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seitz immer zu belämpfen vorgiebt, daß die Begehrlichkeit gegen den Staat in der gesammten Bevslkerung großgezogen wird. (Sehr richtig! recht) Wenn die Meinung im ganzen Volke berrscht, der Finanz · Minister belastet uns ohne Noth, er sammelt Vermgen in ungemessener Höhe für die Zukunft, dann muß doch der e . ent⸗ stehen: fordern wir mehr von ihm und zwingen wir ihn schließlich ö. ö Herren, der Abg. Richter stellt die Sache so dar, als wenn das ganze Extraordinarium eine Vermebrung des Staats vermögens bedeute. In dem Extraordinarium, meine Herren, stecken sehr viele Positionen, die nicht entfernt Rente aufbringen, ondern die Verwaltung⸗ kosten nur noch bedeutend steigern. Das ist fast bei all den großen Bahnhofsumbauten der Fall, wo nicht laufende Ausgaben erspart werden, sondern sich umgekehrt noch weiter erhöhen. Es giebt ja einzelne Positionen im Extraordinarium, die man vielleicht als Ver⸗ mehrung des Vermögens bezeichnen kann; aber, meine Herren, zum großen Theil sind sie doch weiter nichts als Ergänzungen des Beste benden und Erweiterungen nach Maßgabe der bestehenden Betrieboverhaltnife und der dadurch wachsenden Einnahmen, während wir die Einnahmen ja selbst in unserem Etat . Also von einer Thesaurierungs⸗ itik kann gewiß nicht die Rede sein. 1. . Abg. Richter das Reich und seine Finaniwerwaltung Preußen und seiner Finanzverwaltung entgegen und behauptet. während Preußen thesauriere, mache das Reich immer mehr Schulden. Meine Herren, auch im Reich liegt die Sache absolut anders, wie der Abg. Richter behauptet. Wer den Reichs · Etat kennt und ihn verfolgt hat, muß es als ein Verdient anerkennen, erstens, daß er Positionen, die früher in unrichtiger Weise durch Anleihen gedeckt wurden, durch die laufenden Mittel des Reichs jetzt gedeckt werden, und zweitens, — was hauptsãchlich den Einwirkung des Zentrums zu verdanken ist, — daß dle Schuldentilgung in den letzten Jahren in erheblicher Weise bereits im Reiche durchgeführt ist. Da konnten sich allerdings die Einzelstaaten beklagen — ja, sie thun es auch, meine Herren, — daß man ihnen in einem zu starken Maße ihr Recht auf Ueberweisung beschränke und diese Beträge zur Schulden tilgung des Reichs verwende. ,
Meine Herren, der Herr Abg. Richter spricht schon im voraus über ein Gesetz, betreffend die Befteuerung der Waarenhãuser. Er kennt das Gesetz nicht, aber er redet mit großer Bestimmtheit darüber. (Heiterkeit) Nun, meine Herren, bei der Gelegenbeit sagt er: der Finan⸗Minister müsse eine allgemeine Reform der Gewerbesteuer vornehmen. Nun verstehe ich das garnicht: bei dem Gesetz über die Stellung der Gemeindebeamten zur Gemeindeverwaltung beklagt er. daß man den Gemeinden zu viel Rechte entziehe und sie zu bureaukratisch be⸗ handle; bier verlangt er von mir, daß ich für die sãmmtlichen Gemeinden des Landes — denn die Gewerbesteuer ist ja keine Staatssteuer mehr, sondern eine Kommunalsteuer— eine einzige Gewerbesteuer bindend für alle Gemeinden machen soll, während die Staatz regierung in dieser Beziehung, viel liberaler als der Herr Abg. Richter, immer den Satz aufgestellt hat: die Gewerbesteuer muß nach den verschiedenen wirthschaftlichen und sozialen Verhältnissen der Gemeinden sich richten (sehr richtigh und muß eine Rom munalsteuer sein. Die Kommunen haben ausdrücklich das Recht erhalten, die staatliche Gewerbesteuer umzugestalten. Sie haben freilich von dieser Befugniß bisher sehr wenig Gebrauch gemacht. Da halte ich es doch für richtig, ehe man nun dieses bei der Berathung der Steuergesetze vom ganzen Hause als richtig anerkannte Prinzip der Selbstverwaltung generell preisgiebt, es nur höchstens soweit einzuschränken, als dringende Reformbedürfnisse im einzelnen Falle es verlangen . und auch da mit Vorsicht. Und es wird Herr Abg. Richter dem nächst sehen, daß dieses Gesetz gerade auf dem Boden steht, die Selbstverwaltung der Kommunen, selbst wenn sie bis dahin auf diesem Gebiet wenig Früchte getragen hat, doch möõglichst auch fũr die Zukunft zu konservieren. Im übrigen, meine Herren, kann ich auf den Inhalt des beabsichtigten Gesetzes garnicht eingehen, weil das Gesetz eben noch nicht in der Berathung zum Abschluß gekommen ift.
Meine Herren, nun sagt der Herr Abgeordnete, ich hätte doch selbst die Erfahrung gemacht bei den staatlichen Einrichtungen, die neuerdings geschaffen seien, wie sehr die Begehrlichkeit wüchse; namentlich hätte ich diese Erfahrungen gemacht bei der Zentralgenossenschafts kasse, und er meinte, die Zentralgenossen. schaftskasse würde unter dieser allgemeinen Begehrlichteit scheitern, denn sie sei doch nicht im stande, alle Wünsche, namentlich von sogenannten Pumpgenossenschaften, von welchen ick gesprochen hätte, zu befriedigen. Meine Herren, diese Pumpgenossenschaften sind zu einer Art Schlagwort geworden. (Sehr richtig Man liest nicht, was ich im Herrenhause gesagt habe, im Zusammenhange, sondern nimmt einfach ein Wort aus dem Zusammen⸗ hange heraus und sagt: der Minister hat selbst zu gestanden, dah die Zentralgenossenschafts kasse mit Pumpgesellschaften im Verlehr wãre. Ich habe genau das Gegentheil gesagt. Ich habe gesagt, die Zentral⸗ genossenschaftslasse steht nicht mit Pumpgenossenschaften in Ver⸗ kehr. (Hört, bört Die Entwickelung der Dinge in Be—⸗
zug auf die Einwirkung der Zentralgenossenschaftẽlaffe hat sich so gũnstig gestaltet, daß man gar nicht sagen kann, wie man sie sich erfreulicher hätte denken können. (Hört, hört! rechts.) Die Stellung der Zentralgenossenschaftskasse als Ausgleichs⸗ genossenschaftskasse entwickelt sich immer mehr und die Rückzahlungen auf gewährte Darlehen sind in der letzten Zeit so gewachsen, daß man überhaupt eigentlich nicht mehr wünschen kann. (Bravo! rechts.) Nicht bloß von städtischen — da vielleicht, weil leider die Entwickelung der Handwerkergenossenschaften noch am schwächsten ist, am wenigsten —. sondern gerade vorjugsweise von den ländlichen Genossenschaften (Hört! hört! rechts) ist die solide Geschäftsverwaltung zu loben, und es wird vielleicht der Herr Prãäsident der Zentralgenossenschaftskasse, wenn wir diese Frage behandeln, das noch näher darlegen können. (Hört, hört! rechts) . ( . Daß einige Stimmen der Dpposition, als wir genöthigt waren, durch den allgemeinen Stand des Geldmarktes den Zinsfuß vorerst auf 4osg in erhöhen, — daß da einige unwirsche Stimmen aus der Bevölkerung uns entgegen schallten, das finde ich doch nicht so sehr unnatürlich. Wenn einer von 3 Yo auf 400 Zinsen in die Höhe geschraubt wird, da er⸗ laube ich ihm schon, ohne daß ich ihm das besonders übel nehme, eine unwirsche Aeußerung. (Heiterkeit rechts) Aber gerade die Land⸗
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sehr bald überz entralgenossens k auf Kosten des Staats machen kann, sondern daß sie
die Koften der Kasse decken muß, . De en für die Mittelklaffen in Stadt und Land entwickeln
soll. Das nur hat Dauer, meine Herren, . wirthschaftlich verfährt und was nicht einseitige Schenkungen aus der
fürchtung, die man an die Erhöhung des Zinsfußes knüpfte — die ja
ven sablit in Bretlau, beben sich dutch alete Darlegungen . daß dies eine Nothwendigleit war, daß die tetasse auf die Dauer eben keine willkũrlichen
wenn sie sich zu einem immer
auf diesem Gebiet, was
Staatskasse zu Gunsten einer bestimmten Klasse darstellt. ; Die bisherige Entwickelung hat uns auch überzeugt, daß die Be⸗
ich nur eine zeitweilige ist nach Maßgabe der Entwickelung des Ir,, a, — daß nämlich der genossenschaftlichen Ent⸗ wickelung wesentlicher Schaden zugefũgt werde, nicht begründet war. Im Gegenibeil, die Genossenschafts bildung ist immer weiter gegangen, und der ganze Geschaͤfts verkehr der Genossenschafts verbände mit den einzelnen Genossenschaften und umgekehrt mit der Zentralgenossen· schaftskasse hat sich immer korrekter und besser gestaltet. Ich wollte, nur damit der Eindruck aus den Bemerkungen des Abg. Richter nicht unwidersprochen bleibt, mich hierauf beschränken; wir werden ja noch Gelegenheit haben, die Geschãfte gebabrung der Zentralgenossenschaftẽkasse in jeder Weise hier gründlicher zu prüfen. Meine Herren, der Herr Abg. Richter hat nun gesagt, was dad heiße, doß die Pachtungen der Domänen nur um 22 o /o zurũckgegangen seien? Durch das Herabgehen des Zins fußes hãtte die Landwirth⸗ schaft viel größere Ersparnisse gemacht. Ja, meine Herren, gewiß hat das Herabgehen des Zinsfußes den verschuldeten dandwirthen er⸗· hebliche Vortheile gebracht, den übrigen überhaupt nicht. Bei den Domänenpächtern kommt das noch weniger in Betracht, weil die Zin⸗ frage gerade bei den Domãnenpãchtern doch mehr zurãcktritt wie beim Eigen thümer. Aber darauf kommt es ja garnicht an, meine Herren; wir sprechen nicht über die Domaͤnen allein, sondern die Aeußerungen, auf welche sich der Herr Abg. Richter bezieht, gehen nur dahin, daß aus dem konstanten Rückgang der Domänenpachten geschlossen werden könne auf die stetige Verminderung des Reinertrages der dandwirihschast überhaupt. (Hört, hört! und: sehr richtig! rechts.) In dieser Be ⸗ ziehung ist aber allerdings garnicht zu leugnen, daß die Domänen pachtungen ein bedenkliches Zeichen für die gesammte Lage der Land wirthschaft sind. (Sehr richtig! rechts) Ich will nicht näber darauf eingehen, diesen Beweis zu führen. Ich glaube, das hieße Eulen nach Athen tragen. (Sehr richtig! rechte) Ich brauche nicht zu beweisen, daß die Sonne Licht giebt; das ist nicht nothwendig. Wir sind aber mit dem Rückgang der Domänen noch lange nicht am Ende lsehr richtig! rechts); ĩ denn die Pachten laufen erst allmählich ab, und wie die ganzen Erträgnisse der Domãnen oder der einzelnen Domäne sich stellen, zeigt sich erst bei der Nen · verpachtung, und ich fürchte allerdingf: wenn die Dinge so bleiben. wie sie heute liegen, dann werden wir dauernd auf einen Rückgang der Erträgnisse der Domãnen rechnen müssen. (Sehr richtig! rechts.) Nun, meine Herren, sagt der Herr Abg. Richter: die Thronreꝛe habe ja selbst anerkannt, daß die wirtbschaftlichen Verhãltuisse im Lande sich vorzüglich entwickelten, daß der Wohlstand sichtlich wüchse, daß der Unternehmungsgeist in eifriger Arbeit sei, und will andeuten, daß, da, wie er sagt, die Landwirthschaft doch ein sehr wichtiges Glied der allgemeinen Wirtbschaft des Landes ist, die Thronrede habe sagen wollen: auch die schwierige Lage der Landwirthschaft ist nun vorüber. Ja, meine Herren, da hätte doch der Herr Abg. Richter lovalerweise (sehr richtig! rechts) den Satz auch lesen müssen, der in der Thronrede steht, der gerade das Gegentheil sagt. (Sehr richtig! rechts) Es ist doch eigentlich sonderbar wo der Abg. Richter doch wohl annehmen kann, daß den sãmmtlichen Herren dieser Satz bekannt ist, — daß er es für nöthig hält, durch Ver schweigung einer so offenkundigen Thatsache das hohe Daus zu falschen Schlüssen zu bringen. (Sehr gut! rechts.) Allerdings, meine Herren, glaube ich, kann man ja nicht leugnen, daß gerade in diesem Jahre bei etwas höheren Preisen für die verschiedenen landwirth⸗ schaftlichen Produkte die Lage der Landwirthschaft verhältnißmäßig günstiger ist als im vorigen Jahre. Es wäre lãcherlich, das bestreiten zu wollen. Aber die Grundursachen der Schwierigkeiten, unter denen die Landwirtbschaft leidet, sind doch in keiner Weise dadurch alteriert worden. Man kann noch immer sagen: die Lage der dandwirthschast, wenn auch mal in einem einzelnen Jahre die Preise höher sind, bleibt eine außerordentlich schwierige. (Sehr richtig! rechts.) .
Meine Herren, ich fteue mich nun, daß der Herr Abg. Richter selbst die Verwendungen, die wir für die Landwirthschaft machen, die sich ja aber nicht bloß auf den landwirthschaftlichen Etat beschrãnken, sondern namentlich auch auf die Förderung des Kleinbahnwesens, den Bau von Sekundärbahnen und andere Dinge erstrecken, in keiner Weise mißbilligt, daß er damit einverstanden ist. Ich hoffe, meine Herren, wenn im übrigen die Finanzloge eine günstige bleibt, nachdem wir nun die großen Ausgaben, die ja keine unmittelbare Melioration des Landes sind, z. B. für die Erhöhung der Gehalte, binter uns haben, daß es dann möglich sein wird, in dieser Beziehung in der Zukunft noch mehr zu thun. (Bravo! rechte) Ich glaube, dahin muß das Bestreben der Staatsregierung gerichtet sein, um so mehr, meine Herren, als das, was für derartige ande meliorationen geschieht, auch rentabel ist, für die Staats kasse allmãhlich die Aufwendengen wieder einbringt, indem dadurch zugleich der Wohl stand der Bevölkerung gehoben wird. Das kann doch gar keinem Zweifel unterliegen, meine Herren, daß die verschiedensten Ursachen zusammengewirkt haben, um die Lage der Landwirthschaft ungũnstiger zu stellen als in allen Vorjahren. Ja, meine Derren, es fällt mir bei der Gelegenheit ein, wenn der Abg. Richter für die Beamten sagt: alle Lebens verhältnisse und Lebensmittel wären theurer geworden, so kann ich das auch nicht zugeben; wir haben vor 10, 20 Jahren viel theurere Preise gehabt. (Sehr richtig! rechts.) —
Meine Herren, nun sagt der Herr Abg. Richter, ich wolle immer mehr die Todte Hand ausdehnen und den Domänenbesitz vermehren; und wenn der Staat überhaupt Kleinbesitz schaffen wolle, dann solle er bei sich selber anfangen. Was habe ich nun gesast? Ich habe gesagt: Wir haben eine Position im Etat, um kleinere Besitzungen im Westen anzukaufen, welche als Musterwirthschaften dienen sollen.
Heißt das, die Absicht äußern, unnöthigerwelse unter Aufsaugung des vorhandenen Kleinbesitzes große Domãnenbesitzungen zu schaffen? Aber, meine Herren, wenn wir in die Eifel geben und ein bãuerliches Besitz⸗ thum dort kaufen und zeigen, wie die Bauern in der Eifel rationell wirthschaften können, so ist das doch höchst nützlich für die Aufrecht⸗
hier und da einen Hof in Nordschleswig kaufen, so geschieht nicht allein deswegen, weil wir das Deutschthum da schůtzen wollen, sondern auch gerade in der Gegend ist nach der Meinung des Herrn Land- wirthschafts · Ministers ein solcher Musterhof in höchstem Grade er⸗= wünscht. Daran wird also garnicht gedacht, den Kleinbesitz aufzusaugen,
um Domänen zu machen; derartiges hat nach meiner Meinung auch in Jahrzehnten in Preußen nie stattgefunden. . Was ich sagen wollte, ist das, meine Herren, daß, wenn die Berhaf⸗ tung der Domänen für die Staats schulden aufhört, eine freiere Bewegung in dem Domänenbesitz stattfinden kann, die die großen Verschieden⸗ heiten des Domaniums, der Belegenheit desselben in den einzelnen Landesthellen einigermaßen auszugleichen geeignet ist. Wir haben 3. B. Gegenden, wo die Domãnen als Musterwirtbschaft heute absolut unnütz sind. Ich nenne in dieser Beziehung z. B. die Prooinz Sachsen und ebenfo einen großen Theil der Provinz Hannover. Da ist die allgemeine Landwirthschaft auf den Privatbesitzungen mindestens eben soweit fortgeschritten wie auf den Domänen; da ist nach der Richtung hin also ein Domänenbesitz in der jetzigen Höhe nicht erforderlich. Ebenso haben wir auch z. B. in Neuvorvormmern so zahlreiche Do⸗ mänen, daß wir keine Veranlassung de,, sie in der Höhe zu er⸗ ten. geschweige denn sie noch zu vermehren. . * . ,. jetzt kommt der Abg. Richter und wirft den Herren von der Rechten vor, daß sie bedenklich geworden wären bei der Bildung von Mittelgütern und Kleinbesitzungen auf der Grund⸗ lage des Rentensystems. Da muß ich mich sehr wundern; denn der Abg. Richter war der eifrigste Gegner des Gesetzes wegen Einfũhrung des Rentensystems unter Vermittelung der Rentenbanken. Er bat im allge⸗ meinen die Verkleinerung des Besitzes auch im Osten sehr gewũnscht; er meinte aber, das mache sich alles von selbst durch die Freiheit, die freie Bewegung genüge dazu. Vergeblich haben wir damals gesagt: diese bloßen Prinzipien der Stein⸗Hardenberg'schen Sesetz gebung, wonach der Kleinbesitz sich von selbst entwickeln sollte auf kapitalistischer Grundlage, hatien eben nichts gewirkt, und das ist in einem so kapital armen Lande auch natürlich. Tausende von Menschen könnten wohl jährlich eine Rente bezahlen, aber sie sind nicht im stande, das Kapital aufzubringen, um ein Gut zu kaufen und bis zur nächsten Ernte zu leben und die ganzen Risiken mitzutragen. Jetzt auf einmal ist der Herr Abg. Richter der eifrige Vertreter dieser Rentengutsbildung. Von der Idee, daß der Grund und Boden da⸗ durch wieder feudalisiert werde, daß ein Obereigenthum begründet werden sollte, daß die ländliche Sklaverei wieder eingeführt werden sollte (Heiterkeits rechts), davon ist garnicht mehr die Rede, sondern es wird jetzt der rechten Seite des Hauses zum Vorwurf gemacht, daß sie nicht ihrerseits eifrig genug für die Bildung von Kleinbesitz auf der Basis von Rentengütern wirke.
er Herr Abg. Richter kommt nun auf die Besoldungẽfrage. Da ö. . es * doch eigentlich viel besser gewesen, da ich selbst anerkenne, daß die Wohnungsfrage für die Beamten besonders wichtig sei, die Grundsätze bezüglich des Wohnungegeldiuschuses zu verãndern und dadurch Abhilfe zu schaffen, namentlich mit Rücksicht auf die Ver⸗ schiedenbeiten in den verschiedenen Provinzen. Ja, wenn der Derr Abg. Richter uns dabei durch seine Erfahrungen und Fenntnisse behilflich sein würde, uns einen gangbaren Weg zeigen würde, der nicht noch zu viel größeren Ungleichheiten führt, als sie gegenwãrtig bestehen, würde ich außerordentlich dankbar sein. Vir haben nicht bloß im Finanz · Ministerium, sondern auch in den übrigen Ressorts und mit den Reichsressorts diese Frage so eingehend nach allen Richtungen erwogen wie möglich und sind zu dem Schluß gekommen: wahrscheinlich richtet man noch größeres Unheil an, wenn man an diesem nun einmal eingewurzelten Zustande rüttelt. Ein fester Grundsatz ist in dieser Beziehung nicht aufzustellen, und wenn er aufgestellt werden könnte, würde er sich unaufhörlich wieder ändern. Die Wohnungẽepreise in den einzelnen Gemeinden sind so in gluß, hängen so von Zufälligkeiten ab, ändern sich von Periode zu Periode, daß ein festes gesetzliches System, das irgendwie diefen schwankenden Verhältnissen entsprechen könnte, nach unserer eberzeugung nicht gefunden werden kann. Würde das hohe Haus in dieser Beziehung uns feste Rathschläge geben, die praktisch zu befolgen sind, so wrde ich dafür dankbar sein, — wie gesagt, ich wünschte selbst, daß wir die Stellenzulagen nicht brauchten, sondern uns einfach nach dem Gesetz richten könnten, wenn wir nur dabei das Richtige träfen. Aber ich fürchte, es wäre eine Gesetzmacherei, welche, indem sie gleichmachen will, Ungleiches gleich behandelt und noch viel größere Ungleichheiten hervorruft. (Sehr richtig) Ich gebe ja zu, meine Herren, daß der Ersatz, den wir durch Stellenzulagen gesucht haben, in mancher Be⸗ ziehung mangelhaft ist; aber wir balten ihn für das geringere Uebel. Nun, meine Herren, sind die Stellenzulagen ja auch keineswegs neu. Der Herr Abg. Richter sagt: 26 Millionen, was will das bedeuten Vorher habe ich in der Presse gelesen — ich glaube, es war die Frei⸗ sinnige Zeitung“ —, welche mir vorwarf, ich wolle keine festen Gehalts ⸗ zulagen geben, sondern allez in das Ermessen der Behörden stellen, mit Stellenzulagen operieren und infolge dessen alle Beamten der Willkür unterwerfen. Jetzt auf einmal sagt Herr Richter 25 Millionen, was will das bedeuten, wie kann man damit die Ungleichheiten ausgleichen? Er vergißt aber, daß die meisten und namentlich die größten Ressorts schon lãngst solche Stellen · zulagen haben. Beispielsweise hat die Eisenbahn verwaltung, wenn ich nicht irre, schon bisher einen Betrag von fast 3 Millionen zu Stellen zulagen; für die ist dab, was sie hier bekommt, nur eine Ergãnzung. Aber, meine Herren, wir baben gerade vermeiden wollen, — und deswegen baben wir mitunter die Gehaltssãätze über den allgemelnen Bedarf erhöhen müssen, wir baben gerade vermeiden wollen, daß im wesentlichen der Beamte bloß von Zuwendungen der Vorgesetzten abhängt, statt seine Haupt⸗ quelle in festen Gehefffahen zu finden. Meine Herren, einer . Abgeordneien im Reichstage hat mir ein sehr richtiges Wort ie er sagte: Ich habe den Arbeitern im Westen erklärt: warum bee. ihr denn darauf, Staatsbeamte zu werden? dann werd
ihr nach einer allgemeinen Regel behandelt, , , en, weise, die den Durchschnitt vom ganzen Staat e , während, wenn ihr freie Arbeiter seid, ihr nach den hier ne,. Löhnen Vergütung empfangt; ihr thut sehr unrecht daran, wenn
immer dazu drängt, etatsmäßige Beamte zu werden. Und er sagte,
das hätte bei den Leuten durchgeschlagen. ̃ Meine Herren, so ist es auch. Wenn wir zu weit gehen in der
nach festen, unabänderlichen Regeln, so sind wir außer stande, und
wirthschafts kammern, namentlich in den Berathungen der Versamm— lung aller Landwirthschaftekammern unter dem Vorsitz des Herrn
erhaltung gerade des dortigen Kleinbesitzes,
das kann doch
keiner wird dat erfinden könen, auf dem Boden der staatlichen Ord⸗
Beilegung der Beamteneigenschaft für alle Thätigkeit für den Staat
ich ffer die muß ; narti itni Lande wirklich richtig zu treffen, und daher sollten wir vorsichtig sein und nicht permanent jedes Jahr 10 ooo, 20 000 neue Stellen schaffea; das gereicht auch den Bethei⸗ ligten in Wahrheit vielfach nur zum Schaden. Weiter sagt nun der Herr Abg. Richter, diese Verwendungen für Posen und Nordschleswig kämen ja der ganzen Bevölkerung zu gute, und insoweit könnte man nichts dagegen fagen. Er werde also für diese Posttion stimmen. Aber das könnte alles nichts helfen, wenn man die Gegensätze künstlich verschärfe. Meine Herren, wer hat denn die Gegensaäͤtze künstlich verschärft? (Sehr richtig) Ist das der Staat gewesen? Nein, meine Herren, sowobl in Posen als namentlich auch in Nordschleöwig haben wir es lange, lange Jahre mit der Milde versucht; wir haben alle die Agitationen gehen lassen lsehr richtig!), die doch direkt, meistens bewußt gegen den Zusammen⸗ hang mit dem preußischen Staat gerichtet waren. Und was ist hervorgetreten? Die Gegensätze sind dadurch immer schärfer geworden, es ist der Gegensatz gegen den preußischen Staat und das Deutschthum immer größer geworden, die Dreistigkeit der gegnerischen Agitationen ist immer mehr gewachsen, bis wir denn gegenwärtig haben beginnen müssen, uns zu vertheidigen. (Sehr richtig) Nun, meine Herren, wie vertheidigen wir uns? Im Ganzen doch mit der allergrößten Milde. Ueber die spezielle Frage der Auswelsungen werden wir uns wohl bei einer anderen Gelegenheit aussprechen können; es ist ja eine Interpellation gestellt. Aber im Großen und Ganzen, was thun wir in den gemischten Landestheilen? Wir fangen an, wie Herr Richter selbst anerkennt, mit Meliorationen und kulturellen Verbesserungen, welche der einen Sprache und dem elnen Volkstheile ebenso gut zu gute kommen, wie dem andern. Wenn wir in Deutschland so bescheiden sind, ja, dann möchte ich dem Herrn Abg. Richter rathen, mal eine Zeit lang nach Paris zu gehen (Heiterkeit), um zu sehen, wie da die fremden Nationa— litäten, wenn sie sich gegen den französischen Staat als solchen in ihren Agitatlonen richten, behandelt werden. (Sehr guth Aber, meine Herren, eine solche Abschwächung einer nothgedrungenen, sehr beschränkten, negativen, abwehrenden Haltung des preußischen Staats, eine solche Behandlung in der Presse — das sollten die Herren in den Parlamenten doch auch bedenken —, die schadet in der nicht besser unterrichteten öffentlichen Meinung der ganzen Welt ganz außerordentlich. (Sehr richtig) Diese nationale Zurückhaltung, die sich doch hütet, selbst wenn es sich um Blößen handelte, die sich der eigene Staat gäbe, diese dem Auslande gegenüber so scharf zu behandeln, diese Zurückhaltung werden wir erst noch lernen müssen in Deutsch2 land. (Sehr richtig!) Alle die älteren Nationen sind in dieser Beziehung uns weit voraus. (Sehr richtig! rechts) Wenn man den Widerhall gewisser Preßorgane im Auslande liest, ja, meine Herren, so kann man sich wirklich als Deutscher nicht des innersten Bedauerns ent⸗ halten, daß so elwas möglich ist. (Sehr richtig! rechts.)
Meine Herren, der Herr Abg. Richter ist nun gekommen auf die Uebertragung der Kompetenz der Wasserverwaltung auf ein anderes Ministerium. Ich gehe darauf zur Zeit nicht ein; ich will mich weder für noch gegen entscheiden, ich kann das auch nicht, weil die Frage im Staats⸗Ministerium noch nicht entschieden ift. Aber das muß ich sagen: die Petitionen, die wir massenhaft, meist übrigens nach einem Formular, bekommen, haben mir keine Belehrung gebracht in der Frage. Die Frage ist auch viel schwieriger, als daß man sie einfach zurückführen könnte auf den Satz: Die Schiffahrt ist die Hauptsache und die landwirthschaftliche Bedeutung des Wassers die Nebensache. Ich will aber tiefer auf die Sache nicht eingehen, sondern nur den Satz einmal aufstellen: wenn wir in Preußen unsere Kanäle aus— gebaut haben, unsere Flüsse vertieft haben — und wir sind mitten darin und nahezu meist bei der Vollendung —,, wird dann für die Zukunft die kulturelle Benutzung des Wassers für den Grund und Boden nicht immer von großer und sich stets verstärkender Be⸗ deutung sein? Man hat mal gesagt: die Kultur eines Volks läßt sich erkennen an der Masse der Seife, die das Volt verbraucht. Nein, meine Herren, die Kultur fast aller Völker spricht sich aus in der richtigen Verwendung des Wassers, das ist viel wahrer; und die kulturelle Behandlung des Wassers für die Landwirthschaft ist bei uns doch erst im Anfang. Wir haben früher nicht die ge⸗ nügenden Mittel gehabt; in dieser Beziehung werden wir noch ein weiteres Feld der Thätigkeit vor uns baben. Ich will damit, wie ich ausdrücklich sage, der Frage selbst in keiner Weise präjudizieren, mich weder für noch gegen sie aussprechen; aber den vorher angeführten Satz, der mir in jeder Petition ven Handelskammern und In dustriellen u. s. w. entgegengebracht wird, als eine absolute Wahrheit, den kann ich in keiner Weise als richtig anerkennen. (Bravo! rechts.)
Meine Herren, endlich habe ich mich dahin ausgesprochen: wenn der Staat neue Betriebe übernähme, so geschähe das in der Regel, nachdem die Privatunternehmer dem Staat die Wege gezeigt hätten; diese fingen zuerst an, und wo der Staat nachher einen solchen Betrieb seinerseits übernähme, würde ihm das um so leichter, je mehr die Privatthätigkeit ihm vorgearbeitet hätte. Ich sagte das, um so einigermaßen zu beruhigen über das neue Unternehmen, welches der Staat auf sich nimmt, nämlich die Berwaltung des Bernstein⸗ regals, wo ich ja vollkemmen anerkenne, daß dies eine Nothwendigkelt ist, wie die Dinge heute liegen, aber es doch immerhin seine Bedenken hat, einen solchen kaufmännischen Betrieb staatlicher⸗ seits zu führen. Was macht nun aus diesem einfachen Gedanken der Herr Abg. Richter? Er sagt, dieser Satz hätte ihn fürchterlich er⸗ schreckt. Der Herr Abg. Richter muß doch merkwürdig furchtsam sein, wenn er sich davor erschreckt. (Heiterkeit rechts) Aber er dreht die Sache um und sagt, erst käme die Privatunternehmung und dann käme der Staat und verstaatlichte alleß. Ich nehme natürlich an, daß der Herr Abg. Richter mich wirklich so verstanden hat, wie er es darstellt, ich glaube aber doch, daß er wohl der einzige im Hause ist (Heiterkeit rechts), der aus den einfachen vorangestellten Sätzen meiner Rede die Neigung ent⸗ nehmen kann, die ganze Privatindustrie zu verstaatlichen. Also auch in dieser Beziehung wird, glaube ich, der Eindruck der Rede des Herrn Abg. Richter sehr wenig Bedeutung haben, und ich wünsche nur, daß bei den nun kommenden Rednern der Etat so wenig An⸗ fechtung erfährt wie beim Herrn Abg. Richter. (Lebhafter Beifall und Händeklaischen rechts.)
Vize⸗Präsident Freiherr von Heereman bezeichnet das Hände⸗ klatschen als unzulässig. ö
I des Landtags wah
Land kann nicht nach der Schablone von Berlin erfolgen. Die Beispiele, die er 6 hat, kann man für das allgemeine Wahlrecht auch anführen; denn es ist doch ein Unsinn, daß ein Mann wie Krupp bet der Reichstagswahl auch nur eine Stimme hat, wie jeder fünfundijwanzigiährige junge Mann. Be züglich des Etats bin ich mit dem Finanz Minister einverstanden. * n . sieht glänzend aus, weil wir eine Steigerung des Verkehrs haben.
er die Einnahmen beruhen auf schwankenden Positionen. Bei günstigen Konjunkturen steigen die Einnahmen aus den Forsten, Eisenbahnen, Bergwerken und indirekten Steuern; aber bei schlechten Konjunkturen fallen sie auch ebenso rasch; wir haben demgegenüber fast gar keine mobilen Faktoren, außer beim Extlraordinarium, welches nur 6 pCt. beträgt. Die Parlamente sind keine Beförderer der Sparsamkeit; im Gegentheil, sie machen den Wettlauf der Interessenten mit und ver⸗ langen ständig neue Ausgaben. Der alte absolute preußische Staat war viel sparsamer als der varlamentacische Staat. Durch die Be⸗ willigung übernimmt der Landtag die Verantwortung. Aber dadurch hat sich die Verantwortung vollständig verflüchtigt, daß die Veranschlagungen in seltenen Fällen das Richtige getroffen haben. Wir batten 1887 einen Anleibhebedarf von 14 Millionen vorgesehen und endeten mit einem erheblichen Ueberschuß. So ist der Etat jetzt schwer zu beurtheilen. Ebenso liegt es mit den Beziehungen zum Reiche. Die Versuche, diese Beziehungen zu regulieren, sind gescheitert an der Tendenz der Masorität des Reichstages, in jedem Jahre nach Belieben zu schalten und zu walten. Im Reiche tilgt man jetzt die Schulden nicht mit i Einnahmen, sondern aus den Taschen der Einzelstaaten. rfreulich ist es, daß die Eisenbahnverwaltun im Herbst durch richtige Vorkehrungen es dahin gebracht bat, daß ein Wagenmangel nicht. eingetreten ist. Ich bin von meinen Freunden beauftragt, dafür ausdrücklich unseren Dank auszusprechen. Wir haben eine bessere Eisenbahnverwaltung als irgend ein anderes Land; wir sollten damit zufrieden und stolz darauf sein. Redner geht dann auf einige Einzelheiten des Etats ein und führt aus: Wenn die Verstaatlichung der Bernstein⸗ gewinnung zu Schwierigkeiten führt, so liegt das an den Debatten dieses Hauses. Ez werden allerdings statt 700 000 . 999 900 60 Ein⸗ nahmen in Aussicht gestellt, aber davon gehen die Zinsen für das Ankaufskapital ab; wenn einige schöne Reden ungehalten geblieben wären, so wären wir nicht in die Lage gekommen, die Bernsteingewinnung zu verstaatlichen. Wenn Herr Richter den Rückgang der Pachtgelder um 220 nicht für ein Zeichen der Nothlage der Landwirthschaft hält, so ist ihm nicht zu helfen. Sind die Preise auch etwas höher, so bringen sie doch der Landwirthschaft noch immer nicht die Rente welche der Industrielle als normal und selbstverständlich ansieht. Ich hoffe, daß die Reichsregierung in der Lage sein wird, dem Auslande gegenüber die Interessen der Landwirthschaft zu vertreten. Leicht wird es ihr nicht werden, denn man ist bisher gewohnt, von uns Kon— zessionen zu erbalten. Ich freue mich, daß der Landwirthschafts⸗ Minister sich so energisch für die Abhaltung der Seuchengefahr ausgesprochen hat. Für die auswärtige Politik ist ja die Ver⸗ tretung dieser materiellen Interessen nicht leicht, denn die Divlcmaten verstehen von der Landwirthschaft meist wenig; aber ich hoffe, daß die Leitung unserer auswärtigen Politik die Bedeutung der Landwirthschaft erkennen wird. Das war der Vorzug des Fürsten Bismarck, daß er Landwirth war, ehe er Diplomat und auswärtiger Minister wurde. Dem Zuzug der Ar⸗ beiter in die großen Städte sehen wir mit großen Bedenken zu, nicht bloß weil uns die Arbeiter fehlen, sondern weil bei einem Rückschlage die untauglichen Elemente wieder aufs Land zuückkommen. Ich habe mich daruber gefreut, daß die Regierung den Wünschen, Arbeiter ausschüsse einzusetzen, entgegengetreten ist, denn solche Organisationen werden nur benutzt, um für die Sozialdemokratie einen festen Grund stock zu bilden; sie kommen nur den Agitatoren zu gute. Es erweckt unsere Befriedigung, daß die Beamtenbesoldungen verbessert werden. Ich wünsche, daß die Beamten sich nun zufrieden geben und mit ihren Eingaben nachlassen; denn es entsteht sonst die Gefahr, daß selbst berechtigte Forderungen in dem großen Schwall untergehen. Ich nehme an, daß jetzt ein Abschluß gekommen ist. Die Forderungen für die Provinz und die Stadt Posen erfreuen uns ebenfalls. Wir erkennen an, daß die Pflege der idealen Zwecke zum Ausgleich der nationalen Gegensätze führen wird; in diesem Sinne werden wir dafür stimmen. Die Erfahrungen, die wir mit dem Kanalbau gemacht haben, sind nicht er— freulich. Selbst der Nord ⸗Ostsee⸗ Kanal bringt nicht einmal eine genügende Verzinsung. Wenn neue Kanalvorlagen ge⸗ macht werden, werden wir mit der größten Vorsicht vorgehen müssen. Eine prinzipielle Gegnerschaft gegen die Kanäle findet sich guf unserer Seite nicht. Aber wir können dabei die finanziellen Gesichtspunkte nicht außer Acht lassen und müssen auch daran denken, daß die Kanäle den Eisenbahnen Konkurrenz machen. Was würden die In⸗ dustriellen sagen, wenn die Eisenbabnen nicht leistungsfähig wären zu der Zeit, in welcher die Kanäle zugefroren sind? Wir müssen ver— langen, daß die Kanäle das Anlagekapital verzinsen, und daß die Anlieger zur Herstellung derselben in ausreichendem Maße bei⸗ tragen. Die Gründung eines Bauten⸗Ministeriums ist von wesent⸗ licher Bedeutung. Herr Richter meint, daß wir ein agrarisches Bauten⸗Ministertum wünschen. Der gegenwartige Landwirthschafts⸗ Minister ist aber bekanntlich ein eifriger Förderer des Mittelland⸗ kanals. Wir wünschen nur, daß das Bauten- Ministerium mit dem praktischen Leben zusammenhängt. Der Ober -⸗Präsident von Schleswig wird auf das heftigste angegriffen wegen der Aus— weisungen. Wir werden bei der Interpellation darauf näher eingehen, aber im Großen und Ganzen will ich nur sagen, daß wir einstimmig hinter der Politik der Regierung stehen, daß wir sie für eine richtige, nicht für eine grausame, sondern für eine humane halten. Die Ansichten der freisinnigen Presse können wir nicht als nationale anerkennen. Es ist dieselbe Tendenz, welche das Fremde dem Inländi⸗ schen vorzieht. Die frühere Rücksichtslosigkeit Dänemarks hat Niemand getadelt. Wir wollen die Dänen nicht unterdrücken, wir erwarten aber, daß nicht von Jütland aus Bestrebungen gefördert werden, die auf die Los trennung dieser Landestheile von Deutschland zielen. Ihre Sprache und ihre Eigenthümlichkeiten läßt man den Dänen, sie sollen nur auf ihre dänischen Agitatoren verzichten. Man möge eine wohlwollende und stetige Politik in diesen Dingen verfolgen. Was ich ausgeführt habe, schließt sich nur an die Gedanken des großen Staatsmannes an, er err verloren haben. Er hat die Deutschen nationales Denken gelehrt.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse: Meine Herren! Ich bin nicht in der Lage, in der der Herr Finanz⸗Minister war, dem Herrn Abg. Richter für das, was er in Bezug auf mein Ressort gesagt hat, danken zu können; denn er hat mich in allen Punkten angegriffen. Nun haben wir uns sonst wohl bei der ersten Lesung des Etats in der Regel mit solchen Einzel⸗ heiten hier nicht beschäftigt; indeß das ist nicht meine Sache, sondern das ist die Sache des hohen Hauses. Ich glaube aber, daß ich der Regierung etwat vergäbe, wenn ich nicht auf einige Punkte, die der Herr Abg. Richter berührt hat, eine Antwort geben würde. Ich bin bereit und im stande, auf alle Ausführungen des Herrn Abg. Richter hinsichtlich meines Ressorts eine Antwort zu geben, und, wie ich hoffe, dem hohen Hause darzuthun, daß ich gesetzmäßig, verfassungsmäßig und gewissenhaft gehandelt habe. Ich werde aber zur Zeit nicht auf alle Punkte eingehen, sondern mich mit Rücksicht auf die geschäftliche Lage so kurz wie möglich zu fassen suchen.
Meine Herren, der einzige Punkt aus den Ausführungen des Abg. Richter über mein Ressort, welcher mit den großen Gtats— fragen, die doch in der ersten Lesung des Etats den Ausschlag geben, etwa zusammenhängen könnte, ist die Klage darüber, daß die Staats⸗
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.) wendet sich gegen die Au gsahren n des Abg. Richter und Herlz. Die Neuordnung
Volksschule vorgelegt hat. Hierüber glaube ich allerdings dem hohen Hause eine Auskunft schuldig zu sein.
Ich erkenne, und mit mir die Königliche Staatsregierung, voll⸗ ständig an, daß die Zustände auf dem Gebiete der Unterhaltungspflicht der Volksschule, die großen Verschiedenheiten in der Belastung und die Geltung verschiedener Rechtssysteme nebeneinander zu Ungzerechtigkeiten und Unzuträglichkeiten führen, die eine Aenderung und zwar eine Aende⸗ rung im Sinne der Gerechtigkeit dringend wünschenswerth machen. Ich habe, auch abgesehen von dieser Erkenntniß, noch besondern Anlaß gehabt, mich mit der Frage zu beschäftigen. Ich bin vom Herren haus sehr dringend aufgefordert worden, und auch aus diesem hohen Hause sind ähnliche Anträge an mich gelangt, mich wenigstens für eine Provinz, für die Propinz Schlesien, wo die Mißstände am fühl⸗ barsten hervortreten, für eine gesetzliche Aenderung zu engagieren.
Nun, meine Herren, für eine einzelne Provinz die Schul⸗ unterhaltung gesetzlich zu regeln, hat sich nach sorgfältiger Erwägung, nachdem ich für die Provinz Schlesien Grundzüge auf gestellt, sie Vertrauenepersonen aus der Provinz mit- getheilt und mich überzeugt habe, daß zu ihrer An⸗ nahme seitens des Provinzial⸗Landtages keine Aussicht war, als unmöglich herausgestellt, und zwar unmöglich aus ifolgendem Grunde. Die gesetzliche Regelung der Schulunterhaltungspflicht ist nur auf zwei Wegen ausführbar: entweder mit einer erheblichen
taatsunterstützung — macht man sie auf diese Weise, so kann man nicht einer einzelnen Provinz vorweg die bedeutenden Staats mittel zuweisen —, oder ohne eine Staatsunterstützung durch eine ein⸗ fache Umrechnung der jetzigen Lasten, was, nebenbei ge— sagt, namentlich bei Einführung des kommunalen Prinzips zu Schwierigkeiten führt, von denen vielleicht viele Herren, die für ein Schulunterhaltungepflicht⸗Gesetz schwärmen, keine Ahnung haben. Führt man die Regelung ohne Staatsunterstützung durch, so muß man die Gutsbezirke und zum theil auch die politischen Ge⸗ meinden in einer so starken Weise belasten, daß es wieder unmöglich ist, für eine Provinz von den Gemeinden und Gutsbezirken die Uebernahme so erheblicher Lasten zu verlangen. Das ist der Grund, weshalb es für die Provinz Schlesien nach sehr sorgfältiger Ueber legung von uns abgelehnt ist, den Weg provinzieller Gesetzgebung zu gehen.
Nun könnte man sagen, ich hätte ja mit einem allgemeinen Schulunterhaltungs⸗Gesetz vor dieses hohe Haus treten können. Es ist auch eins fertig. (Abg. Rickert: Hört, hört) Ich habe mich mit der Sache aufs allereingehendste beschäftigt, aber das habe ich doch bei der Beschäftigung mit dieser Materie erkannt, daß, wenn man dem hohen Hause ein solches Gesetz vorlegen will, die Rückwirkung desselben auf die jetzige und zukünftige Belastung mit Schullasten auf das eingehendste dargelegt werden muß. Und dazu bin ich gegenwärtig außer stande. Denn das Lehrer⸗ besoldungs ⸗ Gesetz, welches die Belastung in vielen Punkten verschoben hat, ist eben erst durchgeführt, und auch das noch nicht einmal ganz vollständig; es schweben noch eine Reihe von Fällen in den Beschlußinstanzen. Also, meine Herren, es war unmöglich, Ihnen einen Gesetzentwurf vorzulegen, ohne gleichzeitig die rechnungsmäßigen Unterlagen zu geben, auf Grund derer Sie hätten ersehen können: was können wir den Gemeinden und Guts bezirken noch auferlegen und was nicht, und inwieweit ist seitens des Staats helfend einzutreten. Diese rechnungsmäßigen Unterlagen aber kann ich noch nicht geben. Das ist der entscheidende Grund. Und ich glaube, sehr loyal gehandelt zu haben, daß ich diesem Grunde Rechnung getragen habe, und daß ich nicht zur Unzeit, ledig lich um den Schein zu erwecken, daß ich dem vom hohen Hause hier ausgesprochenen Wunsche nachkommen wollte, Ihnen einen Entwurf vorgelegt habe, von dem ich selbst überzeugt sein mußte, daß er noch nicht genügend vorbereitet wäre. Es liegen aber auch noch andere Gründe vor. Wir haben vor 2 Jahren das Lehrer- besoldungs ⸗ GGesetz gemacht, im vorigen Jahre das Pfarrer⸗ besoldungs⸗Gesetz. Ist es denn wirklich nöthig, daß wir jedes Jahr mit solchen großen und umfassenden Sachen kommen? Haben denn nicht auch die Kräfte unserer Ausführungt⸗ behörden in der Provinz ihre Schranken? Wie sollen denn die Regierungen in der Lage sein, während sie noch mit dem Lehrer und Pfarrerbesoldungs ⸗Gesetz beschäftigt sind, auch noch ein neues Schul⸗ dotations ⸗Gesetz durchzuführen? (Sehr richtig Das sind doch auch berechtigte Erwägungen. Und wir selbst ersticken ja in neuen Sachen; es kann doch auch einmal ein Jahr der Ruhe eintreten. Ich will nicht tiefer auf die Frage eingehen. Die angeführten Gründe waren für mich bestimmend, diesen Standpunkt einzunehmen, obwohl ich mir bewußt war, daß ich daraufhin hier angesprochen werden würde.
Nun hat der Herr Abg. Richter noch eine Reihe von Dingen berührt, von denen ich nur diejenigen herausheben will, die in der öffentlichen Meinung und der Presse als die allerkriantesten behandelt werden. Mit dem Etat hängen sie sehr wenig zusammen. Wenigstens für mich ist es ganz unerfindlich, was es mit dem Etat zu thun haben soll, wenn eine Schulvorsteherin im Westen von Berlin, der die Konzession zur Errichtung einer Privatschule, sei es einer konfessionellen oder einer nicht an Bedingungen geknüpften Privatschule, ertheilt ist, zu der Erkenntniß kommt, es liege in ihrem und im Interesse der Privatschule, jüdische Kinder in dieselbe nicht mehr zuzulassen. Aber abgesehen davon, habe ich zunächst gar keinen Anlaß, in diese Dinge hineinzuregieren. Es wird hier immer so viel geklagt, und nicht zum wenigsten von jener Seite (nach links), daß wir zu viel regieren. Ja, meine Herren, was habe ich denn für einen Anlaß, ohne daß Beschwerden an mich herangekommen sind — und es ist bis jetzt meine Entscheidung in dieser Sache überhaupt nicht angerufen —, einer Schulvorsteherin vorzuschreiben, ob sie Kinder der einen oder der anderen Konfession aufnehmen soll oder nicht? Ich will nur Folgendes mittheilen
Nicht zu mir, aber zu einem Herrn meines Ministeriums ist eine Schulvorsteherin gekommen und hat ihm erklärt: Ich habe die Konzession zur Errichtung einer höheren Töchterschule ohne Rücksicht auf Kon- fessionen; es ist mir keine Bedingung auferlegt. Meine Schule besuchen auch jüdische Schülerinnen. Jetzt kommen die christlichen Eltern und sagen: Der jüdische Geist in dieser Schule wird uns jetzt so überwiegend, daß wir unsere Kinder von Dir wegnehmen, wenn Du künftig noch jüdische Schülerinnen aufnimmst. (Zurufe.) — Ja, meine Herren, das ist eine einfache Thatsache, die ich referiere. Die Schulvorsteherin hat gesagt: ich bin in einer schlimmen Lage; denn wenn ich die jüdischen Kinder zurückweise, nehmen die jüdischen Eltern ihre Kinder
regierung nicht einen Gesetzentwurf über die Unterhaltungspflicht der
zurück, und wenn ich die jüdischen Kinder aufnehme, dann nehmen die