1898 / 117 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 May 1898 18:00:01 GMT) scan diff

für jetzt davon Abstand nehmen zu können, um die Sache nicht zu weitläufig zu machen.

Nun kommt aber in Betracht, daß diese Auslegung der Nothfälle, ab⸗ weichend von den Nothfällen der Gewerbeordnung, auch eine ganz natürliche, selbstverständliche ist; denn hier in der Sabbathordnung handelt es sich nicht um den Arbeiterschutz, nicht um das Recht des Arbeiters auf Arbeits ruhe an den Sonn⸗ und Festtagen, sondern um die Sonntagsheiligung. An die Spitze der Sabbathsheiligung ist gestellt der Satz: es will der König für die Hebung der Gottesfurcht und der Religiosität in seinem Lande Sorge tragen, und er ordnet deshalb für alle Konfessionen an, es soll an den Sonntagen die Arbeit ruhen, es sollen an den Sonn⸗ tagen öffentliche Arbeiten und Lustbarkeiten nicht stattfinden. Es er— streckt sich also das Verbot auf Lustbarkeiten ebenso wie auf Arbeiten. Nun können Sie sich wohl von selber denken, daß, wenn von einem erweislichen, von der Polizei zu ermäßigenden Nothfall die Rede ist, nicht darunter ein Nothfall zu verstehen ist, wie er in der Gewerbeordnung vorgesehen ist. Eine solche Nothlage, auf Grund welcher eine Lustbarkeit stattfinden sollte, wäre ja nicht denkbar. Ich glaube also, es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Bestimmung nicht anders ausgelegt werden kann, wie sie von den hannoverschen Behörden thatsächlich ausgelegt worden ist, und ich bin jedenfalls meinerseits persönlich gänzlich außer stande, von einer so konstanten Uebung und Auslegung abweichen zu können. Deshalb war nach meiner Ansicht in dem vorliegenden Falle, ein Nothfall, wie er in der Sabbathordnung vorgesehen ist, gegeben.

Dag ist nun, meine Herren, die rechtliche Seite der Sache. Ich habe danach nur die Genehmigung, die von der Polizeibehörde aus— gegangen ist, bestätigen können.

Nun möchte ich aber auch noch über die praktische Seite der Sache einige Worte hinzufügen. Ich meine doch, es ist nicht richig von den Grubenarbeitern, daß sie gegenüber einer solchen Rothlage ihrer Arbeitgeber sich weigern, die Arbeiten an diesen kleinen katholischen Feiertagen zu verrichten. Es ist ein Irrthum seitens der Arbeiter, wenn sie glauben, sie würden damit dauernd der Feier dieser Tage beraubt werden. Das ist nicht der Fall. Jede polizeiliche Erlaubniß wird nur gegeben reébus sie stantibus, so lange die wirthschaftliche Lage dauert, welche die Ver⸗ anlassung gewesen ist. Sobald diese in Wegfall gekommen ist, sobald die Wasser soweit gewältigt sind, daß die Förderung voll wieder auf⸗ genommen werden kann, werden selbstverständlich die Feiertage wieder freigegeben werden. Es fehlt den Arbeitern deshalb nicht an dem nöthigen Schutz; sie stehen unter dem Schutz der zuständigen Behörden, und ich werde schon dafür sorgen, daß der ihnen zu theil wird. Ich glaube deshalb, es war nicht richtig seitens der Arbeiter, wenn sie in diesem Falle die Arbeit verweigert haben. Der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruht auf Treu und Glauben; beide haben sich zusammen verbunden, beide finden ihre Existenz, ihren Erwerb in der gemeinsamen Arbeit, in dem Betrieb des Unternehmers, und da muß jeder die Hand bieten, wenn eine Nothlage vorkommt, eine schwierige Lage, um darüber hinwegzukommen und zu besseren Verhältnissen zu gelangen. Das hätten die Arbeiter berücksichtigen

sollen.

. Nun bin ich aber weit entfernt, auf die Arbeiter eine große Schuld zu laden. Ich habe mir sagen lassen, und ich habe von zuständiger Seite es bestätigen hören, der Herr Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums kennt aus eigener Anschauung die Gruben⸗ verhältnisse am Piesberge, und nach allem, was ich gehört habe, und was er mir bestätigt hat, sind diese Arbeiter stets ruhige, ordentliche anständige Leute gewesen, von denen man sich im hohen Grade ver⸗ wundern muß, daß sie sich geweigert, der Aufforderung des Werkes Folge zu leisten, daß sie einer Maßregel Widerstand entgegengesetzt haben, die doch in ihrem eigensten Interesse liegt. Dem kann nur ein Mißverständniß zu Grunde liegen, ein I'Vrtthum in der Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, ein Irrthum bezüglich der Sachlage, eine irrige Anschauung, als ob es sich um ein Interesse der Aktionäre handelt, nicht um ihr eigenes Lebensinteresse, die Erhaltung ihres bisherigen Erwerbes. Ich meine, es ist an der Zeit, daß dieser Irrthum korrigiert wird; ich würde glauben, nach den Erklärungen, die ich bier abgegeben habe, würden die Arbeiter keine Bedenken zu tragen brauchen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Ich kann auf der anderen Seite sagen, auf Grund der mündlichen Er⸗ klärungen seitens der Verwaltung des Werks, daß, wenn dies geschieht, die Arbeiter wieder angenommen werden und man bezüglich aller der Nachtheile, die aus ihrem Vorgehen ihnen statuten⸗ und reglements⸗ mäßig erwachsen, gern bereit ist, Milde und Nachsicht zu üben, so daß ich der Meinung bin, es würde sich auf das allerdringendste empfehlen, und ich kann meinerseits nur die Hoffnung aussprechen, daß dies geschieht, daß nunmehr seitens der Arbeiter möglichst bald die Arbeit wieder aufgenommen wird. (Bravo! rechts.)

Auf Antrag des Abg. Dr. Porsch (Zentr) findet die Be⸗ sprechung der Interpellation statt.

Abg. Dr. Beumer (nl.): Nach dem ganzen bisherigen fürsorg⸗ lichen Verhalten der Verwaltung der Georgs⸗Marienhütte ist anzu⸗ nehmen, daß sie die Arbeiter ohne jeden Nachtheil für diese gern an⸗ nehmen wird, wenn sie die Arbeit wieder aufnehmen. Natürlich können die Rädelsführer, welche Fenster eingeworfen haben ꝛc., nicht wieder aufgenommen werden. Ich freue mich über die Haltung der Regierung in diesem Fall. Es handelt sich hier nicht um ein religiöses Problem oder die Erlangung höherer Löhne, sondern lediglich um ein agitatorische Zwecke verfolgendes Manöver, bei welchem prinzipiell die Frage entschieden werden soll, wer Herr im Hause sein soll, ob der Arbeitgeber oder die Agitatoren und die hinter ihnen stehenden Arbeiter. Bei uns im R einland ist an diesen katholischen rn, von jeher stets gearbeitet worden und wird noch immer gearbeitet. Nicht 3— 40, sondern nur 2,94 oso betrug im Durchschnitt die Dividende des Bergwerks, es handelt sich also keineswegs in dieser Sache um die Befriedigung der Profttwuth der Bergwerksbesitzer. Klar und bündig hat der Bischof von Osnabrück den Dispens für die Arbeiten an den Festtagen in diesem . ertheilt. Wie kann also da Herr Brandenburg mit der Frank⸗ urter Zeitung von einem Opfer der Konfession sprechen? Aber dann kam der Widerstand des niederen Klerus gegen den Bischof und verhinderte die Abhaltung eines besonderen Gottesdienstes. Und der christliche Bergarbeiterverein betrieb die Agitation, jener Verein, bei dessen Gründung ein katholischer Geistlicher aus Köln kate es könne auch einmal der Tag kommen, wo ein christlicher Arbeiter mit den Sozialdemokraten zusammengehen müsse. Der Lizentiat Weber hat zwar versucht, den Verein in anderen Bahnen zu halten, aber ich bedauere doch h ich ihn in der Gesellschaft sehe, denn der Führer des Verẽlns, rust, ist ihm einfach so entgegengetreten, wie eg mit den Worten bezeichnet werden kann: hier hast Du nix to seggen! Der Bischof erlag schließlich dem Druck des niederen Klerus die betreffenden Arbesten sind nur genehmigt worden, so lange bie Nothlage des Betriebs dauere. Für Herrn Brust han⸗

delt es sich lediglich um eine Agitation. Bedingungslos müssen die Arbeiter die Arbeit wieder aufnehmen; sie hätten es auch längst gethan, wenn der Terrorismus der Agitatoren nicht auch hier wieder eine große Rolle spielte. Ueber den jüngst bekannt gewordenen . des Grafen Posadowsky herrschte großes Geschrei, weil er die Koalllionsfreiheit antaste, aber die Arbeiter verwechseln schon Kealitionsfreiheit mit Terrorismugßs. Die, Disziplin muß bei großen Werken erhalten bleiben; die arbeitswilligen Arbeiter müssen vor dem Terrorismus der anderen geschützt werden. Wenn der Pies⸗ berg ersäuft, leiden die Arbeiter selbst. Konzessionen kann die Ver⸗ waltung den Arbeitern nicht machen, um in Zukunft größerem Unheil vorzubeugen. Die englischen Trade Unions befinden sich auch schon im sozialdemokratischen Fahrwasser, es handelt sich nicht mehr nur um die Lohnfrage, sondern um die Frage, wer Herr im Hause sein soll. Und deshalb freue ich mich über die Haltung unserer Regierung in diesem Fall. .

Abg. Br. Porsch (Zentr.) führt aus, daß nur Wassernoth und Reparaturen eine solche Nothlage darstellten, welche Arbeiten an den Fest⸗ tagen zulässig machten, daß man aber in Piesberg aus wirthschaftlichen Gründen die sogenannten kleinen katholischen Feiertage babe beseitigen wollen. Die finanzielle Nothlage des Werks könne die Zulassung der Festtagsarbeiten nicht begründen. Wenn man dies hier einer Aktien gesellschaft einräume, könne man auch dem Arbeiter nicht verbieten, am Festtag zu arbeiten. Durch die Zuhilfenahme der sieben katholischen Festtage könne das Werk nur 3150 t mehr im Jahr produzieren; das könne doch nicht das unrentable Werk mit einem Mal rentabel machen. Die Arbeiter meinten deshalb, daß es darauf angekommen sei, ihnen die sieben Feiertage, an denen sie mit ganzem Herzen hingen, zu nehmen. Die Rechtslage sei allerdings sehr zweifelhaft; die Ansichten darüber gingen auseinander; wenn die Sache aber mindestens zweifelhaft sei, dürfe man nicht auf der Gegenseite einfach deduzieren, daß die hannoversche Sabbathordnung dieser Fest⸗ tagsarbeit nicht entgegenstehe. Seit jeher seien in Hannover diese Festtage gefeiert worden. Die Regierung müsse jetzt noch eingreifen, um die Vinge befriedigend zu lösen. Die Arbeiter seien nicht in den Strike gegangen wegen Verkürzung der Arbeitszeit oder Erhöhung der Löhne, sondern um sich die alten, ihnen lieb gewordenen Feiertage zu erhalten. Das sei ein idealer Gesichtspunkt, dem ein christliches Gemüth Rechnung tragen müsse. Schon wegen dieses idealen Kerns der Sache müsse die Regierung den Arbeitern entgegenkommen. Der Bischof von Osnabrück habe den Dispens nicht zu Gunsten der Rentabilität des Werks ertheilt, sondern nur wegen der vorüber⸗ gehenden Noth des Betriebes infolge des Wasserzusammenflusses im Werk; die Besitzer wollten aber die Feiertage behufs Vermehrung der Kohlenförderung aufheben. Die Verlegung des Arbeitsbeginnes an den Festtagen auf 9 Uhr sei wohl erst erfolgt, als der Brand schon dort ausgebrochen und das Mißtrauen erregt war. Ein Gottesdienst um 4 Uhr Morgens sei doch nicht möglich; wie viele der Herren im Hause würden da wohl hingehen? Die Arbeiter sollten aber nicht nur den Feiertag verlieren, sondern auch noch früher aufstehen, um ihre kirchlichen Bedürfnisse zu befriedigen. Das könne man nicht mit der stoljen Frage erledigen, wer Herr im Hause sein soll. Wichtiger sei, daß der Mensch Gott diene. Eine Agitation sei nicht in die Piesberger Arbeiter hineingetragen worden, die Bewegung sei von selbst entstanden, weil die Arbeiter an ihren Feiertagen festhalten wollten. Die Regierung müsse jetzt noch thun, was geschehen könne. Der Führer des Gewerkvereins sei erst nach dem Ausbruch der Bewegung hingekommen. Daß ein Gewerk⸗ verein die Interessen der Arbeiter im allgemeinen verfolge, sei doch nicht wunderbar. Die Weiksleitung fasse die Sache falsch auf, wenn sie die Bewegung lediglich als eine Frucht der Agitation ansehe, sie müsse den berechtigten christlichen Kern der Bewegung erkennen und anerkennen. Wie lange solle denn die „vorübergehende Nothlage“ des Werks dauern, an wie vielen katholischen Feiertagen müsse gearbeitet . um die Kosten der Wassersnoth und des Fine fer. zu ersetzen?

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) : Diese Rede des Abg. Porsch wird nicht zur Beruhigung dienen. Der Revierbeamte befand sich auf gesetzlichem Boden, als er diese Fest⸗ tagsarbeit genehmigte. Auch die wirthschaftliche Gefährdung des Be—⸗ triebes ist eine Nothlage, welche eine solche Genehmigung begründet. Es wurde schon in Erwägung gezogen, den Betrieb dieses Werks ganz einzustellen. Wenn es nicht geschehen ist, so ist das ein bedeutender sozialer Schritt zu Gunsten der Arbeiter. Sonst wird in Hannover überall an den kleinen katholischen Feiertagen gearbeitet, nur die Arbeiter am Piesberge machen eine Ausnahme. Burch den Dispens des Bischofs, der wissen mußte, daß es sich auch um die Kohlen förderung handelte, waren die Arbeiter in religiöser Hinsicht voll⸗ kommen gedeckt. Erst seitdem der Agitator Brust in die Osnabrücker Gegend kam und der Gewerkverein Versammlungen abhielt und Mitglieder warb, datiert der ernstliche Widerstand der Arbeiter. Es spricht sehr viel dafür, daß die ganze Sache ihren Grund in den Reichstags—⸗ wahlen hat. Gerade in diesem Wahlkreis haben die , Parteien und ihr Kandidat Wamboff einen schweren Kampf gegen die Welfen zu bestehen. Daher die Beeinflussung der Arbeiter von außen, ihre kontraktlichen Pflichten zu brechen. Darum müssen die Besitzer Herren im Hause bleiben; sonst kann unsere Industrie den Konkurrenz- kampf mit dem Ausland nicht führen. Deshalb darf die Georgs⸗ Marienhütte nicht einen Schritt zurückweichen. Die Haltung der Regierung in diesem Fall ist durchaus richtig, sie kann den Frieden nur fördern, wenn sie sich garnicht in solche Angelegenheiten mischt.

Abg. Dr. Sattler (nl. ): Das Festhalten an einer alten Sitte verstehe ich durchaus. Aber weiß Herr Brandenburg nicht, daß in den anderen Betrieben der Georgs⸗Marienhütte bereits jetzt von den katholischen Arbeitern an den sieben katholischen Festtagen gearbeitet wird? (Zuruf des Abg. Brandenburg: Zwangsweise) Wenn der Bergbau am Piesberge unlohnend wird, dann wird er schließlich eingestellt, nur zum Schaden der Arbeiter; denn die Aktionäre haben von der Einstellung eines Zuschüsse erfordernden Betriebes einen Vortheil. Redner wendet sich besonders gegen die Ausführungen des Abg. Porsch, die von nicht genügender Kenntniß der Verhaͤltnisse zeugten. Die Werksperwaltung habe sich der Zustimmung der kirch⸗ lichen Behörde versichert; deshalb müsse man suchen, den Frieden wieder herzustellen, wozu aber die Reden der Zentrumsredner nicht beigetragen hätten.

Abg. Stötzel (Zentr.): Wenn der Minister jetzt so dringend zur Einigung mahnt, warum ist er dann nicht früher vermittelnd ein⸗ geschritten? Die Arbeiter sind kontraktbrüchig geworden, weil man ihre Massenkündigung nicht angenommen hat, da nach den Statuten eine solche nur dem Werke, aber nicht den Arbeitern gestattet sei. Am Piesberge handelt es sich nicht nur um die Bergleute, sondern auch um Tausende anderer Arbeiter, die ebenfalls ihrer Festtagsruhe beraubt zu werden befürchten. Eine Agitation von außen her war deshalb garnicht nothwendig. Warum hat man über die Köpfe der Arbeiter hinweg mit der Kirche in dieser Frage verhandelt? Daraus ist der Zwist entstanden, daß man die Arbeiter so nichtachtend beiseite schob. Auf den Verzicht auf die Festtagsruhe hätten die Arbeiter sich für eine bestimmte Zeit wohl eingelassen, aber nicht für den un— bestimmten Zeitraum bis zur Beseitigung der sogenannten Nothlage. Den braven Arbeitern am Piesberge kann man nur volle Anerkennung dafür aussprechen, daß es für sie noch etwas Höheres gab als die materielle dohn fragh Wenn das Werk nicht anders gerettet werden kann als durch die Preisgabe von sieben katholischen Feiertagen, dann ist es überhaupt nicht mehr zu retten.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Es ist heute von mehreren Seiten und auch zu—⸗ letzt von dem Herrn Vorredner dem Bedauern Ausdruck gegeben, daß ich meinerseits mich nicht in die Angelegenheit des Piesberger Aus—⸗ standes eingemischt, vermittelnd aufgetreten und dahin zu wirken ge⸗ sucht hätte, den Ausstand beizulegen. Ich habe mich bereits dahin ausgesprochen, daß ich eine solche Einmischung der Staatsbehörde in die Arbeiterausstände grundsätzlich für nicht angänglich

halte, möchte aber noch hinzufügen, daß es auch geschaͤft⸗ lich für die Zentralstelle einfach unmöglich ist, sich in die Ausstände einzumischen. Um dieses zu erläutern, möchte ich darauf hinweisen, daß die Zahl der Ausstände, die wir in den letzten Jahren seit 1890 bis jetzt gehabt haben, folgende ist: Im Jahre 1890 im Sommer 216, im Winter 71, im Jahre 1891 118 und 29, im Jahre 1892 99 und 116, im Jahre 18935 74 und 48, im Jahre 1894 127 und 71, im Jahre 1895 189 und 116, im Jahre 1896 304 und 1658. (Hört! hört) Die Zahl der Ausständigen hat sich beziffert von 265 000 bis auf 70 000. Wie soll nun die Zentralstelle in solchen Ausständen vermittelnd auftreten, selbst die Vorträge der Betheiligten unmittelbar entgegennehmen und die Sache entscheiden? Dies ist schon geschäftlich vollständig unmöglich! Sie steht außerdem den Angelegenheiten fern und kann sich nur im Berichtswege darüber informieren. Die geordneten Behörden an Ort und Stelle, die Lokal- und Provinzialbehörben kennen sie dagegen aus eigener Anschauung. Soweit daher überhaupt die Staatsbehörde sich einzumischen hat, sind die es, aber nicht ich, und muß ich deshalb grundsätzlich an der Anschauung festhalten: solche Ein—⸗ mischungen sind ausgeschlossen, sie werden nicht stattfinden. Ich gebe im übrigen die Hoffnung nicht auf, daß unsere heutigen Verhandlungen in dieser Angelegenheit und die Er— klärungen, die ich abgegeben habe, doch dazu beitragen werden, wiederum die Leute auf die richtige Bahn zurückzubringen, sie erkennen zu lassen, daß sie von Irrthümern und Mißverständnissen sich haben leiten lassen. Es handelt sich nicht darum das muß ich wiederholt be— tonen —, ihnen die Feiertage zu entziehen, es handelt sich nur darum, daß sie auch an diesen Feiertagen so lange arbeiten sollen, als die wirthschaftliche Nothlage des Werkes dauern wird. Es ist keine finanzielle Nothlage, es ist eine wirthschaftliche Nothlage, es handelt sich um die Frage der Einstellung des Betriebes, eine sowohl wirthschaftlich, wie für die Interessen der Arbeiter höchst nachtheilige Eventualität. Ueber die Frage, ob ein solcher Nothstand vorliegt, habe ich keinen Vergleichsvorschlag zu machen, darüber habe ich selbst zu befinden und die mir nachgeordneten Behörden. In meiner Hand liegt es, und ich werde schon dafür sorgen, daß die Erlaubniß zur Arbeit an den Feiertagen zurückgezogen wird, sobald die Nothlage beseitigt ist. Das müssen die Arbeiter einsehen, und deshalb hoffe und vertraue ich, sie werden den Weg zurückfinden und die Arbeit wieder aufnehmen. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Wam hoff (nl) erklärt sich als Vertreter des Kreises für eine baldige Beilegung des Streites; die Arbeiter hätten sich an ihn gewendet und um seine Vermittelung beim Minister ersucht. Er habe am Sonnabend mit den Arbeitern verhandelt, es aber ab— gelehnt, mit Herrn Brust zu verhandeln, der ihn deshalb als einen Vertreter des Kapitalismus bezeichnet habe. Er sei kein Kapitalist, sondern habe in seiner Jugend mit der Sense in der Hand bei fremden Leuten gearbeitet und die Lage der Arbeiter kennen gelernt. Die Arbeiter am Piesberge hätten in erster Linie ihre Feiertage wieder haben wollen. Ob die Arbeiten an diesen Tagen nothwendig seien, wisse er nicht. Wenn der Betrieb des Bergwerks eingestellt werde, dann müßten die Arbeiter zum theil auswandern. Es komme nicht bloß darauf an, daß die Leute wieder Arbeit be⸗ kommen, sondern auch darauf, daß sie ihre Rechte gegenüber den Knappschaften behalten. Durch die Arbeitseinstellung werde auch die ganze Umgegend einschließlich der Stadt Osnabrück schwer geschädigt. Deshalb solle die Regierung den Frieden vermitteln, wozu er und seine Freunde gern beitragen wollten.

Um 31e Uhr wird die Besprechung geschlossen. Zur Ge⸗ schäfts ordnung bemerkt

Abg. Im Walle (Zentr.), daß es ihm unmöglich gemacht sei, seine Sympathie für die Arbeiter am Piesberge auszusprechen und sich ganz auf ihre Seite zu flellen.

Damit ist die Interpellation erledigt.

Es folgt die Berathung des Antrags der Abgg. Dr. von Lieres und Wilkau (kons.) und Genossen auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Kreisabgabenpflicht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Abg. Dr. von Lieres und Wilkau begründet den Antrag unter Hinweis auf die große Entwickelung der Genossenschaften mit beschränkter Haftung, von denen es Ende 1897 1793 mit 624 Millionen Mark Kapital gegeben habe. Durch die Umwandlung der früheren kreissteuerpflichtigen Handelsgesellschaften in Gesellschaften mit be—⸗ schränkter Haftung, die nicht kreissteuerpflichtig seien, würden die Kreise geschädigt. Der Landkreis Breslau habe dadurch einen Ausfall von 15 000 M erlitten. Durch die Genossenschaftsgesetzgebung seien den Kreisen Einnahmen entzogen worden, und dieser Zustand habe bei den Betheiligten große Mißstimmung erregt; er bitte die Regierung dringend, durch eine Gesetzvorlage möglichst bald diese Mißverhaͤltnisse zu beseitigen.

Geheimer Finanz ⸗Rath Dr. Strutz erklärt im Namen des Finanj⸗ Ministers, mit dem zweifellos auch der Minister des Innern überein⸗ stimme, daß die Regierung der Tendenz des Antrages durchaus sym⸗ pathisch gegenüberstehe und die Unbilligkeit, daß die Gesellschaften mit beschränkter Haftung keine Kreisabgaben zahlen, anerkenne. Diese Gesellschaften ständen den Aktiengesellschaften am nächsten und müßten ebenso wie diese und die Kommanditgesellschaften auf Aktien behandelt werden. Durch die Umwandlung von Handelsgesellschaften in solche mit beschränkter Haftung entzögen sie sich auch der Einkommensteuer. Es frage sich nur, ob auf dem Wege der Kommunalbesteuerung oder der Kreisbesteuerung eine Aenderung herbeizuführen sei.

Ein Regierungskommissar aus dem Ministerium des Innern schließt sich diesen Ausführungen an. /

Abg. Dr. Krause (nl) legt dagegen Verwahrung ein, daß die Stellung des Hauses beim Kommunalabgabengesetz sich als irrig er— wiesen habe; die Ansicht, daß die Gesellschaften mit beschränkter Haftung den Aftiengesellschaften am nächsten ständen, sei damals vom Hause nicht acceptiert worden.

Nach einer weiteren Bemerkung des Abg. Dr. von Lieres und Wilkau wird der Antrag angenommen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.) bedauert, daß eine große Reibe von Petitionen unerledigt bleibe, und beantragt, noch in einer , ,, etitionen zu erledigen.

Abg. Pr. Sattler (nk) ist damit einverstanden, meint aber, daß sich dann das Haus nicht der Pflicht entziehen könne, auch die Inter pellatlion des Grafen Kanitz auf die Tagesordnung zu setzen, da diese doch ein Gegenstand von großer Bedeutung sei.

Die Abgg. Pr. Krause und Freiherr von Heerem an (Zentr.) erheben gegen eine Abendsitzung Wlderspruch, da von dem ermüdeten Hause eine objektive Verhandlung über die Petitionen des Abends doch nicht mehr zu erwarten sei.

Abg. Pleß (Zentr.) bemerkt, daß der Artikel der Verfassung, welcher daß Petitlongrecht gewährleifte, zum Spotte werde, wenn in jeder Tagung eine Menge Petitionen unerledigt bleibe.

üAbg. Graf zu Limburg Stirum (kons. erklart, daß seine Freunde das größte Intereffe daran gehabt hätten, die Interbellation des Abg. ga Kanitz zu erörtern, aber, da das Haus morgen geschlossen werde, davon abftänden, die Interpellation vor einem fo leeren Hause noch zu erledigen.

Das Haus lehnt die Abhaltung einer Abendsitzung gegen die Stimmen der beiden konservativen Parteien und einiger Nationalliberalen ab.

räsident von Kröcher giebt darauf die übliche Geschäfts—⸗ tberst⸗ e die Arbeiten des

Abg. von Kardor ff lfr. kons.; zur Geschäftsordnung): Ich bin der Zustimmung aller verehrten Herren Kollegen gewiß, wenn des Hauses unserem verehrten Präsidenten, Herrn von Kröcher, unseren Dank abstatte für die Liebenswürdigkeit, Umsicht und die volle Un⸗ parteillchkeit, mit der er die Verhandlungen dieses Hauses geführt hat. (Allseitige Zustimmung.) Denselben Dank haben wir auch den

auses in der Session.

ich namens

erren Freiherr von Heereman und Dr. Krause abzustatten, die als , fungiert haben.

Präsident von Kröcher: Ich danke dem Herrn Redner und dem Hause für dieses Lob, das er dem Präsidlum ertheilt hat, in meinem Namen und auch im Namen der beiden Herren Bize⸗ Präsidenten. Was das Lob für mich betrifft, so muß ich einen großen Theil desselben auch auf die Herren Vize-Präsidenten und Schriftführer übertragen. Ich bin mit so großer Liebens⸗ würdigkeit vom Hause behandelt worden, daß ich glaube, daß

es nie einen Präsidenten einer parlamentarischen , egeben haben wird, der so liebenswürdig von Anfang an, gleich ö. Wahl und nachher immer behandell worden ist. Ich danke dem Hause für die Liebenswürdigkeit, mit der es mich unterstutzt hat. Meine Herren! Unser Letztes lassen Sie den Ruf sein, den Sie auch am Anfang erhoben haben, den Ruf: Seine Majestät der Kalser, unser Allergnädigster König und Herr lebe hoch! (Die Anwesenden haben sich erhoben und stimmen dreimal begeistert in den Ruf ein.) Schluß 4 / Uhr.

Berichte von deutschen Fruchtmärkten.

Marktort

Qualitãt

gering

mittel gut Verkaufte

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

Menge

. höchster

46

höchster höchster Doppelzentner M6 M6 Mt M6 M6

niedrigster niedrigster

*

Am vorigen Markttage

Außerdem wurden am Markttage (Spalte I) nach überschlãglicher Schätzung verkauft Doppelzentner (Preis unbekannt)

Durchschnitts⸗

Verkauft preis werth für Durch⸗

1 Doppel schnitts⸗ zentner preis

2

2 7272722727777 7222

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*

2 8 2 2 8

// /// /

Ein liegender Stri

Allenstein Marggrabowa . Thorn Krotoschin

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23,00 26569 23 50 2499 24,00 21,90 22,50 22,50 22, 90 22, 90 20, 090 20,50 21,50 22,00 23,50 23,50 23,50 2400 24,00 24,50

26 06 . K 9. 20,30 20,99 2290 22,10

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R ge n. 16,88 16,88 16 17,50 1 16,ᷣ0 16,0 17,00 17,50 17,00 17,090 1750 17,50 1625 16,ꝛr5 16,0 16,70 ,, 16, (5 17,00 17,090 1690 16,89 17,70 17,70 15,66 1699 1620 17,350 15,70 17,0900 1 16,60 16,60 16,909 16,80 16,0 16,90 17,60 17,70 17,60 17,80 18,00 18,40 1870 18,95 1600 18,50 1900 19350 . 2. 20.00) 2000 17,50 17,50 17,82 17,82 17,20 17,70 17,70 18,20 20 60 20,09 20,40 20,40 16,00 16,40 16,80 17,00 16,10 16,60 17,40 17,80 16,90 17,40 17,90 18,40 15,00 16,50 16, 00 17,50 Ger ste. 14.90 14590

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Bemerkungen.

unkt (.) in den letzten sechs

1670 1661 16595 16 16

16380 16.83

2. 8

1726 1700 1775 1556 1742 17 69

17,19 15,75 18,91 19,57 16,50 16,50 16,00 16,14 16,28 17, 50

1700 1670 1754 1832

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Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der D e rn wird aus den unabgerundeten Zahlen bere (I in den Spalten für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist; ein

2 palten, daß entsprechender Bericht fehlt.