mehr abschreiben; sie können, wenn sie eg aus freiem Willen, aus soliden Gründen thun, um sich Reserven ju verschaffen, um allen schwankenden Cventualitãten gewachsen ju sein, meinetwegen auf ein Haus 3 0so abschreiben — das ist ihr Geschäftsprinzip. Daraus kann man aber kein Recht gegenüber dem Staat relevieren. Also ich möchte doch der Bitte, die der err Abg. von der Goltz an die Veranlagungs . Kommissionen sendet, sich nach diesen Vorgängen zu richten und danach ihrerseits die Abschreibungen zu bemessen bei der Steuereinschãtzung, keineswegs zustimmen, sondern glaube, es wäre das die Anwendung eines Grundsatzes auf einer ganz verkehrten Stelle.
Meine Herren, ich wollte übrigens hier nicht weiter in die Frage eintreten, wir sind hier nicht bei der Einkommensteuer — wir werden noch Gelegenheit haben, diese schon nach allen Seiten vielfach gründlich diekutierte Frage beim Etat der Einkommensteuer noch weiter zu behandeln.
Der Etat der Seehandlung wird genehmigt, ebenso die Etats der Münzverwaltung, der Staaksschulden⸗Verwaltung und des Herrenhauses.
Beim Etat des Abgeordnetenhauses erklärt
Abg. Graf zu Lim burg⸗Stirum (kons): Namens meiner Freunde will ich meine Anerkennung aussprechen, daß dieses neue Haus so geworden ist, wie es ist. Wir können wohl sagen, daß das Haus bequem, praktisch, künstlerisch ausgezeichnet ge⸗ baut ist und einen vornehmen Eindruck in jeder Beʒiehung macht, obne überladen zu sein. Ich kann nicht umhin, dieses Haus in einen Vergleich mit dem Reichstage gebãude zu bringen. Wenn wir bedenken, daß das Reichstagegebände über I0 Millionen Mark gekostet hat, während dieses Gebäude bier für ungefähr 6 Millionen Mark hergestellt ist, so frage ich mich, warum diefer Unterschied bestebt. Es ist nicht zu verkennen für diesenigen, welche auch im Reichstag sind, daß dieses Haus als Geschãfts haus angenehmer und besser ist als das Reichstagsgebäude. Ich kann nicht umhin zu sagen, das Reichstagshaus macht den Eindruck des Ueber⸗ sadenen und der Tendenz, daß man nur jede Gelegenheit babe wahr⸗ nehmen wollen, großartige Sachen auszufübren. Im Reich tagẽ⸗
ebäude sind prachtvolle Eingänge, die aber von dem großen Ger. nicht benutzt werden. Der Sauptverkebr geht viel⸗ mehr nur durch Nebeneingänge. Die Art, wie dieses Bauwerk hier enfstanden ist, bildet ein Mufter dafür, wie man bauen soll, nãmlich
für ein Zufammenwirken der Bausachrerständigen mit denjenigen, die daz Gebäude benutzen sollen. Meistens werden die Gebäude von dem Architekten so konstruiert, wie er sie sich denkt, aber nicht wis sie gebraucht, werden sollen, sodaß sie nachber nicht
pafsen. In unserem Falle hat duich ausgezeichnete, jabrelange Mit⸗
wirkung des verstorbenen Bureau Direktors Kleinschmidt dieses Resultat erzielt werden können. Sie Alle wissen, wie dieser Herr sich immer um die Sache bemübt, wie er mit den Mitgliedern des Haufes darber gesprochen hat, wie sie über die Sache dachten, und in diesem Zusammenwirken ist das Gute entstanden, was wir baben. Ich habe zu meiner Freude gehört, daß man den Erben des Gebeimen Raths Kleinschmidt die Anerkennung des Hauses zu tbeil werden lassen will. Wie ich dem Verstorbenen Anerkennung und Dank aus breche, so will ich auch dem Baumeister des Hauses unseren Dank aus sprechen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich bin sehr erfreut, daß die Anerkennung über den gelungenen Bau, die Herr Graf zu Limburg · Stirum soeben ausgesprechen hat, ansckeinend im ganzen Hause Zuftimmung findet. (Sehr richtig) Es ist ja von der größten Bedeutung, daß den Herren Abgeordneten ein iweckmäßiges, passendes, solides und den modernen Anforderungen der Schönheit entsprechen⸗ des Haus zu theil geworden ist. Ich kann hinzufügen, meine Herren, daß ich mich namentlich mit dem verehrten Herrn Vor⸗ redner freue, daß dies Haus nicht 30 000 000 M gekostet hat (sebr gut! Heiterkeit), sondern daß es, indem es alle Zwecke, die es zu er⸗ füllen bat, vollkommen erfüllt, sehr viel billiger gebaut ist als das Reichstag sgebãude.
Ich kann noch bestätigen — es freut mich, daß auch in dieser Beziehung anscheinend hier im Hause Zustimmung gefunden wird — daß ganz extraordinãrer Weise, ich kann wohl sagen, auf Wunsch des Seniorenkonvents, den Erben des bochverdienten, leider zu früh ver— storbenen Mannes, der wesentlich damn beigetragen hat, daß dies Haus gelungen ist, und keine Mühe und Arbeit neben seiner sonstigen schweren eigentlichen Berafgarbeit gescheut hat —, daß den Erben wenigstens auch seitens des Staats. Ministeriums eine entsprechende Anerkennung gewährt werden wird. (Beifall auf allen Seiten des Hauses.)
Abg. Im Walle Zentr): Ich kann mich den Worten des Grafen Limburg nur anschließen. Ich lege Werth darauf, daß auch von dieser Seite ausdrücklich das Verdienst des leider verstorbenen Geheimen Raths Kleinschmidt um die würdige und praktische Aus⸗ geftaltung dieses Hauses besonders anerkannt wird. Dann aber bemerke ich noch Folgendes: Die Regierung bat im Etat nach dem Durchschnitt der letzten drei Jabre für die Tagung des Landtages 55 Monate in Aussicht genommen. Bei dem großen gesetzneberischen Material bätte die Regierung vorausseben können, daß die Tagung eine längere werden wird. Wir sind auch wieder am letzten verfassungsmäßigen Tage einberufen. Eine frühere Einberufung wäre angebracht gewesen, um die Arbeiten rubig und sachgemäß erledigen zu können. Wenn erst wieder die Sonne auf den märkijchen Sand scheint, so überkemmt Alle eine Sehnsucht nach Hause. Deshalb sind oft wichtige Sachen nicht so gründlich bebandelt worden, wie sie es verdienten. Ich möchte bitten, daß nicht wieder der äußerste Termin zur Einberufung gewäblt wird.
Vize⸗Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Den drin genden Wunsch, den Landtag so früh wie möglich zu berufen und ihm so früh wie möglich ein bereites Arbeitsmaterial zu geben, den der Herr Vorredner ausgesprochen bat, tbeilt das Staats. Ministerium im vollen Maße. Dies Jahr hatte es aber nach zwei Richtungen hin Schwierigkeiten, den Landtag früher zu berufen. Einmal war die Periode des alten Landtages, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, noch nicht abgelaufen; wir hätten daher zu einer Auflssung schreiten müssen.
Dann aber war es auch nicht gelungen, gerade diejenigen Gesetz⸗ entwürfe, welche demnächst eine sebt bedeutende Arbeit für den Landtag darstellen werden, zeitig festzustellen. Wenn Sie bedenken, daß der Landtag jetzt ebenso wie der Reichstag ja meistens bis in den Sommer hinein sizt, daß man vielfach die Gesetzentwärfe garnicht erst früber vollkommen ausarbeiten kann, da man die Stimmungen im Reichstag und im Landtag über eine Reihe von Fragen erst zu kennen wünscht, daß dann die Urlaubszeit sehr bald kommt, und daß einige Monate jur Berathung aller Instanzen über schwierige Gesetz⸗ entwärfe absolat nothwendig sind, — dann ist es doch ver⸗ zeiblich, wenn es nicht gelingt, gerade die größeren Gesetz entwärfe mit dem Zasammentritt des Landtages vorzulegen. Jeden⸗ falls wäre das dies Jahr nicht möglich gewesen, wenn der Landtag etwa in den ersten Tagen des Januar berufen wäre. Wänschenswerth
ist das gewiß nach allen Richtungen, und dahin ist namentlich der große Gesetzentwurf, der den Herrn Vorredner besonders interessieren wird, wegen der Einführung des bürgerlichen Rechtes in Preußen zu rechnen. Das ist eines der schwierigen Gesetze; die übrigen Gesetze werden derartig lange Berathungen wie dieser Gesetzentwurf nicht in Anspruch nehmen.
Aber wir werden gewiß darauf bedacht sein — ich persönlich babe namentlich immer diesen dringenden Wunsch, daß der Landtag so früh wie möglich berufen wird, da⸗ mit es möglich wird, den Etat rechtjeitig zur Ver— abschiedung zu bringen. Meine Herren, ich möchte doch hoffen, daß, dieses letztere dennsch dieses Jahr gelingt; denn so schwierige Fragen sind in. diesem Etat gar nicht vorhanden — in dem Etat selbst — sodaß ih mir wohl denken könnte, bei entschiedenem Willen und entsprechender Behandlung den Etat doch am 1. April abschließen zu können. Meine Herren, das ist nicht bloß ein Formalismus; es ist doch im höchsten Grade erwünscht, daß wir den verfassungsmäßigen Termin des Inkrafttretens des Etats innehalten, und es ist auch selbst finanziell und geschäftlich — das können die Herren selbst nicht so beurtheilen — böchst nachtheilig, wenn der Etat erst spät über den 1. April abgeschlofsen wird. Beispielsweise die schöne Bauzeit, die namentlich vom 1. April doch schon anfängt, meistens früber, wird hinausgeschoben in dem betreffenden Jahre durch eine iu späte Ver⸗ abschiedung des Etats. Ich muß ja anerkennen, daß der Landtag diesmal etwas spät zusammengekommen ist; aber ich boffe doch, daß es gelingen wird, zum 1. April den Etat zum Abschluß zu bringen. Wir müssen dabei immer im Auge haben, daß wir dem Herrenhause bezüglich seiner allerdings ja beschränkten Mitwirkung bei der Fest⸗ stellung des Etats doch etwa 10 Tage vor dem 1. April freilassen müssen. Wir können nicht verlangen, daß die Berathung dort ũberstũrzt wird, daß diejenigen Debatten, die sich im Herrenhause nothwendig an die Gesammtbeurtheilung des Etats knüpfen, so übermäßig übereilt werden, daß eine gründliche Behandlung im Herren hause überhaupt aus- geschlossen wãͤre.
Abg. Dr. Sattler (ul.): Auf die Theorie, daß das Mandat des alten Abgeerdnetenhauses erst am 16. Januar abgelaufen sei, will ich mich nicht einlassen; darüber können sechs verschiedene Theorien auf-
estell werden, und die Fertigstellung des Etats würde dadurch nicht eschleunigt werden. In Belug auf die Länge der Session sehe ich fehr schwarz in die Zukunft, nicht wegen der späten Einberufung, sondern weil die Hauptvorlagen noch nicht eingegangen sind. Redner beantragt, die Ausgaben für Bureaubedürfnifss, sächliche Auf⸗ wendungen ꝛc., bei welchen 197 000 66 mehr verlangt werden, der Budgetkommission zu überweisen. Der Anerkennung der Leistungen des Baumeisters des Hauses könne man sich anschließen. Aber man brauche desbalb nicht ein anderes Gebäude herabzasetzen
Abg. Rickert (fr. Vgg.): Auch ich sehe bezüglich der Dauer der Ssffion schwarz in die Zukunft. Wenn das Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch im Entwurf fertiggestellt ist, sollte man das Haus eine Zeit lang vertagen, nachdem wir den Etat vorher erledigt haben. Man fann vielleicht einzelne Debatten vom Etat trennen. Jedenfalls müssen wir den Etat rechtzeitig fertig stellen. Dem Dank für unsern hochverdienten Bureau ⸗Direktor Kleinschmidt kann ich mich aus vollem Herzen anschließen. Es ist boch an⸗ zuerkennen, daß der Finanz⸗Minister schon ausgesprochen hat, daß den Erben desselben eine Anerkennung ju theil werden so Ich möchte auch wünschen, daß die Herabsetzung des Reichstags unter⸗ Flieiben möchte im Interesse derjenigen, welche eine Freude an dem Reichstagsgebäude haben; und deren sind eine große Zahl. Die Akustik des Reichsiagssaales ist besser als die hiesige. ;
Äbg. Freiherr von Zedlitz und Reukirch (fr. kons) Ob der Reichstag oder dieses Haus besser ist, ist gleichgültig; es kommt nur darauf an, daß wir uns bier wohl üblen. Redner empfiehlt ebenfalls die schleunigste Fertigstellung des Etats.
Abg. Dr. Porsch DJentr.) bemerkt, daß die staatz rechtliche Theorie des Finanz. Ministers nicht haltbar sei; denn nach dieser hätte auch die Neuwahl erst nach Ablauf der Legislaturperiode, d. h. nach dem 15. Januar stattfinden dürfen. Für eine Beschleunigung der Etats⸗-Beratkung sei anch er, aber durch diese dürfe die gründliche Berathung des Etats nicht gehindert werden.
Vize⸗Prãäsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz ⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Verzeihen Sie mir, wenn ich als langjähriges Mitglied dieses boben Hauses in Bezug auf die rechtzeitige Fertig- stellung des Etats meine Ansicht dahin ausspreche, daß er sehr wesentlich würde gefördert werden, wenn die Geschäftsordnung dieses Hauses dabin reformiert würde, daß das Haus Beschwerden, welche sich nicht gegen die Etatsposition richten, ju welcher ge⸗ sprochen wird, befugt ist, ad separatum zu verweisen wit der Garantie, doß den Beschwerdefübrern die Jeit und die Tagesordnung gegeben wird, und die Beschwerde, trotzdem sie jum Gtat nicht weiter verfolgt wird, zur Verbandlung kommt. Beispiels⸗ weise ich nenne die Position Kultus. Minister. (Aha! im Zentrum.) — Ich will Ihnen garnicht entfernt irgend eine Diskussion und die Geltendmachung von Beschwerden beschränken; wenn aber der Redner, der eine Beschwerde vorbringen will, erklärt: ich fechte den Gehalt des Kultus Ministers nicht an, — so sollte die Befugniß des Hauses die sein, diese Beschwerden zur separaten Verhandlung iu verweisen. Das würde eine unendliche Zeit sparen, obne den Beschwerdeweg und die Diskussionen darüber, die erwünscht sind, irgendwie zu schmälern.
Abg. Freiberr von Erffa (kons.): Dieser Vorschlag könnte nur dann durchgeführt werden, wenn ein consensus omnium bestände. Ich boffe, daß ein solcher iu erzielen sein wird. Die Paritätswünsche des Zentrums könnten doch sebr oft abgekürzt werden.
Bei den Ausgaben für Druckkosten empfiehlt
Abg. Dr. Barih- Kiel (fr. Vgg) bei der Verffentlichung der Zusammenstellungen der Kommissionen die Weglafsung der Titel Rammerberr, Rittmeister oder Hauptmann der Reserde u. s. w., wie dies im Reichstage und im Herrenhause geschehe, und zwar aus Er⸗ sparnihrũcksichten. 9. . ĩ
Der Titel, betreffend die sächlichen Ausgaben, wird der Budgetkommission überwiesen. Im übrigen wird der Etat unverändert genehmigt.
Beim Etat des, Deutschen Reichs⸗ und Preußischen Staats⸗Anzeigers“ erklärt
Abg. Dr. Arendt, daß er eigentlich über die bohen Druckkosten des Staatz Anzeigers habe sprechen wollen; da der Dezernent aber nicht anwesend fein könne, beantrage er, den Etat der Budgerkommission zu überweisen.
Abg. Graf zu Lim burg⸗Sti rum (kons.) giebt anbeim, die Sache bei der dritten Lesung vorzubringen.
Abg. Das bach (Zentr.) widerspricht diesem Antrage, weil bei * . Lesung keine Zeit für die Vorbringung neuer Fragen zu
ein vflege. ö ;
Der Etat wird der Budgetkommission überwiesen.
Es folgt der Etat des Ministeriums der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten.
Abg. von Ey nern (al): Die dip lomatische Bertretung Preußens beim Heiligen Stubl wurde eingerichtet, nachdem neun Jahre früber die Vertretung des Reichs abgeschafft war. Meine volitischen Freunde haben
gegen diese Einrichtung der preußischen Vertretung gestimmt. Sie waren nicht der Ansicht, 1 ein Land mit einer 3 3 Bevölkerung bei der Spitze einer religtösen Genossenschaft eine Vertretung haben müsse; 6. sind auch jetzt noch nicht von dem Gegentheil ihrer damaligen sicht überzeugt worden. Ich habe im , Jahre die Anfrage gefieüt, welchen Zweck und welches Ziel diese Gesandtschaft verfolgi. Der Vize⸗Präsident des Staatsé⸗Ministeriumg hat mir geaniworitet, daß diefe Vertretung durch das Staatsinteresse bedingt sei. Im Staatsinteresse liegt es allerdings, den wir mit allen Mächten, sowie mit dem Parst in Frieden leben. m den Frieden zu haben, muß man die Ursachen beseitigen, die den Frieden stören. die Gesandtschaft in Rom zum Frieden gedient oder zum Unfrieden? Ich möchte auf das Urfheil verweisen, welches der zweite Gesandte in Rom, Niebubr, als Resultat seiner Be— obachtungen hingestellt bat: ‚Thut für Eure Katholiken so viel, wie Ihr wollt; aber baltet niemals einen Gesandten in Rom!! Es geht nach dem englischen Sprichwort: Wer viel fragt, erfährt viel Ablehnungen. Die kleinen Staaten, welche keinen Gesandten beim päpftlichen Stuhl haben, leben mit ibm in Frieden, wäbrend wir bei jeder staatsrechtlichen Frage erst zu verhandeln baben. Die Kurie hat eine spezielle Liebe zur ältesten Tochter der Kirche, zu Frankreich. Aber weshalb wegen dieser Liebe zu einem Staatswesen die anderen Staaten unfreundlich behandelt werden sollen, das begreife ich nicht. Die Kurie ist eine Macht, auch wo sie irrt. Ein Theil der päpftlichen Presse fucht Unfrieden zu stiften gegen den Dreibund. Die Kurie ist für das französische Protektorat im Orient eingetreten, während Herr Fritzen dieses Protektorat als eine Verfolgung bezeichnete. Er ist dafür jur Buße vor der ganzen Kirche aufgefordert, wogegen Herr Lieber energisch Protest erhoben hat. Ueber die Wiederbelebung der Fron leichnamsprozessionen will ich nicht sprechen. Aber die Canisius Encyclica muß ich doch erwähnen; keinem irischen, amerikanischen oder französischen Katholiken ist etwas Aehnliches geboten worden. Der preußische Gesandte scheint darüber nicht ausreichend in⸗ formiert zu sein, er bat auch keine Instruktignen nachtrãglich erhalten, gegen dieselbe einen Protest einzulegen. Jedenfalls ist der Prꝛotest nicht veröffentlicht worden. Hätte der preußische Gesandte auf Instraktionen des Auswärtigen Amtes vor derartigen Publikationen gewarnt, so würden jweifellozs die protestantischen Gemeinden in Deutschland berubigt werden; sie hätten die Macht und die Kraft unserer Regierung gelehen. So ist gekommen, was kommen mußte Vom Präsidenten des Dber⸗⸗ Kirchen raths, vom Gyvangelischen Bund, von der General Synode wurde protestiert, und der Zorn ist heute noch nicht gemildert. Bei dieser Stellung zur römischen Kurie können wir dem Wunsche des Herrn von Hertling nicht zustimmen, daß der Papst der erfte Schiedsrichter der Welt werde. Dem Oberhaupt der Katboliken kann man doch nicht die Vorherrschaft über die ganze Welt zusprechen, denn es giebt nur 254 Millionen Römisch-Katholische, über 160 Mil- lionen Griechisch - Katholijche, 165 Millionen Evangelische und 175 Millionen Mohamedaner. Hat die Gesandtschaft Preußens den Erfolg des Friedens gehabt? Ich muß das bestreiten, oder das preuß iche Land ist nicht genügend darüber aufgeklärt.
Abg. Dr. Porsch (3entr): Es sind uns gute Lehren gegeben worden, daß wir ung heschraänken möchten, damit der Etat rechtzeitig fertiggestellt wird. Bei Herrn von Eynern ift die gute Lebre nicht auf guten Boden gefallen; denn er bat die im vorigen Jabre be⸗ sprochene Canisius- Enchyelica wieder zur Sprache gebracht. Es sind darüber unwahre Behauptungen von der Herrn von Eynern nabestehenden Presse verbreitet worden. Ich könnte darauf eingehen, ver⸗ zichte aber heute darauf. Herr von Eynern hat vom Ministerium des Aus. wärtigen Aufklärung darüber gewünscht, ob alles geschehen ist, um mit der Furie in Frieden zu leben. Er scheint unzufrieden zu sein darüber, daß ein freundliches Verbältniß zum Vatikan befsteht; er möchte Zwie⸗ tracht sien. Wenn Sie, Herr von Evnern, das nicht beabsichtigen, dann mögen Sie etwas vorsichtiger über katholische Dinge sprechen. Die Pflege der Beziehungen zum Vatikan liegt in ausgezeichneten Händen. Es liegt für uns kein Anlaß vor, daran weiter zu rühren. Färst Bismarck bat die Gesandtschaft beim Heiligen Stubl für notb= wendig erklärt, und seitdem hat sich kaum eiwas geändert. Herr von Erynern wird doch wehl nicht eine böhere diplomatische Autorität für sich in Anspruch nehmen, als sie Fürst Bismarck besaß? Selbst Ruß ⸗ land hat einen Diplomaten beim Papste im eigenen staatlichen Inter- esse für nothwendig gehalten. Was veisteht Herr von Eynern unter der vatikanischen Presse? Die Voce della veritas. ist kein vatikanisches Blatt. Vatikanisch⸗offiziös sind lediglich einige bestimmte Nachrichten im „Osservatore Romano“. Darin hat nichts gestanden, was zu Klagen Anlaß geben könnte. Von einer Wiederbelebung der Fron⸗ leichaamsfeste kann gar keine Rede sein; sie sind eine Jahrhunderte lang beftehende Einrichtunz. Herr von Hertling hat jedenfalls nicht davon gesproches, daß nur der Papst als Schiedsrichter fungieren könne; er wird ihn als besonders geeignet dazu bezeichnet haben. Als solchen hat auch Fürst Bismarck den Pavpst erachtet, als er ibm die Entscheidung des Streites um die Karolinen übertrug.
Vize⸗Präsident des Staata⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich werde mich sehr kurz fassen, um so mehr, als die Etateposition von keiner Seite angefochten ist. Aus der Ein stellung der Position selbst wird das bohe Haus entnehmen, daß die Staatsregierung das Vorhandensein einer ständigen Vertretung Preußens beim Vatikan, beim römischen Stubl für nützlich hält, daß die Staatsregierung nicht der Meinung ist, es würde dadurch der Frieden und das gute Einvernehmen mit dem wpäpftlichen Stubl gestõrt, sondera der entgegengesetzten Meinung: ein solcher Friede und ein solches gutes Einvernehmen werden durch einen ständigen Gesandten beim heiligen Stuhl gefördert. (Bravo! im Zentrum.)
Wenn nun dies richtig ist, wenn es sich hier nun namentlich nicht um eine neue Position handelt, wenn wir — ich kann das selbst be— zeugen — bei verschiedenen Gelegenheiten wabrgenommen haben, wie eine stãndige Vertretung die Aufgabe besser und sicherer zu lösen im stande ift als, wozu wir sonst würden schreiten mũssen, nur ein Spezialkommissar, der mit den Verhältnissen der römischen Kirche, des römischen Stuhles, der Persönlichkeiten keine genügende Bekannischaft bat, — wenn wir bisher die Erfahrung gemacht baben, daß eine sehr nützliche und gute Wirkung durch die ständigen Vertretung beim Vatikan gefördert wird, so haben wir, glaube ich, recht gethan, indem wir durch die Einstellung dieser Position in den Etat jedenfalls der Staatsregierung volle Freibeit gaben, ibrer Anschauung nach den betreffenden Posten wieder ju besetzen, und jwar um so mehr, als, da wir doch wissen, daß ein großer Theil unserer katbolischen Mitbürger die Aufrecht erhaltung dieser Vertretung wünscht, gewiß keine Veranlassung ift, solchen Wänschen eines großen Theils der preußischen Bevölkerung entgegen zutreten. (Bravo! im Zentrum.)
Abg. Sraf zu Limburg⸗Stirum: So ganz harmlos, wie Herr Porsch die Canisius⸗Enchelica darstellt, kann ich sie doch nicht Tuffassen. Wenn man die Reformation als eine Pest bezeichnet, so muß sich das auf die heutigen Zustände beziehen; denn in den wesentlichen Dingen ist doch feit Lather keine Veränderung eingetreten. Solche verletzenden Acußerungen widersprechen der Parität, die in der An⸗ erkennung des andern Faktors liegt. Die katholische Kirche erkennt die evangelische Konfession nicht als gleichberechtigt an. Aber wenn wir neben einander in Deutschland leben sollen, so müssen wir uns gegenseitig als gleichberechtigte Faktoren anerkennen. Darum ist es nicht erwũnscht, wenn von autoritatiser Seite diese Anerkennung nicht erfolgt, denn in der Cantsiug.Encyelica ist diefe Anerkennung nicht erfolgt. Vor dem Amtsantritt des gegenwärtigen Fürstbischofs erging eine An- kündigung über die, gemischte Ehe, welche in verletzenden Wen- dungen abgefaßt war. Der gegenwärtige Fürftbischof erließ
neue Ankündigung, welche tbatsächlich von der früheren wi aber in einer anderen Fassung jede Berletzung von Eynern
3.
Ueber die Reformation haben
Fritzen war die Voes della veritas sehr schlecht unterrichtet gewesen, cbenso wie die nationalliberalen Blätter mehr Falsches berichtet haben, als Herr Sattler verantworten kann.
Abg. Freiherr von Heereman sZentr.); Was soll eine Debatte bier im Hause? Soll die Gesandtschaft beim beiligen Stuhl ab⸗ geschafft werden? Das wird jur Versöhnung nicht beitragen. Für uns ist die Sache so verletzend, weil wir im Papst das geistige Ober baupt aller Katboliken feben; das Papstthum ist der älteste Thron der Welt, und das verdient Berücsichiigung. Mit kleinlichen Zeitungk eschichten kann man über diese Einrichtung nicht würdig verhandeln.
ie preußische Regierung schickt den Gesandten nicht des Papstes wegen nach Rom, sondern zur Vertretung der Interessen der preußi⸗ schen Regierung und der preußischen Katholiken. Wenn man Frieden haben will, muß man von Parität nicht bloß sprechen, sondern paritätisch handeln; mit den heutigen Verhandlungen tritt man das Recht der Parität mit Füßen; deshalb proteftieren wir gegen eine solche Verhandlung.
5 von Eynern (al); Der Protest wird insofern keinen Erfolg haben, als ich mir das Recht nicht nehmen lassen werde. der⸗ artige Ausführungen zu machen; ich weiß, was diese Ausführungen sollen. Alles, was ich vorgebracht babe, beruht auf offiziellen Akten stũcken. Ist denn die Canistus ˖ Eneveliea eine Zeitungs nachricht? Herrn pon Heereman mag dieser Angriff auf die Protestanten unangenehm sein, zum Frieden dient er jedenfalls nicht. Wenn der Papst sein Bedauern über diese Encyelica, die so mißberstanden werden konnte, aus sprechen würde, so würde er dem Frieden dienen. Ich habe die Staatsregierung nur zur n aufgefordert, ob die Beibebaltung der Gesandtschaft beim
apst nothwendig sei oder zum Frieden diene. Der Finanz ·Minister bat gemeint, daß die Gesandtschaft nützlich sei. Ob über die Canisius⸗ Kundgebungen eine Beunrubigung in evangelischen Kreisen bestebt, darüber haben wir doch in erfier Linie zu entscheiden; deswegen fragen wir nicht beim Zentrum um Erlaubniß an. Das Zentrum würde sich felbst freuen, wenn von der Kurie keine solchen Steine des An— stoßes mehr gegeben würden.
Abg. Dr. Barth (fr Vga.): Es wird hier aus der Maus ein Elerhant gemacht. Für die guten Beziehungen zwischen Preußen und
dem bl. Stubl ist es von untergeordneter Bedeutung, ob ein Ge⸗ sandter beglaubigt ist oder nicht.
Die Zeit ist vorüber, wo die Ge— sandten eine besondere Rolle spielen konnten. In der Zeit des Tele⸗ graphen wird die Politik ven der Zentrale aus gemacht. In Rom kommt es gerade auf die Personalkenntnisse an. Da ein Gesandter einmal vorbanden ist, würde es eine Unfreundlichkeit sein, ibn zu be seitigen. Wir thun also am besten, den Posten, der ja gar nicht an gegriffen ist, zu bewilligen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich bedaure, da diese Debatte eine größere Aus dehnung gewonnen bat, daß das Auswärtige Amt hier nicht vertreten ist; ich kann mich allerdings daher nur mit Reserve ausdrücken.
Nun höre ich eben, daß der Herr Abg. von Eynern mich so ver standen hat, als wenn ich doch eine zukünftige Prüfung der Frage nicht ausschlösse. Meine Herren, jede Etatsposition wird jedes Jahr geprüft, aber eine besondere Veranlassung für die Staatsregierung, die Aufrechterhaltung dieser Position, die sie gewissermaßen für eine zweifelhafte hielte, in Zukunft anders zu prüfen wie jede andere Etatke⸗ position, liegt nach meiner Meinung für die Staatsregierung in keiner Weise vor. Ich babe die Sache durchaus nicht als eine zweifelhafte Frage hinstellen wollen. Ich habe schon gesagt, ich bin persõnlich der Meinung, daß die Aufrechterhaltunz der Position, sodaß vie Staatsregierung in der Lage ist, die Stelle jeder zeit ju besetzen, sowohl im Staatsinteresse liegt als auf dem Wunsche der katholischen Bevölkerung beruht; aber namentlich auch im Staateinteresse. Es kommen naturgemäß gerade in Preußen sehr viele Fragen in diesem Verhältniß zur katholischen Kirche vor, die man nur entscheiden kann, wenn man es möalichst im Ginverständniß mit der römischen Kurie thun will auf Grund der Berichte eines Mannes, der ständig in Rom residiert, der die Verhält⸗ nisse dort genau kennt, der weiß, wie weit die römische Kurie im Stande und in der Lage ist, ihrer ganzen Stellung nach gewisse Wünsche der Staatsregierung zu befriedigen; und umgekehrt, welche Nothwendig⸗ keiten für sie vorbanden sind, vom Staat verschiedene Konzessionen ihrerseits zu wünschen. Das kann nur ein Mann, der mit dem Boden vollständig vertraut ist und die Persönlichkeiten kennt, der die Auf⸗ fassungen der römischen Kirchenregierung durch die Erfahrung kennen lernt. Das kann kein einziger Delegirter. Auf die Aussprüche von Niebubr, die gegeben sind für eine Zeit, die mit der heutigen gar keine Aebnlichkeit hat, wo imzwischen die Stellung der römischen Kirche und die römische Kirchenregierung eine ganz andere geworden ift, nicht minder die Stellung des vergrößerten Preußens — auf solche Aussprüche gehe ich garnicht ein. (Sehr gut! im Zentrum.) Wir massen die Dinge beurtheilen nach dem heutigen Stande der Dinge, und wenn diese Vertretung bei der römischen Kurie einmal unterbrochen ge⸗ wesen ist, so haben wir da keine guten Erfahrungen gemacht, während wir jetzt gute Erfahrungen machen. Ich habe das nur sagen wollen, damit man nicht aus meinen Aeußerungen — ich weiß nicht, ob ich dazu irgend welchen Anlaß gegeben habe — ableite, daß wir diese Position nur als einen provisorischen, vorübergehenden Zustand dar⸗ stellend ansehen — das ist durchaus nicht der Fall. Gewiß können in der Welt immer mal Veränderungen eintreten, für ewige Zeiten können wir Menschen nichts machen, aber diese Position ist für uns ebenso definitiv wie jede andere Position im Etat (Bravo! im Zentrum.)
Abg. Dr. Sattler (nl) verwahrt sich dagegen, daß Herr Dasbach auch ihn, der harmlos und ruhig . habe, in die Debatte gezogen habe; das trage auch nicht zum Frieden bei. Dadurch halte man die Giatsberathung auf. Herr von Heereman solle dafür forgen, daß nicht aus den Kreisen seiner Freunde harmlese Menschen plötzlich überfallen werden. ;
Abg. Dr. Porsch protestiert nochmals gegen die falsche Auf⸗ fassung der Ganistus.Enchyelica unter Berufung auf seine vorjährigen Ausführungen. Die staaisbürgerliche Parität erkennen auch die Kathe. liken an, welche ebenfalls die Verfaffung keschworen haben, wie die evangelischen Mitglieder. . .
Aba. von Eynern (nl): Der Finanz⸗ Minister hat nur seine
ersönsiche Auffasfung vertreten; ich hatte gehofft, daß das Auswärtige mt sich wenigstens die heutigen Verhandlungen anhören würde, nach⸗
D,. dasselbe darauf aufmerksam gemacht hatte, daß sie slattfinden würden. Der Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegen⸗ heiten wird bewilligt, ebenso ohne Debatte die Etats des Bureaus des Staats⸗Minifieriums, der General⸗Ordenskommission, des Geheimen Zivilkabinets, der Ober⸗Rechnungskammer, der Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte, des Dis—⸗ ziplinarhofs, des Gerichtshofs zur Entscheidung der Kompetenz- konflikte, des r, ,, , . in Berlin, sowie die Aus⸗ gaben für Zwecke der Landes vermessung.
Schluß 3i/ Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr. (Etats der Domänen⸗ und der landwirthschaftlichen Ver⸗ waltung.)
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In M. Gladbach ist, wie der Rheinisch⸗Westf. Ztg. ge⸗ schrieben wird, in den letzten Tagen auch in der Kleider ⸗ und Putzwollfabrik von Heinrich Stähn ein Ausstand aus gebrochen. Die uschneider und Bügler sowie die Ar— beiter der Putzwollfabrik verlangten höhere Löhne und sonstige Vergünstigungen, die ibnen abgeschlagen wurden. Daraufhin legten sie die Arbeit nieder, sodaß das Werk einige Tage still lag. Die Firma stellte jedoch sofort Ersatzleute für die Ausständigen an, sodaß der Ausstand bereits mit einer dölligen Niederlage der Arbeiter seinen Abschluß gefunden hat.
In Köln a. Rh. soll, wie die „Corr. Text.“ berichtet, Ostern d. J ein vom Agitations comité der rbeinisch ⸗westfälischen Textil⸗ arbeiter berufener Kongreß der Textilarbeiter Rheinlands und Westfalens stattfinden.
Hier in Berlin droht, einer Mittheilung der Berliner, Volkeztg.“ zufolge, ein Ausstand der Former auszubrechen. Die Berliner Gifenformer sind 1897 monatelang ausständig gewesen. Der Augsstand wurde durch Vertrag vor dem Einigungsamt des Berliner Gewerbegerichts beendet. Eine Beftimmung der Verhandlungen besagte, daß der sogenannte Ausschuß den Formern ohne Abzug angerechnet werden soll. Jetzt sind wegen dieser Finrichtung in verschiedenen Werkstätten Streitigkeiten entstanden. Wie in der letzten allgemeinen Formerversammlunz ausgeführt wurde, werden die Arbeiter, welche die Bejahlung des Ausschusses verlangen, bei manchen Firmen mit Enilassung bedroht.
Kunft und Wissenschaft.
Die reichhaltige Sammlung von nittelalterlichen Münzen und frühesten Thalern des Landgerichts Raths a. D. Hermann Dannenberg in Berlin, Ehren -Präsidenten der Berliner numismatischen Gesellschaft, sowie andere Sammlungen, enthaltend Münzen aus Schlesien, Lausstz, Brandenburg, Preußen, braun— schweigische Münjen und Medaillen, neueste, deutsche Thaler, Münzen und Medaillen des Hauses Löwenstein ꝛ2c., gelangen am Montag, den 6. Februar, und den folgenden Tagen im Lokale und unter Leitung des Experten Adolph Heß Nachfolger in Frankfurt a. M. (Mainjer Landstraße 49) zur öffentlichen Ver⸗ steigerung. Die Sammlung kann außer am Sonntag, den 8. Fe— bruar (1 bis 1 Uhr), auch wochentäglich bis jum 4. Februar wãhrend der üblichen Geschäftestunden besichtigt werden. Der Katalog ist von der genannten Firma zu beziehen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die XXVII. Plenarversamalung des Deutschen Lande wirthschaftsraths findet in der Zeit vom 20. bis 24. Februar d. J. in Berlin mit folgender Tagesordnung statt: 1) Entwur eines Sypo⸗ thekenbankgesetzes. 2 Entwurf eines Invalidenversicherungsgesetzes. 3) Entwurf eines Gesetzes über die privaten Versicherungsunter⸗ nehmungen. 4) Entwurf eines Fleischschaugesetzes. 5) Gesetzentwurf, betr. Abänderung des Bankgesetzes. 6) Gesetzentwurf, betr. Check- und Ausgleichungsverfahren durch Vermittelung der Postanstalten. 7) Gesetzentwurf, betr. Fernsprechwesen. 3) Maßnahmen gegen die Einführ von Pjerden. 9) Einfübrung eines wettertelegraphischen Dienstes für die deutsche Landwirthschaft. 10) Maßnahmen zur För⸗ e ! der Zucker⸗Industrie. 11) Die Zollvergütung für ausgeführtes
e
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Der Ausbruch der Maul-! und Klauenseuche ift, dem Kaiserlichen Gesundbeitsamt gemeldet worden vom Schlachtviehhofe zu Bremen am 27. Januar und vom Viehmarkt Restbestand in den Stallungen an der Kämpstraße zu Ham burg am 28. Januar, das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche vom Viehhofe für Großvieh zu Nürnberg am 28. Januar.
Port Louis (Mauritius), 28. Januar. (W. T. B.). Die Meldung des „Reuter'schen Bureaus“, daß hier ein Pe st fall vor— gekommen sei, bestätigt sich. Es sind noch andere Erkrankungen an der Pest feftgestellt worden. Alle zur Verhinderung der Weiter veibreitung nothwendigen Maßregeln wurden getroffen.
Dänemark.
Nach einer Bekanntmachung vom 23. d. M. hat der Königlich dänische Minister für Landwirthschaft das Verbot der Aus— fubr von lebendem Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen von Jütland nach den übrigen Theilen Däne— marks und nach dem Auslande — vgl. „Reichs ⸗ Anzeiger“ Nr. 274 vom 19. November v. J. — aufgehoben.
Sansibar.
Zur Verhütung der Einschleppung der Pest ist in Sansibar unter dem 9. 9. M. eine im wesentlichen auf den Bestimmungen der Venediger Sanitätskondention von 1897 beruhende Quarantäne- n erlassen worden. (Vergl. auch ‚R. Anz.“ Nr. 306 vom
. v. 1
BHandel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 28. d. M. gestellt 14 672, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Qberschlelien sind am 28. d. M. gestellt 4030, nicht recht⸗˖ zeitig gestellt keine Wagen.
Zwangsversteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht Ii Berlin standen die nachbeieichneten rundstũcke zur Versteigerung: Grundstück zu Friedrichsfelde, angeblich Wilbelmstraße 3 belegen, der verehel. Schlächtermeister Marie Amalie Luise Günther, geb. Haase, zu Friedrichsfelde gebörig; Fläche 8,20 a; Nutzungswerth 471 M; für das Meistgebot von 13 000 0 wurde Schlächtermeister Jultus Schneider in Berlin, Thgerstraße 58, Ersteher. — Grundstück zu Schöneberg, angeblich Würzburgstraße 7 belegen, dem Maurer meister Eduard Walter in Berlin geh dig; Flächt 8, 28 a; Nutzunge⸗ werth 13 220 1; für das Meistgebot von 261 9090 S wurde der Kaufmann Bernhard Michaelis in Berlin, Steglitzerftraße 69, Ersteher. — Grundstück zu Marienfelde, dem Oberleutnant Marx Boldt in Posen gehörig. Fläche 20,18 a. Nutzungswerth nicht angegeben. Für das Meistgebot von 21 909. wurde der Rentier Wilhelm Müller in Südende bei Berlin, Langestraße 6, Er— steher. — Grundstücke zu Schönerlinde, dem Kaufmann
Louis Richter und der verwittweten Charlotte Wygodzins ki, geb. Münzer, und Genossen gehörig. . ertrag 284/90 Thaler. Flächenraum 6 ha 47,20 a. 6 das Meist ⸗ gebor von 2900 ½½ wurden der Kaufmann (jeßt Monteur Louis Richter zu Berlin, Magdeburgerftraße 15, und der Kaufmann Adolf Richler ju Berlin, Prinzenstrate 80, Ersteber. — Griundftäck zu Schönbolz, am Roseatbaler Wege belegen, dem Fubrherrn Wil b. Dowe zu Reinickendorf, . Sa, gebörig. Fläche II a. Nutzungswerth 800 ½ Für das Meistgekot von 19 000 4M wurde Rentier Carl Tempelbof in Berlin, Koloniestraße 106, Er⸗ steber. — Grundftück zu Hohen ⸗Schönhausen, Berlinerstraße 15, dem Restaurateur Louis Steuer ehenda gehörig. Fläche g.22 a. Nutzungswerth 1177 ½ Für das Meistgebot von 49 160 4 wurde Rentler Franz Finck in Berlin, Bethanienafer 6, Ersteher. — Aufgehoben wurde das Verfahren, betreffend die n, versteigerung der nachbenannten Grundstücke: Za Teltow, angebl ch Linrenftrate 5 belegen, der Frau Klempnermeifter Anng Schweitzer, geb. Schulze, in Teltow gehörig. — Zu Deutsch Wilmersdorf, angeblich Berlinerstraße 140 belegen, dem Handelsmann Carl Gericke ebendaselbft gehörig. — Zu Deu tsch⸗ Wilmersdorf, Achenbachstraße 29 belegen, dem Zimmermeister Julius Lindenberg in Berlin gehörig. . .
Beim Königlichen Amtsgericht zu Charlottenburg ist das Verfahren der Zwangsversteigerung des im Grundbuche von der Stadt Charlottenburg, Band iI Blatt Nr. 135, auf den Namen des Sängers Alfred Irmer eingetragenen, zu Charlottenburg, Drangenftraße 2, belegenen Grundstücks aufgehoben worden. Die Termine am 7. und 8. Februar d. J. fallen fort.
Liquidationskurse der Berliner Börse für Ene Januar 1899. 300 Deutsche Reichs Anleihe 93, 50, 30 Preuß. Ronsols 5350, Desterreichische Kredit ⸗Aktien 225, 5, Lombarden 39400, . 154,0, Berliner Handelsgesellschaft 169,75, Darmstädter
ank -Aktien Mark⸗St. 156,10, Deutsche Bank⸗Aktien 14 90, Dis- konto⸗Kommandit⸗Antheile 202,25, Dresdner Bank 165,165, National⸗ bank fur Deutschland 151,096, Russische Bank für auswärtigen
ndel 169,00. Dortmund ⸗Gronau 173,35, Lübeck-Büchener 177,9, Marienburg. Mlawta S3, 00, Ostpreußische Südbahn 95,50, Busch⸗= tehrader 326.90, Canada Pacifie 82,99 Gotthardbahn 142,50, Italienische Meridional 146.90, do. Mittelmeer 198,23. Jurg-⸗ Simplon (konp. Schwz. W 57,00, DOesterreichische Nordwest⸗ bahn 122,590, do. do. Elbethal 131,09, Prince Henri 104,25, Trangpaal 2z07,75, Schweizer Zentralbahn 140,50. do. Nordost⸗ bahn S5, 5o, do. Union 77 25, Warschau⸗Wiener 407,350, Italienische 4600 Rente 94,50, Mexikaner 60 Anleihe 100,0, do. v. 1890 100,0. Oest. 1866er Losse 149,50, Russische 40/0 Konsols 101,50, do. 09 80er Anleihe 101,50, do. 40½ Rente 1091,90, C. Türken konv. 28,00, D. do. 23, 30, do. Lonse 114 00 Ungarische 40a Gold⸗Rente 100,50, do. Kronen. Rente g8, 0, Russische 35 0 Gold- Anleihe 8975, do; 3 Cso Gold⸗Anleihe 94,25, Chinesische 55/9 do. 98,75. mburg. Packet ; fahrt⸗Akt. 122,75, Norddeutscher Llovd 114,75, Trust Comp. 181,75, Spanier 51,060, Northern Pref. S0, 25, Russische Banknoten 216,50, Buenos Aires 42,75. eutig amtlicher Durchschnitts kurs für deutsche Fonds und Eisenbahn-Aktien. Amtlicher Durchschnitts kurs vom 30. d. M. für Desterreichische Noten, Wechsel pr. Wien und St. Petersburg.
Kaufmann
Berlin, 28. Januar. Marktpreise nach Grmittelungen ges Töniglichen e , dn, n. (Höchste und niedrigfle Preise.) Per Dopvel⸗Itr. für. * Weizen 17 00 ; 16,00 6 — Roggen 15,20 41; I4, 606 Æ — Futtergerste 14 20 6; 13,00 M — Hafer, gute Sorte, 15,40 M; 14530 M — Mittel⸗Sorte 14,80 ; 1430 A — geringe Sorte 1420 AÆ; 1370 Æ4 — Richtstroh 4,99 „; 3,32 6 — Heu 6.70 M; 4,390 M6 — **Erbsen, gelbe, zum Kochen 0,00 MÆ ; 20, 0 M — **Speisebohnen, weiße 50,00 S; 24,00 S — Linsen 7000 M ; 3000 M6 — Kartoffeln 6,00 MM; 400 6 — Rindfleisch von der Keule 1 Kg 1, 60 4; 1,20 M — dito Bauchfleisch 1ẽRg 120 ; 0,90 44 — Schweinefleisch 1 kg 1, S0 46 1,20 A — Kalbfleisch 1 kg 1,70 M; 1,00 ½6 — Hammelfleisch 1 Rg L650; 1L0O0 M — Butter 1 Eg 260 A*; 200 MÆ — Gier 69 Stü h. 00 M; 2,30 S — Karpfen 1 Eg 2-00 A; 120 M — Aale 1 kg 309) M; 1,0 S6 — Zander 1 kg 2,40 ; 1,00 M — Hechte 1 R 2.00 1; 1,00 M — Barsche l kg 160 SMε; O, So S6 — Schleie 11g 2580 M ; 1,20 M — Bleit 1 Kg 1,40 M; 0, So AÆ — Krebse 60 Stück 12,00 MS; 3,50 S
Ermittelt pro Tonne von der Zentralftelle der preußischen Land⸗ wirthschaftskammern — Notierungsstelle — und umgerechnet vom Polizel⸗Präsidium für den Doppelientner.
FRleinhandelspreise. ᷣ
Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlachtviebmartt vom 28. Januar. Zum Verlauf standen: 4575 Rinder, 1001 Kälber, 69651 Schafe, 7774 Schweine. Mart t⸗ dretse nach den Ermittelungen der Preisfestsetzungs⸗Kormmission; Bezahlt wurden für 109 Pfund oder 50 kg S lachtgewicht in Mark (benr. für 1 Pfund in Pfg.): Für Rinder: Ochsen: I) vollfleischig, ausgemästet, höchsten Schlachtwerths, höchstens 7 Jahre alt, 59 bis 64; 2) sunge fleischige, nicht ausgemästete und ältere ausgemästete 54 bis 58; 3) mäßig genährte junge und gut genährte ältere 51 bis 53; 4) gering genahrte jedes Alters 47 bis 59. — Bullen: I) voll⸗ fleischlge, höchsten Schlachtwerths 57 big 61; 2) mähig genährte sängere und gut genährte ältere 3 bis S6; 3) gering genährte 48 big 52. — Färsen und Kühe: 1). a. vollfleischige, auagemaftete Faͤrsen böchsten Schlachtwerths — biz —; b, vollsleischige, aus= jemästeke Kühe höchsten Schlachtwerthg, höchstenß 7 Jahre alt, 53 bis 5a; 2) altere ausgemäftete Kühe und weniger gut ent⸗ wickelte fängere 52 bis 53; 3) mäßig genäͤhrte Farsen und Tühe
50 olz 52; 4) gering , . Färsen und Kühe 46 biz 43. Kälber:
1, feinste Mastlälber (Vollmilchmast) und beste Saugkälber 72 hie 75; 2 miltlere Masttälber und gute Saugfälber 66 bis 70; 3) geringe Saugkälber 60 bis 66; 4) ältere gering genährte Kälber (Fresser 45 biz 50. Schafe: 1) Mastlämmer und füngere Mafthamme 66 bie 62; 2) Iltere Masthammel 54 bis 58; 3) mäßig genährte DVammel und Schafe (Merischafe) 48 bis 52; 4) Holsteiner Niederungs⸗ schafe — bis — auch pro 190 Pfund Lebendgewicht — bis — Schweine: Man jablte fär j60 Pfund lebend (oder 50 Kg) mit 20 50 Tara Abjug: I) vollfleischige, kernige Schweine seinerer Raffen und deren Kreujüngen, höchstenz 14 Jahr alt, a. 53 bis 54, b. über 300 Pfund lebend (Täse) — bis —; 2) fleischige Schweine 51 bis hö; gering entwickelte 45 biß 50, Sauen 47 bis 50 -M
49 — 50 16, do.
Viktoria ⸗ Erbsen 18 — 215 M, Erbsen 18 —19 , Futtererbsen 14 — 16 4, inl. weiße Bobnen 20 =- 22 60, Flachbohnen 21 —23 , Ungar. Bohnen 17—18 Galiz.“ russ. Bohnen 16— 17 46, große Linsen 43 — 18 6, mitte do. IJ4 = 40 S, kleine do. 24 — 54 M½ι, weiße Hirse 19 — 21 , gelber Senf 27— 36 M, Hanfkörner 23 — 25 6, Winterrübsen 21 big IJ M, Winterrapg T2 — 225 6, blauer Mohn 60 — 66 , weißer do. 16 - 50 S, Buchweizen 14—– 17 , Wicken 14 — 15 6, Pferde bohnen 14 — 14 M6, Maigz loko 11— 11 46, Leinsaat 22 - 23 „, Kümmel 38 — 45 S, la. inl. Leinkuchen 144 — 15 (6, do. ru. do.
sstärke Ja. 28 - 30 6, 16—18 S, grüne
14— 16 6, Rapttuchen 13—14 M, la. Marseill. Erdnußkuchen