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Großhandels · Durchschnittspreise von Getreide au außerdeutschen Börsen · Blätzen für die Woche vom T. bis 12. März 1898 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 10060 kg in Mark. Preise für prompte Loko J Waare, soweit nicht etwas Anderes bemerkt.)
Boche Dagegen
. Vor⸗ ar 16 woche ; 16071 161,66
heiß⸗ 227 03 223, 88 121. 58 125. 37
150 26 156 38
148, 80 150,60 26 HJ 227 45 Ii8, 19 Ii8 27 136 05 136, 14
100, 6, 99,77 1563, 51 154,50 105, 0 163, 44
10273 101,68 ö nlta 155,76 155, 8
103,18 103,00 155,76 156, 16
140, 09 251,62
169, 78 181,48
118,55 116,93 160, 53
8 gen, den ; afer, ungari cher, prima
erfte, slovakische
5udap Roggen, Mittelqualitãt Weljen, ö
. Mali⸗
D, Weljen, Saxonka Haf
Welzen
140,52 232,02
168,86 178, 86
114,53 115,B74 158,79
3 9 lieferbare Waare des laufenden Monats Antwerpen.
Donau⸗ Welien Red Winter Nr. 2 Am ster dam.
171, 25 166,77
167,66 128,37 167,01
164,53 178,17 180,05 182,40 188,B 98 177,70 168,30 131,62 125, 35
171,98 167,72
168,28 129, 45 157,79
164,37 178,93 180,34 183,16 188,80 178,46 170,48 131,49 123,14 144,890 143,40
102,53
lol ss gg õ 1b9, os 162,47 163 58 166,45
b. Gazette averages.
englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten
Liverpool. Ghirka Californier Chieago Spring Northern Duluth Manitoba Spring La Plata . Kurrachee, weiß, ordinär
Canadische Schwarze Meer⸗ Chieago. Welzen, Lieferungs⸗Waare des laufenden Monats. New⸗JYPork. Weizen, Lieferungs⸗Waare des laufenden Monats. Bemerkungen.
1 Tschetwert Weizen ist — 163, 80, Roggen — 147,42, Hafer — gs, 28 Kg angenommen; 1 Imperial Quarter ift für die Weizennotiz an der Londoner Produktenbörse — 504 Pfd. engl. gerechnet; für die Gazette averages, d. h. die aus den Umsätzen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Ge⸗ trelde, ist 1 Imperial Quarter Weizen — 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfd. engl. ag gt. 1 Bushel Weizen — 60 Pfd. engl.; 1 Pfd. engl. — 163,6 g; 1 Last Roggen - 2109. Weizen —= 2400 Eg
Bel der Umrechnung der Preise in? eichswährung sind die aus den einzelnen Tages ⸗Notlerungen im Deutschen Reichgz⸗ und Staats⸗ Anzeiger ermittelten wöchentlichen Durchschnitts. Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chieago und New. York die Kurse auf New⸗York, für St.
etersburg, Odessa und Riga die Kurse auf St. Petersburg, für Paris, ntwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.
Per sonal⸗Veränderungen.
Königlich Preußische Armee.
Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 8. März v. Beringe, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Graf Schwerin (3. Psomm.) Nr. 14, dessen Kommando zur Dienstleistung bei der Schloßgarde⸗Komp. um sechs Monate verlängert.
Berlin, 10. März. Schultz, Oberst Lt. und Kommandeur des Niederschles. Fuß ⸗Art. Regts. Nr. 5, Mottau, Hauptm. und Battr. Chef vom Feld⸗Art. Regt. Nr. 36, — zur Dienstleistung bei dem Kriege ⸗Ministerium kommandiert. v. Wickede, Ser. Lt. vom Jaf. Regt. Nr. 3, in das Inf. Regt. Graf Schwerin (3. Pomm. ) Nr. 14 versetzt. ;
In der Gendarmerie. Berlin, 12. März. v. Koppy, Major a. D., zuletzt Eskadr. Chef im Braunschweig. Hus. Regt. Nr. 17, in der 1. Gend. Brig. Jordan, Hauptm. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Torgau, früher Pr. Lt. im Inf. Regt. Graf Schwerin (3. Ponm.) Nr. 14, bei der Landw. aus⸗ geschieden und als charakteris. Hauptm. in der 6. Gend. Brig., — angeftellt. ⸗
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 8. März. Kannenberg, Pr. Lt vom Thüring. Feld⸗Art Regt. Nr. 19, scheidet mit dem 22. März d. J. aus dem Heere aus und wird mit dem 23. März d. J. als Pr. Lt. mit seinem bisherigen Patent in der Schutzttuppe für Deutsch⸗Ostaftika angestellt.
In der Gendarmerie. Berlin, 12. März. Schultz v. Dratzig, Hauptm. von der 6. Gend. Brig, mit Pension nebst Augsicht auf Anstellung im Zivildienst und dem Charakter als Major,
ritze, Hauptm. von der J. Gend. Brig, mit Pension nebst Aus—⸗ cht auf Anstellung im Zivildienst und der Uniform des Inf. Regts. von Alvengleben s5. Brandenburg) Nr. 2, — der Abschied bewilligt.
Im Sanitäts⸗Korp s. Berlin, 8. März. Br. Brückner, Assist. Arzt 2. Kl. vom Feld Art. Regt. Prinz August von Preußen (Ostpreuß. Nr. 1, scheidet mit dem 22. März d. J. aus dem Heere aus und wird mit dem 23. März d. J. als Assist. Art 2. Rl. mit seinem bisherigen Patent in der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika angestellt.
Beamte der Militärverwaltung.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Minister iumz. 24. Ja nugr. Habelmann, Rechnungs⸗Rath, Geheimer expedierender Sekretär im Kriegg⸗Ministerium, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 7. Februar. Knoll, Koinzer, Proviantamts-Aspiranten,
um 1. März 1898 als Proviantamttz-⸗Assistenten in Posen bejw.
erlin angestellt.
11. Februgr. Bernhardi, Rechnungs. Rath, Proviantmeister
in Frankfurt a. O., auf seinen Antrag zum 1. Jun d. J. mit Pension
23. Februar. . auf Probe i l, zum Proviantamts-⸗Direktor ernannt. ö K Anders , auf Probe
nnober, zum Proviantamts-⸗ Direktor ernannt. . 6a k Floethe, Hoffmann, Proviant⸗ meister auf Probe in 6 bezw. Lyck und Braunschweig, zu
viantmeiftern ernannt. ö. ö Damm, Becker, Horch, Proviantamts⸗ Kontroleure auf Probe in Minden bejw. Danzig und Thorn, zu Provlantamts⸗Kontroleuren ernannt.
Königlich Bayerische Armee. Offiziere, PortepeeFähnriche ꝛ. Ernennungen, Be hr r n und Versetzungen. Im aktiven Heere. 6. 3 Räͤchl, Pr. Lt. vom 3. Chev. Regt. Herzog Karl Theodor, zum 2. Ulan. Regt. König versetzt. Nachgenannte Port. Fähnriche zu Sec. Lts. befördert: v. Nagel zu Aichberg, Frhr. v. Feury auf Hilling, Frhr. v. Falkenhausen, v. Pütz im Inf. deib · Regt. Lüst, Roth, Filchner, Pernwert v., Bärn stein, Holmberg, Dill im 1. Inf. Regt. König, Verstl im 2. Inf. Regt. Kronprinz, Hörhamm er, Düm lein, Frhr. v. Berchem, Schreyer im 3. Inf. Regt. Prinz, Karl von Bayern, Frhr, v, Stengel, Groß, Brunner, Weigel im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württemberg, Seitz, Schlier, Köttnitz, Geistheck, Ferber im H. Inf. Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Oppel, Högerl, Seid! im 6. Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Engelhardt, Lienhardt, v. Berg, Biermer, Rehm, Gummi im 7. Inf. Regt Prinz Leopold, Buchberger, Bermüäller im 8. Inf. Regt. Pranckb, Claus im 9. Inf. Regt. Wrede, Hörauf, Holjschuher, Liebing, Sorge, Tretzel, Handschuch, Neum aler, Bauer im 10. Inf. Regt Prinz Ludwig, Schnizlein, Wäninger, Geis, Biechele, Schmitz im 11. Inf. Regt. bon der Tann, Schuster, Winneberger, Haus ner, Wingefelder, Pfändler, Eigl im 12. Inf. Regt. 6 Arnulf, Fleßa, Söldner, Müller, Motschenbacher, ackmund, Frhr. Loeffelholz v. Colberg, Rau im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Joseyh von Oesterreich, Euler, Baumgärtz! im 14. Inf. Regt. Hartmann, Müller im 15. Inf. Regt. König Albert von Sachsen, Schropp im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Totkana, Hämmer, Walter, Hofmann, Rum⸗ bucher im 17. Inf. Regt. Orff. Jägerhuber, Kröller, Rödiger im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Kolb, Strobl, Kretzer, Schuberth, Schad, Wenglein im 19. Infanterie Regt, Spiegel, Buhler im 20. Inf. Regt. , Scholz im 2. Jäger ⸗Bat., Frhr. v. Zurbein im 1. Schweren Reiter ⸗Regt. Prinz Karl von Bayern, diesen überzählig, Hascel- wander, Rütter und Edler v. Sedelmair, Ritter v i ter, meister im 2. Schweren Reiter⸗Regt. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreich, Frhr. v. Hofenfels, Frhr. v. Secken⸗ dorff⸗Aberdar im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm II. König von Preußen, v. Tannstein gen. Fleischmann im 2. Ulan. Regt. König, Frhr. Kreß v. Kreßenstein im 1. Chev. Regt. Kaiser Nikolaus von Rußland, Merkle im 3. Chev. Regt. Herzog Karl Theodor, Frhr. Schenk v. Geyern im 4. Chev. Regt. König, Jung im 5. Chev. Regt. Erzherzog Albrecht von Oesterreich, Frhr. v. Lindenfels, Jahreiß im 6. Chev. Regt. Prinz Albrecht von Preußen, Wand im 5. Feld ⸗Art. Regt, Gmeinwiser, Bauer im 1. Fuß⸗Art. Regt. vakant Bothmer, Uschold, Preßel, Spillecke, Münch, Schmid, Mark, Schwarzweller im 2. Fuß ⸗ Art. Regt. Theocharis, Koch vom Eisenbahn Bat., Frhr. v. Berchem, Rosenmerkel, Stämpfig im 1. Pion. Bat. , Sch lör, Hühnlein, Prügel vom fen hn. Bel Rall, Kellner, Geben dorfer im 2. Pion. Bat., Stepf, Lehmann im 1. Train ⸗Bat., Schuster, Grüber im 2. Train⸗Bat. Graf Fugger v. Glött, Graf Waldbott v. Bassenheim, Sec. Lts. des Inf. Leib⸗Regts., Patente ihrer Charge verliehen. v. Schleich, Pr. Lt. des 3. Feld⸗Art. Regts. Königin Mutter, unter Stellung à la suite dieses Truppentheils, vom 1. April d. J. ab auf die Dauer eines Jahres beurlaubt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 7. März. Theobald, Port. Fähnr. des 2. Schweren Reiter⸗Regts. vakant Kronprinz Erzherzog Rudolph von DOesterreich, zur Res. beurlaubt. Im Sanitäts-Korps. 3. März. Dr. v. Reitz (Passau), Stabsarzt, zum Ober⸗Stabgarzt 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Leverkühn (1 München), Dr. Kreuz (Kitzingen), Dr. Possner, Dr. Baumeister (Aschaffenburg) Dr. Müller (Hof), Dr. Kunitz ky, Dr. Bernard (Kaiserglautern, Orth Eudwigshafen), Assist. Aerzte 2. Kl. in der Res., Dr. Eisenreiter (GBilshofen), Martini (Augsburg), Trzetziack Eißiggem), Dr. Greulich, Pr. Singer (Äschaffenburg), Br. Kn ehr (Bayreuth), Assist. Aerzte 2. Kl. in der Landw. 1. Aufgebots, — zu Assist. Aerzten 1. Kl. be⸗ fördert. Durch Verfügung des General⸗Stabsarztes der Armee. Seel, einjährig⸗freiwilliger Arzt des 1. Feld ⸗Art. Regts. Prinz- Regent Luitpold, zum Unterarzt im 17. Inf. Regt. Orff ernannt und mit Wahrnehmung einer offenen Assist. Arztstelle beauftragt. Beamte der Militär-Verwgltung. .
3. Märj. Schedl, überzähl. Intend. Assessor der Intendz. J. Armee Korps, in den etatsmäß. Stand der Assessoren der Intend. II. Armee-Korps versetzt. ᷣ ö
Durch Verfügung des General⸗Kommandos J. Armee⸗ Korps. Schöpnp, Zahlmstr. vom 20. Inf. Regt., zum 3. Feld⸗Art. Regt. Königin⸗Mutter versetzt. Dornbusch, Zahlmstr., beim 20. Inf. Regt. eingetheilt.
XIII. (stöniglich Württembergisches) Armee⸗Korps. Beamte der Militär⸗Verwaltung. ⸗
20. Februgr. Bo sch, Rechnungs Rath, Lazareth-Ober⸗Jnsp. bel dem Garn. Lazareth Stuttgart, auf seinen Antrag mit der gesetz⸗ lichen Pension in den Ruhestand versetzt. ;
8. März. Fuchs, ber Mg art im 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz ⸗Regent Luitpold von Bayern, auf seinen Antrag mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt.
Raiserliche Marine.
Offiziere ꝛc. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ setzungen. Berlin, Schloß, 14. März. Vüllerg, Scheder, Kapitäns zur See, mit Uebernahme ihrer Commandos S. M. Schul. schiff Charlotte‘ bezw. S. M. Panzerschiff 3 Klasse Bayern“ nach Kiel versetzt. Win dmüller, Unter -Lt zur See, bis auf weiteres zur Dienstleistung im Reichs⸗Marineamt kommandiert. Thiem, See⸗ kadett, unter Ertheilung des Zeugnisses der Reife zum Seeoffizier, zum Unter⸗Lt. zur See, Hamm, Vize Steuermann der Seewehr im Landw. Besirk Hamburg, zum Unter⸗Lieutenant zur See der Seewehr 1. Auf- gebots des Seeoffizierkorps, — befördert. Rottok, Korv. Kapitän z. D., Lehrer an der Deckoffijierschule, unter Belassung in dieser Stellung, mit Schluß der Schule bis auf Weiteres zur Dienstleistung im Reichs⸗Marineamt kommandiert. ;
Abschiedsbewilligungen. Berlin, Schloß, 14. März. Brinkmann, Korv. Kapitän mit Oberst ⸗Lieutenantsrang, mit der gesetzlichen Pension nebst Aussicht auf Anstellung im Zivildienst und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform mut den für Ver⸗ abschiedete vorgeschriebenen Abzeichen und gleichzeitiger Verleihung des Charakters als Kapitän zur See der Abschied bewilligt. v. Heyden, Unter Lt. zur See, ö und zu den Offizieren der Res. des See Offizierkorps übergetreten. .
6 Sanitäts⸗Korpz. Berlin, Schloß, 14. März. Dr. Fricke, Marine⸗Unterarjt, zum Marine ⸗Assist. Arzt 2. Kl. be⸗ fördert. Dr. Stöpe, Marine Assist. Arjt 2. K., ausgeschieden und zur Res. der Marine Sanitäts- Offiziere übergetreten. Dr. Zielckhe, Marine⸗Assist⸗Arzt. 1. Kl. der Res. im Landw. Hezirk III Berlin, behufg Uebertrittß zur Armee aus dem Marinedlenst entlassen.
Dentscher Reichstag. 61. Sitzung vom 15. März 1898, 1 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathun Entwürfe einer G an de Einführungsgesetzes zu derselben.
Berichterstatter Abg. de Witt (Zentr.) führt aus, daß di . handlungen in der Kommission in Jachlichster und . verlaufen seien und giebt eine Uebersicht über die Aenderungen, welche
die Kommission an dem Entwurf vorgenommen habe, und über dir. jenigen, welche nicht erreicht worden seien.
Nach 8 1 sollen wegen aller strafbaren Handlungen der Militärgerichtsbarkeit unterstellt sein; 1) alle aktiven Militär- personen, 2) die zur Disposition gestellten Offiziere 2c, 3) die Studierenden der Kaiser Wilhelms⸗Akademie, 4) die Schifftz⸗ jungen, solange sie eingeschifft sind, 5) die in militärischen Anstalten n invaliden ffiziere und Mannschaften, 6) die vorübergehend zur Dienstleistung einberufenen Offiziere und 7) die verabschiedeten Offiziere, so lange sie vorübergehend wieder Verwendung finden.
Die Abgg. Auer und Genossen (Soz.) beantragen, nur die Militäͤrpersonen des aktiven Heeres und der akliven Marine der Militärgerichtsbarkeit zu unterstellen.
Abg. Munckel (fr. Volksp) beantragt, die Nr. 2 zu streichen und die zur Disposition stehenden Offiziere ebenso wie die verabschiedeten nach Nr. 7 zu behandeln.
Kriegs⸗Minister, General⸗Lieutenant von Goßler:
Mit dem Herrn Vorredner befinde ich mich in voller Ueberein. stimmung, daß die Verhandlungen in der VIII. Kommission diesez hohen Hauses einen sehr erfreulichen Fortgang genommen haben und daß diese Verhandlungen vollkommen objektiv und in der freund lichsten Form erledigt worden sind. Wir verdanken das im wesent⸗ lichen den ganz hervorragenden Verdiensten des Präsidenten, den das hohe Haus dieser Kommission vorgesetzt hat. (Beifall) Wie der Herr Referent im allgemeinen die Beschlüsse der Kommission in ihrem Zusammenhange dargelegt hat, scheint es auch mir geboten, um die Verhandlungen zu erleichtern, auch meinerseits die Stellungnahme der preußischen Regierung zu den Beschlüssen der VIII. Kommission dar— zulegen.
Es ist ja bereits in den Verhandlungen der Kommission eine gewisse Anerkennung über unser derzeites preußisches Verfabren geäußert worden, und ich kann nur bestätigen, daß die Angriffe, die in dieser Hinsicht gegen dieses Verfahren vorgebracht worden sind, doch zum theil auf Unkenntniß desselben beruhen. Mir als Ver— treter der preußischen Armee und deren berechtigten Interessen dürfte es daher wohl gestattet sein, die Grundlagen, die hier uns bisher maßgebend gewesen sind, näher zu entwickeln.
Die Organisation unserer Armee und die Erfolge, die wir in⸗ folge dieser Organisation zu verzeichnen haben, beruhen im allgemeinen auf der Einfachheit und Klarheit unserer Einrichtungen, und diese Einfachheit und Klarbeit ist auch übertragen worden auf die Militär⸗Strafgerichtsordnung. Es sind nicht alle Stellen der Armee mit Gerichtsbarkeit versehen, im Gegentheil, nur diejenigen sind hier⸗ mit ausgestattet worden, denen die Verantwortung für die Aus— bildung und Disziplin der Truppen obliegt. Das sind die Regiments— Kommandeure und die Divisions⸗Kommandeure bezw. Kommandanten; den kommandierenden Generalen ist Gerichtsbarkeit nur insoweit ver⸗ liehen, als Truppen nicht dem Divisionsverbande, vielmehr dem General ⸗ Kommando unmittelbar unterstehen. Auf diese Weise wird erreicht, daß man die einzelnen Kommandeure für den Zustand ihrer Truppen verantwortlich machen kann. Man hat ihnen neben den Pflichten auch die nothwendigen Rechte auferlegt und es ihnen so er—⸗ möglicht, ihre Stellung voll auszufüllen; eine Einrichtung, die sich nach unserer Auffassung in jeder Beziehung bewährt hat.
Wie gestaltet sich nun das bisherige Verfahren? Es besteht darin, daß der Kommandeur, dem die Verantwortung für den Zustand des Truppentheils oder des Heereskörpers obliegt, wenn er von einem Vergehen, welches gerichtlich abgeurtheilt werden muß, Meldung erhält, sein Organ — den Untersuchung führenden Offizier oder den Auditeur — mit der Ermittelung des Sachverhalts, mit der Unter⸗ suchung beauftragt. Diese Untersuchung findet in gründlichster Weise statt, und um die Rechte des Angeklagten durchaus zu wahren, um die Untersuchung völlig objektiv und unparteiisch zu führen, wird als Beisitzer noch ein Offizier zu dem Untersuchungsgericht kom⸗ mandiert, der vollkommen uninteressiert ist und dem nur die Aufgabe zufällt, dafür zu sorgen, daß die Verhandlungen in voller Klarheit und Objektivität geführt werden. Ist die Untersuchung abgeschlossen, so wird ein Gericht aus Standesgenossen berufen. Vor diesem Ge⸗ richt wird der Akteninhalt vorgelesen und der Angeklagte zur Rechen⸗ schaft gezogen. Der Untersuchungsführer muß das Ergebniß der Unter⸗ suchung, das er schriftlich niedergelegt hat, vortragen, und dem An⸗ geklagten wird das letzte Wort zur Sache und zu seiner Vertheidigung ver⸗ stattet. Auch ist ihm erlaubt, seine Vertheidigung schriftlich einzureichen Dag Gericht hat nun zu entscheiden, ob die Untersuchung abgeschlossen ist oder nicht. Glaubt das Gericht, daß die Verhältnisse geklärt, die Belastungs⸗, wie die Entlastungsbeweise beigebracht sind, dann giebt es nach einer entsprechenden Rechtsbelebrung sein Urtheil ab. Ist in diesem keine Gesetzwidrigkeit enthalten, so wird das Urtheil bestãtigt und die Strafe vollstreckt. Es ist dies ein Verfahren, so einfach und ohne Beiwerk, daß ich es nur als schmucklos bezeichnen kann, aber ein Verfahren, das sich unter den schwierigsten Verhäͤltnissen in allen Lagen durchaus bewährt hat. Daß wir von diesem Verfahren ungern abgehen, erklärt sich daraus, daß die praktische Erfahrung für das= selbe spricht und wir auf diejenigen Resultate verweisen können, die wir mit diesem Verfahren in schweren Zeiten und großen Kriegen erreicht haben.
Allerdings ist eine Schwierigkeit, eine Komplikation entstanden Es würde nämlich meines Erachtens nicht schwer gewesen sein, wenn man die gegenwärtige preußische Strafgerichtsordnung seiner Sei in ganz Deutschland zur Einführung gebracht hätte mit zeitgemãßen 29 sormen, die auf diesem Grund und Boden im Laufe der Zeit a nothwendig sich erwiesen hätten, ein einheitliches Verfahren zu ge⸗ stalten. Denn alle Dinge werden im Laufe der Zeit reformbedũürfti und erfordern eine gewisse Erneuerung. Die Schwierigkeit, die . diesem entgegengestellt, bestand eben darin, daß in Bayern im Ja ; 1859 eine Strafgerichtsordnung erlassen wurde, die in ihren , . Grundlagen von dem preußischen Militärstrafverfahren abwich. a werde darauf noch zurückkommen. Diese Thatsache ist schon 6. ö
so auffälliger Natur, daß sie sich wohl nur aug den damalig
in den Ruheftand versetzt.
368 politischen Verhältuissen erklärt. Wenn wir auf das Jahr 186
zurückblicken — es sind seitdem schon 30 Jahre vergangen — so sehen wir, wie die deutschen Völkerschaften, nachdem sie sich gegenseitig gemessen und dann mit der vollsten Hochachtung von einander ge⸗ schieden waren, sich in militärischer Hinsicht zu einem gemeinsamen Werk vereinigen. Das hat meines Erachtens die Zeitgeschichte nicht genügend gewürdigt. Preußen ging mit der definitiven Gestaltung und Fortentwickelung seiner Armee auf allen Gebieten voran, und überall wurden Reformen eingeführt. Es entwickelte sich ein Wett⸗ eifer, der die schönsten Blüthen gezeitigt hat, die wir auf diesem Ge⸗ biete seit vielen Jahren gesehen haben. Die Resultate des Feldzugs von 1870571 sind wesentlich auf diese Friedensarbeit zurückzuführen. Denn die oberste Heeresleitung konnte mit allen Theilen des deutschen Heeres als völlig vollwerthig rechnen.
Diese erfreuliche Uebereinstimmung, dieses erfreuliche Resultat ist nur auf einem Gebiet zurückgeblieben, nämlich auf dem Gebiet der Straftechtspflege im Heere. Es ist überraschend, daß, während alle Einrichtungen, soweit sie rein militärischer Natur waren, in Uebereinstimmung gebracht wurden, in Bayern eine Regelung des Militärstrafverfahrens stattfand, die mit dem, was in Preußen und den ihm verbundenen Staaten Rechtens war nicht in Einklang stand. Während die preußische Strafgerichts⸗ ordnung sich eng an die Heereseintheilung anschloß, und daraus für Krieg und Frieden sich prattisch handlich zeigte, wurde dort die territoriale Abgrenzung angenommen: eine Einrichtung, die für den Krieg unmöglich durchzuführen war; während hier eine Ein⸗ heitlichkeit der Gewalt entscheidend war, wurde dort die Gewalt in zwei Theile getheilt: eine Kommandogewalt und eine juristische Gewalt. Die juristische Gewalt wurde mit einer Reihe von be⸗ sonderen Einrichtungen versehen; ich erwähne in dieser Beziehung nur die Beschwerdekammer, die Ueberweisungs kammer u. s. w., die sonst dem deutschen Heere vollkommen fremd war. Hier galt Schriftlichkeit, dort Mündlichkeit; hier Ausschluß der Oeffentlichkeit, dort volle Oeffentlichkeit — und noch eine Reihe von prinzipiellen Unter⸗ schieden, die ich wohl übergehen kann, um meine Rede nicht zu lang zu gestalten.
Die Schwierigkeit hat darin bestanden, diese weit auseinander⸗ gehende Gestaltung des Militärstrafverfahrens in irgend einer Form miteinander zu vereinigen. Sonstige Unterschiede, wie solches mitunter behauptet worden ist, haben zwischen den norddeutschen Heerestheilen und dem bayerischen Heer in meinen Augen nie bestanden. Wir haben Schulter an Schulter mit unseren bayerischen Kameraden gefochten und haben in den beiderseitigen Anschauungen durchaus keinen Unterschied ge⸗ funden. Die Kameradschaftlichkeit, die wir gegen einander in dem großen Kriege geübt, und der nationale Sinn, den die bayerischen Truppen bewiesen haben, wird mir stets unvergeßlich sein. Unvergeß⸗ lich bleiben auch Momente, wo diese gegenseitige Gesinnung auf dem Schlachtfelde zum deutlichsten Ausdruck kam. Ich erinnere daran, wie die bayerischen Kanoniere an ibre Geschütze traten, als sie keine Munition mehr hatten und die Wacht am Rhein“ sangen. Unver⸗ geßlich ist mir, wie die 22. Division in den Gefechten an der Loire von der Uebermacht des Feindes beinahe überrannt, von den todt⸗ müden Bataillonen des 1. bayerischen Armee ⸗Korps, die bereits im Rückmarsch nach Orleans begriffen waren, und auf diese Nachricht wieder umkehrten, unterstũützt und so die Schlacht gewonnen wurde. Sie erinnerten sich daran, daß vor kurzer Zeit die 22. Division, als das 1. bayerische Korps vor der Vernichtung stand, in Eilmärschen herbeigeeilt war und ihren bayerischen Kameraden geholfen hatte, so gut es ging.
Also ein militärischer Unterschied war nicht vorhanden. Wenn von einem solchen die Rede gewesen ist, so halte ich ihn für künstlich gemacht. Auch wenn ich auf die Zeitgeschichte jener Jahre zurückblicke, so kann ich nicht finden, daß die Vertretung, wie sie die bayerische Armee in ihrem ausgezeichneten Kriegs⸗Minister Freiherrn von Prankh ge⸗— funden hat, jemals diesen Unterschied betont hätte. Ich will auf die Details nicht eingehen; das ist aber ganz bekannt, daß damals schon in der bayerischen Kammer die politischen Wünsche viel weiter gingen, daß man damals bereits die bürgerlichen Vergehen den bürgerlichen Gerichten überweisen wollte, und daß der bayerische Kriegs ⸗Minister in einer kernigen Rede, von der ich noch heutigen Tages jedes Wort unterschreibe, die bezügliche Resolution zurückwies, und wie dann erst mit Hilfe der Reichkräthe die Vorlage der Regierung angenommen wurde.
Infolge dessen ist der Unterschied, der im Militärstrafverfahren besteht, auch noch nach dem Johre 1870171 erhalten geblieben. Sämmtliche preußischen Kriegs⸗Minister haben stets die Ansicht ver⸗ treten, es sei wünschenswerth oder nothwendig, die Strafrechts⸗ pflege innerhalb der deutschen Armee einheitlich zu gestalten; niemals aber ist es gelungen, diejenige Mittellinie zu finden, auf welcher sich die beiderseitigen Anschauungen hätten vereinigen können. Jetzt endlich sind wir so weit; nun haben wir mit Hilfe des Bundesraths und der Kommission dieses hohen Hauses einen Weg gefunden, welcher wohl den auf beiden Seiten gehegten Wünschen entsprechen könnte. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Ergebniß, und ich kann von meinem Standpunkte nur bedauern, daß eine solche Fülle von Anträgen an das Plenum vorliegt, welche einen Theil der Arbeit der Kommission wieder in Frage zu stellen geeignet erscheint.
Im allgemeinen ist der Entwurf so gestaltet worden, daß die be⸗ währte preußische Organisation erhalten geblieben ist, und daß wir aus dem bayerischen Verfahren diejenigen Theile herübergenommen haben, die nach dortseitiger Auffassung und nach dem allgemeinen Urtheil auch dort als bewährt befunden worden sind. Außerdem sind diejenigen Formen der bürgerlichen Gerichtsbarkeit dem Entwurf eingefügt worden, welche übernommen werden mußten, weil die modernen Rechtzanschauungen, wie es heißt, dies erfordern, wenn ein neues Gerichts verfahren im Anschluß an das bürgerliche Verfahren ein⸗ gerichtet werden soll. Ob man da nicht zu weit gegangen, stelle ich anheim. Ich glaube, daß man in diesen Zuthaten der bürgerlichen Gerichtsbarkeit etwas mehr gethan hat, als vielleicht nothwendig war. Ein entscheidendes Gewicht lege ich indeß darauf nicht.
Die Forderungen, die bisher an die Reorganisation des Militär- strafverfahreng allgemein gestellt wurden, und auch die Einrichtungen, wie wir sie in den Entwurf grundsätzlich übernommen haben, betreffen im allgemeinen drei Punkte: die Oeffentlichkeit, die Mündlichkeit und die Theilung der Funktionen der Anklage, der Vertheidigung und des Referenten im erkennenden Gericht. Wir haben uns jedoch gefügt, will ich es nennen, und haben uns in vieler HDinficht in Betreff unserer Anschauungen resigniert. Ich kann aber nicht leugnen, daß uns das nicht gam leicht geworden ist. Ich
will durchaus nicht auf die Frage der Disziplin zurückkommen. Ich hoffe, daß die Bestimmungen des Entwurfs uns auch für die militärischen Interessen die nöthige Gewähr bieten. Wohl aber möchte ich dem hohen Hause noch einige Bedenken vortragen, welche es rechtfertigen, daß wir in dieser Beziehung doch nicht ohne Sorge gewesen sind.
Was zunächst die Mündlichkeit anbelangt, so will ich ohne weiteres den darin begründeten Fortschritt anerkennen. Immerhin möchte ich bei dieser Gelegenheit auf persönliche Erfahrungen zurück greifen. Ich habe in recht schwierigen Prozessen als Sachverständiger vor dem Reichsgericht fungiert und bin mit Aufmerksamkeit und größtem Interesse den Verhandlungen, die in der Regel mehrere Tage dauerten, gefolgt. Dort habe ich den Eindruck gewonnen: gewiß, das mündliche Verfahren giebt ein volles Bild, aber im allgemeinen ist doch die Leitung der ganzen Sache in der Hand des Vorsitzenden. Das Bild entwickelt sich so, wie der Vorsitzende, wenn er ein tüchtiger, eifriger Jurist ist, es sich zurecht gelegt hat. Er, der Vorsitzende, und der Referent sind mit dem Akteninhalt vertraut, sie müssen sich über die Schuldfrage eine gewisse Klarheit verschafft haben; danach werden die Zeugenaussagen gruppiert. In dem Sinne wird auch der Beweis erhoben. Die anderen Bei— sitzer oder Zuhörer, die die Akten nicht kennen, können sich von der Sache kein vollständiges Bild machen. Erst im Verlauf der Ver⸗ handlung erkennt man, worauf es hinausgeht, sodaß sich das Bild erst in den letzten Momenten der Verhandlung entwickelt. Ich halte das für keinen Vortheil, glaube vielmehr, daß ein gemischtes Ver⸗ fahren in dieser Hinsicht das richtige ist. Wenn wir im preußischen Verfahren jetzt lediglich auf Grund der Akten erkennen, so gebe ich ohne weiteres zu, daß das meist nicht vollständig genügt. Es hätte sich vielleicht mündliches und schriftliches Verfahren soweit zweckmäßig kombinieren lassen, um den Richtern und Zuhörern durch ein schrift· liches Referat von der ganzen Sachlage ein Bild zu geben. Dann, glaube ich, würde man sicherer urtheilen und sich auch eine Reihe von Zeugenvernehmungen ersparen können. Inwieweit diese Auffassung richtig ist, wird die Erfahrung ja zeigen. Ich habe es nur an— regen wollen.
Was dann weiter die Oeffentlichkeit anbelangt, so wird auch hier der große Unterschied zwischen Zivil. und Militärverfahren oft nicht genügend in Betracht gezogen. Vor dem Zipilgericht stehen in der Regel wirkliche Uebelthäter, die eine Strafe verdienen und auch in der Oeffentlichkeit gebrandmarkt werden können. Vor den Militärgerichten trifft das in diesem Maße nicht zu. Hier fungiert das Gericht oft gewissermaßen nur als Disziplinarbehörde. Ich will, um das näher zu erklären, einzelne Fälle anführen, Fälle, die nicht zu selten vorkommen:
Wir haben für die Wachen die Bestimmung, daß sie nicht schlafen, sich nicht hinlegen, oder hinsetzen, das Gewehr nicht aus der Hand lassen, nicht Taback rauchen dürfen u. s. w. Diese Bestimmung ist nothwendig. Der Mann soll erzogen werden, die Müdigkeit zu er⸗ tragen; er soll daran gewöhnt werden, sich stundenlang als im Dienst befindlich zu betrachten. Nur wenn er so erzogen ist, haben wir die Sicherheit, daß er auch in schwerer Lage und wenn das Auge des Vorgesetzten nicht auf ihm ruht, voll und ganz seine Pflicht erfüllt. Handelt er gegen diese Vorschrift, so wird er unter Umständen, wenn nach der Visziplinarordnung nicht noch eine disziplinare Ahndung zulässig erscheint, gerichtlich bestraft. Das ist ganz in der Ordnung, denn für sein Vergehen muß ihn eine empfindliche Strafe treffen; ein Uebelthäter ist der Mann aber nicht. Daß sein Name in die Oeffentlichkeit gebracht wird, ist meines Erachtens eine Ver⸗ schärfung der Strafe, die unnsthig ist und eventuell dem Ehrgefühl des Mannes schadet. In bürgerlichen Verhältnissen stellt sich das zu⸗ meist anders dar. Geht z. B. derselbe Mann später mit seinem Gewehr in der Hand auf die Jagd, so kann er sich auf dem Anstand auch hin— setzen und das Gewehr hinstellen; dasselbe kann er thun, wenn er Pa⸗ trouille geht als Zollwächter, als Flurwächter u. dergl. mehr. Kein Gericht der Welt kann ihm deswegen etwas anhaben. Ein anderer Fall — ich will ihn umgekehrt darstellen —: ich halte es für kein Verbrechen oder Vergehen, wenn ein deutscher Staatsbürger nach 9 Uhr Abends nach Hause kommt. (Heiterkeit) Es wird das sehr Vielen passieren; jedenfalls wird kein Gericht der Welt dagegen einschreiten können; bei uns wird aber dagegen eingeschritten: der Soldat soll um 9 resp. 10 Uhr zu Hause sein. Wir wollen, daß die Leute früh schlafen gehen, denn sie müssen zum Dienst frisch sein und brauchen wir die Kräfte unserer Leute; außerdem wäre es unerträg⸗ lich, wenn in einer Kaserne, wo Hunderte von Menschen zusammen⸗ wohnen, jeder nach Belieben nach Hause kommen könnte; die Ordnung hörte dann doch vollständig auf. Nun werden die Leute, die sich an diese Ordnung zunächst nicht gewöhnen können — es ist ihnen unbegreiflich, warum sie zu dieser Stunde zu Hause sein sollen —, natürlich mit einer Disziplinarstrafe belegt. Führt der Mann sich jedoch in der Weise weiter schlecht, so kann er schließlich nach unseren Gesetzen zur Aburtheilung vor das Standgericht gestellt und mit einer empfindlichen Strafe belegt werden. Eigentlich ist das doch eine Er⸗ ziehungsstrafe und der Mann kein Uebelthäter, der vor der Oeffentlich⸗ keit gewissermaßen gebrandmarkt werden muß. Ich meine, in diefer Hinsicht besteht doch thatsächlich ein Unterschied, der garnicht zu ver⸗ kennen ist. (Sehr richtig! rechts.)
Noch ein Fall: Es kommt auch zuweilen vor, daß sich ein Mann verliebt hat und sein Mädchen sprechen will, das vielleicht nach seinem Dienst« und Arbeitsverhältniß erst spät Abends Gelegenheit dazu hat. (Heiterkeit, Da geht der Mann dann hin und versäumt die Stunde des Zapfenstreichs, sodaß er wegen seines Zuspätkommens bestraft werden muß. Bei dem öffentlichen Verfahren muß dieses Mädchen eventuell vor Gericht erscheinen und öffentlich vernommen werden. Ihr Name kommt in die Zeitung, und doch kann sie ganz unbescholten sein. Ich meine, auch in dieser Hinsicht giebt die Oeffentlichkeit doch zu Bedenken Anlaß.
Was die Trennung der Funktionen des Anklägers und Ver⸗ theidigers vor Gericht anlangt, so gebe ich ohne weiteres zu, daß das bisherige Berfahren dieserhalb reformbedürftig ist; andererseits aber sind unsere gerichtlichen Verhandlungen in ihrer Mehrjahl so ein facher Natur, die militärischen Verhältnisse engen fast durchweg den Thatbestand so ein, daß im allgemeinen ein Zweifel an der That garnicht bestehen kann. Auch der große Apparat ist für derartige Ermittelungen eigentlich unnöthig und hat auch sonst unverkennbar seine großen Nachtheile. Nehmen wir z. B. an: Bei der
einen Division befindet sich ein sehr fähiger Vertheidiger, bei der anderen ein sehr fähiger Militäranwalt. Da ist es denkbar,
daß bei einer Division infolge des tüchtigen Vertheidigers die Strafen durchweg milder ausfallen als bei der anderen Division. Das ist ein Zustand, der doch nicht ohne Bedenken für unsere militärlschen Verhältnisse erscheint, ja sogar innerhalb der Armee als eine Un⸗ gerechtigkeit aufgefaßt werden könnte. Das Niveau der Strafen muß ungefähr bei annähernd gleichem Thatbestand auch in der ganzen Armee ungefähr auf derselben Höhe bleiben. (Sehr richtig! rechts) Der Einfluß der Persönlichkeit kommt bei unserem gegen⸗ wärtigen Verfahren viel weniger zum Augtzdruck als beim bürgerlichen Verfahren.
Aber auch hier haben wir schließlich unsere Bedenken zurückgestellt, haben Resignation geübt und eine Mittellinie gezogen, wie sie aus unserem Entwurf hervorgeht. Ich muß aber dringend bitten, daß diese Linie nicht weiter verschoben wird. Gegenüber den vorliegenden Abänderungsanträgen müssen wir eine bestimmte Direktive innehalten, um zu einem alle Theile befriedigenden Ende zu gelangen. Ich kann hierzu nur betonen, daß ich, seit ich die Ehre habe, Kriegs ⸗Minister zu sein, in der Reform des Militärstrafverfahrens geradezu in ein Meer von Zweifeln, Wünschen, Berathungen u. s. w. getaucht bin, sodaß ich jetzt die Empfindung gewonnen habe, es sei endlich an der Zeit, über diese Frage zur Klarheit zu kommen. (Sehr richtig h Gestatten Sie mir nun, diejenigen Wünsche, welche seitens der preußischen Regierung zu der Umgestaltung des Entwurfs durch die Kommission vertreten werden, mitzutheilen, um die Diskusston zu erleichtern.
Im allgemeinen steht die preußische Regierung auf dem Stand⸗ punkte, daß die Abänderungsvorschläge der Kommission sehr wohl annehmbar sind. Ein Theil derselben sind thatsächliche Ver⸗ besserungen der ursprünglichen Regierungsvorlage, ein anderer Theil aber — allerdings ein geringer Theil — verändert den Entwurf in einer solchen Weise, daß wir dringend bitten müssen, die Re—⸗ gierungs vorlage wieder herzustellen. Geschieht dieses nicht, so würde ich die Garantie weder übernehmen können, noch übernehmen wollen, daß der Entwurf mit diesen von Ihnen beschlossenen Aenderungen auf Zustimmung seitens der verbündeten Regierungen zu rechnen hat. (Hört, hört! links.)
Um die einzelnen regierungsseitig zu beanstandenden Aenderungen des Entwurfs näher zu bezeichnen, darf ich auf Nr. 180 der Druck⸗ sachen verweisen. Ich kann mich dadurch vieler Worte enthalten, muß aber bemerken, daß diese Abänderungsanträge, die mir voll⸗ kommen unbekannt gewesen sind, in vieler Hinsicht den Wünschen der Regierung begegnen, denen ich hier Ausdruck zu geben verpflichtet bin. Wenn Sie die Drucksache Nr. 180 ansehen, so ist dasjenige, was meinerseits betreffs Wiederherstellung der Regierungsvorlage befür⸗ wortet werden muß, in den dortigen Abänderungsanträgen unter Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 7, Nr. 8 Litt e verzeichnet. Sie werden hieraus entnehmen, daß es im Ganzen nur sechs Punkte sind, um die es sich hierbei handelt, und daß, da die Nr.? bis 4 zusammenhängen, schließlich nur vier Punkte sind, bezüglich deren die Wiederherstellung der Regierungsvorlage als unabweisbar nothwendig gefordert werden muß. Ich glaube, meine Herren, daß sich hiernach die Regierungen die äußerste Beschränkung auferlegt haben. Ich hoffe, daß das Plenum dieses hohen Hauses, ebenso wie die Kommission es gethan hat, den militärischen Interessen so weit als möglich entgegen⸗ zukommen geneigt sein wird, und daß die Mittellinie, die ich Ihnen hier angegeben habe, geeignet sein würde, dieses Reformwerk zu einem gedeihlichen Ende zu bringen.
Meine Herren, ich kann nicht anerkennen, daß unsere Interessen im Gegensatz zu einander stehen; nein! die Regierung und die staats⸗ erhaltenden Parteien theilen den Wunsch, eine gutdisziplinierte, für alle Aufgaben, und auch für die schwierigsten Verhältnisse brauchbare Armee zu erhalten. (Sehr wahr) Geben Sie den Führern dieser Armee die Möglichkeit, mit voller Freudigkeit ihrem oft nicht leichten Beruf obzuliegen! (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen.)
Abg. Haase (Soz) erklärt, seine Partei verlange die gleich- mäßige Behandlung der Soldaten wie der übrigen Staatsbürger. Im ahr 1898 habe ein preußischer König die Anweisung ge⸗ geben, eine Militär⸗Gerichtsordnung auszuarbeiten, die nur auf die aktiven Militärs sich erstrecken sollte; 1889 habe der Abg. Gröber dat—= selbe verlangt, und der sozialdemokratische Antrag fordere gar nichts Anderes. Wenn ein Soldat bestraft werde, weil er Zeitungsnummern, die nichts Strafbares enthielten, bei sich gehabt habe und in dem Urtheil gesagt werde, daß man beim Militär darüber schärfer urtheile als beim Zivil, so müsse man sich hüten, die Militärgerichtsbarkeit auszudehnen.
Kriegs⸗Minister, General⸗Lieutenant von Goßler:
Ich habe keine Veranlassung, im allgemeinen auf das zu er— widern, was der Herr Vorredner vorgebracht hat. Ich kann ihm nur bestätigen, daß uns allerdings eine unüberbrückbare Kluft trennt, daß unsere Anschauungen sich niemals vereinigen werden. Weshalb Her Herr Vorredner aber die Fahnenweihen wieder herangezogen hat, ift mir nicht ersichtlich, und ich weiß auch nicht, was das mit der Militär- Strafgerichtsordnung zu thun hat. Die Behauptung, daß immer ge⸗ predigt werde, der Soldat sei etwas Besseres, ist meines Erachtens nicht zu beweisen. Das, was wir predigen, was wir mit vollem Recht den Leuten immer wieder von neuem klar zu machen suchen, ist, daß sie höhere Pflichten für die Zeit ihrer Dienstzeit, als sonst im Leben zu erfüllen haben.
Ich gehe auf das Erkenntniß, das von dem Herrn Vorredner hier erwähnt worden ist, nicht näher ein. Die Sache ist bereits vor Jahren im Reichstage des öfteren eingehend besprochen worden. Wenn ich mich nicht irre, gehört dieses Erkenntniß zu denjenigen, welche auf unrechtmäßige Weise an die Oeffentlichkeit gelangt sind. Die Sache an sich ist ja vollständig klar. Nach den heutigen Be⸗ stimmungen ist die Einführung sozialdemokratischer Schriften in die
Kasernen verboten. Diejenigen Leute, welche solche Schriften dort
einführen, lesen oder halten, werden wegen Ungehorsams streng be⸗
straft. Auf diesem Standpunkt stehen wir und werden wir auch
ferner stehen bleiben. (Bravo! rechts.)
Was die erwähnte Kabinetsordre Seiner Majestät des Königs
Friedrich Wilhelm III. anbetrifft, so ist meines Erinnerns damals
allerdings ein derartiger Entwurf aufgestellt worden. Seine Masjestät
haben Sich aber später selbst davon überzeugt, daß dieser Weg un⸗
gangbar war.
Abg. Beckh (fr. Vp.): Im Jahre 1869 wurde in Bayern eine neue
Militär · Strafgerichtsordnung geschaffen, zie im Widerspruch zur preußi⸗
schen stebt; das ist kein Wunder, denn alle Juristen traten damals und später dafür ein, daß die militärische Gerichtsbarkeit der bür 26.
leichgemacht werden, daß sie aber nur auf die militär erge ki r, werden müsse. Von diesem Standpunkte 5 . ie
Vorlage unannehmbar. Ich will aber den Versuch machen, die Vor⸗