1898 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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Prenßischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

46. Sitzung vom 14. März 1898.

Die zweite Berathung des Staats haushalts Etats für 1898/99 wird im Etat der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal Angelegenheiten bei dem Kapitel „Elementar-Unter richts wesen“ fortgesetzt.

Ueber den Beginn der Debatte ist schon berichtet worden.

Abg. Dauzenberg (Sentr.) befürwortet, wie hier kurz wieder

holt sei, elne umfassenders Mitwirkung der Kirche an der k

aa innige Verbindung werde. Die

diese sei ein Annex der Kirche. In einem christlichen habe der Staat dafür zu sorgen, daß die zjwischen Kirche und Schule nicht gestört Voltsschule olle in erster Linie eine Erziehungsanstalt

ei von den Religionsgesellschaften zu ertheilen.

nterricht der Volksschule dürfe die religiöse Erziehung

Acht sassen.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ueber einen großen Theil der Beschwerden, die der Herr Abg. Dauzenberg soeben über die Schulverwaltung erhoben hat, haben wir uns schon unzählige Male mit einander unterhalten,

(Zuruf aus dem Zentrum: Leider) leider, ohne uns über alle

Punkte zu verständigen. In einem Punkt bin ich aber mit dem Herrn

Abg. Dauzenberg vollständig einverstanden, nämlich in dem, daß man

für die Volksschule gar nicht genug thun kann. Darin sind wir beide vollkommen einverstanden. Nun ist der Herr Abg. Dauzenberg auf elne früher hier aus— gesprochene Anschauung zurückgekommen, nämlich darauf, daß die Vollsschule im Grunde eine Veranstaltung der Kirche ist. Auf diesen Standpunkt kann ich mich nicht stellen. Denn die Volksschule ist bei uns verfassungt mäßig eine Veranstaltung des Staats. Dabei wird es auch bleiben, auf diesem Punkte stehe ich ganz fest. Vielleicht habe ich Sie, Herr Abg. Dauzenberg, in diesem Punkte mißverstanden. Darin aber werde ich Sie nicht mißverstanden haben, daß Sie gesagt haben: die preußische Volksschule sei im Großen und Ganzen keine christliche mehr, und zwar deshalb, weil die Unterrichts verwaltung den berechtigten Einfluß der Kirche auf die Schule nicht in genũgendem Maße respektiere. Meine Herren, ich muß dem ganz entschieden wider⸗ sprechen, die preußische Volkeschule ist thatsächlich durchaus eine christliche Schule und soll es auch sein. Vielleicht werden einige Zahlen dies einigermaßen illustrieren. Wir haben 36 bal Schulen; davon sind 24 b0h evangelisch, 10 759 katholisch, 247 jüdisch und nur 660 simnultan. Wenn wir also über 35 000 konfessionelle Schulen haben, so wird doch Herr Abg. Dauzenberg nicht behaupten können, die Volksschulen seien keine christlichen Schulen. Das ist eine Be—⸗ bauvtung, die können Sie weder beweisen noch begründen.

Weiter, meine Herren, hat der Herr Abg. Dauzenberg geklagt über die Vertheilung der Schulaussicht. Es ist ja richtig, daß in der Kreisschulinspektion vielfach auch katholische Schulen mit unter epangelischen Schulinspektoren stehen und umgekehrt. Ich will hier gleich bemerken: es ist nicht durchführbar, jedenfalls mit den uns jetzt jur Dieposition stehenden Mitteln nicht durchführbar, daß wir den katholischen Schulräthen und Aufsichtsbeamten nur katholische Schulen und den evangelischen Schulräthen nur evangelische Schulen unter⸗ stellen. Wollten wir das machen, meine Herren, so müßten wir ungefähr die doppelte Zahl von Stellen haben, die wir jetzt haben. Wenn aber die Stellen so vermehrt würden, so würde dies zur Folge haben, daß die Schulräthe nicht mehr voll beschäftigt wären, daß sie zum theil ruhig spazieren gehen könnten. Das sind Zustände, die man schon aus allgemeinen Gründen nicht als wür schenswerth bezeichnen kann. Der Abg. Dauzenberg hat das auch schon von selbst anerkannt und hat gemeint: der Ausgleich müsse in der Lokal Schulinspektion liegen; wenn da alles richtig geordnet wäre, dann wären die Zustände vielleicht etwas leichter erträglich.

Ja, meine Herren, in der Lokalschulinspektion ist die Sache aber wirklich so geordnet, daß sie kaum besser geordnet werden kann. In der Rheinprovinz stehen 3127 Schulen unter katholischen Lokal Schulinspektoren, und nur ganz wenige stehen nicht unter katholischen Lokal · Schulinspektoren, nämlich 309, und das sind solche, erstens wo Vakanzen sind, und zweitens wo Rektoren sind, wo gar keine Lokal⸗ Schulaufsicht nöthig ist, wo wir diese Häufung der Instanzen nicht gebrauchen kurz, besser und kirchlicher wird man auch beim besten Willen die Lokal“ Schulinspektion nicht ordnen können, wie sie jetzt bei uns geordnet ist. Ja, wir sehen gerade in der Lokal. Schulinspektion prinzipiell dasjenige Moment, wo wir den Zusammenhang der Schule mit der Kirche aufrecht erhalten wollen

Sehr betrübt hat mich der Vorwurf des Abg. Dauzenberg, daß man in Preußen er sagte das allerdings mit der liebenswürdigsten Miene nicht offen zu Werke ginge, sondern daß man mehr heimlich mit der Entchristlichung der Schule, äber die er klagte, vorgehe. Ja, Herr Dauzenberg, das ist ein sehr schwerer Vorwurf; denn wenn man das bei Lichte besieht, so heißt das, daß wir nicht ganz ehrlich zu Werke gehen. Wir gehen aber in der That ganz offen zu Werke. Ich habe mich hier wiederholt über diesen Punkt ausgesprochen. Ich bin ja überzeugt, daß es von Ihnen nicht persönlich verletzend gemeint gewesen ist, aber eg hat mich doch sehr betrübt, daß das hier ausgesprochen wird. Meine Herren, wenn ich irgend etwas für meine Verwaltung in Anspruch nehmen kann, dann ist es Offenheit und Ehrlichkeit. (Bravo Eg kann sein, daß ich in manchen Stücken geirrt habe es ist gewiß auch vorgekommen aber offen und ehrlich bin ich zu Werke gegangen und habe auch da, wo ich geirrt habe, es immer offen und ehrlich anerkannt. Also heimlich machen wir diese Dinge nicht. Es ist ja richtig, daß ich in Bezug auf den Erlaß vom 18. Fe⸗ bruar 1876 anders stehe wie die Herren. Ich habe mich dar— Über aber schon so zahllose Male ausgesprochen, daß ich es heute glaube vermeiden zu können, nochmals auf diese heikle Frage ein⸗ zugehen.

Dann will ich doch noch bemerken das wird Herr Dauzenberg mir wohl zugeben —: wir haben in Bezug auf den katholischen Religionzunterricht augenblicklich mit den kirchlichen Oberen auf der ganzen Linie vollen Frieden. Wo noch eine Vifferenz bestand,

des Ministeriums

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in einem christlichen Staat eine chriftliche Erziehungsanstalt sein; nach den Grundsätzen der Konfessionen, welchen die Kinder angehören, müsse die Erziehung stattfinden unter Mitwirkung der zuständigen Organe der betreffenden Religlonegesellschaft; der Religionsunterricht Der gesammte nicht außer

die haben mit ihnen verhandelt, und ich kann nur sehr dankbar sein für das Entgegenkommen, was ich dort gefunden habe. Warum also hier so zu sagen den Kampf proklamieren, da wir doch faktisch auf der ganzen Linie augenblicklich im Frieden leben?

Nun will ich noch auf einen anderen Punkt kommen. Der Herr Abg. Dauzenberg hat gemeint, es wäre in der Schulverwaltung zuviel ESchreiberei. Ich will das nicht ganz bestreiten. Es ist eine gewisse Neigung in einzelnen Behörden, mehr zu schreiben, als persönlich und an Ort und Stelle einzugreifen. Aber das kann ich den Herren ver⸗

haben sollte, weiterzugehen und die Beschwer den d Gemeinden hier vorgebracht hätte in der Erwart

jetzt eingehend auf die Sache mich einlassen die Regierung sogar desavouieren würde, so ich das natürlich nicht. Ich habe über beide Fälle kein Einzelheiten; ich muß also zunächst die Regierung hören und mit informieren und werde das thun. Aber ganz so ungünstig, wie etz einen Theil des Regierungsbeztrkg Düsseldorf von dem Herrn *! geordneten dargestellt wird, liegen die Verhältnisse keineswegs.

sichern, von uns aus wird keine Gelegenheit versäumt, den Schul⸗ vätern und Schulaufsichtsbeamten zu sagen: geht persönlich in die Schule und schreibt so wenig wie möglich. Also im Prinzip und in dem Bestreben, hier unnütze Schreiberet und unnöthige weitläufige, formalistische, bureaukratische Allüren aus der Schuverwaltung her⸗ auszubringen, sind wir, der Herr Abg. Dauzenberg und ich, voll⸗ kommen einig.

Abg. Schröder (Pole) bemerkt, daß auch für die Schulkinder n den polnischen Landestheilen nicht genug gethan werden könne, und führt verschiedene Beispiele zum Beweise dafür an, daß die Ergebnisse des Religionsunterrichts bei polnischen Kindern ganz traurige seien, weil dieser Unterricht unter Vernachlässigung der polnischen Muttersprache ertheilt werde. Die Kinder lernten die Religion nur mechanisch. Daß in der Polenfrage konfessionelle Rücksichten imitspielten, beweise der Um⸗ stand, daß sich die Regierung den evangelischen Polen ganz anderß gegenüberstelle. In Mafuren ünd Lithauen fei der Lefe. und Religions⸗ unterricht in der Oberstufe in der Muttersprache gestattet, in den von katholischen Polen bewohnten Gegenden dagegen nicht. Flottwell habe in einer Denkschrift die Bedeutung des Religionsunterrichtz in der Muttersprache anerkannt, und der Kultus Minister Graf Zedlitz habe 1892 erklärt, daß in den doppelsprachigen Gegenden auch die deutschen Kinder polnischen Unterricht erhalten müßten, weil in solchen Landestheilen immer derjenige der wirthschaftlich Stärkere sei, der beide Sprachen beherrsche. Was schade diesen Kindern das Polnische? Deutsch lernten sie in der Schule und zu Hause; wenn sie also auch noch das Polnische beherrschten, hätten sie ein viel besseres Fortkommen in ihrem Leben. Der Ministerial⸗Direktor sage aber: Wohin kämen wir, wenn auch bis deutschen Kinder noch polnisch lernen follen? Der Kultus. Minister sage, er gehe offen und ehrlich por. Das thue man nur, wenn man gerecht sei. Offen dürften die Polen ihre Schulen nicht halten; wenn sie aber ohne Genehmigung der Regierung Schulen unterhtelten, dann schreite man gegen sie ein. Der Kultus. Minister Graf Zedlitz habe gesagt, es sei besser, mit den Polen im Frieden zu leben als im Kampfe. Ministerial Direktor Dr. Kuegler: In dem Landtagsabschied bon 1846 ist den Polen gesagt worden, daß sie in der preußischen Monachie ihr Vaterland finden und treue Unterthanen sein müßten, wenn sie den Schutz finden wollten, den sie erwarteten. Die Ergebnssse in den Schulen in Westpreußen sind nicht so gering, wie der Vorredner es darstellt; oft kann man bei den Kindern garnicht mehr unterscheiden, ob das Polnische oder das Deutsche ihre Muttersprache ist. Wenn die Herren Polen eine Statistik aufstellen, so rechnen Deutschen. die nur ein paar W Polen.

unserem Standpunkt. als Herr Dauzenberg genehm oder un

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86 3 . ; . e,. lassen. Redner die Besoldungsverhältnisse der

Abg. Dr. Arendt (fr. kons.): Für konfessionelle Auseinander⸗ setzungen ist kein Moment ungeeigneter als der jetzige. Unfer Stand⸗ punkt in dieser Frage ist bekannt. schule als gegen eine nichtchristliche bat der Kultus Minister schon zurückgewiesen. Wenn der deutsche Unterricht in den polnischen Landestheilen so schlechte Resultate ergiebt, wie die Polen meinen, so muß er vermehrt werden. Durch das vorjährige Lehrerbesoldungs . h gesetz ist den Wünschen der Lehrer Rechnung getragen worden. Weiter, si

bliehenen müssen borläu fig zurückgestellt werden. Bei der Durchführung st des Gesetzes muß auf die Leistungssähigkeit der Gemeinden mehr Rücksicht geüommen werden, als es thatsächlich geschieht. Namentlich aus dem Regierungsbezirk Merseburg wird schwer geklagt, daß man zu wenig die praktischen Verhältnisse in Rechnung zieht. Ben Versuch, die Hygiene in den Semingren als Lehrgegenstand einzuführen, begrüße ich mit Freuden. In Bezug auf die Unterscheidung der Pilze stimme 9 ich mit meinem Freunde Lückhoff durchaus überein. Es ist mir mit- 1 , worden, daß in let an giftigen Pilzen gestorben sei. Auf die Frage der gesetzlichen Schulunterhaltungspflicht gehe ich nicht ein, 1 . sie . hesonderen Antrag zur Erörterung bringen wollen. Man gebe dem Lehren . des Lehrers ist, lasse aber auch die Gemeinden leben.

k 23. deschmert sich darüber, daß von der . n ö stpreußischen Schulordnung, nach welcher die . inder in bestimmten Fällen bis über das vollendete 14 Lebensjahr hinaus in der Schule zurückgehalten werden können, ein zu weit gehender Gebrauch gemacht werde. Der 1890 vorgelegte Gefetzentwurf habe den auf das 14. Lebensjahr folgenden Entlaffungstermin als End= termia des Schulunterrichts bezeichnet, und damit sei man damals sast allgemein einverstanden gewesen. Die Kinder sollten an ihrem 14. Geburtstage entlassen werden, oder man solle wenigstens ven der . Schulordnung nur in den seltensten Fällen Gebrauch

chen.

Abg. Bueck (nl) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Feststellur S der Lehrergehälter im Regierungsbezirk Düsseldorf r e feln *. Die Regierung hat das Anfangsgebalt der Lehrer in Slirum nie⸗ 9 driger bemessen, als die Gemeindevertretung vorgeschlagen hat, obwohl die Theuerungeverhältnisse in Stirum ebenso ungünstig wirken wie die in dem bengchbarten Mühlheim und in der Gemeinde Ober haasen und die steuerkräftigen Industriellen sich selbst für eine Er⸗ hökung der Lebrergehälter ausgesgrechen haben. Rotthausen ist noch viel mehr in der Lage, den Lehrern entgegenzukommen, da es sehr geringe zu on muna zuschlãge erhebt, In dem benachbarten Regierungsbezirk Arnsberg sind die Lehrer viel besser gestellt, und die Folge wird sein, B daß die Lehrer nach diesem Bezirke hin drängen. Ich möchte als⸗

bitten, daß die Regierung hier Abhilfe schafft. d

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Wenn der Antrag des Herrn Vorredners nur nu

dahin geht, daß ich diese Fälle nochmals zu meiner Kognition nehme, und wenn es möglich ist, Abhilfe schaffe,

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so bin ich sehr gern bereit,

babe ich meine katholischen Räthe zu den Herren Bischöfen hingeschickt,

darauf einzugehen. Wenn aber der Herr Abgeordnete beabsichtigt in

Das kann Punkte klar zu besoldungsgesetzes. eine Antwort der Herr Abg. Bueck neulich sich beklagt hatte. ausdrücklich hier hervorheben, daß die Staatsregierung bei der Aus—

der

. 185 geführt hat, daß wir nicht für die ganze Monarchie Normalsãtze,

sondern nur gewisse Minimalsãtze spricht aber den Wunsch aus, Umständen gewährt und die da

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ie Dienstzeit in diesem Amte ange— fähig sind, durch die Staatsbeihilfen gedeckt werden müssen.

dorthin nach den besonderen Verhaͤltnissen der einzelnen Bezirke Theuerungs⸗ gruppen vereinbart und festgestellt, was nöthigenfalls in jeder der— selben leistungsunfähige

die Regierungen das kategorien, wo etz geschehen ist, nicht zu bemängeln. Es ist nämlich

Gegentheil, voraussichtlich werden die beiden Bezirke Düsseldorf und Arnsberg in Bezug auf die von den Schulverbänden den Lehrern be⸗ willigten Dlensteinkommensbezüge an der Spitze der ganzen Monarchie marschieren. Gleichwohl haben die Lehrer, veranlaßt durch eine ge⸗ wisse Imparität, die bei nahe bet einander liegenden Gemeinden ein getreten ist, vielfach die Regierung mit Beschwerden überhäuft und zum theil sehr hohe Sätze gefordert, die, wie in einem Falle festgestellt ist, die Leistungsfähigkeit der Gemeinden doch überstiegen haben. Denn schon der Umstand, daß die Gemeinde einen nicht ganz geringen Staatszuschuß bezieht, beweist, daß ihre Leistungsfähigkeit nicht ausreichend gewesen ist, um das zu gewähren, was auch in der Provinzial⸗Konferenz als das Minimum eines dem § 1 des Lehrer— besoldungsgesetzes entsprechenden Einkommens angesehen worden ist. Nun hatten die Lehrer sich auch mit einer Denkschrift an mich gewandt, und die Regierung hat darüber an mich berichtet und hat ausdrücklich gesagt, es hätte elner solchen Denkschrift und einer Beschwerde nicht bedurft; elne Vorstellung bei ihr, der Regierung, würde genügt haben, wiewohl auch diese überflüssig gewesen wäre, da es ihr vollständig fern liege, irgend eine Verschlechterung der Ver⸗ hältnisse zuzulassen. Ich muß auch annehmen, daß das der Wirklichkeit, im Regierungeberirk Düsseldorf wenigstens, entspricht; denn et liegt mir hier eine Verfügung der Königlichen Regierung in Düsseldorf vor, worin die Regierung den Landräthen mittheilt, daß sie aus mehrfachen Vorkommnissen entnommen hat, es herrsche im Bezirk vielfach die Meinung, als hätten bedürftige Gemeinden für den Fall auf Gewährung einer staatlichen Beihilfe zu Lehrerbesol dungen nicht zu rechnen, daß sie in der Gewährung des Diensteinkommens über die von den einzelnen kreiskonferenzen für ihren Ort festgesetzten Mindestsaͤtze hinausgingen. Die Regierung sagt: wir legen Gewicht darauf, klar zu stellen, daß eine der⸗ artige Auffassung nicht zutreffend ist. Bei der Vertheilung der staatlichen Beihilfen werden wir aus dem Hinaus. gehen über die Mindestsätze einen Srund zur Versagung der Bel— hilfen nicht entnehmen; vielmehr wird die Gewährung, bezw. Be⸗

antragang derselben lediglich von der Prüfung der Bedürftigkeit der Gemeinden abhängen; Gesichtspunkt, gestellt hat.

das ist ein durchaus zutreffender und gesunder den die Regierung als Norm dort für sich auf⸗

Ich möchte nun diese Gelegenheit benutzen, um gleich jetzt einige stellen in Bezug auf die Ausführung des Lehrer⸗

Ich bin überdleg dem Herrn Abg. Knörcke noch schuldig, der in einer ähnlichen Richtung wie Ich möchte deshalb

ührung des Lehrerbesoldungsgesetzes zwei Gesichtspunkte nothwendig n den Vordergrund stellen mußte: einmal das Bestreben, den Lehrern

416 66 1 . 22 22 FꝓTwBosa a0 85 2 1 * das ihnen in 5 1 des Lehrerbesoldungèsges tzes zugesicherte Dienst⸗ m eintommen zu gewähren, wo es ausdrücklich heißt: den örtlichen Verhältnissen und der besonderen

sie sollen ein nach e Amtestellung ange⸗ nessenes Diensteinkommen erhalten. Das ist der Haupt⸗

gesichtspunkt, der Gesichtspunkt, den wir ja hundertmal hier bei

Ma 12 9 RBas 3643 Berathung der Gesetzes hervorgehoben haben, der dazu festgesetzt haben, die unter allen

wo die Gemeinden nicht leistungs⸗

Dazu kommt nun aber noch ein jweiter Gesichtspunkt, der eben⸗

falls bei der Berathung des Gesetzes wiederholt zur Sprache ge⸗ e ; h. . ** Homme nd 2 3 6 ö 2 )

Den Angriff gegen unsere Volk. kon men ist, und den auch wir, die Vertreter der Staatsregierung, wiederholt hier anerkannt haben. Das ist der, daß bei der Gewährung eines dem § 1 des Gesetzes entsprechenden Diensteinkommens die Ge—

ieinden nicht übermäßig belastet werden. Wir mußten diese Rück cht auf die Gemeinden nehmen und haben das auch gethan. Nun

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gehende Wünsche in Bezug auf eine bessere Versorgung ihrer Hinter, ist ja der Begriff der Angemessenheit, wie er in dem § 1 des Gesetzes

eht, ein relativer Begriff, und die Belastung der Gemeinden ist auch ein

relativer Begriff, und es handelt sich darum, darin liegt eine wesentliche Schwierigkeit für die Ausführung des Gesetzes diese beiden Ge— sichtspunkte in verständiger Weise gegeneinander abzuwägen und da einen Ausgleich herbeizuführen.

Wir mußten uns, als es sich um die usführung des Lehrerbesoldungsgesetzes handelte, fragen: wie be—

tzter Zeit eine Familie von zehn Personen kommen wir sichere Aubaltsvunkte dafür, was in jedem einzelnen Falle

n den örtlichen Verhältnissen und der Dienststellung des Lehrers

angemessenes Einkommen ist. Da haben wir Provinzial. Konferenzen berufen

unter dem Vorsitz der Herren Ober Präsidenten, nter Theilnahme der Herren Reglerungs-Präsidenten und Ver— eter der Schulabtheilung und von Kommissarien, die von hier aus geschickt worden sind. Diese Provinzial ⸗Konferenzen haben

zwangsweise, unter Gewährung von Schulverbände, als ein mmen zu fordern und zu gewähren sei. Nun, meine Herren, ist es ja in erster Linie ganz selbstverständlich ache der freien Beschlußfassung der Schulverbände, was sie ihren hrern gewähren wollen. Den Schulverbänden ist daher überlassen,

Staatsbeihilfen an angemessenes Dienstein⸗

zunächst die Besoldunggordnung selbst festjzusetzen, und eine Ein— wirkung der Aufsichtsbehörden sollte nur da eintreten, wo eine Be— soldungsordnung entweder formell dem Gesetze nicht entsprach, oder hinter den nach den örtlichen Verhältnissen als unbedingt nothwendig

fordernden Sätzen zurückblieb.

Nun muß ich anerkennen, es sind von mehreren Regierungen esoldungsordnungen als zu hoch beanstandet. Es sind s nicht allzu zahlreiche Fälle; aber die Faͤlle, in denen gethan haben, sind nach den Theuerungs—

r da die Höhe der Sätze beanstandet worden, wo die Schulverbände

nicht dauernd leistungsfähig waren, um die über die Mindestsätze er⸗

hten Schullasten zu tragen, oder nur dann, wenn sich die Gemeinden einem ganz offenbaren Irrthum über die finanziellen Folgen ihrer

Beschlũsse befunden haben. Und das war vielfach der Fall. Die Gemeinden hatten vielfach geglaubt, daß auch Alterszulagen, die über die gesetzlichen Mindestforderungen hinausgehen, von den Alters⸗ zulagekassen ihnen ohne weiteres erstattet würden; und wo die Re⸗ gierungen dahinter gekommen sind, daß die enorm hohen Be⸗ willigungen der Gemeinden auf diesem Irrthum beruhten, da haben die Regierungen pflichtmäßig einschreiten müssen, und ich billige das auch (sehr richtig) denn dieser Irrthum mußte, wenn er später be⸗ fannt wurde, in den Gemeiaden zur allergrößten Unzufriedenheit führen. Ich kann also den Regierungen das nicht nur nicht übel nehmen, sondern ich halte es für ein ganz pflichtmäßiges Vorgehen der Regierungen, daß sie die Gemeinden darauf aufmerksam gemacht haben.

So ist es gekommen, daß in einer ganzen Anzahl von Fällen die Sätze nachträglich etwas heruntergesetzt worden sind. Das ist den Lehrern selbstverständlich nicht sebr angenehm gewesen und viele Lehrer haben sich darüber beschwert. Aber, meine derren, in diesen Fällen kann ich den Lehrern nicht helfen, wenn die wirklich beschlossenen und von der Regierung genehmigten Sätze den Sätzen für die Theuerunʒe⸗ gruppen entsprechen, der der betreffende Ort, die betreffende Schul⸗ gemeinde angehört. ö

Nun tadelte es der Herr Abg. Knörcke, daß namentlich auf dem Lande in Bezug auf die Besoldung in nahe gelegenen, wirthschaftlich ganz gleiche Theuerungeverhältnisse aufweisenden Orten nichtsdesto⸗ weniger ungleiche Festsetzungen getroffen seien. Das war auch eine der Beschwerden des Herrn Abg. Bueck.

Meine Herren, das hat sich nicht vermeiden lassen und wird sich auch nicht vermeiden lassen. Denn es ginge doch unmöglich an, daß wir niedrigere, wenn auch an und für sich angemessene Be— soldungen überall mit Gewalt auf den höchsten Satz hinauf— schrauben, bloß weil eine benachbarte Gemeinde den höchsten Satz beschlossen hat. Dazu würden unsere Staats⸗ mittel, die uns, dank des sehr weit gehenden Entgegenkommens der Flnanzverwaltung, zur Verfügung stehen, unter keinen Umständen aus⸗ reichen und verwendet werden dürfen. Wir müssen verständig mit den Fonds wirthschaften und wir wirthschaften auch damit so, daß ich glaube sagen zu dürfen, wir werden damit auskommen, und zwar so, daß die Gemeinden gut dabei werden bestehen können. Wir würden Überdies für das Heraufschrauben der Sätze auf die in einer wohl⸗ habenden Nachbargemeinde beschlossenen höheren Sätze eine gesetzliche Grundlage nicht haben. W biin oft in der Lage gewesen, Lehrer zu empfangen, die sich beschwerten und sagten: es ist doch unrecht, daß unsere Kollegen, die nur eine Stunde weit von uns entfernt in einer Stadt leben, wo es nicht theurer ist als bei uns, 50 Æ oder 100 0 mehr jährlich haben als wir; das verletzt uns und das veranlaßt uns, Sie zu bitten, uns dazu behilflich zu sein, daß wir dieselben Sätze bekommen. Diesen Lehrern habe ich erwidern müssen: ‚Uater der Vorauksetzung, daß der Satz, den die Regierung für Ihren Ort genehmigt hat, den Sätzen der Provinzialkonferenz für die betreffende Theuerungsgruppe entspricht, müssen Sie sich damit begnügen. Ich habe den Lehrern auch geradezu gesagt, das erinnere mich an die Arbeiter im Weinberge im Evangelium, die unzufrieden sind, weil sie etwas weniger be— kommen, während sie länger gearbeitet haben, als die anderen. Ich habe den Lehrern gesagt: Seht Ihr darum scheel, weil die Nachbargemeinde gegen ihre Lehrer so gütig gewesen ist und ihnen mehr bewilligt hat, als Euch? Wenn eine wohlhabende Gemeinde das kann und wenn sie Lust daran hat, die Lehrer an ihrer Schule gut zu stellen, so können wir sie doch daran nicht hindern, wir können sie doch nicht mit Gewalt dazu zwingen, mit ihren Sätzen herunter ju gehen. Das ist auch vor dem Lehrerbesoldungegesetz nicht ge⸗ schehen. Aber diese Ungleichheiten, die nicht zu beseltigen sind, liegen zum theil in dem System, das wir Ihnen vorgeschlagen haben und das Sie mit dem Gesetze angenommen haben, nämlich keine Normalsatze festzustellen, sondern Minimalsätze, aber mit der Bestimmung, daß über. all ein den örtlichen Verhältnissen angemessenes Diensteinkommen gewährt werden soll. Wenn man dieses System einmal gewählt hat, dann werden solche Ungleichheiten nach meiner Anschauung gar nicht zu vermeiden sein. Diese Ungleichheiten sind auch gar nicht mehr so schlimm, wie sie früher erschienen; denn ein wesentlicher Vortheil, den die Lehrer durch das Lehrerbesoldungsgesetz erlangt haben, beruht ja darin, daß die Gründe für die einzelnen Gemeinden, ältere Lehrer, die in geringer dotierten Stellen sich befinden, nicht zu übernehmen, sondern aus Ersparnißgründen immer nur die jängsten Lehrer zu berufen, durch die Einführung der Alterszulagekassen weggefallen sind. Also jeder tüchtige Lehrer, der sich auszeichnet, hat jetzt die Möglichleit, bei einer anderen Gemeinde sich zu melden, wo thatsächlich bessere Verhältnisse sind; er kann vom Lande in die Stadt kommen, zu einer Zeit, wo seine Kinder größere Ausgaben beanspruchen u. s. w. Mit dieser Folge, die das Gesetz und das System des Gesetzes mit sich bringt, sind, glaube ich, die Ungleichheiten in benachbarten Ge— meinden einigermaßen zu ertragen. Nichtsdestoweniger ist es aber Sache der Regierungen gewesen und ich glaube sie haben sich mit großem Eifer dieser Aufgabe unterzogen —, sowiel wie möglich im gütlichen Wege eine möglichste Ausgleichung herbeizuführen. Ich glaube, daß wir im Großen und Ganzen mit den Resultaten, die die Regierungen auf diesem Gebiet erzielt haben, recht zufrieden sein können. Das geht auch daraus hervor, daß Lie Beschwerden der Lehrer außerordentlich wenig zahlreich sind; das Gros ist zufrieden gestellt und hat eingesehen, daß die Besorgniß, die man vielfach, auch

in diesem hohen Hause bei der Berathung der Gesetzesvorlage gehegt bat, daß wir zwar Minimalsätze vorschlügen, aber im Grunde die Absicht hätten, aus diesen Minimalsätzen allgemeine, niedrige Normal- sätze zu machen für die ganze Monarchie, daß diese Besorgniß un—⸗ begründet gewesen ist, und daß wirklich das Gesetz den Lehrern ein Einkommen gewährt, bei dem sie im Großen und Ganzen gut be— steben können.

Meine Herren, nun kam noch ein Punkt hinzu, weshalb eine völlige Gleichstellung garnicht möglich ist. Der Grund liegt in

§z 4 des Gesetzes, in den vereinigten Küster . und Lehrerstellen. Da

ist ausdrücklich beschlossen, in einer sehr weitgehenden Weise, weiter. gehend, als wir ursprünglich vorgeschlagen hatten, daß für die Küster⸗ dienste den Lehrern eine erhöhte Besoldung gewährt werden muß. Schon dadurch werden bei 16000 Stellen Ungleichheiten ganz un vermeldlich; dag muß sich jeder Lehrer, der mit einem andern au derselben Schule unterrichtet, gefallen lassen, daß dieser, vereinigtes Küster⸗ und Lehreramt

in der That, wir brauchen uns nicht zu sehr um diese verbleibenden

Ungleichheiten zu kümmern.

Im übrigen aber muß ich hervorhehen, daß die Schwierigkeiten, die für die Gemeinden bei der Ausführung des Gesetzes entstehen konnten, durch das sehr weitgehende Entgegenkommen des Herrn Finanz ⸗Ministers ungemein erleichtert worden sind. Sle finden bei Kap. 121 Tit. 34 neu eingestellt 1000 000 M, die also schon über das, waz im vorigen Jahre für die Ausführung des Gesetzes in Aussicht genommen war, hinausgeht. Diese Million soll zu einem wesentlichen Theile dazu dienen, die Be⸗ soldung der vereinigten Küster⸗ und Lehrerstellen entsprechend der Mebrarbeit angemessen festzusetzen; sie soll ferner die Sicherheit bieten, daß in der That das Lehrerbesoldungsgesetz ohne Ueberbürdung der Gemeinden so ausgeführt werden kann, daß der preußische Lehrer⸗ stand in den Besitz eines zwar bescheidenen, aber auskömmlichen Ein⸗ kommens gelangt. Ich glaube, daß wir das im ganzen Großen schon jetzt erreicht haben.

Ich will noch hinzufügen: durchgeführt ist das Gesetz im Großen und Ganzen, von vereinzelten Fällen abgesehen, in den Regierungsbezirken Gumhinnen, Königsberg, Danzig, Köslin, Posen, Cassel, Minden, Münster, Arnsberg, Aurich da allerdings noch nicht in Bezug auf § 4 —, Köln, Aachen, Koblenz und Trier, zusammen in 14 Regie⸗ rungsbezirken. In weiteren 13 Bezirken ist die Durchführung so weit gefördert, daß sie bis zum Schluß dieses Monats wieder ab⸗ gesehen von einer kleineren Zahl von Fällen, in denen Verhandlungen schweben, die Beschlußbehörden angerufen sind oder angerufen werden müssen im Großen und Ganzen beendet sein dürfte. Das ist in den Be⸗ zirken Marienwerder, Stralsund, Breslau, Oppeln, Liegnitz, Magdeburg, Erfurt, Hannover, Osnabrück, Lüneburg, Wiesbaden, Düsseldorf und Sigmaringen. In einer größeren Zahl von Fällen ist das Gesetz noch nicht durchgeführt: in den Bezirken Stettin, Potsdam, Frank- furt a. O. und Merseburg. Der Grund hierfür liegt hauptsächlich in den Schwierigkeiten, die die Durchführung des § 4 des Gesetzes bei der großen Zahl vereinigter Stellen in diesen Bezirken bereitet. Schwierigkeiten aus verschiedenen Ursachen, zum theil auch auf seiten der Gemeinden, deren Beschlußfassung in formeller und materieller Beziehung noch der Ergänzung bedarf, begegnet das Gesetz in den Bezirken Bromberg, Schleswig und Hildesheim. Aus Stade, hoffe ich, bald einen Bericht zu bekommen, daß die Ausführung des Gesetzes beendet ist. In größerer Zahl sind über die Mindestsätze der Provinzial Konferenz freiwillig hinausgegangen Gemeinden in den Bezirken Oppeln, Merseburg und Minden. In Minden hatte die Regierung 486 Gemeinden der billigsten Theuerungsgruppe zugewiesen. Von diesen sind nur 33 bei den Mindestsätzen geblieben, obwohl von der Regierung nicht etwa auf eine Erhöhung dieser Sätze hingewirkt worden ist. Ebenso sind in den Regierungsbezirken Münster, Düsseldorf, Trier, Aachen die Gemeinden in größerer Zahl über die festgesetzten Mindestsätze hinausgegangen. In Trier haben 102 Gemeinden der theureren (II.) Gruppe, für welche 1200 A Grundgehalt und 140 M6 Alterszulage auf der Konferenz festgesetzt waren, und 240 Gemeinden der billigen Gruppe, für welche 1050 M Grundgehalt und 120 4A Alterszulage den Mindestsatz bildeten, freiwillig höhere Sätze bewilligt.

Sie sehen, meine Herren, daß die Ausführung des Gesetzes in nicht zu langer Zeit bis auf einzelne Beschlußverfahren beendet sein wird, und ich zweifle, nach den Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, wie auch nach der mündlichen Auskunft, die ich von zahlreichen Lehrern, die hier gewesen sind, erhalten habe, garnicht, daß von ein⸗ zelnen Ausstellungen abgesehen im Großen und Ganzen von unserm Lehrerstand die Ausführung des Gesetzes als eine im wesentlichen be⸗ friedigende angesehen wird. Daß auch in Zukunft noch manches aus—⸗ zugleichen sein wird, war bei einer Materie von diesem eminenten Umfang nicht anders zu erwarten. Man darf, so glaube ich, den Provinjialbehörden die Anerkennung nicht versagen, daß sie im Laufe kaum eines Jahres wirklich das Mög— lichste geleistet haben, um diese großartige Regelung in der ganzen Monarchie durchzuführen. Ich hoffe, daß das Volksschullehrer⸗ Besoldungsgesetz, so viel seine Ausführung im einzelnen zu wünschen lassen mag, sich im Großen und Ganzen nicht nur zum Heil unserer Lehrer, sondern auch zum Heil der preußischen Volksschule erweisen wird. (Bravo!)

Abg. Dr. Böttinger (al.): Einige Gemeinden deg Westens be⸗ fürchten, daß ihnen die bis jetzt gewährten Staatszuschüsse wieder entzogen werden könnten, wenn sie erhöhte Gehaltssätze vorschlügen. Die Lehrer ihrerseits aber sind darüber erbittert, daß in einem Bezirk verschiedene Gehaltssätze bestehen, wie im Bezirk Düsseldorf, Die Regierung sollte den nicht leistungsfähigen Gemeinden des Westens möglichst entgegenkommen, damit sie nicht gezwungen sind, Lehrer zweiter Güte anzustellen. Die Gehaltssätze unserer preußischen Seminarlehrer sind ungünstiger als die in Bayern. Der Minister sollte die bestehenden Ungleichheiten möglichst beseitigen,

Abg. Wetekamp (fr. Volksp) widerspricht der Forderung, daß die Schulzeit und der Lernstoff verkürzt werden. Dagegen könne, un⸗ beschadet der Leistungen der Schule, der Schreibunterricht um die Hälfte vermindert werden, wenn man darauf verzichte, daß die Kinder sowohl in lateinischer, wie in deutscher Schrift geübt werden. Man solle den Unterricht auf die lateinische Schrift beschränken, die bei sämmtlichen Kulturpölkern und im internationalen Verkehr eingeführt sei. Die runde lateinische Schrift sei einfacher, kürzer, schreibflüchtiger und lesbarer als die sogenannte gothische Schrift, welche die Kur sichtigkeit befördere. Auch die Orthographie werde dadurch vereinfacht werden, Mit der Nationalität habe die ganze Schrift nichts zu thun; sie sei früher auch in anderen Staaten angewandt worden. Sel hst Grimm erkläre sich gegen die gothische Schrist; wolle man eine wirklich dentsche Schrift, so müsse man auf die Runen zurückgreifen. Viel Zeit könne auch gefpart werden durch eine größere Latitude in der Orthographie, Aufoktroyieren lasse sich da nichts; man solle nicht zuviel Zeit auf Kleinigkeiten der Orthographie verwenden, sondern mehr Zeit auf eine gute Aussprache. Nach einigen Jahren sei der ganze Kram vergessen. Eine verminderte Anwendung der großen Anfangsbuchstaben würde den Uaterricht wesentlich vereinfachen, ebenso die Abschaffung der Dehnungèszeichen und der besonderen Zeichen „e' und v[.

Um 3*/ Uhr wird die weitere Berathung des Ctats auf Vorschlag des Präsidenten von Kröcher, dem sich auch ö. Abgg. Br. Sattler (nl.) und Freiherr von Zedlitz un Neukirch (fr kons.) anschließen, gegen den, Ww srhh . Zentrums, der Polen und der Freisinnigen bis 71 / Uhr Abends

vertagt.

Abendsitzung. Um 71 Uhr wird die Berathung über das Kapitel „El ementat⸗Unterrichtswesen“ fortgesetzt.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Zentr); Theoretische Ver⸗ fie, , a g fn über den christlichen Charakter der Schule

Staatsschule ift nicht christliche Schule. sondern das als einer Veranstalkung des Staateg, nur die Anstellung der Lehrer steht dem Staate zu. Redner beschwert sich dann über die Auf⸗ hebung des freien Schultages in Westfalen. Im vorigen Jahre habe ein Regierungskommissar in bureaukratischer Weise diese Maßregel motiviert. Ber freie Tag sei praktisch und nothwendig im erzieh⸗

kennen.. eintreten zu lassen.

Nicht die ver ge r, Ule

Allgemeine Landrecht spricht von der S

i nteresse. Das würde auch Herr von Schenckendorff aner. . . ist nicht da. Ich bitte den Minister, bald Remedur

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ich werde die Frage des schulfreien Tages in

Westfalen meinem Herrn Kommissarius überlassen, weil es eine wesent⸗ lich auf schultechnischen und pädagogischen Gründen beruhende An⸗ ordnung ist, um die es sich hier handelt. Dr. Freiherrn von Heereman nur das sagen, daß ich die Frage nicht einmal, sondern mindestens drei⸗ oder viermal hintereinander habe prüfen lassen.

für sich, einen

Theiles der Bevölkerung, der garnicht eine prinzipielle, nach der religiösen

Ich will dem Herrn Abg.

die Neigung gehabt, an und

Ich selbst hatte Bevölkerung, wenigstens eines

Wunsch der

oder dogmatischen Seite, Bedeutung hat, zu erfüllen. Wenn mir aber von meinen, nach meiner Erfahrung durchaus gewissenhaften und zuverlässigen Räthen, auch von den katholischen Räthen, die diese Verhält⸗ nisse in Westfalen aus eigener Anschauung kennen, versichert wird, daß die Zurücknahme der Verordnung in der That ein Schade für die Schule wäre, dann allerdings ist es für mich eine Gewissenssache gewesen, hier festzuhalten und das anzuordnen, was im Interesse der Schule nach sachverständiger Auffassung nothwendig ist.

Meine Herren, damit will ich diesen Gegenstand für jetzt ver⸗ lassen; aber ich muß mir doch einige Erwiderungen erlauben auf die allgemeinen Bemerkungen, die der Herr Vorredner im Eingang seiner Rede gemacht hat. Ich will von dem theoretischen Wohlwollen, das er mir zugestanden hat, ganz absehen; ich habe mir den Ausdruck „Wohlwollen“ ganz abgewöhnt gegenüber den katholischen Verhält⸗ nissen. (Sehr gut! Heiterkeit.) Ich beschränke mich darauf, auch die katholischen Verhältnisse nach Recht, Gerechtigkeit und Billigkeit zu beurtheilen. (Sehr gut! rechts) Im übrigen aber waren doch die Vorwürfe, die der Herr Vorredner gemacht hat, der Unterrichts⸗ verwaltung, ihren Organen und auch mir persönlich, so milde sie auch vorgetragen sind, sachlich außerordentlich scharf. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, ich will nur daran erinnern, daß der Herr Vor⸗ redner der Meinung ist, daß die Leitung des Religionsunterrichts unter allen Umständen der Pfarrer haben müsse, und daß ebenso die Schulaufsicht ausschließlich bei der Kirche stehen müsse. Er hat gemeint, dieser Zustand, der früher bei uns bestanden habe, sei, wenn ich recht verstanden habe, schnöde und frevelhaft während des Kultur⸗ kampfs und wohl durch den Kulturkampf zerstört, und er hat weiter gesagt, die reine Staatsschule, wie ich sie vertrete, sei ein Unding und sei unter allen Umständen nicht eine christliche, sondern eine unchristliche Einrichtung. Meine Herren, das weise ich auf das allerentschiedenste zurück. (Bravo! bei den Nationalliberalen.) Die reine Staatsschule ist ein Begriff, den man erst definieren muß, wenn man damit so operieren will, daß man der Unterrichts verwaltung einen so schweren Vorwurf um dieser Auffassung willen machen will.

Meine Herren, die Staatsschule, die ich im Auge habe, halte ich allerdings für eine verfassungsZsmäßige Einrichtung des preußischen Staats, wenn das auch nicht in der Verfassungsurkunde steht. Aber, meine Herren, gehört denn das Schulaufssichtsgesetz, das doch bis zum heutigen Tage noch in Geltung steht, nicht zur Verfassung des preußischen Staats? Bin ich nicht verpflichtet, auch nach dem Schul⸗ aufsichtsgesetz meine Unterrichtsverwaltung einzurichten? Wäre es nicht wider mein staatliches und auch wider mein religisses Gewissen, wenn ich in diesem Punkt einfach das Gesetz bei Seite schieben wollte? (Sehr wahr) Darf ich denn das thun? Gewiß nicht! Und nun, meine Herren, welche Auffassung der reinen Staatg⸗ schule? Ich bitte den Herrn Abg. Dr. Freiherrn von Heereman, mir doch auch nur einen einzigen Fall zu bezeichnen, wo auf Anordnung oder unter Zustimmung der Unterrichts⸗ verwaltung die Schule, die Verwaltung des Staatz sich in den dogma⸗ tischen Theil und in die dogmatische Materie des Religiongunterrichts irgendwie einmischt. Es giebt einen solchen Fall nicht, und ich darf das einfach wiederholen, daß das auch alle kirchlichen Oberen Ihrer Kirche, der katholischen Kirche in Preußen, anerkennen. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen). Ich würde geradezu glauben, mein Gewissen zu verletzen, wenn ich in den dogmatischen Theil des Religionsunterrichts eingreifen wollte; das kann ich ja garnicht; ich gebe dem Herrn Abg. Dr. Freiherrn von Heereman vollständig zu: das wäre widersinnig. Aber ein solcher Widersinn ist uns auch niemals eingefallen; im Gegentheil. Wenn die Lehrer, die den Religionsunterricht ertheilen es, ertheilen ihn auch noch eine große Zahl von Geistlichen —, aber wenn ein Lehrer, der den Religionsunterricht ertheilt, wirklich gegen die Lehre seiner Kirche verfehlen und die Kinder falsch unterrichten sollte und das zu meiner amtlichen Kenntniß gebracht wird, dann würde ich nicht einen Augenblick zweifelhaft sein ich babe das auch immer augge⸗ sprochen dann würde ich eingreifen. Aber nie ist ein solcher Fall an mich herangetreten. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Nein, meine Herren, diese Vorwürfe ich bin gern bereit, anzu⸗ erkennen, daß wir Menschen sind und auch Fehler haben und uns irren können —, aber diese Vorwürfe glaube ich mit gutem Gewissen mit aller Entschiedenheit zurückweisen zu können. (Bravo bei den Nationalliberalen und rechts.)

Meine Herren, etwas hat mir dann noch ganz besondert wehe gethan, nämlich die Vorwürfe, die der Herr Abgeordnete gegen die Organe der Schulverwaltung erhoben hat. Ich glaube, er naunte die Regierungs⸗Präsidenten, die Regierungen und besonders die Re⸗ gierungs⸗Schulräthe. Worauf das beruht, ist mir vollständig uner⸗ klärlich. Wir haben doch eine große Anzahl von wirklich vollkommen korrekten katholischen Regierunge⸗ und Schulräthen, und diese als die aller schlimmsten zu bezeichnen ich muß sagen, worauf dieser Vorwurf sich gründet, ist mir zu entdecken nicht möglich. Aber auch die Vorwürfe gegen die Regierungen und die Regierungs. Präsidenten sind nicht berech- tigt. Meine Herren, es ist eine sehr schwere Aufgabe der Schulverwaltung, unter den konfessionellen Verhältnissen, in denen wir nun einmal leben müssen, allen Wünschen gerecht zu werden: auf der einen Seite die staatlichen Rechte aufrechtzuerhalten und andererseits den kirchlichen Wünschen soweit entgegenzukommen, als sie berechtigt sind. Daß ist

weil er ein * . . versieht, er gestellt ist als er. Noch mehr wird diese UnQ— sieht, etwas besser gestellt if .

gleichheit hervortreten bei benachbarten Gemeinden.

en ngen uns nicht. Bie Schule ist unchristlich, wenn der Staat den hill neu ten f nach seiner Anschauung ertheilen läßt.

oft eine sehr schwierige und sehr heikle Sache, und ich kann nur