1898 / 31 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Feb 1898 18:00:01 GMT) scan diff

den Notaren Dr. Clemens in Goch, Krings in . . und Weisweiler in Wassenberg der Wohnsitz in 5 .

bem Notar Schippers in Köln-Ehrenfeld, der Wohnsitz

in Köln⸗Altstadt mit der Verpflichtung, innerhalb der neuen Stadtumwallung zu wohnen und seine Geschäftsräume zu

alten, und ö dem Notar Brementhal in Lennep der Wohnsitz in

Köln-Ehrenfeld mit der Verpflichtung angewiesen worden, in dem Vorort Ehrenfeld zu wohnen und seine Geschäftsräume zu halten.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König konferierten eute Morgen mit dem Staatssekretär des Auswärtigen mis, Staats⸗Minister von Bülow und wohnten darauf von

10 bis 12/1 Uhr der Sitzung des Landes Oekonomie⸗Kollegiums im Provinzlal⸗Ständehause bei.

Die Ende Oktober v. J. hier eingegangene amtliche Ver⸗ öffentlichung des Ackerbau⸗Departements der Vereinigten Staaten von Amerika über die San Joss Schildlaus) hat ein

grelles Licht auf die außerordentliche Gefährlichkeit dieses Insekts geworfen und die großen Gefahren erkennen lassen, welche die Einschleppung desselben für den Obstbau Europas zur Folge aben würde. Es hat dies zunächst dem Königlichen Institut ür Pflanzenphysiologie und Pflanzenschutz an der Land⸗ wirthschaftlichen Hochschule zu Berlin Anlaß gegeben, aus Amerika importierte Obstsendungen auf das Vorhandensein des Schädlings zu untersuchen. Bei diesen Untersuchungen wurden am 29. Januar auf Birnen, welche aus einer im Hamburger Freihafen eingetroffenen Sendung kalifornischen Obstes herrührten, durch den Professor an der Landwirthschaftlichen Hochschule Dr. Frank zahlreiche, noch lebende und in vermehrungsfähigem 6 rh befindliche Schildläuse aufgefunden. Professor Dr. Frank hat hierüber amtlich berichtet,

„daß die Vergleichung der von ihm aufgefundenen In⸗ sekten mit authentischem amerikanischen Schildlausmaterial die vollständigste Uebereinstimmung beider bis in die feinsten mikroskopischen Details der charakteristischen Merkmale dar⸗ . sodaß die Identität der jetzt in Hamburg ge⸗ undenen Insekten mit der echten San ch Schildlaus absolut feststeht“

und sich ferner gutachtlich dahin geäußert,

„daß bei den sehr erleichterten Existenzbedingungen, welche nach amerikanischen Erfahrungen das Thier beösitzt, und bei der Aehnlichkeit europäischen Klimas mit dem⸗ jenigen der nordamerikanischen Länder, in denen das Thier seine enorme Verbreitung und schädlichen Charakter an⸗ genommen hat, kein Zweifel darüber bestehen kann, daß unser einheimischer Obstbau durch den Import amerikanischen Obstes in eine unmittelbare große Gefahr gebracht worden ist“.

In, einer Konferenz anderer hervorragender Sach— versländigen und in dem Gutachten des Kaiserlichen Gefund— heitsamts ist dieser Auffassung in allen Punkten beigetreten.

Damit war die Nothwendigkeit zur Ergreifung schleuniger Abwehrmaßregeln vollauf gegeben.

Unsere Kenntniß des genannten Schädlings beruht fast ausschließlich auf der schon genannten und einer weiteren amt⸗ lichen Publikation des Ackerbau⸗Departements zu Washington (Lhe San José Scale, Bulletin No. 3 Ney Series, Division af Entomglogy von Mr. Howard, Vorsteher dieser Abtheilung). In diesen Arbeiten wird gesagt, „daß vielleicht kein Insekt im stan ze sei, dem Qbstbau der Vereinigten Staaten und der ganzen Welt

rößeren Schaden zuzufügen, als die San Jofs Schildlaus“. hre Gefährlichkeit für den Obstbau steht der der Reblaus für den. Weinbau in keiner Weise nach. Sie befällt Zweige, Blätter und Früchte und findet ihren Nährboden nicht nur auf fast allen europäischen Obstarten, wie Birnen, Pfirsichen, Pflaumen, Aepfeln, Kirschen, Nüssen, Himbeeren, Johannis⸗ beeren u. s. w., sondern auch auf Laubbäumen und Blumen verschiedener Arten (u. a, auf Ulmen, Linden, Erlen, Weiden, Rosen). Die befallenen Pflanzen sterben in wenigen Jahren vollständig ab. Die Vermehrungzfähigkeit des in aus⸗ gewachsenem Zustande nur einen Millimeter großen und daher mit unbewaffnetem Auge schwer erkennbaren Insekts ist ganz gußerordentlich, da die Nachkommenschaft eines Weibchens vom Frühjahr bis zum Herbst eines Jahres auf 3000 Millionen . . ist.

Die Bekämpfung des Schädlings, der von Chile bis British Columbien verbreitet ist und . den letzten ö. Jahren mit rapider Schnelligkeit von der pazifischen Küste zur atlantischen vorgedrungen und im Osten größere Verheerungen als im Westen angerichtet hat, ist in Amerika den größien Schwierigkeiten begegnet und ohne vollständige Ver⸗ nichtung der befallenen Pflanzen mit Aussicht auf durchgreifenden Erfolg überhaupt nicht durchzuführen. Die Zahl der in Amerika wegen Verseuchung durch die San Joss Schildlaus aus privater Initiative oder auf staatliche Anordnung vernichteten Obstbaumschulen und Obstpflanzungen ist bereits sehr beträchtlich, wenn sie auch beim Mangel amt⸗ licher Aufzeichnungen ziffernmäßig nicht angegeben werden kann. In den Jahren 1896 und 1897 sind in den meisten obstbautreibenden amerikanischen Staaten, welche nicht schon vorher derartige Gesetze besaßen, Gesetze zum Zweck der Bekämpfung der San Iyse Schildlaus erlasfen. Ein Theil diefer Gesetze beschränkt sich guf das Verbot der Einführung von „nursery stocks“ (Obstbäumen aus Pflanzschulen) von einem Staat in den anderen ohne vorherige hr Inspektion und auf die Ein⸗ setzung einer staatlichen Aufsicht uͤber alle Obstbaumschulen im mesentlichen die gleichen Maßregeln, welche in Verfolg K Reblaus⸗Konvention in den meisten

aaten zum ĩ r g ö. z Schutze gegen die Reblaus z anderen Stagten der Union sowie in Briti Columbien sind jedoch Vorschriften ö durch welche öh

Pechnical geriss No. 6, U. 8. Department of Agriculture,

Division of Entomology: The San Joss . Wash nem E , g. an Jos geals phy I. H. . Vockeroj

gesammte innere und äußere Verkehr mit Früchten aller Art den einschneidendsten Beschränkungen unterworfen wird. So bestimmt ein für den Staat Oregon, eine der Hauptausfuhr⸗ stätten amerikanischen Obstes, erlassenes Gesetz Folgendes: Abschnitt 2. Das Feilhalten, die Abgabe, Vertheilung, das Anpflanzen und der Transport von Früchten aller Art, von Bäumen, Pflanzen, Ablegern, Pfropfreisern, Samen, Kernen, Schoͤßlingen 2c, welche im Auslande oder in einem anderen Bundesstaat oder im Oregon⸗Staat aufgezogen und mit Insekten, Pilzen, Mehlthau oder anderen als schädlich für Obst oder Obst⸗ und andere Bäume und als ansteckend bekannten Pflanzenkrankheiten behaftet sind, ist verboten, sofern diese Früchte ꝛc. nicht zuvor in Gemäßheit eines von dem Staats⸗Gartenbau⸗Departe⸗ ment vorgeschriebenen Verfahrens zur Befriedigung eines Mitgliedes dieser Behörde gründlich desinfiziert worden sind. Wer , Bäume 2c. aus dem Auslande oder einem andern Bundesstaat empfängt, ist verpflichtet, innerhalb 24 Stunden dem betreffenden Mitgliede des Gartenbau⸗Departements davon Mittheilung zu machen und die Pflanzen an dem Ausladeplatze unter Quarantäne zu halten, bis der Kommissar oder Inspektor festgestellt hat, ob die Früchte 2c. frei von übertragbaren Pflanzenkrankheiten sind. Erst dann dürfen die Früchte feilgeboten, weiter⸗ begeben, weitertransportiert oder angepflanzk werden. Abschnitt 4. Händler, Schiffer, Transport- Gesellschaften und deren Vertreter, welche mit Insekten, Pilzen, Mehl⸗ thau oder anderen Obst, Bbst⸗ oder anderen Baͤumen und Pflanzen schädlichen Krankheiten behaftete Früchte, Bäume, Pflanzen 2c. verkaufen, zum Verkauf anbieten, abgeben, vertheilen, zum Anpflanzen oder zur Weiterbeförderung abgeben oder welche sich weigein oder es unter— lassen, die gedachten Früchke, Bäume ꝛc. zu des infizieren oder zu vernichten, oder welche die Anbringung einer bestimmten, den Namen des Produzenten, Schiffers oder Herkunftsorts enthaltenden Marke unter— lassen oder eine falsche Marke anbringen, oder welche die vorgeschriebene Anzeige an den Kommissar unterlassen, sollen 4 Vergehens mit 25 bis 100 Doll. Geldstrafe belegt werden. . J gleicher Art sind auch für British Columbien assen. Angesichts der durch dieses Vorgehen der einzelnen ame— rikanischen Staaten unter eingnder charakterisierten Gefahr ist es als eine unabweisliche Pflicht der Regierung anzusehen, dem heimischen Obstbau einen wirksamen Schutz vor der drohenden Verseuchungsgefahr zu gewähren. Es ö daher die Einfuhr lebender Pflanzen und frischer Pflanzenabfälle gänz⸗ lich, die Einfuhr von Obst und Obstabfällen unter der Vor—⸗ aussetzung verboten worden, daß bei einer an der Eingangs—⸗ stelle vorgenommenen Untersuchung der Sendung das Vor⸗ handensein der San Joss Schildlaus festgestellt wird. Die Verwüstungen, die die gleichfalls aus Amerika ein⸗ geschleppte, in ihrer Gefährlichkeit aber erst spät erkannte Reblaus angerichtet hat, und die sich in dem europäischen Weinbau schon jetzt auf Milliarden von Mark beziffern, i ein warnendes Beispiel der verhängnißvollen Folgen nicht recht— . ergriffener Schutzmaßregeln, während andererseits die ernhaltung des Coloradokäfers durch das in der Kaiserlichen Verordnung vom 26. Februar 1875 ausgesprochene Verbot der Einfuhr von Kartoffeln aus Amerika beweist, daß recht⸗ ig getroffene Abwehrmittel von durchgreifender Wirksamkeit ein können. Neben der Verhinderung der Einschleppung des Insekts von außen werden im Inlande unverzüglich Anordnungen zu treffen sein, um die Bevölkerung mit der Erscheinung, der Lebensweise und den Schädigungen dez Insekts bekannt zu machen, in Obst⸗ und Baumgärten Nachforschungen nach ihm zu veranlassen und im Falle seiner Auffindung dle nöthigen Vertilgungsmaßregeln zu ergreifen. Möchte es auf heft Weise gelingen, den deutschen Obstbau, auf dem die Existenzbedingungen weiter Volkskreise beruhen, vor neuen und bisher unbekannt gebliebenen Gefahren zu be⸗

schützen.

Der Regierungs⸗Assessor Dr. Graf von Moerner ist bis auf weiteres dem Landrath des QOberlahnkreises zur Hilfe— leistung in den landräthlichen Geschäften überwiesen worden.

Nach telegraphischen Meldungen an das Ober⸗Kommando der Marine ist die zweite Division des Kreuzer⸗ Geschwaders Dixisions⸗Chef: Kontre⸗Admiral 3 Heinrich von Preußen, Königliche Hoheit, bestehend aus S. M. SS. „Deutschland“ (Kommandant: Korvetten⸗ Kapitän mit Oberst⸗Lieutenantsrang Plachte) und „Gefion“ (Kommandant: Korvetten⸗Kapitän Follenius), am J. Februar von Sokotra nach Colombo in See gegangen.

S. M. S. „Stein“, Kommandant: Kapitän zur See Oelrichs, beabsichtigt am 5. Februar von St. Thomas die Heimreise anzutreten; S. M. S. „Charlotte“, Kömmandant: Kapitän zur See Thiele (August), ist am 3. Februar in Key West angekommen und beabsichtigt, am 8. Februar von dort die Heimreise anzutreten.

Hannover, 3. Februar. Der einunddreißigste Han⸗ noversche Provinzial⸗Landtag ist heute Nachmittag 4 Uhr durch den Königlichen Kommissarius, Ober⸗-Präsidenten Grafen zu Stolberg-Wernigerode, mit folgender Rede eröffnet worden:

6 Hochgeehrte Herren! 1

Indem Sie, der Allerhöchsten Berufung Seiner Majestät des Königs folgend, heute zum 31. Hannoverschen Propinzial-Landtage zu⸗ sammentreten, habe ich die Ehre, Sle namens der Staatzregterung willlommen zu heißen.

Dem Propinzial . Landtage werden in diesem Jahre Gesetzes⸗ vorlagen durch die Staatsreglerung zur Begutachtung nicht vorgelegt werden, Ibre Thätigkeit wird sich daher vorzugtszweife auf die Be— rathung der Ihrer Verwaltung und Erh onge anvertrauten Gegen⸗ stände und Einrichtungen und auf die Erledigung alljährlich wieder⸗ kehrender Vorlagen erstrecken.

Ihre besondere Aufmerksamkeit wird sich dem von ihrem Aus— schusse vorgelegten Unterstüßungsantrag für die Bruchhausen, Syker Melioration zuwenden. Dieselbe ist bereits wiederhoßt Gegenstand der Fürsorge der Provinzialverwaltung gewesen. Trotzdem ist es bieher leider nicht gelungen, dieses im Interesse der Landegmelioration

so wichtige Unternehmen auf eine gefunde Grundlage zu stellen.

Von dem Ihnen gegenwärtig vorgelegten Projekt darf nach eingehender

und sachgemäßer Prüfung erwartet werden, daß es die bisherigen Mängel ergänzen oder . und somit die angestrebte Melle ce gen zue vollständigen Durchführung bringen wird.

In voller Würdigung der großen Bedeutung für das ungefãhr elne Quadratmeile umfassende Gebiet hat die Staatsregierung, borbe— baltlich der Genehmigung des Landtages der Monarchle, namhafte Mittel in Auctsicht gestellt und geht dabei von der zuversichtlichen Voraussetzung aus, daß auch die Provinzialverwaltung da Zustande⸗ kommen des Unternehmens durch Bewilligung der beantragten Unter⸗ ft . ö. die gestttel

m übrigen werden die Feststellung des Haushaltsplans für 18987199 und Anträge Ihres Ausschusses auf . einzelner Klassen von Proninzialbeamten, Anstellung eines Hochbau technikers, Feststellung des Bauprogramm für die neue Irrenanstalt sowie die , ,, n,, betreffend den Uebergang der Ge⸗ meinde Lehrte zur städtischen Berfassung, wesentlich Ihre Thätigkeit in Anspruch nehmen.

Die übliche Uebersicht über den Hannoverschen Klosterfonds wird Ihnen vorgelegt werden, ebenso der Bericht über die Ergebnisse der Provinzial · Verwaltung für 1896/97.

Meine hochgeehrten Herren! Durch die Gnade Seiner Masestãt des Kaisers und Königs an die Spitze der Königlichen Verwaltung der Provinz Hannoyer berufen, habe ich zum ersten Male die Ehre, Sie zu begrüßen. Ich bitte überzeugt zu sein, daß es mir zur Freude und besonderen Befrtedigung gereichen wird, Ihren Arbeiten, soweit . erf ni . . ,,,. zu sein, und mit Ihnen

ieinsam da ohl und die gedeihliche Eniw i erfolgreich anzustreben. J .

„Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät de . ich den 31. Hannoverschen i n rn g, , .

Nach dem Schlusse dieser Ansprache brachte der bisheri Vorsitzende des n r n, . . Rath Graf zu Inn und Knyphausen-Lützburg, ein dreimaliges Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in welches die versammelten Mitglieder lebhaft einstimmten.

Bayern.

Das Staats-Ministerium des Innern hat dem Landtage eine aus acht Paragraphen bestehende Novelle zum Vereinsgesetz vorgelegt. Die wichtigsten Bestimmungen derselben sind, dem „W. T. B. zufolge: Volljährige weibliche Personen dürfen an öffentlichen Versammlungen politischen Charakters theilnehmen, minderjährige bleiben ausgeschlossen. Volljährigen weiblichen Personen wird ferner die Theilnahme an Vereinen zugestanden, welche die besonderen Berufs⸗ und Standesinteressen vertreten, sich mit Erziehung, Unterricht, Armen⸗ und Krankenpflege und dergleichen befassen. Politische Vereine dürfen mit anderen deutschen Vereinen in Verbindung treten. Das Ministerium kann auch ausnahmsweise eine Ver⸗ bindung mit außerdeutschen Vereinen gestatten. Weitere Bestim⸗ mungen der Vorlage enthalten Erleichterungen bezüglich der An⸗ meldung und Erlaubnißertheilung fuͤr Verfammiungen, Straf⸗ milderungen bei Uebertretungen des Vereinsgesetzes und eine , ng der Ausnahmebestimmungen für Wahlversamm⸗ ungen.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Die slavischen Studenten der Wiener Universität überreichten gestern, wie ‚W. T. B.“ berichtet, im Unterrichts⸗ Ministerium eine Resolution, welche in einer am Dienstag abgehaltenen Versammlung angenommen worden war. Der Hofrath Bienerth versicherte auf die vorgebrachte Beschwerde darüber, daß die slavischen Studenten in der Aula Anfechtungen ausgesetzt seien, es sei Vorsorge für ausreichenden Schutz getroffen worden. Eine ähnliche Beschwerde richtete die slavische Studentenschaft an einige Landtage. Eine Deputation der slavischen Studentenschaft überreichte dem Rektor der Technischen Hochschule einen Protest gegen die Vorgänge, welche die Sistierung der Vorlesungen herbeiführten, und baten um deren Wiederaufnahme. Der Rektor er⸗ widerte; die Wiederaufnahme der Vorlesungen entspräche dem. Wunsche der Professoren, die jedoch zu dem Sistierungsbeschlusse durch die traurigen Vorgänge der letzten Tage gezwungen worden seien. Das Universitäts⸗ geväude einschließlich der Bibliothek ist geschlossen. Die Vor⸗ lesungen an den Kliniken dauern ungestört fort. Eine Be⸗ kanntmachung des Rektors der Universität untersagt, mit Nüclsiicht auf die gegenwärtig herrschende Spannung in der Studentenschaft, bis auf weiteres die Anheftung studentischer Plakate irgend welcher Art an dem Schwarzen Brett.

Die heutigen Frühvorlesungen an der Hochschule für Bodenkultur in Wien iwurden von Studenten dieser und anderer Hochschulen durch „Heil“ und „Prosit⸗„Rufe ver— hindert. Die Professoren brachen daher die Vorlesungen ab. Eine Bekanntmachung des Rektors theilt mit, daß die Vor⸗ lesungen bis auf weiteres nicht stattfinden.

as Professoren⸗Kollegium der Technischen Hochschule in Brünn beschloß die Einstellung der nn. von heute ab bis auf weiteres. Eine Bekanntmachung des Prorektors miß⸗ billigt auf das schärfste die Verhinderung der Vorlesungen seitens der deutschen Studentenschaft und fordert dieselbe unter Androhung der schwersten Folgen zur Rückkehr auf den Boden des Rechtes auf.

In Innsbruck verhinderten gestern die Studierenden der dortigen Universität durch Tumulte die Vorlesungen. Der Prorektor stellte vorläufig die Vorlesungen ein. Der Beschluß des Senats ist bisher noch unbekannt. Zwischen deutsch⸗nationalen Studenten und Mitgliedern der katholischen Situdentenverbindung „Austria“, welche an dem Ausstande nicht theilnahmen, kam es auf der Straße zu Thällichkeiten; die Mitglieder der „Austria“ wurden beschimpft und ge— schlagen. Die deutsch⸗nationalen Studenten zogen in corpore durch die Stadt.

Der schlesische Landtag beschloß gestern, dem Kaiser zum Regierungs-Jubiläum durch den Landesausschuß seine Glückwünsche übermitteln zu lassen. Eine Resolution des Abg. Rocho wanski, welche besagt, daß der Landtag an der bestehenden 3. festhalte, die Errichtung eines czechischen Sonderstaats zurückweise und die sofortige Zurücknahme der Sprachenverordnungen sowie die Erklärung der deutschen Sprache zur eig e n für unbedingt nothwendig erachte, wurde einem Ausschuß überwiesen. Ein von dem Abg. Stratit ie ,, dringlicher Antrag auf Einsetzung eines ständigen Ausschusses zur Erörterung der Sprachenfrage wurde an den Justizausschuß verwiesen.

Bei der gestern in dem Landgemeindebezirk Lancut (Galizien) vorgenommenen Ersatzwahl zum Reichsrath wurde der Pater Stolajewski gewählt.

Im ungarischen Unterhause erklärte gestern der

Minister des Innern Perczel bei der Berathung * Budgets

des Ministeriums des Innern, daß die Regierung eine Re⸗ vision des Wahlgesetzes für nothwendig halte. Sie

wünsche, den Wahlzensus auf eine einheitliche Grundlage zu

siellen und das Wahlrecht auszudehnen. Auch solle die Ver⸗

fügung getroffen werden, daß die Wählerlisten bei öffentlichen

Notaren aufgelegt würden, welche befugt sein sollten, auf Wunsch Kopien derselben auszufertigen.

Großbritannien und Irland.

Bei der gestern in South Wolverhampton vor⸗ genommenen ahl eines Mitgliedes des Unterhauses wurde an Stelle des verstorbenen Unionisten Villiers der Unionist Gibbons mit 4115 Stimmen gewählt. Der Radikale Thorne erhielt 4004 Stimmen.

Frankreich.

Die Deputirten kammer setzte gestern die Berathung des Marine⸗Budgets fort. er Deputirte Pelletan beantragte die Wiedereinstellung eines Kredits von 1000 Fr. in dem Kapitel „Inspektion des Verwaltungsdienstegs“, um damit egen die Unterdrückung der Kontrole zu protestieren. Der sarine⸗Minister, Admiral Besnard erklärte, er denke keines⸗ wegs daran, die. Kontrole zu unterdrücken, er gehe im Gegen⸗ theil damit um, einen Gesetzentwurf zur Reorganisgtion der⸗ selben vorzulegen. Der Deputirte Pelletan sprach sich gegen einen derartigen Gesetzentwurf aus, weil er die Kontrole illusorisch machen und jede Mittheilung über das Ergebniß der Kontrole an das Parlament verhindern würde. Die Kammer würde, wenn sie seinen Antrag annehme, zeigen, daß sie nicht gewillt sei, eine Abschaffung der Kontrole des Parlaments uzulassen. Die Deputirten Lockroy und Gerville⸗ hr ache traten für den Antrag ein, welcher, trotz der Erklärung des Marine-Ministers, daß nichts aus den Berichten der Kontroleure dem Parlament werde vorenthalten werden, mit 263 gegen 260 Stimmen an⸗ genommen wurde. Der Deputirte Jaurès brachte sodann die Verletzung des Briefgeheimnisses gegenüber dem Deputirten Delcasse zur Sprache (s. d. gestr. Nr. d. Bl.). Der Deputirte Del euch theilte mit, es werde eine administrative Unter⸗ suchung eröffnet werden. Der Marine⸗Minister, Admiral Besnard bemerkte, er wisse absolut nichts von der Sache. Die radikalen Deputirten verlangten eine gerichtliche Untersuchung. Der Deputirte Millerand griff die Regie⸗ rung wegen ihres lediglich administrativen Vorgehens heftig an. Der Minister⸗Präsident Méline protestierte dagegen, lehnte die richterliche Untersuchung ab und verlangte ein Vertrauens⸗ votum. Die Kammer verwarf mit 313 gegen 237 Stimmen die gerichtliche Untersuchung und nahm sodann mit 317 gegen 188 Stimmen eine Tagesordnung an, in welcher sie das Ver⸗ trauen zur Regierung ausspricht.

Für das Frühjahr werden zahlreiche Garnisons⸗ , so der Garnisonen Toul, Verdun und anderer, angekündigt. Die Armeekommission der Kammer wird jedoch, wie „W. T. B.“ vernimmt, den Kriegs⸗Minister ersuchen, den Garnisonswechsel für die Truppen an der Grenze einzuschränken, damit die Offiziere Gelegenheit haben, sich mit den Oertlichkeiten daselbst möglichst vertraut zu machen.

Alle Offiziere des Generalstabes erhielten gestern Abend Vorladungen, in dem Prozeß Zola zu erscheinen. Der Ministerrath wird noch entscheiden, ob der Vorladung Folge zu geben sei.

Italien.

Der bisherige französische Botschafter bei dem Quirinal Billot überreichte, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nach⸗ mittag dem König sein Abberufungsschreiben. Der neu⸗ ernannte französische Botschafter Barrore, welcher gestern in Rom einiraf, wird im Laufe der nächsten Woche sein Be⸗ glaubigungsschreiben überreichen. /

Die Deputirtenkammer setzte gestern die Berathung über die Herabsetzung der Getreidezölle fort.

Belgien.

Wie „W. T. B.“ aus Brüssel meldet, ist bis jetzt noch kein bestimmter Termin für den Zusammentritt der inter⸗ nationalen Konferenz zur Berathung über die Be⸗ seitigung der Aus fuhrprämien auf Zucker festgesetzt worden. Es werde dies erst geschehen, wenn eine vorlaͤufige Verständigung mit den betheiligten Mächten erzielt sei.

Amerika.

Zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und dem j apanischen Gesandten ist, wie, W. T. B.“ aus Washington meldet, ein Abkommen über die Rechte der Japaner auf Hawaii zu stande gekommen. Darnach sollen die Japaner auf Hawaii, wenn die Insel von den Vereinigten Staaten annektiert wird, auf dieselben Rechte Anspruch haben, wie die in den Vereinigten Staaten lebenden Japaner. Durch dieses Abkommen solle der Widerstand Japans gegen die Annektierung Hawaiis durch die Vereinigten Staaten be⸗ seitigt werden. .

Im Senat brachte gestern der Senator Davies und im Repräsentantenhause der Abg. Me. Guire aus Kalifornien eine Resolution ein, durch welche der Staats⸗ sekretär⸗s Sherman ersucht wird, die Korrespondenz mit Deutschland, betreffend die Obsteinfuhr, vorzulegen, falls dies mit dem öffentlichen Interesse vereinbar sei.

Der Minister des Innern und der Justiz im cubanischen Kabinet Govin soll, wie „W. T. B.“ aus Madrid erfährt, seine Entlassung genommen haben.

Asien.

Laut amtlicher Meldung wurde die Streitmacht des Generals West macott auf ihrem Rückmarsch vom Shinkamar⸗Paß lam 31. v. M. vom Feinde beschossen. Auf Seiten der Engländer wurden zwei Offiziere und acht Mann verwundet. Die britische Kavallerie erbeutete 200 Kameele.

Aus Kalkutta meldet „W. T. B.“, daß der 3 Ma yne, welcher sch auf dem Vormarsch gegen die Auf⸗ rührer im Mekran⸗Distrikt befinde, am 31. v. M. auf den Feind gestoßen sei, der den Eingang zu dem nach Westen führenden Paß über den Turhat besetzt gehalten habe. Der Dberst Mayne habe den Feind angegriffen und zersprengt. Der Feind habe gegen 100 Todte verloren, unter denen sich die bedeutendsten Häuptlinge befänden. Der Verlust auf britischer Seite betrage 4 Todte und 9 Verwundete.

Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, daß die Angabe der Times“, wonach von der britischen Regierung die Forderung ber er von Talienwan als Vertragshafen erhoben und diese Forderung später zurückgezogen worden sei (s. Nr. 29 d. Bl.), nicht zutreffe, obschon es wahrscheinlich sei, daß die

*

Frage der Oeffnung Talienwang als eines der Zugeständnisse, die als Gegenleistung für die Garantierung der chinesischen Anleihe gemacht werden sollten, im Verlauf der Unterhand⸗ lungen zum Gegenstand der Erörterung gemacht worden

sein möge. Afrika.

Aus Sansibar meldet das „Reuter'sche Bureau“: es verlaute daselbst, daß die Nub ier, welche sich in Uganda empört haben, aus dem Fort Lubwas in Usoga, in dem sie von dem Major Mac Donald belagert wurden, geflüchtet seien und den Nil überschritten hätten.

Die Gesetzentwürfe, welche dem Volks raad der Süd⸗ afrikanischen Republik vorgelegt werden sollen, sind gestern in Pretoria veröffentlicht worden. Das Gesetz Über die Ausweisung von Ausländern soll in der Weise amendiert werden, daß den betreffenden Personen die Möglichkeit gewährt werde, sich zu vertheidigen. Zum Preßgesetz ist ein Amendement vorgeschlagen worden, welches verlangt, daß der verantwortliche Redakteur eines Blattes seinen r fn in der Republik haben müsse. Das Ergebniß der Präsidenienwahl wird etwa am 14. d. M. veröffentlicht werden.

Nach einer amtlichen Depesche aus Sao Paolo de Loanda vom gestrigen Tage haben die Aufständischen im Bezirk von Mossamedes viermal hinter einander das Fort , angegriffen, sind aber jedesmal unter beträchtlichen

erlusten zurückgeworfen worden. Die Portugiesen hatten einen Todten und fünf Verwundete.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten be⸗ finden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (32.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Pod⸗ biel ski beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Reichs⸗ haushalts⸗Etats für 1898 bei dem Spezial⸗Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung, und zwar bei dem Titel „Gehalt des Staatssekretärs“ und dem dazu gestellten Antrage der Budgetkommission auf Kürzung dieses Gehalts von 30 000 auf 24 000 MS, fortgesetzt.

Das Wort nahm zuerst der Abg. Sin ger (Soz.), dessen Rede bei Schluß des Blattes noch fortdauerte.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (14) Sitzung, welcher der Justiz⸗Minister Schönstedt bei⸗ wohnte, die zweite Berathung des Staatshaus⸗ halts⸗Etats für 1898‚99 bei dem Etat der Justizverwal⸗

tung fort. . Die Einnahmen werden ohne Debatte bewilligt. Bei den dauernden Ausgaben und zwar bei dem

Titel „Gehalt des Ministers“ giebt

Abg. Kirsch (Zentr.,) seiner Freude über den Allerhöchsten Erlaß vom 27. v. M. Ausdruck, durch welchen die Richter der unteren In⸗ stanzen und die Staatsanwalte im Range den Verwaltungsbeamten aleichgestellt worden sind. Redner rügt sodann die Anwendung der Titulaturen in den Gerichtsverhandlungen; je nach ihrer gesellschaft« lichen Stellung würden z. B. die Zeugen als Herr Zeuge“ oder bloß als Zeuge“ angeredet. Uebertriebene Höflichkeit sei nicht am Platze, der Titel „Herr‘ könne fortbleiben. Das Formularwesen bedürfe auch der Vereinfachung. Zur Vorbereitung fuüͤr die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs sei schon im vorigen Jahre eine neue Raths⸗ stelle im Ministerium geschaffen, es seien aber noch keine Ausführungs⸗ gesetze eingebracht worden, wozu es hohe Zeit sei. Dagegen experimenttere man mit manchen anderen Gesetzen, z. B. mit dem Anerbengesetz. Das rheinisch westfälische Gebiet set jetzt dem Ober Landesgericht in Hamm unterstellt. Es sei jedoch erforderlich, zwei Ober ⸗Landeggerichts. bezirke, Köln und Hamm, zu bilden. Trotz des neuen Gerichtskosten⸗ gesetzes seien die Gerichtskosten nicht niedriger, sondern sogar höher ge⸗ worden, namentlich für die Erbbescheinigungen. Es müsse deshalb eine Novelle zum Gerichtskostengesetz eingebracht werden; vielleicht könne man auch für die freiwillige Gerichtsbarkeit die Kosten reichs⸗ gesetzlich regeln. Die Rechtspflege könne nur gedeihen, wenn sie sich von finanziellen Erwägungen fernhalte.

Justiz⸗Minister Schönstedt: Wenn Ausführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuch noch nicht eingebracht sind, so wird der Vor redner wohl keinen Vorwurf daraus erhoben haben. Die neue Raths. stelle war durch die allgemeine Zunahme der Geschäfte des Ministeriums gerechtfertigt. Die Ausarbeitung der Ausführungsgesetze befindet sich in lebhafter Vorbereitung, und die nächste Session wird voraussichtlich erheblich damit belastet werden. Daß Preußen nicht so schnell damit vorgehen kann wie andere Bundeßstaaten, liegt daran, daß wir es in Preußen mit einer großen Mannigfaltigkeit und Verschiedenartig⸗ keit der Gesetze zu thun haben. Eines dieser Gesetze, dasjenige über die Behandlung des Güterstandes in den bestehenden Ehen wird vielleicht schon in dieser Session eingebracht werden können. Die Menge der Ausführungkgesetze, die Sie zu gewärtigen haben, können wir nicht gut dem Hause in seiner letzten Session vorlegen. Ueber die Wirkungen des Gerichtskostengesetzes werden zur Zeit genaue statistische Ermittelungen angestellt, sowohl bei den Ge— richten, wie bei den Notaren. Bis diese Ermittelungen abgeschlossen sind, werden noch einige Monate vergehen, und erst dann kann ent⸗ schieden werden, ob eine Revision des Gerichtskostengesetzes statt- finden soll. Für die Anerkennung des Allerhöchsten Erlasses äber die Gleichstellung der Richter mit den Verwaltungs⸗ beamten danke ich dem Abg. Kirsch bestens. Der Titel Staatsanwaltschaftsrath! ist meiner Auffassung nach nicht zu lang, es konnte kein , en,. Titel gefunden werden. Daß die Gerichte zu höflich sein sollen, hat mich eigentlich schmeichelhaft be—⸗ rührt. Dem Standesberrn muß nach der Königlichen Verordnung von 1817 der Titel Herr‘ gegeben werden. Wir wollen uns über diese An⸗ gelegenheit nicht aufregen, sondern es dem Taktgefühl der Vorsitzenden der Gerichte überlassen, wie sie sich verhalten wollen. (Sehr richtig) Ob eine 2 der Gerichtsbezirke eintreten wird, darüber kann ich augenblicklich keine Auskunft geben. Schwierigkeiten im he n , Köln und Hamm haben sich trotz der Größe des Bezirks bisher nicht ergeben.

Abg. Mun kel (fr. Voltsp.) geht auf die Bedingungen für die Zulassung zum Notariate Examen ein. Es ist, führt er aus, vor⸗ gekommen, daß ein junger Mann den wissenschaftlichen Anforderungen gut genügt hat; er ist wirthschaftlich gut gestellt, und in sittlicher Be⸗ zlehung ift gegen ihn nichts einzuwenden Aber sein Vater war vor 20 Jahren, als er selbst noch nicht strafmündig der n, mit dem Strafgesetz in sittlicher Beziehung in Konflikt gekommen, obne daß der Sohn etwas davon wußte. Die Sünde der Väter 5 nach dem Alten Testament heim⸗ esucht werden an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied; hier kn t es sich um das erste Glied. Soll es etwa geschehen, weil Vater und Sohn dem alttestamentlichen Volke angehören? verstehe es, wenn dieser junge Mann in seinem Heimaths. bezirk Marienwerder nicht an . würde, aber warum nicht etwa im Bezirk Hamm? 'n eint, als wenn man auf Umwegen den Assessoren⸗ Paragraphen wieder einführen will. Der junge Mann hat seine ganze Universitätsvorbildung und die Mühen und Strapazen des Examens umsonst gemacht. Eine Aenderung der Bedingungen zur Zulassung waͤre sehr erwünscht. Ir e hug ber Blattes)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Leipzig fand am 1. Februar eine Versammlung der Maurer statt, in welcher, wie die. Lpz. Ztg. meldet, berichtet wurde, daß nunmehr eine endgültige Einigung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern erzielt worden ist, und jwar sind folgende Abmachungen getroffen worden: I) Die Arbeitszeit wird festgesetzt für die Zeit vom 14 März 1898 big 14. März 1899 auf täglich 99 Stunden bei einem Mindeftstundenlohn von 52 8, für die Zeit vom 15. März 1899 bis 31. März 1902 auf säglich 9 Stunden bei einem Mindeststundenlohn von 55 J. 2) Die Junggesellen erhalten im ersten Jahre nach der Lehrzest bis 14. März 1898 als Mindest⸗ stundenlohn 42 J, nach dem 14. März 1898 aber 435 , im zweiten Jahre nach der Lehrzeit bis 14. März 1898 als Mindeststundenlohn N 3, nach dem 14. März 1898 50 J. Diese Bestimmung bezieht sich nur auf Arbeiter unter 19 Jahren. Weitere Punkte betreffen die Arbeitspaufen, die Baubuden und Acecordarbeiten. Zu dem letzteren Punkte beschloß die Versammlung, Aecordarbeiten im Prinzip über⸗ haupt abzulehnen. . ö

In Chemnitz sind, einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge, 41 Klempner in den Aut stand eingetreten. .

In Marbach haben nach demselben Blatt die Arbeiter der Stuhlfabrik von Bock u. Fischer wegen Lohnstreits die Arbeit niedergelegt. ;

Aus Perugia meldet W. T. B.“: Eine Anzahl Arbeiter begab sich heute nach dem Gemeindehause, um Arbeit und Herab= segzung der Brotpreise zu verlangen. Durch die Dazwischenkunft des

aire und einiger Bürger wurden die Manifestanten zum Aug⸗ einandergehen bewogen. Ein Theil von ihnen wandte sich nach dem Corso Garibaldi, wo er mit Polizisten in Konflikt gerieth. Ein Polizist wurde durch einen Steinwurf verwundet; zehn Personen wurden verhaftet.

Kunst und Wissenschaft.

Dle Febrrarsitzung der Archäologischen Gesellschaft eröffnete Herr Trendelenburg in Vertretung des Vorsitzenden mit geschäftlichen Mittheilungen und einem kurzen Hinweise auf die ein⸗ gegangene Literatur, der Herr Pom tow in Ecgänzung seines Vor⸗ trages in der Januarsitzung den eben veröffentlichten amtlichen Plan der französischen Ausgrabungen in Delphi hinzufügte. Den eisten Vortrag hielt Herr Samter über die Wandbilder des Kolumbariums in der Villa Pamfili. Ihm folgte Herr H. Schöne mit einer ein⸗ gebenden Auseinanderseßung über Heron's Vister⸗ und Nivellier Instrument. Zum 8 zeigte Herr Engelmann einige kleinere Antiken aus Italien mit kurzen Erläuterungen vor.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Königlich preußisches Landes⸗Oekonomie⸗Kollegium. II.

Im weiteren Verlauf der gestrigen Sitzung stellte bei der fort⸗ gesetzten Berathung, betreffend die Abänderung des Regulativs für das Kollegium, Freiherr von Erffg den Antrag: Die Berufung des Landes Oekonomie ⸗Kollegiums erfolgt durch den Minister. Die Be⸗ rufung muß erfolgen, wenn der Vorsitzende und vier Mit⸗ glieder dies beantragen.“ Der Vorschlag der Kommission lautete: Die Berufung des Kollegiums kann nicht aus⸗ schließlich durch den Minister, sondern auch durch den Vor⸗ sitzenden aus seiner Entschließung erfolgen. Der Antrag Erffa wurde mit 16 gegen 13 Stimmen abgelehnt und mit demselben Stimmen⸗ verhältniß der Antrag der Kommission angenommen. Ferner wurde beschlossen, einen , General⸗Sekretär anzustellen, der nicht Staatsbeamter zu sein hat.. Den letzten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Jahresbericht über die Pferdezucht, welchen Graf von Bern⸗ storffWehningen erstattete. Nach Schluß der sich hieran knüpfenden Diskussion gelangte folgender gemeinsamer Antrag des Grafen von Bernstorff und des General⸗Sekretärs Steinmeyer zur Annahme: Das Landes Oekeonomie⸗Kollegfum erklärt: Die weitere Einstellung größerer Mittel zur Beschaffung von Zuchtmaterial für kalt⸗ und warmblütige Pferde ist dringend geboten. Darauf wurde die Ver⸗ handlung auf heute Vormittag 10 Uhr vertagt.

Zu der heutigen Sitzung war, wie bereits mitgetheilt, das Er⸗ scheinen Seiner Majestät des Kaisers und Königs angekündigt. 1 um 10 Uhr Vormittags fuhr Seine Majestät vor dem

randenburgischen Probinzial ˖ Ständehause vor und wurde am Ein gang von dem Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherrn von Hammerstein, dem Landes ⸗Direktor Freiherrn von Manteuffel sowie dem Vorfltzenden des Landes ⸗Oekonomie⸗Kollegiums, Unter⸗ Staatssekretär Sterneberg, begrüßt und in den Saal geleitet. Der Vorsitzende eröffnete die Verhandlungen mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in welches die Versammelten, die sich beim Eintritt des Kaisers in den Saal erhoben hatten, dreimal begeistert einstimmten. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildete der Einfluß des Ausbaues eines Netzes einheimischer Wasserstraßen auf die wirthschaftliche Entwickelung der deutschen Landwirth⸗ schaft. Der Referent, Gutsbesitzer Seydel (Chelchen bei Gum⸗ binnen), gab zunächst ein Bild von der Entwickelung der deutschen Wasserstraßen. Der Redner theilte mit, daß sich der Wasserverkehr in Deutschland von 1873 bis 1891 um 300 oo, der der Eisenbahnen um 90 0,9 gehoben habe. Es sei hierbei zu berücksichtigen, daß sich das Elsenbahnnetz innerhalb dieser Zeit um 70 oso, die Wasserstraßen dagegen nur wenig vermehrt hätten. Der Redner begründete alsdann folgenden Antrag:

I) Beim Ausbau jedes Kanals werden landwirthschaftliche Inter⸗ essen der . mehr oder weniger berührt (Durchschneidung von zusammengehörigen Grundstücken, Beeinflussung des Grundwasser⸗ standes, Gelegenheit zur Ent⸗ und Bewässerung). Es ist zu ver⸗ langen, daß die den landwirthschaftlichen Interessen günstigen Verhältnisse voll ausgenutzt und die unvermeidlichen Schä—⸗ digungen ausreichend ersetzt werden. 2) An Herstellang billiger Transportwege, namentlich für minderwerthige Güter, hat die Landwirthschaft ein fortgesetzt steigen des Interesse (Bezug von Brennmaterial, Kainit, Thomaßschlacke, Kalk und Mergel u. s. w). 3) Eine gute Wasserstraße ist, soweit ihr u als Transportmittel reicht, troßß der unvermeldlichen e⸗ triebsunterbrechungen, für die Landwirthschaft bedeutend werthvoller als Eisenbahnen. 4 Der Wettbewerb von Wasserstraßen gegen die Eisenbabnen garantiert am besten billige Sisenbahnfrachten. 5) Daß die Wasserstraßen geeignet sind, ausländische Bodenprodukte im In⸗ lande zu verbreiten, ist ge. . diese Wirkung wäre, wo das nöthig erscheint, * schutz einzuführen, , zu erhöhen, nicht aber nach den verschiedenen Seiten segeng—⸗ reiche Kanalbauten zu unterlassen. Dem Ausbau des gegen- wärtig projektierten Kanalnetzes stehen die jetzt geltenden Handels- vertrage nicht im Wege. 6) Mit der ad 1 alinea 2 ausgeführten Maßgabe ist der Ausbau des Kanalnetzes im landwirthschaftlichen Interesse zu befürworten.“ .

Landes. Oekonomie Rath Winkelmann 9 in Westfalen) führte als Korreferent aus: Es sei kein Zweifel, daß der Ausbau der einheimischen Wasserstraßen der Industrie von großem Nutzen sein würde; der Landwirthschaft würde jedoch unter Umständen daraus eher ein Schaden erwachsen. Im Jahre 1896 habe der Import aus ländischen Getreides 1 300 000 t betragen. Wenn aber erst die Kanäle ausgebaut sein würden, dann werde dieser Import ein noch bedeutend größerer werden. Der Konkurrenzkampf der landwirthschaft⸗ lichen Produkte werde alsdann auf deutschem Boden ausgefochten werden, in dem, wie er befürchte, Deutschland unterliegen würde. Die e g. Landwirthschaft würde jedoch durch den Ausbau der Wasserstraßen Nutzen haben, wenn nach Ablauf der Handelsverträge ein Zollschutz für die landwirthschaftlichen Produkte geschaffen werde, der eg den deutschen Landwirthen ermögliche, den Konkurrenzkampf auf dem Welt⸗ markt zu bestehen. Zum mindesten sei es erforderlich, Kanal⸗

abgaben einzuführen, die den Gisenbahntarifen gleichkämen. Er gebe