1899 / 24 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jan 1899 18:00:01 GMT) scan diff

. bestehenden Korporationen in ihrem farbenprächtigen ichs im großen Lichthofe des Museums aufgestellt und ge⸗ leiteien von hier aus den feierlichen Einzug der Festversamm⸗ lung in den eigentlichen em das im Schmucke der studentischen Fahnen und frischer Blumengruppen prangende Auditorium J. Unter einem schwer herniederwallenden Baldachin erhob sich hier, der ,, des Tages Genn inmitten immergrüner Gewächse die Ren oed f einer Masestäͤt. Nach dem Vortrage des von Studierenden der Hochschule ge⸗ sungenen Liedes „Gebet für den Kaiser“ von a gab der Rellor, Geheime Regierungs⸗Nath, Professor Lr. elbrück, in kurzen Zügen einen Ueberblick über das Leben der Hoch⸗ schule im letzten Jahre, worauf Professor Dr. Zuntz die von ihm verfaßte Festrede: „Leistungen und Aufgaben der Thierphysiologie im Dienste der Landwirthschaft“ hielt (s. u). . dem von dem Festredner auf Seine Majestͤt ausgebrachten Hoch, in welches alle Anwesenden begeistert ein⸗ stimmten, ertönte der Schlußgesang: „Gebet für Kaiser und Reich“ von Lwoff, womit die Feier ihren würdigen Ab⸗

schluß fand.

Auch die Königliche Berg-Akademie beging den Allerhöchsten Geburtstag bereits gestern Mittag in ihrer mit Laubgewächsen und der Büste Seiner Majestät des Kaisers geschmückten Aula. Zu beiden Seiten der Büste hatten der Ausschuß der Studierenden und die Chargierten der akademischen Vereine in Bergmannstracht Aufstellung genommen. Militär⸗ musik eröffnete die Feier. Die Festrede des Professors Schneider behandelte die Geschichte der Meßkunst.

Die ersten Anfänge derselben ftammen, wie der Redner ausführte, noch aus vorhistorischer Zeit. Das älteste Meßinstrument ist der Gnowon, ein fenkrecht gestellter Stab von bestimmter Länge, dessen Schattenwurf auf horizontaler Ebene die Nordrichtung, die Polhöhe und die Schiefe der Eklipiik angab. Im alten Egvpten treten die erften Feldmeffer auf, auch unter David und Salomo waren solche thätig. Die ersten Spuren markscheiderischer Thätigkeit zeigt ein in Museum von. Turin aufbewahrter Papyrus aus der Zeit des egyptischen Königs Meneptah (1400 v. Chr.). Im übrigen ist Heron von Alexandrien (200 v. Chr.) als der Stammvater der Markscheidekunst anzusehen. Der Renner edachte ferner der erstaunlich genauen Meridianbogenmessungen der

raber im 9. Jahrhundert, der für die Markscheidekunst, wie für den Seeverkehr gleich wichtigen Erfindung der Bussole durch Gioja, des Jacobstabes, der im 14. Jahrhundert namentlich bei Messungen der Höhe von QObjekten eine Rolle spielte, des 109 Jahre später von Agricola beschriebenen Bergkompasses, der den mit ibm arbeitenden Markscheider in den Ruf des Schwarzkünstlers brachte, und der im Jahre 1580 gelungenen Eifindung des Mehß— tisches, der solort große. Verbreitung fand, während die gleichzeitig in England auftretenden theodolitartigen Instrumente viel weniger rasch Eingang in die Meßkunst fanden bis erst die Er⸗ sindung des Fernrohrs (1608) auch sie zu boher Bedeutung hrachte. Der Redner wies ferner hin auf die Geschichte der Erdmessungen, deren wissenschaftliche Verwertbung erst möglich wurde nachden: Gauß und Legendre die Gesetze der strengeren Fehlerausgleichungen erdacht batten. Unter den vielen Landesaufnahmen besprach der Redner schließlich vor allem diejenige Preußens, indem er Lie damit ver⸗ bundene umfangreiche Arbeit bhervorhob. Mit einem begeistert auf⸗ 6 Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König schloß e Rede.

Um 5 Uhr Nachmittags beging die Königliche Akademie der Wissenschaften die Feier des Geburts— tages Seiner Majestät des Kaisers und Königs durch eine öffentliche Festsitzung. Ueber dieselbe werden wir noch nach⸗ träglich berichten.

Am Abend um 6 Uhr fand die Feier der Technischen a. statt. Die Aula war von einer glänzenden stversammlung gefüllt, deren Rahmen Studierende im Vichs mit den Fahnen der akademischen Korporationen bildeten. Beethoven's Hymne „Die Himmel rühmen leitete die Feier ein. Die dann folgende Festrede des Rektors, Professors Göring behandelte „die verschie denen 2 und Zwecke des Eisenbahnwesens“ ( u.). tach dem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser schloß die Feier mit abermaligem Chorgesang.

Die von der Akademie der Künste zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs heute Vormittag abgehaltene Festsizung wurde mit den feierlichen Klängen einer Ouvertüre von Händel, unter Leitung des Kapellmeisters der Akademie, Professors Dr. Joseph Joachim, eröffnet. Hierauf nahm der Direktor der National⸗Galerie, Professor Hr. von Tschudi das Wort zur Festrede über das Thema „Kunst und Publikum“.

Die Kunft, so etwa äußerte sich der Rerner, bedarf weniger des Hintergrundes bedeutender Ereignisse als der Unterlage materiellen Woblstandes. Nicht der politische, sondern der wirthschafrliche Auf⸗ schwung des Deutschen Reichs batte einen entwickelungsfrischen kunst lerischen Betrieb gezeitigt. Das moderne Kunstpublikum ist ausgedebnter als ju irgend einer Zeit. Seine Entftehung bängt mit den sozialen Umwäljungen zusammen, die am Ende des vorigen Jahrhunderts neue und breite Volksschichten dem öffentlichen Leben zuführten. Es trat an Stelle des bisberigen kleinen, aber durch traditionelle Ge⸗ wöhnung künftlerisch sehr emränglichen, von den herrschenden Kreil en gebildeten Pablikums. Die fehlende Fuüblung jwischen Produzierenden und Konsumierenden macht sich auf den Ausstellungen, die diesem Uebelstand abhelfen sollen, duich das Mißverbältniß zwischen Angebot und Nachfrage empfindlich bemerkbar. Die Schuld liegt weniger an der Uebeiproduktion, da es ja meist gerade nicht die besten Werke sind, die gekauft werden, als an dem Mangel an künstlerischer Kultur beim Publikum und dem feblenden B dürsniß, mit Kunst in dauernde . zu treten. Mancherlei Umstände erschweren es dem Publikum, zum Verfständniß känstlerischer Erscheinungen ju gelangen. Man äbersieht, daß das äfthetische Genießen, wie bei der Tonkunst das musikalische Gebör, so in den bildenden Künsten eine entsprechende Anlage des Auges zur Voraussetzung hat. Doch auch die vorhandene Begabung bedarf noch erft der Heranbildung zur vollen Fähigkeit des Nachempsęindeng. Der sicherste Weg: wiederholtes vorurtbeilsloses Anschauen des Besten. Hinderlich wirken die mißverstandenen Nebenbedeutungen, die sehr berechtigten Forderungen, wie sie der Nationalitãt, dem Idealismus, der Schönheit, durch einseitige Betonung des Inbaltlichen auf Kosten kũnstlerischer Gestaltung beigelegt wer den. Vor allem verbreitet ist die Verwechslung bes Naturschönen mit der lünftlerischen Schönheit. Alles Neue, das die Kunst schafft, nifft beim Laien auf Wider⸗ spruch. Jede malerische Enmwickelung ist eine naturalistische Die verfeinerte und erweiterte Naturanschauung tritt in Widerstreit mit der dem Publikum geläufigen Art, die Natur zu sehen. Doch ist es nur eine Frage der Zit, big die neue Anschauung wie den Künstler, jo auch den Laien unter ihren Bann jwingt Eine naturaliftijche Richtung ist immer unwiderfteblich Was aber das große Publitum schwerer, vielfach nie zu erfafsen dermag, ist nicht senes Nene, das auf dem Wege einer fortschreitenden Kunft⸗ entwickelung, sendern das im individuellen Ausdruck der künst⸗ lerijchen Persõnlichkeit 1 Je stärker diese ist, um so mebr erhebt sie sich aber den Durchschnittsgeschmack. Daher die traurige Er⸗

scheinung, daß die großen Meister zu keiner Zeit einsamer and unver⸗ sfandener waren, alg in diesem Jahrhundert dez großen Publikumg. Auf ihnen aber beruht Werth und Bedeutung jeder Kunstepoche. Umsomehr tritt an die Wenigen, denen die Empfindung bag gegeben . Aufgabe heran, alle Kraft für die Förderung des esten ein⸗ zusetzen.

Mit einem von Professor Heinrich Freiherrn von Herzogen⸗ berg komponierten e fle is!. 5 der Festakt.

Die Universität beging den m, n. Majestãt heute Mittag mit einem 34 in der mit der Büste des Kaisers und Blumen reich geschmückten Aula. Zu der Feier waren die

Ministerial⸗Direkloren D. Dr. von Bartsch, Pr. Althoff und

Dr. Kuegler mit mehreren Räthen vom Ministerium der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten sowie zahlreichen anderen Ehrengästen erschienen. Der akademische Gesangverein eröffnete die Feier mit dem Hymnus „Salvum fac regem“ Die in. des Professors Dr. 8 behandelte „die Aufgaben der Biologie, der Wissenschaft vom Organismus, und ihre Stellung zu anderen Wissenschaften, speziell auch zur Sozi alwissenschaft“, durch deren Berücksichtigung die Rede eine weit über das rein fachmännische Interesse hinaus⸗ gehende Bedeutung gewann.

Professor Hertwig erinnerte einleitend an August. Böch, der an derselben Stelle den Staat als eine Einrichtung charakterisiert habe, in welcher die ganze Tugend der Menschheit sich verwirk⸗ sichen solle, und an Curtiuß, der den Staat als das böchste Kunstwerk geyriesen, das die Menschen mit einander zu stande bringen können, und betonte, daß auch der Biologe von verwandten Gedanken getragen werde, wenn er in dem Staat eine höchste Art von Organismus erblicke, in welchem die Menschen zu einem höberen sittlichen Gesammtleben, zu höheren Aufgaben und zu böheren Zielen verbunden sind derart, daß erst dadurch menschliche Tugend und Be⸗ gabung sich zu voller Blüthe entfalten können. Der Redner ginz dann zu seinem Thema über und schilderte zunächst die Forschungs« gebiete der Biologie, die nach drei Richtungen hin Angriffs punkte für Untersuchungen darbieten: nach der cemisch, nach der physikalisch. und nach der angtomisch- biologischen Richtung. Da jeder Organismus aus Stoffen oder Liel⸗ mehr aus sehr vielen chemischen Verbindungen bestebt, gebört er als Forschungkobjelt zunächst der chemisch⸗biologischen Richtung an: einer Richtung der Forschung, die durch das Genie eines Lavoisier, eines Liebig gewaltige Fortschritte gemacht und der sich in unseren Tagen durch Hasteur und Koch ein ganz neues Feld eröffnet habe, einer Richtung, die endlich in dem besonderen Zweige der Mikrochemie zwar noch im ersten Werden begriffen ist, aber auch bier reiche Früchte für die Zukunft verspricht. Da aber aach die Organismen dem Gesetz ven der Erhaltung, der Kraft unterworfen sind, hat auch der biologische Physiker in das Wesen der Lebensprozesse forschend einzudringen. Bas Leben ist aber nicht etwa, wie eine Richtung der Wissenschaft meint, nur einfach ein chemisch - pbysikalisches Problem, der lebende Organismus ist nicht nur eine Zusammensetzung chemischer Stoffe und ein Träger physikalischer Kräfte, er bestebt vielmehr aus einer be— stimmten, nur den Lebenzträgern eigenthümlichen Art von Orga— nisation, durch die er sich von den unorganischen Wesen ganz wesentlich unterscheidet und vermöge deren er auch allein als be⸗ lebt bezeichnet werden kann. Um dies verständlich zu machen, verglich der Redner den lebenden Organismus mit einer Maschine; obgleich diese aus Stoffen besteht, wie sie auch sonst in der Natur sich finden, und obgleich alles mit natürlichen Kräften vor sich geht, bietet sie dennoch Probleme dar, die über die gewöhnliche Aufgabe des Chemikers und Physikers hinausgehen. Das, was hier der Maschinen- Ingenieur gethan, das ift bei der Erklärung des lebenden Organismus die Aufgabe des anatomischen Biologen, deren Charakterisierung sich nunmehr der Redner zuwandte. Mit der Darlegung dieser Aufgabe der anatomischen Biologie gewann er zugleich aber auch die Anknüpfung an die Sozialwissenschaft. Auch der Staat laßt sich, wie er eingebend ausführte, mit einem lebenden Organismus vergleichen, auch der Staat ist aus vielen verschieden funktionierenden Organen zusammengesetzt, auch er hat seine eigen Art von Leben, er reagiert in einer schwer voraus zu bestimmenden Weile auf diese oder jene Eingriffe, entwickelt und verändert dabei seine Organisation, er⸗ reicht seine Blüthezelt, um dann zu altern und schließlich, wie alles Gadliche,; auch einmal zu verfallen. Seit einem Jahr⸗ bundert befinden wir unk, zunächst in den europäischen Kulturländern, in einer Perisde rascheren Flusses, in der sich gewaltige Kräfte regen und zu neuen Gestaltungen drängen. Das naturwissenschaftliche Zeit- alter mußte naturgemäß auch das soziale werden; in dem einen Falle nennt man es nach den Ursachen, welche in das moderne Wirthschafts⸗ leben so mächtig umgestaltend eingegriffen haben, in dem andern faßt man eine der mächtigsten und interessanteften Wirkungen in das Arge, welche die neu eingetretenen Ursachen in der menschlichen Ge⸗ sellschaft wachgerufen haben. Während Viele in den sozialen Er= scheinungen der Gegenwart eine ernstliche Gefahr für das Wohl und die Zukunft des Stans erblicken, wollen wir nie vergessen, daß da, wo Fortschritt Kattfiaden soll in einem Staats organi?⸗ mug, sich auch Kräfte regen müssen, die zu weiterer Ent- wicklung drängen. Selbst. unklare Hoffnungen und Wünsche, selbst soziale Utopien können sich im allgemeinen Ent⸗ wickelungẽsproßsse unter Umständen auch als wirksame und dem Staatewobl förderliche Fermente erweisen, wenn sie in richtige Bahnen gelenkt werden Bei allen organiichen Entwicke lungeprozessen gebt der Differenzierung des Körpers in verschieden funktionirende Theile der Prozeß der Integration, der Unterordnung der Theile unter die Herrschaft des Ganzen, parallel. Je mehr in dem sich diff, renmierenden und komplizierter werdenden Wirtbschaftsprozeß und in dem komplizierten Beistsleben der modernen Kultur der Einzelne nur einen kleinen Theil Funktionen verrichtet, um so mehr ist er zur Erhaltung seiner Existenz vom Ganzen abhängig geworden. Daraus erwachsen nun freilich auch dem Ganzen, dem Staat, sittliche Verpflichtungen und schwierige Auf⸗ gaben einer gerechten Sozalpolitik. Wie dieselben zu löfen sind, sind die Sorgen der Gegenwart und die Räthsel der Zakunft. „Wir aber wollen an der Hoffnung fesihalten, daß unser Reich aus dem natur⸗ wissenschaftlichen so ialen Evolutioneprozeß unserer Zeit geläutert und gekiäftigt hervorgebe, und ju dieser Hoff nung berechtigt ung nicht nur unser fleißiges intelligentes Volk, dazu berechtigt uns auch unser Kaiser, der von Anfang an der sozialen DOrganisation das wärmste Interesse entgegengebracht. Der Redner schloß mit dem Wunsche: ‚Goit erhalte und schütze Seine Majestät den Kaiser Wilhelm und segne zum Heile unseres großen deutschen Vaterlandes Sein Königlickes Amm!?—.

Die Feier schloß mit dem Liede Deutsches Land, Gott segne Dich!“

Der von der Thie rärztslichen Hochschule abge⸗ haltenen Feier des Geburtstags Seiner Majenät des Kaisers wohnten in der reich geschmückten Aula in Vertretung des Ministers für Landwirthschaft 2c. der Unterstgatesekretär Sterneberg mit mehreren vortragenden Räthen des Ministeriums bei. Das Militär⸗Veterinärwesen war durch den JInspekteur Obherstleutnant Freiherrn von Beaulien⸗Marconnay und andere Offiziere sowie Korps⸗Roßärzte vertreten. Nach dem Gesange des Chorals „Lobe den Herren“ nahm der Dozent Dr. phil. et med. Eberlein das Wort zur Festrede Die Geschichte der preußischen Pferdezucht und deren Beziehungen zur Thierheil kun de“ 9. u.). Nachdem das Hoch auf Seine Majestät den Kaiser verklungen war, schloß der Fest⸗ alt mit dem Gesange des niederlandischen Liedes Wir treten zum Beten!

Den höheren Schulen der Stadt, die heute mit allen übrigen Lehranstalten den Geburtstag Seiner 3 des Kaisers und Königs . begingen, hat Seine Majestat Exemplare des Bucht . Heutschlands Seemacht font und jetzt⸗ von Wielscenug alt Prämie für Je einen würdigen Schuler überweisen lassen. Die Ueber. gabe diefer Prämie, welche von den Direltoren selbst volliogen wurde, bildete den Höhepunkt der heutigen patriotischen earl n, die ũberal einen glänzenden Verlauf nahmen. Im Friedrich Wilhelma. Gym nastum sprach nach Deklamationen und Gesängen der Schüler unter der Leitung des Professors Hoff mgnn der Oberlehrer Dr. Schaar über den Prinzen Adalbert von Preußen, im Königlichen Französischen Gymnasium der Oberlehrer Dr. Sydow über die e. inareise Seiner Majestät des Kaisers, im Luisenstädtischen

ealgymnastum der Oberlehrer Fischer über die Aufgaben des deutschen Volkes, im Königftädtischen Gymngsium der Oberlehrer Dr. Karbe über das Königliche Schloß in Berlin, vor den oberen Klassen des Königlichen Luisengymna—⸗ siums der Oberlehrer Dr. Ulich über die Heeresorganisatian Kaiser Wilbelm's J. (den unteren Klassen legte Br. Groth die Bedeutung des Tages dar), in der Friedrichs ⸗Werderschen Ober⸗Realschule der Professor Br. Fieberg über die Entwickelung Berlins unter dem Kaiserreich, im Köllnischen Gymnasium der Oberlehrer Hr, Häntzschel über unsere Pioniere und Ingeniture im Kriege 1870j71, im Askanischen Gymnasium der Professor Dr. Dahms über die Förderung der bildenden Kunft durch die Hohenzollern, namentlich durch Seine Masestät den Kaiser Wilhelm II., unter besonderer Berücksichtigung der Ver⸗ schönerung, die Berlin ihrer Anregung zu verdanken hat, und im Humboldt Gymnasiui, wo das „Halleluja“ aus Händel's Messias die Feier er⸗ öffnete, der wissenschaftliche Hilfslehrer Schulß über das Frankfurter Parlament. Ein großes Schauturnen veranstaltete aus Anlaß des heutigen Festes das Königstädtisch᷑ Realgymnasium in seiner Turn⸗ halle. Die Schule führte in vier Abtheilungen Uebungen und Spiele vor, dann turnten die Vorturner; die Ansprache hielt der neue Direktor, Professor Dr. J. Lange. Im Kaiser Wilbelms. Realgymnasium hielt nach einer Psalmverlefung und einer vierstimmig vorgetragenen Motette der Oberlehrer Dr. Gleichen die Festtede. Im Sovhien. Realgynnasium war Dr. Schafheitlin, im Friedrichs Gymnasium Professor Engelmann, im Lessing⸗Symnasinm Oberlehrer Hochradel der Festredner. Vor den Schülern des Wilbelms. Gymnasiums schilderte Profesfsor Dr. Schmiele die letzten 4) Jahre nach dem Lebensgange Seiner Majestät des Katsers, vor denen des Dorotheenstädtischen Real⸗ gymnasiums sprach Dr. Fabling über die Hohenzollern in Rumänien, vor denen das Friedrichs⸗Realgymnasiums Oberlehrer Pr. Steck ber den Werth der Vaterlandsliebe. Im Grauen Klester hielt der Oberlehrer Dr. Simon, im Sophien Gymnasium der Pro sefsor Dr. Hoff mann die Festtede; im Joachimsthalschen Gymnasium wurden die Alumnen festlich bewirtbet.

Aus vielen Städten des Reichs gehen Berichte ein über Feiern und festliche Veranstaltungen aus Anlaß des Geburts⸗ tages Seiner Majestät des Kaisers. Vormittags fanden Gottes⸗ dienste, sowie Paraden und Festakte in den Schulen statt. Nachmittags veranstalteten Köͤrperschaften und Vereine Fest⸗ essen. Oeffentliche und private Gebäude tragen reichen Flaggenschmuck.

Mit Rücksicht auf den durch die Hoftrauer veranlaßten Ausfall des herkömmlichen Hof⸗Galadiners aus Anlaß des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm. begab sich Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph, wie „W. T. B.“ berichtet, heute Vormittag in der Uniform des preußischen Kaiser Franz Garde⸗ Grenadier⸗Regiments mit dem Bande des Schwarzen Adler⸗Ordens nach der deutschen Botschaft, um dort seine Glückwünsche darzubringen. Seine Majestät wurde im Vestibül der Botschaft von dem Botschafter Grafen zu Eulenburg und sämmtlichen Herren der Botschaft empfangen und in die Empfangsräume geleitet, wo die Gräfin zu Gulenburg den Kaifer begrüßte und nach dem Salon geleitete. Der Kaiser verweilte eine halbe Stunde in der Botschaft und kehrte darauf in die Hofburg zurück.

Heute um 1 Uhr fand in der Botschaft ein Dejeuner statt, an welchem die Vertreter der deutschen Bundesstaaten und die Spitzen der reichsdeutschen Vereine theilnahmen.

Die Mitglieder der deutschen Kolonie in Wien hatten sich zur Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät bereits gestern Abend im Kursalon des Stadtparkes zu einem Festessen unter dem Ehrenvorsitze des deutschen Josshe nn Grafen zu Eulenburg versammelt. An demselben nahmen der bayerische und der sächsische Gesandte, die Mitglieder der deutschen Botschaft sowie der bayerischen und der sächsischen Gesandtschaft, ferner die Mitglieder der Offiziers⸗ vereinigung „Niederwald“ und anderer reichsdeutschen Vereine theil. Der Vize⸗Präsident Brause brachte einen Trink— spruch auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm aus, welcher in ein dreimaliges Hoch ausklang, in das die Anwesenden hegeistert einstimmten, während die Kapelle „Heil Dir im Siegerkranz“ intonierte. Der Botschafter Graf zu Eulenburg soastete auf Seine Majestät den Kaiser Dar Jose ph und pries Allerhöchstdenselben als den edlen

undesgenossen des Deutschen Kaisers und des deutschen Volkes. Der Festausschuß sandte an Seine Majestãt den Kaiser Wilhelm ein Huldigungs⸗Telegramm.

In Konstantinopel hatten heute zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Deutschen Kaisers alle Stafionsschiffe geflaggt. Um 9isz Uhr fand in der deutschen Botschafts kapelle Gottes dienst statt. Mittags wurden in der Botschaft die Mitglieder der deutschen Kolonie, Nachmittags die Vertreter des Sultans empfangen, welche in dessen Namen Glückwünsche überbrachten. Abends findet im deutschen Verein „Teutonia“ unter dem Ehrenvorsitz des deutschen Botschafters Freiherrn Marschall von Bieber⸗ stein ein Festessen statt.

tions Rach von Kiderlen⸗Waech ter ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königliche Gesandte in München Graf von Monts ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf fn Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ chaft wieder übernommen. .

Der Regierungs⸗Assessor Dr, ert zu Altenkirchen ist der Königlichen Regierung zu Münster zur dienstlichen Ver⸗ wendung überwiesen worden. .

Der Regierungs⸗Assessor Dr. Hehn, z. 3. in Berlin, ist dem 5 des Kreises Burgdorf, Regierungsbezirk Lüne⸗ burg, und der Regierungs⸗Assessor Dr. Schmieder zu Elber⸗ feld dem Landrath des Kreises Schmalkalden e Lassei, zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zu= getheilt worder

Der Kaiserliche Gesandte in Kopenkagen, Geheime .

gin lichen Hoheit dem

Bahern. Bei der Galatafel, welche gestern in München bei Seiner Prinz⸗Regenten stattfand, brachte och elbe in herzlichen rten einen Trinkspruch auf 1 Majestät den Kaiser aus.

Sach sen⸗Altenburg.

Die auswärts verbreiteten Nachrichten über das Befinden Seiner Hoheit des Herzogs sind, wie dem W. T. B. aus Altenburg gemeldet wird, unbegründet. Das Befinden Seiner Soheit ö gut; Höchstderselbe ist außer Bett, muß indessen das Zimmer hüten.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Ein über die gestrige Sitzung der Vertr auensmänner sammtlicher deut schen Oppofitionsparteien veröffent⸗ lichtes Com mu nigus besagt, dem, W T. B. zufolge: Auf die Anregung der Vertrauensmänner der deutschen Volkspartei wurde hinsichtlich des Ziels der Berathung einmüthig anerkannt und fesigestellt, daß die Zeit siattfindenden Verhandlungen auschließlich die Aufstellung der gemeinsamen national⸗ politischen Forderungen der deutschen Parteien bezwecken und in keinerlei Fusammenhang mit irgendwelchen angeblichen Aus— leich⸗⸗ Dder Annäherungsversuchen der gegenwärtigen Hife tat oder der Regierung stehen. Am Schlusse der län⸗ geren Berathung, welche bezüglich des einzuschlagenden Weges volle Uebereinstimmung ergab, wurden für die einzelnen Länder⸗ gebiete Referenten bestellt, die beauftragt sind, mit möglichster Beschleunigung Vorschläge zu machen.

An en Verhandlungen mit der ungaxischen Opposition nimmt jetzt, wie die Neue Freie Presse“ meldet, Foöloman von Szell kraft besonderer Autorisation der Krone als deren Vertrauensmann theil. Die Verhandlungen verzögern sich wegen der Weigerung der Opposition, das Budgetprovisorium für vier Monate noch dem Baron Banffy zu bewilligen.

Großbritannien und Irland.

Der Staatssekretãr des Innern Sir W. Ridley hielt gestern in Blackpool eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zu⸗ folge, ausführte, er habe guten Grund zu der Annahme, daß alle Aussicht auf Regelung der Abgrenzung des Bahr el Ghazal und der anderen noch mit Frankreich schwebenden Fragen vorhanden sei. Der Staatssekretär fügte hinzu, die Negierung habe die berechtigten Ansprüuͤche Rußlands in Nord Ching aner⸗ kannt, sei andererfseits aber auch entschlossen, den britischen Einfluß daselbst aufrecht zu halten. Die britische Regierung habe eine sehr ire fh Antwort an den Kaiser von Rußland in Betreff der Friedenskonferenz gerichtet und werde Delegirte zu derselben enisenden. Er (Redner) glaube zwar, daß der Konferenz große Schwierigkeiten entgegenständen, hoffe jedoch, dieselbe werde einige gute Ergebnisse haben. Immerhin sei eine machtvolle Flolte ein unabweisbares Bedürfniß für Groß— britannien.

Italien.

Die Deputirtenkamm'er setzte gestern, wie W. T. B.“ berichtet, zunächst die Berathung des it alienisch⸗fran⸗ 5sischen Hand elsabkommens fort. Sämmtliche Redner e . sich fur dasselbe aus. Der Deputirte Giusso forderte die Regierung auf, auch einen Handelsvertrag mit Rußland und einen solchen mit den Vereinigten Staaten abzuschließen. Der De⸗ putirte Rizzetti bemerkle, daß Handelsabkommen zeige deut⸗ lich, daß die von den (rtremen Parteien gegen die inter⸗ nationale Politik Italiens gerichteten Anschuldigungen grundlos seien. Die Fortsetzung der Berathung wurde auf heute ver⸗ tagt. Vor Schluß der Sitzung richteie der Deputirte Ni colo eine Anfrage an die Regierung über die anarchistische Vet⸗ bindung in Alexandria. Der Minister des Auswärtigen Canevaro erklärte, nicht darauf antworten zu können, da der deswegen eingeleitete Prozeß noch im Gange sei; nur wünsche er, durch den Prozeß möchte der Beweis erbracht werden, daß die Bomben, welche bei den Anarchisten, von denen mehrere italienische Staatsangehörige seien, gefunden wurden, nicht zu einem Attentat auf Seine Majestät den Kaiser Wilhelm bestimmt gewesen seien. ;

Der Pap st empfing gestern 300 Mitglieder der rõmischen Aristokratic, an welche er eine langere Ansprache richtete.

Spanien.

Der Ministerrath hielt, wie die „Agenzia Fabra“ meldet, gestern zwei Sitzungen ab; in der ersten erklärte der Minister⸗Praͤsident Sa gasta, er glaube, daß die Annexions⸗ politik der Amerikaner angesichts der Lage auf den Philippinen einen Mißerfolg haben werde. In dem zweiten Ministerrath, welcher am Abend stattfand, bestätigte der Kriegs⸗Minister Correa, welcher dem ersten Ministerrathe nicht beigewohnt hatte, daß der General Jaudenes, welcher s. 3 Manila über⸗ geben hat, sich seit gestern auf Befehl des obersten Kriegsgerichts in Felt hefinde. Der Minister des Auswärtigen Herzog von

Imodovar erklärte es für unbegründet, daß Schwierigkeiten mit Großbritannien wegen Gibraliars beständen. Ueber einen endgültigen Termin für den Zusammeniritt der Kammer hat

ch der Ministerrath noch nicht schlüssig gemacht. Derselbe beschloß, die transitorische Kriegsabgabe noch für die Zeit von 3 Monaten aufrecht zu erhalten und die konstitutionellen Garantien noch nicht wieder einzuführen.

Türkei.

Durch ein Irade des Sultans wird, wie das Wiener Telegr⸗Korresp. Bureau“ berichtet, die Neuformation von 12 Redif⸗Kavallerie⸗Regimentern zu je 4 Eskadronen bei dem L, II. und II. Armee⸗orps angeordnet. Friedens⸗ cadres werden nicht aufgestellt. Die Depots der neuen Redif⸗Kavallerie⸗Negimenter werden an die Depots der Redif⸗ Infanterie angeschlossen.

A sien.

Durch ein Kaiserliches Dekret ist, wie das „Reuter sche Bureau“ aus Peking vom gestrigen Tage meldet, Hu⸗yü⸗fen seines Amts als Leiter des Eisenbahnwesens auf die An⸗ schuldigung hin, dasselbe schlecht verwaltet zu haben, enthoben und das Muglied des Tsung li⸗ amen Hsu⸗ischingtschang zum Nachfolger desselben ernannt worden. Man glaube, der britische Gefandte werde darauf bestehen, daß die Anschuldigungen gegen

u⸗yü⸗fen unparteiisch untersucht würden und dieser wieder nn sein Amt eingesetzt werde, falls dieselben sich als grundlos erweisen sollten.

Demselben Bureau wird aus Manila vom 21. 2. M. . Das Amtsblatt „Republica! theilt mit, daß der ongreß in Malolos die Verfassung genehmigt, und ein Vertrauensvotum für Aguinaldo angenommen habe; er habe letzteren ermächtigt, den Amerikanern den Krieg u erklären, wann immer er es für . halte. Wie es in der Meldung weiter heißt, beschloß eine große Ver⸗ sammlung von Frauen in Cavite, an Aguinaldo eine Petition zu richten, worin sie ihn ersuchen, Waffen zur Ber e e ng der Unabhängigkeit tragen zu durfen. Paterno, ein Freun Aguinaldo s, bat denselben um einen hervorragenden Platz in der . gegen die Amerikaner. Eine amerikanische Schildwache tödtete in der Nacht vom 20. zum 21. d. M. einen Hauptmann der Artillerie der Eingeborenen; die ein⸗ heimische Presse bezeichnet die That als einen feigen Mord. Eine spätere Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Manila' vom 23. d. M. theilt hierzu weiter mit, daß am 21. d. M. Nachts fünf Philiwpiner versucht hätten, in die amerikanischen Linien einzudringen, um den Tod des Haupt⸗ manns zu rächen; die amerikanische Schildwache habe einen mit einem Revolver Bewaffneten getödtet, die anderen seien verhaftet worden. Dieses Vorkommniß habe die Erregung der einheimischen Bevölkerung noch erhöht. Das Kabinet der Eingeborenen habe am 22. d. M. bei Aguinaldo auf . laffung der spanischen Zivilgefangenen anläßlich der Ver⸗ kundigung der Republik bestanden. Ein entsprechendes Dekret sei unterzeichnet worden; die spanischen Geistlichen würden aber noch gefangen gehalten. . .

In Washington ist die Nachricht aus Manila ein⸗ getroffen, daß am 2. d. M. die Philippinische Republik ausgerufen worden sei und daß die Mächte hiervon würden benachrichtigt werden.

Afrika.

Aus Kairo erfährt das „Reuter'sche Bureau“, daß die Kolonne des Obersten Kitchener Ab ur u kba besetzt habe, wo sich eine kleine Abtheilung von den Leuten des Khalifen ergeben habe. Der Khalif selbst befindet sich mit dem Gros seiner Streitkrãfte noch in Sherkida. ;

In Tripolis ist über Benghazi die Nachricht eingetroffen, daß der Sultan von Wadai Useph gestorben sei. Sein erster Rathgeber Germa, welcher für die Ecbansprũche Abu Said's, des Sohnes des früheren Sultans Ali, eintrete, habe einen Sohn Useph's, Ibrahim, getödtet und einem anderen Sohne Useph's, Abdul Aziz, die Augen ausgestochen. Germa habe nunmehr Abu Said als Sultan ausgerufen.

Festreden zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs.

Ueber die verschiedenen Formen und Zwecke des Eisenbahnwesens— . Rede des Rektors der Technischen Hochschule zu Berlin, Proöfessors Goering, bei der Feier des Geburtefestes Seiner Maßjestät des Kaisers und Königs, am 26. Januar 1899. Hochgeehrte Festrersammlung! ;

In ernster und freudig gehobener Stimmung blicken wir beute auf am Kalserthron! Aus rankerfültem Herzen flehen wir den Segen des Himmels herab auf das VYaupt Seiner Maj'stät unseres Kaisers und Rönigs. Mit freudigem Stolz werden wir Deutsche an solchem Tage uns immer von neuem bewußt der großen Errungenschaft, daß wir nach langen Jabrhunderten der Schwäche, der Zersplitterung, der Mißachtung des Auslandes nun endlich ein fest in sich gegründetes, einiges, bechangesehenes Reich besitzen mit unserm Deutschen Kaiser an der Spitze! )

Höher schlagen unsere Herzen, wenn wir des erbabenen Herrschers gedenken, der mit starker Hand und felsenfest'm Willen Wacht hält über des Reiches Frieden; der nicht rastet, alle Zweige unseres Kultur⸗ lebens mit bewundernswerthem Verständniß zu fördern, der in Pflicht⸗ treue und Einfetzung voller Kraft für Seine hohen Ziele uns allen als Beispiel voranleuchtet!

Ganz besonderen Anlaß zum Gefübl des Vertrauens und des Dankes gegen unseren Kaiserlichen und Königlichen Herrn haben wir Angehörige der Technischen Hochschulen und als solche Vertreter der wissenschaftlichen Technik Deutschlands, Haben wir doch von Ihm während des abgelaufenen Jahres weithin leuchtende Gnadenbeweise empfangen! Unter ausdrücklicher Anerkennung unserer auf wissen schaftlicher Grundlage ruhenden Beftrebungen hat Seine Majestät von jerer der drei Technischen Hochschulen Preußens einen Vertreter in das Herrenbaus berufen, und der von den Lehrkörpern und der Studenkenschaft daraufhin an Seine Majestät gerichtete Ausdruck chrerbietigen Dankes bat in einem Allerböchsten Erlaß überaus huld⸗ vollen Widerbäll gefunden. Diese Vorgänge berechtigen uns zu der Hoff nung, daß die von Allerhöchster Stelle aus gegangen Würdigung der technischen Wissenschaften und Berufsarten auch in solchen Kreisen

unseres Staates, die sich bisher ablehnend dagegen verbielten, nun in zunehmender Weise Vesständniß und Anerkennung erwecken möge.

Unsere Techniscke Hochschuse hat Hand in Hand mit dem leb⸗ haften Aufschwange der Industrie und des Verkehrs in Deutschland unter der Fürsorge der Regierung Seiner Majestät sich zu hoher Biüthe entfaltet. Ein Lehrkö ver von eiwa 140 Professoren, Dezenten und Privaidozenten sowie 260 Assistenten stebt in voller Thätigkeit und die Hörerzabl hat die Hälfte des vierten Tausends nahezu erreicht. In allen Abtheilungen herischt reges Leben und Streben.

Dabei fordert der rasche Forischritt der Technik in Wissenschaft und Praxis von jedem ihrer Vertreter mit Nothwendie keit die Ver⸗ einigung seiner Kräfte auf bestimmte, enger umgrenzte Wissenszweige. So sei es denn auch mir beute vergönnt, aus meinem Fachgebiet einige Betrachtungen vorzuführen; nicht etwa fachthegretische Er⸗ zrterungen oder neue Thatsachen. Denn im Bereich des Eis en bahn⸗ wesens muß alles Neue erst eingehend erprobt sein, bexor ingn es dem Schatze des Bestehenden einreihen darf. Nur einige Schlaglichter möchte ich wersen auf die Vielgestaltigkeit des Eisenbahn—⸗ wefens in seiner Anpassung an die verschiedenen örtlichen Verhält⸗ nisse und Zwecke, in seinen älteren und neueren Entwicklungeformen.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die allgemeine Ent⸗ wicklung des Eisenbahnwesens, wie sie ausging von jenem ersten greßen Schienenwege zwischen Liverpool und Manchester, den der Genius Stephensoniz im Jahre 1830 der erstaunten Welt bescheerte, so erblicken wir in Europa reichlich drei Jahrzehnte hindurch aus. schließlich das Bestreben nach Ausgestaltung dessen, was wir heute als Hauptbahnen bezeichnen. Erst im vierten Jahrzehnt w in Amerita etwas früher beginnt man, auch dem Bedürfniß des städtischen Binnen. und Vororteerkehrß durch Straßenbahnen Rechnung zu fragen, die kann in Nord -⸗Amerika bald eine grohe Verbreitung er⸗ jangten., namentlich als der Betrieb mit thierischen Kräften vielfach duich mechanische Mittel wie das unter dem flaster um. laufende Bra hifeil und später durch elektrische Trieblraft ersetzt wurde. In Deutschland haben die stãdtlschen Straßenbahnen eist etwa seit Mitte der Jer Jahre Bedeutung erlangt, die zur Zeit noch immer steigt. .

Die Erlenniniß, daß auch für Bahnen mit Güterverkehr auf größere Entfernungen in zahlreichen Fällen, wo die Anlage von Haupt⸗ bahnen sich aus wirthschaftlichen Gründen verbietet, schon sehr viel geringeren Kosten doch ein ungemein nůtzliches Verkehrsmittel als

HFebenbahn geschaffen werden kann, wenn man sich nur entschließt,

dem entbehrlichen Aufwand der Hauptbahnen endgültig zu entsagen und mit einer geringeren, das Straßenfubrwerk aber immer noch um ein Vielfaches übertreffenden Geschwindigkeit zu begnügen; diese Erkenntniß fam erst sehr langsam zum Durchbruch, namentlich in Deutschland, wo die Bevölkerung sich nur schwer losmacken konnte von den mit kem Begriff Cisenbahn“ damals fast unzertrennlich verwachsenen großen Ansprüchen allerlei Art. Erst zu Ende der Jer Jahre wurden pom Reiche Normen für Bahnen untergeordneter Bedeutung aufgestellt; auch sie fanden jedoch zunächst nur geringe Beachtung und namentlich die in vielen Fällen so sehr zweckmäßige Anwendung einer Sch malspur fand in Deutschland nur wenig ö, Zwar waren bereits in den 50er Jahren für den Oberschlesischen ergwerlsbenrk und später an einigen anderen Stellen Deutschlands Schmalspurbahnen entstanden. Ein um fangreiches Netz solcher Bahnen hat jedoch nur der Sächsische Staat seit 1880 in folgerechter Weise entwickelt, in der richtigen Erkenntniß, daß bierdurch das Mittel gewonnen war, die er r hr, ganz den örtlichen Bedingungen des Gelãndes und des Nahverkehrs anzupassen, ja damit bis in die Fabrik- und Gatsböfe unmittelbar vorzudringen, auch die vorhandenen Ldandstraßen As Nnterbau ju benutzen. (Der Uebelstand des Umladens ist viel sach übersckätzt worden, zudem aber auch für besonderg empfindliche Sachen darch Tie sogenannten Rollböcke beseitigt? In Preußen verhielt man sich Jahrzehnte hindurch ablehnend gegen Schmalspurbahnen, bis endlich bas Kleinbabngefetz' von 1857 auch hier Wandel schaffte. So bildete sich erst in diesem letzten Jahrzehnt in Deutschland eine Klãrung der Anschauungen und demgemäß eine bestimmte Eintheilung heraus. Sie unterscheiket außer den Hauptbahnen noch Nebenbahnen⸗ als zweite und Lokalbahnen“ als dritte Gruppe, von denen die ersteren mit Vollspur für den Uebergang von Betriebsmitteln der Hauptbahn einzurichten sind, während die Lokalbahnen voll oder schmalspurig sein können und mit sehr vereinfachten Bau. und Hetriebsbedingungen hergestellt werden dürten, auch die Kleinbabnen mit umjassen. ;

Eine besondere Stellung nehmen die sog. Stadthahnen ein, welche als Soch⸗ oder Tiefbahnen (auch „Untergrundbabnen') die Großstädte durchschneiden und sich entweder als Kleinbahnen auf den binnenstädtischen Schnell- und Vorortverkehr beschränken oder auch als Hauptbahnen unmittelbar an Fernlinien anschließen, wie dies bei der bestebenden Berliner Stadtbahn, in Wien und bei den älteren Londoner Untergrundbahnen der Fall ist.

Alles bisher Gesagte bezieht sich auf die dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahnen. Daneben hat die Eisenbabhn, und zwar vorzugt weise mit schmaler Spur, auch ausgedehnte Verwendung gefunden für die nicht öffentlichen Zwecke der Berge, Forst⸗ und Landwirthschaft, der Privatindustrie und namentlich auch des Militärs. .

So sfeben wir das Eisenbahnwesen, zunächst in räumlicher and wirthfchaftlicher Beziehung, sich den denkbar verschiedenartigsten Ver⸗ hältnissen anpassen.

Dieser Gang der Entwicklung, der nicht etwa vom Kleineren zum Größeren fortschreitet, sondern vielmehr zuerst die großen Aufgaben in Angriff nimmt und später erst den an sich kleineren, an Zahl aber fast' unerschöpflichen Bedürfnissen des Lokalverkehrs sich zuwendet, erklärt sich daraus, daß jene großen Aufgaben zu ihrer Zeit die weitaus dringendsten waren. Erst der Ausbau und die allmähliche Verdichtung eines Hauptbahnnetzes haben die Produktionskraft und den Gewerbeflei des zwischenliegenden Hinterlandes geweckt und so das Bedürfuiß na Lokalbahnen entstehen lassen.

Obne auf die aus dem Nationalcharakter erwachsenen Verschieden⸗ heiten des Eisenbahnwesens der einzelnen Länder näher einzugehen, möchte ich doch an einen wesentlichen Unterschied in der Art des Vor⸗ gebhens zwischen Amerika und Europa kurz erinnern, Während wir gewohnt sind, beim Bau großer Linien stets die Sicherheit und End gültigkeit unbedingt in die erste Linie zu stellen, herrscht in Nord⸗ Amerika bei der Anlage von Bahnen durch fpärlich bewohnte, oft ungeheuere Landftrecken der Grundfatz: „Nur rasch und billig vorwärts, das Weitere später', d. h. wenn die Bahn selbst erst Werthe geschaffen hat und die Mittel zu ihrer Verbesserung aufbringt. Ob diese Ver- kesserungen dann immer rechtzeitig erfolgt sind, mag freilich dahin gestellt bleiben. Geschiebt das aber, so ist jener Grundsatz zur Auf schließung neuer großer Länder für die Kultur unzweifelhaft richtig. und deshalb sollte er für un sere Kolonien unbedingt zur Anwendung kommen. Leichte Schmalspurgleise, möglichst ohne viel Erdarbeiten unmittelbar auf den Erdboden gelegt, sind dort am Platze. Später kann man eine bessere Bahn mit Hilfe dieses ersten vorläufigen Gleises leicht daneben bauen und das so streckenweis überflüssig werdende leichte Gleitz an andere Stellen zu gleichem Zweck wieder vorschieben. Alles Zaudern und Bedenken ist hier vom Ucbel. Jedes Jahr, das ungenutzt Ferrinnt, bildet einen unwiederbringlichen Verlust, zumal im Went kampf mit den viel rascher vorgehenden Nachbarn in Dst⸗Afrika! Im Südwesten scheint ja ein glücklicher Anfang gemacht zu sein. Wenn aber dort nun die Fuhrwerksbesitzer fürchten, durch den Bahnbetrieb ihren Broterwerb zu verlieren, so ahnen sie nicht., wie die Bahn überall durch Ansaugen und Ausstrahlen von den Stationen aus in fürzester Frift soviek Landverkehr schafft, daß ihnen hundertfältiger Ersatz für das Entgangene winkt.

Sehen wir uns nun die technische Entwicklung der Eisenbahnen näher an, so finden wir zunächst von seinen Anfängen bis in die Gegenwart das Bestreben, den immer wachsenden Ansprüchen an Bequemlichkeit, Geschwindigkeit, Häufigkeit der Züge für die Ressenden, an Maffengröße für die Güter, an Verbilligung aller Beförderung nach Möglichkeit zu entsprechen.

Die anfänglichen Geschwindigkeiten von 30 bis 40 km in der Stunde, die damals die Welt in Staunen und Aufregung versetzten, sind bis auf das Dreifache, die Lokomotivgewichte von anfangs 5 bis 6 t bei unseren Schnellzü jen auf etwa 5ö, bei Güterzügen auf 60. ja stellenweis bis auf S0 t gestiegen und dabei die Belastung des Gleifeg durch die einzelnen Räder bis auf 8, ja 10 gewachsen. Die Gewichte der Güterzüge sind von den uns heute winzig erscheinenden Lasten wie 15 bis 30t auf 10090 bis 1209 t (im Flachlande) an⸗ geschwollen, die Zwischenräume zwischen den sich folgenden Personen⸗ zügen bei den Stadtbahnen auf 3 ja 15 Minuten herabgesunken! Daß eine so gewaltige Steigerung der Leistungen auch fortwährend Um⸗ gestaltungen in den bau. und bꝛtriebtztechnischen Einrichtungen der Bahn mit sich brachte, ist wohl selbstoerständlich. Nicht nur das tragende Gleis mit seinem Unterbau bedurfte immer wiederkehrender Veränderungen, namentlich auch die Babnhofsanlagen mit ihren mannigfachen Einrichtungen für den äußeren Verkehr und den inneren Betriebsdienst erfuhren fortwährend Erweiterungen und Neugestaltungen, und gerade auf diesem Gebiete ist und wird gegenwärtig in Deutsch⸗ land Großes geleistet. Diese mit der Zunahme des Verkehrs natur⸗ nothwendig zusammenhängende Baurhätigkeit wird niemals aufhören, solange die Kultur in unserem Vaterlande sich überhaupt in steigender Linie bewegt, und das wollen wir doch auf viele Jahr⸗ hunderte hinaus hoffen!

Aufgaben besonders schwieriger Art erwuchsen dem Eisenbahn⸗· wesen auf dem Gebiete der Betriebssicherheit aus der großen Zunahme der Geschwindigkeit, der Zugfolge, der bewegten Massen und aus der Vervielfältigung der Bahnanschlüsse. Nur mit Seranziehung und Entwicklung aller Zweige der Technik, mit dem Ersinnen immer neuer und feiner durchdachter Einrichtungen, deren Getriebe sich dem Auge Leg Reisenden völlig entziebt, ist es möglich geworden, diesen Ansprüchen zu genügen. Während anfangs wenige optische und akustische Signale und gewöhnliche Handbcemsen an den Wagen für den einfachen Befrieb ausreichten, wurde der inzwischen nutz bar gewordene elekt ri sche Telegraph als willkommenes Hilssmitiel bald unentbehrlich und fand daher zuerst im Dienst der Eisenbahnen die a ie, An⸗ wendung und Ausgeslaltung. Doch das genügte nicht lange. Mit der immer zunehmenden Zahl der Babnanschlüsse, der Glesse auf den Bahnhoͤfen, der in rascher Folge ein uad auslaufenden Züge wurden die Üufgaben des Strecken- und namentlich des Bahnhofs betriebes immer verwickelter und schwieriger. and es bedurfte zu ihrer sicheren Äzfung der neueren weitgehenden Autzbildung des Sign al⸗ und Stellwerkweseng mit feinen höchst sinnreichen mechanischen und

elĩertrischen Einrichtungen für die Strecken blockieru 4 und für den Sicherbeitsdienst auf den Bahnhöfen: Einrichtungen, deren