1899 / 33 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 07 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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daß ein kein verbrieftes

und wann neue Bestimmungen über die Arbeitszeit der Beamten und Unterbeamten erlassen werden sollen. Es sind viele Beamte weit über das vorgeschriebene Maß hinaus dienftlich in Anspruch genommen vorden. Der Staatssekretär hat bei der vorjãhrigen Eiatsberathung eine Aufklärung über diese Frage in Aussicht gestellt. Ferner frage ich, ob der freie Sonntag nach dem Nachtdienst als ein halber Feiertag angerechnet werden soll. Den Beamten, die Sonntags Morgens übermüdet vom Nachtdienst nach Hause kommen, kann man doch den Sonntag Nachmittag nicht mehr als besonderen freien 2 anrechnen. Eine darauf kejügliche sehr alte Bestimmung, wena in solchen Fällen ein balber freier Tag angerechnet werden soll, sollte nicht mehr aufrecht erhalten werden. Redner wendet sich dann gegen eine Verfügung, welche dabin gehe, daß ein Postbeamter, der mehr als 24 Stunden vom Dienst frei ist, sich nach Ablauf der 24 Stunden melden müsse; also z B. wenn et am Montag Mittag erst wieder in den Dienst brauche, müsse er sich bereits Morgens melden. Das sei ein =, Mißtrauen gegen die Beamten. Einzelne Sber-Postdirektoren, fährt Redner fort, verhalten sich sehr verschiedenartig bei der Bewilligung von Erholungsurlaub. Der Staatssekretär sollte feinerseits für eine gleichmäßige Behandlung Sorge tragen. Es sieht beinahe so aus, als wenn das Plus an Er⸗ bolungsurlaub wettgemacht werden soll durch ein Minus an Sonntagsruhe. Die Postdirektoren haben sich in den Wablkampf vielfach eingemischt. In Tilsit hat Graf Pourtalss sich der Beihilfe des Postrirektors bedient, um eine Empfehlung seiner Kandidatur bei den Postunterbeamten zu erreichen; in seinen Wahlreden und Flug⸗ blättern versprach er den Postbeamten alles Mögliche an Gehalts⸗ verbeffungen. Der Postdirektor hat bestritten, daß er ein Zirkular erlassen habe. Die Sache ist in der Tilsiter Allgemeinen Zeitung erörtert worden, und bei dem gerichtlichen Verfahren dagegen ist fest⸗ gestellt worden, daß er wohl um das Zirkular gewußt hat. Gin Mann, der also wissentlich die Unwabrbeit gesagt bat, ist des Vertrauen, unwürdig. Ein solcher Mann müßte von der Stelle entfernt werden, an der er sich be⸗ findet. (Vije⸗Präsident Dr. von Frege; Ich bitte den Redner, doch nicht einen Beamten wiederholt der wissentlichen Unwahrheit zu be⸗ zichtigen; die Thatsache der Unwahrheit mag feststeben, aber das Wissentliche kann der Herr Abgeordnete doch nicht beweisen) Ich füge mich, aber ich weiß nicht, wie die Sache sonst klargestellt werden kann. In Saalfeld sind die Assistenten bestraft worden wegen der Verschweigung der Wabrbeit. Daneben kann dieser Fall nicht bestehen bleiben, daß die Hintansetzung der Wahrheit in politischen Fragen strafftei bleibt. Staatssekretãr des Reichs⸗Postamts von Podbielski: Ich habe, glaube ich, bereits neulich Veranlassung gehabt, die Stellung der Verwaltung uach der Richtung hin klas festmulegen, daß ich fär die Ausübung der Dienstjzucht meinem Vorgesetzten, dem Herrn Reiche kanzler, verantwortlich bin, und daß ich es jurückweisen muß, wenn der Herr Abg. Müller glaubt, eine Berechtigung zu haben, einzugreifen und mir Vorschriften über die Art der Ausübung der Dienftzucht zu machen. Ich bin jeder Zeit gern bereit, alles Material dem hohen Hause vorzulegen; aber wenn der Hert Abgeordnete, der nicht sämmtliches Material zur Verfügung hat, sondern ven seinem einseitigen Standpunkt ausgebt, glaubt, mir darũber Vorschriften machen zu können, wie ich die Dienst⸗ jucht autzüben soll, so lehne ich das unbedingt ab. (Unruhe, Wider⸗ srruch und Zurufe links) Ja wohl, meine Herren, gar unbedingt! Daräber bin ich nur dem Herrn Reichskanzler verantwortlich. (Zurufe linke) Rein, meine Herren! Verwechseln wir das nicht, das ist gan etwas Anderes dafür bin ich nicht dem hohen Reichstag ver⸗ antwortlich. Wir würden sonst dann auf dem Standpunkt stehen, daß die Beamten vom Reichstage gewählt werden. Soweit sind wir noch nicht in unserm deutschen Vaterland! ; Was diesen Fall anlangt, so kann ich nur erklären: mit meinem Diffen und Willen ift nirgend eine politische Agitation seitens der Postverwaltang unterftützt worden, und wo es gescheben ist, meine Herren, bin ich, unbeirrt um irgend welche politische Parteiungen, jederzeit eingeschritten. Sie führen gerade diesen Fall dort an; Sie seben ja, daß ich dort eingeschritlen bin, denn, um Klarheit ju schaffen, babe ich, da ich nicht ãberseben konnte, wie die Sache lag, veranlaßt and befohlen, es sollte geklagt werden. Besser kann ich doch wirklich

J ist nicht ein Druck von anderer Seite geübt, sondern auf meinen

direkten Befebl äft die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. Dabei ift der Redakteur wegen seiner verschiedenen Benichtlgungen verhört und wie der Herr Abg. Müller ganz richtig sagte verurthellt worden. Weiter aber, meine Herren, habe ich nicht einen Moment geschwankt, dem Herrn Postdirektor mein ernstes Mißfallen äber diese Sache auszusprechen. Ich bin auch in anderen Fällen ein⸗ geschritten, wovon den Herren nichts belannt geworden ist. Ich erachte es eben nicht für richtig, daß eine Berwaltung, die der Allgemeinheit dient, durch einseitiges Vorgehen für eine Partei den Anschein aufkommen laßt, als wenn sie dieser Partel Vorschub leifte. (Sehr gut! in der Mitte.) Also in dieser Beziehung kann man sich nicht beklagen; ich glaube im Gegentheil, daß mir das Haus darin zustimmen wird, daß ich die Angelegenheit dem Gericht übergeben habe, um Klarstellung zu schaffen. Daß mitunter ein Febler eines Beamten vorkommt, ist ja natürlich; ich selbst spreche mich nicht schuldfrei, ich bin auch nicht ohne Fehler und unfehlbar. So mag auch der betreffende Postbeamte gefehlt haben. Aber das ist zweifellos: ich bin in der Sache aber nicht in der Art vorgegangen, wie der Herr Abg. Müller sie darzustellen und mit Saalfeld zu kombinieren versucht hat.

Wag die übrigen Punkte anlangt, so wird Herr Ministerial⸗ Direktor Wittko Ihnen darüber Auskunft geben, daß in der Reichs. Postverwaltung das Bestreben herrscht, bestehende Ungleichheiten be⸗ treffs des Dienststundenplans und der Sonntagsruhe auszugleichen. Aber, meine Herren, vergessen Sie geneigteft nicht, daß in jedem Orte die Verhältnisse verschieden liegen. Eigenthüm ˖ lich ist es auch, daß in demselben Moment, wo der Herr Abg. Müller sich mit der Apostrophe an die anderen Herren wendet: Schutz des Gottesdienstes, er sich mit der Apostrophe an mich wendet, warum werden die Briefe, die zwischen 8 und 9 Uhr früh ankommen, nicht bestellt? Wir haben es eingeführt, daß am Sonntag nur eine Be stellung sein soll; eine häufigere Bestellung ist eben nicht möglich mit Rücksicht auf die Sonntagsheiligung. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

Ich möchte noch die Bitte anknüpfen: wäre es nicht möglich, diese kleinen Detailfragen lieber in der Budgetkommission zu berathen lsehr richtig! rechts und in der Mitte), als hier im Plenum, wo die Fragen nicht so gründlich behandelt werden können und mehr Zeit in Anspruch nehmen? (Sehr richtig! und Bravo! recht.)

Direktor im Reichs⸗Postamt Wittko: Meine Herren! In Bezug auf die Frage wegen des Dienststundenmaßes der Beamten und Unter⸗ beamten habe ich kurz anzugeben, daß neuerdings Bestimmungen darüber nicht ergangen sind; aber entsprechend der von dem Herrn Staatesekretär im vorigen Jahre ertbeilten Zusage sind über diese Materie Berichte von den Ober ⸗Postdirektionen eingefordert worden, über das Dienststundenmaß sowohl der Beamten als der Unter⸗ beamten. Diese Berichte liegen vor, sie sind gesichtet, es haben darauf auch die Besprechungen in der Abtheilung begonnen, sie werden binnen kurzem zu Ende geführt werden, und die Abtheilung wird dann in der Lage sein, dem Herrn Staatssekretär die Vorschläge zu unterbreiten, sodaß binnen kurzem die Verfügungen darüber werden erlassen werden können. Bei der Gelegenheit werden dann auch alle Einzelfragen ihre Erledigung finden, die der Herr Vorredner aufgestellt hat, namentlich also auch die Frage, in wieweit ein freier Sonntag nach dem vorangegangenen Nachtdienst als dienstfreie Zeit zu rechnen ist, ferner auch die Frage, welche Fristen als dienstfreie Zeit iu geben sind in der Zeit vom Sonnabend bis zum Montag. Es werden im übrigen die anderen Fragen, die der Hert Abgeordnete aufgestellt hat. wegen Remscheid und wegen der Urlaubsfrage in Aachen einer näheren Prüfun unterzogen werden. In Betreff der Urlaubsfrage möchte ich nur kurz no anführen, daß auch im letzten Jahre die Erholungsurlaube in erbeblichem Maße eine Ausdehnung erfahren haben, ganz besonders für die Unterbeamten. Im Jahre 1897 waren von sämmtlichen etatsmäßig angestellten Ünterbeamten 47 9 auf je 6 Tage im Durchschnitt beurlaubt worden, und im Jahre 1898 hat sich das gesteigert auf 63, 0/0 mit je Tagen pro Mann, mit Einschluß der Landbriefträger; von den nicht etats. mäßig angestellten Unterbeamten sind im Jahre 1897 2109 beurlaubt gewesen auf je 4 Tage, und das hat sich gesteigert im Jahre 1898 auf 25 0/0 mit je 41 Tagen. Die Aufwendungen, die aus der Kasse für die Erholungsurlaube der Unterbeamten gemacht worden sind, haben sich gefleigert vom Jahre 1887 mit 85 460 M auf 194 256 im Jabre 1598, also um mehr als das Doppelte. Daraus geht tlar bervor, daß die Angelegenheit wegen der Erholungsurlaube der Unter beamten in der beften und erwünschtesten Entwickelung begriffen ist.

Abg. Rickert (fr. Vgg.); Ich beantrage, den Antrag Basser⸗ mann an die Budgetkommission, zurückzuüberweisen. Der Staats ⸗˖ sekretãr antwortete, daß er für die Dienftzucht lediglich dem Reichs⸗ kanzler verantwortlich sei. Aber der Reichskanzler ist dem Reichstage verantwortlich; also indirekt ist der Staatssekretär auch dem Reichẽ⸗ tage verantwortlich als Stellvertreter des Reichskanzlers. Wie kommt der Staatesekretãr dazu, als Schreckgespenst hinzustellen, daß das dahin führen würde, daß die Beamten vom Reichstage gewählt würden? Dieser Schluß war etwas kühn! Wenn der Staatssekretär trotzdem erklärt bat, daß er eingeschritten sei, so hat er diese Antwort nur gegeben in dem Bewußtsein seiner Veran lichkeit vor dem Reichstage. Herr Müller ⸗Sagan war vollständig berechtigt, zu fragen, ob das Einschreiten in diesem Falle auch genügte. Wir werden es uns niemals nehmen lassen, den Staatssekretär bei jeder Amtshandlung auch uns gegenüber verantwortlich zu machen.

Äbg. Möller (nl): Ich glaube auch namens meiner Freunde erklären zu können und zu müssen, daß der Staatssekretãr de fagto uns als Stellvertreter des Reichskanzlers hier verantwortlich ist. Ich bin einverftanden mit der Zurücküberweisung des Antrages Basser⸗ mann an die Budgetkommisston, um diese schwierige Frage gründlich zu berathen. . ;

Abg. Len zm ann (fr. Volkep.): Der Staatesekretär bat aller- dings sein Mißfallen über den 9. in Tilsit ausgesprochen. Aber vielleicht spricht er ein noch viel schärferes Mißfallen aus, wenn er erfährt, wie geradezu ungesetzlich der Pofstdirektor in Tilsit Väter verfahren ist. Er bat bestimmt, daß die ‚Tilsiter Allgemeine Zeitung nicht verbreitet werden solle, obwohl die Zeitung weder gerichtlich noch staatsanwaltschaftlich beschlagnahmt war. Er ist deshalb zur Rede gestellt worden und hat sich damit , daß ein Poftbeamter ihm erzählt habe, irgend ein Assessor habe die Absicht, die Jeitung zu beschlagnahmen. Die Postverwaltung bat alle Ver⸗ anldffung, sich mit dem ferneren Verbleiben eines sich derartig ungesetzlich benehmenden Beamten zu beschäftigen. Redner bringt einen Fall zur Sprache, wonach ein Poftdirektor erklärt haben soll, daß die Post keine westfälisch Gätergemeinschaft kenne, daß daher ein Ehemann aufgefordert worden sei, * von seiner Frau eine Postvollmacht aus⸗ ftellen ju lasfsen. Die Beschwerde werde an die höheren Instanzen gehen, und hoffentlich werde der Poftdirektor belehrt werden, 7 er h um die Gefetze zu kümmern und dem Publikum eine höfliche

antwort zu geben habe. . Staatssekretãr des Reichs⸗Postamts von Podbielskti:

Die erste Angabe des Herrn Lenjmann anlangend, so bin ich wirklich augenblicklich nicht orientiert genug; ich werde mir aber sofort die Akten kommen lassen und Herrn Lenzmann das Resultat meiner Nachforschung unterbreiten. Es ist thatsächlich, wie ich schon oft aus⸗ führte, nicht mein Wille und meine Absicht, daß irgend ein Beamter die Gesetze des Landes nicht beobachtet. Ich glaube, die Post

kann vollez Vertrauen nur genießen, wenn sie sich streng an die Landes⸗

nicht vorgeber, als wenn ich im öffentlichen Gerichtsverfahren die Sache klar lege. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte) Also es

Was den weiteren von Herrn nimanan augefübrten Fall anlang so trifft er einen der intritateften Punkte der Dostverwaltunge die Firmeneintragung und die Verpflichtung der Post, den Firmen die

Sichen richtig arombämdigen, obne daß darang Gähwwier leiten a.

stehen. Es haben z. B. in Oberschlesien Fälle gespielt wit Ver einigungen, wo eg nach dem Statut unendlich schwer war und ist, festzustellen, an wen bebhändigt werden soll. Was kommen alles für Sachen in Handel und Wandel vor: heute besteht eine Firma, und plötzlich etabliert sich eine andere mit fast gleichlautendem Namen u. s. w. ((Sehr richtig) In dem speztellen Fall kann es ja sein, daß die untergeordnete Behörde nicht richtig gehandelt hat. Aber der Instanzenzug ist noch nicht erschöpft (hört! hört! rechts und in der Mitte), da die Sache noch nicht dem Reichs⸗ Postamt vorgelegen hat. (Hört! hört) Wenn von mir aus eine Entscheidung ergangen ist, und Sie glauben dann, daß ich Unrecht habe, dann können Sie die Sache diesem bohen Hause unterbreiten. (Lebhafte Zustimmung rechts und in der Mitte) Aber die Sache ift noch nicht zu mir gekommen. Außerdem, wenn vielleicht ein Postdirektor einmal eine harmlose Redensart macht, wie die: die Post kümmert sich nicht um die Beftimmungen des West⸗ fälischen Güterrechts, dann liegt das wohl daran, daß er nicht in dem⸗ selben Maße wie die Rechtsanwalte Ursache hat, jedes Wort abzu⸗ wägen, aber eine Unköflichkeit kann ich darin nicht sehen. Und was überhaupt die Klagen über Unhöflichkeit betrifft, so glaube ich, die Herren werden mir zugestehen, daß die Poftbeamten nicht unhöflicher geworden sind. Ich kann bier nur konstatieren, daß dank der Einwirkung der höheren Postbeamten Ausschreitungen im all⸗ gemeinen unterbleiben. Ich will nicht leugnen, daß mal ein einzelner Fall vorkommt, aber in der Summe können Sie, wenn Sie die Zeitungen durchsehen, nicht sagen, daß etwas von Belang vorgekommen ist. Mein Bestreben ist es immer, höflich gegen das Publikum, gerecht und offen gegen die Beamten zu sein. (Bravo!)

Abg. Singer (Soz.) hält es auch für zweckmäßig, die Frage der Direktorengehäller in der Budgetkommission zu erörtern. Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski:

Der Abg. Singer hat von Subordination gesprochen, in die ich den

Reichstag bringen wollte, der Reichs ⸗Postverwaltung oder meiner Person

gegenüber. Das hat mir völlig fern gelegen, und ich glaube, wenn Sie

meinen Ausführungen gefolgt sind, so werden Sie gefunden haben, daß

sie sich lediglich gegen die Darlegungen des Abg. Dr. Müller (Sagan)

richteten, die darin gipfelten, daß dem Postdirektor ein erheblicher,

schwerer Vorwurf hier öffentlich gemacht wurde, ohne daß der Betreffende

sich zu vertheidigen in der Lage war, und daß mir darüber, wie ich

die Dienstzucht ausüben sollte, gewissermaßen Vorschriften gemacht

wurden. Ich habe ausdrücklich erklärt, ich bin bereit, jeden

Fall offen und klar dem Reichstage zu unterbreiten; das ist ein

anderes Ding, meiner Ansicht nach, als wenn der Reichztag bezüglich

des Strafmaßes und in welcher Weise ich vorzugehen habe,

der Verwaltung etwa Vorschriften machen will. Was der

Abg. Singer angeführt hat, sieht so aus, als wenn

er der Reichs Postverwaltung und mir gegenüber ein Räckzuge⸗ gefecht noch anfangen will, wo er noch einige Kanonenschüsse abgiebt, aber sich eigentlich schon in einer nicht gerade sebr angenehmen Position befindet. (Zuruf links) Zunächst ich glaube, richtig seine Worte gehört zu haben sagte er: der Reichskanzler ist dem Reichstage für alles verantwortlich, was im Deutschen Reich vassiert. Ja, meine Herren, das ist unmöglich, und ich meine, das hohe Haus wird nicht glauben, so weit gehen zu können und zu dürfen. Weiter hat der Abgeordnete gesagt, ich wollte mich aus einer Schlinge ziehen. Ich glaube, ich habe von vornherein dem hoben Hause das Eine unterbreitet, daß ich die Straffestsetzungen nicht von untergeordneten Behörden habe vornehmen lassen, sondern sie persönlich vorgenommen habe, um vor Ihnen dafür hier die Verantwortung zu übernehmen. Also ich habe doch wahrlich nie ein Bestreben gezeigt, mich aus einer Schlinge zu ziehen, sondern, im Gegentheil, das, mit meiner Person voll und ganz für das einzutreten, was gescheben ist. (Bravo! rechts) Weiter sagen Sie, Herr Abgeordneter Singer, ich hätte Laster und Niederträchtigkeiten Ihnen vorgeworfen. Meine Herren, Sie kennen mich wahrlich doch lange genug; bin ich eine Persönlichkeit, die irgend Jemand, der mit mir verkehrt und mir bekannt ist, Gemeinheit oder Laster oder Aehnlicheg vorwirft? Ich glaube, das können Sie in keinem meiner Worte, wenn Sie die Stenogramme durchsehen, finden. Ich habe nur gesagt: ich halte es für völlig ausgeschlossen, daß ein Beamter, der den Eid der Treue dem Kaiser geleistet bat, sozial⸗ demokratischen Agitationen nach irgend einer Richtung bin Vorschub leistet. Gesinnunggriecherei zu treiben, ist nicht meine Absicht, und wenn mir unter Hinweis auf den Saalfelder Fall vorgeworfen wird: warum gehst du nicht gegen die Anderen vor, die solche Dienststunden⸗ plãne veröffentlicht haben? so muß ich sagen, jener Fall ist durch Zufall an mich gekommen, nicht durch mein Bemühen; ich will nicht Jeden schwören lassen, ob er den Plan veröffentlicht hat. Ich balte das nicht für richtig. Aber wenn ich einen Fall herausfinde, der des Ein schreitens bedarf, dann trete ich mit meiner Person ein, wie dies hier der Fall war. Die geringe Zahl von Bestrafungen, die ich leider habe eintreten lassen mussen, beweist, daß ich nicht mit rauher Hand vorgehe. Ich frage mich oft: haft Du nicht zu großes Wohl wollen, und ist nicht Dein Wohlwollen vielleicht geeignet, die Ord- nung im Dienstbetriebe, deren Grundlage die Dienstzucht doch ist, unter Umständen in Frage zu stellen? (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Lie ber (Zentr.): Der Reichskamler und seine Stell vertreter sind dem Reichstage verantwortlich für alle bereits ge⸗ troffenen Maßnahmen, aber nicht für erst noch zu treffende Maßnahmen. Die erstere Verantwortung wollte der Staats · fekrelär wohl auch nicht ablehnen. Die soldatische Aufrichtig˖ keit und Sffenberzigleit hat mir gerade an dem Staäaté= sekretãr gefallen. Daran sind wir nicht sehr gewöhnt, der Reichstag sollte das sehr hoch schaͤtzen. enz⸗ mann hat eine noch im Instanzenwege befindliche Sache hier vorgebracht. Das ist bedenklich, weil damit eine alte Hebung des Reichstages verlassen wird, daß wir uns mit solchen Fragen erft beschäftigen, wenn der Instanzenweg erledigt ist. Herr Singer hat gemeint, den Staatssekretär für das Vorgehen des Tilsiter Post⸗ direktors verantwortlich machen ju können. Sollte den Aich n, Beamten nicht das maßlofe Vorgehen soꝛialdemokratischer Blätter gegen die Postverwaltung bekannt eworden sein? Ich weisfe nur auf das Vorgehen des „Vorwärts“ hin gegen über dem Staatssekretãr, der 4 aj seiner Erkrankung hierher schleypt und in Pflichttreue sein Ressort vertritt. Solcher

Gefühls robbe gegenüber wäre es kein Wunder, wenn die Postbeamten 96 sind. . ist erst heute eine Menge von hämischen Angriffen

gesetze bält. (Sehr gut !)

des „Postboten? zugestellt worden von Beamten, die darüber emport

vᷣlteßlich . cialchreitet so sind die.

sen daran schuld, welche , . in dieser Art und reien. . empfiehlt falls die Kor . des .

mages Baffermann an die Budgetkommission. Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski: Ich halte mich für verpflichtet, weil der Herr Abg. Dr. Lieber

; meine Ausführungen betreffs des Tilsiter Falls vielleicht nicht ganz

genau gehört hat, dieselben nochmals karz zu wiederholen.

Meine Herren, zunächst kam zu meiner Kenntniß ein Artikel der Neuen Tilsiter Zeitung“, so heißt sie, glaube ich, wonach gelegentlich der Wahlkämpfe und Stichwahlen ein Flugblatt seitens der Unterbeamten des Postamts in Tilsit erlassen war. Ich erachtete es nicht für richtig, daß das geschehen war, und ordnete eine Unter⸗ suchang an. Da sich Beschuldigungen der Beamten seitens jener Zeitung ergaben, nahm ich Veranlassung, die Beamten anzuweisen, im Wege der gerichtlichen Klage gegen die Zeitung vorzugehen, damit nach jeder Richtung hin Licht in die Sache käme. Die Untersuchung bat das Ergebniß gehabt, das der Herr Abg. Müller angeführt hat, daß nãmlich der Postdirektor sich anscheinend nicht korrekter Ausdrucksweise, wie ich es milde nennen will, bedient bat. Ich gehe nicht so weit wie der Herr Abgeordnete Müller, weil ich nach Lage der Akten nicht zu einer so scharfen Beurtheilung der Verhältnisse gekommen bin. Ich habe wegen dieses Vorkommnissez und auch wegen der Wahlagitation der Beamten dem Postdirektor mein Mißfallen ausgesprochen; denn ich erachte jeden Postdirektor für alles verantwortlich, was in seinem Amte auch von seinen nachgeordneten Beamten geschieht.

Was die Vorgänge betrifft, die der Herr Abgeordnete Lenzmann angeführt hat, so glaube ich nicht, daß der Postdirektor die Zeitungen widerrechtlich zurückgehalten hat, ich werde mir aber die Akten sofort kommen lassen und sie prüfen. Es wird geschehen, was Rechtens ist. (Bravo! rechts.)

Abg. von Kardorff (Rp.): Herr Singer hat mitgetheilt, daß ein konservativer Pertrauensmann, Bürgermeister von Torgau, um die sozxialdemokratischen Stimmen sich beworben habe. Der Bürger- meister wurde von dem Partei · Comité desavonirt. Er war vollständig entglein und zwar auch bürgerlich entgleist. Er wurde wegen übler

dlungen verurtheilt. Haben Sie nicht auch manches schwarze

unter sich gebabt?

Abg. Dr. Müller Sagan; Im Wahlkreise Sagan⸗Sprottau bat der Landrath zwei Sozialdemokraten in seiner Cquipage umhergefahren, um sozialdemokratische Stimmen gegen mich zu werben. Die Sozialdemokraten haben diese beiden Genossen aus⸗ gestoßen, diese haben aber für die Konservativen weitergearbeitet. Herr Singer befindet sich durchaus nicht auf dem Rückzuge. Ich wüßte auch nicht, weßwegen. Die Thatsachen liegen vor, und wenn der Staatssekretär auch meint, daß die Fragen zu seiner engeren Verantwortlichkeit gehören, so sind wir der Meinung. daß der Reichstag der Platz dazu ist, sie zu erörtern, daß solche Dinge nicht in der Budgetkommission verhandelt werden.

Abg. Dr. von Levetzow (o. kons.): Ich muß erklären, daß so was, wie es Herr Müller erzählt hat, nicht vorgekommen sein kann. Wir kennen kein Bündniß mit den Sozialdemokraten. Jeder, der ein ee n. Bündniß versuchen würde, würde aus unseren Reihen entfernt werden.

Der Ausgabetitel wird mit dem Antrage Bassermann der Budgetkommission überwiesen.

Bei den Ausgaben für die Gehälter der Postse kreta re weisen die Abgg. Rickert und Stoecker (b. k. F.) darauf hin, daß die neue Gehaltsregulierung für diese Beamten ebenfalls manche Härte mit sich bringe.

Die Gehälter werden genehmigt. Die Gehälter der Ober⸗ Post⸗ und Postassistenten, sowie die Ausgaben für die Stellen⸗ zulagen werden der Budgetkommission uͤberwiesen, weil viel neues Material vorliege.

Bei den Gehältern der Telegraphen- und Telephon— gehilfinnen fragt

Abg. Dr, Müller Sagan, ob es richtig sei, daß die Post. verwaltung eine Anzahl junger Damen einberusen habe, um in der Bedienung des Morse ⸗Apparates ausgebildet zu werden. Sie hätten während der dreimonatigen Ausbildungszeit nichts erhalten. Nur eine kleine Zahl derselben sei nachber angestellt worden, den anderen sei gesagt worden, daß die Zahl der Angemeldeten über den Bedarf binausgehe. Durch die größere Einstellung der weiblichen Kräfte werde die Anstellungsmöglichkeit der männlichen Bewerber vermindert.

Unter Staats sekretãr im Reichs ⸗Postamt Frit sch: Meine Herren, wir haben zu den Stellungen der Beamtinnen im Telegrapben⸗ und Fernsprechdienst einen sehr großen Andrang, und wir muͤssen die Be⸗ werberinnen, um es ihnen für die Zukunft ju ermöglichen einzutreten, ausbilden lafsen. Die Bewerberinnen sind vollständig darüber unter⸗ richtet, daß sie während der Ausbildungszeit keine Entschädigung aus der Postkasse zu erhalten haben und daß sie, wenn die Ausbildungszeit vorüber ist, und sich keine Gelegenheit bietet, sie gegen Tagegeld zu beschäftigen, zu warten haben. Gs ist das ein Verbältniß, worüber die Damen durchaus nicht im Zweifel gelassen werden, was ihnen bei ihrer Annahme ausdrücklich erklärt wird. Was die weitere Bemerkung des Herrn Vorredners anbetrifft, daß durch die Zulassung weiblicher Anwärter der Uebelstand, daß ietzt ein Ueberschuß von Beamten vorhanden ist, noch verschärft würde, so ist eher das Umgekehrte Ler Fall. Wir hoffen gerade durch die Zulassung von Damen eine Milderung bez jetzigen Üebel⸗ ftands zu erzielen. Der Ursprung des Ueberschusseß liegt darin, daß wir im Verhältniß zu den 8 Assistentenstellen zuviel Hilfe⸗ arbeiter baben. Diese rechnen selbstverständlich auf Anstellung. Wir müssen ein gewisses Maß von Hilfskräften haben für Aushilfen und Vertretungen. Gehen wir über das xrichtige Verbaͤltniß hinaus, so haben wir später die Verlegenheit der An⸗ stellung der zu zahlreichen männlichen Anwärter, wäbrend, wenn wir Damen zulassen. das Verhältniß richtiggestellt wird. Wir baben weniger Anwärter für die , in den Assistentenstellen, in dem wir uns der weiblichen Hilfekräfte bedienen. Es ist also eher das Umgekehrte von dem zu erwarten, was der Herr Vorredner befürchtet.

Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath (nl) begrüßt es mit besonderer Freude, daß der Staatssekretär auf Grund der Anregung im Reichstage der Frage näher getreten sei, ob und inwieweit Frauen im Postdienste gebraucht werden könnten.

Abg. Dr. Müller Sagan bedauert, daß der Staatssekretär noch

keine Erklärung abgeben könne über die schon mehrfach angedeutete Personalreform.

Staatssekretãr des Reichs⸗Postamts von Podbielski:

Was zunächst die Anregungen des Abg. Dr. Müller anlangt, durch die er den Titel 22 gewissermaßen indirekt wieder in die Dis⸗ kussion zieht, so glaube ich es ablehnen zu müssen, heute eine Er⸗ klärung abzugeben, dazu wird der Moment gekommen sein, wenn der bezügliche Titel im hohen Hause zur Berathung steht und ich die Beschlüsse der Budgetkommission zu diesem Titel kennen werde. Was die zweite Frage anlangt, die Frage der Beschäftigung weiblicher Personen, so muß in jedem Beruf eine Vorbereitung statt⸗ finden; ob es ein Postgehilfe, ob es eine Dame ist, die im Fern⸗ sprech⸗ oder Telegraphendienft Verwendung finden will, sie müssen alle zunächst ausgebildet werden, damit sie die nöthigen Fertig⸗ keiten und Kenntnisse erlangen, um das Examen zu bestehen, sodaß man sie, wenn Vakanzen eintreten, einberufen kann.

eintreten. Ich bin dann nicht in der Lage, die Damen einzuberufen;

ich kann dies nur nach Maßgabe der vorhandenen Stellen thun. Wenn ich heute sage, ich will 0 Damen ausbilden, so kommen sie alle mit der Erwartung, bald eintreten zu können, was ich ihnen nicht verdenke; aber die Verwaltung kann nur sagen: wir konnen euch erst annehmen, wenn ihr ausgebildet seid und sobald eine Stelle frei ist. Daß man keine Garantie geben kann, daß dag in einem Monat geschieht, und daß die ersten schneller daran kommen, als die letzten von den fünfzig, das ist, meine ich, naturgemäß. Das liegt in den Verhältnissen, und ich kann keine Beeinträchtigung darin sehen. Wenn die Verwaltung die Damen unentgeltlich ausbildet, so müssen sie dafür dankbar sein; dann steben sie auf der Exspektanten⸗ liste und kommen nach Maßgabe der freiwerdenden Stellen zur Ver⸗ wendung. Zur Ausbildung ziehen wir auch nicht blindhinein etwa Tausende heran, sondern nar soviel, als Stellen nach der Wahrschein⸗ lichkeitsberechnung frei werden.

Abg. Stoecker ist der Meinung, daß die Frauen im Poft und Telegraphendienst nur verwendet werden sollten, foweit es der Betrieb estatte; die öffentlichen Betriebe müßten auch den die sich nicht mehr verheiratheten, eine Verwendung ihrer

rãfte ermöglichen.

Abg. Dr. Viel haben (Reformp.): Wie verträgt sich aber die Verwendung der Frauen im Telegraphendienst mit dem Recht der Militãranwãrter? Die Anstellung der Frauen geschieht doch nur zur Verdrängung der Männer, weil sie billiger sind. Dadurch würden nach und nach sämmtliche Beamten und vielleicht der Staate sekretär selber durch Frauen ersetzt werden.

Abg. Möller: Um eine fiskalische Ersparnißmaßregel handelt es sich bei der Anstellung der Frauen nicht. Gerade beim Telephon— dienst sind die Damen besonders gut verwendbar.

Abg., Prinz zu Schönaich⸗Carolath spꝛicht nochmals dem Staatesekretär selnen Dank aus dafür, daß er, der Anregung des Reichstages folgend, Frauen in den =, genommen habe.

Abg. Dr. Müller · Sagan weist darauf hin, daß die Zahl der Anwärter für die Assisten enstellen sehr stark angewachsen sei, daß die Aussichten auf Anstellung für die Männer vermindert würden durch die Anstellung der Frauen.

Die Ausgaben werden genehmigt. Bei den Ausgaben für die Unterbeamten weist

Abg. Möller darauf hin, daß die Anfangsgehälter der Post— unterbeamten 93 Verhältniß zu den Theuerungsverhältnissen der einzelnen Orte änden; man werde eine Ausgleichung nur dadurch herbeiführen können, daß Theuerungszulagen gewährt würden. Redner blen vor, die ortzüblichen Tagelöhne als Skala für diese Zulage zu benutzen.

Gebeimer Ober Regierungs⸗Rath Neumann: Den Anregungen des geehrten Herrn Abgeordneten stebt die Reichsverwaltung zustim mend gegenüber. Es ist bereits bei der Vorbereitung des diesjährigen Etats von seiten verschiedener Verwaltungszweige zur Sprache gebracht, daß bei der Regelung der Unterbeamtenbesoldung, wie in anderen Be⸗ ziehungen, so namentlich auch insofern über die Wünsche des Reichstags werde hinaus gegangen werden müssen, als man insbesondere den mit geringen Anfangsgehältern Bedachten eine nicht pensionsfähige Zulage werde geben sollen zum Ausgleich zwischen den sehr verschiedenen Theuerungsverhältnifsen, die innerhalb des großen Reichsgebiets bestehen, namentlich zwischen dem Osten und dem Westen und Säͤd⸗ westen. Diese Anregungen baben nicht sofort zu abschließenden Ver⸗ handlungen geführt, wenigstens nicht schon dann, als es sich darum handelte, den Reichs Etat vorzulegen. Dieser muß be—⸗ kanntlich sehr viel früher vorgelegt werden als der . Staatshaushalts Etat, er soll schon im Oktober fertig sein. Es ist selbstverständlich, daß ein so schwieriges Gebiet wie die Feststellung von angemessenen Grundsätzen darüber, was unter Theuerung zu verstehen sel, nicht kurzer Hand zu erledigen ist. In« zwischen sind aber die Verhandlungen so weit gefördert worden, daß eine Verständigung ganz so, wie sie inzwischen nachträglich in der preußischen Verwaltung erfolgt ist, auch für das Reich zu erwarten steht, und ich kann die Erklärung abgeben, daß wir in keinem Fall mit den Zuwendungen für die Post und für alle anderen Reichsressorts die Post allein kommt keineswegs in Betracht hinter demjenigen zurückbleiben werden, was in der preußischen Verwalsung zugebilligt wird. Es wird also jedenfalls im nächsten Jahr, wie der Herr Abgeordnete es wünscht, vielleicht sogar, falls ein Nachtrags- Etat in diesem Jahr überhaupt noch, vorgelegt werden sollte, bereits im Nach trags: Eat, mit solchen Theuerungezulagen der Reichstag fie alt g! werden. Ich möchte mir nur noch erlauben zwei kleine Punkte zu berichtigen, die der Herr Abgeordnete erwähnte. 24 Millionen Mark sind in Preußen für sämmtliche Ressorts aus- ßebracht worden, nicht bloß für die Eisenbahn. Dann hat er auch bemerkt, daß ein Postunterbeamter, der mit 900 A anfange, wohl auf dieses Einkommen beschränkt sei. Das ist insofern nicht richtig, als der Unterheamte ja auch den Wohnungsgeldzuschuß bezieht und jweitens die Vortheile der Kleiderkasse hat. Die Postbeamten geben zur Kleiderkasse etwa 7 jährlich zu und dabei haben sie vollstäͤndig freie Dienstkleidung, wenigstens die Hauptausrüstungsstücke. Das sind ja aber nur Nebenpunkte.

Abg. Stoecker: Die Zusage des Vertreters des Reichs. Schatz= amts wird ja wobl allseitlge Befriedigung erregen; ich wünsche den Erwägungen besten Erfolg.

Abg. Dr. Lieber (3mntr.): Die Debatte bestätigt nur, daß wir im vorigen Jahre richtig handelten, als wir die Gehälter der Staats ekretäre verweigerten, his auch den Unterbeamten gebolfen sein würde. Nachdem die Gehaltsfrage geregelt ist, muß auch die Frage der Theuerungszulagen ihre Erledigung finden.

Bei den Gehältern der Landbriefträger empfiehlt

Abg. Schmidt Warburg (Zentr.), einem ihm zugetragenen Wunsche entsprechend, den Karriolposten, welche weitere Strecken zu durchfahren haben, das Posthorn zu belassen. Das Posthorn sei noch das einzige Romantische in der Post.

. y den Ausgaben für Wohn ungsgeldzuschuß em⸗ ie er

* Abg. Singer, entsprechend einer früheren Resolution des Reichs⸗ tages, die Lostrennung des Wobnungsgeldzuschusses von dem Servis⸗ tarif. Durch die Presse gebe aber die Nachricht, daß in dieser Frage tiefer Friede herrsche, daß die Trennung dieser beiden Dinge für die nächsten Jahre nicht zu erwarten sei.

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Freiherr von Thielmann: Ich kann die gestellte Anfrage sehr kurz beantworten. Die in großem Umfang angestellten Erhebungen und die auf Grund dieser Erhebungen angestellten Berechnungen haben ein Ergebniß ge—⸗ aliefert, das vorläufig den Schluß zuließ ich sage: kein endgültiges Ergebniß —, daß im Großen und Ganzen die Bedingungen des Servis und des Wohnungsgeldzuschusses sich decken; einige Orte können selbftverständlich Abweichungen verzeichnen. Dieser erste Schluß ist indeß noch nicht der endgültige; denn von manchen Stellen wird eine etwas abweichende Schlußfolgerung aus den Ermittelungen ge—⸗ zogen. Es schweben darüber augenblicklich zwischen den betheiligten Ressorts noch weiter Verhandlungen, deren Abschluß in allernächster Zeit noch nicht zu erwarten ist. Daß die Sache aber begraben ist, wie der Herr Abg. Singer aus dem Zeitungktartikel zu entnehmen glaubt, ist nicht richtig.

Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Dann tann ich nur wünschen, da die G he wan recht bald herbeigeführt wird. * ö ö

Ez vergehen aber Wochen, Monate, vielleicht ein Jaht, ebe Vakanjen s

Die Abeg. Dr. Müller⸗S und Dr Sattler (ul.) . diesen Ausführungen vollftändig an. ; . den Ausgaben für die Postagenturen P der Abg. Prin zu Schönaich⸗Carolath eine bessere Aus- n. der Postagenturen auf dem Lande, namentlich wenn der eschäftzumfang derselben ein größerer werde, sodaß der Inhaber der Agentur seinen wirthschaftlichen Geschäften entzogen werde. Wenn eine größere Postagentur nachher plötzlich in ein Postamt III. Klasse umgewandelt würde, dann müßte man dem bisherigen Inhaber für die Uebergangszeit eine gewisse Entschädigung gewähren. Unter · Staats sekretãr im , Fritsch: Der bestebende Verwaltungsgrundsatz ist der, 3. ie Postagentur nur eine Neben beschäftigung bilden soll. aärde man davon abgeben, so würde man die Postagenturen umwandeln zu vollen Fach- würde man die Postagenten zu Fachbeamten machen. Es ist also, nothwendig, festzuhalten an dem Charakter der kr, ,,, Diesem Charakter entsprechend ist auch die den Postagenten zu zahlende Vergütung bemessen. Die Ver⸗ gütung ist nicht gleichmäßig bemessen für sämmtliche Agenturen, sondern sie schwankt nach dem Geschäftsumfang der Agenturen. Es wird bei der Bemessung der Vergütung auch Rücksicht genommen auf die Länge der Dienstzeit des Agenten. Wir müssen an diesen wesent⸗ lichsten Bedingungen festhalten. Wir gehen, wenn der Moment eintritt, wo der Geschäftsumfang so angewachsen ist, daß ein Fachbeamter nöthig wird, über zur Umwandlung der Postagentur in ein Postamt; immerhin wird selbst dann mit möglichster Rücksicht auf die Person des Post⸗ agenten verfahren. Wünscht der Agent auch unter den schwierigeren Verhältnissen die Agentur weiterzuführen, und ist vor allen Dingen seine Persönlichkeit geeignet für die größeren Aufgaben, so läßt die Verwaltung ausnahmsweise zu, daß die Postagentur von dem Agenten fortgeführt wird. Es wird also in einem solchen Falle Abstand ge⸗ nommen von der Umwandlung. Wir können selbstverständlich alsdann nicht etwa eine andere , eintreten lassen, denn wir würden sonst eine besondere Art von Agenturen erhalten, Agegturen mit der Besoldung von größeren Postanfialten, von Postämtern. Sollte jedoch der Agent augzuscheiden haben, so ist nicht ausgeschlossen, daß wir in begründeten Fällen ibm in Anerkennung seiner Dienste eine Entschädigung gewähren, die natürlich nicht sebr boch bemessen werden kann. Ich kann mich also dahin zusammenfassen, daß ich sage: Tritt der Moment für die Umwandlung der Postagentur ein, erreichen die Postgeschäfte einen solchen Umfang, daß ibre Wahrnehmung einen Fachmann erfordert, so wird doch immer mit der thunlichsten Rücksicht⸗ nahme auf die Person des Agenten vorgegangen.

Bei den, Ausgaben für Posthifsstellen empfiehlt der

Abg. Singer (Soz.) die Einführung von Hilfsleistungen auch für die sehr belasteten Landbriefträger und fordert für die Unter beamten eine Normalarbeitszeit; in den letzten Jahren sei jwar die Zahl der Bearaten vermehrt, aber auch die Zahl der wöchentlichen Dienststunden des Einzelnen erhöbt worden.

Direkter im Reichs Postamt Wittko: Ich möchte den Herrn Vorredner auf eine Eiklärung verweisen, die ich heute in einem früberen Stadium schon abgegeben babe. Die Frage wegen des Dienststundenmaßes der Beamten und Unterbeamten unterliegt, wie ich mitgetheilt habe, der Erwägung, und es stehen binnen kurzem neue Be= stimmungen darüber in Aussicht. Es wird dabei auch die Frage wegen des Dienstmaßes der Landbriefträger geprüft werden. Wir können allerdings im großen Ganzen auch jetzt schon nicht zugeben, daß die Landbriefträger überbürdet sind, im Gegentheil hat im allgemeinen das Dienststunden maß der Landbriefträger sich in neuester Jeit recht be⸗ friedigend gestellt. Die Landbriefträger sind im Durchsch-itt auf ein Leistungsmaß ven 26 Em pro Werktag gekommen, sie haben meist den Sonntag ganz frei, oder wenigstens die Nachmittage der Sonntage zweifellos genz frei; sie sind vom Nachtdienst völlig befreit, sodaß sie im Ganzen gegenüber den Orts Unterbeamten entschieden günstiger gestellt sind. Es ist möglich gewesen, dieses günstige Verbältniß zu erreichen. weil wir schon während einer Reihe von Jahren Mittel gehabt haben, um die noth⸗ wendigen Verbesserungen im Landbestelldienst nicht allein im Interesse des Publikums, sondern auch im Interesse der Landbrieftrãger durchzuführen. Ich möchte auch darauf binweisen, daß wir in dem hier vorliegenden Etat bei Tit. 25 760 neue Slellen ausgebracht haben; diese sind nicht nur ausersehen, um dem steigenden Bedürfniß des Verkehrs zu genügen, sondern gleichzeitig, um auch Erleichterungen für die Landbriefträger herbeizuführen. J möchte ferner den Herrn Abgeordneten darauf hinweisen, daß beim Titel 34 nur, 220 000 M laut Erläuterungsspalte in Abgang gebracht werden als Gegenrechnung für die Ausbringung von neuen etatsmäßigen Stellen; bei Titel 25 und bei Titel 286 sind zusammen 2800 neue etatsmäßige Stellen ausgebracht worden. Ich glaube, wenn man da⸗ gegen den verbältnitzmaäͤßig geringen Betrag von 220 000 ½ als Gegenrechnung ansieht, dann ist sofort klar, daß ein erheblicher Be⸗ trag bei dem Tit. 34 übrig bleibt, um weitere Kräfte diätarisch ein zustellen; und es ist für uns wirklich keine Sorge, wir haben aus. reichende Mittel auch gegenwärtig schon, um die Landbriefträger nach allen Ricktungen hin in Beiug auf ihr Leistungsmaß günstiger zu stellen. Ich wiederhole; im großen Ganzen ist das Leistungsmaß schon jetzt ein befriedigendes, zweifellos bestehen auch Fälle, wo Ab— hilfe nothwendig, wo eine Verbesserung erforderlich ist, und die wird auch im Laufe des nächsten Jahres herbeigeführt werden können.

Abg. Dr. Müller Sagan fragt an, ob die Postgehilfen auch verpflichtet seien, häusliche Dienftleistungen bei den Postbeamten, denen sie zagetheilt sind, zu übernehmen.

Bei den Betriebskosten der Post, insbesondere für den Eisenbahntransport, führt

häufig in Viehwagen verladen würden, die nicht einmal genügend gereinigt seien.

Direktor im Reichs Postamt Krätke: Der Herr Verredner mag überzeugt sein, daß wir selbst den dringenden Wunsch haben, unsere Unterbeamten in den Bahnposten so gut unterzubringen, wie es möglich ist, und wir sind ja dem hohen Hause sehr dankbar, daß Sie

uns in jedem Jahre eine Summe bewilligen, um so viel wie möglich

Bahnvostwagen anzuschaffen. Aber, meine Herren, trotz aller dieser Fürsorge ist es doch nicht möglich, daß wir in Ausnahmefällen sicher sind, nun immer die richtigen Wagen und die genügend große Zahl an Wagen bereit zu haben. (Sehr richtig! rechts) Da tritt ein, was in jedem Wirthschaftsbetrieb eintritt. Wir können eben nicht alles bereit haben, wir sind darauf angewiesen, der Eisenbahn zu sagen: sei so gut und stelle uns Ersatzwagen. Diese Wagen sind dat . ich dem Herrn Vorredner sagen jzu können o, wie sie sein können. Es sind keine Salonwagen, aber sie sind so beschaffen, daß man einmal darin unterkommen kann. Für Beleuchtung und ähnliche Sachen sorgen wir auf das beste. Ein großes Unglück wird es ja wohl nicht sein, wenn der Unter⸗ beamte für ein paar Stunden einmal in solchem Wagen vorlieb nehmen muß. Es passiert Allen ja als Soldaten 3. B. bei einer Mobilmachung daß wir bei unverhofften Ereignissen zufrieden sein müssen mit dem, was sich bietet; und ich möchte den Herrn Vor⸗ redner bitten, überzeugt zu sein, daß wir nach allen Richtungen hin bestrebt sind, so gut wie möglich für unser Personal zu sorgen, aber bei Ausnahmefällen geht es 3. anders, und Klagen sind uns nicht jugekommen. Wenn der Herr Vorredner die Güte haben wollte, die= jenigen Unterbeamten, die sich an ihn wenden, zu veranlassen, an ibre dorgesetzte Behörde zu gehen, dann, glaube ich, wäre viel eher eine Abhilfe möglich. (Sehr richtig! rechts.)

Bei dem Zuschuß zu den Kleiderkassen erklärt der Staatssekretär des Reichs⸗Postamts von Podbielski: Ich möchte dem hohen Hause die Mittheilung machen, daß ein langgehegter Wunsch, der von allen Seiten der Reichs Postverwaltung entgegengebracht worden ist, nunmehr zur Ausführung kommt, da Seine Majestät der Kaiser die Einführung einer Sommerbekleidung

für die Unterbeamten genehmigt hat. (Allseitiges lebhaftes Bravo.)

Abg. Dr. Müller Sagan Beschwerde darüber, daß die Packete

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