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Bahern.
Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich ist heute Vormittag zum Besuche Ihrer Majestät der Kaiserin Elisa—⸗ beth in Kissingen eingetroffen. Der Kaiser gedenkt daselbst drei Tage incognito zu verweilen.
Sachsen.
Vorgestern Mittag fand im Residenzschlosse zu Dresden bei Ihren Majestäten Familienfrühstück statt, bei welchem Seine Majestät der König die Glückwünsche der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften entgegennahm. Die Parade, welche Mittags auf dem Alaunplatze abgehalten wurde, nahm einen glänzenden Verlauf. Kurz vor 116 Uhr trafen
hre Majestaͤt die Königin, die Prinzessinnen des
öniglichen Hauses, die fremden Fürstlichkeiten, das Gefolge der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften . die Generalität auf dem Paradefelde ein. Nach⸗ em bald darauf Ihre Majestäten der Kaiser Wilhelm, der Kaiser Franz Joseph und der König Albert sowie Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von Bayern eingetroffen waren, ritten Allerhöchstdieselben, gefolgt von den anwesenden Fürstlichen Gästen, die Front ab. Sodann erfolgte ein zweimaliger Vorbeimarsch der Truppen. Der Kaiser Wilhelm führte das 2. sächsische Grenadier⸗ Regiment Nr. 101, der Kaiser Jan Joseph das 1. sächsische Ulanen⸗Regiment Nr. 17 vor. Nach eimer Kritik des Königs begaben Sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften in die Stadt zurück, auf dem ganzen Wege von der dicht⸗ gedrängten Menschenmenge auf das Lebhafteste begrüßt.
Um 5 Uhr empfing Seine Majestät der König eine Deputation des Bundesraths unter Führung des Reichs—⸗ kanzlers Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst, welche aus dem bayerischen Bundesraths⸗Bevollmächtigten und Ge— sandten Grafen von Lerchenfeld-Köfering und dem Wirklichen Geheimen Rath Dr. von Heerwart bestand, im Marmorsaale des Schlosses. Hierbei hielt der Reichskanzler folgende Ansprache:
„Eure Mojestät wollen mir gestatten, im Namen des Bundes raths unsere ehrfurchtsvollen Glückwünsche zur heutigen Jubelfeier darzubringen. Mit ganz Deutschland geben wir Ausdruck dem Gefühl der Verehrung für Eure Majestät, den siegreichen Feldherrn, dessen kraftvoller Mitwirkung wir die Errichtung des Veutschen Reichs ver danken, den weisen Monarchen, der allzeit bundestreu mitarbeitet an der Ausgestaltung und Festigung des Reichs. Möge die göttliche Vorsehung Eure Majestät noch lange Jahre erhalten zum Segen Ihrer treuen Unterthanen und zum Heile des deutschen Vaterlandes!“
Kurz darauf empfing der König eine Deputation der deutschen Kolonialgesellschaft unter Führung Seiner Hoheit des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg.
Im 5isJ Uhr fand in den Paradesälen eine große Gala⸗ tafel statt, an welcher sämmtliche anwesende Fürstlich— keiten, der Reichskanzler, die Gesandten, die außer— ordentlichen Abgesandten, die Präsidien der Stände⸗ Kammern, die Abordnungen des Bundesraths und der Kolonialgesellschaft, die Generalität und die fremdherrlichen Offiziere iheilnahmen. Während derselben brachte, dem W. T. B.“ zufolge, Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich folgenden Trinkspruch aus:
Ich schätze mich glücklich, an der heutigen Feier eines Doppel⸗ festes theilnehmen zu können, welches — weit über diesen erlauchten und hochansehnlichen Kreis hinauꝛs — unzählige Herzen mit gleichen Gefühlen und mit gleich heißen Segenswünschen für den all verehrten Jubilar erfüllt. Was zu wiederholten Malen erhabensten Ortes in glänzender Weise hervorgehoben, was anläßlich der beiden hochbedeu⸗ tenden Gedenktage an Huldigungen und Beweisen von Liebe, treuer Anhänglichkeit und dankbarster Ergebenheit zum Ausdruck gebracht worden ist, gestattet sich nunmehr der mit dem theuren, guten Freunde durch vielfache Bande eng verbundene Altersgenosse in unser Aller Herzenswunsch zusammenzufassen: Möge der All mächtige den gefeierten Monarchen seinem bisher so reich begnadeten Regenten—⸗ leben in erneuter Kraft erhalten und durch alle Wechselfälle hindurch führen zu weiteren gesegneten Jubeltagen. Seine Majestät Albert, der König von Sachsen, lebe Hoch! Hoch! Hoch!“
Seine Majestät der König Albert erwiderte darauf: Indem ich Eurer Majestät meinen tiefgefühlten Dank sage fur die gnädigen und freundlichen Worte, welche Sie mir bei Gelegenheit unseres Festes auszusprechen die Gnade hatten, schließe ich zu gleicher Zeit auch meinen Dank ein für Alle, welche in diesen Tagen zu uns gekom]mmen sind urd theilgenommen haben an der Freude, die in meinem Hause geherrscht hat, vor allen Dingen auch den Dank für Seine Majestät den Deutschen Kaiser, den, bei allein, was unt angeht, bei traurigen, ernsten und freudigen Anlässen wir die Freude baben bei uns zu sehen. Noch einmal: Auf das Wohl Eurer Majestät und Aller, die hier erschienen sind, Fürstlichkeiten und Ab— gesandten. Ich fasse diesen Dank zusammen, indem ich mein Glas eere auf meine Gäste; sie leben Hoch! Hoch! Hoch!“
Die Abreise Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm erfolgte um 9 Uhr 30 Minuten. ; Abends fand bei dem Staats-Minister von Metzsch eine Soirée statt, zu welcher etwa 700 Einladungen ergangen waren. Bald nach 9 Uhr erschienen der König und die Königin, der Kaiser von Oesterreich, der Prinz-Regent von Bayern, der Herzog von Genua und die anderen Fürstlichkeiten. Es waren ferner anwesend: der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der österreichische Minister des Aeußern graf Goluchowski, das diplomatische Korps, die Spitzen der Staatsbehörden und die fremdherrlichen Offiziere. Die hohen Gäste verweilten bis gegen 161,6, Uhr. Abends war die Stadt prachtvoll illuminiert; besonders zeichneten sich die stagtlichen und öffentlichen Gebäude sowie die Brücken und die Elbufer aus. Große Menschenmengen durchzogen die Straßen.
Gestern Vormittag fand in sämmtlichen Kirchen des Landes feierlicher Gottesdienst statt. Die Majestäten be— gaben Sich unter Vortritt und in Begleitung des großen Dienstes in die katholische Hofkirche, wo nach dem Gottesdienst ein Tedeum gesungen wurde, während dessen an der Augustusbrücke die Artillerie Salutschüsse und auf dem Theaterplatz die Infanterie Salven abfeuerten. An dem Gottesdienst nahmen auch die anderen Fürstlich— keiten theil. Unterdessen hatten auf dem großen Schloßhofe die Deputationen der sächsischen Militärvereine mit etwa achtzig Fahnen Aufstellung genommen. Als der König im Hofe erschien, brachte der Präsident des Kriegerbundes Tanner ein dreifaches Hoch aus, worauf die Sachsen⸗Hymne gesungen wurde. Der Koͤnig redete beim Abschreiten der Froni viele der allen Krieger an und hielt darauf mit weithin schallender Stimme eine kurze Ansprache, in welcher er den Kriegern dafür dankte, daß sie treue Anhänglichkeit und Gehorsam auch in ihr Privat— leben übertragen hätten. Das habe auch dazu mitgewirkt, daß seine Regierung eine dri und friedliche gewesen sei. Mit dem Wunsche, daß dieser Geist auch ferner fortdauern möge, schloß der König mit einem „Adieu, Kameraden“, welches
jubelnd erwidert wurde. Der König begab sich darauf in den kleinen Schloßhof, wo eine Abordnung von Bauern und Bäuerinnen aus der Gegend von Ober-Grünberg in ihren alten malerischen Volkstrachten, zu Pferde und zu Fuß, sich zu einer lebenden Gruppe . Die Bauern sangen ein Lied, worauf ein junges Mädchen dem König einen Strauß überreichte. Die Königin wohnte dieser Ovatlon von einem Fenster aus bei. Nach dem Familien-Frühstück empfing der König eine Deputation der auf sächsischen Hochschulen Studierenden und betrat mit derselben den Altan im großen Schloßhofe. Der große Feflzug der Studierenden hatte sich inzwischen von der Neustadt her über die Augustusbrücke bis zum Schloß bewegt. Die Chargierten mit etwa 100 Fahnen, viele Studierende und alte Herren zu Pferde, und ein berittenes Trompeterkorps in altdeutschen Kostümen hatten sich in großem Halbkreis im Schloßhofe auf⸗ gestellt. Ein Mitglied des Ausschusses brachte ein Hoch auf den König aus, in welches die Anwesenden begeistert ein⸗ stimmten, während die Musikkorps die sächsische Hymne spielten. Der König dankte sichtlich erfreut.
Nachmittags 5 Uhr fand bei Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Johann Georg Familientafel statt, an welcher die Königliche Familie und die anderen Fürstlichkeiten theilnahmen. Der König und die Königin begaben sich in offenem Vierspänner mit Spitzenreitern nach dem Palais des Prinzen Johann Georg und nahmen auf dem Wege die Huldigung von 169000 Schulkindern Dresdens entgegen, welche Spalier gebildet hatten: die Knaben mit weißgrünen Bändern und die Mädchen in hellen Kleidern, mit Kränzen geschmückt.
. Den Abschluß der Festlichkeiten bildete ein gestern Abend in den Paradesälen des Schlosses abgehaltener Hofball. An demselben nahmen der Kaiser von Oesterreich, der König, die Königin, die Mitglieder der Königlichen Familie, die ürstlichkeiten sowie die Generalität theil. Der Kaiser Fran; Joseph verließ um Mitternacht Dresden, der Prinz— Regent Luitpold von Bayern war schon vorher abgereist. Die Stadt war abermals auf das glänzendste illuminiert.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Herzog und die Herzogin Johann Albrecht zu Mecklenburg sind gestern, der Fürst von Bulgarien vorgestern in Wien eingetroffen.
Der ungarische Quotenausschuß hat in seiner vor— gestrigen Sitzung beschlossen, den Stanspunkt des früheren Quotenausschusses aufrechtzuerhalten. Bevor der Ausschuß seine Berathungen fortsetze, wünsche er zu wissen, ob der öster⸗ reichische Ausschuß die zur Berechnung der Quote seit 1868 zur Anwendung gelangte Grundlage beibehalten wolle. Dieser Beschluß wird dem österreichischen Ausschusse amtlich zur Kenntniß gebracht werden.
Großbritannien und Irland.
Am Sonnabend ist ein Blaubuch über die chinesischen Angelegenheiten veröffentlicht worden. Wie, dem, W. T. B.“ zufolge, in demselben mitgetheilt wird, benachrichtigte der Premier— Minister Lord Salisbury den großbritannischen Gesandten in Peking Me Donald, daß es wünschenswerth sei, gegen das russische Verlangen der pachtweisen Ueberlassung von Port Arthur und Talienwan einen Gegenzug zu machen. Der beste Plan sei vielleicht die Abtretung von Wei⸗Hai⸗Wei durch Japan an England. Der Gesandte erwiderte, der einzige Grund, welcher von Rußland für sein Verlangen angegeben worden, sei der gewesen, die Mandschurei gegen die Angriffe anderer Mächte zu schützen. Derselbe fügte hinzu: obwohl England und Japan gemeint gewesen seien, habe der russische Geschäftsträger Pavlow es abgelehnt, zu sagen, welche Macht gemeint sei, und die Grundlosigkeit des Vorwandes sei auch von der chinesischen Regierung anerkannt worden. Dieselbe habe Lord Salisbury dringend gebeten, sie dadurch zu unter⸗ stützen, daß die britische Regierung der russischen die Ver⸗ sicherung gebe, daß Großbritannien keine Plane gegen die Mandschurei hege. Diese Versicherung sei gegeben worden, der Bgtschafter in St. Petersburg habe jedoch Lord Salisbury mitgetheilt, daß Graf Murawjew fest entschlossen sei, wegen der Unsicherheit der Entwickelung der Verhältnisse im Osten zwei Häfen zu pachten. Graf Murawjew habe das Versprechen gegeben, daß der auswärtige Handel zu beiden Häfen freien Zutritt haben solle, aber später dieses Zugeständniß in Bezug auf Port Arthur urückgezogen. Ter großbritannische Gesandte in Peking Me Donald telegraphierte hierauf am 24. März, China sehe sich gezwungen, Rußland wider seinen Willen nachzugeben, da Rußland mit feindlichen Maßnahmen gedroht habe. Am 25. März theilte Lord Salisbury Me Donald mit, das Gleichgewicht der Mächte am Golf von Petschili sei thatsächlich gestört, deshalb sei es nothwendig, nach dem Abzug der Japaner die Verpachtung von Wei⸗Hai⸗Wei zu erlangen. Die britische Flotte sei von Hongkong nach dem Golf von Petschili unterwegs. Am folgenden Tage benach⸗ richtigte Lord Salisbury die deutsche Regierung, daß Groß⸗ britannien nicht in die Interessensphäre Deutschlands in der Provinz Schantung einzudringen beabsichtige.
Aus Roches Point (Irland) wird vom heutigen Tage gemeldet, daß spanische Torpedoboote, von Queenstown kommend, seewaͤrts passiert seien.
Frankreich.
Der Minister des Innern Barthou hielt gestern in Qloron (Departement der Basses Pyrénées) vor seinen Wählern eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, auf die Schwäche des Programms der Radikalen und So⸗ zialisten sowie auf die Gefahren der kollektivistischen Lehren hinwies und das von dem Kabinet Méline geschaffene Werk darlegte. Der Minister schloß, indem er betonte: bei den nächsten Wahlen werde es sich nicht um einen Kampf um den Fortbestand der Republik handeln, welche nicht bedroht sei, sondern um den Kampf zwischen zwei Pro— grammen. Die Wahlen müßten den ausdrücklichen Wunsch beweisen, eine feste, homogene und dauerhafte Regierunggt⸗ majorität zu schaffen, die Kraft, Ansehen und Beharrlichkeit besitze, ohne welche große Pläne nach außen hin und große Reformen im Innern unmöglich seien.
NRusßzland.
Der Palast-⸗Sekretär des Sultans Ali Djewad Bey und der Flügel⸗Adjutant Feizi Bey sind, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern in St. Petersburg eingetroffen und auf
dem Bahnhof von den Mitgliedern der türki z und einem Beamten des Ministeriums des . worden. Ali Djewad Bey und Feizi Bey stellten sich dem
Minister des Auswärtigen Grafen Murawsew statteten dem türkischen 3 9 ö vor und
otschafter einen Besu
Italien.
Der Kronprinz und die Kronprinzessin ĩ Prinz Georg von Griechenland sind, . meldet, gestern an Bord des Dampfers „Amphitrite in Vencdi eingetroffen. z
In der Deputirtenkamm er erwiderte, dem, W. T. B.“ felge vorgestern der Minister des Auswärtigen Fis conti
enosta auf eine Anfrage der Deputirten Fasce und Ge⸗ nossen wegen der Maßnahmen zur Sicherung der Freiheit des Handels und der Schiffahrt während des spanisch⸗
1 n Konflikts: .
Als es schien, daß der Konflikt zu Feindseligkeiten fü ür unterließ es die Regierung nicht, sich ie, . 1 . welche für die Handeleschiffahrt der ner tralen Mächte entftehen könn en, besonders da die Vereinigten Staaten und Spanien der Parifer Konvention nicht beigetreten sind. Wir setzten uns daher in Verbindung mit den europdischen Mächten, welche bei dem Konflikt größere Interessen zu wahren haben. Während dieser Meinungt austausch stattfand, theilte uns Fie Regierung der Vereinigten Staaten, da der Kriegszustand thatsächlich erklärt war, offiziell aus eigenem Antrieb die Grundsãtze des Seerechts mit, wie sie sie zu den ihrigen machen werde, nämlich: daß die neutrale Flagge Feindesgut decke, mit Ausnahme von Kriegt. kontrebande, daß ferner neutrales Gut, welches nicht Kontrebande ist nicht pfändbar sei, und daß die Blockade, um brobachtet zu werden, eine effektive sein müse, endlich daß die Regierung der Vereinigten Staaten nicht beabsichtige, Kaperei auszuüben. Bisher ist uns noch keine Mittheilung in dieser Hinsicht von der spanischen Regierung zugegangen. Sobald ung eine solche zugekommen sein wird werde ich sie der Kammer mittheilen. Die Regierung wird auf die Wahrung der Freiheit des Handels und der Schiffahrt ihr ganzes Interesse und ihre unaufbörliche Sorge richten.“
Der Unter⸗Staatssekretär der Marine Palumbo erklärte eine Division des italienischen Geschwaders sei in die amerika— nischen Gewässer gesandt worden und werde eventuell verstärkt werden. Der Deputirte Fas ge erklärte sich durch die Ausführungen befriedigt und sprach die Hoffnung aus, daß Spanien ebenfalls der Pariser Konvention beitreten werde. — Im Senat beantwortete der Minister des Auswärtigen Visconti Venosta eine Anfrage des Senators Campo Reale mit einer Erklärung, welche mit der in der Deputirtenkammer abgegebenen überein⸗ stimmte. Campo Reale sprach in seiner Erwiderung die Erwartung aus, daß auch die spanische Regierung gleiche Ver— sicherungen, wie Italien sie von der Regierung der Vereinigten Staaten erhalten habe, abgeben werde, soweit das Verthei— digungsbedürfniß Spaniens dies zulasse.
Der „Italie“ zufolge soll die italienische Regierung erklärt haben, ihrer Ansicht nach könne Kohle nicht als Kriegs-Kontrebande angesehen werden. Diese Erklärung entspreche den Bestimmungen des italienischen Gesetzbuchs für die Handelsmarine. .
Sämmtliche Schüler der spanischen Akademie in Rom haben, wie ‚„W. T. B.“ berichtet, beschlossen, als Frei⸗ willige in das spanische Heer bezw. die Marine einzutreten.
Spanien.
„Angesichts der einstimmigen Erklärung aller politischen Führer zu Gunsten des liberalen Kabinets hat die Königin⸗ Regentin, wie ‚W. T. B.“ meldet, dem Minister⸗-Präsidenten Saga sta neuerdings ihr Vertrauen ausgedrückt und ihn mit der Weiterführung der Geschäfte beauftragt.
Die gestern erschienene amtliche „Gaceta de Madrid“ ver⸗ öffentlicht ein Dekret, in dessen Einleitung es heißt:
Nachdem die dirlomatischen Beziehungen zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten abgebrochen sind und der Kriegszustand zwischen den beiden Ländern begonnen hat, ergeben sich zahlreiche Fragen des Völkerrechts, welche ganz genau klargestellt werden müssen. Gerade weil die Ungerechtigkeit der Herausforderung seitens unserer Gegner — und sie es sind, die durch ihre Haltung den schweren Konflikt bervorgerufen haben — den Frieden der Nationen gestört hat, müssen wir auf das allergenaueste die Vorschriften des Voͤlkerrechts beobachten. Die Regierung erwog daher, daß die Thatsache des Richtanschlusses an die Pariser Deklaration vom Jahre 1866 sie nicht von der Ver— pflichtung befreie, die in jener zugestandenen Grundsätze zu respektieren. Der Grundsatz, welchem zuzustimmen Spanien rundweg ablehnte, war die Abschaffung des Kaperrechts, und die Regierung erachtet es gegenwärtig für unumgänglich nothwendig, in dieser Hinsicht diesen Vorbebalt unter allen Umständen aufrechtzuerhalten, um unsere Freiheit und das absolute Recht u wahren, die Kaperei auch ins Werk zu setzen, sobald es angezeigt erscheint. Man wird zunächst sofort Hilfskreuzer der Kriegsmarine organisieren, welche aus den Schiffen unserer Handelsmarine gebildet werden sollen. Sie werden vernehmlich mit der Kriegs marine, unter deren Gerichtsbarkeit sie stehen werden, operiren.
Die einzelnen Artikel des Dekrets lauten:
Artikel . Da der Kriegszustand jwischen Spanien und den Vereinigten Staaten bestebt, werden der Friedens, und Freundschafts⸗ vertrag vom 27. Oktober 1795 und das Protokoll vom 12. Januar 1877 sowie alle anderen Abmachungen, Verträge und Konventionen, welche bisher zwischen den beiden Ländern in Kraft waren, für bin—⸗ fällig erklärt.
Artikel 2. Von der Veröffentlichung dieses Dekretes an wird allen in spanischen Häfen vor Anker liegenden Schiffen der Vereinigten . fünf Tage Zeit gelassen, um unbehelligt in See gehen zu önnen.
Artikel 3. Obwohl Spanien der Pariser Konvention vom Jahre 1856 nicht beigetreten ist, erklärt die Regierung im Einklang mit den Grundzügen des Völkerrechts, sie werde folgende Bestimmungen des Seerechts besbachten und deren Befolgung anordnen:
a. Neutrale Flagge deckt Feindetgut mit Ausnahme von Kriegs⸗ kontrebande.
b. Neutrales Gut mit Ausnahme von Kriegskontrebande ist unter neutraler Flagge nicht pfändbar.
e. Bleckaden müssen, um bindend zu sein, effektiv sein. d. h. durch Streitkräfte aufrecht erhalten werden, welche thatsächlich eine An⸗ näherung des Feindes an die Küste verhindern können.
Artikel 4. Die spanische Regierung wird in Wahrung ihres Rechtes Kaperbriefe autzust len, welches sie sich in der an Frankreich gerichteten Note vom 16. Mai 1857 vorbehalten hat, und zunächst aus Schiffen der Handelsmarine Hilfekreuser der Kriegsmarine bilden. Dieselben werden während des Krieges mit der Kriegsmarine zusammen— wirken und deren Jurisdiktion unterstehen.
Artikel h. Um feindliche Schiffe nehmen und Feindesgut unter feindlicher Flagge mit Beschlag belegen zu können, werden die Schiffe der Königlichen Marine, die . und die Kaperschiffe später das Durchsuchungsrecht auf offenem Meere und in den ö welche der Jurisdiktion des Feindes unterstehen, gemäß den Be tim⸗ mungen des Völkerrechts und den Anweisungen, die noch bekannt zu geben sind, autsüben.
Artikel 6. Unter der Bezeichnung „Kriegskontrebande‘ werden verstanden: Kanonen, Mitrgilleusen, Haubitzen, Gewehre, alle Artf von blanken Waffen sowie Feuerwaffen, Kugeln, Bomben, Grangfffen,
ündhütchen, Zünder, Pulver, Schwefel, Dynamit, alle Artes von Explosiostoffen, Effekten, wie Uniformen, Riemen und Sat heug,
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Artillerie, und Kavallerie⸗ Effekten, Schiff smaschinen und Überhaupt Kriegsmaterial aller Art
Artikel 7. Alle Kapitäne, Patrone und Offiziere von Schiffen, welche feindliche Handlungen gegen Spanien unternehmen, werden alt Seeräuber angesehen und nach der Strenge der Gesetze als solche ab—⸗ geurtheilt, wenn sie nicht, ebenso wie zwei Drittel ihrer Mannschaft, Amerikaner sind, auch wenn sie im Besitz von der Regierung der Vereinigten Staaten ausgefertigter Patente sein sollten.
Die „Gaceta de Madrid“ veröffentlicht ferner einen Erlaß des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Gullon, durch welchen allen , ,, Konsuln, Vize⸗Konsuln und Konfular⸗Agenten in Spanien das Exequatur entzogen wird.
Der Ministerrath berieth gestern von 11 Uhr Vor⸗ mittags bis 2 Uhr. Das Budget wurde genehmigt. Vie Indemnitäts-Bill soll heute im Eenat zur Be⸗ rathung gelangen. Die Minister besprachen ferner die Telegramme über die Beschlagnahme von Schiffen. Der Regierung lag eine amtliche Meldung hierüber noch nicht vor. Man wußte nur, daß der amerikanische Dampfer „Paris“ gezwungen worden sei, sich in einen britischen Hafen zu flüchten. Ueber die übrigen Fragen, mit denen sich der Ministerrath beschäftigte, verlautet nichts.
Auf Veranlassung des Finanz⸗Ministers Puigcerver hielten die bedeutendsten Banquiers von Madrid am Sonnabend Abend eine Versammlung ab. Der Minister hielt ein Ansprache und ersuchte die Banquiers um ihre Unterstützung zu dem Zweck, die Panik an der Börse zum Stillstand zu bringen, da weder die Lage des Staatsschatzes noch die politischen Verhältnisse die Baisse der Werthe rechtfertigten. Die Banquiers sprachen sich in ihren Erwiderungen mit größtem Patriotismus aus und schlossen sich den Ausführungen des Ministers an. — Gleich⸗ zeitig traten bei dem Marine-Minister Bermeja sämmtliche Vize-Admirale und Kontre-Admirale zu einer Be⸗ sprechung zusammen.
Der Se nat konstituierte sich vorgestern; die Mitglieder leisteten den Eid. Pinlo, Mitglied des Hauses für Cuba, gedachte in warmen Worten des Marschalls Blanco und der spanischen Truppen auf Cuba. Die Begeisterung derselben zeige, daß sie das spanische Gebiet zu schützen wissen würden. Der Kriegs⸗Minister, General Correa bemerkte, er sei über⸗ zeugt, das Heer werde zeigen, daß es lieber den Tod erleiden wolle als eine Niederlage.
Die am Sonnabend Nachmittag erfolgte Abfahrt eines Bataillons von Madrid nach den Balearen fand unter be⸗ geisterten Kundgebungen statt. Mehr als 8000 Personen drängten sich auf den Bahnsteigen; Studenten, Arbeiter der Taback⸗ fabriken mit ihrer Fahne, zahlreiche Deputirte und Senatoren waren anwesend; ferner die Spitzen der Behörden, der Kriegs⸗ Minister, alle zur Zeit in Madrid weilenden Generale und viele andere höhere Offiziere. Eine Gruppe hatte einen Adler, das Wappenbild der Vereinigten Staaten, mitgebracht und ver⸗ brannte denselben. Die Bahnhofshalle war mit zahlreichen Fahnen in den spanischen Farben geschmückt. Die Menge brachte den Soldaten stürmische Ovationen dar. Unter den lauten Rufen: „Es lebe Spanien!“ „Es lebe die Armee!“ ging sodann die Abfahrt vor sich, jedoch konnte der Zug den Bahnhof nur in sehr langsamer Fahrt verlassen, da die Menge in ihrer Begeisterung sich dicht an die Wagen heran⸗ drängte. ;
Die „Agencia Fabra“ meldet, daß das Aufbringen des Kauffahrteischiffes,Buenaventura“ durch das amerikanische Kriegsschiff „Nashville“ in der Nähe von Key West in Madrid große Entrüstung hervorgerufen habe, da der Kriegszustand noch nicht erklärt gewesen sei. Die Blätter bezeichneten den Vorfall als einen Akt von Seeräuberei und eine Verletzung des Völkerrechts.
Belgien.
Nach einem in Antwerpen eingelaufenen Telegramm soll ein spanisches Kriegsschiff an der englischen Küste den amerikanischen Viermaster „Shenandoa“, der mit einer Ladung Getreide von San Francisco nach Liverpool unter⸗ wegs war, aufgebracht haben.
Griechenland.
Wie „W. T. B.“ aus Athen berichtet, ist der der delyannistischen Partei angehörige Deputirte und Redakteur der „Palingenesian“ Angelopulo wegen Verleumdung des Königs verhaftet worden.
Serbien.
Gegen Pasitsch ist, wie ‚W. T. B.“ aus Belgrad meldet, wegen Beleidigung des Königs Milan die Anklage erhoben worden. Inkriminiert wird eine Erklärung Pasitsch's, in welcher er die Beschuldigung zurückwies, jemals gegen die serbischen Interessen in Macedonien gehandelt zu haben, und zwar die Worte, in denen er ausdrückte, daß er im Jahre 1885 ein Gegner Milan's gewesen sei.
Amerika.
Der Präsident Me Kinley hat, wie „W. T. B.“ aus Washington erfährt, eine Proklamation erlassen, durch welche 155 09090 Freiwillige zu den Fahnen gerufen werden; der Dienst soll zwei Jahre dauern, falls die Entlassung nicht schon früher erfolgen sollte. .
Der Rücktritt des Staatssekretärs des Auswärtigen Sherman wird für ziemlich sicher angesehen und der stell⸗ vertretende Staatssekretär Day als sein voraussichtlicher Nachfolger bezeichnet.
Im Repräsentantenhause führte vorgestern der Vor⸗ sitzende des Militär⸗Comités Hull aus: der General Miles beabsichtige, die Landung auf Cuba zu bewerklstelligen, sobald sie ausführbar sei. Es werde aber sechs Wochen bis zwei Monate dauern, bis die Freiwilligen⸗Armee ausgerüstet sei.
Der Finanzausschuß des Repräsentantenhauses . zur Bereitstellung von Mitteln für den Krieg eine Vor⸗ age ausgearbeitet, welche der Kammer heute unterbreitet werden wird. Die Vorlage setzt innere Abgaben fest, welche weitere Einnahmen im Betrage von 90 bis 100 Millionen Dollars ergeben sollen. Der Entwurf enthält ferner die Ermächtigung zur Ausgabe von 3prozentigen, in Münze ahlbaren Bonds zu 10 und 20 Dollars bis zum Betrage von
00 Millionen ollars und zur Ausgabe 3 prozentiger , , bis zum Gesammtbetrage von 100 Millionen ollars.
Ein vorgestern in Key West eingetroffenes amerikanisches Torpedoboot berichtet, daß die amerikanische Flotte die Blockade von n, durchgeführt habe. Nach einem Telegramm von Bord des Kreuüzers „New York“ auf der Höhe von Havanna von gestern früh 2 Uhr wären vorgestern Abend IL Uhr vom Fort Morro aus auf das amerlkanische Ge⸗
schwader zehn Schüsse abgegeben worden, die indessen ohne Wirkung geblieben seien. Bas Feuer sei seitens der Amerikaner nicht erwidert worden,
Wie die „Times“ aus New⸗9York erfährt, hat der Admiral Sampson auch Maßnahmen zur Blockade von San Juan auf Portorico getroffen.
Eine Depesche des „New Jork Herald“ aus Fort Monroe besagt, daß die Kreuzer Minneapolis“ und „Eo lumbia“ auf dringende Ordre in See gegangen seien. Man glaube, daß die Kreuzer detachiert worden seien, um das spanische Packethoot „Alfonso XII. aufzubringen, welches nach einer Depesche des amerxikanischen Konsuls in St. Thomas gestern von dort mit 800 Mann spanischer Truppen an Bord nach Havanna abgegangen sei.
Aus Key West meldet das Reuter'sche Bureau“, daß die spanischen Schiffe „Pedro“, „Mathilde“, „Miguel Jover“, „Catilina“ und „Saturnina“ von amerikanischen i gs chiffen aufgebracht worden seien. — Das Kriegsschiff „Mangrove“ ist von Key West nach Süden ausgelaufen. asselbe soll nach dem Süden Cubas bestimmt sein und die Aufgabe haben, die telegraphischen Verbindungen zwischen Cuba und Spanien zu zerstören.
Eine Proklamation der cubanischen Regierung macht es, wie W. T. B.“ aus Havanna meldet, allen Cubanern zur Pflicht, sich zur Abwehr des Angriffs der Vereinigten Staaten zu vereinigen. Der Marschall Blanco proklamierte den Kriegszustand. Die Kaufmann⸗ schaft von Havanna hat dem Marschall Blanco Geld und Lebensmittel angeboten und versichert, die Preise ihrer Waaren nicht erhöhen zu wollen.
Eine in Madrid eingetroffene amtliche Depesche aus Havanna vom 22. d. M., R/ Uhr Abends, meldet, daß das amerikanische Geschwader Abends 6i / Uhr vor Havanna in Sicht gekommen sei. Dasselbe bestehe aus zwölf Schiffen, welche beinahe eine gerade Linie in einer Entfernung von zehn Meilen vor der Stadt gebildet hätten. — Nach einer Privatdepesche herrscht unter den Spaniern in Havanna fortgesetzt große Begeisterung. Der frühere Insurgentenführer Masso sucht, wie die Depesche weiter meldet, zur Bekämpfung der Amerikaner 3000 Cubaner zu sammeln.
Bei einem Gefecht mit den Insurgenten in der Provinz Havanna ist der Führer der Aufständischen Delgado gefallen.
Der italienische . „Giovanni Bau zan“ ist gestern unter lebhaften Kundgebungen der Menge in den Hafen von Havanna eingelaufen.
Nach einer Meldung aus Rio de Janeiro sind die wegen Beihilfe bei dem am 5. November v. J. gegen den Präsidenten Moraes versuchten Mordanschlage Angeschuldigten verurtheilt worden, mit Ausnahme von Manuel Victorino, Joachim Freire und Fortunato Medeiros.
Aus Lima meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß das Abkommen mit Chile, betreffend die Rückgabe von Tacna und Arica an Peru, vorgestern in Santiago de Chile unterzeichnet worden sei. Die Bestimmungen seien für Peru günstig.
Asien.
Aus Peking meldet das „Reuter 'sche Bureau“, daß der französische Gesandte Pichon dort eingetroffen sei.
Demselben Bureau zufolge sind fünf Schiffe des in Hongkong befindlichen amerikanischen Geschwaders gestern mit versiegelten Ordres in See gegangen. Die
„Olympia“ und die „Baltimore“ würden die Ankunft des amerikanischen Konsuls in Manila erwarten und dann nach⸗ folgen. Die britischen Behörden haben eine Proklamation er⸗ lassen, welche den britischen Staatsangehörigen verbietet, die beiden im Kriege befindlichen Nationen zu unterstützen.
Eine in Madrid eingetroffene amtliche Depesche aus Manila meldet, daß daselbst große Kundgebungen der Be⸗ völkerung stattgefunden hätten. Alle Schichten der Bevölkerung böten Gut und Blut an. Die Begeisterung sei groß. Ein Gerücht wolle wissen, die Aufständischen auf den Philippinen ständen mit dem amerikanischen Geschwader in Verbin⸗ dung; in den Kreisen der Offiziere sei keine Meldung eingetroffen, welche dies bestätige, obwohl nach dem Ausbruch der Feindselig⸗ keiten die Amerikaner den Spaniern Verlegenheiten aller Art zu bereiten suchen würden.
Aus Labuan bei Borneo wird gemeldet, daß der Führer der Aufständischen Matsallah, welcher lange Zeit Unruhen anstiftete, sich nun freiwillig den britischen Behörden unter⸗ worfen habe.
Parlamentarische Nachrichten.
In der heutigen (65.) Sitzung des Hauses der Abge⸗ ordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung
Abg. Dr. Dünkelberg (R.): Am 29. März hat mich der Landwirthschafts ⸗Minister in meiner Abwesenheit scharf getadelt wegen meiner Aeußerung vom 31. Januar. über Miß stände beim Zusammenlegungsverfahren der General⸗Kommissionen. Mir waren namentlich zwei Fälle bekannt geworden. In dem einen wurde die Kirche, als der Zusammenlegung zustimmend von dem Spezialkommissar im Protokoll aufgeführt, obwohl sich weder der Geistliche, noch der Kirchenvorstand dafür e, ,. hatte. In dem anderen Falle erklärte der Spezialkommissar ein Verfahren für eröffnet, obwohl an der gesetzlichen Majorität für den Beschluß der Zusammenlegung rund 509 Morgen fehlten. In beiden Fällen mußte die Generalkommission die Unrichtigkeit des Vor- gehens anerkennen. Ich will dem Minister gern die Oertlichkeiten auf dem linken Rheinufer bezeichnen. Meine Ausstellungen waren also wohlbegründet, und ich habe keine Veranlassung, irgend etwas davon zurückzunehmen. . —
Auf der Tagesordnung stand zunächst die dritte Berathung des , , , betreffend den Staatshaushalt (Komptabilitätsgesetz).
In der allgemeinen Besprechung erkennt
Abg. Dr. Langerhans (fr. Volks-) an, daß das Gesetz gegen ⸗ über dem bestehenden Zustande erhebliche Erleichterungen enthalte. Bedenklich sei ihm nur die , ,, der Prärogqative der Krone in §5 18. Es sei , ob diese Erweiterung der Krone selbst um Vortheil gereichen werde.
Abg. Rickert (fr. Vxgg.): Die Wichtigkeit des Gesetzentwurfs wird, glaube ich, von vielen Seiten unterschätzt. Er bringt eine feste Regelung, und wenn ich auch anerkenne, daß 5 18 unsere Rechte etwas einschränkt, so sind doch unsere Bedenken durch die neulichen Ausführungen des Finanz ⸗Ministers einiger maßen erstreut worden. Wenn. das Haus. die Regierung jwingen will, ihm genauere Mittheilungen über die Einziehung von
dem Staat zustehenden Einnahmen zu machen, so werden sich dazu
schon Mittel und Wege finden. Der Finanz⸗Minister hat sich und seine Nachfolger moralisch verpflichtet, in . Beziehung teinen Rück⸗ schritt stattfinden zu lafsen. Ein ien für unsere zukünftige Haltung im Reiche wird hier nicht geschaffen. Dort sind die etatsrechtlichen Grundlagen ganz andere wie hier im Landtage,
Abg. Dr. von Woyna (fr. kons.): Dieses Gesetz ist nur eine Kodifikation des bisher , . Rechts. Das gilt auch vom 5 18. Auch hier wird nur ein bisheriges Recht gesetzlich festgelegt und gestärkt.
Abg. Sack (kons.): Ich bin mit dem Gesetz bie, einverstanden, kann aber den Eindruck nicht zurückdrängen, daß F 18 eine gewisse Alterierung der Verfassung enthält. Ich muß deshalb gegen diesen Paragraphen stimmen; mir scheint es, daß das Haus eine Ver⸗ fassungsänderung nicht für k erachten wird.
Abg. Dr. Irmer (kons.): Mit dieser Auffassung steht der Vor⸗ redner in der Fraltion vereinzelt da. Wir werden für das Gesetz stimmen und ung auch durch die Bedenken des Abg. Langerhans nicht bestimmen lassen.
Abg. von Strom beck (Zentr.): Der Finanz⸗Minister hat an⸗ erkannt, daß weder an den Rechten der Krone, noch an denen des Landtageß etwas geändert werden soll. Das beruhigt uns. Auch die Bestimmung, daß die nicht zur Einziehung gelangten oder zurückerstatteten Beiträge in der dem Landtage vor⸗ zulegenden Uebersicht von den Staats- Einnahmen und Ausgaben bei den betreffenden Etatstiteln summarisch mitzutheilen sind, enthält nach den Erklärungen des Finanz ⸗Ministers für uns nichts Bedenk⸗ liches mehr. Dagegen halte ich meine Bedenken wegen der etats⸗ mäßigen Behandlung der stiftungsmäßigen Fonds aufrecht. Einen Antrag will ich aber nicht stellen. Vize⸗Präsident des Staatg⸗Ministeriums, Finanz ⸗Minister Dr. von Miquel; Ich freue mich, daß man anerkennt, daß das Gesetz einen wesentlichen Fortschritt enthält. Auf die Frage des § 18 näher einzugehen, liegt keine Veranlassung vor. Auch hierin ist für den Landtag ein wesentlicher Fortschritt enthalten. Nähere Mittheilungen über Baupläne sollen dem Landtage gemacht werden.
Abg. Dr. Sattler (ul.): Daz ist auch schon früher geschehen, z. B. bei der Linie Schönsee=—-Kulmsee. Ueber den § 18 will ich jetzt auch nicht weiter sprechen. Wir freuen uns nur, daß endlich dieses nothwendige Gesetz zu stande kommt.
Abg. Dr. Langerhants: Die Hoffnungen des Abg. Rickert auf die Zukunft theile ich nicht. Ein besseres Gesetz werden wir später in dieser Beziehung nicht erhalten.
Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.): Es kommt hierbei sehr viel auf die Interpretation des Gesetzes an. Bisher hat sich noch kein Minister geweigert, eine spezielle Auskunft über gewisse Etats⸗ einnahmen und Ausgaben zu geben, und ich habe keinen Grund, dem jetzigen Finanz⸗Minister ein Mißtrauen entgegenzubringen. Wir können ihm dankbar sein, daß er alle Schwierigkeiten überwunden und uns dieses Gesetz vorgelegt hat. e
Damit schließt die allgemeine Besprechung. In der Einzel⸗ besprechung werden die einzelnen Paragraphen ohne Diskussion und schließlich das Gesetz im Ganzen endgültig angenommen. Gegen dasselbe stimmen nur die Abgg. Dr. Langerhans, von Strombeck und Sack.
Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Erweiterung und Ver vollständigung des Staats-Eisenbahnnetzes und die Betheiligung des Staats an dem Bau von Kleinbahnen.
(Schluß des Blattes.)
Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für das Rechnungsjahr 1898, zugegangen.
Auf der Tagesordnung für die morgige Plenarsitzung des Reichstages stehen: 1) Erste Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes, betreffend die elektrischen Maßeinheiten, 2) Zweite Berathung des von den Abgg. Prinz von Arenberg, Gröber (Württemberg), Letocha, Dr. Rintelen, Dr. Spahn. Dr. Stephan eingebrachten Entwurftz eines Gesetzes, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Straf⸗ gesetzbuchs.
Nr. I7 des ‚Centralblatts der Bau verwal tung“, herauz⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 23. April hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 6. April 18938, betr. die statische Berechnung hoher Bauruͤstungen. — Dienst⸗ nachrichten. — Nichtamtliches: Die Wiener Stadtbahn und ihre Hochbauten (Fortsetzung). — Zusammensetzung hydraulicher Mörtel. — Selbsteinkassierende Drehkreuze zur Erleichterung der Bahnsteig⸗ sperre. — Vermischtes: Ehrenbezeigung. — II. Versammlung der Heizungs⸗ und Lüftungs⸗Fachmänner in München 18938. — Absenken des Grundwasserspiegels mittels Rohrbrunnen. — Abtheil⸗ oder Durchgangswagen für Stadtbahnen. — Bücherschau. — Neue Patente.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Krefeld wird der Rhein. Westf. Ztg. unter dem 22. 8. M. zum Ausstand der Weber in der Sammetfabrik von L. F. Scheibler Nachfolger geschrieben: Die Firma hat einige neue Weber eingestellt; dies hatte zur Folge, daß seit mehreren Tagen jeden Abend beim Schluß der Arbeitsjeit an der mechanischen Weberei der Firma eine große Ansammlung stattfand, sodaß Polizeibeamte den heimkehrenden Webern das Geleit geben mußten. Wie der Köln. Ztg. weiter vom 23. April berichtet wird, sind bei den Unruhen dreißig Personen verhaftet worden, und die Polizei hat in der Nähe der Fabrik etwa deer n, Wirthschaften geschlossen.
Aus Eupen wird der „Frkf. Itg.“ gemeldet, daß in drei dortigen Lohnwebereien, welche seit dem Ausstand bei der Firma J. F. Mayer (vgl. Nr. 96 d. Bl.) die Arbeiten dieser Firma besorgten, die Arbeiter nun ebenfalls die Arbeit niedergelegt haben.
In Stolp ist der Ausstand der Tischler, einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge, durch Vermittelung des Gewerbegerichts bei⸗ gelegt worden. (Vgl. Nr. 94 d. BI.)
In Mainz fand am letzten Donnerstag eine Versammlung der dortigen Zimmerleute statt, in welcher über den Antrag berathen wurde, am Sonnabend in den Ausstand einzutreten. In—= zwischen traf aber, wie die „‚Frkf. Ztg.“ mittheilt, ein Brief der Arbeitgeber ein, der das Angebot einer allmählichen Lohnerhöhung enthält. Dies Angebot wurde abgelehnt und eine Kommisston be— auftragt, nochmals bei den Arbeitgebern persönlich vorstellig zu werden unter . der gestellten Forderungen. Im Weigerungsfalle soll das Gewerbegericht als Einigungsamt angerusen werden. Sollten sich dort die Verhandlungen zerschlagen, so sollte heute die Arbeitseinstellung erfolgen.
In Zwickau wollen die Zim merleute, wie der „Vorwärts“ meldet, in den Ausstand treten, wenn ihre Forderung von 49 3 Stundenlohn bei zehnstündiger Arbeitszeit nicht bis zum 26. April bewilligt werden.
Kunst und Wissenschaft.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe wird am Mitt⸗ woch, den 27. d. M., Abends 8z Uhr (im großen Saale des Architekten haufes) Herr Lieutenant P. Reim er einen Vortrag über die Ent. wickelung der Geschützrohre und ihre k zum 5
halten. Der Vortrag wird durch — ilder sowie eine Aus. stellung von Modellen und alten Originalzeichnungen erläutert werden.
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