllt hat, die Lehrerin an einem Mädchen- Gymnasium werden wollte, wurde vom Staatsexamen zurückgewiesen. Warum? Es sind allerdings alle akademischen Berufe überfüllt, und man könnte sagen: es ist bedenklich, die Frauen auch noch zuzulassen. Es handelt sich bis jetzt auf allen deutschen Universitäten um 153 Frauen; das Studium der Frauen wird sich also immer nur auf die ebildeten Klassen beschränken und sich in engen Grenzen halten. Von der Emanzipation der Frauen ist dabei gar keine Rede, sondern wir wollen die ganze Bewegung durch diese Konzessionen in gemäßigten Bahnen halten. Wenn es möglich würde, daß die Frauen sich dem medizinischen Studium zuwenden, so würde daraus auch ein Segen ent⸗ stehen für die Frauen der arbeitenden Klassen. Der Kaiser von Rußland hat den Frauen die Universitäten geöffnet und gestattet sogar ihre An⸗ stellung als Aerztinnen mit ge rn, In England ist das Studium der Medizin seitens der Frauen sehr verbreitet, ebenso in Frankreich, Belgien, Italien, Dänemaik, Norwegen, . Indien, Australien. Das einzige Land, welches sich voll⸗ ommen abwehrend dagegen verhält, ist das Deutscke Reich und ins⸗ besondere Preußen, wo das, was geschieht, nur im Wege der Privat ⸗ thätigkeit geschieht, während in St. Petersburg großartige Ein—⸗ richtungen auf Staatskosten getroffen werden. Wenn unseren Damen nicht das Recht zum Universitätsbesuch gegeben wird, so werden sie ins Ausland gehen. Für den Auöweg, daß eine Universität den Damen geöffnet wird, möchte ich nicht eintreten. Ich bin der Ueber— zeugung, daß es auch hier heißen wird: Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Gegenüber den Ausführungen des Herrn Vor— redners, betreffend die Zulassung von Frauen zu wissenschaftlichen Berufen, will ich mich auf das Gebiet beschränken, welches Sache des Reichs ist, nämlich auf die Zulassung der Frauen zum medinnischen Studium, einbegriffen das zahnärztliche und pharmazeutische Studium. Es ist die Frage hier im Reichstage dreimal verhandelt worden:
zweimal ist das hohe Haus über die entsprechenden Anträge zur
Tagetkordnung übergegangen, einmal hat eine sehr ernste Verhand⸗ lung stattgefunden, und man hat die betreffenden Petitionen als durch die Debatte erledigt erklärt. Immerhin konnte man aus dem Inhalt der Verhandlungen ersehen, daß die Stimmung gegen⸗ über den Petitionen in dem hohen Hause allmählich eine entschieden günstigere geworden ist. Ich glaube in der That mit dem Herrn Vorredner, daß man sich der Frage gegenüber nicht absolut ablehnend verhalten kann. Daß die Frau die gleiche geistige Begabung zu ge⸗ wissen wissenschaftlichen Studien habe, wie die Männer, das ist eigentlich von keiner Seite mehr vom psychologischen oder physiologischen Standpunkt aus bestritten. Daß Frauen als Aerzte vielleicht auch schicklichere Personen bei der Behandlung von Frauenkrankheiten, von Kinderkrankheiten sind als Männer, auch das ist seinerzeit in den Verhandlungen des Reichstages anerkannt worden, und daß eine ge—⸗ gewisse Jalousie de moétier maßgebend sein sollte für die männlichen Aerzte, Frauen nicht zuzulassen, das ist selbstverständlich vollkommen ausgeschlossen.
Ich habe mich wegen dieser Frage mit dem preußischen Herrn Kultus, Minister, als dem Kultus⸗Minister des größten deutschen Staats, in Verbindung gesetzt, und er hat mir folgende Erklärung abgegeben: Frauen werden in Preußen zum Abiturientenexamen zugelassen als Extranege. Der Kultus⸗Minister ist auch ferner bereit, die Frauen zum medizinischen Studium zuzulassen, zunächst unter zwei Bedin⸗ gungen: erstens, daß der Rektor der Universität mit ihrem gastweisen Besuch der Hochschule einverstanden ist, und zweitens, daß auch der Kurator der Universität einverstanden ist. Ertheilen diese beiden Universitätsgewalten auch ihre Zustimmung, so fehlt noch ein Drittes: das Recht, auf Grund des Hospitantenscheins auch die Kollegien be—⸗ suchen zu können. Dieses Recht kann bei gastweisem Besuch der Hochschule nur erlangt werden durch die Genehmigung des einzelnen Dozenten. Hat also eine Frau die Genehmigung des Kurators, die Genehmigung des Rektors der Universität und die Genehmigung des einzelnen Dozenten in Preußen erlangt, dann kann sie sich auf der Hochschule die Kenntnisse in allgemein wissenschaftlichen, medizinischen, klinischen und anatomischen Vorlesungen aneignen, die für die Ablegung der ärztlichen Prüfung sachlich noth⸗ wendig sind. Der Unterschied zwischen dem gastweisen Besuch einer Universität — auch männliche Studenten, die hespitieren, be⸗ dürfen zum Besuch der Vorlesungen der ausdrücklichen Zustimmung des Dozenten — und dem Besuch der Immatrikulierten ist hier⸗ nach der, daß die Universitätsgäste die Genehmigung des einzelnen Dozenten zum Besuch der Vorlesungen und Uebungen haben müssen, während die Immatrikulierten das Recht dazu haben, alle Vor⸗ lesunzen und klinischen Uebungen zu besuchen. Meine Herren, man kann nicht leugnen, daß, wenn der preußische Herr Kultus⸗Minister diesen Standpunkt einnimmt, es den Damen, welche die Hochschulen besuchen wollen, unter allen Umständen möglich sein wird, sich vollkommen das sachliche Wissen anzueignen, was zur Ablegung der ärztlichen Vorprüfung und der medizinischen Prüfung erforderlich ist. Es werden sich in einer Reihe von Universitäten und auch in Berlin, davon bin ich überzeugt, Dozenten finden, die geneigt sind, auch Damen als Zuhörerinnen zuzulassen.
Wie liegt nun die Sache im Reiche? Auf Grund des § 29 der Reichs⸗Gewerbeordnung sind Vorschriften für die ärztliche Prü⸗ fung erlassen; in diesen Vorschriften ist allerdings von „Kandidaten“ die Rede, offenbar aber nur, weil man bei Erlaß der Vorschriften an studierende Damen nicht gedacht hat. Die Reichs⸗Gewerbe⸗ ordnung kennt aber keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Studenten. (Sehr richtig! rechts.) Jetzt wird es, nachdem der Herr Kultus⸗Minister in Preußen, wie dargestellt, Stellung genommen hat — und zwar eine entschieden wohl⸗ wollende — Sache des Herrn Reichskanzlers sein, eine Uebereinstimmung der verbündeten Regierungen darüber herbei⸗ zuführen, daß Damen, welche sich, wenn auch nur ga stweise, auf den Hochschulen die sachliche Vorbildung für die Ablegung der ärzt⸗ lichen, zahntechnischen oder pharmazeutischen Prüfung angeeignet haben, nicht nur zu den Examen, zur ärztlichen Vorprüfung und zur ärzt⸗ lichen Prüfung zuzulassen sind, sondern, daß sie auch das Recht haben, approbiert zu werden.
Meine Herren, ich weiß, daß die Wünsche der Damen, welche studieren wollen, weiter gehen; sie wollen rite immatrikuliert sein. Diese Frage liegt lediglich auf dem Gebiete des Landesrechts, und ich glaube, die Einzelstaaten stehen ihr deshalb zögernd gegenüber, weil es immerhin noch zweifelhaft ist, ob man eventuell besondere Bildungs⸗ anstalten für Damen errichten soll, oder ob es möglich sein wird, ob es zu keinen Inkonvenienzen führt, wenn sie auch die all⸗ gemeinen Universitäten besuchen. Ich habe mit einer welt- berühmten Persönlichkeit der medizinischen Wissenschaft mich über die Angelegenheit sehr eingehend unterhalten. Dieselbe erklärte mir: nach seinen Erfahrungen leisteten Frauen, die Medizin studiert hätten, praktisch ziemlich dasselbe wie der Durchschnitt der Aerzte, sie würden die einzelnen Vorschriften sicher gewissenhaft beobachten. Einige Bedenken hätte er, nämlich, ob sich Frauen dazu eigneten, als Operateure zu fungieren. Wenn nämlich bei einer Operation der innere Befund sich anders darstelle, wie der Arzt sich selbst vorgestellt hätte, so gehöre eine Schnelligkeit des Ent⸗ schlusses und ein Maß des Willens dazu, um rechtzeitig die Operation nach einer anderen Methode und in einer anderen Weise vorzunehmen, daß es ihm zweifelhaft erscheine, ob die Frauen dieses Maß der Entschlußfähigkeit und des Willens besitzen würden. Schließlich judizierte dieser Herr dahin: er würde sich nicht veranlaßt sehen, diese Bewegung besonders zu fördern; die Regierungen würden aber klug daran thun — nach seinem Ermessen — sie auch nicht zu verhindern. Man dürfe von Frauen auf dem Gebiete der Medizin — und die Erfahrung spreche dafür — nicht neue, hervorragende, bahnbrechende Leistungen auf wissenschaft⸗ lichem Gebiete erwarten, man könne aber annehmen, daß sie die Leistungen des allgemeinen Durchschnitts der Aerzte wohl erfüllen würden. Ich möchte annehmen, gegenüber dem Wohlwollen, was auch auf seiten des Reichs für die Approbation von Frauen als Aerzte besteht, sollten sich dieselben mit dem künftigen Status, wie er von mir in Aussicht gestellt ist, bescheiden. Wenn man einen so vollkommen neuen Weg beschreitet, thut man immer taktisch richtig, mit einer schmalen Spitze vorzugehen. Die Damen können jetzt die Universität besuchen, der Herr Reichskanzler ist bereit, ihre Zulassung zu den Prüfungen herbeizuführen und darüber eine Uebereinstimmung der verbündeten Regterungen herbeizuführen, sie können also eventuell
Umstände ein, die die Regierungen zweifelhaft machen, leisten die Frauen das, was man von ihnen erwartet, dann halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß man in Zukunft auch ihre weiteren Wünsche wird erfüllen können.
Abg. Dr. Friedberg (ul. spricht seine Befriedigung über diese Er⸗ klärung aus. Wenn die Damen jetzt die Zulassung zum Studium erreicht hätten, dann hätten sie zwar den Universitätsunterricht ge⸗ nossen, aber sie seien nicht zum Examen zugelassen worden. Das sei eine nur formale Auslegung der orschriften. Es werde Sache der Reichsregierung sein, darauf zu dringen, daß das Hospitantenverhältniß ebenso zur Ablegung der Prüfung berechtige wie die Immatrikulation. Die preußischen Fakultaͤten seien nicht blo staatliche Anstalten, sondern auch Korporationen. Es werde daher sehr schwierig sein, dieselben zur Aufnahme von weiblichen Studenten zu zwingen. Redner richtet an die Reichsregierung die Bitte, ihre Erwägungen in dieser Frage bald zum Abschluß zu .
Abg. Hr. Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode (d. kons): Auch ich bin der Meinung, daß die Wünsche der Frauen Berücksichti⸗ gung verdienen, man sollte jedoch vorsichtig dabei vorgehen. Herr Lieber sprach seine freudige Anerkennung über die Schlußworte der gestrigen Rede des Grafen Posadowsky aus. Damit kann ich nur einver⸗ standen sein; dagegen bin ich nicht einverstanden mit der Anschauung des Abg. Lieber Über die organisierten Arbeiter. Ein englischer Fabri⸗ kant aus der Stahlbranche ist nach Deutschland über⸗ gesiedelt, nicht bloß der Zölle wegen, sondern hauptsächlich wegen der Schwierigkeiten der Arbeiterfrage in England. Daß die Aus- wanderung von deutschen Arbeitern nach Amerika zurückgeht, ist erfreulich. Wir behalten dadurch nicht nur ein materielles und geistiges Kapital, sondern auch einen nationalen Werth, der uns sonst verloren e en wäre. Eine soziale Gesetzgebung kann niemals ihren Ab⸗ chluß erreichen, denn jeden Tag kreten nene Anforderungen an die Gesetzgebung heran. Bei der Invalidenversicherung haben wir einen Sprung ins Dunkle gemacht, und ehe wir einen Schritt weiter vor- wärts machen, sollten wir überlegen, ob wir nicht die bestehenden Gesetze reformieren müssen.
Abg. Dr. Hitze (Zentr.) kommt auf die Frage der Beschäftigung der Kinder, der jugendlichen Arbeiter und der Frauen zu sprechen und führt aus: Bereits 1887 wurde ein Antrag vom Hause angenommen; der Antrag wurde wiederholt, und nur dem Widerspruch der ver⸗ bündeten Regierungen ist es zuzuschreiben, daß noch keine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen ist, welche die Beschäftigung der ver⸗ heiratheten Frauen in Fabriken untersagt. Die Zahl dieser in Fa⸗ briken beschäftigten Frauen wird auf 175 000 geschätzt. Nach den genauen Zählungen in Baden waren von den weiblichen Personen 28, in der Textilindustrie sogar 40 v. H. verheirathete Frauen. Redner empfiehlt die Annahme des von dem Zentrum gestellten Antrages: den Reichskanzler zu ersuchen, eine eingehendere Berichterstattung über die Beschäftigung der verheiratheten Frauen in Fabriken: Umfang, Gründe und Gefahren der Beschäftigung, Möglichkeit, Zweckmäßigkeit und Wege der Beschränkung 2c. in den nächsten Jahresberichten der Gewerbe ⸗Aufsichtsbeamten zu veranlassen. Es wird jetzt, fährt Redner weiter fort, von den Arbeitern bei der Eheschließung vielfach übersehen, daß die Frau nur so lange in die Fabrik gehen und mitverdienen kann, als nicht die Kinder ihre Thätigkeit in Anspruch nehmn. Des halb müßte es den Arbeitern von vornherein klar gemacht werden, daß die verheiratheten Frauen nicht in die Fabrik gehören. Ich glaube nicht, daß der Reichstag zu diesem radikalen Vorgehen seine Zustim⸗ mung giebt, aber man muß untersuchen, in welcher Weise die Frauen beschäftigt werden, um sie vor Schädigungen der Gesundheit zu be⸗ wahren durch Beschränkungen ihrer Arbeitszeit, Zuweisung zweck⸗ mäßiger Beschäftigungen ꝛe.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Ich gestatte mir, den Herrn Vorredner darauf aufmerksam zu machen, daß jetzt schon die amtlichen Mittheilungen der Gewerbe⸗ Aufsichtsbeamten sich aussprechen, und zwar recht reichlich über die Zunahme der Zahl der Arbeiterinnen, über die Gründe hierzu, über die Art dieser Beschäftigung der Arbeiterinnen, über den Einfluß auf die körperliche Entwickelung, über ungeeignete Beschäftigungen und über die Bemühungen der Aussichts⸗ beamten auf Abstellung zu Tage tretender Mißstände. Es würde sich also nach den Wünschen des Herrn Vorredners jetzt nur darum handeln, diesen Abschnitt der amtlichen Mittheilungen der Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten dahin zu erweitern, daß man trennt zwischen verheiratheten und unverheiratheten Frauen, und daß die oben erwähnten Fragen, entsprechend dem Hitze'schen Antrag, noch ein⸗ gehender beantwortet werden als bisher. Ich bin gern bereit, da es sich zunächst nur um Untersuchungen und um Beschaffung statistischen Materials handelt, dieserhalb mich mit den verbündeten Regierungen in Verbindung zu setzen. Ich glaube, erst dann werden wir uns weiter darüber unterhalten können, welche praktischen Konsequenzen
für die weitere Ausgestaltung der Gewerbeordnung aus dem gewonnenen Material zu ziehen sein möchten.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vxgg.): Ich kann mich den . des Prinzen Schönaich nur anschlleßen. Das Zugeständniß des Grafen rn, . ist dankenswerth, aber noch lange nicht ausreichend. Mein ntrag bezleht sich nicht auf Politik, sondern nur auf Bestrebungen, welche auf Erlangung günstiger Arbeitsbedingungen abzielen. Der Einwand des Abg. Lieber ist also hinfällig. Ich bedauere die Haltung des Zentrums; denn solche Postulate sind so dringend, daß sie einen Aufschub nicht dulden. Wir müssen unsern Antrag aufrecht erhalten, und selbst die Annahme des Antrags des Zentrums würde schon aus⸗ reichen, um darzulegen, daß die Mehrheit des Reichstages den durch einen Scheinwerfer beleuchteten Weg, welchen die Regierung ein⸗ schlagen wollte, nicht billigt. . .
Abg. Wurm (Son) führt aus, daß Gewerbegerichte erst für ein Drittel der deutschen Arbeiter beständen; denn es sei in das Belieben der Gemeinden gestellt, in denen die besitzenden Klassen die Oberhand hätten, ob ein Gewerbegericht eingerichtet werden sollte oder 3 auf die Wünsche der Arbeiter nehme man dabei gar keine Rücksicht, und wo Gewerbegerichte beständen, würde die Berufung derselben durch Arbeitsvertrag ausgeschlossen. So umgingen die Unter—⸗ nehmer die Gesetze. Die Zusammenstellung der Jahres- berichte der Gewerbe Aufsichtsbeamten für 1896 bringe zum ersten Male in dankenswerther Weise eine ziffermäßige Nachweisung der Betriebe, die der Fabrikaufsicht unterlägen. on diesen Betrieben seien erst 34 0/0 repidiert worden, in Preußen nur 31, in Bahern nur 1809. In Bayern werde ein . alle 21 Jahre, ein Betrieb mit 5 Arbeitern alle 3 Jahre und ein Handwerkcbetrieb alle 3 Jahre einmal revidiert. Im , mit der 36 des Aufsichtsbeamten stehe es aber, wenn er Nebenämter haber die ihn von den Unternehmern abhängig machten. Der Lübecker Beamte sei Vertrauengmann mehrerer Unternehmer und Beauftragter einer Berufs genossenschaft. Die Beamten würden außerdem ständig beobachtet, und es gebe wohl vielfach Signale, welche von dem Fabrikbureau aus anzeigten, daß etwas Hoheg komme; dann werde schnell alles in Ordnung gebracht, die jugendlichen Arbeiter würden schleunigst entfernt, Maschinen, die ö. in bedenklichem Zustande befänden, würden still gestellt ze. ie Fabrlkinspeltoren sollten die Namen der Unternehmer, die sich in dieser Weise vergingen, bekannt geben. Redner führt noch eine Reihe von Beispielen zur Bekräftigung seiner Behauptungen an und fordert die Vermehrung der Zahl der Aufsichtsbeamten. 3 müßten verpflichtet werden, sich mit den Arbeiterorganisationen in Verbindung zu setzen. Die Gewerbeaufsicht müsse durch die Zuziehung von Arbeitern verstaͤrkt werden. Aerzte e, . müßten zu Rathe gezogen und auch
rauen an der Aufsicht betheillgt werden. In Preußen habe man die . als Aufsichtspersonen zurückgewiesen, weil sie für die Uuternehmer
auch approbiert werden. Bewährt sich dieses Verfahren, treten keine
nicht fo bequem felen wie männliche Personen. Ueberall im Auslande
w ;
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