1898 / 75 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

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Wesel .. München. Straubing. Regensburg. . Plauen i. V(. Rottweil . Ravensburg.. ö ; Offenburg Altenburg . Diedenhofen. Breslau.

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16,50

12,50 14,00 13,00

14,60 15,50 15,75 14,00

15,00 13,75 15,00 15,25 15,00 14,60 11,93 13,98

12, 10 14,00

12,40

14,20 14,00

15, 90 15 60

14,20

12,00 13,50

13,õ50 13, 90 14,20 16.16

1200 15.00 14,50 16.35 1425 1750 1625 1756

16.00 16 25 1250 16 66 1250 146 06 15 59 18,68 14.25 1350 17,66 18.36 18 66

1600 1550

14,80 14,20 12,50 13,60 14,60 15,00 16,50 14,50 15,60

16,90 16,00 16,73 14,96 17.00 16,50 18,00

15, 10 16.25 1250 1760 12765 15, 00 16538 18, 46 15,66 13. 50 18, 00 1936 19330

17,00 16, 80 15.00

13,10 12,40 15,00

14,70 14,00 165,20 15,00 14,40 14,80

14,00

14,60 14.00 16,00 15.300

15,80 16,25 16,25

16,10 15,50 14,00

15,50 15.50 15,50 16,50 16,48 16,13 14,20 13,20 15,00 15,00 14300 15,60 15,80

15,70 16,00 14,60 14,80

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14,20 14.40 13,00 13,50 13,89 13,80 14,60 15,50 16,00 16,50 17,00 14830 15,50 6 16,00 16,00

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14,60 15,20 1400 15,40 16,00 17,00 15,20 15,490 f— 15,00 16.60 16,00 16,25 17,00 16,50 16,80 14,00 17,0900 17,10 15,50 14560 14,60 ; 15,60 W 16,50 15,50 16,00 15,50 15,75 15,0 16,00 1690 189,30 17,77 19,79 17,20 17,74 14,40 14,50 14,10 14,20 15,00 16,10 ö 15,80 15, S0 16,60 15,40 1600 16,B50 16,0900 16,20 16,00 15,70 16,20 16,0900 16,60 15,00 165,00 15,00 15,20

Bemerkungen.

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufgwerth auf volle Mart abgerundet mitgetheilt. 9 nabg Ein liegender Strich (— in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, da

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Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten ahh berechnet.

entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag. 70. Sitzung vom 26. März 1898, 11 Uhr.

; Die in Berathung des Gesetz entwurfs, betreffend die deutsche Flotte, wird fortgesetzt bei 8 2. Nach demselben soll die Berxeitstellung der Mittel für doe Ersatzbauten der ährlichen Festsezung durch den Reichshaushalts⸗Etat mit der aßgabe unterliegen, daß in der Regel Linien⸗ und Küsten⸗ panzerschiffe nach 25 Jahren, große Kreuzer nach 20 und kleine Kreuzer nach 15 Jahren ersetzt werden können. Ver— längerungen der Fristen bedürfen der Zustimmung des Bundes⸗ raths, Verkürzungen derjenigen des Reichtages. - . den Anfang der Sitzung wurde am Sonnabend erichtet.

Auf die Ausführungen des Abg. Dr. Rintelen (Zentr.) welcher erklärt hat, 3 den s T stimmen zu wollen, well derselbe den Reichstag für alle Zukunst binde, erwidert der

Staatssekretär des Reichs-⸗Marincamts, Kontre⸗Admiral Tirpitz:

Ich werde auf die Verfassungsfrage nicht weiter eingehen. Sie ist von dem Herrn Referenten und von anderen genauen Kennerw der Verfassung so eingehend behandelt worden, daß es keinen Zweck hätte, wenn ich dem noch etwas hinzufügen würde. Ich möchte nur sagen, daß, wenn das Aeternat in § 2 Anstoß erregt, dies allerdings auf⸗ fallend ist, denn der 51 enthält ja auch bereits ein Aeternat, also der Sache nach nichtö Anderes. Ich möchte dabei dem einfachen, klaren Gedanken Ausdruck geben, daß, wenn das hohe Haus die Absicht hat, die deutsche Flotte gesetzlich zu fundieren und damit das nach—⸗ zuholen, was bei der Gründung unseres Reichs aus Mangel an Er— fahrung der Marineverwaltung nicht gelungen ist, daß es dann eine logische Folgerung ist, wenn man auch den Ersatz gesetzlich regelt. Weiter beabsichtigt der 5 2 dieses Gesetzentwurfsz nichts. In dieser Auffassung, meine Herren, habe ich mit Ermächtigung des Herrn Reichskanzleis in der Kommission die Erklärung abgegeben, daß meiner Ansicht nach für die verbündeten Regierungen das ganze Gesetz unannehmbar wird, wenn der Ersatzparagraph fällt oder wesentlich verändert wird. Bei der Behandlung in der Kommission ist man unsererseits so viel als möglich entgegengekommen, und ist die Limi⸗ tierung, die für die Neubauten in der Sexennatsperiode vorgesehen wird, auch für die Ersatzbauten zugestanden worden.

Ich möchte schließlich zur Klarstellung der Auffassung der Marineverwaltung über diejenige Fassung des 5 2, wie er aus der Budget ⸗Kommission hervorgegangen ist, hinzufügen, daß die Marine— verwaltung mit dieser Fassung des § 2 einverstanden ist, und daß ich auch Ursache anzunehmen habe, daß die verbündeten Regierungen mit der jetzigen Fassung ebenfalls einverstanden sein werden.

Abg. Fuchs (Zentr.): Wer die gesetzliche Fundierung der Flotte will, der muß auch die Ersatzbauten gesetzlich fixieren. Die ganze Welt ist voll Aeternaten. Wenn ein Fabrikant seine Webstühle alljährlich erneuert, so ist das auch ein Aeternat. Ein Aeternat ist es auch, wenn in einem Haushalt die Stiefel und Schuhe erneuert werden. Daß dadurch die Axt an die Wurzel des Kon stitutionalismus gelegt werde, ist eine Uebertreibung. Die Vor— lage verlangt gar nicht mehr, als wir bisher schon freiwillig be⸗ willigt haben. Alle vierzehn Tage läuft ein neuer Kreuzer vom Stapel, ein Beweis dafür, daß man den Reichstag zu Unrecht be— schuldigt. Meine Freunde stimmen aus denselben nationalen Gesichts— punkten für diese Vorlage wie in manchen anderen Fällen. Von einer Schwenkung des Zentrums, wie Herr von Bennigsen meinte, ist durch⸗ aus keine Rede. Ich muß dieser Anschauung entschieden entgegentreten. Wir haben uns schon 1866 auf den Boden des Reichs gestellt und an allen Gesetzen mitgearbeitet, die seitdem erlassen sind. Wir haben Stellung genommen gegen die uferlosen Marinepläne und nach der finanziellen Seite hin; wir haben ein Gewicht darauf gelegt, daß die Finanzen des Reiches in Ordnung bleiben. Wir sind auch heute noch der Meinung, daß neben der großen Landmacht an eine große Flotte nicht gedacht werden kann. (Präsident Freiherr von Buol bittet den Redner, bei § 2 zu bleiben) Herr Bebel meinte, uns winde dasselbe Schicksal bereitet werden, wie den Nationalliberalen. Die Nationalliberalen sind zurückgegangen, weil sie von ihren Prinzipien abgegangen sind. (Präsident Fieiherr von Buol bittet den Redner noch einmal, bei der Sache zu bleiben. Redner schließt darauf seine Rede.

Abg. Dr. Barth (Fr. Vgg.): In der ersten Lesung habe ich Veranlassung genommen, auszuführen, daß ich die Bindung des Reichs⸗ tages auf mehrere Jahre hinaus, und sogar eines späteren Reichstages, nicht für zweckmäßig halte. Obgleich ich die Gründe für die Bindung nicht sür durchschlagend halte, will ich doch für das ganze Gesetz und für diesen die Bindung enthaltenden Paragraphen stimmen. Herr Richter hat unter seinen Lesefrüchten auch einen Artikel angeführt, den ich vor einem halben Jahre geschrieben habe. Er hat einen Passus daraus hier so verwendet, daß ihm die Heiter—⸗ keit des Hauses zu theil geworden ist. Ich habe damals die Mei⸗ nung ausgesprochen, daß der Reichstag sich zu diesem Marineseptennat niemals bekennen würde. Diese Meinung wurde allgemein getheilt

und namentlich vom Abg. Richter, der noch zu einer Zeit, als man

sonst schon anderer Meinung geworden war, sich dazu bekannte. Die Meinung hat sich aber geändert nicht allein im Reichstag, sondern auch in der Bevölkerung. Und das hat auch Herr Richter erkannt und hat demzufolge seine Meinung geändert, frellich so, daß man es nicht leicht merkt. Er hat schon angedeutet, daß er vielleicht sogar für eines dieser Linienschiffe zu haben ware. (Widerspruch des Abg. Richter.) Wir werden ja sehen, bis zu welchem Grade die Bekehrung des Herrn Richter gegangen ist. Es wäre doch verfehlt, wenn der Reichstag eine wirkliche Volks⸗ dertretung sein will, auf diese Aenderung der Volksmeinung keine Rücksicht zu nehmen. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, daß ich die Verstärkung der Flotte für zweckmäßig und nothwendig halte. Ich habe diesen Standpunkt auch Herrn Richter gegenüber entschieden vertreten. Daneben sind alle Fragen sekundärer Art zurückzudrängen. Wenn man diesen Standpunkt nicht gelten lassen will, wie will man denn praktische Politik treiben? Es handelt sich bei der Bindung um eine Zweckmäßigkeitsfrage. Jede konstitutionelle Phrase schießt weit über das Ziel hinaus. Weil ich von Anfang an dieser Meinung war, und weil das ganze deutsche Volk auf meiner Seite steht, bin ich ent— schlossen, die nebensächlichen Fragen zurücktreten zu lassen, und stimme daher, und zwar mit allen meinen Freunden, für die Bindung.

Abg. Roeren (Zentr.): Wenn in einer so wichtigen Frage eine Hartei gespalten ist, so ist es, wenn auch nach der Annahme der Vorlage die alte Einigkeit wieder vorhanden sein wird, doch nicht er- freulich, daß diese Spaltung offen hervortritt. Ich hatte mich mit der Erklärung des Grafen Hompesch begnügen können, allein die wiederholten, fortgesetzten Anrufungen unferes verstorbenen Führers Windthorst als Eidezhelfer zwingen mich zu einigen kurzen Be— merkungen, die sich lediglich auf das Aeternat beziehen. Bie Ver—⸗ ehrung, die ich unserem verstorbenen Führer Windthorst entgegen⸗ sebracht habe, zwingt mich, es nicht ohne Widerspruch hingehen zu lassen, wenn die Sache so dargestellt wird, als wenn wir ung in Widerspruch befänden mit den Grundfätzen vergangener Jahre. Wenn

indthorst unter uns wäre, würde er sich sicherlich nicht gegen die an, . die für die Aufrechterhaltung des Etatsrechts . Wir halten uns für verpflichtet, dieses wichtigste . 33 Rechte des Reichstages aufrecht zu erhalten. Es aden sich hier darum, neun Zehntel des Marine Ctatg zu binden. ie kann man behaupten, daß Windthorst für das Marineseptennat zu

haben gewesen wäre nach dem großen Kampfe egen das Septennat im Jahre 1887 Er wußte doch damals, fal die Auflösung des Reichstages und ein heftiger Wahlkampf in Augficht stand; die Ver⸗ haͤltnisse lagen damals so ungünstig wie nur irgend möglich. Alle seine Reden zeigen, wie ernst er damals die Sa lage aufgefaßt hat. Windthorst war sehr klug und schmiegte sich den praktischen Verhält⸗ nissen an, aber niemals, wo ez sich um grundsätzliche Prinzipien handelte. Die Bindung des Etatsrechts hielt er für eine solche Prinzipienfrage. Er bewilligte jeden Mann und jeden Groschen, aber verzichtete nicht auf die jährliche Bewilligung des Etats. (Zuruf: §5 20 Das gehört zum § 2, der den Schwerpunkt des ganzen Gesetzes enthält. Wir werden gebunden, die Regierungen sind in keiner Weise gebunden. Sie sind berechtigt und, wenn die Sicherheit des Reiches es fordert, auch verpflichtet, mit neuen For derungen zu kommen. Da eine beiderseitige Bindung nicht möglich ist, sprach sich Windthorst gegen jede Bindung des Reichstages aus. Wer diese Rechte des Reichstages binde, der versündige sich am Volke. Der Art. 71 bestimmt, daß Gelder auch auf längere Zeit als ein Jahr bewilligt werden können, aber er zwingt unt nicht dazu, noch weniger zwingt er uns, eine Bindung auf ewige Zeit zu bestimmten Bewilli— gungen eintreten zu lassen. Bei der Berathung der Verfassung im Jahre 1867 handelte et sich um einen Kampf gegen die Äeternate, welche die verbündeten Regierungen einführen wollten. Die Aeternate wurden mit knapper Mehrheit zu Fall gebracht. Ich verstehe des« halb nicht, wie sich Windthorst durch die Annahme des Art. 71 für diese Vorlage entschieden hätte. Daß Herr von Hertling von einer Aenderung in der Stellung des Zentrums gesprochen hat kann ich nicht anerkennen. (Präsident Freiherr von Bu ol bittet den Redner, bei der Sache zu bleiben. Wir, die Minderheit des Zentrums, stimmen gegen die ganze Vorlage; wir werden die Rechte des Reichstages aufrecht erhalten, um sie verwenden zu können, wenn die Regierung gegen den Reichstag Stellung nimmt. Wir können das Etatsrecht um so weniger binden, als wir uns am Schluß einer ö, befinden und unsere Nachfolger nicht beeinträchtigen wollen.

Abg. Dr. Spahn (Sentr): Ich bleibe dabei, daß Windthorst für die Vsrlage eintreten würde, weil sie eine zweiseilige Bindung enthalte. Ob es richtig ist die Machtfrage aufzuwerfen möchte ich bezweifeln. Der Reichstag behält doch noch soviel Machtmittel, daß er seine Stellung wahren kann Der § 1 der Vorlage setzt den Schiffsbestand fest, wie das Militärgesetz die Cadres feststellt. Die Bewilligungen der Ersatzbauten ergeben sich aus 5 1 so logisch wie die Bewilligung für das Militär aus der Friedenspräsenz. Wer den F 1 angenommen, der muß, wenn er überhaupt eine Bedeutung haben soll, auch für den 5 2 stimmen.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich will mich nur ganz kurz gegen eine Aus⸗ führung des Herrn Abg. Roeren wenden. Der Herr Abg. Roeren hat als Leitmotiv seiner gesammten Ausführungen hingestellt: sach⸗ lich wollen wir das bewilligen, was nothwendig ist, aber wir wollen dabei nicht eine parlamentarische Machtbefugniß aus der Hand geben, und wir wollen dem kommenden Reichstage gegen—⸗ über mit reinen Händen dastehen und ihm nichts vergeben. (Sehr richtig! links.)

Ich meine, in diesen Ausführungen des verehrten Herrn Abgeordneten liegt ein innerer Widerspruch. (Lachen links) Denn wenn für die Landesvertheidigung anerkannt wird, daß ihr eine Flotte in diesem Umfange nothwendig ist, so kann man nicht sagen, man bewilligt das sachlich Rothwendige, wenn man gleichzeitig hier die Genehmigung versagt aus Gründen der parlamentarischen Taktik und Machtbefugniß. (Sehr richtig! rechts und Lachen links.) Was heißt das anders, als Gründe der parlamentarischen Taktik und Machtbefugniß über sachliche Bedürfnisse der Landesvertheidigung stellen, wenn man sagt, man erkenne zwar die sachliche Berechtigung der Vorlage an, man will aber kein Recht aus der Hand geben! (Sehr richtig! rechts) Meine Herren, ich lege Werth darauf, diesen Widerspruch des Herrn Abgeordneten ausdrücklich zu betonen (Lachen links; Zurufe bei den Sozialdemokraten; Sehr richtig! rechts) über jede parlamentarische Machtbefugniß geht das Wohl des Vaterlandes (große Unruhe links; Zurufe) die wichtige Frage der Landes⸗ vertheidigung (große Unruhe und Widerspruch links; Zurufe bei den Sozialdemokraten; Glocke des Präsidenten) Meine Herren, Ihr Widerspruch läßt mich vollkommen kalt (Zurufe bei den Sozialdemokraten), eine Partei, die das Eigenthum expropriieren will (Lachen bei den Sozialdemokraten) und die Monarchie expropriieren will (erneutes Lachen bei den Sozialdemo⸗ kraten), hat für mich absolut kein politisches Schwergewicht. (Lachen bei den Sozialdemokraten; Bravo! rechts.) Sie geriren sich als Feinde der bestehenden Staatsordnung, der bestehenden Gesellschaftsordnung, und ich bedauere, daß es noch Leute giebt (Unruhe und Zurufe bei den Sozialdemokraten), daß es noch Leute giebt, meine Herren, die diese Gefahr nicht erkannt haben und über dieser Gefahr eingeschlafen sind. (Wiederholte Zurufe und Unruhe links. Sehr richtig! rechts Wir werden aber alles dazu thun, um das deutsche Volk aus diesem Schlaf aufzurütteln. (Bravo! rechts. Lärm links.)

Mein verehrter Herr Abg. Singer, der Einwand trifft nicht zu. Ich stehe hier als Diener Seiner Majestät des Kaisers und werde hier so lange stehen, als ich das Vertrauen meines Monarchen besitze, und werde mit Freuden jeden Tag meinen Platz verlassen, wenn ich dieses Vertrauen nicht mehr besitze. (Zurufe bei den Sozial⸗ demokraten.)

Meine Herren, es ist weiter gesagt worden, es wäre nie von einer Regierung einem Parlament so etwas geboten worden, wie diese Vorlage. Ich verstehe nicht, wie man das behaupten kann, wenn man jemals die englische Defensionsakte angesehen hat. In der englischen Defensionsakte heißt es wörtlich:

Die Admiralität hat sofort zu veranlassen, daß die Schiffe verschiedener Klassen, welche in der diesem Gesetz beigefügten Tabelle einzeln aufgeführt sind, gebaut, ausgerüstet und mit hinreichender Armierung für den Seegebrauch fertig gestellt werden.“

Es heißt weiter:

„Diese Schiffe sollen mit ihrer Armierung, soweit irgend möglich, zum Gebrauch fertig sein vor dem 1. April 1894.“

Das Gesetz ist vom Jahre 1889, meine Herren: also in einem fünf⸗ jährigen Zeitraum! Es heißt ferner:

Die Admiralität darf im Verfolg dieses Gesetzes für die vor⸗ genannten Zwecke die Summe von 438 600 000 MS ausgeben.“

Und endlich heißt es:

„Während der nächsten 7 Etatsjahre, welche am 31. März 1896 endigen, soll jährlich dieser Summe der konsolidierten Schuld zur Last gelegt und aus diesem Fonds oder dessen Gin⸗ künften dem Seevertheidigungs⸗Konto überwiesen werden zu solchen Zahlungtterminen und Zeiten in jedem Jahre, wie sie das Schatzamt von Zeit zu Zeit festsetzt.“

Also, meine Herren, ganz dasselbe, was unsere Vorlage will: sofort ein fester Schiffsplan; dieser Schiffsplan ist in 5 Jahren auszuführen

und die Bereitstellung der Mittel in? Jahren nachkfesten Siebentel⸗ raten. Also noch mehr alt unser Gesetz; denn nach unserem Gesetz setzt die Raten der Reichstag jährlich fest, während sie hier sofort durch Gesetz auf? Jahre für jedes Jahr festgesetzt werden.

Meine Herren, England ist das klassische Land des Parlamen⸗ tarismus; et wird uns, die wir angeblich noch so welt zurück sind in der parlamentarischen Entwickelung, bei jeder passenden und un— passenden Gelegenheit vorgehalten. Ziehen Sie doch einmal hier die Konsequenzen, meine Herren! In England hat man gegen eine solche Organisationsvorlage keine parlamentarische Bedenken gehabt aus Gründen der parlamentarischen Machtbefugnisse.

Und wenn schließlich der Herr Abg. Roeren gesagt hat, man solle den nächsten Reichstag nicht belasten, so kann ich dem nur voll und ganz beitreten, was der Herr Abg. Dr. Spahn gesagt hat: jeder Reichstag, jede politische Versammlung ist gezwungen, die Beschlüsse der vorhergehenden Versammlung zu acceptieren. Man mag das in seinem Gewissen sub beneficio inventarii thun, aber jeder nachfolgende Reichstag tritt die Erbschaft des vorher⸗ gehenden an, und wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte: man will nicht kommende politische Bersamm⸗ lungen belasten, so würde die Kontinuität der ganzen Staate verwaltung, insbesondere die Kontinuität der Landesvertheidigung auf⸗ hören, Sie könnten dann auch kein Beamtenbesoldungsgesetz bewilligen, denn das ist auch ein Aeternat. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe wenigstens noch nie gehört, meine Herren, daß die Beamtengehälter herabgesetzt sind, sondern sie werden fortgesetzt erhöht.

Ich kann also weder die parlamentarischen Bedenken gegen die Vorlage, noch die etatsmäßigen Bedenken theilen. Wer diese Flotte nicht will, der sucht die Gründe in etatsmäßigen und parteipolitischen Bedenken. (Oho! links und im Zentrum) Wer sie will, meine Herren, der kann, ohne sich einer Verletzung der Verfassung, dem Worte oder Geiste nach, schuldig zu machen, dieses Gesetz an⸗ nehmen. (Bravo! rechts.)

Abg. Richter fr. Volksp.): In dem englischen Gesetz steht nichts davon, daß die Schiffe in gewisser Zeit erneuert werden müssen; ebenso⸗ wenig steht das in dem Gesetz irgend eines anderen Staates. Im eng⸗ lischen Gesetz steht nur, daß die Schiffe in fünf Jahren gebaut sein sollen. Im englischen Gesetz wird nicht der Sollbestand und die Erneuerung der Schiffe und die Indiensthaltung der Schiffe fest— Hirt, Nirgends in der Welt giebt es eine solche Bestimmung.

s giebt nicht Aeternate in Bezug auf die Beamtenbesoldung. Der betreffende Stelleninhaber hat allerdings persönliche Ansprü auf sein Gehalt. Aber der Reichstag hat das Recht, in jedem Jahre eine Stelle als künftig wegfallend zu bezeichnen. Herr Fuchs sprach von einem Stiefel ⸗Aeternat. Steht denn im Militärgesetz eine Bestim⸗ mung darüber, wie lange die Stiefel getragen und wann sie erneuert werden müssen? Ist vorgeschrieben, wann eine Kaserne als un⸗ brauchbar zu betrachten und zu erneuern ist? Herr Barth sprach von der Parteischablone, die wir den ernsten Interessen der Landes vertheidigung überordnen. Das war eine Provokation der schärfsten Art. Demgegenüber hahe ich zu unserer Vertheidigung die eigenen Ausführungen des Herrn Barth vorgelesen. Daß das so eingeschlagen hat, ist nicht meine Schuld, sondern liegt an dem Gegensatz zwischen Ihrer (des Abg. Dr. Barth) früheren und jetzigen Stellung. Damals schreckte Herr Barth vor dem Septennat zurück; von dem Aeternat war damals noch gar keine Rede. Wenn ich noch am 30. November die Annahme des Septennats für unmöglich hielt, so habe ich mich geirrt in der Werth⸗ schätzung des Reichstages, aber meine Ansicht habe ich nicht geändert. Herr Barth sprach seine Verwunderung darüber aus, daß ich von der Bewilligung eines Panzers gesprochen habe. Steht denn das im Widerspruch mit unserer Haltung? Mit Herrn Barth habe ich bis 1896 bei allen Schiffsbewilligungen auf demselben Standpunkte gestanden. Herr Rickert ist allerdings schon 1885 abgeschwenkt. (Präsident Freiherr von Buol bittet den Redner, bei der Sache zu bleiben.) Gegenüber dem Marine ⸗Enthusiasmus sprach Herr Barth davon, daß Zukunftspläne nicht möglich seien. Heute unterstützt er die Marineforderung und will den Reichstag auf ewige Zeit binden, obwohl er selbst zugiebt, daß die Möglichkeit, den Handel durch Kriegsschiffe zu unterstützen. von Jahr zu Jahr geringer wird. Herr Barth will die Flotte schaffen, und deshalb legt er auf die Nehensachen keinen Werth. Die Flotte, die zu vorhanden ist, kann geschaffen werden ohne Bindung des Etatsrechtes. Herr Barth weist auf die Strömung im Volke hin. In anderen Fragen hätte Herr Barth sich wenig um solche Strömungen gekümmert. Soll die Nicht⸗ beachtung der Strömungen des Volkes nur maßgebend sein bei dem Börsengesetze, soll es bei Marinevorlagen anders sein?

Ein Schlußantrag wird angenommen.

Persönlich bemerkt

Abg. Roe ren gegenüber dem Staatssekretär Grafen Posadowsky, daß er bereit sei, für die Flotte das Geforderte zu bewilligen; aber er könne nicht auf Wunsch der verbündeten Regierungen auf die Etatsrechte des Reichstages verzichten Wenn gesagt worden sei: wer die Flottenvorlage nicht wolle, der verstecke sich hinter etatt⸗ rechtlichen Grundsätzen, so müsse das als eine grundlose Beleidigung bezeichnet werden. ;

Abg. Dr. Barth bestreitet, daß er lediglich einen taktischen Kniff mit mache.

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Wenn der Herr Abg. Roeren im Saale anwesend gewesen wäre, hätte er seine Angriffe gegen mich nicht gerichtet. Der Herr Abg. Roeren hat ausdrücklich erklärt, er sei bereit, alles das zu bewilligen für dieses Jahr, was im Flottengesetz stehe; er hat aber polemisiert gegen das Gesetz als ganzes, gegen das organische Gesetz. Ich habe gesagt: Wer dieses Gesetz nicht will, für den sind nicht sachliche Gründe allein maßgebend, sondern parteipolitische und par⸗ lamentarische Gesichtspunkte. Und daß der Herr Abg. Roeren auß⸗ geführt hat, daß parlamentarische Gesichtspunkte für ihn maßgebend sind, ich glaube, das wird er selbst nicht bestreiten. Irgend eine Be⸗ leidigung gegen ihn auszusprechen, will ich ausdrücklich er⸗ klären, hat mir absolut fern gelegen. (Bravo! rechts.)

2 , . des Reichs⸗Marineamts, Kontre⸗Admiral irpitz:

Meine Herren! Der Herr Abg. Richter bat vorher in seinen Aus—⸗ führungen behauptet, daß noch niemals einer Nation eine derartige Gesetzes vorlage, wie diese, und im Speziellen eine derartige Bindung wie im 5 2, den Ersatzbau der Schiffe betreffend, geboten worden wäre. Der Herr Staats, Minister Graf Posadowsky hat bereits vor⸗ hin ausgeführt, wie sich das in der englischen Defence Act verhalten hat. Ich will hier noch eine Stelle aus dem italienischen Flotten gesetz vom 1. Juli 1877 hinzufügen. Da ist im Art. 1 festgesetzt, daß 16 Kriegsschiffe erster Klasse, 10 zweiter Klasse und 20 dritter Klasse die italienische Flotte ausmachen sollen. Es wird dann in Art. 3 ausgeführt:

Außerdem werden die Summen ausgeworfen, die den jährlichen Wiederherstellungs kosten der vorhandenen Schiffe entsprechen, sowie die Kosten für die nach Art. 1 des gegenwärtigen Gesetzes noth⸗ wendig werdenden Neu⸗ und Ersatz bauten“.