Dem Amtsgerichle⸗Rath von Raesfeld in Kreuznach ist die nachgesuckte Dienstentlassung mit Pension ertheilt. Dem Notar, Justiz-Rath Geisler in Tarnowitz ist der Wohnsitz in Gleiwitz angewiesen. Dem Notar Krüger in Sensburg ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt ertheilt. Zum Notar ernannt ist der Rechtsanwalt Cappell ir Hattingen für den Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Hamm. In der Liste der Rechtsanwalte sind gelöscht: der Rechts⸗ anwalt, Justiz-Rath Lüders bei dem Landgericht Jin Beriin, der Rechtganwalt Jakob Schachtel bei dem Landgericht Il in Berlin, der Rechtsanwalt Gaul bei dem Landgericht in Bochum, der Rechtsanwalt Dr. Borins ki bei dem Amtsgericht in Breslau, der Rechtsanwalt Schubert bei dem Amtsgericht in Freiburg i. Schl., der Rechtsanwalt Schlecht bei dem Amtsgericht in Aldenhoven, der Rechtsanwalt Reinarz bei dem Amts⸗ gericht in Remscheid, der Rechtsanwalt Lützeler bei dem Amtsgericht in Wiehl, der Rechtsanwalt Niche bei dem Amts⸗ gericht in Oeynhausen und der Rechtsanwalt Krüger bei dem Amtsgericht in Sensburg. In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen: der
Rechtsanwalt, Justiz-Rath Geisler aus Tarnowitz bei dem
Landgericht in Gleiwitz, der Rechtsanwalt Langen in Höchst bei dem Landgericht in Wiesbaden, der Rechtsanwalt Jakob Schachtel vom Landgericht IL in Berlin bei dem Amts— ericht in Berlin, mit dem Wohnsitz in Friedrichsberg, der
echtsanwalt Dorien aus Glogau bei dem Amtsgericht in Jauer, der Gerichts⸗Assessor Chomse bei dem Landgericht I in Berlin und der Gerichts⸗Assessor Dr. Feist bei dem Amts⸗ gericht und dem Landgericht in Elberfeld.
Der Rechtsanwalt und Notar, Justiz-Rath Galon in Wongrowitz, der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Grieving in Düsseldorf und der Rechtsanwalt Dörmer in Saarbrücken sind gestorben.
Bekanntmachung.
Die Buchhaltereien II bis VII des Einziehungsamts der Gerichtskasse 1 bleiben des Jahresabschlusses wegen vom 18. bis 22. April einschließlich für den Einzahlungsverkehr geschlossen.
Auszahlungen dagegen werden durch die Zabhlstellen der Haupt kasse ohne Unterbrechung geleistet.
Berlin, den 4. April 1898.
Königliche Gerichtskasse J. Simon son, Amtsgerichts ⸗Rath.
Angekommen: Seine Excellenz der Staats⸗Minister, Staatssekretär des Innern Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, aus Süd—⸗ deutschland.
Die Personal⸗Veränderungen in der Armee 2c. befinden sich in der Ersten Beilage.
Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 16. April.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen, wie aus Wiesbaden gemeldet wird, gestern den Kontre⸗Abmral Freiherrn von Bodenhausen und arbeiteten heute Vormittag mit dem Gesandten Grafen Wolff⸗-Metternich.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundes raths für Zoll—⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Ver⸗ kehr und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.
Das Staats⸗Ministerium trat heute Nachmittag 2 Uhr im Dienstgebäude, Leipziger Platz 11, unter dem Vorsißz des Minister⸗Praͤsidenten Fürsten zu Hohenlohe zu einer Sitzung zusammen. .
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische Ober Zolldireltor Kunckel ist in . eingetroffen.
Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗Lieutenant von Witz leben, am 14. pril in Debeagatsch angekommen, gestern von dort wieder in See gegangen und heute in Konstantinopel eingetroffen.
. . Württemberg.
eine Majestät der König hat vorgestern den neu⸗ ernannten Königlich sächsischen are b , fn nenn und bevollmächtigten Minister Freiherrn von Friesen in Audienz empfangen, um dessen Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen.
Deutsche Kolonien.
Im „Deutschen Kolonialblatt“ (Nr. 8 v. 16 d. ᷣ eine Kgiserliche Verordnung, betreffend die S . von Eingeborenen-Reservaten In dem ü d west⸗ afrikanischen Schutzgebiet, vom 10d. M. veröffentlicht welche den Reichskanzler und mit seiner Genehmigung den Lande? hauptmann ermächtigt, bestimmte, innerhalb hes südwest⸗ afrikgnischen Schutzgebietes gelegene, Eingeborenen gehörige oder der . zur Verfügung stehende Ländereien für das unver⸗ äußerliche , en. eines Eingeborenenstammes oder Ver— bandes von Stämmen zu erklären und zu Wohnplätzen für die zu dem Stamm oder Verbande gehörigen Personen vorzu—
alsbald unter möglichst genauer Bezeichnung der Grenzen öffentlich bekannt zu machen. Die innerhalb eines Reservats belegenen Grundstäcke können, unbeschadet bereits erworbener Rechte Dritter, nur mit Genehmigung des Landeshauptmanns den Gegenstand von Rechtsgeschäften zu Gunsten Fremder bilden. Aus anderen Rechtsgeschäften finden Zwangsvollstreckungen zu Gunsten Fremder weder in die Grundstücke selbst, noch in deren räumlich davon noch nicht getrennte Zubehörstücke statt. Kein Fremder darf ohne Erlaubniß des Landeshauptmanns in dem Reservat wohnen, Land in Benutzung nehmen oder Handel oder Gewerbe daselbst treiben. Fremde im Sinne dieser Verordnung sind alle nicht zu dem⸗ jenigen Stamm oder Verbande gehörigen Personen, für welche das Reservat geschaffen worden ist. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu 3000 6, allein oder in Verbindung miteinander, bestraft. Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Landeshauptmann auf Grund dieser Verordnung getroffenen Anordnungen auf— zuheben oder abzuändern.
Zu den Unruhen in Deutsch⸗Südwestafrika berichtet dasselbe Blatt weiter: Nach einem Telegramm des siell⸗ vertretenden Landeshauptmanns hat die Kaiserliche Schutztruppe unter dem Major Müller am 26. Februar am Grootberge über die aufständischen Hottentotten im Norden des Schutzgebietes einen entscheidenden Erfolg davongetragen. Der Feind floh in der Richtung auf Zeßfontein zu. Demnächst haben sich die Zwartbooi⸗Hottentotten am 20. März ergeben. Ihr Führer sowie 90 waffenfähige Mann nebst den Gewehren fielen in die Hände der Sieger. Die Gefangenen sind nach Windhoek gebracht worden.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Das ungarische Abgeordnetenhaus begann gestern die Berathung der Vorlage, betreffend die „Congruͤa“ (die zum standesmäßigen Unterhalt erforderliche niedrigste Jahresrente) nichtkatholischer Geistlichen. Der Kultus⸗-⸗Minister Dr. von Wlassies erklärte: Eine schroffe Trennung von Staat und Kirche habe niemals in der Absicht der Regierung gelegen. Sie habe sich bemüht, in der Vorlage gemeinsame Berührungs⸗ punkte zwischen Staat und Kirche zu schaffen, und nicht das französische System der Besoldung der Geistlichen gewählt, sondern das seit 1868 eingeführte System der Unterstützung der Kirchen befolgt. Der Zweck der Vorlage sei die Sicherung des Existenz-Minlmums für die Seelsorger, und aus diesem Grunde sei nicht für jede Konfession eine, besondere Vorlage, sondern der Entwurf eines einzigen,. Gesetzes eingebracht worden, welches gleiche Grundsätze allen Konfessionen gegenüber zur Anwendung bringen solle. Die Autonomie der Kirchen werde durch die Vorlage nicht verletzt. Graf Apponyi kritisierte die Be— stimmung der Vorlage, wonach auch unqualifizierte Seelsorger unterstützt werden sollen, bemängelte aber, daß die Unser⸗ stützungen ungleichartig seien. Graf Andreas Bethlen hegte hinsichtlich der Autonomie der protestantischen Kirche Bedenken und erklärte, die Vorlage ablehnen zu wollen., wenn seine Bedenken nicht beseitigt würden. Abg. Schwicker behauptete ebenfalls, daß durch die Vorlage die Autonomie der Kirchen bedroht werde; deshalb lehne er die Vorlage ah. Graf Johann Zichy (Volkspartei) stellte den Antrag, die Vorlage derart umzuarbeiten, daß die Re— gierung auf die Kirchenverwaltung keinerlei Einfluß erlange. Die Debatte wird heute fortgesetzt.
Italien.
Die Deputirtenkamm'er ertheilte gestern die Ermächti⸗ ung zur gerichtlichen Verfolgung der Deputirten Macola, assi, Fusinato und Donati wegen des Duells zwischen Caval- lotti und Macola.
Spanien. Die Subscription für die Vermehrung der Flotte hatte, dem W. T. B.“ zufolge, gestern bereits den Betrag von 3 Millionen Pesetas erreicht. In Barcelona veranstalteten vorgestern über 3000 Per⸗ sonen eine Kundgebung vor dem amerikanischen Kon⸗ sulat unter Pfeifen und Schreien sowie Hochrufen auf Spanien. Der Konsul sah dem Vorgang, hinter einem Fenster stehend, zu. Die Ansammlung wurde schließlich zer⸗ streut, ohne daß es zu einem Zwischenfall gekommen wäre.
Türkei.
Die Botschafter haben, nach einer Meldung des Wiener
„K. K. Telegr⸗Korr⸗Bureaus“, an die Pforte identische Noten des Inhalts gerichtet, daß infolge der ungünstigen Jahreszeit die letzten Grenzbestimmungsarbelten in Thessalien erst Anfang Mai vorgenommen werden können. Zum Zweck der Pazifikation Kretas haben die Admirale, der Agence Havas“ zufolge, die Insel in vier Bezirke getheilt. Der Westen wird den Italienern anverteaut, Sitia und Hierapetra den Franzosen, Kandia den Engländern und Retimo den Russen. Kanea und die Suda⸗Bai erhalten internationale Besatzung. Die Admirale ersuchten den General⸗ Gouverneur, die türkischen Garnisonen in den neubesetzten Plätzen um die Hälfte zu verringern.
Serbien.
Wie in amtlichen Kreisen versichert wird, stellte die im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten zusammen⸗ getretene, mit der Prüfung der vorbereiteten Gesetzes vorlagen beschäftigte Kommission fest, daß das Gleichgewicht im Budget n. Einführung dieser Gesetze dauernd hergestellt werden önne.
Der Minister des Innern soll, nach einer Meldung des W. T. B.“, einem Antrage des Stadtpräfekten, den Führer der radikalen Partei, Pasitsch, wegen Majestätsbeleidigung in den Anklagezustand zu , , Folge gegeben haben. Die Verhaftung Pasitsch's gelte als .
Amerika.
Der Senat der Vereinigten Staaten hat auch gestern über den Bericht der Kommission für die gus wärtigen An— gelegen heiten und die von ihr beantragte ,. betreffend Tuba, noch keine Entscheidung getroffen, sondern beschlossen, die Abstimmeiung erst in der heutigen Sitzung vorzunehmen.
Das Marineamt hat, dem „W. T. B.“ olge, die Dampfer „St. Eouis / „New York“ und „Paris gechartert. Das fliegende Geschwader ist nach Hampton⸗Moabs (Nirginien)
behalten (Reserygte). Die hiernach geschaffenen Reservate sind
zurückgekehrt.
Gestern Abend ist der Arm ee der Befehl zugegan an den Küsten, hauptsächlich derjenigen von Shrink z i Acht Regimenter Infanterke sind nach New Orleans, je sieben nach Mobile und Tampa, ferner sechs Regimenter Kavallerie wie alle leichten Batterien und sämmtliche Artillerie⸗ Regimenter bis auf zwei nach Chikamanga beordert worden. Durch den Befehl werden etwa 20 000 Mann in Marsch gesetzt.
Aus Havanna sind, nach einer Melbung der Agencia Fabra“, in Madrid Berichte eingegangen, denen zufolge der Aufstand seinem Ende i ,. Die Regierung der Auf⸗ ständischen sei geneigt, über den Frieden und bie Unkterwerfun zu verhandeln. Ferner wird gemeldet, daß Oberst Tejeda Holguin die Aufständischen geschlagen und ihnen einen Verlust ven 19 Todten beigebracht habe; auf spanischer Seite sollen 25 Mann gefallen sein.
Das cubanische Ministerium hat an die Königin—⸗ Regentin von Spanien eine Adresse gerichtet, in welcher dasselbe seine bedingungslose Mitwirkung zur Vertheidigung der Rechte Spaniens und der Freiheiten Cubas anbietet Das cubanische Volk erkenne das Mutterland an und werde stetz an dessen Seite sein, um selbst um den Preis jeglicher Opfer die Ehre und die Souveraͤnetät der Nation und die freien Institutionen der Kolonie aufrecht zu erhalten. In Chile ist nach vierzehntägigen Bemühungen nunmehr ein neues Kabinet zu stande gekommen. Wie dein ,, gemeldet wird, übernimmt Carlos Walker Martinez den Vorsitz, Juan Latorre das Ministerium des Aeußern, Agusto Luco das Justizportefeuille, Dario Zanartu die Finanzverwaltung, Patricio Alcalde das Kriegs⸗ Ministerium und Emilio Codecido das Ministerium für Handel und Gewerbe. ⸗
Das zweite Vierteljahrsheft 48. Jahrgangs 1898 der Zeit⸗ schrift für Bauwesen (herausgegeben im Ministerium der Gffent⸗ lichen Arbeiten) hat folgenden Inhalt: Daß neue Regierungs⸗Dienst⸗ gebäude in Osnabrück; Die Hauptfront des Rathhauses in Bocholt, hom Regierungs. Baumeister P. Lehmgrübner in Mühlhausen i. Th.; Die Königliche Kunstgewerbeschule in Nürnberg; Die Küsterwohnung an der St. Florinskirche in Koblenz, vom Regierungs- Bauführer X. Schweitzer; Betonbrücke mit Granitgelenken über die Eyach bei Imnau, vom Landes. Baurath Max Leibbrand in Sigmaringen, mit⸗ getheilt vom Ober⸗Ingenieur Alfred Gaedertz; Der Bau des Kaifer Wilhelm-⸗Kanals, vom Geheimen Baurath Fülscher in Berlin (Fort⸗ setzung; Der Umbau der Bahnanlagen in Köln a. Rh., nach amt⸗ lichen Quellen bearbeitet vom Eisenbahn. Bau, und Betriebs inspektor Kiel in Köln; Das Sommerhochwasser vom Juli bis August 1897 im Oderstromgebiet, im Bureau des Wasserausschusses bearbeitet durch Dr. Karl Fischer; ferner: Statistische Nachweisungen, betreffend die im Jahre 1895 vollendeten Hochbauten der preußischen Staatg⸗Eisen⸗ bahnverwaltung, und betreffend die im Jahre 1896 unter Mitwirkung der Staats baubeamten vollendeten Hochbauten.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Die deutsche äberseeische Auswanderung über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellte sich nach den Ermittelungen des Kaiferlichen Statistischen Amts für Mär 1898 und den gleichen Zeitraum des Vorjahres folgender⸗
maßen:
Es wurden befördert über Bremen. . d andere deutsche Häfen (Stettin) 7 deutsche Häfen zusammen . IJ J ö 2851 111 30 Amsterdam. 2
*
im März
überhaupt.. J II 1986
Aus deutschen Häfen wurden im März 1898 neben den vor— genannten 1679 deutschen Auswanderern noch 10 630 A ngehörige fremder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 7101, Hamburg 3410, Stettin 119.
Einfluß der Wohlhabenheit auf die Sterblichkeit.
Unter vorstehendem Titel ist im 24. Bande der Zeitschrift für Hygyiene und Infektionskrankheiten (S. 247 big 288) eine Arbeit von dem Direktor des Statistischen Amts der Stadt Breslau Lr. M. Neefe veröffentlicht worden, zu welcher ass Maßstab der Wohlhabenheit die Höhe der gezahlten Wohnungzzsmiethe gewählt ist. Nach diesem Maßstab ist zunächst die am J. Dejember 1895 ermittelte lebende Bevölkerung der Stadt Breslau in sieben Klassen — Mieths⸗ stufen — getheilt, ferner sind die während des Jahres 1896 Gestorbenen, soweit die Todtenscheine es gestatteten, in diefelben sieben Klassen ein⸗ gereiht; 61 G aller Gestorbenen des Jahres konnten für die Zu⸗ sammenstellung benutzt werden.
Von den mannigfachen Ergebnissen der Arbeit und Schlüssen des Verfassers seien folgende erwähnt. Es lebten
a. in Wohnungen bis zu 300 4 219 959 Einwohner, . von 301 — 750 Ss 67 305 . 9. 751 - 1500 M 23 829 ö J über 1500 M 5 163. Es staͤrben im Jahre, soweit die Todtenscheine einen Ausweis über die Zugehörigkeit zu einer der vier Klassen lieferten, . von von von von 70 im Lebensalter bis zu 2, 2 bis 15, 15 big 40, 40 bis 70, u. mehr Jahren aus der Klasse a 2577 405 547 842 190
. B 2438 72 108 232 100
. 9 60 25 34 101 35
w 9 6 5 26 14
Summiert man die Gestorbenen jeder Klasse, so kommen während des Jahres 1890 auf je 1600 lebende Einwohner
der Klasse a 20,7, der Klasse 9 10,7,
, w Sterbefälle. Diefe Ziffern dürfen indessen nicht ohne weiteres ver⸗ glichen werden, da zu bedenken ist, daß jede der vier Bevölferungö— klassen eine verschiedene Alterszusammensetzung hat; namentlich sollte nicht vergessen werden, daß zweifellos di⸗ lebensschwächste Altersklasse der Kinder des ersten Lebensjahres unter der weniger bemittelten Be⸗ völkerung weit stärker als unter den Wohlhabenden vertreten sst. Leider konnten Zahlen über die verschiedene Alterszusammensetzung der Lebenden nicht mitgetheilt werden.
Daß die relativ hohe Sterbeziffer der in den billigsten Woh⸗— nungen lebenden Einwohner Breglaus hauptsächlich durch zahlreiche Todesfälle unter Kindern der beiden ersten Lebensjahre bedingt war, läßt sich aus solgenden, in der Arbeit mitgetheilten Hr hee ffn entnehmen: Unter je 1009 Gestorbenen befanden sich Kinder des ersten und zweiten Lebensjahres
in der Klasse a höb, in der Klasse e 235,
ö ö ö . Von den Gestorbenen der wenigst bemittekten Klasse hatte alfo mehr als die Hälfte das zweite Lebensjahr nicht überschritte n. Demgegenüber gehörten zur Altersstufe von
A40 Jahren und darüber
*
in der Klasse a 226, in der Klasse e 533, . ̃ 4667 von je 1006 Gestorbenen; die Altersstufe von 15 bis 40 Jahren aber war unter den Gestorbenen der mittleren Klassen am stärksten ver⸗ eten, nämlich ö in der Klasse a mit 120, in der Klasse e mit 134,
J w . pro Mille. Am gleichmäßigsten waren unter den Gestorbenen der vier Klassen die Kinder von 2 bis 15 Jahren vertreten, denn dieser Altersstufe gehörten von je 1000 Gestorbenen an
in der Klasse a 89, in der Klasse 9n 98, . . ö 41100 Immerhin darf diesen Angaben über das Alter der Gestorbenen entnommen werden, daß von der in billigeren Wohnungen lebenden Bevölkerung Breslaus weniger Personen als vom wohlhabenderen Theile der Bevölkerung das 3., das 15., demnächst auch das 41. Lebens⸗ jahr erreichen, insofern als für das Jahr 1890 erwiesen ist, daß von jener mehr Personen vor Vollendung des 2., 15., 40. debent ahres gestorben sind. Ob nach zurückgelegtem 15. Lebensjahre die Sterbentwahrscheinlichkeit in den billigeren Wohnungen viel größer war, geht aus den mitgetheilten Zahlen noch nicht unzweifelhaft ervor. h Den Tabellen über die Häufigkeit der Todesursachen, einer⸗ seits nach dem Alter der Gestorbenen, andererseits nach drei Mieths— stufen (bis 300, 301 bis 750 und üker 760 M1), läßt sich entnehmen, daß im Alter bis zu 15 Jahren an Diphtherie, Croup und Scharlach von den Wohlhabenden mehr als von der weniger bemittelten Be— völkerung starben (im Verhältniß zur Gesammtzahl der in diesem Alter Gestorbenen). Ebenso ergab sich nach dem BVerfasser kein vortheilhafter Einfluß der Wohlhabenheit bei den an Entzündung des Gehirns, an Herz. und Nierenkrankheiten gestorbenen Kindern“. Dagegen war kei den an Atrophie, Brechdurchfall, Darmkatarrh und Krämpfen gestorbenen Kindern der Antheil der minder Bemitielten weit größer. Was die Todegursachen der im Alter von mehr als 15 Jahren Gestorbenen betrifft, so war bei den akuten Lungen krankheiten der Unterschied nicht erheblich und neigte zu Gunsten der Minderbemittelten, dagegen war bei den chronischen Lungenkrankheiten (Lungenschwindsucht ꝛe der Antheil der Gestorbenen in den drei Stufen sehr verschieden, und zwar nach dem Verfasser in dem Sinne, daß von der Armuth ein sehr starker Ein— fluß auf diese Tobesursache ausgeübt wird.“ Endlich hat der Ver— fasser gefunden, daß wie in Budapest, so auch in Breslau ein intensiverez Auftreten von Herz. und Nierenkrankheiten bei den bemittelten Klassen sich herausstellt.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Krefeld wird der „Rhein. Westf. Ztg.“ geschrieben: Im hiesigen Industriebezirk ist eine lebhafte Bewegung im Gange, die die Gründung eines niederrheinischen Weberverbandes bezweckt. In Verbindung mit dieser Bewegung steht die Arbeitseinstellung einer Anzahl Weber der Firma L. F. Scheibler Nachfolger, welche Firma eine 7prozentige Lohnkürzung beabsichtigt hatte. (Vgl. Nr. 89 d. Bl.)
In Göppingen befinden sich, einer Mittheilung des, Vorwärts“ zufolge, die Tischler im Ausstande, weil die Meister nur einen Theil der Forderungen bewilligen wollen.
Aus Brüssel wird der Köln. Ztg. berichtet: Die Vereinigung der Ziegelarbeiter Brüssels und seiner Vorstädte beschloß den Ausstand zur Erzielung einer Lohnerhöhung von 25 Centimes auf 1000 Ziegelsteine und einer Abkürzung des Ärbeitstages.
Kunst und Wissenscha ft.
Aus Barmen wird geschrieben: Die alljährlich am Oster⸗ Sonntage hier eröffnete Gemälde⸗Ausstellung mußte in diesem Jahre wegen des Neubaues der Concordia“ verschoben werden und findet vom 4. September bis 2. Oktober in den Räumen der neuen Kunstgewerbeschule statt. Später sollen die Kunst. Ausstellungen in den prächtigen, eigens für diesen Zweck bestimmten Räumen der im Bau begriffenen Ruhmeshalle“ ihr Heim finden.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Rotterdamer Getreidemarkt.
Im allgemeinen blieb die Stimmung des Rotterdamer Getreide—⸗ markts während des Monats März ziemlich fest, und einige wenige Sorten brachten es zu einer Preisbesserung. Das Geschäft nach dem Rhein war bedeutender als früher, wenngleich der theilweise Ausstand der Rheinschiffer, der hier eine Zeit lang bestand, die Ausfuhr hemmte.
Weizen. Der Handel in Weizen wurde durch das ungünstige Verhältniß zwischen Getreide⸗ und Mehlpreisen sehr erschwert, sodaß der Umsatz nur klein war.
Roggen. Der geringe Vorrath wurde fast ausschließlich durch Zufuhren von .Western‘ ergänzt, der dann auch mangels anderer schwererer Sorten im Preise stieg. Das Geschäft war im großen Ganzen ruhig.
Gerste. Futtergerste war häufig überhaupt nicht vorhanden. Das Wenige, was angebracht wurde, fand trotz seiner nicht gerade guten Qualität leicht Absatz.
Hafer. Es war sast nur amerikanischer vorhanden. Durch gute Verkäufe nach dem Rhein war der Vorrath bald geräumt.
Mais. Das Geschäft blieb im allg-meinen gegen das Vorjahr zurück. Die Anfuhr war indessen regelmäßig.
2 . Getreidepreise und Vorräthe ergeben sich aus nachstehender abelle:
Vorräthe . März April
Getreidepreise im Monat März 1898.
Last zu für
JJ. Fl. .
Weizen: Donau. . bis 208 Südrussischer 200-240 Kansas Nr. 2 bis 247
„MNr. 3 bis 240 Libau .. . bis 245
Roggen: Western Taganrog .. 148-150 Nicolajew 141 — 145 Selena 139 — 140
onau ¶ Bess⸗
159 — 142
arabien) . Novorofsisk. 135 — 136
Gerste: . Donau. bis 130 Amerikanische bis 118
chwarzes Meer. ‚. 114116
Hafer... Mais:
Americ. mixed 90 -= 92
Odessa 96
Cinquantin 1114116
Getreideart 2400 Eg 2100 Kg . 1g 100 kg
143 — 146
7 6 n
Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.
Aus Galatz liegt folgende Nachricht vor:
Die außerordentlich veränderliche Witterung der letzten Zeit und namentlich mehrere Tage scharfen Frofles hatten Besorgnisse für die Wintersaaten hervorgerufen, die sich jedoch nicht bestätigt zu haben scheinen. Der Frost war nur von kurzer Dauer, und bald darauf fiel Schnee und Regen, wodurch die Felder in einen für die Frühjabrg⸗ bestellung günstigen Zustand gesetzt worden sind. Mst Jusnahme des Rapses wird sogar eine rasche und gute Entwickelung der im all⸗ gemeinen kräftig bewurzelten Herbstsaaten erwartet. ; Auf dem Getreidemarkte berrschte Ruhe: der Export zeigte geringe Bewegung, Nur Gerste und Roggen waren gesucht und besser be⸗ hguptet. In den letzten Tagen trat auch für diese Artikel eine Ab⸗ schwächung ein. Frachten waren vernachlässigt. Zuletzt wurde 11, — von der Donau bezahlt, indessen nur für große, tiefgehende Dampfer, deren Lichtung einen gewissen Vortheil läßt. Die Preise stellen sich für W J , ö 108-112 ö. 83 — 85 9 —1 605
en: Galatz Braila
3 000 t 15 000 t
16000 t 1500 t
13 000 t
3 500 t
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Kon stantinopel, 16. April. (Meldung des Wiener K. K. Telegr.„Korresp. Bureau.) In der gestrigen Sitzung der Bot; chafter wurde über Maßnahmen zu der Isolierung Djeddahs behufs Verhütung der Verschleppung der Pest berathen.
Bombay, 15. April. (W. T. B.) In der verflossenen Woche sind 562 Personen an der Pest gestorben; die Gesammtsterblichkeittz⸗ ziffer belief sich auf 1303 oder 81,50 vom Tausend.
Verdingungen im Auslande.
Dänemark.
26. April, 12 Uhr. Staatsbahn ⸗Verwaltung (Drafikafdelingen's Magasin) in Kopenhagen: Lieferung von etwa 600 Presenningen für Seeland⸗Falster, 300 bis 350 Presenningen für Jütland, Fühnen. Bedingungen und Proben zur Ansicht an Ort und Stelle. Angebote sind mit der Aufschrift: „Levering af Presenningeré zu perfehen.
Verkehrs⸗Anstalten.
Der Fahrplan der Königlichen Eisenbahn-Direktion Münster i. W. vom 1. Mai 1893 enthält gegen den Winter— Fahrplan 1897/98 folgende wichtige Aenderungen: J. Badeverkehr nach den ostfrie sischen No rdseebädern: Die Badeschnellzüge verkehren täglich vom 1. Juli bis einschließlich 30. September mit Ausnahme der Züge 1066 und 109 (s. unten), die vom 1. Juli bis 15. September verkehren. 1) Köln und Elberfeld — Norddeich und zurück. Nachtverbindungen: Köln ab 1299, Münster an 244 mit D-Zug 91 Elberfeld B ab 12,24, Münster an 2,27 mit Schnell⸗ zug 59; Münster ab 2,4, Norddeich an 7,1 Badeschnellzug 100; Esens an 8,17 Personenzug 83. — Norddeich ab 9,49. Münster an 4,9 Badeschnelliug 1097; Münster ab 424, Hamm b, ga — h, 2g, Elberfeld D 647 mit Persenenzug 52. Münster ab 422, Köln an 7,39 mit D-Zug 96. — Tagesderbindungen: Köln ab 7.40, Unna an 10,13 Schnellzug 13 über Dortmund; Elberfeld D ab 5, 36, Unna ab 19,41. Hamm 10,58 — 11,900 Badeschnellzug 67. Münster 11,31— 11,36, Norddeich an 4,36 Badeschnellzug 1064. Esens an 6, 24 Per⸗ sonenzug 89. — Esens ab 8,52 Personenzug 89. Norddeich ab 16,54, Münster an 346 mit Badeschnellzug 10J. Münster ab 4,00, Köln an 7,1 mit Schnellzug 92. Münster ab 3,53, Hamm 4,24 - 4,25, Hagen 5,23 — 5, 30. Elberfeld D 6,24 mit Badeschnellzug 68. 2) Berlin Norddeich und zurück. Nachtverbindungen: Berlin L. Bf. ab II, 27, Stendal l,23 — 1,23, Bremen b, 22 – H. 41 mit Zug 102 über Uelzen. Leer 7,59 — 8,06, Norddeich an 10,18 Badeschnellzug 2a / 102. Esens an 11,96 Personenzug 85. — Norddeich ab 6,28, Leer 9, ig — 9, 22 mit Badeschnellzug 109 (bis 15/9). Bremen 11,232 — 11,28 mit Zug 1099 b. Hannover 2.44 —- 35,24 Zug 145. Stendal ban 6,4, Berlin Fr. Bf. 7.39 Zug D5. — Tagesverbindungen: Berlin Schl. Bf. 7,24, Berlin Fr. Bf. 7,40 Sz. 2. Stendal 9,49 — 9, 59, Uelzen 1,85 — 11,40, Bremen 1,43 - 1,58 Zug 104. Leer 4,04 - 4,13, Nord⸗ deich 6.13 Badeschnellzug 6/106 (bis 15. 9). Esens an 8, 4* Pz. 91. — Esens ab 8,57 mit Pz. 80. Norddeich ab 10,5, Leer 12,47 — 12, 55 Badeschnellzug 105. Bremen 3,09 —– 3,23, Stendal 718g — 7,12 Berlin L. Bf. an 8,28 über Uelzen. — II. Neu eingelegte Züge: Personenzug 6h61. Emden ab 7, 24, Leer an 8 28. Personenzug 668. Leer ab 8,414, Emden an 9,12. Anschluß von Pannover = Bremen — Oldenburg und nach, Norden. Sonstige Aenderungen: Strecke Soest—-Emden. Zug 638 (48) fährt 6,26 von Soest, 7,24 von Hamm und ist 8,17 in Münster. Zug 642 (52) fährt schon 7,44 (40 Minuten früher von Leer und trifft schon 812 in Emden ein). Der Anschluß vom Oldenburger Zuge 28 wird durch Zug 658 (Leer 8,44, Emden 9416) ermittelt.! Strecke Soest Holzminden. Zug 355 (57) fährt 28 Minuten früber (443) von Lippstadt. Paderborn an ,- 22. Zug 365 (49) fährt 12 Minuten früher 72 von Härter. Ankunft in Holzminden 7414. — Strecke Emden — Norden Wittmund. Zug 85 fährt 18 Minuten früher von Emden (07). Zug 83 fahrt 6 Minuten früher von Norden (7.18). Zug 78 fährt 16 Minuten früher von Wittmund (bac). Zug 89 fährt 14 Minuten früher von Wittmund (8,20), Zug 86 fährt 14 Minuten früher von Wittmund (5,39).
Bremen, 15. April. (WB. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Dampfer Mainz“, n. Brastlien best.,, 15. April, Mrgg. Dover passiert. Preußen“, n. Ost-Asien best. 15. April Vm. in Aden angek. Weimar “*, n. Australien best., 15. April Vm. Gibraltar assiert. — pat — 16. April. (W. T. B) Dampfer Wille had 15. April Mrgs. in Baltimore angekommen. Katiser Wilhelm II.“ 15. April Abdg. Reise von Neapel n. New. Jork fortges. H. H. Meier“ 15. April v. Bremen in New⸗JYork angek. Ems, 15. April Nm. v. New⸗Jork in Genua angek. Dresden“, n. Baltimore best., 15. April Dover passiert.
Hamburg, 15. April. (W. T. B.) Hamburg ⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer Auguste Vietoria“, von New⸗Jork kommend, ist heute Vormittag von Southampton abgegangen.
London, 15. April. JW. T. B.). Castle- Linie. Dampfer Arundel Castle“ ist auf der Autzreise am Mittwoch in Durban (Natal) angekommen. D. . Dun o lly Castle- ist auf der Heim reise gestern in London eingetroffen. D. . Roslin Gastle“ ist auf der Augreise gestern in Durbgn (Natal) angekommen. D. „Tantallon Castle“ ist auf der Ausreise heute von London ab⸗ egangen. D. „Garth Gastle“ hat auf der Ausreise heute die
Fanarischen Inseln passiert.
Theater und Musik.
Deutsches Theater.
Friedrich Hebbel's Tragödie „Gyges und sein Ring“ ging gestern Abend nach neuer Einstudierung mit starkem Erfolg in Scene. Die Fabel von Gyges und seinem unsichtbar machenden Wunderringe ist dem geriechischen Sagenkreife entnommen, und gleich einer griechischen Schicksalstragödie rauscht Hebbel's Drama schwer und gewaltig an dem Hörer und Zuschauer vor= über. Alle Empfindungen, welche die Menschen der Hebbeßschen Tragödie beseelen, sind bis ins Uebermenschliche gesteigert, sowohl die Eitelkeit des lydischen Königs Kandaules, der sich der Schönheit seines Weibes nicht nur selbst erfreuen, sondern sich auch um sie beneidet sehen will, als auch das keusche Empfinden der Königin Rhodope, welche das An—⸗ schauen ihrer Schönheit nur mit Blut gesühnt wissen mag, und das Schuld⸗ bewußtsein des jungen Griechen Gyges, der seine Neugier als Schändung eines Heiligthums betrachtet. So fein und rein menschlich diese Motive in den Seelen der handelnden Personen entwickelt werden, so er⸗ schütternd und überwältigend wirken die Folgen, welche die unerbitt⸗ liche Logik mit grausamer Schärfe daraus ableitet. Alle Schuld und alle Sühne wächst trotz des sagenhaften Untergrundes des Dramas aus den Tiefen der Menschenseelen empor; der geheimnißvolle Zauber des Ringes dient eigentlich nur als Symbol für die unsichtbaren Mächte und Kräfte des Menschenherzens. In der dichterischen Gewalt der Sprache und in dem klar und scharf umrissenen Aufbau des Dramas wird überall die Meisterhand Hebbel's sichtbar. — Die Darstellung wurde dem Werk im Ganzen und fast in jeder Einzelheit gerecht. err Kainz feierte als König Kan⸗ dauleß Triumphe seines schauspielerischen Vermögens, das sich auf die wunderbare Modufationsfähigkeit seiner Stimme stůtzt. Fräulein Dumont war eine wilde Rächerin ihres beleidigten strengen Keuschheitsgefühls, wenn sie auch den geistigen Inhalt des Charakters stärker betonte als die Leidenschaft. Ein Gast, Herr Wagner, spielte die Rolle des Gyges mit edlem Anstande und feinem Verständniß, dabei mit tiefer Leidenschaftlichkeit. Auch ihm wurde, wie den beiden Vorhergenannten, lebhafter Beifall zu theil.
Belle ⸗Alliance⸗Theater.
Ernst von Wildenbruch's fünfaktiges Schauspiel Die Herrin, ihrer Hand“, ein Jugendwerk des Dichters, welches in Berlin noch nicht zur Aufführung gelangt war, ging gestern im Belle ⸗Alliance⸗ Theater zum ersten Mal in Scene. Batz zahl reich anwesende Publikum bereitete dem Stück, obwohl es weder in der Technik des Aufbaues noch in der Charakteristit ber handelnden Personen an die neueren Bühnenarbeiten Wildenbruch's heranreicht, einen freundlichen Empfang. Der einen Konflikt zwischen Ebrgeiz und Liebe darstellende Inhalt hat im allgemeinen etwas Romanhaftes, nur hie und da zeigt sich die starke dramatische Begabung des jetzt auf der Höhe seines Schaffens stehenden Bühnendichters. Es handelt sich darin um den Opfermuth eines Mäͤdchent, Johanna von Steinberg genannt, welche der Verbindung mit dem von ihr geliebten jungen Gelehrten Edmund Westerholz entsagt, um demselben die Erfüllung seiner Lebensaufgabe nicht unmöglich zu machen. Westerholz sst nämlich von einer englischen gelehrten Gesellschaft dazu ausersehen worden, nach verborgenen assyrischen Alterthümern, bon deren Vorhandensein er fest überzeugt ist, zu forschen. Die Anstellung soll jedoch nur unter der Bedingung erfolgen, daß er unverheirathet sei. So giebt ihn Johanna frei, reicht aber später ihre Hand aus Dankbarkeit einem reichen Weltreisenden, durch dessen Vermittelung, wie sie erfährt, der Lebenswunsch ihres ebemaligen Verlobten erfüllt wurde. — Die Darstellung, welche das Stück erfuhr, war sehr lobenswerth; namentlich sind die Leistungen des Fräulein Nilasson und des Herrn L'Allemand hervorzuheben. Nach dem vierten Akt war der Beifall so stark, daß der Birektor, Herr Droescher, für den im Hause nicht anwesenden Dichter danken tonnte.
Konzerte.
Am Dienstag fand im Saale der Sing⸗Akademie ein Lieder⸗ Abend des Herrn Eugen Robert ⸗Weiß statt, dessen schwacher Besuch darauf schließen ließ, daß das Publikum den Schluß der allzu reichhaltigen Konzertsaison herbeisehnt. Der Konzertgeber schien nicht sonderlich gut dieponiert; seine Barytonstimme klang wenig ausgiebig, und sogleich die Anfangsnummer, „Adelaide“ von Beethoven, machte einen matten Eindruck. In den späͤter ge⸗ sungenen Liedern von Schubert und Schumann entschädigte der Sänger durch die künstlerische Intelligenz seines Vortrags für die Schonung, die er sich stimmlich aufzuerlegen genöthigt war.
Im Saal Bechstein fand am Mittwoch ein Duett, und Lieder⸗Abend der Damen Martha Dsirne (Sopran) und Martha Schereschewsky (Alt) statt. Die beiden jungen Sängerinnen, welche aus der Schule der Frau Joachim hervorgegangen sind und sich im Laufe des Winters wiederbolt in Hhiesigen Konzertsälen hören ließen, bekundeten namentlich im Vortrage der Duettgesänge von Pergolese, Brahms, Schumann, Buck, Pirani und Hiller ein sorgfältiges Studium. In der Wieder gabe einzelner Lieder war Fräulein Dsirne ihrer Partnerin in gesangttechnischer Hinsicht entschieden überlegen. Obwohl dem Fraͤulein Schereschewsly die schönere Stimme zuerkannt werden muß, ver— steht die Sängerin es noch nicht, den Ton frei ausströmen zu lassen; er hat daher einen etwas gedämpften, verschleierten Klang, als würde er zu tief in der Kehle angesetzt. Das Publikum spendete namentlich den Duettvorträgen der beiden Damen lebhaften Beifall.
Die Vereinigung von Komponisten aus der Schule des Professors H. Urban veranstaltete am Donnerstag in der Philharmonie eine Aufführung, in welcher eine Serenade für Streichorchester von Miecjyslaw Karlowiez, ein Konzert für Klavier und Orchester von James K. Pleasantt, em Scherzo für Blasorchester von Karl Goldschmidt und eine Symphonie von Otto Ehlers zur Ausführung gelangten. Die genannten Werke wurden durch das Philharmonische Orchester unter Leitung Professor Urban's und pianistischer Mitwirkung des Herrn Richard Platt zu Gehör gebracht und verdienen es durchaus, ihren Weg in dle größere Oeffentlichkeit zu finden. Nur Herr Otto Ehlers hatte selbst die Leitung seiner Symphonie übernommen, welche wohl als die bedeutendste Gabe des Abends. bezeichnet werden darf. Erfindungsreichthum und Sicherheit in der Beherrschung der orchestralen Ausdrucksmittel sind ihr in gleichem Maße eigen. Auch enthalten ihre vier Sätze eine Fülle reizvoller Motive, nur machen sie mehr den Findruck lose aneinander gereihter Stimmungß— Bilder denn von Theilen eines organisch zusammenhängenden Ganzen. Jedenfalls aber kann das Werk den Archesterleitungen zur Aufführung warm empfohlen werden. — Im Saal Bechstein veranstaltete Fräulein Marie Bluhm zu derselben Zeit mit schönem Erfolg. einen Liederabend. Die Sängerin besitzt eine wohlgeschulte und ausdrucks⸗ volle Sopranstimme von angenehmer Klangfarbe. Ihr Vortrag zeugt zumeist von verständiger Auffassung und klarer Wiedergabe des Stimmungsgehalts, wenn auch die innere Beseelung manchmal zu wünschen übrig ließ. Besonders glücklich gelangen im Ausdruck und in der Tongebung eine Händel'sche Canzone und zwei altitaltenische Gesänge von Salbator Rosg und Paradleg. Herr Edugrd Behm begleitete die Vorträge am Klavier durchaus beifallswürdig.
Herr Clarence Eddy, ein Orgelvirtuos, der sich in seiner amerikanischen Heimath eines großen künstlerischen Rufes erfreut, gab gestern Abend ein Konzert in der Philharmonte unter Mitwirkung des Philbarmonischen r, und der Koloratursängerin Fräulein Rose Ettinger. Außer der Toccata und Fuge in L-moll von Bach brachte der Konzertgeber zumeist moderne Kompositionen der französischen Schule zu Gehör, welche mehr auf den äußeren Effekt berechnet sind, als auf die Gefühlswärme und die weihevolle Stimmung, welche der Orgelton herporzurufen im .
ist. Dem virtuosen Theil seiner Aufgabe wurde Herr Eddy auch am Etter gerecht. Für die mädchenhaft zarte Stimme des Fräulein