1898 / 101 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 29 Apr 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Chinesischen , . und Handeleschiffen sollen in der RKiautschou⸗Bucht dieselben Vergunstigungen zu theil werden wie den Schiffen anderer mit Deutschland befreundeter Nationen, und es soll das Ein⸗ und Auslaufen sowie der Aufenthalt chinesischer Schiffe in der Bucht keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden, als die Kaiserlich deutsche Regierung kraft der an Deutschlanb auch für die ge⸗ sammte Wasserfläche der Bucht übertragenen Hoheitsrechte in Bezug auf die Schiffe anderer Nationen zu irgend einer Zeit err für geboten erachten wird.

Artikel IV. .

Deutschland verpflichtet sich, . den Inseln und Untiefen . Eingang der Bucht die erforderlichen Seezeichen zu er⸗

en.

Von chinesischen Kriegs- und Handelaschiffen sollen in der Kiautschou⸗Bucht keine Abgaben erhoben werden, ausgenommen solche, denen auch andere Schiffe zum Zwecke der Unterhaltung der nöthigen Hafen⸗ und Quaianlagen unterworfen werden.

Artikel V.

Sollte Deutschland später einmal den Wunsch äußern, die Kiautschou⸗Bucht vor Ablauf der Pachtzeit an China zurück— . so verpflichtet sich China, die Aufwendungen, die

eutschland in Kiauischou gemacht hat, zu ersetzen und einen besser geeigneten Platz an Deutschland zu gewähren.

Deutschland verpflichtet sich, das von China gepachtete Gebiet niemals an eine andere Macht weiter zu verpachten.

Der in dem Pachtgebiet wohnenden chinesischen Bevölkerung soll, vorausgesetzt, daß sie sich den Gesetzen und der Ordnung entsprechend verhält, jederzeit der Schutz der deutschen Re⸗ gierung zu theil werden; sie kann, soweit nicht ihr Land für andere Zwecke in Anspruch genommen wird, dort verbleiben.

Wenn Grundstücke chinesischer Besitzer zu irgend welchen Zwecken in Anspruch genommen werden, so mn die Besitzer dafür entschädigt werden.

Was die Wiedereinrichtung von chinesischen Zollstationen betrifft, die außerhalb des an Deutschland verpachteten Ge⸗ biets, aber innerhalb der vereinbarten Zone von 50 km, früher bestanden haben, so beabsichtigt die Kaiserlich deutsche Regierung sich über die allendliche Regelung der Zollgrenze und der Zollvereinnahmung in einer alle Interessen Chinas wahrenden Weise mit der chinesischen Regierung zu verstän⸗ digen und behält sich vor, hierüber in weitere Verhandlungen einzutreten.

Die vorstehenden Abmachungen sollen von den Souveränen beider vertragschließenden Staaten ratifiziert, und die Ratifikations⸗Urkunden sollen derart ausgetauscht werden, daß nach Eingang der chinesischerseits ratifizierten Vertragsurkunde in Berlin die deutscherseits ratifizierte Urkunde dem chinesischen Gesandten in Berlin ausgehändigt werden wird.

Der vorstehende Vertrag ist in vier Ausfertigungen zwei deutschen und zwei chinesischen aufgesetzt und am 6. März 1898 gleich dem 14 Tage des 2. Mondes im 24. Jahre Kuang-⸗hsü von den Vertretern der beiden vertragschließenden Staaten unterzeichnet worden.

(Großes Siegel des Tsungli Jamen.) Der Kaiserlich deutsche Gesandte: (gez.) Freiherr von Heyking. (gez) Li hung chang (chinesisch), Kaiserlich chinesischer Großsekretär, Minister des Tsungli Jamen ac. 2c. ac.

(ez) Weng⸗tun g⸗ho cchinesisch, Kaiserlich chinesischer Großsekretär, Mitglied des Staatsraths, Minister des Tsungli JYJamen ac. 2c. ac.

(L. S.)

Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine ist S. M. S. „Irene“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Obenheimer, am 28. April in Nagasaki, S. M. S. „Habicht“, Kommandant Korvetten⸗-Kapitän Schwartz⸗ kopff, an demselben Tage in Kamerun angekommen; S. M. S. „Wolf“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Schröder (Johannes), beabsichtigt, am 30. April nach dem Süden über Loanda in See zu gehen.

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, ist gestern zur Kur in Kissingen eingetroffen.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Seine Königliche Hoheit der Herzog ist von seiner Reise

nach Egypten gestern wieder nach Cohurg zurückgekehrt. Reuß j. L.

Ihre Durchlaucht die Erbprinzessin ist an Influenza und Lungenentzündung erkrankt, doch ist seit gestern Abend in dem Befinden der Prinzessin eine Besserung eingetreten.

Oesterreich⸗Ungarn.

Im österreichischen Abgeordnetenhause führte Ehern bei der Berathung der Anträge auf Aufhebung der prachenverordnungen der Abg. Prinz zu Liechtenstein schristlich⸗sozial), unter dem lebhaften Beifall der deutschen Linken, aus, daß die Czechen, wenn sie den Frieden wollten, das Prinzip annehmen müßten, daß amtlich in czechischen Gegenden czechisch, in deutschen Gegenden nut und in gemischisprachigen Gegenden doppel⸗ sprachig verhandelt werde. Der Redner wies darauf hin, daß beide Nationalitäten getrennt wohnen, sodaß dieses Prinzip leicht durchzuführen sei, und trat für die deutsche Staatssprache ein. Seine Partei halte an der deutschen Gemeinbürgschaft fest und werde stets für die bedrückten Stammesgenossen eintreten. Die Verhandlung wurde sodann abgebrochen.

Bei der gestern in Fiume vorgenommenen Podesta⸗Wahl wurde wiederum Maylaender gewählt, welcher, ebenso wie nach der Wahl am 10. Januar, den Eid verweigerte. Es muß deshalb nochmals eine Neuwahl auegeschrieben werden.

Das ungarische Unterhaus beendigte gestern die Spezialberathung über die Vorlage, betreffend die Ergänzung der Gehälter der Seelsorger.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses richtete, dem „W. T. B.“ zufolge, ö. die Anfrage an die Re⸗ ierung, ob sie spontan der deutschen Regierung angezeigt abe, daß es nicht in ihrer . liege, die deutschen Rechte und Interessen in Schantung in Frage zu siellen, auch nicht eine Eisenbahnverbindung von Wei Hai⸗ Wei oder dem dazu gehörenden Gebiet nach dem Innern herzustellen. Der Erste Lord des Schatzamts Balfour er⸗ widerte: eine solche Erklärung sei von ihm angeregt worden, um ein Mißverständniß zu verhindern; dieselbe enthalte die genaue Wahrheit, nämlich, daß die Besetzung von Wei⸗Hai⸗Wei, obwohl dieses auf der Halbinsel Schantung liege, nicht gegen die deutschen Rechte in jener Provinz gerichtet sei. Wie dem Hause bekannt, sei die Besetzung aus strategischen und politischen, nicht aus kommerziellen Gründen erfolgt. Sie habe nichts mit Deutschland oder deutschen Interessen zu schaffen, und es sei ihm richtig erschienen, dies zu sagen. Die Erklärung erkenne weder Rechte an, die nicht beständen, noch füge sie irgend etwas zum Werthe der bestehenden hinzu. Die Mittheilung an Deutschland sei spontan aus der Initiative der britischen Regierung hervorgegangen. Der Bau einer Eisenbahn nach Wei⸗Hai⸗Wei sei unausführ⸗ bar. Balfour erklärte ferner: er glaube, der Hafen von Kintschau am Golf von Liaotung sei in das an Rußland ver⸗ pachtete Gebiet mit einbegriffen. Der britische Gesandte in Peking habe von dem Gerüchte Mittheilung gemacht, daß der nördliche Theil von Talienwan befestigt werde. Die Regie⸗ rung habe aber keine Kenntniß davon, daß die Befestigungs⸗ arbeiten schon begonnen hätten. Des weiteren bemerkte Balfour, die Admirale der bei Kreta liegenden Geschwader hätten den Regierungen Vorstellungen gemacht hinsichtlich der Verstärkung der europäischen Garnisonen und der Zurückziehung der tür⸗ kischen Truppen von Kreta. Diese Mittheilungen der Admirale unterlägen jetzt der Erwägung.

Der Erste Lord des Schatzamts Balfour empfing gestern eine Abordnung von Mitgliedern des Parlaments, welche auf die Nothwendigkeit hinwiesen, den britischen Bevollmächtigten zu der Konferenz in Brüssel Vollmachten zu geben, welche dieselben in den Stand setzen, für Abschaffung der Prämien auf den Export von Zucker einzutreten. Balfour erwiderte, er erkenne die schädliche Wirkung an, welche diese Prämien auf einige Zweige der britischen Industrie ausübten. Die Regierung werde alles thun, um die Konferenz zu einem erfolgreichen Ende zu führen, damit die Zuckerindustrie wieder gesunden könne.

Eine Abordnung von Mitgliedern des Parlaments aus den an der Schiffahrt betheiligten Wahlbezirken befragte gestern den Handels-Minister Ritchie über die Stellung⸗ nahme der Regierung zu der seitens der Vereinigten Staaten geplanten Erhöhung der Tonnengebühren. Der Minister erwiderte: die Regierung stehe mit dem britischen Botschafter in Washington sowie mit den europäischen Regierungen, deren Interessen hierbei in Frage kämen, im Meinungsaustausch über diese Angelegenheit; es würden namens aller Mächte Vorstellungen erhoben werden, in denen auf den drückenden Charakter der geplanten Maß⸗ nahme für den europäischen Handel hingewiesen werde.

Frankreich.

Die Königin von Großbritannien und Irland ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, gestern Mittag von Nizza ab⸗ gereist. Auf dem Bahnhofe hatten sich die Behörden zur Ver⸗ abschiedung eingefunden,

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath theilte der Marine⸗Minister, Admiral Besnard ein Telegramm des Admirals Gigault de la Bédolli ere mit, in welchem dieser die am 22. d. M. vollzogene Besitzergreifung der Bucht von Kwang-tschu⸗wan anzeigt. Bei der feierlichen Uebergabe seien die Mannschaften der Kriegsschiffe „Pascal“, „Surprise“ und „Lion“ zugegen gewesen. Mit den chinesischen Behörden seien Besuche ausgetauscht worden. Die einheimische Bevölke⸗ rung zeige eine freundliche Haltung.

Der Minister⸗Präsident Méline hat an den Präsidenten des Generalraths des Departements Bouches⸗du⸗Rhoöne, welcher auf das dringendste die Aufhebung der Getreidezölle verlangt hatte, ein Schreiben gerichtet, in welchem er erklärt: die Steigerung der Getreidepreise im Augenblicke der Kriegs⸗ erklärung sei auf Befürchtungen hinsichtlich des Vorgehens der kriegführenden Mächte gegenüber den unter neutraler Flagge transportierten Waaren zurückzuführen. Infolge der Erklärungen Spaniens und Amerikas habe die Lage sich jedoch vollständig geändert. Frankreich verfüge über ausreichende Getreidevor⸗ räthe. Die Ernte in Tunis und Algier verspreche ausgezeichnet zu werden, ebenso seien die Ernteaussichten in Frankreich gegenwärtig sehr günstige. Die Aufhebung der Getreidezölle wurde nur den Spekulanten, insbesondere den ausländischen, zu gute kommen.

Aus Algier wird gemeldet, daß es in Duzerville, in der Nähe von Bona, anläßlich einer Wählerversammlung zu einem

andgemenge gekommen sei, bei welchem der Deputirte hom sen verwundet wurde.

Italien.

Gestern fand, wie „W. T. B.“ berichtet, in Foggia 6 vor der Präfektur und später vor dem tathhause eine . zu Gunsten einer Herab⸗ setzung der Brotpreise statt. Die Theilnehmer an derselben begingen in einigen öffentlichen Bureaux sowie in verschiedenen Brotläden Ausschreitungen.

Spanien.

Im Senat erklärte gestern, wie, W. T. B.“ meldet, der Marine⸗Minister Bermejo, daß die Blockade von Cuba im Widerspruch mit dem Völkerrecht stehe; der Minister des Aeußern werde deshalb an die Mächte appellieren.

Die Kapitäne der Dampfer der spanisch- transatlantischen Gesellschaft sind erbötig, die Postsachen zwischen Spanien und Cuba trotz der Blockade ohne Unterbrechung zu expedieren.

Portugal. Die Neutralitätserklärung der portugiesischen Re⸗

gern wird, nach einer dem „W. T. B.“ zugegangenen Meldung aus Lissabon, heute veröffentlicht werden.

Türkei.

Der diplomgtische Agent Bulgariens Mar kow über⸗ reichte, wie das Wiener „Telegr⸗Korresp⸗Bureau“ meldet, am Mittwoch dem Großvezir eine Note, in welcher auf den Befund der Untersuchungs⸗Kommission, den Beschluß des Administrationsraths im Vilajet Uesküb und die Depesche der Pforte vom 10. April 1897 hingewiesen wird, welche anordnet, daß die große Kirche in Kumanowo den Bulgaren, die kleine den Serben zur Benutzung zu überlassen sei. Die Note enthält einen Protest gegen die beabsichtigte Wiedereinführung des früheren Turnus im Messe⸗ lesen, klagt den Vali Hafiz . der Parteinahme für die Serben an und weist auf die Gefahren hin, welche eine solche Haltung hervorrufen müsse, da sie das Vertrauen der Bulgaren zur Pforte erschüttere. Endlich wird in der Note der Wunsch der Aufrechterhaltung des vorjährigen Beschlusses ausgesprochen.

Die Pforte hat die britische Note, betreffend die Quai⸗ Taxe, in günstigem Sinne beantwortet und für die Regelung der Frage eine gemischte Kommission auf Sonnabend zur Be⸗ rathung eingeladen, in welcher alle diplomatischen Missionen vertreten sein werden.

Einer gestern in Konstantinopel eingetroffenen Meldung zufolge wird die Ankündigung der griechischen Anleihe am T. Mai, die Emission derselben am 10. Mai stattfinden.

Die türkischen und die serbischen Delegirten für die Berathungen über den Abschluß eines Handels vertrag hielten gestern die erste Sitzung ab.

Amerika.

Das „Reuter'sche Bureau“ erfährt aus Chicamanga, daß von Washington aus der Befehl ertheilt worden sei, zwei Batterien leichter Artillerie, welche sich gegenwärtig in Chicamanga befänden, nach Tampa einzuschiffen.

Der Monitor „Terror“ hat, nach einer Meldung aus Key West, das spanische Schiff, Guido“ aufgebracht, welches mit Lebensmitteln und Geld für die spanischen Truppen auf der Fahrt von Liverpool nach Havanna begriffen war.

Eine in Madrid eingetroffene amtliche Depesche des Marschalls Blanco berichtet, daß das feindliche Geschwader vor Havanna sich in östlicher Richtung nach dem Kanal zu entfernt habe. Gegenüber von Disnas in der Provinz Pinar del Rio sei ein amerikanisches Panzerschiff aufgelaufen, drei andere Schiffe seien damit beschäftigt, dasselbe wieder flott zu machen. Eine Abtheilung Freiwilliger bewache den Strand. Nach einer Depesche des „Imparcial“ aus Havanna hätten die Aufständischen Artemisa, südwestlich von Havanna, an⸗ gegriffen, wären aber zurückgeworfen worden.

Die „Times“ meldet aus Buenos Aires von gestern, die chilenische Regierung werde, um die Besorgniß zu zerstreuen, daß es wegen der Grenzfrage zum Kriege mit Argentinien kommen könnte, Argentinien den Vorschlag machen, das strittige Gebiet entweder zu theilen oder die Frage dem Schiedsspruch der Königin Victoria zu unterbreiten.

Asien.

Einer Meldung der „Daily Mail“ aus Singapore von gestern zufolge sind der französische Dampfer, Saigon“ und der spanische Dampfer „Espana“ dort mit spanischen Flücht⸗ lingen von Manila angekommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Herrenhauses befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (78) Sitzung des Reich s⸗ tages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats— Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner, der Kriegs-Minister, General- Lieutenant von Goßler, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberding und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann beiwohnten, stand zunaͤchst auf der Tages⸗ ordnung der Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen des Gesetzes über die Naturalleistungen für die be⸗ waffnete Macht im Frieden.

Abg Rickert (fr. Vgg) erklärt, er glaube, daß bet der allge⸗ meinen Uebereinstimmung des Hauses über die Vorlage eine Kom⸗ missionsberathung nicht nothwendig sei, und beantragt, die zweite Lesung demnächst im Plenum vorzunehmen.

Damit ist die erste Lesung erledigt. berathung findet nicht statt. morgen stattfinden.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die elektrischen Maßeinheiten. Als Maßeinheit soll gelten das Ohm, das Amper und das Volt.

Abg. Krämer (nl) beantragt, die Schreibweise Amper“ durch die Schreibweise Ampöére“ zu ersetzen.

Abg. Dr. Kruse (nl.) berichtet über Petitionen, welche auch den Begriff „Watt“ gesetzlich festzulegen beantragen.

Staatssekretär des Innern, Staats ⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner erklärt, daß dieser Begriff noch nicht inter⸗ national und wissenschaftlich festgelegt sei; deshalb empfehle sich auch seine gesetzliche Festlegung nicht, wohl aber stehe es dem Bundegrathe zu, für Apparate, die mit dem Begriff „Watt“ arbeiteten, den Be⸗ glaubigungszwang einzuführen.

Abg. Krämer (ul.) empfiehlt seinen Antrag und hält ebenfalls die gesetzliche Festlegung des Begriffs Watt“ wenn sie auch schwierig sei, ür empfehlenswerth; er halte die Heranziehung von Technikern zur Ausführung des Gesetzes für nothwendig.

Präsident der technisch⸗physikalischen Reichsanstalt Dr. Kohl⸗ rausch erklärt, er halte es für selbstverständlich, daß die Techniker an der Ausführung des Gesetzes betbeiligt würden. Die Festlegung der drei im Gesetz aufgeführten Einheiten sei genügend, da alle andern Begriffe aus diesen dreien abgeleitet werden könnten. ;

Das Gesetz wird darauf mit dem Antrage Krämer in zweiter Lesung angenommen.

Es folgt die Berathung von Petitionen. Petitionen wegen Aufhebung des Impfgesetzes werden durch Uebergang zur ann. erledigt; Petitionen wegen Einführung des Befähigungsnachweises für das Baugewerbe sollen dem Reichskanzler als Material überwiesen werden.

Nachdem Abg. Metzner (Zentr.) den Antrag gestellt hat, die Eingabe, dem. Reichskanzler zur gar ra schf n J überweisen, wird nach Schluß der Bebatte die Heschluß= ähigkeit des Hauses von den ÄÜbg. Rickert und Benoit (fr. Vgg.) bezweifelt.

Der namentliche Aufruf ergiebt die Anwesenheit von. 149 Mitgliedern. Das Haus ist also nicht beschlußfähig.

(Schluß des Blattes.)

l Eine Kommissions⸗ Die weite Verathung wird

Das Herrenhaus führte in der heutigen (13) Sitzung, in welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗ Minister hr. von Miguel, der Justiz⸗Minister Schoͤnstedt und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld zugegen waren, zunächst die Berathung des Staatshaushalts⸗ Ftats für 1898,99 zu Ende.

Beim Etat der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung bemerkte

Ober ⸗Bürgermeister Struckmann⸗Hildesheim. In den letzten Jahren sind an verschiedenen Stellen Norddeutschlands, in Hildes heim, Hannover und auch im Regierungsbezirk Lüneburg, große Funde hon Kali gemacht worden. So sehr die Entwickelung der Kali— ndustrie zu. wünschen, ist, so kann diese Entwickelung nach anderer Seite auch Schäden hervorrufen, denen man recht- zeitig vorbeugen muß. In Hildesheim haben sich bereits 20 bis 30 Bohrgesellschaften gebildet, die auch schon Abteufungen vor⸗ genommen haben. Es werden große Kalifabriken gegründet werden, deren Abwässer die öffentlichen Flüsse versaljen und völlig unbrauch⸗ bar machen werden. Dieser Uebelstand darf nicht von Fall jzu Fall für jede einzelne Fabrik erledigt werden, es muß ihm durch allgemeine grundsätzliche Vorschriften von vornherein vorgebeugt werden. In einem Fall hat sich die braun schweigische Regierung gegen eine solche Fabrik zu entgegenkommend erwiesen; sie hat die Ableitung der Abwässer jwar nicht in einen Fluß, aber in tiefer gelegene Schluchten gestattet, von wo aus sie doch auf unterirdischem Wege in einen Flußlauf drangen und ihn verunreinigten. Auch die hannoversche Re⸗ gierung hat sich in einem Fall zu nachsichtig erwiesen. Die Industrie selbst hat ein Interesse daran, vorher zu wissen, wie ste sich einrichten soll; deshalb müssen allgemeine Grundsätze von vornherein aufgestellt werden, ehe es zu spät ist. Verschiedene Gut⸗ achten haben behauptet, das Wasser der Innerste sei schon so verun⸗ reinigt, daß die Kaliabwässer auch nicht mehr schaden würden. Aber die vorhandene Verunreinigung beruht auf mechanischen Beimengungen; sind diese beseitigt, so wird das Wasser der Innerste für alle Zwecke brauchbar sein, aber nicht mehr, wenn die Kaliabwässer in die Innerste geleitet werden. Namentlich würde dann die Fischerei zerstört werden. Das Reichs -Gesundheitsamt hat nachgewiesen, daß das Innerste⸗ Wasser für alle die Zwecke, denen es jetzt dient, dann unbrauchbar würde und auch der Boden deg gesammten Innerste⸗Thales durch die Versalzung des Grundwassers leiden würde. Es hat sich gezeigt, daß die Eisenbahnlokomotiven mit solchem versalzenen Wasser nicht gespeist werden dürfen, weil sich an den Ventilen eine solche Menge von Salz ansetzt, sodaß eine Explosion erfolgen kann. Hildesheim würde durch die Versalzung des Wassers der Innerste unermeßlichen Schaden er⸗ leiden. Auch verschiedene Staatsbehörden würden mit ihren Anlagen in Mitleidenschaft gezogen. Ich bitte die Regierung deshalb, recht- zeitig Vorsorge zu treffen. . .

Hierauf nahm der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mit⸗ getheilt werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (68 Sitzung, welcher der Minister für Landwirth⸗ schaft ꝛc. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, die Be⸗ rathung des Antrages der Abgg. von Mendel-⸗Steinfels und Ring, betreffend Maßregeln gegen Vieh seuchen sowie Einführung der obligatorischen Fleisch⸗ besch au, fort. .

Abg. Ring (kons.): Wir können mit dem Verlauf der bisherigen Debatte wohl zufrieden sein, denn alle Redner haben sich auf den Boden des Äntrazes gestellt. Wir betonen aber im Gegensatz zu den Erklärungen des Minister⸗Präsidenten leine landesgesetzliche Regelung der Angelegenheit Sonderinteressen verfolgen wir dabei nicht. Wir bitten Sie, unsern Antrag anzunehmen. .

Abg. Dr. Virchow! (fr. Volksp): Der Antrag ist nicht richtig formuliert. Was ist „‚pathologische Bekämpfung der Seuchen 2 Die Bekämpfung sst doch nicht pathologisch. Die Herren wünschen wohl Maßregeln, die neuerdings die pathologische Wissenschaft gefunden hat? Man darf sich nur nicht einbilden, daß man bereits ganz sichere Impfmethoden zur wirksamen Bekämpfung dieser Seuchen hat. Ts wäre voreilig, durch die Gesetzgebung solche Methoden festzulegen, da die Erfabrung lehrt, daß diese Methoden durchaus nicht sicher sind. Im Großen und Ganzen schlichen wir uns ja dem Gedanken— gang der Antragsteller an. Bedenken haben wir, ob die vor⸗ geschlagenen Maßregeln sich auch durchführen lassen. In großen Städten sind ja die nothwendigen Organisationen vorhanden. Schlimmer fteht es aber in den kleinen Städten und auf dem platten Lande. In der Brust der Herren wohnen zwei Seelen, die sich einander bekämpfen: die Seele der Sanitãte polizei und die Seele der Agrarier. Unter dem Vorwand der Sanittepolizei machen Sie den Versuch, die Grenze vollständig zu sperren. Ich möchte aber nicht, daß man in ungebährlicher Weise den Konsu menten zur Kontribution heranzieht. Die Methoden, welche darauf abzielen, die Qualität des Fleisches festzustellen, werden von der Bevölkerung mit großem Mißtrauen aufgenommen; thatsächlich hat denn auch die Regierung in Bezug auf die Benutzung der Konfiskate Konzessionen ge⸗ macht. Beim ausländischen Fleisch treten allerdings auf der langen Reife gewisse Veränderungen ein, ohne daß man sagen tann, daß es desbalb schon verdorben sei. Darum braucht men doch noch nicht einem Volke ein billiges Nahrungsmittel ju entziehen. Man muß sich vor der Bakterienfurcht, hüten. Ich habe schon früher darauf hingewiesen, daß sehr schwere Krank⸗ heiten nicht durch Bakterien hervorgerufen werden, sondern durch andere Ursachen. Ich verweise nur auf die Strahlenxzilze, die den Kühen geiährlich sind. Die Erklärung des Minister ⸗Präsidenten zeigt, daß die Regierung schon so unter dem Druck der Agrarier fteht, daß sie sich die Sache nicht mehr recht zu überlegen scheint. .

Abg. Dr. Hahn (b. k. P.): Der Antrag pricht ganz allgemein von Seuchen, und Tie Äntragffeller verkennen keingswegs wie Gefährlichkeit des Strahlenpiljes in seiner Uebertragung auf den Menschen. Vas inländische Fleisch wird rigoroser behandelt als das ausländische. Diese Bevorzugung deg ausländischen Fleisches bekämpfen wir. Am 1. Mal' werden die Berliner Schlächter im stande sein, amerilanssche präparierte Leber schon . mit 28. pro Pfund abzugeben. Dlese Ginfuhr muß unverzüglich verboten werden, eben so die Einfuhr weicher amerikanischer Wurst, nicht im Interesse der Agrarier, sondern der armen Konsumenten. Die deutsche Landwirthschaft ist durch⸗ aus im stande, den inländischen Fleischkonsum zu decken, und zwar zu billigen Preisen. Wie enorm ist der Prelzunterschied in den großen Städten und auf dem platten Lande! Ich bitte den Minister, uns darüber eine statistische Mittheilung zu geben, auch über den Einfluß der Spekulation, und zwar nech vor den Wahlen. Nicht die Landwirthe und noch weniger der Bund der Landwirthe vertheuern dat öleisch⸗ sondern die großen Städte und die. Freunde des Abg. Virchow. Wir glauben nicht, daß die Untersuchungen über die Ürsachen der Krankheiten und die Möglichkeit der Uebertragung“ auf den Menschen schon abgeschlossen. sind. Soviel wissen wir aber jetzt auf Grund der Praxis, daß die Seuchen nach einem großen Plan an den Grenzen bekämpft. werden müssen.

ür das platke Land genügen Laien zur Fleischbeschau,. Das ublikum wird sich schon an die allgemeine Fleischbeschau gewöhnen, wenn sie möglichst billig und nicht unbeguem ist. Damit muß Hand in Hand gehen eine allgemeine Viehversicherung unter der Beihilfe des Slaats. Vor allem wünschen wir, daß die Regierung unserer Landbevölkerung dadurch hilft, daß diese die Fleischbeschau En in die Hand nimmt. Das erfordert der Schutz unserer nationalen nteressen.

Abg. Dr. Langer hant (fr. Volksp.) wendet sich unter großer Unruhe deß Haufeg gegen eine zu rigorose Grenzsperre. Durch Gesetz lasse fich hier schwer etwas erreichen. Gesetze könnten nur durch Ge⸗

. abgeändert werden, und dag erfordere viel Zeit, während hier rasch gehandelt werden müsse. Darum empfehle sich der von Herrn von Pappenheim vorgeschlagene Weg der Poltzeiverordnung, wie sie in Hessen⸗Nassau eingeführt sei. Daß der Staat zur Preisbildung beitragen solle, sei ein sonderbares Verlangen. Wie denke sich dies Herr Hahn? Er werde für den Antrag stimmen, wenn auch nicht ganz im Sinne der Antragsteller.

Abg. Hausmann (ul.): Durch die Erklärung des Minister⸗ . ift ein Theil des Antrages gegenstandslos geworden. Ich reue mich, daß die Regierung die Mißstände erkannt hat und sie energisch bekämpfen will. Ich werde für den Antrag stimmen in der Hoffnung, daß in einem Jahre ein Gesetz erlassen wird, das sich im wesentlichen mit der Verordnung in Hessen⸗Nassau deckt. Die Be⸗ fürworter des Antrags sind keine Fleischvertheurer, denn die Erhal⸗ tung und Vermehrung der Produktion erhöht das Angebot und ver⸗ billigt den Preis. Es wäre sogar eine Ueberproduktion zu erwarten, wenn die Seuchen wirksam bekämpft würden.

Abg. Dr. Virchow weist darauf hin, daß seine eigenen wissen⸗ schaftlichen Untersuchungen Polijeiverordnungen zur Folge gehabt hätten, wegen deren ihn die Schlächter seiner Zeit sehr scheel an— gesehen hätten. Der Staat könne nicht für die Gesundheit jedes einzelnen Menschen eintreten; es könne nur seine Aufgabe sein, große allge⸗ meine Krankheiten zu bekämpfen. Er habe die Uebertragung der Medizinal Abtheilung auf das Ministerium des Innern deshalb empfohlen, weil die Fleischbeschau unzulänglich sei.

Abg. Graf von und zu Hoensbroech (Zentr.) befürwortet den Antrag mit Rücksicht auf die Gefahren, die dem Rheinlande von der holländischen Grenze drohten. Es müßten endlich auf diesem Gebiete d, Maßregeln, womöglich für das ganze Reich, eingeführt werden.

Abg. Ring: Der Abg. Virchow schiebt uns Motive unter, die wir nicht haben. Ich muß mir das ausdrücklich ver—⸗ bitten. Man hat den Zuwachs der Viehbestände dafür angeführt, daß der Wohlstand der Landwirthe gewachsen sein müsse. Das zeugt von einer unglaublichen Unkenntniß. Jeder Praktiker weiß, daß man an der Viehhaltung nicht einen rothen Heller verdient; einträglich ist nur der Getreidebau, der aller dings erst durch die Düngstoffe ermöglicht wird. 2.

Abg. Graß (fr. kons.) erklärt, daß seine Partei nur dann für den Antrag stimmen werde, wenn das zum eigenen Gebrauch bestimmte Fleisch von der Fleischbeschau befreit werde.

Die Abgg. Fan sen und Szmulang (Zentr.) erklärenisich ebenfalls für den Antrag. Der letztere weist namentlich darauf hin, daß seit 1894 die Maul und Klauenseuche wieder erheblich zugenommen habe. Darum empfehle sich die Sperrung der Grenze und die obligatorische Fleischbeschau. .

Damit schließt die Erörterung. betont

Abg. von Mendel-Steinfels die Nothwendigkeit einer aus⸗ reichenden Detzinfektion der Viehwagen mit einer 5 Karbol⸗ säure Lösung und die Ausspülung der Wagen mit Wasser⸗ dampf. Ferner befürwortet er die Schutzimpfung gegen Lungenseuche in einzelnen Distrikten der Provinz Sachsen. Er dankt dem Abg. Virchow für seine Belehrung. Es habe ihm fern gelegen, ju behaupten, daß die Mittel gegen die Maul⸗ und Klauenseuche unfehlbar seien. Mit der Erklärung des Präsidenten des Staats. Ministeriums könne er nicht zufrieden sein; er wünsche schleunige Durchführung seines Antrages. Wenn Mecklen,; burg und Oldenburg die obligatorische Fleischbeschau einzuführen sich entschlössen, dann sei diese Maßregel allgemein durchgeführt, und die Reichsregierung könne dann weitere Maßregeln ergreifen. Mit der Ausnahme des Fleisches für den eigenen Bedarf sei er einverstanden.

Der Antrag wird einstimmig mit der vom Abg. Gothein vorgeschlagenen Aenderung angenommen. .

Da der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten durch die Verhandlungen des Herrenhauses am Erscheinen verhindert ist, wird die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Disziplinarverhältnisse der Privatdozenten an den Landes— Universitäten, von der Tagesordnung abgesetzt.

Schluß nach 11½ Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr. (Interpellation des Abg. Gothein wegen des Mädchengymnasiums in Breslau; Berichte und Nachweisungen.)

In seinem Schlußwort

Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, ent⸗ haltend Abänderungen des Gesetzes über die Natural⸗ leistungen für die bewaffnete Macht im Frieden vom 13. Febꝑruar 1875 und des Gesetzes vom 21. Juni 1887, zugegangen.

Nr. 159 des „Eisenbahn⸗Verordnungsblatts“, heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 27. April, bat folgenden Inhalt: Allerhöchstes Privilegium wegen Ausgabe von 1836050 ½ dreieinhalbprozentiger Anleihescheine der Altdamm⸗ Kolberger Eisenbahn- Gesellschaft, Ausgabe von 1898, vom 4. April 1898. Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. die Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deutschlands und Luxemburgs, vom 26. März 1898. Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 14. April 1898, betr. Prüfungsvorschriften für Lokomotipheizer.

Statistik und Volkswirthschaft.

Ergebnisse des Stein und Braunkohlenbergbaus.

Im Jahre 1897 sind in Preußen auf 268 (gegen 264 im Jahre 1896) betriebenen Werken 84 265 796 (8 9886 657) t Steinkohle gefördert worden. Der Absatz betrug 8! 978 E93 (26 761 671) t, die Arbeiterzahl 301 713 . 971). An Braunkohle wurden auf 369 (369) betriebenen Werken 24279 906 (22 026 801) t gefördert. Der Absatz betrug 19 601 337 (17756 643) t, die Arbeiterzahl 31 999 (30 776).

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Striegau wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß im dortigen Bezirk gegen 1000 Steinbrucharbeiter ausständig sind. Die Arbeiter verlangen 20 9ͤ½0 Lohnerhöhung. Die Steinbruchbesitzer der Kreise Striegau, Jauer und Bolkenhain beschlossen, die Forderung abzulehnen. Die Ausständigen verhalten sich ruhig. .

In Querfurt befinden sich, einer Mittheilung des Vorwärts“ zufolge, iz0 Maurer wegen Lohnstreits im Aus tand.

In Leipzig ift. der pz. Ztg.“ zufolge, der Aus st and der Former bei der Firma Mügge u,. Co. zu Gunsten der Gehilfen beendet worden. Dagegen hakt der Ausstand der Zementarheiter einen für die Gehilfen weniger günstigen Verlauf gengmmen. Er hat sich dadurch erledigt, daß die Ausständigen mit Ausnahme von 8 Aus⸗ hbarrenden die Arbeit wieder aufgenommen haben. In einer Zement⸗ arbeiter ⸗Versammlung wurde jwar den zur Arbeit Zurückgekehrten daraus ein heftiger Vorwurf gemacht, es blieb aber der Versammlung nichts Anderes übrig, als den Ausstand zu vertagen. .

In Rürnberg schlugen die Zimm erleute den Arbeitgebern für ihre Lohnbewegung die 2 des Gewerhegerichtẽ als Einigung amtes an . 3 hat sich, wie der Vorwärts“ be⸗

schtet, damit einverstanden erklärt. . Aus Mainz wird der Frkf. Itg. gemeldet: In der Verhand⸗ lung vor dem Gewerbegericht jwischen den Zim mermeistern und der Lohnkommission der Gehilfen am Mittwoch erklärte der Vertreter

der Melfter, weltere Zugeständnifse, wie die bereits gemachten, nicht gewähren zu können Gz kam hierauf ein Vergleich zu stande, wona der Lohnkampf beendigt ift. Die Arbeiter erhalten eine Zulage von zwe Pfennig für die Stunde zu ihrem seltherigen Lohn von 36 bis 38 Pfg., die zehnstündige Arbeitszelt wird durchgeführt, für NUeberstunden und Nachtarbeit werden 10 Pfennig und für Wasserarbeit 15 Pfennig Zu⸗ schlag für die Stunde gejahlt. (Vgl. Nr. 99 d. Bl.).

In Braunschweig bat, der ‚Mgdb. tg zufolge, die Mehr⸗ zahl der Maurer wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt.

Kunst und Wissenschaft.

Große Berliner Kunst ⸗Ausstellung.

Die diesjährige Große Berliner Kunst-Ausstellung ist heute Mittag in Gegenwart einer jahlreichen geladenen Gesellschaft durch einen Äkt im Kuppelsaal des Landes ⸗Ausstellungsgebäudes feierlich eröffnet worden. In Vertretung des Ministers der geistlichen ꝛe, An⸗ gelegenheiten war der Unter ⸗Stagtssekretär D. Dr. von Weyrauch mit den Geheimen Ober ⸗Regierungs⸗Räthen Dr. Naumann, Dr. Koepke und Müller erschienen. Die Akademie der Künste repräsentierten der stell vertretende Präsident Professor Dr. Blumner und der ständige Sekretar Professor Dr. von Dettingen. Der Verein Berliner Künstler wurde durch seinen Vorstand, der Verein der Künstlerinnen durch seine Vorsitzende und andere Mitglieder des Vorstandes vertreten. Ferner waren der General- Direktor der Königlichen Museen, Wirkliche Geheime Rath Dr. Schöne, der Direktor der National. Galerie, Professor Dr. von Tschudi mit andern Herren der Museumsverwaltung zugegen. Die Kapelle des Königin Elisabeth Garde⸗Grengdier⸗Regiments Nr. 3 leitete den Akt mit einem 1 ein. Alsdann nahm der Unter ⸗Staatssekretär D. Dr, von Weyrauch das Wort zur Festrede, welche mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König schloß. Begeistert stimmte die Festversammlung in diesen Ruf ein. Dann intonierte die Regiments⸗ kapelle den Einzugsmarsch aus dem Tannhäuser“. Nachdem derselbe verhallt war, erklärte er Unter⸗Staatssekretär die , für eröffnet, und eg begann nunmehr unter den Klängen der Musik der offizielle Rundgang durch die Räume der Ausstellung.

L. K. Unsere bildende Kunst steht bereits seit geraumer Zeit im Zeichen großer Versprechungen für die Zukunft, ohne sie einzulösen. Die Worte des Malers in Shakespeare's Timon von Athen passen auf diesen Zustand: „‚Versprechen ist die Sitte der Zeit; es öffnet die Augen der Erwartung 2c. Große Schlagworte, neue Theorien hört man überall, auf große Kunstthaten und starke Indivi⸗ dualitäten trifft das Auge nur sehr selten, auch in der diesjährigen, soeben eröffneten Berliner Kunst ⸗Ausstellung. Das oft empfohlene Mittel beschränkter Zulassung ist diesmal befolgt: der Katalog zählt nur fünfzehnhundert Nummern. Wer aber daraus auf eine erhebliche Steigerung des Gesammtniveaus schließen wollte, sieht sich getäuscht. Jedenfalls ift der Eindruck der meist nur in einer Zone aufgehängten Bilder erfreulicher und einladender als die Ueberfüllung früherer Ausstellungen. Einige Nebensäle sind unbenutzt geblieben. Die Vorhalle ist auch diesmal der Bildhauerkunst eingeräumt, aber in größerer Zahl als sonst sind Bilder zur Unterbrechung der eintönig kalten Gipstöne heran⸗ gejogen, darunter die an dieset Stelle gut placirten großen dekorativen Wandmalereien von Cornelia Paczka⸗Wag ner. Ueberdies hat man den Umgang an der Ostseite des Hauptgebäudeg ebenfalls mit Bild⸗ hauerarbeiten gefüllt, für die er sich in hohem Maße eignet.

Im sogenannten Ehrensaal treffen wir auf ein großes Historien⸗ bild von A. von Werner: „Der Tod Kaiser Wilhelm's L.; ihm gegenüber ist eine temperamentvolle Kosaken⸗Lagerscene von Fosef von Brandt aufgestellt. Ein überraschend frisch und kräftig gemaltes Gebirgsbild vom Grafen Harrach, eine . Scene von G. von Gebhardt und der „Feierabend von Ludwig Dettmann haben ebenfalls ihren Plaßzß in diesem Ehrenraum erhalten. Im anschließenden ittel⸗ saal 3 fallen zwei Landschaften von C. Bracht, eine heilige Cäeilie von Gabriel Max, ein prächtiges holländisches Bauernbild von Max Liebermann, Porträts von Sabine Lepsius und Karl

iegler, sowie landschaftliche Darstellungen von Skarbina,

ammacher, H. W. Jansen, Frenzel und Feldmann beson⸗ ders auf. Weitere elegant und geschmackvoll gemalte Bildnisse von Ziegler, M. Koner und Herkomer treffen wir im vierten Mittel⸗ saal. Zwei jüngere Künstler Otto H. Engel und K. Storch⸗Sege⸗ berg lenken die Hauptaufmerksamkeit im folgenden Raum auf ihre talent vollen Arbeiten, neben denen ein weibliches Porträt von Sa bine Lepsfius erwähnt sein mag. Saal s ist Bildhauern und Malern zu gemein⸗ samer Verfügung überlassen. Plaketten von Kowarzeck, Lewin, Bosselt, Bind bardt und Rettenmaier beweisen, daß dieser Zweig plastischer Kleinkunst jetzt auch bei uns neue Blüthen zu treiben beginnt. Größere Arbeiten von Fel derhoff und Augu st Heer ragen über den Durchschnitt hervor. Von Malern, die in diesem Raum auggestellt haben, nennen wir Hendrick Luyden und H. Hendr ich. Die Säle 7, Sund 10 vereinigen die Werke der Düssel⸗ dorfer Künstlerschaft in sich Neben Andreas und Oswald Achen⸗ bach und dem in des letzteren Gefolge schreitenden A. Flamm findet man Landschaften von B. G. von Merveldt, Eugen Kampf, A. Bergmann, C. Munthe, Jern berg, H. Bahmer, Dirks und H. Herrmanns, fast durchweg sehr achtungswerthe Leistungen. Weniger vornehm repräsentiert das Sittenbild Arthur Kampf. Unter den Bildnifsen ragt Vegius' Herrenporträt durch feine Charakterschilderung hervor, während E. Pfannschmidt biblische Historien mit Rembrandt'schen und Gebhardt'schen Effelten aus stattet und Ludwig Feldmann ängstlich und fast zu sklavisch dem Vorbild des jetztgenannten Meisters folgt. Der große Schlußsaal der Mittelreihe birgt unter vielem Gleichgültigen auch einige Perlen der Ausstellung, so Landschaften von Dver⸗ beck,Worpsöwede, Basedow, W. Leistikow, Heßmert, Figürlicheß von Exter und Sinding, einen Fjord von Nor⸗ mann, ein sehr lebendiges, wenn auch in fahlem Gobelinton ge⸗ baltenesz Frauenporträt von R. Lepsius und eine neutestamentliche Scene von A. von Brandis, die einen erheblichen Fortschritt des jungen Malers bekundet. . ;

In geschlossener Reihe treten die Münchener diesmal auf (Saal 15, 16, 24, 36 bis 383): Stuck, von Habermann, Schuster⸗Woeldan, Carl Marr, H. von Leyden, Benno Becker, Keller Reutlingen, H. Zügel, Dill, Hum mel, sie alle sind gut vertreten. Von weniger bekannten Namen seien Knirr und der reichbegabte Landschafter Stadler erwähnt. Der 5 der „Fliegenden Blätter“ E. Kirchner spekuliert auch als

elmaler auf die Lachlust, während A. Dengeler sich mit einer ernften, fast düster gestimmten Landschaft in neuem Licht zeigt. Sehr beachtenswerth sind die Skulpturen der Münchener Bildhauer Floß⸗ mann und Bermann.

Bei der am Firnißtage ziemlich unbequemen Wanderung durch die Nebensäle fielen noch der vornehm eingerichtete, den Ar chitekten eingerdumte Saal 23, sowie die kunstgewerbliche Abtheilun mit höchst interessanten Mosalken von Axel Wenstrep, die s mucke Liebermann Kabine mit den Arbeiten der Graphiker angenebm auf. Auch sei der Sonderausstellung deg Karlsruher Landschaftsmalers Hans von Volckmann, wie der Ausländer Courtens Koldeway, Brangwyn, Boznanßka, Larfen mit besenderer Auszeichnung edacht.

; Wenn wir diesem lediglich aufzählenden Vorbericht gleichwohl ein ziemlich negatives Fazit voranzustellen genöthigt waren, muß dessen Begründung im Einzelnen der weiteren Berichterstattung vorbehalten bleiben.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe sprach am Mittwoch Abend Herr Second ⸗Lieutenant P. Reimer vom Fuß⸗ Ärtiflerie⸗ Regiment Rr. 14 über die Entwickelung der Ge schützrohre und ihre Beziebungen zum Kunstgewer be.“ An der Hand einer reichhaltigen Ausstellung von Modellen und Ab=

bildungen, die das Königliche Zeughaus hergeliehen hatte, und

mittels zahlreicher Prolektionsbilder wurde die Entwickelung der Ge⸗