1899 / 41 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 16 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Kaffen, sind nur vereinigt in dem allgemeinen Knappschaftskassen verein. In ungünsftiger Vermögenslage befindet sich nur die bergrechiliche Ab⸗ teilung mit ihren alten, 36. Bergrecht beruhenden Sonderleistungen und Sonderbeiträgen, nicht aber die dem Reichsrecht und den Reichs beiträgen entsprechende reichsrechtliche . Nun ist es keines wegs die Absicht, daß etwa auch die Vermögensbestände der bergrecht⸗ lichen Abtheilung, die im Verhältniß zu dem vorhandenen hohen Defizit nicht sehr erheblich sind, durch den Ausgleich be⸗ rührt werden sollen, sondern der Ausgleich wird sich lediglich auf diejenige Kassenabtheilung beziehen, welche die reichs rechtliche Invaliditãta. und Altersversicherung versieht und als deren Träger den örtlichen Versicherungsanstalten gleichsteht. Wenn die Herren das berücksichtigen, so werden sie nicht mehr der Meinung sein können, daß die Kassen dabei außerordentlich viel schlechter abschneiden wie andere Träger der ö Sie wollen gefälligst nur erwägen, daß, wenn die reichsrechtliche Abtheilung der Rasse in verhältnißmäßig guter Lage sich befindet, das auf dieselben Verhältnisse zurückküuführen ist, wie bei den günstiger gestellten territorialen Versicherungsanstalten. Was aber fuͤr Berlin, Hanse stãdte, Versicherungsanstalten, Sachsen und Rbeinprovinz recht ist, wird auch für den Knappschafts verein Bochum als Träger der reichsrecht lichen Versicherung billig sein. Uebrigens werden die Knappschaftsvereine, insbesondere der Allgemeine Knappschaftsverein in Bochum, wenn die hier im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung durchgebt, voraussichtlich sogar ein sehr gutes Geschäft machen. Denn die Knappschaftskasse in Bochum hat nach der bisherigen Er⸗ fahrung mehr Invalidenrenten in der reichsrechtlichen Abtheilung auf- zuweisen, und zwar doppelt so viel, wie sich für den Durchschnitt des Reichs ergeben haben, und sie hat infolge dessen selbstverständlich einen großen Vortheil, wenn sie den Grundbetrag der Invalidenrente nicht mehr wie bisher allein zu tragen bat, sondern wenn derselbe von der Gesammtheit aller Träger der Versicherung antheilig getragen wird

Abg. Hauß (b. k. F.) führt aus, daß das Gesetz in Elsaß⸗ Lotbringen nicht populär geworden sei. Den Arbeitern habe die Erlangung der Renten große Schwterigkeiten gemacht, meist seien sie abgewiesen worden, weil man sich in den Gemeinden die Arbeit sparen wollte, oder sie hätten die Renten erst nach so langer Zeit erbalten und in so geringer Höhe, daß sie einem Almosen gleich- kämen. Die Versicherungsanstalten müßten den Arbeitern näber ge⸗ rückt werden. Deswegen begrüße er den Vorschlag der örtlichen Rentenstellen mit großer Freude, wenn sie nicht von den Kreis direktoren verwaltet würden. Die Bestimmung, daß die Kranken⸗ fürsorge schon nach der 26. Krankheitswoche übernommen werden könne, sei bedenklich wegen der Vorschrift, daß die Weigerung des Versicherten, in eine Heilanstalt einzutreten, ihm den Verlust der Rente bringen könne.

Abg. Sachse (Sox) bespricht das Verhältniß der Knappschafts. kassen zu diesem Gesetze: Es sei nachgewiesen, daß diese Kassen nicht ss leistungsfähig seien, wie sie sein müßten Sie suchten sich vielfach den ihnen obliegenden Lasten zu entziehen, obwohl die Bergwerke doch sebr erbeblichen Sewinn erbracht hätten. Die ausständigen Mitglieder der Knappschaften erbielten nur die Krankenfürsorge, hätten aber leinerlei Anspruch auf Pension. Beim Arbeitswechsel verlören die Arbeiter ibre Ansprüche an die Kassen der Werke. Die Vertrauensärzte der Knapp schaften genössen nur das Vertrauen der Arbeitgeber, aber nicht der Arbeiter. Redner schließt mit der Bitte, die Vorlage so zu gestalten, daß namentlich die Bergarbeiter keinen Schaden mehr erlitten.

Darauf wird ein Vertagungsantrag angenommen und nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Molkenbuhr um 53/, Uhr die weitere Berathung bis Donnerstag 1 Uhr vertagt. (Außerdem Interpellation Johannsen wegen der Aus⸗ weisungen in Nordschleswig und Wahlprüfungen.)

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 20. Sitzung vom 15. Februar 1899.

Eingegangen sind ein zweiter Nachtrag zum Normal⸗Etat vom 4. Mai 1892, betreffend die Besoldungen der Leiter und Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten, nebst Begründung, der Entwurf eines Gesetzes wegen Ankaufs der Bernsteinwerke der Firma Stantien u. Becker in Königsberg i. Pr. nebst der Begründung und einer Denktschrift, ein Bericht über die weitere Ausführung von Eisenbahnverstaatlichungsgesetzen, sowie die Nachweisungen der aus dem Fonds zur Förderung des Baues von Kleinbahnen bis zum Schlusse des Jahres 1898 bewilligten und in Aussicht gestellten Staatsbeihilfen.

Das Haus setzt die zweite Berathung des Staats— haushalts-Etats für 1899 bei den Ausgaben des Etats des Ministeriums des Innern fort.

Ueber den Beginn der Debatte ist schon berichtet worden.

Aba. Bartels (kons.): Ich möchte bestreiten, daß in der Kommission noch irgend etwas Neues über die Sache vorgebracht werden könnte. Wir werden gegen die Kommissionsberathuns stimmen Der Abg. Friedberg beschwerte sich darüber, daß in den höheren Beamtenstellen der Adel prävaliere. Die Zablen möchte ich nicht anjweifeln. In den ländlichen Bezirken, aus denen sich . B. die Landiäthe rekrutieren, wiegt der Adel vor. Wie lange ist es aber ber, das Bürgerliche überbaupt Rintergute⸗ besitzer werden dürfen? Darum ist es gas; natürlich, daß der Adel sich weniger der Justiz als der allgemeinen Staatsverwaltung zuwendet. Unser Adel geboͤrt meines Erachtens in die Armee und in die Beamtenschaft. Es ist nicht richtig, daß die Söhne alter Geschlichter sich dem Bankfach zuwenden. Wir lõnnen uns nur daruber freuen, wenn der Adel die Armer und Verwaltungsstellen besetzt. Tagegen maß ich bestreiten, daß der Adel bevorzugt wird. Der Beweis für eine solche Bet auptung ift nicht angetreten worden. Es mögen ja Bürgerliche zuückgewiesen worden sein, dann baben sie sich aber als unfähig erwiesen. Mit den Ausführungen des Abg. von Zedlitz über die praktische Ausbildung der höheren Beamten bin ich im Großen urd Ganzen einserstanden. Mit den Sozialwissenschaften wird sich ein junger Mann auf Universität kaum beschäftigen können; es fehlt itm? Verstãndniß.

Acg. Ring (kons.) lenkt die Aufmerksamkeit auf den in seinem Amtsbeitk Düppel geübten Terrorismus der sozialdemok anschen Agitation gegen Arbeitswillige. Er schildert die Organisation der Verbände der Maurer und Zimmerer in Deutschland und fährt dann aus: Der Verband der Maurer übt eine sehr weitgehende Kontrele äber die Arbeiter durch Quittung karten aus, die auch über die Zahl der arbeitslolen Tage Auskunft geben. Die Arbeiter werden ven ihren Genossen gefragt: Haft Du auch reine Wäsche? Die Antwort ist das Herrorzieben der Quittungskarte. Ich bejsragte einen Arbeiter darüber, und er antworteie mir, er sei gejwungen, der Organisation beijutreten, ich könnte ihm doch keine Arbeit geben; er sei mit Haut und Haaren der Organifation verfallen, dean er finde nirgends Arbeit. Wenn es nicht gelingt, diesez Zwangscerbänten gegenüber Abbilfe zh schaffen, und wenn wir die Arbeiter gegen dieselben nicht schüßen. so verlieren die Arbeiter alles Vertrauen jum Staat. Wie oft hören wir die Aufforderung: Schützen Sie uns doch gegen die Strikes, gegen das Poft⸗nstehen! Laßt sich denn nicht Bresche schießen in diese Zwang verbände? Was soll erst geichebea, wenn die Organisation auf die ländlichen Arbener übrgreift? Dann

aben wir bereits den sozialdemokratischen Staat und brauchen nicht erst darauf zu warten. immer weiter um sich. Wir müssen ibm auf gesetzlichem Wege gegen⸗ ũbertreten.

verordnungen zusteht,

Der verbetzende Einflaß der Verbände greift

Minister des Innern Freiherr von der Recke:

Meine Herren! Wir müssen dem Herrn Abg. Ring sehr dankbar dafür sein, daß er gewisse Vorgänge aus der sozialdemokratischen Bewegung, besonders illustriert aas seinem eigenen Amtsbezirk, hier dem Hause vorgetragen hat. (Sehr richtig! rechts) Mir und den Behörden sind solche Vorgänge nicht unbekannt, aber ich halte es für sehr nützlich, daß sie auch weiteren Kreisen bekannt werden, damit dem Volke klar wird, welche Gefahren wie von der Sozialdemokratie zu gewärtigen haben. Meine Herren, hieraus ergiebt sich, wie ich bereits in der Budgetkonmission erklärt habe, für die Polijei die sehr ernste Verpflichtung, diesen Vorgängen auf das sorgfältigfte zu folgen und einzuschreiten, soweit die gesetzlichen Befugnisse ihr dazu eine Handhabe geben. Ich muß aber zu⸗ gestehen, daß diese gesetzlichen Befugnisse leider manchmal versagen (sehr richtig! rechts), und wir haben alle Veranlassung, darüber ernstlich nachzudenken, nach welcher Richtung hin eine Verstärkung der gesetzlichen Befugnisse namentlich zum Schutz der Arbeitswill igen erforderlich ist. (Bravol rechts.) Ich hoffe, meine Herren, daß wir uns in nicht sehr langer Zeit damit, wenn auch in einem anderen Parlamente, zu beschäftigen haben werden.

Melne Herren, wenn ich mich nun zu einigen Ausfährungen der anderen Herren Vorredner wende, so möchte ich beginnen mit den⸗ jenigen Klagen, die schon gestern seitens des Herrn Abg. Wamboff, heute seitens des Herrn Abg. Macco und des Herrn Abg. Pohl vorgebracht worden sind. Die Herren haben zu meiner Kenntniß gebracht, daß anläßlich gewisser Polizeiverordnungen in verschiedenen Benrken eine gewisse Mißstimmung der Bevölkerung zu konstatieren sei. Meine Herren, ich bin für diese Darlegungen sehr dankbar, denn es muß mir von Wichtigleit sein, darüber uaterrichtet zu werden, welche Umstände etwa zur Unzufriedenheit der Bevölkerung beitragen; so viel an mir liegt, werde ich stets gern meine Mitwirkung leiben, um Abhilfe zu schaffen. Aber, meine Herren, ich glaube, es wäre an sich doch richtiger gewesen, wenn diese Beschwerden bei den Etats der jenigen Ressorts vorgetragea wären, die in erster Linie bei der Sache betheiligt sind. Das gilt namentlich von der großen Reihe derjenigen Polizeiverordnungen, über die von den Herren hier gesprochen worden ist. Ich glaube, die meisten Herren lassen sich durch den Umstand, daß formell dem Minister dez Janern die Aufhebung solcher Polizei- zu der Meinung verleiten, daß nun auch der Minister des Innern für sämmtliche Polizeiverordnungen, mögen sie einen Jahalt haben, welchen sie wollen, verantwortlich sei. Es wird eine große Anzahl von Polizeiverordnungen erlassen, an denen ich über⸗ haupt nicht betbeiligt bin. Beispielsweise wird die Beschwerde, welche Herr Abg. Macco vorhin, wenn ich ihn recht verstanden babe, über

die Polizeiverordnung für Bauten bei Ziegeleien gefübrt hat, bei dem

Ressort des Herrn Handels⸗Ministers anzubringen sein. Ich werde aber gern Veranlassung nehmen, soweit ich dies in der Lage bin, dieser Beschwerde auch meinerseits nachzugehen.

Herr Abg. Rickert hat an mich die Frage gerichtet, wie weit die Ausfuhrung der Landgemeindesrdnung bezüglich der Beseitigung leistungs⸗ unfãbiger Kᷣommunaloerbãnde gediehen sei; er fragte mich, ob eine Statistik in dieser Beziebung bereits aufgestellt sei. Diese Frage muß ich ver⸗ neinen. Es existiert allerdings eine Zusammenstellung für zwei Jahre, die auch ihm belannt sein wird; sie ist aber nicht fortgeführt, und ich bin deshalb im Augenblick nicht in der Lage, ihm Zablen zu geben. Ich halte es aber für ganz nützlich, daß man sich jetzt nach Ablauf von acht Jahren nach Einfübrung der Landgemeindeordnnng hierüber genauere Auskunft verschafft. Ich werde deshalb Veranlassung nehmen, eine derartige Zusammenstellung machen zu lassen, die nicht sebr viel Arbeit verursachen wird.

Wenn Herr Abg. Rickert ferner meine Aufmerksamkeit auf einen Vortrag über das Judentbum gelenkt hat, den ein Amisvorsteher in Schlesien gebalten baben soll, so muß ich erklären, daß dieser Vor- gang mir bisber unbekannt war; ich bin nicht in der Lage, mir darüber ein Urtheil zu bilden, ob ein Beamter bier gefeblt hat. Es wird mir von einer Seite gesagt, der betreffende Herr sei überhaupt nicht mehr Amtsvorsteher Ich werde aber Anlaß nebmen, der Sache näher zu tretea und eventuel das Geeignete veranlassen.

Meine Herren, nun komme ich zu Herrn Abg. von Jazdzeweki, der von mit Auskunft wünschte über die Gründe, welche die Känig— liche Staatsregierung dazu gefübrt baben, dem Kongreß polnischer Aerzte und Naturferscher, der im vorigen Jahre in Posen abgebalten werden sollte, entgegenzutteten und ins besondere die Beiheiligung aus ländischer Aerjte ju verbindern. Der Herr Abg. Dr. von Jade deki bemerkte, diese Untersagung wäre obne jegliche Gründe erfolgt, und es müsse ibm daher daran liegen, über die Gründe der Königlichen Staatsregierung Auskunft zu erbalten. Ueber diese Motivierung darf ich erstaunt sein, denn auf die untersagende Verfügang des Polizei- Prãsidenten ju Posen ift eine Beschwerde an mich er⸗ gangen und mein Bescheid ist in jablreichen Zeitungen veröffentlicht worden, er ist auch in allen pelnischen Zeitungen be⸗ sprechen worden, sodaß der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski wohl nicht recht unterrichtet glwesen ist, wenn er behauptete, die Gründe der Königlichen Staatsregierung wären überbaurt nicht zu erkennen ge⸗ geben. Es ist am einfachsten, wenn ich den ganz kurzen Bescheid mit Erlaubniß des Herrn Präsidenten bier vorlese; vielleicht wird er dann Herrn Dr. von Jajdjewski wieder in das Gedächtniß zurück⸗ kommen. (Heiterkeit rechts)

In dem Bescheide ist Jam als ausgefübrt worden:

So sebhr die Königliche Staateregierung bereit ist, fachwissen⸗ schastlichen Unternebmungen urd Veranstaltungen jede tbunliche Förderung zu tbeil werden zu lassen, so liegt ibr in gleichem Maße die Pflicht ob, darüber ju wachen, daß diese Veranstaltungen nicht ju Zweden gemißbraucht werden, zu denen sie nicht beftimmt sind. Diese letztere Voraussetzung war aber in dem ror⸗ liegenden Falle gegeben, nachdem in der ausländischen Piesse unter Hinweis auf belannte Vorkommnisse öffentlich daju auf⸗ gefordert war, den Kengteß möglichst zahlreich ju beschicken, um auf diesem Wege den Korgreß ju einer Vereinigurg des gesammten Slaventhems zu machen.

(Hört, bõit! rechte.)

Diese Vorgärge ließen keinen Zweifel darüber auf⸗ klemmen, daß es sich bei dieser Zusammenkunft nicht bleß um eine rein fachwissenschaftliche Vereinigung bandelte, sondern daß damit zugleich eine gegen das Deutschthum gerichtete Kundgebung verbunden werden sollte. Gine derartige, das friedliche Zusammenleben der beiden Naticralitãten gefährdende Dem onstration n dulder, verbietet nicht nur die Rücksicht auf die deutschnation alen

Interessen überhaupt, sondern insbesondere auch die Rück icht auf die deutsche Bevölkerung in der Stadt und in der Provinz Posen.

Mit vollem Rechte, heißt es dann in dem Bescheide, habe daher

der Polijei⸗Präsident seine untersagende Verfügung erlassen.

Meine Herren, wir haben auch noch aus einem anderen Grunde Veranlassung gehabt, diesem Kongreß besondere Aufmerksamkeit zu⸗ zuwenden; es waren dies die Vorgänge, die sich auf dem gleichartigen Kongresse volnischer Aerjte und Naturforscher im Jahre 1884 ab⸗ gespielt haben, bei denen ganz ellatant zu Tage getreten war, daß es sich nicht um rein fachwissenschaftliche Veranstaltungen handelte, son⸗ dern um eine politische Demonstration. Ich darf mir erlauben, zum Beweise hier einen Passus aus der Begrüßungsrede anzuführen, die dort ein jetzt in Krakau befindlicher Professor Dr. Wicherkiewicz ge⸗ halten hat. Er sagte und zwar wörtlich (Rufe: Lauter!)

Zum ersten Mal in Posen und zum vierten Mal auf dem Kongreß polnischer Aerzte und Naturforscher geben Sie, meine Herren, einen musterhaften Beweis Ihrer werthvollen Gefühle, daß Sie auf dem wissenschaftlichen Gebiet mit uns zusammen zum Austtausch der Gedanlen, zur Erweckung des wissenschaftlichen Lebens zur Vermehrung des Ruhms der slavischen Idee sich eingefunden haben. Auch wir theilen diese Gefühle vollständig und sind ibnen von Herzen zugethan. Wir sind Ihnen dankbar, daß Sie gekommen sind; denn nicht der äußere Glanz konnte Sie zu der Pilgerreise anregen, sondern das Gefühl der Rassenangehörigkeit,

(bört, hört! rechts.)

das Bewußtsein der Blutsverwandtschaft, der gleichen Lage und

des Glaubens an die Zukunft. (Hört, hört! rechts.)

Diese sozusagen historischen Bande müssen wir im Interesse unserer wabren slavischen Zivilisation enger knüpfen und befestigen, wozu die Gelehrtenkongresse uns Gelegenheit bieten.

(Hört, hört! rechts.)

Meine Herren, ein Fabrikbesitzer Krzyzanowski, der namens der Bürgerschaft die Aufgabe hatte, die Herren zu begrüßen, richtete eben⸗ falls eine Rede an die Festversammlung, in der folgender Passus vorkam: 9

Ich danke Ihnen aber auch zugleich dafür, daß Sie durch Ihre Ankunft nicht nur einen Beweis unserer unzertrennlichen nationalen Zusammengebörigkeit geben, sondern dadurch auch unseren Geist er⸗ heben, der bier an den Westmarken mit den uns feindlichen Ver⸗ hältnissen leicht erschlaffen könnte, wenn nicht die Hoffnung und der unerschütterliche Glaube an eine bessere, uns gebührende Zukunft ihn auftecht erbalten würde.

(Hört, hört! rechts.)

Meine Herren, ich will Sie mit weiteren Proben aus den damaligen Verhandlungen nicht bebelligen. Sowohl diese Vorgänge aus dem Jahre 1884 als auch die Ihnen Allen bekannten neueften Vorgänge werden Ihnen die Ueberzeugunßg verschafft haben, daß es nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht der Regierung war, solche Demonstrationen nicht zu dulden. Beifall rechts.)

Abg. Kirsch (Zentr.) wendet sich zunächst gegen die Ausführungen des Abg. Bartels üzer die Betheiligung des Adels an der Staats verwaltung in den höheren Beamtenstellen und beschwert sich dann über die Mißstände, die hinsichtlich des Kommunalwablrechts der dritten Klasse auf Grund der Städteordnung für die Rheinprovinz bervorgerreten seien. Auch die Auswüchse des Vereinswesens lediglich zu Vergnügungejwecken müßten am Rbein beschnitten werden.

Abg. Felisch (kons.) schließt sich den Ausfübrungen des Abg. Ring an. Immer mehr werde der Wille des Arbeiters durch die sozialdemokratische Organisation eingeschränkt, die Agitatoren brauchten garnicht einmal zur brutalen Gewalt gegen die arbeitswilligen Ar⸗ beiter zu greifen. Es gebe auch andere, milde und darum nicht weniger wirksame Mittel, um die Arbeitswilligen von der Arbeit ferniubalten. Eine ganze Zabl von Mißhandlungen sei ihm aber persönlich von Arbeitern mitgetheilt worden. Ein Arbeiter habe ver⸗ geblich in Berlin sich um Arbeit bemübt, er sei rein auf Almosen äangewiesen. Jeder Arbeitswillige werde von den Aumassern notiert; wenn er den Cordon der Posten wirklich durchbreche, dann gehe es ibm des Abends oder bei anderer Gelegenheit schlecht. Ueber das Postensteben schienen die Polizeibebörden verschiedene Auffassungen zu baben. Der Polizei⸗Präsident von Berlin babe das bloße Posten⸗ stehen für zulässig erklart, während die Polizerbebörde von Liegnitz es mit Strafen bedroht habe. Er sei kein Feind der Koalitions⸗ freiheit. Aber es sei nicht zu bestteiten, daß Auswüchse vorhanden seien. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung zum Schutze der Arbeitswilligen müßten, solange das Reichsgeseß zum Schutze der Arbeitswilligen noch nicht ergangen sei, einbeitlich ausgeführt werden.

Abg. Dr Friedberg (nl): Nicht um die Zahl der adligen böheren Beamten handelt es sich, sondern um ibre Bevorzugung bei der Besetzung der höberen Stellen unter Zurücksetzung der Bürgerlichen. 75 90 der Regierunge⸗Präsidenten gebören dem Adel an. Unter den bür⸗ gerlichen Regierungs. Rätben würden sich viele finden, die gern ein Land= ratbsamt übernebmen möchten. Daß der Adel in hohem Grade konservatis ist, finde ich begrein lich Wir haben aber ein volitisches Interesse daran, daß die Regierung, die für das Land und Volk arbeitet, nicht von konser⸗ vativem Geiste durchweht ist, der mit dem Fühlen des Volkes nicht im Einklang steht. Dem Minister danken wir für sein festes Ver⸗ halten bei dem Verbot der polnischen Aerztedemonstration. So lange es keine polnische und keine preußische Medizin giebt, muß wan an— nehmen, daß es sich hier um eine polnisch nationale Provokation gehandelt hat. ;

Abg. Dr. Hirsch (ir. Volkwp.): Wir waren nicht darauf vor⸗ bereitet, daß heute die Frage der Koaluionsfreibeit zur Sprache ge⸗ bracht werden würde. Es war wohl bestellte Arbeit. Rach dem furch baren Erkenntniß des Löbtauer Gerichts, das nicht nur bei den Arbeitern große Erregung bervorgebracht hat, begreife ich nicht, wie man bebaupten kann, es gebe keine gesetzlichen Mittel zum Schatz der Arbeitswilligen. Nicht weniger als 53 Jahre Zucht. baus sind über die Schuldigen verhängt worden. Niemand ist ein größerer Feind des Terrorismus in jeder Form als meine Partei. Aber giebt es Jenn nicht auch einen Terrorismus der Arbeitgeber? Haben ibn nicht die Arbeiter erst von den Arbeitgebern gelernt? Wer kennt nicht die schwarze Liste der Arbeitgeber? Die Vorredner baben die Sache übertrieben. Mit so gewissen und zuchtlosen Arbeitern, wie sie geschildert werden, könnte die Indufstrie garnicht ibren Export bewältigen. Mit solchen Schilderungen will man nur graulich machen, um die Koalirionefreibeit der Arbeiter zu beschneiden. Mit den 55 152 und 153 der Gewerbeordnung hat man es ja schon zu Wege gebracht, daß in vielen Gegenden die Koalitionsfreiheit nur auf dem Papiere steht. Wollen Sie wirklich beruhigend wirken, dann sorgen Sie dafür, daß gleiches Recht für Arbeiter und Arbeitgeber besteht im Interesse des Friedens, den wir sehnlich herbeiwünschen.

Schluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichs⸗ l

M 41.

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 16. Fehruar

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. Fuchs (3entr.): Der Terrorismus der Arbeiter kann nicht bestritten werden. Es wäre nicht soweit gekommen, wenn man den Arbeitern schon früher das Koalitionsrecht verliehen hätte. Nun

dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Sozialdemokraten ihre

Drganisationen gebrauchen. Die Zunahme der sozialdemokratischen Arbeiter ist kein Wunder, wenn, wie im Ruhrrevier, die Arbeitgeber auch die organisierten christlichen Arheiter drangsalieren. Wir können es den Arbeitern nicht verdenken, daß sie sich zusammenschaaren, um ihre Interessen zu vertreten. Wollen wir diese Bewegung den Händen der Sozialdemokraten entreißen, dann müssen wir die seit 1892 rubende Sozialreform wieder aufnehmen und die Organisation der Arbeiter selbst in die Hand nehmen.

Abg. Dr. von Jajdzewski (Pole): Dem Polizei Präsidium von 1 war ganz genau bekannt, was der medßinische Kongreß vor atte. Politische Absichten lagen diesem fern. Der Hinweis auf eine bessere Zukunft in dem 1884er Kongreß bezog sich auf die traurigen russischen Verbältnisse, nicht auf nationalpolnische Aspirationen. Die 1 Themata beweisen, daß man nichts Staatsgefährliches

ea gte.

Abg. Bartels: Wenn der Abg. Friedberg Recht bebalten will, so muß er beweisen, daß Adlige, die nichts gelernt haben, in die hohen Stellen aufrücken. Unsere Beamten haben weiter nichts zu thun, als die Gesetze auszuführen. Gegen den Mißbrauch der Amtsgewalt ist doch mit Hilfe des Abg. Gaeist eine Unmenge von Kautelen geschaffen worden. Es ist nicht richtig, daß unsere höheren Beamten mit dem Velke keine Füblung haben. Ein herzlicheres Verhältniß zum Volke läßt sich gar nicht denken.

Abg. Dr. Schultz⸗Bochum (nl. bestreitet, daß die a des Ruhrreviers sich der Organisation der christlichen Arbeiter wider⸗ setzt hätten.

Abg. Ring: Die Gewerkvereine werden heutzutage vollständig von der Sozialdemokratie beherrscht. Sie sind Ihrer (links) Leitung längst entglitten. Wir wollen gleiches Recht, damit die Arbeiter nicht an dem Staat verzweifeln. Was die Löbtauer Verurtheilung betrifft, so sage ich: Wer das Schwert ergreift, soll mit dem Schwert ge⸗ richtet werden. . solche Dinge sind die schärfsten Strafen gerade recht. Schließlich hat uns der Abg. Hirsch vorgeworfen, wir hätten hier bestellte Arbeit gemacht; darin liegt der Vorwurf, wir hätten hier als Polizeispitzel fungiert. Das ist eine Infamie.

Vize Präsident Freiherr von Heerem an ruft den Redner wegen dieser ein Mitglied des Hauses beleidigenden Aeußerung zur Ordnung.

Abg. Gold schmidt (fr. Volksp.): Die ganze Angelegenheit gehört eigentlich vor den Reichstag. Gewiß ist Terrorismus vorgekommen; es ist aber zu berücksichtigen, daß die Bauarbeiter Saisonarbeiter sind, die nicht das ganze Jahr Arbeit haben und zum theil sehr schlecht bezahlt werden, wie in Liegnitz. Ihnen kann man es also nicht verdenken, wenn sie auf bessere Löhnen dringen, um auch im Winter leben zu können. Oder dringen etwa bloß die Arbeiter auf höheren Verdienst und nicht auch die Beamten und Jedermann? Das Strike⸗ Postenstehen ist von den Gerichten verschieden behandelt. Wenn Herr Ring eine gleichmäßige Behandlung wünscht, so bin ich damit ein—⸗ veistanden. Er scheint aber eine gleichmäßige Bestrafung für das Strikepostenstehen zu verlangen. Bies ist jedoch nur dann strafbar,

wenn es mit einer Belästigung der Arbeitswilligen verbunden ist.

In Liegnitz wußten sich die Posten stehenden Arbeiter gegenüber der Polizei dadurch zu helfen, daß sie einen feinen Anzug anlegten und einen Zylinder aufsetzten, um ihre Genossen zu schützen. Warum stellen Sie sich nicht auf den Standpunkt des Abg. Fuchs? Wir brauchen eine Gesetzgebung, die Licht und Schatten für Arbeiter und Arbeitgeber gleichmäßig vertheilt, damit die Arbeiter ihre be—⸗ scheidenen Wünsche auf legalem Wege zur Geltung bringen können. Das Emporkommen liegt im allgemeinen kulturellen Interesse. Der Sozialdemokratie schwierigster Feind ist die Freiheit.

Abg. Felisch: Man wirft uns vor, wir wären keine Freunde der Arbeiter. Wozu diese verfrühten Wahlreden? Wir sind es doch gerade, die immer und immer für die Rechte der Arbeiter ein—⸗ getreten sind. Die Herren Hirsch und Goldschmidt werden ja vom Vorwärts“ die giößten Lobsprüche erhalten. Man soll mich aber wenigstens nicht mißverstehen. Ich habe, nur von Aus wäüchsen der Koalitionsfreibeit gesprochen. Die Gewerkvereine scheinen mir heute nur noch sozialdemokratische Vereine zu sein. Herr Hirsch fürchtet wohl, seine geringe Gefolgschaft zu ver— lieren, wenn er nicht in diefer Weise hier auftritt. Die Arbeitgeber⸗ verbände sind nur Defensivverbände. Ich werde es den Arbeitern niemals verargen, wenn sie ihre Lebensbedingungen so günstig wie möglich gestalten, aber auf, gefetzlichem Boden. Die arbeitswilligen Arbeiter sollen endlich zu ihrem Rechte kommen. Ich halte dasür, daß das Strikepostenstehen unter den Paragraphen über groben Unfug fällt. Diese Meinung vertreten auch viele Arbeiter.

Die Diekussion wird geschlossen. Nach einigen persönlichen Bemerkungen wird der Antrag, den Antrag Wiemer, betreffend den Waffenerlaß, der Budgetkommission zu Üüberweisen, durch Auszählung des Hauses mit 133 gegen 121 Stimmen abge— lehnt und auch der Antrag Wiemer selbst verworfen.

Das Gehalt des Ministers wird bewilligt.

Bei den Ausgaben für das Statistische Bu reau sagt

ein Regierungskommissar auf eine Anregung des Abg. Felisch eine Prüfung der Anstellungsverhältnisse der Hilfsbeamten zu; alle Hilfsbeamten könnten aber nicht dauernd a g werden, weil sie nicht die erforderliche Vorbildung hätten.

Bei den Ausgaben für das Ober-Verwaltungs⸗ gericht weist

Abg. von Eynern (ul) darauf hin, daß das Ober⸗Verwaltungs⸗ gericht das Ginkommensteuergesetz im Widerspruch mit dem Reichs. gericht ausgelegt, indem es den Agiogewinn der Aktiengesellschaften für steuerpflichtig erklärt habe. Im vorigen Jahre habe die Regierung die Hoffnung ausgesprochen, daß das Ober ⸗Verwaltungsgericht sich mit dem k 6 in Einklang setzen werde. Eine Plenarentscheidung dieses Gerichts sei um so nothwendiger, als die Senate deeselben in dieser Sache verschiedener Meinung seien. Verharre das Ober- Verwaltungegericht bei seinem Urtheil, so bleibe der Regierung nichts übrig, als die Klinke der Gesetzgebung zu ergreifen, wie ein Reglerungsvertreter dies schon im vorigen Jahre in Aussicht ge— stellt habe, und zwar durch eine Novelle zu F 16 des Gintommen— steuergesetzes.

Ein. Regierungskommissar bemerkt, daß nicht das Ministerium des Innern, sondern das Finanz Ministerium eventuell die Klinke der Gesetzgebung zu ergreifen habe. Vorläufig empfehle es sich aber, die Sache ruhen . lassen und zuzusehen, ob nicht eine Einigung der Gerichte möglich sei.

Nachdem auch Abg. Dr. Friedberg den Wunsch des 26 . . Eynern unierstützt hat, werden die Ausgaben

ewilligt.

Bei den Ausgaben für die Versicherungsrevisoren hält

Abg. Nadbyl (Zentr) es im Interesse der Landwirthe für wünschengwerth, daß der Versicherungsbeirath sich über die Lage ber einzelnen Versichezunggzanstalten genau unterrichte.

Geheimer Ober, Megierungs Rath von Knebel. Döberitz: Der Versicherungsbeirath ist nur ein aus Sachverständigen zusammengesetzter,

lediglich begutachtender Beirath, dessen Gutachten von dem Minister von .. zu Fall eingeholt wird. In der neuen Reichs⸗Versicherungs⸗ nobelle ist vorgeseben, daß seitens des Reichs. Versicherungsamtes Ver⸗ öffentlichungen über die einzelnen Versicherungsgesellschaften erfolgen. Kommt diese Novelle nicht zu stande, fo werden wir auf andere Weise für die Veröffentlichung sorgen. J

Bei den Ausgaben für die Standesämter empfiehlt

Abg. von Hagen Zentr.) eine allgemeine Anweisung an die Standesämter, welche sie verpflichtet, den Geistlichen Geburts ꝛc. Nachrichten zu geben.

Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Kruse: Eine solche An⸗ weisung kann nicht gegeben werden, weil sie dem Reichsgesetz wider spricht. Dagegen ist es unser Wunsch, daß die Standesbeamten den Geistlichen entgegenkommen.

Abg. Schall (kons.) schließt sich dem Wunsche des Abg. von Hagen an.

Um 4 Uhr wird die der n abgebrochen. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. (Einführungsgesetz zum Bürger⸗ lichen Gesetzbuch.)

Statiftik und Volkswirthschaft.

Die Sterblichkeit der Gesammtbevölkerung des preußischen Staats im Jahre 1897.

(Stat. Korr) Preußens Bevölkerung hat 1897 357 439 männ— liche und 325 429 weibliche, zusammen 682 868 Personen durch den Tod verloren. Die Zahl der außerdem den Standesbeamten ge meldeten Todtgeborenen belief sich auf 40 317 (22676 männliche und 17 641 weibliche). Ohne Berücksichtigung der Todtgeborenen beträgt die Sterbeziffer, auf 1000 am 1. Januar 1897 Lebende berechnet, für die Bevölkerung überhaupt 21,2, für den männlichen Theil derselben 22,5, für den weiblichen 19,8.

Vergleicht man dieses Ergebniß mit dem für die früheren Jahre ermittelten bis 1875 rückwärts, von wo ab infolge der Standesamts einrichtung eine einheitliche Berichterstattung und Verarbeitung der Nachrichten über die Gestorbenen durchgeführt wurde, so erscheint die Sterbeziffer wiederum als äußerst günstig. Dieselbe schwankte von 1875 bis 1897 nur in engen Grenzen, nämlich für die männliche Be⸗ völkerung von 22,3 bis 28,1, für die weibliche von 19,6 bis 24,5 und für die gesammte von 20,9 bis 26,3 auf 1000 Einwohner.

In den einzelnen Regierungsbezirken zeigt die Sterbeziffer des Jahres 1897 verschiedene Abweichungen. Der Regierungsbezirk Aurich hatte mit einer Sterbeziffer von 16,3 auf 1006 Einwohner im Berichtsjahre die günstigste Sterblichkeit unter allen Bezirken. Dann folgen die Bezirke Schleswig mit 17.5, Osnabrück mit 17B8, Berlin, Stade und Cassel mit 18,9, Lüneburg und Wiesbaden mit 18,1, Minden mit 18,6, Hildesheim mit 19,2, Hannover und Arnsberg mit 19,3, Erfurt, Koblenz und Düsseldorf mit 19,6, Köslin und Trier mit 19,9), Aachen mit 20,,, Potsdam mit 20,8 und Magdeburg mit 2150; für den ganzen Staat und den Bezirk Münster betrug diese Zahl 21,ꝛ2. Ueber dem Durchschnitt des Staats stehen Frankfurt mit A4, Posen mit 22.0, Stralsund und Merse⸗ burg mit 22,1, Köln und Sigmaringen mit 22,4, Königsberg mit 22,93, Bromberg mit 23,1, Stettin mit 23,2. Marienwerder mit 25, 4, Oppeln mit 246, Gumbinnen mit 2438, Liegnitz mit 26,2, Danzig mit 25,8 und Breslau mit 25,9; 18 Bezirke haben sonach eine höhere Sterblichkeit als der Staat im Ganzen.

Auch wenn man die männliche oder weibliche Bevölkerung getrennt in Betracht zieht, zeigen sich Abweichungen in der Höhe der Sterbeziffer. Am günstigsten war für die männliche Bevölke⸗ rung wiederum die Sterbeziffer im Regierungsbezirk Aurich, nämlich nur 16,5 auf 16909 männliche Einwohner. Günstig erscheint sie ferner für männliche Personen in denjenigen Regierungsbezirken, welche unter der für den Staat ermittelten Verhältnißzahl 22,5 geblieben sind; dazu gehören die Bezirke Ogtnabrück, Lüneburg, Schleswig, Stade, Cassel, Minden, Wiesbaden, Hildesheim, Hannover, Trier, Berlin. Arnsberg, Koblenz, Düsseldorf, Köslin, Erfurt, Magde— burg, Münster, Aachen und Potsdam. Ueber der Sterbeziffer des Staats stehen diejenigen der Regierungsbezirke Frankfurt, Stralsund, Merseburg, Köln, Posen, Sigmaringen, Bromberg, Marienwerder, Königsberg, Stettin, Gumbinnen, Oppeln, Liegnitz, Danzig und Bret lau, wo von 1000 Männern bis 28,6 gestorben sind.

Bezüglich der weiblichen Bevölkerung ist es der Stadtkreis Berlin, der die günstigste Sterbeziffer hat; sie betrug 15,9 auf 1000 weibliche Einwohner. Niedriger als die Sterbeziffer des Staats von 19,8 war diejenige für die Regierungsbezirke Aurich, Schleswig, Wiesbaden, Cassel, Stade, Osnabrück, Lüneburg. Minden, Düssel⸗ dorf, Arnsberg, Erfurt, Hannover, Koblenz, Köslin, Hildesheim, Aachen, Potsdam und Trier. Die für den Staat ermittelte Sterbe⸗ ziffer von 19.3 trifft auch für den Bezirk Frankfurt zu. Höhere Verhältnißzahlen haben die Bezirke Magdeburg, Posen, Mäünster, Merseburg, Sigmaringen, Stralsund, Königs berg, Köln, Stettin, Bromberg, Marienwerder. Oppeln, Liegnitz, Breslau, Gumbinnen und Danzig. Hier stieg die Sterbeziffer bis auf 24.

Sine Vergleichung der Sterbeziffer des Berichtsjahres in den einzelnen Regierungsbezirken mit der des Vorjabres ergiebt für 12 von ihnen eine geringere und für 23 eine höhere Sterblichkeit.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Düren wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Der Ausst and der Weber in der Tuchsabrik Kufferath in Mariaweiler ist in Güte beigelegt und der Betrieb in vollem Umfange aufgenommen worden. (Vgl. Nr. 37 d. BI.)

In Leipzig wurde in einer Versammlung der Stellmacher gehilfen mitgetheilt, daß für dieses Jahr eine Lohnbewegung der Stellmacher geplant fei und daß den Unternehmern bestimmt formu⸗ lierte Forderungen vorgelegt werden sollen. Zur Vorbereitung der Bewegung beschloß die Versammlung, zunächst Werkstättendelegirte zu ernennen, die eingehende Erörterungen über die Lohn und Arbeits- verhältnisse anstellen sollen.

Aug Gerg berichtet die, Geraer Zeitung“: Die Pressierer der Firma Louis Hirsch traten am Montag Vormittag mit einer Lohn— erhöhung an ihren Chef heran und wurden abgewiesen. Am Nach— mittag wurde der gleiche Versuch von der Arbelterschaft nochmals unternommen, der selbstverständlich wieder fehlschlug. Hierauf ver— ließen die Arbeiter ihre Arbeitsstätte. Der Chef jedoch ließ jedem der ausständigen 10 Mann seinen rückständigen Lohn und sein Zeugniß zustellen. Es sind genügend Hilfskräfte zur Stelle.

Literatur.

Annalen des Deutschen Reichs für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik, berauegegeben von Dr. Georg Hirth und Dr. Max von Seydel. 31. Jahrgang, Heft 11 und 12, 32. Jahrgang, Heft 1 und 2. München, Verlag von G. Hirth. Abonnementtzpreis vierteljährlich (3 Hefte) 4 ½ Bie ersten Hefte des neuen Jabrgangs enthalten drei Abhandlungen von erheblichem wissenschaftlichen Werth: Unter der Ueberschrist „Der Begriff und die Errichtung einer Börse nach dem Reichsbörsen—

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1899.

gesetze vom 22. Juni 1896 erörtert Dr. Emil Tischer nach einer kurzen geschichtlichen Darstellung der bisherigen Entwicke⸗ lung des Börsenrechts in Deutschland den Begriff der Börse zunächst im allgemeinen und sodann nach dem Reichs Börsengesetze, bebandelt die Errichtung einer Börse, die gesetzlichen Bestimmungen über die Märkte und den Marktverkehr, die freien Vereinigungen, den Verein Berliner Getreide, und Produktenhändler sowie den sogenannten , nee. in Berlin und zum Schluß die Begriffs⸗ estimmungen der Börse in der neueren, durch das Reichs⸗ Börsengesetz hervorgerufenen Literatur. Stadtrath H. von Franken⸗ berg in Braunschweig verbreitet sich über die „Gerichts⸗ barkeit der Innungen und der Innungsschiedsgerichten, und Karl Gümbel erörtert in einer Abhandlung über Bundesfeldherrenamt und Militärhoheit' wichtige Fragen der deutschen Heeresverfassung. An Materialien findet man in den letzten Heften den im Reichs⸗ und Staatt⸗Anzeiger“ veröffentlichten Auszug aus dem Bericht des preußischen Finanz ⸗Ministers an Seine Majestät den König über die Finanzverwaltung Preußens vom 1. Juli 1896 bis zum 1. April 1897, ferner die Begründung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung der Gesetze, betreffend die Postdampfschiffsverbindungen mit überseeischen Ländern, Nachweisungen der Geschäfts⸗ und Rechnungsergebnisse der auf Grund des Invaliditäts. und AUltersversicherungsgesetzes errichteten Versiche⸗ rungsanstalten und der Rechnungsergebnisse der Berufsgenossenschaften für 1896, sowie den Geschäftsbericht des Reichs⸗Versicherungsamts für das Jahr 1897 Dem 12. Heft des 31. Bandes ist ein alphba⸗ betisches Gesammtregister über die Jahrgänge 1868 bis 1898 der Annalen des Deutschen Reichs“ beigegeben.

Alphabetisches Register der wichtigsten deutschen Reichs⸗, Bundes, und preußischen Landesgesetze mit mnemonischer Bindung des Datums dieser Gesetze. Von Geschwandner, Regierungs⸗Sekretär in Posen. Preis geb. 2 40 (Selbst verlag des Verfassers, Posen, St. Martinstraße 50. Dieses Buch soll denjenigen jüngeren Beamten, die ein Examen abzulegen haben, es erleichtern, das Datum der Gesetze, deren Inhalt Gegenstand der Prüfung ist, im Gedächtniß festzuhalten, und führt zu diesem Zweck aus der Zeit vor 1882 die wichtigsten und von diesem Jahre an bis in die neueste Zeit sämmtliche Reichs, und preußischen Landes—⸗ gesetze in alphabetischer Ordnung mit mnemonischer Bindung des Datums ihrer Ausfertigung an.

Koloniales Jahrbuch. Beiträge und Mittheilungen aus dem Gebiete der Kolonialwissenschaft und Kolonialpraxis, heraus gegeben von Gustav Meinecke. 11. Jahrgang, 2. Heft. Berlin, Deutscher Kolonial⸗Verlag. Das zweite Hest wird durch eine größere Arbeit von Hermann Hesse über Reichs.; und Staats- angebörigkeit' eingeleitet. Zwei weitere Aufsätze befassen sich mit der Devortationsfrage und dem Schutzgebiet Kiautschou, aus dem über neuere Vorgänge und Fortschritte berichtet wird.

Das Bibliographische Institut in Leipzig und Wien kündigt an, daß es im Begriff ist, eine ‚Weltgeschichte“ herauszugeben, die im i zu den bisherigen Werken zum ersten Mal thatsächlich die geschichtliche Entwickelung der gesammten Mensch⸗ heit auf der Erde umfassen soll. Der von 30 Fachgelehrten unter⸗ stützte Herausgeber Dr. Hans 4 Helmolt hat dem Werke dem gemäß auch eine geographische Anordnung zu Grunde gelegt. Zahl reiche Illustrationen, darunter 45 farbige und 124 schwarzwelße Tafeln sowie 20 Karten werden den Text erläutern. Das Unternehmen ist auf 8 Bände von je 30 - 40 Bogen (ꝛum Preise von je 10 M für den in Halbleder gebundenen Band, oder auf 16 broschierte Halbbände zu je 4 4) berechnet.

Die im Verlage von Jalius Groos in Heidelberg er⸗ scheinenden Lehrbücher für neuere Sprachen nach der Methode Gaspey-⸗Otto⸗Sauer erfreuen sich bei Lehrenden und Lernenden seit langer Zeit eines guten Rufes. Die Vor— züge der genannten Methode, die sich zum Ziel setzt: die fremde Sprache wirklich sprechen und schreiben zu lehren, bestehen darin, daß sie sich nicht mit der theoretischen Darlegung der grammatischen Formen begnügt oder den Schüler mit der Erlernung selten vor kommender Ausnabmen und Unregelmäßigkeiten plagt, sondern daß sie vielmehr Theorie und Praxis geschickt verbindet und die eigentliche Grammatik durch Schreib- und Sprechübungen sofort in lebendige Nutzanwendung bringt. Die zahlreichen Auflagen (die fran⸗ zösische Konversations⸗Grammatik von Dr. E. Otto zählt deren 26, die englische von Dr. Th. Gaspey 22, die italienische von C. M. Sauer 10) sind ein Beweis der Werthschätzung und Verbreitung dieser Handbücher. Die Verlagsbuchhandlung sucht den Bereich derselben unablässig zu erweitern und die älteren Auflagen zu verbessern. So ließ sie neuerdings auch eine Schwedische Kon versations⸗ Grammatik erscheinen, welche der vormalige Lektor an der Universität Lund Dr. Edward Theodor Walter für den Schul und Privatunterricht verfaßt hat (Pr. geb. 4 M 60 I); auch die vor nicht langer Zeit neu ausgegebene Portugiesische Konversations⸗Grammatik von G. C. Kordgien, Unversitäts. Professor a. D. und Vorsteher des handelswissenschaftlichen Lehr instituts in Hamburg, erschienen bereits in zweiter, verbesserter Auflage. Eine Anzahl neuer Lehrbücher ist in Vorbereitung.

; Land⸗ und Forstwirthsch aft. Ernteergebniß Rußlands im Jahre 1898.

. Nach der vom xrussischen Statistischen Zentral⸗Comits veröffent- lichten Uebersicht über die vorjäbrige Ernte Rußlands betrug die Aussaatfläche für das Wintergetreide in den 60 Gouvernements des Europäischen Rußlands (einschließlich des Weichselgebiets) 27 802 418 Desjatinen, gegen 843 618 im Jahre 1897 und 28 532 180 im Jahre 1896.

Davon standen unter Winterweizen 3 212 048 Derjatinen, unter Winterroggen 24 590 370 Desjatinen.

Geerntet wurde (in 1000 Pud):

1898 1897 10889363 9656 943,5 194 132 14 5h36, 167 420.2 1 285 068, 1 01480,3 15323 986,4 Der Ertrag vertheilt sich auf die einzelnen Gouvernements in sehr verschiedenem Maße. Eine Mittel⸗ und zum theil Uebermittel⸗ ernte haben die Gouvernements von Polen und Westrußland in einem Gebiete, das gegen Osten mit den Gouvernements Kostroma, Nishni⸗ Nowgorsd, Wladimir, Moskau, Kaluga, Tschernigow und Kiew ab⸗ schließt; von den wester östlich belegenen Gouvernements hatten eine Mittelernte: Kursk, Woronesh, Poltawa und Taurien, über mittel: Tambow, Charkow, Jekaterinoslaw, Stawropol und einige Kreise von Astrachan; alle anderen östlichen Gouvernements hatten eine schlechte Ernte, und zwar Perm, Wjatka und Ssimbirsk nur bo bis 66 . Ufa, Orenburg und Ssamara unter 50 ½ einer elernte.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maszregeln. Der Ausbruch der Maul und Klauenseuche ist dem

Kaiserlichen Gesundheitéamt gemeldet worden vom Schlacht. Viehbofe zu Köln und vom Viehmarkt zu Darm stadt am 15. Februar.

im Durchschnitt . der Jahre 1893/97 ,. 1156 566,2

Winter welzen

mann,,