Marktort
Berichte von deutschen Fruchtmärkten.
Qualitat
gering
mittel
Gezahlter Preis für 1 Do
niedrigster
höchster
niedrlgfler
16
ppelzentner
niedrigster
6
höchfter
6
Doppelzentner
Verkauftz⸗ werth
Durchschnittt⸗
preis für
1Doppel⸗
zentner
Am vorigen Markttage
Außerdem wurden am Markttage (Spalte I) nach überschläglicher Schätzung verkauft Doppelzen tner (Preig unbekannt.)
Bopfingen
St. Avold
. o
Arnstadt 1.
Schneidemũhl : Kolmar i. P..
Strehlen i. Schl. Schweidnitz . ;
Dil esheim
St. Avold
4. 2 9 5. *
Arnstadt i. T
Schneidemuhl Kolmar i. P. .
Strehlen i. Schl. Schweidnitz .
Bopfingen
w 2 9 2 2 2 2
Arnstadt i. Tb.
—
Echneidemühl Kolmar i. P. .
Strehlen'i. Schweidnitz
Hildesheim.
Saarlouis
St. Avold
JJ . e 2
Arnstadt i. Th.
Gin liegender Stri
en i. Schl. ⸗ ö mri . Dildesheim
Schl.
13,20 11, 60
14,00 13,50 14.00 14,09 14,40
1280
14,40 14,20 13, 10
1650
13, 10 14. 40 11 29 13,56 15 66 14.56 13,55 11 606
1420 16 vo
13,20 11,80
14,00 13, 80 14,40 14,B50 1440
1280
14,40 14.65 153, 06
1750
13,40 14,60 12, 90 165, 00 13,00 14,60 14.14 12,50
1450 1880
17,54 18,00 18,090 16,70 16,50 18.60 16,40 16,25 17, 60 18,25 19,20 17,90
1833 ö g0 , Sh
20,27 20, 00 16,30 19,70 18, 80
13,25 12.20 13.40 14.00 13 50 13,60 13,75 14,00
13, 13 12, 85 13,10 12,70 14,50 14,10 13 80 14,70
1714 106 16 b
1350 13,40 14,60
12,25 115656 1460 14600 14.50 14.56 14660 153.13 15,90 15. 95 13.56 1535 14 50 16 06
16, 15 16,60 19, 10
18 40 14 v6 18 36
13,85 12,20 13,70 14,50 13,90 14,60 14,50 14,60
13.00 13.30 13 75 13,50 15,00 14,60 14,00 165,90 12.80
14,00 14,690 13,44 15,20 14,20
1433 5 14680 160
Weizen.
18,20
18,50 1749 17,50 19,090 18,20 1850 18,10 19,25
20 040 Iĩ9. 55 36, 57 27 49 71,96 31.25 30 55
1780 20,20 19,20
g e n.
14 00 13.66 15.50 1456 13.30 1460 14566 14.20 13,75 15.776 13,26 1536 1376 15.06 1456 14,8 14.66 1300 1786 17336 17506 15.76 16. 16 14656 13860 14. 36
18,20
18,506 17,70 18,59 19,00 18.20 18,50 18,60 19,25
20,090 20.690 22, 383 23, 4 21,00 21,25 20, 82
18,70 20, 0 19,50
14400 13,290 13 86 14,350 14,20 14,20 14,50 14.20 13,75 13,76 1320 13, 25 13,70 15,90 1490 14,80
14,66 14,00 18,57 18,00 17,50 15,70 16, 10 14,90 14,40 15,20
13300 12,80 14,50 15,00 1600 16,00 15,00 13,75 13,50 14,30 14,00 16.50 16,50
Benmer kungen.
Die verkaufte Menge wird auf volle Doppeljentner und der Verkaufgwerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. e . (=) in . Er fn i Prelse hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.
190 516
2269 385 840
3 509 110 272
1216 160
720 13 280 50 281 2570 325 483
3 807 591
1470 15,39 16,15 11,25 1478 16,1 14,05
13650
— — O0 .
de
80 Ro Se & & e & & , (oe o
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* DI 86 1 2 — . 2 '. 2 . 2 d D . 3 . . o.
16, 14
Der Durchschnittsprels wird aus den unabgerundeten Zahlen berechaet.
Deutscher Neichstag. 55. Sitzunz vom 4. März 1898, 2 Uhr.
Das Haus erledigt zunächst einige Petitionen.
Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet.
Die auf die Aenderung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe sich beziehenden Petitionen der Papier⸗ fabriken, des Verbandes deutscher Müller und der Dreguisten⸗ Innungen zu Berlin werden der Regierung als Material uͤberwiesen; die Petition der Barbier⸗, Friseur- und Perrücken⸗ macher⸗Innungen wird durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt.
Abg. Lenzmann fr. Volksp.) wendet sich bei dieser Petition gegen die für die Provinz Weftfalen erlassene Polizeiverordnungen, welche das Jagen am Sonntag verbiete und die Verhüllung der zur Schau gestellten Waaren vorschreibe. Diese letztere Verordnung stehe in Widerspruch mit der Gewerbeordnung
Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Woedtke: Den Ausführungen des Vorredners über die Zuständigkeit des Reichs kann ich nicht zustimmen. Der betreffende Paragraph der Gewerbeordnung bezieht sich auf die Arbeit am Sonntag und enthält keine Bestim⸗ mung, daß weitergehende landesgesetzliche Vorschristen unzulässig sind. Das Verhängen der Schaufenster am Sonntag ist überdies in einer Reihe preußischer Provinzen althergebrachtes Recht. Ich sehe daher keine Veranlassung, namens des Reichsamts des Innern auf die preußische Verwaltung einzuwirken, daß sie die Verfügung aufhebt.
Es folgt die erste Berathung des von den Elsaß⸗ Lothringern und den Sozialdemokraten beantragten Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung des so⸗ genannten Diktatur-Paragraphen.
Abg. Winterer (b. k. F. begründet den schon mehrfach von seinen Freunden eingebrachten Antrag, der 1896 vom Reiche tage an— nommen, aber nach längerem Zögern vom Bundesrath abgelehnt worden sei. Da in den Reichs landen keinerlei Gefahr mehr vorhanden sei, brauche der Statthalter die ihm zustehenden außerordentlichen Befugnisse nicht mehr. Trotzdem sei der Diktatur Paragraph gegen Durchreisende, gegen Zeitungen und Versammlungen vielfach an— gewendet worden, sodaß es in diesen Beziebungen an jeglichem ordent - lichem Gerichte fehle und die freiheitliche Entwickelung des Landes ge—⸗ hemmt werde. . .
Abg. Dr. Höffel (Rp.): In jedem Jahre kommen die Klagen aus Elsaß⸗Lothringen über den Ausnahmezustand aufs neue, aber ohne Erfolg. Daß kurz nach 1870 außergewöhnliche Maßregeln nothwendig waren, ist begreiflich. Aber seitdem haben sich die Verhältnisse total verändert, und die Beseitigung des Diktatur⸗Paragraphen wird die Reichslande beruhigen; die Regierung behält auch dann noch Aus— nahmebefugnisse in genügender Anzahl, z. B. das Ausweisungsrecht. Die verbündeten Regierungen sollten den Diktatur⸗Paragraphen, der ein bequemes Agitationsmittel fär die Opposition ist, endlich be⸗ seitigen, damit in der Bevölkerung das Bewußtsein des engsten Zu— , mit dem Deutschen Reiche endlich geweckt wird. Denn o lange die Ausnahmezustände bestehen, werden sie anderen Nationen das Recht haben, zu sagen, daß noch eine elsaß lothringische Frage be⸗ stehe. Eine zufriedene Bevölterung ist eine viel bessere Garantie als alle Ausnahmegesetze.
Abg. Dr. von Cuny (nl) spricht seine Befriedigung darüber aus, daß die Sache in so ruhiger Weise erörtert worden sei und 6 fest, daß die Entwickelung in Elsaß⸗Lothringen sich derartig ge⸗ taltet habe, daß es möglich sein werde, ohne Ausnahmebestimmungen dermaleinst auszukommen. Gegenwärtig sei seine Fraktion nech nicht in der Lage, für die Anträge zu stimmen: das folge aus der Stellung der Partei in nationalen Fragen. Wenn die Regierung erkläre, daß sie gewisser Waffen noch bedürfe, so seien die Nationalliberalen nicht in der Lage, ihr dieselben zu versagen; denn die Regierung sei verantwortlich für die Sicherheit des Reiches. Die Elsaß— Lothringer hätten ja schon mehrfach nationale Anschauungen vertreten, er boffe, daß das auch in Zukunft der Fall sein werde; dann werde die Regierung vielleicht gegen die Aufhebung der Diktatur nichts ein—⸗ zuwenden haben. Bei der Anwendung des Diktatur Paragraphen handle es sich meist um das bedrohte Grenzgebiet, nicht um eigentlich elsaß⸗Jothringische Verhältnisse. Die Bedeutung der Diktatur sei übertrieben worden; es sei von der Ausnahmevorschrift nur wenig Gebrauch gemacht worden. Die Nationalliberalen sehnten die Zeit herbei, wo es der Regierung möglich sein werde, auf die Ausnahme⸗ vorschrift zu verzichten.
Abg. Lenzmann (fr. Volkep.): Ich bedauere, daß das Wort von der nationalen Frage in die Debatte geworfen ist. Erklärungen der verbündeten Regierungen, daß sie diese Waffen brauchen, haben wir heute noch nicht gehört. Vielleicht haben die verbündeten Regie⸗ rungen auch Wahrnehmungen befriedigender Art gemocht, welche einen Verzicht auf Ausnahmemaßregeln gestatten. Der Vorredner thut so, als wenn der Diktatur⸗Paragraph garnichts bedeute. Wie kommt es denn aber, daß der Landesausschuß, daß alle elsaß⸗ lothringischen Abgeordneten sür seine Aufhebung eintreten? Sie wollen eben auf den Boden des ordentlichen Rechtes treten. Wir werden für die An⸗ träge stimmen.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) erklärt seine und seiner Freunde volle Zustimmung zu den Ausführungen des Abg. von Cuny mit Aus— nahme des Abg. Höffel. In diesen Fragen könne allein die Regie⸗ rung, welche die Verantwartlichkeit für die Sicherheit des Landes trage, die Entscheidung treffen. Die Regierung werde auch nicht einen Tag länger, als es nothwendig sei, von dieser Ausnahmebefugniß Gebrauch machen. Die elsaß lothringische Frage sei vorzugsweise eine auswärtige Frage, die er deshalb hier nicht näher erörtern wolle, weil damit dem Vaterlande ein sehr schlechter Dienst geleistet werden würde. Die Abgeordneten aus Elsaß Lothringen kämen immer nur dann in den Reichstag wenn es sich um ihre Angelegenheiten handle., Darin liege doch ein Beweis, daß die Herren den inneren Angelegen⸗ heiten des Reichs nicht die Aufmerksamkeit schenkten, die wünschens—⸗ werth sei. Man könne den Diktatur ⸗ Paragraphen nicht aufgeben.
Abg. Graf von Hompesch (Zentr.): Meine Freunde sind immer ür die Aufhebung der Diktatur eingetreten und werden es auch heute thun.
Abg. Bebel (Soz.) richtet eine Anzahl scharfer Angriffe gegen die Regterung der Reichslande und führt aus, daß dieselbe auch ohne den Diktatur⸗Paragraphen noch über Machtmittel genug verfüge, namentlich auf Grund des Preßgesetzes mit seinen Kautionen 2c. und des Vereins, und Versammlungsrechts.
Abg. Dr. von Levetzow (d. kons): Meine politischen Freunde haben bei den wiederholten Verhandlungen oft erklärt, wie sie zu der Sache stehen. Ich will auch heute die kurze Erklärung abgeben, daß es niemand besser erwägen kann, als die verbündeten Regierungen, wann der Moment gekommen sein wird, diese Ausnahmevorschrifien aufzuheben. Es wird Sache der Elsaß-Lothringer sein, die Gründe, welche die Erhaltung des Ausnahmezustandes erfordern, zu beseitigen. Bel einem so schwach besetzten Hause wird es sich nicht empfehlen, in die zweite Lesung des Gesetzentwurfs einzutreten.
Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath im Ministerium für Elsaß« Lothringen, Halley; Meine Herren! Die sämmtlichen Herren Vor redner haben sich bemüht, sich thunlichst kurz zu fassen; auch ich werde mich auf wenige Worte beschränken. Der Herr Abg. Bebel ist seiner bisherigen Gewohnheit auch heute treu ge— blieben und hat mit seinen Ausführungen gegen den § 10 des Gesetzes vom 30. Dezember 1871 lebhafte Angriffe gegen die Landeß verwaltung von Elsaß Lothringen verbunden. (Zuruf von den Sozialdemokraten) — das wird sich ja finden. — Ein großer Theil der Ausführungen des Herrn Abg. Bebel steht mit dem §z 10 in gar keiner Berührung, und ein Zusammenhang derselben mit dem heutigen Antrage ist 9 nicht herzustellen. Sachlich waren die Aue führungen des Herrn Abg. Bebel schon deshalb ungerecht, weil er gar keine Notiz von dem genommen hat, was unbestrittener⸗ maßen (thatsächlich in der 277 jährigen Verwaltung erreicht
worden ist in ruhigem, ftetem Fortschreiten, in unermüdlicher Arbeit und Ausdauer der von ihm so schlecht behandelten Beamten, in unverbrüch— lichem Festhalten an den Zielen: wie die verbündeten Regierungen und der Reichttag von jeher bestrebt gewesen sind, dem Lande zu der ersehnten Selbständigkeit zu verhelfen, wie das neue Staatswesen, nachdem das Reichsland von dem früheren Vaterland getrennt war, mit dem es verbunden war, durch straffe Zentralisatien in der ganzen Staate verwaltung, durch Literatur, Kunst und Wissenscaft, durch intime Familienbeziehungen, durch ausgezehnte Beziehungen auf dem Gebiete von Handel, Gewerbe und Industrie, — schon drei Jahre nach der Annexion, im Jahre 1874 einen berathenden Landeg⸗ ausschuß erhalten hat, wie nur drei Jahre später, im Jahre 1877, aus dem berathenden Lander ausschuß ein gesetzgebender Fattor wurde, trotzdem darüber ja kein Zweifel sein konnte, daß die gebildeten so⸗ wohl wie die besitzenden Klassen in ihrer überwiegenden Mehrzahl vollständig französiert waren, wie nur zwei Jahre sräter, 1579, dem Landesausschuß das Recht der Initiative gegeben worden ist, wie das Stgatswesen sich seitdem immer mehr und mehr konfslidiert hat, wie es Justiz⸗, Finanz-, Polizeihoheit besitzt, und an Stelle der Verwaltung, die früher von einer Abtheilung des Reichskanzleramts von Berlin aus gefübrt wurde, eine selbständige Verwaltung im Lande getreten ist, wie an Stelle des Reichstags, der früher die einzige Volkspertretung von Elsaß Lothringen war, nunmehr für die ganze Entwickelung der Landesgesetzgebung der Landesausschuß thatsächlich allein in Betracht kommt. Sehe ich von der Beseitigung eines früher im Wege der Reichs⸗Gesetzgebung erlassenen Gesetzes ab, so ist das letzte Gesetz, welches im Wege der Reichs⸗Gesetzgebung zu stande gekommen . im Jahre 1838 erlassen worden. Bas Alles ist erreicht worden in weniger als drei Jahrzehnten. Nun, meine Herren, der Herr Abg. Bebel hat heute ganz vergessen, daß Rom auch nicht in einem Tage erbaut worden ist, während doch seine besonderen Bestrebungen ihn darauf hinweisen müßten, daß eingewur⸗ zelte Volksgewohnheiten und eingelebte Verhältnisse im Hand—⸗ umdrehen sich nicht über den Haufen werfen lassen. Wer überhaupt die Ausführungen des Herrn Bebel heute verfolgt hat, der müßte, wenn er die thatsächlichen Verhältnisse nicht besser kennt, zu der Ueberzeugung kommen, daß wir in einem rechtlosen, diktatorisch regierten Lande leben. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. ) Meine Herren, das Wort „Diktatur“ ist lediglich ein Schlagworf das sich ja rednerisch gut verwenden läßt, das auch feinen Eindruck auf die Massen nie verfehlen wird, das aber den thatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Landes nicht im geringsten entspricht. Zur Diltatur gehört denn dech vor allem ein Diktator. Vas aber werden die Herren mir zugeben müssen, daß der Statthalter, der vom Kaiser ernannt wird, für den die Gesetze im Lande verbindlich sind, nicht deshalb zum Dittator wird, weil ihm für besondere Ausnahmeverkbältnisse besondere Vollmachten übertragen worden sind. Mit dem Wort „Diktator“ verbindet man denn doch einen ganz anderen Begriff. Und was die Handhabung der Regierung in Elsaß ⸗Lothringen betrifft, so weiß das Land sehr genau, daß es unter einem gerechten, milden, wohlwollenden Statthalter lebt (Lachen bei den Sozialdemokraten), der ein kräftiger, wirksamer Be⸗ schüßzer der wirthschaftlichen und politischen Interessen des Landes ist und der noch jüngst, indem er einen für das Land außerordentlich wichtigen Regierungeakt befürwortete, sehr deutlich gezeigt hat, daß er dem Lande das denkbar größte Vertrauen entgegenbringt, und daß er die Wünsche des Landes, soweit sie sich überhaupt erfüllen lassen, jeder Zeit zu erfüllen bereit ist. Den heftigen Angriffen des Herrn Bebel gegen den Staatssekretär von Puttkamer kann ich doch wohl entgegen halten, daß im ganzen Lande die Verdienste, die er sich um das Land im reichesländischen Parlament und in der ge— sammten Verwaltung, insbesondere seit 1879 erworben hat, aner- kannt werden. (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wenn Herr Bebel dann sagte, die sämmtlichen Beamten des Landez wären unfähig, das Land zu regieren, weil sie mit der Berölkerung in keine besseren, intimeren Beziehungen getreten seien, so muß ich ihn darauf hinweisen, daß, wenn er sich mehr mit den thatsächlichen Verhältnissen des Landes beschäftigt haben würde (Zaruf bei den Sozialdemokraten — große Heiterkeit) — wenn der Herr Abg. Singer mir zuruft: Sie lassen uns ja nicht herein, so be— merke ich, daß, soviel ich weiß, bisher auf Grund des Diktatur⸗ paragraphen der Herr Abg. Bebel noch nicht ausgewiesen worden ist (lebhafte Unterbrechungen; Glocke des Präsidenten), ebensowenig der Herr Abg. Singer. (Lebhalte Zwischentufe bei den Sozialdemokraten, Glocke des Praäsidenten), — und wenn Sie mir zurufen: Versammlungeverbot ‘, so bemerke ich, daß dem Herrn Abg. Bebel, so lange er Reichstags Abgeordneter für Straßburg ist, die Erlaubniß, eine sozialdemokratische Versammlung in seinem Wahlkreise abzuhalten, nie verweigert wurde. (Hört, hört! rechts.) Also ich sagte, wenn Herr Bebel sich mit den thatsächlichen Verhältnissen des Landes mehr bekannt gemacht hätte, so würde er die Erfahrung gemacht haben, daß das Verhältniß der Beamten zur Bevölkerung im allge— meinen ein recht zufriedenstellendes, meisteniheils sogar ein recht gutes und herzliches ist. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ja, gehen Sie doch einmal hin und sehen Sie, wie die im Reichstage im allgemeinen so schlecht behandelten Kreisdirektoren mit der Be⸗ rölkerung verkehren, Sie werden dann zu der Ueberzeugung kommen, daß die Beamten des Landes durchaus pflichitreu und bestrebt sind, den Interessen des Landes nach allen Richtungen bin zu dienen. Was die einzelnen Sachen angeht, von denen Herr Bebel sprach, so thut es mir leid, daß er mich nicht vorher von den⸗ selben unterrichtet hat; ich würde dann in der Lage gewesen sein, bezüglich der Anwendung der Polizeiverordnung, welche die französischen Inschriften verbietet, die thatsächlichen Verhältnisse klarstellen zu können. Mir ist das, was Herr Bebel in dieser Beziehung als vorgekommen bezeichnet, völlig unbekannt. Wenn Herr Bebel serner sagte, in Münster habe die Polizei einem Wirth, bei dem politische Geipräche im Wirthebause geführt wurden, angedroht, ihm die Konzession zu entziehen, so ist mir auch dieser Fall vollständig unbekannt. Ich stede aber nicht an, zu erklären, daß ich zunächst die Sache für nicht richtig halte. Ich eraähne da einen anderen, früber vor— cekommenen Fall, über den ich Aufschluß erbeten habe. Herr Bebel hat in der Reichstagssitzung vom 30. Januar 1895 be— hauptet, der Polizei Präsident von Straßburg habe die Ordre erlassen, die Wirthe sollten darauf sehen und alles aufbieten, daß in ihren Wirthschaften keine politischen Gespräche geführt würden. Das würde also ungefähr dieselbe Sache sein, wie sie in Münster vor— gekommen sein soll. Darauf hat mir der Polizei Präsident in Straß⸗ burg geantwortet, daß weder von mir noch von meinem Vertreter derartige Zumuthungen an die Wirthe gestellt worden sind. Was der Herr Abg. Bebel also damals dem Hause mitgetheilt hat, ist thatsächlich Fabel gewesen. Bis auf weiteres muß ich annehmen, daß das, was er von Münster vorgebracht hat, eine ebensolche Fabel ist. (Bravo! rechts.) ö
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Wir balten auch die Zeit für gekommen, kaß die Ausnahmezustände in Elsaß Lothringen beseitigt werden. Freiherr vom Stein hat bezüglich der Behandlung eroberter Länder gerathen, daß man durch wohlwollendes Entgegenkommen die Er bitterung zu besänftigen und die Gemüther für das Gute der neuen Verfassung empfänglich machen möge. .
Abg. Werner (Reformp.): Wenn man alles den verbündeten Regierungen überlassen will, dann braucht der Reichstag garnicht zu⸗ sammenzukommen. Durch Beibehaltung der Diktatur wird der Sozialdemokratie der beste Vorschub geleistet; denn es wird dadurch bei den Elsaß⸗Lothringern der Glauben erweckt, daß sie Reichsbürger zweiter Klasse seien.
Abg. Bebel (Soz) erklärt: verboten habe man zwar keine Versammlungen, man habe es ihm (Redner) aber unmöglich ge—⸗ macht, in Straßburg und sogar in dem benachbarten Baden Ver⸗ sammlungen abzuhalten. Als er sich in Straßburg aufgehalten, sei er auf Schritt und Tritt von Geheimpolizisten beobachset worden.
Stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundegrath, Geheimer Ober Regierungs⸗Rath im Ministerium für Elsaß Lothringen . Meine Herren! Nur noch wenige Worte. Etwas at mich in den Ausführungen des Herrn Abg. Bebel
denn doch interessiert; er hat wenigstens anerkannt, daß in Elsaß. Lothringen nicht alles schlecht sei. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Es ist das nun nicht gerade viel, was der Herr Abg. Bebel fue ehen hat, aber wir sind auch mit wenigem zufrieden. (Zuruf bei den Sozialdemokraten. Jal ja! so sind wir. (heiterleit. So⸗ dann hat der Herr Abg. Bebel gesagt, es set ihm infolge der Thätigkeit der Polizei nicht möglich geworden, in Straß— burg ein Lokal für seine Versammlungen zu bekommen. Den Beweis für diese Behauptung hat Herr Abg. Bebel nicht bei- gebracht, und ich muß deshalb, bis er denselben geliefert, seine Be—⸗ schuldigung gegen dle Polizei zurückweisen. Dann hat der Herr Abgeordnete eine dritte Sache erwähnt. Der Herr Staatssekretär von Puttkamer habe von dem Vorkommniß mit dem Kreisdirektor zu Erstein keine Kenntniß gehabt. Gerade das Gegentheil ergiebt sich aus den Verhandlungen des Landetausschusses. Herr von Puttkamer hat nach dem Zeitungs⸗Stenogramm im Landesausschuß gesagt: Der Vorfall war mir ganz unbekannt, ich hatte vor dem Prozeß“ von demselben nie gehört. Nachdem ich gelesen hatte, daß ein solcher Prozeß stattgefunden, habe ich mich erkundigt und habe einen Bericht pon dem Kreisdirektor erhalten. Das ist denn doch ganz etwag Andere, als wenn Herr von Puttkamer erklärt hätte, er habe über- haupt keine Kenntniß von der Sache gehabt.
Damit schließt die Debatte. Nachdem der Abg. Dr. Simonis Jb. F. F) in einem Schlußwort als Mitantragsteller nochmals für den Antrag eingetreten ist, stellt der Präsident Freiherr von Buol einen Antrag des Abg. Lenzmann, sofort die zweite Lesung vorzunehmen, zur Abstimmung.
Abg. Freiherr von Stumm bezweifelt vor der Abstimmung die Beschlußfähigkeit des Hauses.
Der von dem Präsidenten hierauf angeordnete Namens⸗ aufruf ergiebt die Anwesenheit von nur 133 Mitgliedern, während 199 zur Beschlußfähigkeit nothwendig sind.
Die Verhandlungen werden deshalb abgebrochen.
Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. (Erste Berathung der Postnovelle. Dritte Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die freiwillige Gerichtsbarkeit. Fortsetzung der zweiten Berathung über die Entschädigung unschuldig Ver⸗ urtheilter, beginnend mit der Abstimmung über § 77)
Preusdischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 38. Sitzung vom 4. März 1898.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die Berathung des
Antrags der Abgg. Felisch (kons) und Gen.: die Regierung zu ersuchen, dieselbe wolle im Bundesrath ihren Einfluß dahin geltend machen, daß dem Reichstage baldigst ein Gestetzentwurf vorgelegt werde, durch welchen die Ausübung des so verantwortlichen Baugewerbes von dem Nachweis der Be fähigung zum selbständigen Betriebe abhängig gemacht wird.
Ueber den ersten Theil der Debatte ist schon berichtet worden.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Ich habe bereits im vorigen Jahre Gelegenheit gehabt, die grundsätzliche Stellung der Staatsregierung zu der Frage des Befähigungsnachweises näher darzulegen. Grundsätzliche Bedenken hat die Regierung gegen die Einführung des Befähigungsnachweises für die Baugewerbe nicht. Für sie ist die Frage wesentlich eine Frage des Bedürfnisses und eine Frage der praktischen Zweckmäßigkeit. Aus diesem Gesichtspunkte hat sie infolge der vielfachen Petitionen, die schon früher an den Reichstag gelangt sind, bereits Anfang der 90er Jahre Veranlassung genommen, eingehende Erhebungen anzustellen durch Berichte der Regierungen darüber, ob die Einführung des Befähigungsnachweises als zweckmäßig anzusehen wäre und als ein Bedürfniß zu betrachten sei, um die größere Sicherheit für die Ausübung des Baugewerbes zu erreichen. Denn daß das Bautewerbe zu denjenigen gehört, bei denen das Leben und die Sicherheit der Betheiligten wesentlich in Frage kommt, daß hler also wesentlich ein öffentliches Interesse in Betracht kommt, das unterliegt ja gar keinem Zweifel.
Die Berichte, die damals eingegangen sind, sind jwar nicht auf Grund besonderer statistischer Erhebungen erstattet worden — es liegen ihnen im wesentlichen wohl nur die Angaben der Kreis⸗Baumeister zu Grunde, die Erfahrungen, die bei ieder Regierung innerbalb ihres Bezirks gemacht worden sind.
Nach dem Ergebniß dieser Berichte wurde es damals als ein dringendes Bedürfniß, mit der Regelung des Befähigungg⸗ nachweises vorzugehen, nicht erachtet; es wurde nicht einmal angenommen, daß die Zahl der Baununfälle tyhatsächlich als eine bedenkliche eischiene. Die Berichte ergaben auch keinen Anhalt für die Annahme, daß sich die Zahl der Unfälle in erheblicher Steigerung befinde. Man nahm allgemein an, daß die Zahl der Un⸗ fälle im wesentlichen im Zusammen hang stände mit der Unzuverlässig⸗ keit in der Ausübung des Gewerbes, nicht so sehr mit der Unfähigkeit für die Ausführung. Gleichwohl aber war man in der Mehrzahl der Berichte überwiegend der Meinung, daß es sich empfehle, der Frage des Befähigungsnachweises näher zu treten, und zwar wesentlich aus inneren Gründen: man sagte sich also, daß die ganze technische Entwickelung des Baugewerbes eigentlich darauf hinweise, eine Prüfung der Be⸗ fähigung der Bauhandwerker vorzuschreiben, weil thatsächlich die An⸗ forderungen an die Leistungen derselben immer mehr stiegen; es würde in zunehmendem Maße gebaut mit Eisenkonstruktionen; die Kenntniß der Materialien, die statistischen Berechnungen, kurz, alles was noth⸗ wendig sei für die sichere, zuverlässige Ausführung des Baues, weise darauf hin, daß man die Einführung des Befähigungsnachweises auf die Dauer nicht entbehren könne.
Es wurde ferner hervorgehoben, daß die Ausbildung des Unter⸗ nehmerwesens im Baugewerbe dahin dränge, nach dieser Richtung eine größere Garantie für die solide Bauausführung zu schaffen. Die Ausführung der großen Bauten liege meist in den Händen von be⸗ sonderen Firmen, bei denen nicht lediglich die Aufgabe einer technisch vollkommenen Arbeit, sondern vorzugsweise die gewinnbringende Erwerbsihätigkeit in den Vordergrund trete. Diese Entwickelung lasse es erwünscht erscheinen, den Befähigungsnachweis für die einzelnen bei der Bauunternehmung mitwirkenden Baugewerbe ein- zuführen. .
Es wurde endlich darauf hingewiesen, daß es für die Hebung deg ganzen Standes erwünscht sei, den Befähigungsnachweis einzuführen, desgleichen für die Ausbildung der Gesellen und Lehrlinge. .
Diese allgemeinen Gesichtspunkte waren es, die in den Berichten bestimmend waren, die Einführung des Befähigungsnachweises zu be⸗ fürworten. Für ein dringendes Bedürfniß aber wurde diese Maß. regel nicht anerkannt. Im übrigen gingen die Berichte weit aus.