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9 na e. n ö
Direktor im Reichs ⸗Schatzamt Dr. von Koern er; Die Anomalie ist im Zolltarif begründet I diefer keinen Unterschled macht zwischen
rohen und anderen Seidengeweben. Die rohen Seidengewebe aus Ost ⸗Asien zahlen einen an. Zoll als die veredelten Gewebe gus Vertrage staaten. Die Verhandlungen über die Angmalie Faben noch keinen Abschluß gefunden. Eö liegen dem Reichstage zwei An träge vor, die aber 4 verschieden von einander sind, woraus schon her vorgeht, kaß die Materie selbst noch nicht ganz geklärt ist. Jeden⸗ alls werden die Anträge Gelegenbeit zur nochmaligen Prüfung der ö geben. Man könnte die Frage regeln im Wege des Ver⸗ Fbelungsverkehrs, indem man die Waare auf Niederlage gehen läßt und dann nach ö verzollt, welches nach dem Veredelungs⸗ verkehr vorhanden ist, .
hen Dr. Barth: Damit würde immer noch nicht die Zoll⸗ differenz beseitigt, die bejüglich der Einfuhr aus den Vertrage stagten besteht. Der Bundesrath sollte mit möglichster Beschleunigung einen
ustand schaffen, der unseren Veredelunge verkehr mindestentz ebenso ellt wie den Veredelungsberkehr von Frankreich und England,
Abg. Pauli (Rp.) hebt hervor, daß diese Seidengewebe der deutschen Fabrikation keine Konkurrenz machten; es würde sich hier nur ein neuer Veredelungsverkehr herausbilden.
Abg. Aichbichler entr.): Angenehm ist es ja, daß die Zoll⸗ einnahmen steigen; es ist auch angenehm, daß an verantwortlicher Stelle Vorbereitungen stattfinden, um unsere Inzustrie und Land— wirthschaft beim Abschlusse neuer Handelsverträge besser zu schützen. Man sollte auch an die Kündigung der Meisthegünstigunge verträge mit den Staaten denken, welche uns dafür keine Konzessionen gemacht haben, z. B. Argentinien und Nord-Amerika, welche uns mit ihrer Einfuhr überschwemmen. (
fh, Pr. Ham macher (nl): Bel der Abwägung von Einfuhr und Ausfuhr kommt es nicht auf die absoluten Zahlen an, sondern auf die Zusammensetzung derselben. Von Amerika, Brasilien ze. werden Produkte eingeführt, die bei uns nicht wachsen. Graf Kanitz wies auf die Verhandlung zwischen Oesterreich und Ungarn bezüglich des Zollbündnisses hin und behauptete, daß, wenn das Zollbündniß nicht erneuert werde, unser Handelsvertrag hinfällig sei. Das ist staats, rechtlich nicht zutreffend. Wir haben den Vertrag abgeschlossen mit dem gesammten Gebiet; die inneren Verhältnisse unter den einzelnen Staaten dieses Gebiets berühren unser Vertragsverhältniß nicht. Der Reichstag hat die Einrichtung von Ausfunftsstellen für den Zollverkehr und die Einrichtung des Zollgerichtshofes verlangt. Der Bundetrath hat eine definitive Entscheidung darüber noch nicht ge— troffen. Wenn der Bundesrath sich unseren Anträgen verneinend gegenüberstellt, so liegt das wohl an den staatsrechtlichen Bedenken, aber ich erlaube mir, dringend an die Vaterlandsliebe der verbündeten Regierungen zu appellieren, daß sie baldigst einen Schritt auf diesem Gebiete vorwärtsgehen. Auskunftsstellen sind jetzt bei den Direktiv— behörden eingerichtet. Warum sollen die Auskünfte von den Direktiv- behörden nur für denjenigen gelten, der die Frage gestellt hat? Warum soll die Auskunft nicht auch jedem Andern zu gute kommen?
Staatssekretär des Reicht⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thiel mann:
Als ich bei der ersten Lesung des Etats Ihnen in großen Um rissen von dieser Verfügung Kenntniß gab, sagte ich ausdrücklich, es handle sich bloß um ein Palliativ; und das Gleiche habe ich in der Budgetkommission wiederholt. Ich habe ausdrücklich darauf hin gewiesen, daß es ganz unmöglich ist, alle Zollkuriosa aus der Welt zu schaffen, ebenso wie die beste Post nicht alle Postkuriosa aus der Welt schaffen kann. Das Bestreben einer ernst denkenden Behörde kann nur darauf gerichtet sein, das Menschenmögliche aus der Welt zu schaffen, nicht alles.
Die Bestimmungen, von denen Herr Dr. Hammacher eine kurze Darstellung gab, sind zu Anfang dieses Monats im „Reichs und Staats Anzeiger veröffentlicht worden; ich darf wohl annehmen, daß sie allgemein bekannt sind. Herr Dr. Hammacher hat im allgemeinen diese Bestimmungen nicht angefochten und ist nur auf einzelne Punkte zu sprechen gekommen, wo seines Erachtens der Bundesrath nicht weit genug gegangen wäre im Interesse des Publikums. Das ist speziell die Bestimmunß daß die ertheilte Auskunft zwar den Fragesteller, aber nicht jeden Dritten schützt.
Dieser Punkt ist seiner Zeit im Schoße des Bundesraths sehr ernstlich erwogen worden; es mußte aber von einer Ausdehnung des Schutzes auf jeden Dritten Abstand genommen werden: erstens, weil dann eine Nachforderung wegen einer Registerrevision unmöglich ge⸗ macht würde und damit das Zollwesen eine doch nicht erwünschte Einschränkung erführe; zweitens aus einem rein praktischen Grunde: die Auskunft wird ertheilt auf Grund einer bestimmten vorgelegten Probe, welche seitens der Zollbehörde zu identifizieren und dem Frage— steller zurückzugeben ist; und jeder Dritte kann sich auf diese Probe nicht so ohne weiteres beziehen, denn nicht zwei Dinge in der Welt, abgesehen von Massenwaaren — und um solche Massenwaaren wird es sich nie handeln —, sind durchgängig gleich. Dieser praktische Grund spricht sehr ernst gegen die Einbeziehung jedes Dritten.
Außerdem sprach Herr Dr. Hammacher von dem zweiten Wunsche dieses hohen Hauses: die Zollfragen dieser Art sollten der richterlichen Entscheidung unterstellt werden. Darauf konnten die verbündeten Regierungen nicht eingehen. Es ist schon öfters entwickelt worden, daß die Unterstellung so eingehender und schwieriger Fragen unter den Richter erster Instanz keine Rechtseinheit schaffen würde, sondern eine Rechtsvielheit; und dieser Rechtsvielheit wollen wir nach Möglichkeit entgehen. Eine einheitliche Instanz für das ganze Deutsche Reich wäre denk⸗ bar, aber so lange die Veifassungsbestimmung, wonach die Einzelstaaten
die Erhebung und Verwaltung der Zölle behalten, besteht, kann man den
Einzelstaaten diese einheitliche oberste Gerichtsinstanz nicht aufzwingen. Ob spätere Jahrzehnte dieses oder etwas ähnliches bringen werden, kann ich Ihnen nicht sagen. Vor der Hand bitte ich Sie, die vor⸗ liegenden Bestimmungen, welche nach ernsten Erwägungen gefaßt und aufgesetzt sind, erst einige Zeit wirken zu lassen, ehe Sie ein abfälliges Urtheil darüber aussprechen. Sie werden, das gestehe ich gern zu, keineswegs alle Zollkuriosa aus der Welt schaffen, aber ich nehme als bestimmt an, daß die Zahl der Zollkuriosa sich ganz erheblich ver⸗ ringern wird; mehr kann man vorläufig nicht anstreben.
Abg. Dr. Hammacher erklärt, er kalte ez doch fär bedenklich, Personen, die denselben Gegenstand zu verzollen hätten, verschieden⸗ artig zu behandeln, weil der Eine angefragt habe, der Andere nicht,
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Ich möchte dem Herrn Abg. Dr. Hammacher nur ein kurzes Wort hierauf erwidern. Das, was wir dem Frazesteller zugestehen, ist nicht ein Recht, sondern Billigkeit. Auch für den, der keine Frage gestellt hat, bleibt die Waffe der Billigkeit immer noch bestehen, und auf Grund dieser Billigkeit kann er nach wie vor noch den Bundes rath, wenn ein besonderer ihn schädigender Fall vorliegt, um Erlaß
des Zolles anrufen. Daß auch jetzt schon, ehe diese Bestimmungen in
oh nd cor. z
Wir hoffen mit diesen Bestimmungen einen gewissen Prozentsatz aller Beschwerden aus der Welt zu schaffen; es wird allerdings noch ein Prozentsatz übrig bleiben, aber auch von diesem Rest wird wieder ein Theil auf Grund der Billigkeit, soweit es sich im einzelnen Fall machen läßt, durch den Bundesrath aus der Welt geschafft werden. Ich glaube, daß das für das erste genügen muß. Im übrigen warten wir ab, wie die Bestimmungen thatsächlich arbeiten werden.
Abg. Dr. Graf zu Stolberg Wernigerode (. kons): Die neue Einrichtung wird eine Besserung schaffen, aber ganz beseitigt können die Zollkuriosa nur durch einen einheitlichen Gerichtshof werden. Ich will den Rechten der verbündeten Regierungen nicht ent⸗ gegentreten; aber schließlich sind die Interessen auf diesem Gebiet doch überall dieselben. Die Kuriosa sind hauptsächlich darauf zurück= zuführen, daß die Struktur des Zolltarifs eine völlig veraltete ist. Er stammt aus dem Anfang dieses Jahrhunderts. Durch Aenderungen des Tarifs in seinem Gerippe werden die meisten Zollkuriosa beseitigt werden können.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Ich kann dem bohen Hause mittheilen, daß das Gerippe des Zolltarifs, um diesen Ausdruck beizubehalten, gegenwärtig im Reichs⸗ Schatzamt in Arbeit ist und von dessen jetziger Gestalt durchaus ab— weichen wird. Wir sind bemüht, ihn in allen Einzelheiten so aus⸗ zugestalten, daß er ein allgemein lesbares, leicht faßliches und dabei übersichtliches Werk werden wird. (Sehr gut!) Selbstverständlich kann man dies nur thun, indem man von den jetzigen Tarifstellen die Sammelstellen in einzelne Theile zerlegt, und dies wird in aus⸗ giebigem Maße geschehen. (Sehr richtig!)
Abg. Fritz en⸗Düsseldorf (Zentr. schließtssich den Ausführungen des Abg. Hammacher an und bittet um Einrichtung einer gemeinsamen Stelle zur Entscheidung von Zollstreitigkeiten. Redner frägt, ob man schon Verhandlungen darüber gepflogen habe, um zu einer solchen Ein⸗ heitlichkeit zu gelangen.
Staatssekretär des Reichs⸗-Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Ich kann dem Herrn Abg. Fritzen erwidern, daß solche Ver⸗ handlungen bereits gepflogen sind, aber, wie bereits vorher erwähnt, bis jetzt nicht zu einem Ergebniß geführt haben.
Abg. Meyer⸗Danzig (Rp.) fordert die Beseitigung der Tran⸗ sitlager und der Zollkredite für Getreide und Mühlenfabrikate, wofür der Reichstag, das preußische Abgeordnetenhaus und dat Herrenhaus sowie die Landtage der anderen Staaten schon seit mehreren Jahren eingetreten seien, und fragt, wie weit die Berathungen im Reichs⸗Schatzamt gediehen seien.
Staatssekretär des Reichs⸗-Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Ich kann dem Herrn Abgeordneten erwidern, daß die Frage der ernstesten Beurtheilung seitens des Bundesrathes unterliegt, daß aber ein endgültiger Beschluß noch nicht gefaßt ist. (Heiterkeit links.)
Abg. Molkenbuhr (Soz) kommt auf die schon früher von ihm aufgestellte Behauptung zurück, daß Hamburg dem Reiche für die Zoll⸗ erhebung mehr Geld in Rechnung stelle, als es für seine Beamten ausgebe; es schaffe sich dadurch eine Extra⸗Einnahme und schädige die anderen Einzelstaaten. Die Hamburgischen Beamten beschwerten sich darüber, daß sie nicht kieselben Gehälter bekämen wie die Zoll— beamten der anderen Einzelstaaten Hamburg habe auf diese Weise in den letzten fünf Jahren etwa 376 000 „n erspart. Der Reichstag könne verlangen, daß die Gelder ganz an die Beamten ausgezahlt oder daß die Ueberscküfse an die Reicht kassen abgezahlt würden.
Hanseatischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Gesandter Dr., Klügmann: Der Vorredner ist nicht richtig informiert. So⸗ wohl bezüglich der Grenzbewachung wie bezüglich der übrigen Er— hebungen wird den Einzelstaaten ein Pauschquantum überwiesen. Die Verwendung im einzelnen steht bei den Einzelstaaten. Der Reichstag kann gar nicht übersehen, wie die Gelder richtig verwendet werden.
Abg. Rickert: Das Margarinegesetz tritt zum 1. April dieses Jahres in Kraft. Wir haben beantragt, die Bestimmung über die getrennten Verfaufsräume zu beseitigen. Der Antrag wird wohl kaum zur rechten Zeit zur Annahme gelangen. Können die ver— bündeten Regierungen eine Detlaration über den Begriff „getrennte Verkaufsräume“ geben?
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Wir konnten durch eine allgemeine Ausführungs—⸗ verordnung zum Margarinegesetz nicht seststellen, was unter getrennten Verkauftzräumen zu verstehen ist. Das Gesetz definiert den Begriff von getrennten Verkaufsräumen nicht, und es war deshalb zweifelhaft, ob durch eine vom Bundekrath zu genehmigende Ausführungs⸗ verordnung dieser Begriff suppliert und damit der richter lichen Entscheidung vorgegriffen werden konnte. Wir erkennen aber vollkommen an, daß es für die Gewerbetreibenden in hohem Grade wünschenswerth ist, zu wissen, wie sie den Vorschriften des Gesetzes zu genügen haben, ohne sich der Gefahr einer Bestrafung, sei es polizeilicher oder gerichtlicher Natur, auszusetzen. Es ist deshalb vom Herrn Reichekanzler, beziehentlich vom Reichsamt des Innern den verbündeten Regierungen der Vor— schlag gemacht worden, gemeinschaftlich durch Beschluß des Bundes⸗ raths allgemeine Grundsätze festzustellen darüber, was man unter getrennten Verkaufsräumen im einzelnen zu verstehen hat. Ich hoffe, daß sämmtliche verbündeten Regierungen diesem Vorschlage zustimmen werden.
Die Folge der Feststellung derartiger übereinstimmender Grund⸗ sätze in allen Bundesstaaten wird die sein, daß Gewerbetreibende, welche nach diesen Grundsätzen getrennte Verkaufsräume hergestellt haben, erstens gegen einen polizeilichen Angriff geschüßt sind und meines Erachtens auch gegen eine richterliche Bestrafung geschützt sein werden; denn sie werden jedenfalls den Beweis führen können, daß sie sich bei der Trennung der Räume in bona fide, weil in Ueber einstimmung mit den von den verbündeten Regierungen vereinbarten Grundsätzen, befunden haben. Diese Grundsätze werden, hoffe ich, unter allen Umständen schon längere Zeit vor dem 1. April öffentlich bekannt gegeben werden.
Abg. Meyer⸗Danzig erklärt, er bedauere, daß die verbündeten Regierungen in Bezug auf die Frage der Transitlager und der Zoll⸗ kredite noch nicht zu einer Entscheidung gekommen seien. Der Zms— werth der Zollkredite betrage 7 Millionen im Jahre.
Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:
Meine Herren! Ich glaubte, in meiner vorigen Erwiderung auf die Aeußerungen des Herrn Abg. Meyer (Danzig) nicht ausdrücklich hervorheben zu sollen, daß den Regierungen das Wohl der mittleren und kleinen Landwirthschaft am Herzen liegt. Ich meine, meine
Kraft getreten sind, vom Bundezrath in häufigen Fällen auf Grund Herren, daß auf der rechten Seite des Hauses daran ein Zweifel
worden r r Abg. Meyer für meine Person daran jweffelt, so würde ich die gleiche Versicherung, welche bereits von anderer Seite von diesem Tische aus abgegeben worden ist, gern für meine Person wiederholt haben. Ich muß nur eine Ziffer berichtigen, die der Herr Abgeordnete eben genannt hat und die, wenn sie unberich. tigt in die Welt ginge, doch einige Verwirrung anrichten könnte. Wenn ich Herrn Abgeordneten Meyer richtig verstanden habe, so berechnete er den Zinswerth der verschiedenen Zollkredite auf rund 7 Millionen im Jahre. (Zustimmung.) Das stimmt nicht mit den vom Reichs- Schatzamt angestellten Berechnungen. Wenn die 40 des Antrages Schwerin -Löwitz zu Grunde gelegt werden, so ergeben sich folgende Zinsbeträge, auf das Jahr gerechnet, nicht auf eine längere Periode: für die Kontenmühlen in Preußen 105 000 , für die Kontenmühlen im ganzen Reich ungefähr das Anderthalbfache, sagen wir rund 1650, bis 160 000 MS, für den Abgang von den ge— mischten Privattransitlagern durch Eintritt in den freien Verkehr im Durchschnitt der Jahre 1895.96 etwas über 147 000 M und schließ. lich für diejenigen Eingangszölle von Getreide, Hülsenfrüchten und Malz, deren Zoll beim Eingang kreditiert ist, wieder im Durchschnitt der Jahre 1895/96 rund 850 000 S Meine Herren, das ergiebt zu⸗ sammen wenig über 1 Million, und nicht die Ziffer von 7 Millionen, welche der Herr Abgeordnete vorhin genannt hat. (Hört! hört! und Heiterkeit links.)
Auf eine weitere Bemerkung des Abg. Molkenbuhr er— klärt der ‚
Direktor im Reichs. Schatzamt Dr. von Koerner, daß die Ver—⸗ gütung nach dem Durchschnitt gezahlt werde; des Nachweises der wirklichen Zahlung an die Beamten bedürfe es nicht. Ein größerer Gewinn sei auch ausgeschlossen.
Abg. Graf zu Lim burg-⸗Stirum (d. kons) kommt auf den Zoll für Fahrräder zu sprechen. Derselbe sei so niedrig, daß die Amerikaner die Räder zu Schleuderpreisen einführen könnten; in Frankreich seien die Zölle viel höher. Er zitiere das, um zu beweisen, mit welcher Eile damals die Handelsverträge abgeschlossen worden seien. Die deutsche Fahrradindustrie müsse schon im Interesse der Arbeiter erhalten bleiben. Die Regierung sollte Bedacht darauf nehmen, hier Abhilfe zu schaffen.
Abg. Hilpert (b. k. F.) tritt ebenfalls für die Beseitigung der Transitlager und Zollkredite ein und fragt, warum der Abg. Aichbichler nicht, als es Zeit war, sich gegen die Handelsverträge gusgesprochen habe.
Abg. Dr. Barth: Die deutsche Fahrrad⸗Industrie ist nicht durch die amerikanische Konkurrenz in Schwierigkeiten gekommen, sondern sie ist sehr stark beschäftigt gewesen; es zeigt sich hier als wichtig für die Gesundheit der Industrie, daß sie nicht durch Schutzzölle verfettet wird. Bei diesem Verkehrsmittel kommt auch das Interesse der Konsumenten in Betracht, denen die Räder durch die Zölle vertheuert würden, während die Fahrradindustrie künstlich ausgedehnt und damit die Konkurrenz gesteigert wird.
Abg. Graf zu Limburg Stirum: Das System des Herrn Barth hat seiner Zeit die Eisenindustrie dem Ruin entgegengetrieben. Die anderen Staaten haben sich abgesperrt und senden uns ihre Fahr— räder zu billigen Preisen, während sie zu Hause auf hohe Preise halten. Wir müssen dafür sorgen, daß diese Industrie im Interesse der Arbeiter erhalten bleibt.
Nach einigen weiteren Auseinandersetzungen der Abgg. Aichbichler, Hilpert und Dr. Barth schließt die Debatte. Der Titel „Zölle“ wird genehmigt, ebenso der Titel
„Tabacksteuer“ (11 667 000 H).
Um 5ö// Uhr wird die weitere Berathung bis Diens tag, (Außerdem zweite Lesung der Vorlage über erste Lesung der Post⸗
2 Uhr, vertagt. die freiwillige Gerichtsbarkeit und dampfervorlage. )
Preusbischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 21. Sitzung vom 14. Februar 1898.
Die zweite Berathung des Staatshaushalts— Etats für 1898,99 wird im Etat der Forst verwaltung fortgesetzt.
Ueber den ersten Theil der Debatte ist schon berichtet worden.
Bei den dauernden Ausgaben, und zwar bei den Gehältern der Oberförster, bittet
Abg. Krause⸗ Waldenburg (fr. kons.), die Bevorzugung der Feld⸗ jäger gegenüber den Zivil⸗Forst⸗Assessoren dadurch etwas zu mildern, daß den letzteren die Dienstjeit als Assessor bei der Anstellung an⸗ gerechnet werde. Bei gutem Willen werde sich wenigstens ein Theil der Klagen der Zivil⸗Forst.Assessoren beseitigen lassen. Ferner müsse die Zabl der Obersörsterstellen vermehrt werden.
Abg. Hoffmann (ul.) wünscht, daß jede frei werdende Stelle ausgeschrieben werde.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich möchte mir nur zwei Worte auf die Be— merkungen des Herrn Abg. Krause erlauben. Er wünscht, daß, um die Carrisre der Forst⸗Assessoren zu verbessern, ihnen wenigstens bei der definitiven Anstellung die diätarische Dienstzeit angerechnet wird. Ich glaube nicht, daß ich dem verehrten Herrn Hoffnung machen kann, daß das ausführbar ist. Wir haben in allen unseren Ressorts das Prinzip, daß die diätarische Dienstzeit bei den höheren Beamten nicht zur Berechnung kommt, und es würde ganz außerordentlich weitgehende Konsequenzen haben und Berufungen berechtigter Art hervorrufen, wenn wir hier eine Ausnahme machen wollten. Wir haben schon hier im Abgeordnetenhause bei vielen Ressorts die Klagen über die sehr schlechte Carriore und die späte definitive Anstellung gehört. Ich erinnere nur an die langen Debatten über die Regierungs⸗Baumeister. Es ist fast in allen Ressorts leider dieser Uebelstand mehr oder weniger noch vorhanden; es wird noch eine längere Periode geben, wo in manchen Verwaltungszweigen diesem Uebelstand nicht abgeholfen werden kann. Es kommt das her aus dem falschen Prinzip, welches in vielen preußischen Verwaltungszweigen lange geherrscht hat, daß man, ich möchte sagen, mehr oder weniger jeden, der sich meldete, für diesen Dienst acceptierte. Ja, man hielt sich gewissermaßen sogar verfassungk⸗ mäßig dazu verpflichtet in manchen Ressortz. Infolge dessen ist in vielen Ressorts zeitweise eine große Ueberfüllung eingetreten. Die etatsmäßigen Stellen konnten aber dementsprechend nicht ver⸗ mehrt werden; so ergab sich von selbst eine Stockung des Avancements. Ich glaube es giebt, ebenso, wie das auch schon in der Bauverwaltung geschehen ist, kein anderes Mittel dafür, als noch nachträglich die Zahl der Oberförsterstellen zu vermehren. Wir sind aber im Begriff, das zu thun. Wir haben im vorigen Jahre 17 neue Oberförstereien kreiert und in diesen Jahre 7. Ich habe solchen Anträgen entsprochen,
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in dieser Beziehung zu sehr rechts) Gine weitere Maßnahme aber, eine Ausnahmebestimmung für diese Forst⸗Assessoren, deren Lage ich sehr bedauere, scheint mir nach dem ganzen System unserer Verwaltung unausführbar.
Meine Herren, wir haben auch in anderen Verwaltungen ganz Aehnliches. Die Regierung ⸗Assessoren werden jetzt angestellt als Re⸗ glerungs · Räthe erst nach 19 Jahren, und wir können berechnen, wenn das so fortgeht, werden wir vielleicht auf 14 Jahre kommen. Ja, schlechter stehen die Forst Assessoren auch nicht. (Zuruf rechts) Es ist eine fatale Uebergangsperiode, das gebe ich zu; in Zukunft wird das auch nicht wieder vorkommen; denn namentlich auf das Drängen der Finanzverwaltung ist in allen Ressorts für Unterbeamte, diätarische Beamte und höhere Beamte doch eine gewisse Beschränkung nach Maßgabe des ermittelten vermuthlichen Bedarfs eingetreten. Das war eine dringende Nothwendigkeit und gereicht denjenigen, die eine solche CarriHre beschreiten, selbst zum größten Vortheil. Wenn dadurch hier und da ein außerhalb der Ver⸗ waltung Stehender sich unangenehm berührt fühlt, so ist das immer noch besser, als daß unsere Königlichen Beamten selbst unzufrieden sind. (Sehr richtig! rechts.)
Nun werden wir ja gleich noch auf line andere Frage kommen, die Lage der Förster; sie wird noch viel schlimmer geschildert. Wir werden aber nachweisen, daß namentlich die Motivierung des Antrags mit den thatsächlichen Verhältnissen in schneidendem Widerspruch steht. (Oh! oh! rechts.)
Die Gehälter der Oberförster werden bewilligt.
i den Positionen für die Gehälter der Förster liegt der Antrag der Abgg. von Arnim (kons.) und Genossen vor:
in Erwägung, daß die seitenß der Regierung im Etat der Forstverwaltung pro 1898/99 für die Föoͤrster vorgeschlagenen Gehaltsbezüge weder den Bedürfnissen, noch den berechtigten An— sprüchen dieser Beamten für entsprechend zu erachten sind, die Re⸗ gierung aufzufordern, für den nächsten Etat eine wesentliche Er⸗ böhung dieses Einkommens vorzusehen.
Der Berichterstatter Abg. von Bockelberg theilt mit, daß die Gehälter der Förster von 1100 — 1500 S nach dem Etat auf 1200 bis 1600 „M, also um 100 , erhöht werden sollen. .
Abg. von Waldow (kons.): Der Wunsch, die Förster in die Klasse der Subalternbeamten einzureihen, ist erfüllt, und die Förster sind dafür sehr dankbar; aber die Gehaltserhöhung dieses Etats ist unzureichend. Den Ton, in dem in der Presse für die Besserstellung der Förster agitiert wird, mißbilligen wir als des Försterstandes durchaus un— würdig; die Förster selbst stehen auch nicht inter dieser Agitation. Trotz dieser Agitation beurtheilen wir die Verhältnisse der Förster unbefangen und hätten schon in diesem Etat eine wesentlich größere Gehaltserhöhung gewünscht. Anders können wir das gute Material in diesem Beruf garnicht erhalten; et wird sich anderen Berufs⸗ zweigen zuwenden, und das zu verhindern, liegt im Interesse des Staats selbst. Deshalb haben wir unseren Antrag gestellt. Be⸗ stimmte Forderungen im einzelnen stellen wir darin nicht, das Üüberlassen wir der Regierung. ob sie z. B. eine Erhöhung des Gehalts oder der Dienstaufwandtzentschädigung vornehmen will. Auch die Forsthilfsaufseher bedürfen einer Erhöhung ihres Einkommens, und ferner müssen die Wohnungsverhältnisse dieser Be amten verbessert werden. Der Ober⸗Landforstmeister berechnete im vorigen Jahre die Kosten für die Errichtung von Dienstwohnungen der Hilféaufseher auf 20 Millionen Mrark. Das wollen wir natür— lich nicht, aber allmählich müssen die Wohnungsverhältnisse verbessert werden. Die Hanptsache für die Forsthilfsaufseher ist die Ver besserung ihrer Anstellungeverhältnisse. Die Förster wünschen ferner den Ziollversorgungsschein zu erhalteg, damit sie bei der Aussichts— losigkeit im Forstfach sich anderen Verwaltungen zuwenden können. Die Versicherung dieser Beamten gegen Unfälle c. bedarf auch der gesetzlichen Regelung. An der Jagd müssen die Förster theilnehmen; zu der niederen Jagd werden sie immer von den Oberförstern hin⸗ zugezogen. Sie müssen aber auch bei großem Hochwildstand einen Theil des Abschusses übertragen erhalten. Herr Rickert hat neulich behauptet, daß die Oberförster die Förster nur als Diener behandeln. Das trifft nach unserer Kenntniß nicht zu, die Förster werden immer höflich behandelt. Wir vertreten auch die Interessen der Förster, aber anders, als es Herr Rickert gethan hat.
Minister für Landwirthschaft 2ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ stein:
Meine Herren! Im hohen Hause ist wiederholt vom Regierungs—⸗ tisch die Erklärung abgegeben, daß beim nächsten Etat die Frage in ihrer Gesammtheit einer gründlichen Prüfung unterworfen werden solle, ob und bei welchen Kategorien von Unterbeamten noch das Bedürfniß nach Aufbesserung des Gehalts vorliegt. Diese Erklärung bezieht sich auch auf die Königlichen Forstunterbeamten, und wenn in diesem Jahre diesen schon vorab eine Gehaltserhöhung um 100 4A zu theil geworden ist, so ist damit nicht ausgesprochen, daß hierdurch schon die Frage entschieden sei, ob und in welchem Umfange bei der generellen Prüfung der Aufbesserung größerer Kategorien von Unterbeamten sie nicht noch eine weitere Berücksichtigung finden müssen. (Hört, hört Im Gegentheil, daß in diesem Jahre die Erhöhung für die Forstbeamten eingestellt ist, beweist, daß mit besonderem Wohlwollen die Staatsreglerung sich der Ge⸗ haltsaufbesserung der Förster angenammen hat. Denn darüber be—⸗ stand kein Zweifel, daß, wenn man die gegenwärtig in Frage stehende Aufbesserung eintreten lassen würde, daraus bedenkliche Konsequenzen für andere Kategorien von Unterbeamten nicht gezogen werden könnten, und allein diesem Umstande ist es zu danken gewesen, daß die Finanzverwaltung sich bereit erklärt hat, diese Erhöhung schon in diesem Jahre jzu gewähren, und daß sie andererseits sich bereit erklärt hat, bei der für den nächstjährigen Etat vorzunehmenden Prüfung, ob und welche Kategorien von Unterbeamten eine weitere Gehaltserhöhung erfahren sollen, auch die Frage erneut in Erwägung zu nehmen, ob die gegenwärtig den Förstern zugebilligte Gehaltserhöhung ausreichend sei oder nicht.
Also, meine Herten, ich kann nicht anerkennen, daß aus dieser Vorlage eine Benachtheiligung der Forstbeamten zu befinden ist. Im Gegentheil, ich habe festgestellt, daß durch dies Vorgehen eine besonders wohlwollende Berücksichtigung der Interessen der unteren Forstbeamten zu erkennen ist, weil sie, ohne daß auch andere Unterbeamtenkategorien betheiligt sind, schon mit einem Theil ihrer berechtigten Forderungen in diesem Jahre berücksichtigt werden sollen. Im übrigen werden sie sich vertrösten müssen — wie alle übrigen Unterbeamten — auf die Regelung der Verhältnisse im nächsten Jahr.
Meine Herren, unbedingt muß der Grundsatz aufrecht erhalten werden, bei der Gewährung von Gehaltserhöhungen die Verhältnisse aller gleichartigen Kategorien von Beamten zu prüfen und eine gleiche Berücksichtigung ju gewähren. Ich glaube, die Königliche Staatsregierung befindet sich mit diesem Grundsatz in vollem Einklang mit diesem hohen Hause. Es würde doch höchst bedenklich wirken, wenn man von diesem Gesichtöpunkte abgehen wollte. Denn die
des hohen Hauses gewiß.
Meine Herren, den Ausführungen des Herrn Vorredners über die bedenkliche Agitation, die augenblicklich in den forstlichen Unterbeamten⸗ kreisen slattfindet, kann ich mich in vollem Umfang anschließen. Ich schließe mich der Erklärung an, die Herr Graf Limburg-Stirum bei der Generaldebatte abgegeben hat, welche besagt:
Daß man bei der Forstverwaltung den Förstern eine Zulage von 100 M6 gegeben und eine Anzahl neuer Stellen gegründet hat, damit sind wir sehr einverstanden. Denn von meinen politischen Freunden ist den Förstern, einer Klasse zuverlässiger, tüchtiger Leute, immer Wohlwollen entgegengetragen worden, und wir werden auch bereit sein, wenn es irgend möglich ist, ihre berechtigten Wünsche auch ferner zu unterstützen. Ich kann aber nur hier sagen, daß diese Bereitwilligkeit unsererseits noch mehr gesteigert werden und in immer höherem Maße sich bethätigen wird, je weniger die Wünsche in agitatorischer Weise vorgetragen werden. Das ist eine Be— merkung, die ich nicht allein den Förstern gegenüber, bei denen die Agitation nicht so sehr hervorgetreten ist, als auch für andere Beamte machen muß.
Meine Herren, ich kann nur Wort für Wort unterschreiben, was der Herr Graf Limburg-Stirum gesagt hat; ich werde aber gleich den Herrn Ober ˖Landforstmeister bitten, eine kleine Aehrenlese zu geben von dem, was in Fachschriften in den Kreisen der Förster jetzt an Agitation geleistet wird.
Ich richte an das hohe Haus die Bitte, die Staatgregierung in dem ernsten Willen, eine strenge Disziplin in unserem tüchtigen, zu⸗ verlässigen Forstbeamtenstande aufrecht zu erhalten, thunlichst zu unter⸗ stützen. Ich bedauere, sagen zu müssen, daß Aeußerungen, wie sie gestern auf jener Seite des Hauses von dem Herrn Abg. Rickert gefallen sind, nicht allein keine Unterstützung nach dieser Richtung hin sind, sondern daß sie geeignet sind, die Unzufriedenheit unter den Förstern und die Insubordination ihren Vorgesetzten gegenüber zu steigern. (Sehr richtig! rechts) Die Staatsregierung ist gewillt und hat, glaube ich, den Beweis dafür erbracht, den Forstbeamten dasjenige zu gewähren, was sie mit Rücksicht auf ihre dienstliche Stellung, auf ihre Leistungen, auf ihre Stellung anderen Beamten⸗ kategorien gegenüber zu beanspruchen berechtigt sind. Aber die Staatg⸗ regierung verlangt auch, daß die Beamten das bleiben, was sie bisher waren: ein treuer, zuperlässiger Beamtenstand, in den kein Geist der Unzu⸗ friedenheit eindringt, und daß die Beamten, voll an altpreußischer Tradition festhaltend, wie das bisher der Fall gewesen ist, treu ihre Pflichten erfüllen und sich streng innerhalb ihrer dienstlichen Stellung ihren Vorgesetzten unterordnen. Sollten die Erscheinungen, die jetzt an⸗ fangen, in immer verstärktem Umfange hervorzutreten, einen bedenk⸗ lichen Umfang annehmen, sollten in einzelnen Fällen erweisliche That⸗ sachen vorliegen, aus denen hervorgeht, daß die Beamten ihre Pflicht versäumt, die Subordination verletzt haben, so steht der Königlichen Staatsregierung auf Grund der bestehenden Gesetzgebung und der sonstigen maßgebenden Bestimmungen die volle Machtbefugniß zur Verfügung, um gegen solche Ausschreitungen mit Ernst vor— zugehen. Ich kann und muß die ganz bestimmte Erklärung in Uebereinstimmung mit allen übrigen Ressortchefs abgeben, daß die Staatsregierung sich stark genng fühlt und gewillt ist, derartige das Staatswohl gefährdende Vorgänge mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu unterdrücken und disziplinarisch strengstens zu ahnden, kurzum die Disziplin strengstens aufrecht zu erhalten. (Bravol rechts.) Ich bin dem Herrn von Waldow besonders dankbar dafür, daß sowohl er wie Graf zu Limburg, wie ich annehme, im Einverständniß mit der konservativen Fraktion, das volle Einverständ⸗ niß mit diesem Standpunkt der Königlichen Staatsregierung zu erkennen gegeben haben. Ich bin ferner der festen Ueberzengung, daß alle diejenigen Mitglieder dieses hohen Hauses, die an den altbewährten preußischen Traditionen festhalten wollen, daß Disziplin und Ordnung unter den Staatsbeamten aufrecht erhalten werden muß und soll, sich auch mit einem sehr scharfen Vorgehen der Königlichen Staatsregierung in dieser Richtung einverstanden erklären werden. (Bravo! rechts.)
Meine Herren, ich persönlich habe ein großes, warmes Interesse für die Forstbeamten. Auf meinen häufigen Dienstreisen bin ich mit vielen Forstbeamten in nahe Berührung gekommen. Zu meiner Freude kann ich meiner persönlichen Ueberzeugung dahin Ausdruck geben, daß die Fälle, in denen die Unzufriedenheit und die Insubordination einen be⸗ denklichen Grad angenommen haben, noch vereinzelt dastehen. Wenn aber so weiter agitiert wird, wie das gegenwärtig geschieht, so ist die Gefahr eine große. Je mehr da mit Energie und Schärfe einge— griffen wird, umsomehr liegt das im Staattinteresse, aber auch im Interesse der Beamten. (Bravo! rechts.)
Ober ⸗Landforstmeister Donner schildert die unter den Förstern betriebene Agitation und verliest Stellen aus Agitationsschriften. Selbst das Abgeordnetenhaus werde in die Agitation hinein gezogen, die Namen aller Abgeordneten, welche im vorigen Jahre für die Förster eingetreten seien, würden veröffentlicht. Die Stellung der Oberförster werde herabgesetzt und der Förster zum eigentlichen Trager des Amtes erhoben. Es werde den Förstern an⸗ heimgestellt, Allerhöchste Abzeichen abzulegen, weil sie ihrem Stande eigentlich nicht entsprächen. Es werde weiter behauptet, daß seit 665 Jahren nichts für die Förster geschehen sei. Aber allein in den letzien 30 Jahren sei ihr Gehalt sechsmal erhöht worden, und ihr penstonssählges Cintommen betrage jetzt 1040/0 dessen, was sie 1867 hatten. Auch bezüglich der Forstaufseher hätten sich die Verhältnisse, auch die Wohnungsverhältnisse, neuerdings gebessert. Der Gewährung des Zivilversorgungsscheins an die Forstaufseher stehe leider die Be⸗
stimmung des Reichs. Militärgesetzes entgegen. Die Waldwãͤrter seien
eine unbequeme Einrichtung für die Verwaltung, und die Regierung fei bemüht, diese Stellen einzuziehen.
Abg. Horn (ul) hält die Gehaltsausbesserung von 100 „ für nicht genügend. Es scheine auch die nöthige Unterlage für die Be= meffung dieser Gehälter gefehlt ju haben; eine Schablonisierung derselben sei bei den Verschiedenheiten der einzelnen Stellen un. angebracht. Die Agitation der Förster sei nicht zu billigen; bis zum letzten Jahre hätten sich die Förster musterhaft ver⸗ halten und nicht einmal eine Petition an das Haus gebracht. Seine Partei unterschreibe in dieser Beziehung vollkommen die Ausführungen des Ministers und des 26g von Waldow. Die den Förstern zustehende landwirthschaftliche Nutzung habe im letzten Jahre sehr geringen Ertrag ergeben, um so mehr müsse eine
weit besser besoldet ü Jahre dem Antrag. J . .
, ., des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich habe vorhin gesagt, daß die Motivierung des hier vorliegenden Antrags mit den wirklichen, thatsächlichen Ver⸗ haͤltnissen nicht stimmt. Ich möchte das dem Hause noch etwas klarer machen.
Es wird hier immer so dargestellt, als ob die Förster entschieden benachtheiligt seien im Verhältniß zu anderen Beamten ähnlicher Kategorien, als ob ein besonders mangelhaftes Wohlwollen für die Förster vorhanden wäre. Gerade das Gegentheil ist der Fall. Der Herr landwirthschaftliche Minister hat das schon im allgemeinen berührt. Ich werde das etwas konkreter darstellen.
Meine Herren, hier im Hause und bei der Regierung — es liegt das schon in der deutschen Vorliebe für den Wald — ist stets eine große Sympathie für den Förster gewesen — nicht bloß in Worten, sondern sie hat sich auch thatsächlich erheblich bestätigt. Es ist schon angeführt worden, daß in den letzten 12 Jahren die Förster 4mal aufgebessert worden sind, und zwar im Durchschnitt im Ganzen um 46 0,0. Wenn Sie sich die übrigen Beamten in den verschiedensten Zweigen ansehen, so werden Sie finden, daß sie mit den Förstern garnicht konkurrieren können.
Meine Herren, nun sind aber auch vielfach Irrthümer darüber, was der Förster thatsächlich nun in Zukunft beziehen wird. Jetzt steht der Förster im Durchschnitt auf 1400 4M festen Gehalt. Dazu kommt die freie Dienstwohnung, und was eine freie Dienstwohnung bedeutet, meine Herren, gegenüber den Beamten, die in großen Städten wohnen und die Miethen selbst bezahlen müssen, das brauche ich Ihnen nicht weiter auseinanderzusetzen. Da können selbst gegen einen geringen Wohnungsgeldzuschuß Differenzen von 2⸗ bis 300 4 ent⸗ stehen. Das wird mir niemand bestreiten, der die Wohnungsverhält-⸗ nisse in den größeren Städten kennt.
Außerdem erhalten sie freie Feuerung, und es wird diese freie Feuerung mit 75 M bei der Pension angerechnet.
Dann haben die Förster Dienstland. Ich gebe zu, daß in manchen Beziehungen, namentlich bei den heutigen Preisverhältnissen, dieses Dienstland keinen großen Werth hat, aber in anderen Fällen wieder hat es einen sehr erheblichen Werth, und es erleichtert jeden falls die Lage der Förster auf dem Lande, wo einen großen Theil der Produkte sie selbst herstellen müssen. Man kann darauf einen nicht unerheblichen Betrag rechnen.
Endlich, meine Herren, sind Stellenzulagen vorhanden von durhschnittlich 100 M, die bis 300 M gehen, die nach meiner Auf⸗ fassung gerade besonders geeignet und dazu bestimmt sind, die Ver⸗ schiedenheit des Dienstlandes bei den Förstern auszugleichen.
Wenn Sie, meine Herren, das alles zusammenrechnen, dann kommen Sie auf ein Durchschnittseinkommen von mindestens 1600 4 Diese Beamten stehen also in der Klasse: 1200 bis 2000 4 Wenn Sie diese Gehalts, und Einkommenssätze vergleichen mit den⸗ jenigen der entsprechenden Beamtenkategorien, so finden Sie noch eine Reihe von Beamten, welche schon lange vor den Förstern zu den Subalternbeamten gehörten, und welche erheblich weniger beziehen. Sie finden aber eine noch größere Anzahl — über 20 000 Beamte —, welche mit den Förstern früher standen zwischen den Unterbeamten und Subalternbeamten, und denen man nicht die Vortheile, sie auf⸗ rücken zu lassen zu Subalternbeamten, gewährt hat, welche erheblich weniger beziehen.
Welche Konsequenzen also ein einseitiges Vorgehen hat, wie Sie in Beziehung auf die übrigen Beamten selbst in Verlegenheit gerathen werden, wenn Sie hier zu weit den Vorstoß nehmen, das liegt auf der Hand, und wenn Sie da einigen agitatorischen Elementen in der Forstverwaltung vielleicht entgegenkommen, so müssen Sie bedenken,
welche Mißstimmung Sie bei ähnlich technisch vorgebildeten Beamten
erregen.
Meine Herren, es ist ja ganz richtig, daß die Carrisre bei den Förstern bis dahin eine ungünstige gewesen ist, daß sie oft sehr alt haben werden müssen, ehe sie eine etatsmäßige Stelle bekamen; aber in dieser Beziehung bringt dieser Etat und wird der folgende Etat doch eine sehr große Abhilfe bringen, denn wir vermehren die Försterstellen um 200. Wenn nun außerdem auf Grund der Verhandlungen mit der Militärverwaltung der Zu⸗ strom zu dieser Carriòre vermindert wird, so kann man annehmen, daß in Zukunft ein Forstaufsehergehilfe in etwa 6 bis 8 Jahren eine definitive Anstellung hat. Wir haben eine große Anzahl Ressorts, wo es noch ungünstiger liegt. Nun haben wir aber doch diese Carriòre sehr erleichtert, indem wir schrittweise in sehr erheblichem Maß auch die Bezüge der Forsiaufsehergehilfen aufgebessert haben, sodaß diese jetzt im Höchstgehalt nur um 100 M unter dem Anfangg⸗ gehalt der Försterstellen stehen. Da muß doch eine Differenz sein zwischen dem Höchstbetrag des Bezuges der diätaxisch und der definitiv angestellten Beamten.
Meine Herren, wenn nun in Zukunft daneben mehr als bisher darauf Bedacht genommen wird, den Andrang zu dieser Carridre nicht allzu reichlich werden zu lassen, so bin ich überzeugt, daß diese jetzigen Uebergangsverhältnisse sehr bald, namentlich wenn wir in solchem Maße die etatsmäßigen Stellen erhöhen, überwunden werden, und es wird dann ein wesentliches Moment, woraus die Klagen der Förster entstanden sind, von selbst verschwinden.
Meine Herren, endlich möchte ich noch hervorheben, daß der pensionsfähige Betrag der Bezüge der Förster in diesem Jahre um nicht weniger als 280 4K erhöht ist, sodaß auch in dieser Beziehung, was die demnächstige Pensionierung der Förster betrifft, sie sich durch diesen Etat erheblich verbessern. Nun erwägen Sie, daß gegenüber diesen bedeutenden, in der Vergangenheit liegenden Verbesserungen der gegenwärtige Etat nicht bloß im Maximum, wie bei allen übrigen Beamten im vorigen Jahre, sendern auch im Minimum um 100 M erhöht ist. Das ist für die Förster mit solchen Gehaltssätzen von sehr erheblicher Bedeutung. Erwägen Sie ferner die Vermehrung der Stellen, die Verbesserung der Pensionsverhältnisse, so werden Sie an⸗ erkennen, daß der Herr Landwirthschafts⸗Minister vollständig Recht hat, wenn er sagt: „Hier ist der Beweis geführt, daß man für die Förster mit besonderer Sympathie vorgegangen ist“.
Meine Herren, ich kann Ihnen versichern, ich habe lange dem landwirthschaftlichen Minister Widerstand geleistet, überhaupt bei den Förstern in diesem Jahre allen anderen Unterbeamten vorab solche