1898 / 94 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Apr 1898 18:00:01 GMT) scan diff

4 Die einzureichenden Entwürfe müssen mindestens „ein Zehntel“ des Flächeninhalts der Bilder haben. . Es werden für alle Bilder Farbenskizzen in beliebiger Technik gefordert. Farbe, Form und Gedanke müssen aus den Entwürfen klar erkennbar sein. . Die Ausdehnung des Entwurfs auf die Dekoration des anzen Sagles, jedoch unter Beibehaltung der vorhandenen ezw. zur Ausführung bestimmten Innen⸗Architektur, wird den Bewerbern anheimgestellt.

6) Die Entwürfe und Skizzen sind unter genauer Angabe bon Namen und. Wohnort des Urhebers oder der etwa, in ,,. auftretenden Bewerber, unter Beifügung eines Kostenüberschlags über die Ausführung der Wandgemälde sowie unter Angabe der in Vorschlag gebrachten Technik bis zum 1. Dezember 1898, Nachmitkags 3 Uhr, an die Königliche Akademie der Künste in Berlin NW., Unter den Linden 38, kostenfrei einzusenden. .

7) Für die besten Entwürfe werden drei Preise von 4000 S, 2000 S6 und 1000 S, zusammen 7006 MS, aus— esetzt. ur 6h Die Entscheidung über die eingegangenen Arbeiten und die Preisertheilung erfolgt durch die Landes-Kunst-Kommission, welcher für diesen Zweck drei Abgeordnete der Stadt Altona mit Stimmrecht hinzutreten. ; . .

9) Die preisgekrönten Entwürfe können für den en; des preußischen Staats in Anspruch genommen werden, jedo verbleibt den Urhebern das Vervielfältigungsrecht.

Die übrigen Entwürfe werden den Bewerbern zurückgegeben.

Auf Entschädigungen für Arbeit und Kosten haben die Bewerber keinen . .

10 Eine öffentliche Ausstellung der eingesandten Entwürfe wird in Aussicht genommen.

11) Ueber die Ausführung der Wandgemälde bleibt die Entscheidung vorbehalten. Es wird jedoch, soweit angängig, der von den Preisrichtern an erster Stelle als für die Aus⸗ führung geeignet bezeichnete Entwurf nach Zustimmung der zum Preisgericht gehörigen Vertreter der Stadt Altona be— rücksichtigt werden.

12 Bei der Ertheilung des Auftrags kommt der dem Künstler gezahlte Preis auf das Gesammthonorar für Aus⸗ führung der Wandgemälde in Anrechnung.

Eine Zeichnung von dem zur Ausschmückung bestimmten Raum nebst einem Abdruck dieses Preisausschreibens kann bei dem Bureau der Königlichen Akademie der Künste in Berlin NW., Universitätsstraße 6, sowie bei dem Bureau des Magistrats in Altona unentgeltlich in Empfang genommen werden.

Berlin, den 15. April 1898.

Der Minister der geistlichen, k Medizinal⸗Angelegenheiten. Bosse.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. April.

Seine Majestät der Kaiser und König arbeiteten, wie aus Homburg v. d. Höhe gemeldet wird, gestern nach dem Vortrage des Chefs des Zivilkabinets mit dem Gesandten Grafen Wolff Metternich. Um 1 Uhr trafen Ihre Majestãät die Kaiserin Friedrich sowie Ihre . Hoheiten der

Großherzog und die Großherzogin von Heffen mit der Prinzessin

Beatrice von Sachsen⸗Coburg und Gotha zu kurzem Besuch

bei Ihren Kaiserlichen und Königlichen Masestäten ein.

Heute Vormittag nahmen Seine Majestät der Kaiser die Vorträge des Kriegs⸗Ministers, General-Lieutenants von Goßler und des Chefs des Militärkabinets, Generals von Hahnke entgegen.

In der am 19. d. M. unter dem Vorsitz des Staats— Ministers, Staatssekretärs des Innern Pr. Grafen von Posadowsky⸗Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des Blun des raths wurde dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Elsaß⸗ Lothringen, dem Entwurf eines Gesetzes wegen Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Ctat für 1898, dem Ausschußantrage, betreffend den Zollverwaltungskosten⸗ Etat für Bremen, der Vorlage, betreffend den Entwurf von Ausführungsbestimmungen zu den Branntweinsteuergesetzen, sowie der Vorlage, betreffend die Verleihung von Korpora⸗ tionsrechten an die Pangani⸗Gesellschaft in Berlin, die Zu⸗ stimmung ertheilt. Den zuständigen Ausschüssen wurden überwiesen: die Reichstagsbeschlüßse zu dem Bericht der Reichsschulden⸗Kommission vom I2. Mai d. 6 zu den Uebersichten der Einnahmen und Ausgaben der afrikanischen Schutzgebiete für 1894/95 bis 1896/97, zu den Rechnungen über den Haushalt der Schutzgebiete von Kamerun und Togo sowie des südwestafrikanischen Schutzgebiets für 1892793 und 1893/94 und zu der allgemeinen Rechnung über den Neichshaushalt für 1893594, ferner der Antrag Preußens, betreffend Abänderungen des Gesetzes über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Februar 1875 und des Gesetzes vom 20. Juni 1887, die Vorlage, betreffend die Beschlüsse des Landesausschusses zu dem Ent⸗ wurf eines , . für Elsaß⸗Lothringen über die Besoldung der Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Elementarschulen, af die Vorlage, betreffend die Beschlüsse des Landes ausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗ Lothringen über die Vizinalstraßen. Außerdem wurde die Wahl von drei Mitgliedern der Kommission für die Ausschmückung des Reichstagsgebäudes vorgenommen und über den Seiner Majestät dem Kaiser zu unterhreitenden Vorschlag wegen Besetzung der Präsidentenstelle bei einer tener, sowie über verschiedene Eingaben Beschluß gefaßt.

Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchen⸗ feld-Köfering ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich sächsische Gesandte Graf von Hohenthal und Ber 3. hat sich mit kurzem Urlaub nach Dregben begeben. Während seiner Abwesenheit fungiert der Legationg⸗ Rath von Stieglitz als interimistischer Geschäftsträger.

Der K der Vereinigten Staaten von Amerika Andrew D. White hat Berlin für einige Tage verlassen, . 6 zu den Jubiläumsfeierlichkeiten nach Dresden zu egeben.

Der. Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗Ange⸗ , D. Dr. Schneider ist nach der Provinz Westfalen abgereist.

Der Regierungs⸗Rath von Wil mows ki zu Bromberg ist der Königlichen Regierung zu Liegnitz zur weiteren dienst⸗ lichen Verwendung überwiesen worden.

Der Regierungs⸗-A ssessor Dr. Saenger, 3. Zt. in Magde⸗ burg, ist dem Landrath des Kreises Karthaus im Regierungs⸗ bezirk Danzig, der Regierungs⸗Assessor Tuch en dem Landrath des Kreises Frankenstein im Regierungsbezirk Breslau, der Re⸗ gierungs-Assesso Schmidt, z. Zt. in Berlin, dem Landrath des Kreises Waldenburg in Schlesien, der Regierungtz⸗Assessor Velhagen zu 3 dem Landrath des Kreises Hamm im Regierungsbezirt Arnsberg, der Regierun S⸗Assessor Wester⸗ mann dem Landrath des Kreises gi nen im Regierungs⸗ bezirk Köln und der Regierungs⸗-A1ssessor Keller dem Landrath des Kreises Mayen im Regierungsbezirk Koblenz zur Hilfe⸗ leistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.

Bei der gestrigen Festtafel in der Königlichen Residenz brachte Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent einen Trinkspruch auf Seine Majestät den Kaiser von Oesterreich und Ihre Königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Leopold aus. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich erwiderte unter dem Ausdruck der herzlichsten Wünsche mit einem Hoch auf den Prinz⸗Regenten und auf das Jubelpaar. Am Abend wohnten alle Hir fn rer der Festvorstellung im Hoftheater bei.

Sachsen.

Ihre Majestäten der König und die Königin empfingen auch gestern eine große Anzahl von Beglückwünschungs⸗Depu⸗ tationen, darunter eine solche der sächsischen Armee mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen Georg, Friedrich August, Johann Georg und Albert an der Spitze.

Die gestrige Festvorstellung im Hofthegter verlief äußerst glänzend. Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen und die rinzessinnen, die Staats⸗Minister sowie die in Dresden eingetroffenen Deputationen waren im Theater anwesend. Ihre Majestäten der König und die Königin erschienen um 9 i und wohnten der Vorstellung bis zum Schlusse bei. Bei dem Erscheinen Ihrer Majestäten brachte der Präsident der Zweiten Kammer, Geheime Hofrath Acker— mann ein Hoch auf den König und die Königin aus. Nach der Vorstellung fand ein von 1100 Musikern aller sächsischen Militärkapellen ausgeführter Zapfenstreich statt, welchem die Königliche Familie auf der Credra des Hoftheaters beiwohnte.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Kronp rinz von Schweden und Norwegen ist, wie die „Karlsr. . meldet, am Dienstag Mittag von Nervi, wo Höchstderselbe Ihre König— liche Hoheit die Kronprinzessin in besserem Befinden ver— lassen hat, in Karlsruhe eingetroffen und hat sich am Abend von dort zum Besuch Ihrer Majestät der Königin von Schweden und Norwegen nach Honnef begeben.

Oefterreich⸗ Ungarn.

Der österreische Finanz⸗Minister Dr. Kaizl ist gestern in seinem früheren Wahlkreise Smichow⸗Carolinenthal mit großer Mehrheit wieder zum Reichsraths⸗Abgeordneten gewählt worden.

In der gestrigen Sitzung des österreichischen Abgeord⸗ netenhauses beantwortete der Minister⸗Präsident Graf Thun zunächst zahlreiche Interpellationen, darunter eine solche, betreffend die Vorkehrungen gegen Pest, über die er sich dahin äußerte, daß alle Maßregeln zur Verhütung der Einschleppung getroffen seien. Die Pilgerbewegung aus Bosnien und der Herzegowina nach Mekka bedeute allerdings eine Gefahr der Einschleppung, wes⸗ halb die Regierung darnach trachte, diese Bewegung auf ein Minimum zu beschränken. Der Minister⸗Präsident bezeichnete ferner die Behauptung, daß berests in der letzten Delegations⸗ session eine Kreditforderung für die Auslagen, welche die Ent⸗ endung der Schiffe nach Kreta verursacht habe, vorgelegt worden ei, als irrig. Für diefen Zweck werde erst von den demnächst zusammentretenden Delegatiönen ein Betrag verlangt werden, der übrigens einige 100 000 Gulden nicht übersteigen werde. Sodann ging das Haus zur Tagesordnung über, auf welcher die Än— träge, betreffend die Versetzung des Grafen Badeni in den Anklagezustand wegen der Vorgänge in der November⸗ Session des Reichstages, standen. Der erste Antragsteller, Abg. Dr. Kayser (deutsche Volkspartei, führte aus: Graf Badeni habe das Verbrechen des Verfassungsbruchs, des Hochverraths und des Mißbrauchs der Amtsgemalt begangen. Die Versetzung des Grafen in den Anklagezustand sei noth⸗ a rig im Interesse der Gerechtigkeit. Der zweite Antragsteller, Abg. Groß (deutsche Fortschrittspartei), erklärte, der Rücktritt des Grafen Badeni sei nicht als genügende Sühne anzusehen, und beantragte die Ueberweisung des Antrags an eine Kommission von 36 Mitgliedern. Der dritte Antragsteller, Abg. Rieger (Sozialdemokrat), führte aus, die Verfassungst⸗ bruͤche des Grafen Badeni seien durch das Parlament selbst verschuldet, welches geschwiegen habe, wenn die Gewaltthätigkeiten nur gegen Arbeiter gerichtet gewesen seien. Die Sozialdemokraken würden die Obstruktion nur an⸗ wenden, wenn sie durch die äußersten Umstände dazu gezwungen würden. Der Abg. Dr. von Grabm ayer gverfassungstreuer Großgrundbesitz erklärte, seine Partei unterstütze den Antrag, damit Beruhigung eintrete. Es sei nothwendig, daß Sühne für das begangene Unrecht geboten werde. Es handle sich nicht nur um die Person des Grafen Badeni, sondern um dessen System. Es müsse Sühne geschaffen werden, damit die Re⸗ 5 sich hüte, ähnliche Wege zu wandeln wie Graf Badeni.

as größte Verbrechen habe Graf Badeni jedoch am Reiche selbst begangen, dessen Gefüge er ins Wanken ebracht habe. edner appellierte an die Deut chen aller

arteien wegen Aufrechterhaltung der Gemeinbürgschaft, doch dürfe eine auf demagoglschen Erfolgen fußende Partei nicht eine Diktatur ausüben wollen. Redner begrüßte ferner das Auf⸗ treten des Abg. Freiherrn von Dipaulh in der Sprachenfrage

und sagte, die Einsetzung eines Sprachen⸗Ausschusses sei die

erste Etappe auf dem Wege zu einer 6. der Sprachenftagi

Die jetzige Abrechnung möge zur Än ahnung des nation Friedens führen. Die Debatte wurde sodann abgebrochen ö. die Sitzung auf heute vertagt.

Im ungarischen Unterhause legten gestern der Fran winthzr von Lukacs und der andels⸗ Minister

a niel die Gesetzentwürfe, betreffend den wirthschaftlichen Ausgleich mit Oesserreich, und Fe! damit in n shenhem stehenden Finanz⸗ und Handelsvorlagen, vor. Beide Minister ersuchten, die Porlagen dem Finanz- und volkswirthschaftlichen Ausschuß zu überwelsen. Die Kossuth⸗Partei verlangte vor der Ueberweisung an die Ausschüsse Darlegung und Vorlesung der Vorlagen. Der Minister⸗Praͤsident Baron Banff trat für die sofortige Ueberweifung an die Ausschüsse ein. Der Praͤ⸗ sident von Szilägyi erklärte, das Verfahren 6 dem bisher geübten Brauche. Die Redner der Kossuth⸗Partei verlangten für ihren Antrag namentliche Abstimmung deren Vornahme vom Präsidenten auf heute festgesetzt wurde. Der Abg. Rohonczy interpellierte den Ackerbau⸗Minisler wegen der amtlichen Saatenstandsberichte und fragte, ob der Minister bereit sei, die Verantwortung für diese Be richte zu . Der Ackerbau⸗Minister Daranyi er— widerte, die Saatenstandsberichte enisprächen der Wahrheit. Er übernehme die Verantwortung für die Berichte und werde . fernerhin für orientierende Saatenstandsberichte Fürsorge reffen.

Groszbritannien und Irland.

Der amerikanische Botschafter Hay sprach gestern, wie W.. T. B.“ aus London meldet, in Beantwortung eines, Toastes auf das diplomatische Korps bei dem alljährlichen Osterbankett im Mansion House in warmen Worten von der Verwandtschaft zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten, welche vereint seien im Dienste der Mission der Freiheit und des Fortschritts.

Frankreich. Der Präsident Faure gab gestern, wie ‚W. T. B.“ be—

richtet, im Elysée zu Ehren der Königin und der Königin— Regentin der Niederlande ein Dejeuner.

Spanien.

Die Cortes sind gestern in feierlicher Weise eröffnet worden. Die ,,, begab sich in Begleitung der of⸗ staaten nach dem Senat und verlas daselbst, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Thronrede:

Die schweren Besorgnisse, welche Mein Herz betrübten, sind seit dem letzten Male, daß Ich an Sie das Wort richtete, noch gewachsen; die Beunruhigung der Bevölkerung ist lebhafter geworden in dem beunruhigenden Gefühl des Bevorstehens neuer, größerer Verwicke⸗ lungen. Diese sind hervorgerufen durch die Wendung der Dinge auf Cuba, an der ein Theil der Bevölkerung der Vereinigten Staaten schuld ist, der vorautz sieht, daß eine aus fteiem Willen hervor= gegangene Kundgebung der cubanischen Bevölkerung durch feine Volksbertretung für immer jene Pläne zerstören wird, welche sich gegen die Souveränetät Spantens richten und von denjenigen genährt worden sind, welche mit Unterstützungen und Zukunftsplänen von den benachbarten Küsten aus dort gelandet sind, um das Feuer der Insurrektion auf dieser unglücklichen, aus so vielen Wunden blutenden Insel zu schüren. Wenn die Regierung der Vereinigten Staaten dieser blindwüthigen Strömung nachgeben sollte, dann würden jene Drohungen und Beleidigungen, welche wir bis jetzt, weil sie nicht der Ausdruck der wahren Gesinnung der amerikanischen Bevölkerung sind, in Gleichmuth hinnehmen konnten, sich in unerträgliche Herausforderung umwandeln und behufs Vertheidigung der nationalen Würde Meine Regierung dazu zwingen, die Beziehungen zur amerikanischen Regierung abzubrechen. In diesem kritischen Augenblick hat die erhabene Stimme desjenigen, der auf Erden die Gerechtigkeit Gottes verkörpert, Rathschläge voll Friedensliebe und Weisheit gegeben, die Meine Regierung unschwer befolgen konnte im Bewußtsein ihres Rechts und ihrer Pflichterfüllung. Wenn Spanien dem Heiligen Vater für seine Intervention zu Gunsten des Friedens in diesen kritischen Augenblicken Dank schuldet, so ist es auch den euro⸗ päischen Großmächten dafür verpflichtet, daß sie in ihrem freund— schaftlichen Verhalten und in ihren selbstlosen Rathschlägen unfere Ueberzeugung befestigten, daß die Sache Spaniens die allgemeinsten Sympathien und seine Haltung die einstimmige Billigung finden. Es ist jedoch möglich, daß das Attentat sich verwirklicht und daß weder die Heiligkeit unseres Rechts, noch die Mäßigung in unserem Verhalten, noch der ausdrückliche, in voller Freiheit kundgegebene Wille des cubanischen Volkes dazu dienen werden, die gegen das spanische Vaterland entfesselten Leidenschaften des Hasses

in Schranken zu halten. Ich habe daher für den Fall, daß dieser

hochernste Augenblick eintritt, wo Recht und Gerechtigkeit keinen anderen Schutz finden, als den Muth der Spanier und die her⸗ kömmliche Thatkraft unseres Volkes, die Ginberufung der Cortes be⸗ schleunigt, deren letzte Entscheidung ohne Zweifel den uner— schütterlichen Entschluß Meiner Regierung sanktionieren wird, unsere Rechte zu vertheidigen. Wie groß auch das Opfer sein mag, welches dafür gefordert wird, Ich werde Mich mit der Natton identifizieren und Meine Pflichten erfüllen, die erfüllen zu wollen Ich beim Antritt der Regentschaft geschworen habe. Mein Mutterher; vertraut darauf, daß das spanische Volk sich um den Thron Meines Sohnes schaaren und ihn mit unüberwindlicher Gewalt stützen wird, bis die Zeit kemmt, wo es Meinem Sohn vergönnt ist, persönlich die Ehre der Nation und die Integrität des vater⸗ ländischen Gebiets zu vertheidigen. Zu diesen schwerwiegenden Vorgängen, die Ihre Aufmerksamkeit jetzt über das Meer nach Westen lenken, gesellt sich in diesem Augenblick noch der Zustand auf den Besitzungen im fernen Osten. Die Philippinen, deren Unter⸗ thanentreue durch eine ernste, aber glücklich niedergeschlagene Erhebung auf die Probe gestellt worden ist, leiden noch unter den Folgen dieser tiefgehenden Bewegung; um diese zur Ruhe zu bringen und um die Ursache des Uebels zu beseitigen. wird die Regierung Ihnen wichtige Vorlagen machen. So trübe und dunkel die Zukunft sich auch darstellt, die Schwierigkeiten, die uns umgeben, werden nicht größer fein, als die Kraft und die Energie des Landes, um sie mit einer Land- und Seestreitmacht zu besiegen, deren ruhmreiche Traditionen ihren Muth stählen. Mit der gegenüber einem Angriff von Außen einigen und geschlossenen Nation und mit der Hilfe Gottes, der unseren Vorfahren in den großen Krisen unserer Geschichte jederzeit den Weg zeigte, werden wir auch ebenso ehrenvoll diejenige bestehen, die man ohne Grund und ohne Gerechtigkeit gegen uns heraufzubeschwören versucht.

Nach der Eröffnung der Cortes traten die Minister zu einer längeren außerordentlichen Berathung zusammen. Wie die „Agencia Fabra“ meldet, werden die Cortes h sofort konstituieren. Senatoren und Deputirte aller Partei⸗ chattierungen sind entschlossen, die Prätensionen der Ver⸗ einigten Staaten energisch zurückzuweisen und alle für den Krieg nothwendigen Kredite zu bewilligen. Der Gesandte der Vereinigten! Staaten in Madrid Woodford hat das Ultimatum erhalten und wird basselbe heute der spanischen Regierung überreichen. Sämmtliche Beamte der amerlkanischen Gesandtschaft schliefen in der ver⸗ en Nacht in dem Hause Woodford's. Man glaubtz dodford werde bis Sonnabend in Madrid bleiben und sich dann in Gibraltar nach New⸗Hork einschiffen.

Rumänien.

Das Geburtsfest des Königs, Allerhö chstwelcher zur Zeit in Abhazia weilt, wurde gestern daselbst festlich begangen. Der kehr n empfing, dem „W. T. B.“ zufolge, zahlreiche Glückwünsche, darunter auch Telegramme des Kaisers von Sesterreich und des Deutschen Kaisers. In Bukarest fand in der dortigen Kathedrale ein feierliches Tedeum statz. Der Prinz . wurde zum General befördert und zum Kommandeur der Infanterie⸗Brigade in Bukarest ernannt.

Serbien.

Die Meldungen von einer bevorstehenden oder bereits er⸗ folgten Verhaftung des radikalen Parteiführers Pasitsch . Nr. 90 d. Bl.). sowie von einer gegen ihn eingeleiteten Untersuchung werden dem „W. T. B.“ als unbegründet bezeichnet. Schweden und Norwegen.

Die Militärkommission des Storthing hat, wie „W. T. B.“ aus Christiania meldet, einstimmig beantragt, daß die Uebungszeit der Rekruten von 42 auf 48 Tage und die der Landwehr von 12 auf 18 Tage verlängert werde. Die Kommission beantragte ferner die Annahme des Vorschlags, die Befestigungen des Tönsbergfjordes, des Topdalsfjordes und der Stadt Bergen in Vertheidigungszustand zu setzen.

Amerika.

Der Präsident Me Kinley hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, gestern Vormittag 11 Uhr 20 Minuten die Resolutionen des Kongresses unterzeichnet. Eine Abschrift des amerikanischen Ultimatums wurde dem spa⸗ nischen Gesandten überreicht, der daraufhin seine Pässe verlangt und gestern Abend Washington verlassen hat. Die Spanien in dem Ultimatum zur Beantwortung gestellte Frist säuft bis 12 Uhr in der Nacht vom 22. zum 33. d. M. nach Wasphingtoner Zeit.

Wie „W. T. B.“ weiter berichtet, werde das Ultimatum, dem diplomatischen Gebrauch entsprechend, nicht veröffentlicht werden, bevor es in den Händen der spanischen Regierung sei. Es sei jedoch Thatsache, daß der Präsident eine Ab⸗ schrift der Beschlüsse des Kongresses mit einer Note über— sandt habe, in welcher er erkläre; er habe die Resolu⸗ tionen des Kongresses unterzeichnet und verlange, daß Spanien, dem Wortlaut dieser Resolutionen entsprechend, seine Truppen und Schiffe von Cuba und aus den cubanischen Gewässern zurückziehe. Ein bestimmtes Datum für die Zurüͤck⸗ ziehung werde nicht angegeben, aber hinzugefügt: falls bis nächsten Sonnabend nicht eine befriedigende Antwort ein⸗ ea ngen sein sollte, werde er, der Praͤsident, sofort die Reso⸗ utionen des Kongresses zur Ausführung bringen lassen.

Offiziell wird bekannt gemacht, daß die Vereinigten Staaten im Falle des Krieges nicht zu dem Mittel greifen würden, Kaperbriefe auszuͤstellen. Ferner wird angekündigt, die Regierung werde bei Ausbruch des Krieges folgende Be⸗ dingungen achten: 1) Neutrale Flagge deckt feindliches Gut mit Aus⸗ nahme von Kontrebande. Y Neutrales Gut, das nicht Kontre⸗ bande ist, unterliegt der Konfiskation auch unter feindlicher Flagge nicht. 3) Blockaden müssen, um“ bindend zu sein, ch chi durchgeführt werden.

Das Repräsentantenhaus nahm gestern ohne be⸗ sondere Abstimmung eine Vorlage an, durch welche der Präsident ermächtigt wird, Freiwillige aufzurufen.

Aus Havanng sind in Madrid Telegramme eingetroffen, welche berichten, daß der General Berthal mit 2 Bataillonen daselbst eingetroffen sei. Man bedauere die Einstellung der Feindseligkeiten in den östlichen Bezirken, in denen die Spanier ausgezeichnete Erfolge erreicht hatten. Ein Chef der Auf⸗ ständischen, Bethanco ur, habe den Waffenstillstand ange⸗ nommen. In Santiago hätten sich alle Einwohner, selbst die Schwarzen und Mulatten, entschlossen, an der Seite der Spanier zu fechten. Einige hervorragende Führer der Auf⸗ ständischen würden sich den Spaniern im Kampf gegen die Vereinigten Staaten anschließen.

Asien.

Wie die „Kölnische Volkszeitung“ meldet, ist der Bischof Anzer in Shanghai eingetroffen und wird demnächst nach Peking weiterreisen.

Der japanische Minister für Handel und Ackerbau, Baron Ito miyoji wird, dem „Reuter schen Bureau“ zufolge, wegen Fehlschlagens des Vermittelungsversuchs zwischen den Liberalen und dem Kabinet voraussichtlich von seinem Amt zurücktreten.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten eilage.

In der heutigen (64) Sitzung, welcher der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz Minister Dr. von Miquel, der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein und der Minister des Innern Freiherr von der Recke beiwohnten, setzte das Haus der Abgeordneten zunächst die Besprechung der Inte rpellation der Abgg. Sjmu la und Genossen (Zentr.), betreffend die Beseitigung des Mangels an ständigen Dienstboten und land⸗ wirthschaftlichen Arbeikern in den öst lichen Pro⸗ vinzen, .

Abg. Latacz (Zentr): Wir wollen durchaus nicht eine unbe⸗ schränkte Oeffnung der Grenze und eine dauernde, schrankenlose Zu⸗ lassung ausländischer Arbeiter. Eine Hilfe ist eben für die Land⸗ wirthschaft des Ostens nicht möglich ohne bie Zulassung ausländischer

rbeiter; sonst würden wir gerne darauf verzichten. Bie Landwirthe in Schlesten können gar keine ständigen Dienstboten bekommen; sie können sich ihre Arbeit daher garnicht planmäßig einrichten, sodaß die Wirthschaft darunter leidet. Bie Pachtpreise sind infolge dessen i heruntergegangen, die Kommunalsteuern nd aber sehr erheblich gewachfen. Höhere Löhne können die Land— wirthe des Ostens nicht zahlen; sie können bei den gegenwärtigen öhnen schon kaum bestehen. Die Zulassung russisch⸗polnischer Är⸗ beiter wirb die Sicherheit des Staaks nicht gefährden. Andere Ar⸗ beiter werden schwerlich nach Oberschlesien kommen. Bis jetzt habe wenigstens nur einen schwedischen Arbeiter bei uns gesehen.

Geheimer Regierung Rath Conrad: Unter den Vorschlägen, die gestern der Minister für Landwirthschaft gemacht hat, ist besonders

er, betreffend die Konzessionspflicht für Gesindevermittler, mit Freuden begri t worden. Diese Vermittler haben die Mißstände verscharft. Herr don Reicht hosen hat darauf aufmerksam gemacht, daß es jetzt schon . 6. die Gesindemaller zur Führung von Büchern zu zwingen. Von . Befugniß hat die Regierung bereits 1885 Gebrauch gemacht.

6 sind auch die untergeordneten Behörden bereits durch gemeinschaft⸗

lichen Erlaß der Minister des Innern und für Handel und Gewerbe , worden, die bestehenden Bestimmungen schärfer zu hand⸗ haben und eine strengere Kontrole zu Üben.

ö Abg. Seer (nl. führt aus, daß er während seiner . en Thãtigkeit noch niemals einen russischen Arbeiter gebraucht habe. ö Mädchen wollten nicht mehr dienen, sondern sich durch Schneidern und ähnliche Arbeiten selbständig ernähren. Die Landwirthe könnten selbst den Arbeitermangel beseitigen, wenn sie mehr Wohnungen bauten und sich mehr verheirathete Arbeiter hielten. Aber welche Landwirthe hätten heute mehr Wohnungen als por 360 Jahren? Wenn die Leute gut behandelt und untergebracht würden, so blieben sie a . 9

. g. Graf von Ballestrem (Zentr.): Ich kann mit Be⸗ riedigung konstatieren, daß fast alle Vorredner den Uebelstand aner⸗ kannt haben. Der Vorredner leugnete aber einen folchen Nothstand, jedenfalls aus den Verhältnissen feines Wohnortes heraus. Bei ung in Schlesien werden Wohnungen Über Wohnungen gebaut; wir haben lauter berheirathete Arbeiter, und trotzdem ist der Mangel sehr groß. Die Ausführungen des Vorredners bezogen sich wohl nur auf den Großgrundbesitz. Der Kleingrundbesitzer kann keine Wohnungen bauen. Die schlesischen Landwirthe halten eine länger dauernde Zulassung der ausländischen Arbeiter für nothwendig. Der Minister hat ver⸗ schiedene Maßregeln angeführt, welche getroffen werden sollen. Die meisten dieser Maßregeln werden aber erft nach längerer Dauer eine Wirkung ausüben. Die Verlängerung dez Termins für die Zulassung auslaͤndischer Arbeiter vom 115. November bis zum 1. Dezember wird nicht helfen. Eg ist nicht richtig, einen bestimmten Termin zu bestimmen. Die Zulassung muß sich nach dem Bedürfniß richten, welchez nicht an allen Orten das selbe ist. Die Regierungz⸗Prasidenten haben ja einen objektiven lick für die wirthschaftlichen Verhältnisse; aber sie sind auf ihre Räthe angewiesen, und diefe Räthe haben nicht den weiten Ueberblick. Daher kommen denn Entscheidungen zustande, welche den that⸗ sächlichen Bedürfnissen des wirthschaftlichen Lebens nicht entsprechen. Ich beschäftige Hunderte von ausländischen Arbeitern; aber eine Ge— fahr für das Deutschthum habe ich nicht entdecken können. Es sind diese Arbeiter die harmlofesten Leute, die von Politik keine Ahnung haben; sie arbeiten sechs Tage und ruhen, wie es ihnen Gott vorgeschrleben hat, am fiebenten Tage. Diese fleißigen, tüchtigen, nüchternen, anspruchslosen Arbeiter können unseren Arbeitern zum Vorbilde dienen. Es besteht allerdings eine Bewegung in, Oberschlesien, die man die großpolnische nennt, die ich eine ozialistische und agrarkommunistische nennen möchte, der ein polnisches Mäntelchen umgehängt ist. An dieser Bewegung betheiligen sich die ausländischen Arbeiter nicht. Schwedische Arbelter werden nicht zu uns kommen. Italiener sind pielfach im Bergbau beschäftigt worden; ob sie aber für die Landwirthschaft sich eignen, weiß ich nicht. Mit der Ansiedlung von Arbeitern wird nicht viel erreicht werden. Denn die Leute werden ihr eigenes Land bebauen, aber nicht bei Anderen arbeiten. Das liegt nun einmal im Zuge der Zeit. Die Arbeiter, welche in der Industrie brotlos werden, kommen nicht auf das Land zurück; sie suchen sich durch Betteln und kleine Arbeiten durchzuschlagen. Aber für dag platte Land sind sie verloren. Deshalb ist der Nothstand ein dauern= der, gegen den kleine Mittelchen nicht helfen. Zu der Zeit, als die Sinne Aller durch den Kulturkampf hypnotisiert waren, hat man diefe HGesetzgebung geschaffen, welche ung die schrankenlose Gewerbefreiheit, die Freizügigkeit, die Wucherfreiheit und alle anderen schönen Freiheiten brachte. Es sollen die Auswüchse der Freizügigkeit beseitigt werden. Ohne einen Eingriff in die Freizügigkeit wird die Beseitigung der Auswüchse nur eine mangelhafte fein. Aber ich wünsche, daß etwas Ersprießliches erreicht wird. In Schlesien hat nicht nur ' die Landwirthschaft Mangel an Arbeitern, fondern auch die Industrie und namentlich der Bergbau, dessen Kohlenförderung gegenüber der Steigerung der industriellen Thätigkeit eine stetig zunehmende ist. Zur Ausfüllung der Hohlräume der Bergwerke werden jahraus jahrein Arbeiter ge⸗ braucht. Man verwendeß dazu gern ausländische Arbeiter. Da diese aber nicht ständig zugelassen werden, fo tritt in der Ausführung dieser Arbeiten immer eine Pause ein. Ich kann die Regierung nur bitten, den Wünschen der schlesischen Landwirthe möglichst entgegenzukommen.

(Schluß des Blattes.)

Die Abgg. Gothein, Wetekamp, Rickert und Genossen jaben im Hause der Abgeordneten folgende Interpellation eingebracht:

„Welches sind die Gründe, aus denen die Königliche Staats⸗ regierung die Genehmigung zur Errichtung eines von den städtischen Behörden in Breslau beschloffenen Mädchen ⸗Gymnasiums versagt hat?“

Nr. 16 der ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts? vom 20. April hat solgenden Inhalt: Medizinisch⸗ statistische Mittheilungen auß dem Kaiserlichen Gesundheitsamte, Bd. b,. Heft 1. Ankündigung. Bemerkung zur Kran kenhaus⸗ Statistik. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Geflügelcholern. Aus⸗ wandererschiffe. (Fortsetzung.) Diphtherieserum. (Schwetz. Kanton Bern). Apotheken, Arzneistoffe zc. Gang der Thier seuchen. Rinderpest und sibirische Pest in Rußland, 4. Viertel- jahr. Rinderpest in Britisch⸗Ostindien. Desgl. in China. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierfeuchen. (Preuß. Reg. Bezirke Potsdam, Posen, Liegnitz, Stade) Vermischtes. (Sachsen. Dresden.) Chemisches Untersuchungsamt, 1896. (Britisch⸗Ost⸗ indien.) Pilgerverkehr. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landhezirken. Witterung. Besondere Beilage: ¶Deutsches Reich) Chemische Untersuchung von Fetten und Käsen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutsche Arbeiterkolonien.

Stat. Korr.) Der Januar 1898 hat für die Arbeiterkolonien im Deutschen Reiche insosern besondere Bedeutung, als in diesem Monat die Zahl sämmtlicher feit Bestehen der Anstalten auf⸗ genommenen Kolonisten 100 000 überschritten hat. Ste betrug nach der Zeitschrift Der Wanderer“, der wir auch die nachstehenden statistischen Angaben entnehmen, Ende Januar 1898 100 6066. Zweck der Arbeiterkolonten ist ja, wie bekannt, arbeitzlosen Männern auf einige Zeit Arbeit und Unterhalt zu gewähren, um sie vor Elend und sittlicher Verwahrlosung zu schützen oder aus dieser zu einem geordneten Leben zurückzuführen. Bie erste Arbeiter⸗ kolonie, Wilhelmsdorf bei Bielefeld, in Westfalen, im wesentlichen ein Werk des Pastors von Bodelschwingh, wurde im Jahre 1882 er⸗ öffnet. Von den 29 Arbeiterkolonten, welche heute über ganz Deutschland vertheilt sind, befinden sich 18 im igt ght Preußen, und zwar entfallen 3 auf die Rheinprovinz, je 2 auf Brandenburg mit Berlin (Friedrichzwille und Berlin mit Reinickendorf), West⸗ falen, Hannover, Sachsen und Schlesien, während in Oftpreußen, Westpreußen, Pommern, Posen und Schleswig Holstein je eine Arbeiterkolonie liegt. Nur in Sessen· Nassau ist keine solche vor- handen, da die gere ertg gs ,,, im Großherzogthum essen auch der Provinz Hessen⸗Nassau dient. d fh ö des Jahres 1897, bei welcher jedoch zwei Arbeiter⸗ kolonien, nämlich die Heimathrolonie Friedrich ⸗Wilhelmsdorf ! bei Geestemünde und die erst am 17. Oktober 1897 eröffnete Arbeiter · kolonie Lieske bei Kamenz im Königreich Sachsen, unberücksichtigt ge⸗

blieben sind, ergiebt für das Deutsche Reich Folgendes.

Es wurden im Jahre 1897 7191 Personen (gegen 7646 ir Vorjahre] aufgenommen. Der durchschnittfiche i t im Monat helief sich hiernach auf os (isg6: 6zz z) Perfonen; er war am stärksten im November mit 961 (963) und am rich; im Juni mit 396 (1696 im August mit 52 Perfonen. Ben höchsten End bestand hatte der Januar 1897 mit 7583 Personen; dann folgen der Dezember mit 2957, der Februar mit 2725, der November mit 2554, der Oktober mit 1984 der März mit 1g58, der Mai mit 1804, der April mit 1754. der Juni mit 1681, der September mit 1654, der Juli und der August mit 1605 Personen. 1325 Personen wurden zurückgewiesen und zwar 382 wegen Ueberfüllung und 943 aus anderen Gründen. Ihre Zahl ist gegen das Vorjahr, in welchem 3102 Per⸗ sonen abgewlesen worden waren, bedeutend zurückgegangen.

Die Kolonisten gehören allen Berufen än Wenngleich die Mehrzahl naturgemäß aus landwirthschastlichen und , Arbeitern besteht, sind auch die gebildeten Stände verkreten. 0 werden 25 Personen, die ihrem Beruf nach der Kunst und Wissenschaft, der Literatur und presse angehörten, und 164 Beamte, Feldmesser, Ingenieure u. s. w. gezählt, während 458 Personen dem Handels stand zuzurechnen waren. Dem Geburts lande nach stammten 7014 aus Deutschland, 18 aus der Schweiz, 83 aus Desterreich. Ungarn, 25 aus Rußland, 5 aus Schweden und Norwegen, 6 aus Dänemark, Laus England, 22 aus Holland, 3 aus Belgien, 8 aus dem übrigen Europa und 6 aus Amerika. Dem Alter nach waren unter 15 Jahren 1, im Alter von 15 oder 16 Jahren 47, von 17 bis 20 Jahren 410, von 21 bis 36 1361, von 31 bis 50 3809, von 51 bis 60 1252, von 61 bis 70 I84 und von über 70 Jahren 2 Personen. Von den Aufgenommenen waren ihrem Familien stande nach 5h80 (78 υ) ledig, 337 verheirathet, 451 getrennt, 662 verwittwet und 181 geschieden! Ihrem Religionsbekenntniß nach waren bo32 evangelisch, 2134 katholisch, 1 mosaisch und 24 ge—⸗ hörten anderen Religionen an.

8 Zur Arbeiterbewegung.

In Efsen hat, der Rhein ˖ Westf. Ztg. zufolge, der größte Theil der Maurer den Arbeitgebern die Kündigung eingereicht. Eine Anzahl lediger Arbeiter, welche die Arbeitsstelle bereits verlaffen haben, ist abgereist.

In Görlitz haben, einer Mittheilung des ‚Vorwärts“ zufolge, die Bautischler in 16 Werkstätten mit etwa 100 Gesellen die Arbeit niedergelegt.

In Stolp, wo die Tischlergesellen ausständig sind, ist, wie die Ostsee Ztg. berichtet, die Vermittelung des Gewerbegerichts zur Beilegung des Ausstandes angerufen worden

Hier in Berlin verhandelten die Maurer in einer Versamm⸗ lung am Dienstag über die diesjährigen Lohnforderungen. Im wesentlichen sind es die gleichen wie im Vorjahre: 60 3 Stunden⸗ lobn bei neunstündiger Arbeitszeit. Daneben soll aber, wie die. Voss. Ztg. mittheilt, auch auf möglichste Beseitigung der Accordarbeit unb der Ueberstunden, sowie auf durchgängige Einführung von verschließ⸗ baren, wetterdichten Baubuden hingewirkt werden.

In Göppingen haben, wie dem Vorwärts gemeldet wird, die Tischler ihre Forderungen in 15 Werkstätten bewilligt erhalten. Der Ausstand ist dadurch beendet.

Aus London meldet W. T. B.“: Die Kohlenarbeiter in Rorthumberland haben mit großer Majorität abgelehnt, Ver⸗ treter auf den internationalen Kongreß nach Wien zu entsenden. Die Agitation für Erhöhung der Löhne in Northumberland wird von Tag zu Tag heftiger.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Saatenst and in Preußen um die Mitte des Monats April 1898.

Nach den Ermittelungen des Königlichen Statistischen Bureaus berechtigte der Stand der Saaten in Preußen um die Mitte des Monats April zu folgenden Erwartungen (Note 1: sehr gute, 2: gute, 3: mittlere sdurchschnittliche), 4: geringe, h: sehr geringe): Winterweizen 233, Winterspel 2, Winterroggen 3,3, Klee (auch Luzerne) 3,3, Wiesen 2,5. Erläuternd wird zu diesen Zahlen in der Stat. Korr.“ Nachstehendes bemerkt:

Der Umfang der durch Winterschäden nöthig gewordenen Um ackerungen wird sich mit Sicherheit erst nach den Maiberichten feststellen lassen; zweifellos aber wird er im Vergleich mit demjenigen früherer Jahre verschwindend klein und mehr durch Mäuse⸗ und Schneckenfraß im Herbst und Winter als durch Frost und Schnee veranlaßt sein.

Infolge des überaus milden und meist schneefreien Winters sind die Weizen⸗ und Roggen ssaaten fast ausnahmslos ohne nenneng⸗ werthen Schaden gut durch den Winter gekommen. In vielen Gegenden sind die Felder so üppig bestanden, daß bei an⸗ dauernd günstiger Witterung das Lagern des Getreides befürchtet wird. Hier und da hat man die zu starken Saaten durch Schafe abweiden lassen. In den letzten Tagen wurden in der Provinz Ostpreußen fowie in Theilen der Provinzen Westpreußen, Brandenburg, Peommern und Pofen, auch in einzelnen Theilen des Regierungsbezirks Trier, Nachtfröste beobachtet, und man besorgt, daß die jungen Saaten hierdurch beschädigt werden. Aus den Provinzen Schlesien, Sachsen, Schleswig ⸗Holstein, Westfalen, Hessen. Nassau und Rheinland kommen Klagen Über Beschädigungen der Roggenfelder durch. Schneckenfraß. Der milde Winter hat in einigen östlichen Provinzen das stärkere Wiederauftreten von Mäusen begünstigt. Aus dem ganzen Staatsgebiet, nur kleine Theile der Rheinprovinz aug⸗ genommen, wird berichtet, daß es seit Wochen fast täglich regne, und daß bereits auf tiefer gelegenen Feldern sowie auf nicht drainierten Aeckern die Saaten auszufaulen beginnen oder eine graue Farbe zeigen. Trotz der ungewöhnlich guten Durchwinterung der jungen Saaten befürchtet man, daß ihnen die meist vorhandene übergroße Naͤsse verderblich werden könne.

Obgleich der frostfreie Winter die Pflugarbeiten mit Ausnahme geringer Unterbrechungen gestattete, ist doch die Bestellung der Aecker mit der Sommerfrucht wegen der nassen Witterung der letzten Wochen gegen andere Jahre noch weit zurück. In den östlichen Provinzen konnte mit der Bestellung vielfach kaum der Anfang gemacht werden, während in den westlichen vereinzelt bereits drei Viertel ber Aecker eingesäet wurden. Am weitesten fortgeschritten ist die Aussaat der Sommerung in den Provinzen Hannover und Rheinland, wo schon im ersten Drittel des Monats März mit den Bestellungsarbeiten begonnen wurde. Aber auch dort sind die Arbeiten durch das anhaltende Regen⸗ wetter sehr aufgehalten worden. Mit dem Legen der Kartoffeln ist nur vereinzelt angefangen; es konnten deshalb weder für diese Frucht, noch fuͤr Sommerung Angaben über ihren Stand gemacht werden.

Die Kleefelder, gut durchwintert und voll bestanden, berechtigen zu den besten Hoffnungen; jedoch wird Über Beschädigung durch Mäͤuse Klage geführt. ! .

Ueber die Wiesen läßt sich zur Zeit kaum ein Urtheil abgeben, da die Flußwiesen sämmtlich unter Wafer stehen, die Entwickelung der Feld wiesen aber infolge der naßkalten Winterung der letzten Wochen meistens noch ruht.

Saaten stand in Ungarn. (

Nach den bei dem ungarischen Ackerbau-Ministertum bis zum 15. x. M. eingelangten Berichten herrschte, wie der Wiener Ztg.“ aus Budgpest gemeldet wird, in der erflen Hälfte des Monats April bei reichlichen Niederschlägen kühles Wetter, in den oberen Gegenden ab es auch Schneefall in geringerem oder größerem Maße, stellenweise . Reif und Frost, wenn auch nicht in solchem Ümfange, daß dadurch an Obst und Saaten bedeutenderer Schaden 2 worden wäre Im allgemeinen kann man sagen, daß das regnerische Wetter auf die Entwickelung der Vegetation gan f wirkte. Trotzdem stehen in einzelnen Theilen des Landes, namentlich in Sieben ürgen, so⸗ wie im Theiß und Maros. Winkel die Saaten noch immer schwach sodaß in diesen Gegenden die schlechter entwickelten Saaten umgeackerl werden mußten. * kann jedoch der Stand der Weizenfaaten im Durchschnitt hinsichtlich der Qualität als zufriedenstellend bezeichnet

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