1899 / 45 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Feb 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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ür mißlich, fortwährend Aenderungen der Gesetzgebung herbeizuführen. wenn ein schwer empfundener Uebelstand vorhanden ist, muß man sich über diese Bedenken hinwegsetzen. Es wird aber zu prüfen sein, ob nicht einige Aenderungen der Vorlage nothwendig sind; es darf nicht vorkommen, daß der Richter einen Zeugen als unglaub⸗ würdig ohne weiteres unvereidigt läßt, weil dem Jeugen dadurch der Stempel als Lägner aufgedrückt würde. Auch die Befreiung der Redakteure von der Zeugnihpflicht würde, wie bei den Aerzten und Geistlichen, n, sein. Zahlreicher als bei dem Zeugeneide kommen die Meineide bei den Parteieiden vor; nach dieser Richtung hin sollte die Gesetzgebung vorgehen. Abg. Herzfeld (Soz.) empfiehlt die Einführung des Nacheides und die Einführung uneidlicher Aussagen in dem Vorverfahren, ferner eine Reform der Vereidigung der Beamten. Die Polizei- beamten gäben die Quelle ihrer Kenntnisse, die Behauptungen der Volizeivigilanten, nicht an. Eine Reform auf diesem Gebiete wäre zur Förderung der Wahrheit ebenfalls dringend nothwendig, ebenso die Befreiung der Redakteure von der eng f , Der Grund⸗ af, den die Vorlage aufstelle, daß als Wahrheit dasjenige gelten solle, was das Gericht einstimmig als solche anerkenne, könne nicht gutgeheißen werden. Denn die Richter gehörten alle der besitzen⸗ den Klasse an und kämen leicht zur Einstimmigkeit; sie seien einseitig erzogen und hätten keine Kenntniß von den Gefühlen der arbeitenden Klasse. (Vize⸗Präsident Dr. von Frege: Der Redner greift den deutschen Richterstand in einer Weise an, die ich als parlamentarisch nicht anerkennen kann. Wenn die Richter eine Aussage als unwahr oder unerheblich erklärten, so würde auch das Schwurgericht dadurch beeinflußt werden. Aber das Schwurgericht müsse als Volksgericht erhalten werden, in dem alle Volksklassen vertreten sein müßten. Abg. Graf von Bernstorff⸗Lauenburg (Rp.): Ich bin mit dem Vorredner nur einverstanden in Bezug auf seinen Antrag auf 1 in die Kommission und auf Einführung des Nacheides. Was er sonst ausgeführt hat, rührt wohl nur, daher, daß noch kein Richter Sozialdemokrat geworden ist. Wir haben alle Ursache, dankbar zu sein für die Vorlage, die nicht unerwartet kommt; denn wir hatten in Aussicht genommen, die Frage durch ein besonderes 8 . J, sie . 3 . unter allen Umständen ggestellt wird. Mit der Berufung, welche die sechste Kommi beschaftigt, ist es anders. ; t 9 fin g. Riff (fr. Vgg) ist mit dem Inhalt der Vorlage ein—⸗ verstanden, spricht aber sein Bedauern darüber aus, daß die Regierung die nothwendigen Reformen der Rechtspflege so stückweise bringe, und empfieblt ebenfalls die Ueberweisung an die sechste Kommission. Abg., von Salisch: babe mich vorhin kurz ge⸗ faßt, weil ich der Meinung war, daß die Vorlage keinen Widerspruch fiaden würde, nachdem wir uns zwei Jahre lang mit ihr beschaͤftigt batten. Redner wendet sich gegen die Gegner der Vorlage und be— fürwortet die schleunige Erledigung der letzteren, damit man endlich zu dem erwünschten Ziele komme. Die Vorlage wird der sechsten Kommission überwiesen. Ei . 5lsg Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. at.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 24. Sitzung vom 20. Februar 1899. Die zweite Berathung des Staatshaushalts— 3 1899 wird bei dem Etat der . ortgesetzt. .

Bei den Einnahmen aus den Kosten und Geldstra 60 Sb ooh 40 regt . 53

Abg. Noelle (nl.) Herabsetzungen des Gerichtskost es stãrkere Degression der höheren 3. an. chtskostengesetzes durch

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich habe dem Vortrage des Herrn Abg. Noelle nicht vollständig folgen, wenigstens nicht alles verstehen können. Darüber besteht kein Zweifel, daß die Anregungen, die der Abg. Noelle gegeben hat, bei einer Reviston des Gerichtskostengesetzes eingehende Würdigung finden werden. Aber, wie Sie bereits von dem Herrn Referenten gehört haben, und wie auch der Herr Abg. Noelle wiederholt hat, sind die nothwendigen Grundlagen für eine solche Revision, die in den statistischen Aufstellungen zu suchen sind, noch nicht zum Abschluß gelangt, und der Abschluß steht auch nicht unmittel⸗ bar bevor. Selbstverständlich werden diese statistischen Ermittelungen in der nächsten Session zu Ihrer Kenntniß gebracht werden, und wenn sich daraus die Nothwendigkeit und die Berechtigung einer Re⸗ vision der Kostengesetze ergiebt, so hoffe ich, daß gleichzeitig mit ihnen auch eine Novelle zum Gerichtskostengesetz Ihnen vorgelegt werden kann.

Abg. Krause⸗ Waldenburg (fr. kons., auf der Journalistentribü schwer verständlich) beschwert sich über einen Spenalfall, . Unrecht die Loösung eines doppelten Stempels verlangt worden sei.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Der von dem Herrn Abg. Krause vorgebrachte Fall ist mir nicht bekannt. Ich habe auch aus seinem Vortrage nicht entnehmen können, wo die Sache gespielt hat, und ebenso wenig, ob in der Sache der Instanzenjug durchgeführt worden ist, ob etwa gegen die von dem Herrn Abg. Krause bemängelte Entscheidung Beschwerde und mit welchem Erfolg erhoben worden ist. Wenn die Sache so liegt, wie der Herr Abg. Krause vorgetragen hat, nehme ich keinen Anstand, zu erkläten, daß ich das Verfahren für materiell ungerecht⸗ fertigt halte; ob auch formell, darüber vermag ich im Augenblick ohne die nöthigen Unterlagen nicht iu urtheilen. Wenn ich richtig verstanden habe, hat die Sache so gelegen, daß zu einem Kaufvertrag über ein Grundstück, der der vormundschaftlichen Genehmigung be— durfte und der erst mit der obervormundschaftlichen Bestätigung stempelpflichtig wurde, der Stempel sofort verwendet wurde. Dem⸗ nächst ist es zur Auflassung gekommen, und später ist auf Grund eines Monitums des Rechnungsrevisors der Auflassungsstempel nachgefordert worden. Ob formell das Verfahren des Rechnungt⸗ revisors begründet war, darüber muß ich mich mangels genauer Kenntniß der Sache des Urtheils enthalten. Materiell würde ich das Verfahren unter allen Umständen für bedauerlich und ungerecht⸗ fertigt halten. Wenn eine Beschwerde in der Sache erhoben wird, habe ich keinen Zweifel, daß dem Mann die 130 , falls er sie zweimal gezahlt hat, werden erftattet werden.

Im übrigen scheint es mir, als wenn der Appell, den der Herr Abg. Krause hier an den Justiz⸗ Minister gerichtet hat, mit größerem Recht an die Gesammtbeit seiner Kollegen im Amte zu richten gewesen wäre. Diese haben es in der Hand, daß sie von den Eingesessenen ihres Bezirks als Freunde und Berather betrachtet werden und nicht in ein unfreundliches Verhältniß zu ihnen gelangen. Seitens der obersten Justizserwaltung geschieht alles, dahin zu wirken, daß in solcher Weise seitens der Richter verfahren wird. Ich kann insbesondere hervorheben, daß auch die Amtsrichter ausdrücklich an⸗ gewiesen sind, in Kosten⸗ und Stempelfragen das Publikum überall nach Möglichkeit zu belehren und dahin zu wirken, daß das Publikum

nur dringend wünschen, daß dieser Anregung überall in möglichstem Umfange Folge gegeben werde.

Bei den Einnahmen aus der Beschäftigung der Ge⸗ fangenen weist

Abg. Pleß (Zentr.) auf die Schädigung des Kleingewerbes durch den Fabrikbetrieb in den Strafanstalke in d Deportation der Gefangenen nach . i ul ,,,

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich glaube annehmen zu dürfen, daß Herr Abg.

Pleß von mir nicht erwartet, daß ich in diesem Augenblick und an dieser Stelle auf den von ihm angeregten Gedanken einer Einrichtung von Strafkolonien eingehe. Ich glaube mich beschränken zu dürfen auf diejenigen von ihm erwähnten Punkte, die mit dem vorliegenden Titel unmittelbar in Beziehung stehen, mit dem Arbeitsverdienst der Gefangenen. Nach dieser Richtung hin habe ich zunächst thatsächlich zu erklären, daß im Bereich der der Justizverwaltung unterstellten Gefängnisse eine Druckerei sich nicht befindet, und daß die von dem Herrn Abg. Pleß erwähnte Statistik von dem Ministerium des Innern ausgegangen ist, welches im Augenblick noch nicht ver⸗ treten ist. Ich habe aber Nachricht geben lassen an das Ministerium des Innern; es wird voraussichtlich noch ein Vertreter desselben hier erscheinen und über den Punkt Aufklärung geben. Auch nur der Ver⸗ treter des Ministeriums des Innern würde Aufklärung geben können, zu der von dem Abg. Pleß bervorgehobenen Thatsache, daß der Arbeits- verdienst der Gefangenen erheblich zurückgegangen sei; denn auch in dieser Beziehung haben die vorgetragenen Zahlen nur auf die Gefängnisse Bezug, die dem Ministerium des Innern unterstellt sind. Soweit mir die Verhältnisse bekannt sind, ist in den Gefängnissen der Justizverwaltung ein solcher Rückgang nicht eingetreten, vielmehr soll dort sogar der Verdienst der Gefangenen ein größerer geworden sein als früher.

Was nun den Hauptpunkt angeht, den Herr Abg. Pleß angeregt hat, daß die Gefangenenarbeit dem Privatgewerbe, der Privatindustrie keine Konkurrenz machen solle, so ift ja das ein Punkt, der hier schon sehr oft erörtert und fast in jedem Jahre zur Sprache gebracht worden ist. Es sind nach dieser Richtung hin, wie ich glaube sagen zu dürfen, ganz erhebliche Fortschritte in den letzten Jahren gemacht worden. Die neue Gefängnißordnung der Justizverwaltung enthält in S71 die ausdrückliche Vorschrift:

Die dauernde Beschäftigung der Gefangenen ist thunlichst durch Arbeiten für Staatsbetriebe zu sichern. Wo eine andere Beschäftigung der Gefangenen nicht zu vermeiden ist, soll eine Regelung dahin erfolgen, daß die Interessen des Privatgewerbes möglichste Schonung er— fahren; insbesondere ist der Arbeitsbetrieb auf zahlreiche Geschäfts⸗ betriebe zu vertheilen und die Arbeit, soweit angängig, in Stück⸗ oder Tagelohn zu vergeben. Eine Unterbietung der freien Arbeit ist unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Gefangenen= arbeit zu vermeiden.“

Meine Herren, seitens der Justizverwaltung geschieht alles, was geschehen kann, um dahin zu wirken, daß diese Vorschriften nicht auf dem Papier stehen bleiben, sondern daß sie auch zur praktischen Aus⸗ führung gelangen. In vollem Umfange, in einem Umfange, der die Privatindustrie vollkommen befriedigt, wird allerdings das kaum durch⸗ zuführen sein.

Nun war, wenn ich mich recht erinnere, bei fräheren Verhand— lungen in dieser Frage darüber immer allgemeine Uebereinstimmung, daß dahin gestrebt werden müsse, die Arbeitskraft der Ge⸗ fangenen thunlichst für die Zwecke der Staatsverwaltung und der Staatsbetriebe selbst nutzbar zu machen. Das ist auch in dem von dem Herrn Abg. Pleß vorgetragenen Fall geschehen, wenn in der Druckerei eines unter dem Herrn Minister des Innern stehenden Gefängnisses für Staatszwecke eine Statistik hergestellt ist. Daß dadurch der Privatindustrie mittelbar auch Konkurrenz gemacht wird, ja, meine Herren, das ist allerdings nicht zu leugnen; aber eine Konkurrenz in dieser Form ist bisher meines Wissens in diesem hohen Hause niemals beanstandet worden. Niemals dürfen wir außer Betracht lassen, daß es unbedingt noth⸗ wendig ist, die Gefangenen zu beschäftigen; daß es hier bei außerordentlich schwierig ist, für sie überall passeade und solche Beschäftigung zu finden, deren Erzeugnisse nicht irgendwie mit dem Gewerbebetrieb der Privatpersonen in Konkurrenz treten, das ist eine bedauernswerthe Thatsache. Aber die Arbeit bleibt das wesentlichste Erjiehungsmittel für die Gefangenen. Und wenn Herr Abg. Pleß hervorgehoben hat, daß es eine der höchsten und ersten Aiffgaben der Gefängnißverwaltung sein müsse, dafür zu sorgen, daß die Gefangenen die Strafanstalt gebessert verlassen, daß die Zahl der Rückfälligen sich vermindere, so, glaube ich, muß der Weg hierzu am allerersten in der angemessenen Beschäftigung der Gefangenen gesucht werden.

Daß die Beschäftigung der Gefangenen auf dem Gebiete der Landwirthschaft und eventuell, wenn Gelegenheit sich dazu ergeben möchte, für große öffentliche Bauten, Kanalbauten und Eisenbahnbauten eine sehr erwũnschte sein würde, wird seitens der Staatsregierung in vollem Umfange anerkannt. Auch in dieser Beziehung geschieht alles, um die Arbeitskräfte der Gefangenen soweit als thunlich, namentlich der Land⸗

wirthschaft zur Verfügung zu stellen. Das ist insbesondere seitens der Justizverwaltung in sehr umfassendem Maße im vorigen Jabre in

Schlesien geschehen aus Anlaß der großen Ueberschwemmungsschäden,

und es ist seitens der Regierungs⸗Präsidenten und des Ober ⸗Präsidenten

ganz besonders anerkannt worden, daß die Gefängnißverwaltung

in dieser Richtung das allergrößte Entgegenkommen bewiesen

und dadurch sowohl zur raschen Beseitigung des Nothstandes

mitgewirkt als auch verhindert habe, daß die Gefangenenarbeit

mit der Privatindustrie in nachtheilige Konkurrenz trete. Ich kann

die Versicherung geben, daß das Bestreben der Justijverwaltung dahin

gerichtet sein wird, auf dieser Bahn weiter fortzuschreiten, und ich

hoffe, daß die Klagen, die noch immer hier alljährlich erhoben werden,

ner. dieser Richtang im Laufe der Zeit mehr und mehr verstummen

werden.

Abg., Rickert (fr. Vgg): Die Beamten in den Kolonien baben sich einflimmig gegen die Hir erteilen der Gefangenen ausgesprochen. Auch die Justizverwaltung ift gegen diese Idee. Die Beschäftigung der Gefangenen in der Landwirthschaft halte ich für ein wichtiges Besserungsmittel. Auf die Kosten kann es dabei nicht ankommen, auch nicht darauf, daß die Strafe durch diese Beschäftigung gemildert

wird. Es würde sich au len, di zu den 2 , Bei den Ausgaben für das Gehalt des Ministers , .

z. Träger (fr. „bei seiner schwachen Sti verftändlich, weil er der Har de al 2 Rücken ni n,

nicht aus Rechtsunkenntniß in Schaden geräth. Meinerseits kann ich

petitionen dieser Beamten seien von der e der Disziplin nicht im Ginklang eb, 2 ,. 1 inn che im Widerspruch mit Art. 32 der Verfaffung. Wenn einer im Namen eines ganzen Standes eine Petition an den Landta richte, so mache dies nicht den Eindruck, als wenn sich Viele 1 ke,, n, . , gen je mmerung des Petitions

ne,, , Schönstedt:

eine Herren! Ich erkenne selbstverständlich vollko

Befugniß jedes Mitgliedes dieses hohen Hauses . die . Staatsregierung zur Rede zu stellen, wenn es der Meinung ist, daß die Staatsregierung sich gegen Vorschriften der Verfassung vergangen habe. Aber ich glaube, bestreiten zu dürfen, daß ein solcher Vorwurf im vorliegenden Fall gegen die Justizverwaltung mit Fug und Recht erhoben werden kann.

Der Herr Abgeordnete hat gemeint, es sei in der Verfügung, die auf meine Weisung durch den Ober Landesgerichts. Prästdenten in Hamm und auch durch andere Ober. Landesgerichts Präsidenten an die Gerichts vollzieher ihrer Bezirke ergangen ist, ein Wechsel in der An⸗ schauung der Justizverwaltung hervorgetreten gegen das Vorjahr; im Vorjahre seien Gesammtpetitionen der Gerichts vollzie her ̃ un⸗ beanstandet geblieben, die mit sehr zahlreichen Unterschriften bedeckt gewesen seien, und in diesem Jahre habe man das plötzlich für nicht mehr zulässig erachtet. Ja, meine Herren, ich glaube, da liegt ein Mißverständniß zu Grunde: nicht in den Anschauungen der Justizverwaltung, sondern in der Art der Vertretung ihrer Interessen seitens der Gerichtsvollzieher ist ein Wechsel eingetreten. Die im vorigen Jahre hier eingebrachte Gesammtpefllion der Gerichts voll zieher bewegte sich in angemessenen, ruhigen Formen, sie hatte keinen agitatorischen Charakter, sie war sachlich und objektiv gehalten. Das Gegentheil gilt von der Petition, von der ich zuerst Kenntniß bekommen habe aus der Deutschen Gerichtsvollzieherzeitung“ zu einer Zeit, wo sie noch nicht eingereicht war, sondern sich noch in Vorbereitung be⸗ fand, und nunmehr dafür Progaganda gemacht wurde in den Kreisen sämmtlicher Gerichtsvollfieher. Wie ich mir diese Petition angesehen habe, bin ich zu dem Urtheil gekommen, daß sie in durchaus un— . agitatorischen Tone gehalten sei.

un, meine Herren, bat ja jeder Beamte also au

Gerichts vollxieher das ihm verfassungs mäßig gewaͤhrleistete . recht; daß er das bat, habe ich in der von mir erlassenen und von dem Herrn Abgeordneten verlesenen Verfügung ausdrücklich anerkannt. Aber meine Herren, für die Beamten erleidet doch die Ausübung der verfassungsmãßigen Rechte gewisse Modifikationen, die sich ergeben aus den ihnen ob= liegenden Amtepflichten; ein Beamter darf nicht in jeder Form und in jeder Weise sein verfassungsmäßiges Recht ausüben, er muß immer dabei im Auge behalten seine amtliche Stellung, die Rücksichten, die ihm sein Amt auferlegt. Meine Herren, Sie alle wissen, wie gerade in Beamtenkreisen die Agitation in den letzten Jahren einen immer größeren Maßstab angenommen hat auf Verbesserung ibrer äußeren Verhältnisse. Ich erkenne die Berechtigung solcher Wünsche durchaus an; aber ich stehe auf dem Stand punkt, daß die Beamten verpflichtet sind, ihre Wünsche in einer rücksichtsvollen, angemessenen Weise zur Sprache zu bringen. Meine Herren, das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen; die Petitian, die ais Gesainmthetttion beabsichtl zt war, ist Jbnen a jeh in zahlreichen Exemplaren vorgelegt worden als Einzel⸗Petition mit der Bezeichnung auf der linken Seite: ehrerbietigste Petition der gehorsamst unterzeichneten Gerichts vollzieher. Meine Herren, die Ehrerbietung, wie sie darin zum Ausdruck gebracht wird gegenaber diesem hohen Hause, die ja durchaus am Platze ist vermisse ich in dieser Petition durchaus, insoweit darin die Maß⸗ regeln der Königlichen Staatsregierung einer Kritik unterzogen werden. Es finden sich in dieser Petition Ausdrücke dahin, es seien An= ordnungen getroffen von der Staatsverwaltung, die eines Subaltern⸗ beamten durchaus unwürdig seien, es seien Maßnahmen getroffen worden, von denen man im preußischen Beamtenthum kein Beispiel aufweisen könne; die Maßregeln gingen darauf hinaus, die Gerichts voll ieher unber⸗ dientermaßen zu demüthigen; das seien Akte der Erniedrigung, die das Standesbewußtsein zerstören und alle Berufsfreudigkeit vernichten; der ganze Stand werde entwürdigt durch die Anordnung der Justiz— verwaltung. Es heißt dann endlich:

Es ist mit dem Prinziv der Gerechtigkeit, welche die Grund⸗ lage der Staaten bildet, unverträglich, Beamte von gleicher Kategorie und gleichem Range in so wesentlich verschiedener Weise zu be—⸗ handeln u. s. w.

Ja, meine Herren, das ist nach meiner Meinung nicht ein Ton, den Beamte, wenn sie Beschwerde erheben über die vorgesetzte Verwaltung, sich gestatten dürfen, und nur gegen diesen Ton, gegen diese Art richtet sich meine Verfügung. Darin liegt gerade der Punkt, den der Herr Vorredner übersehen hat: es ist keineswegs den Gerichtsvollziehern die Einreichung von Gesammtpetitionen überhaupt verboten, sondern der Nachdruck liegt auf dem Wort derartiger Petitionen, wie sie hier vorliegen, daran sollen sie sich nicht be⸗ theiligen in dieser agitatorischen Weise. (Sehr richtig! rechts) Wenn das von dem Herrn Vorredner berücksichtigt worden wäre, so würde er vielleicht Bedenken getragen haben, gegen mich den Vorwurf zu erheben, daß ich das verfassungsmäßige Recht der Beamten irgend⸗ wie habe beschränken wollen. Auf den Inhalt der Petitionen heute einzugehen, ist selbstverständlich kein Anlaß; aber ich wiederbole, daß in die verfassungsmäßigen Rechte der Gerichtevolltieher nicht ein⸗ gegriffen worden ist. Das beweist schon die Thatsache, daß Hunderte von Gerichts vollʒiehern nunmehr diese Petition als Einzelpetition eingebracht haben, ohne daß irgend etwas deshalb gegen sie veranlaßt worden ist.

Es ist ein sehr großer Unterschied, ob solche Petitionen als Einzelpetitionen kommen oder ob sie als das Ergebniß großer agita⸗ torischer Versammlungen mit zahlreichen Unterschriften eingereicht werden. Gerade durch solche große Versammlungen wird der Geist der Unzufriedenheit und Auflehnung in die Beamtenschaft hinein⸗ gebracht. (Sehr richtig! rechts) Dem muß die Staatsregierung, die das Ruder fest in den Händen halten will, mit aller Kraft entgegen treten, und das werde ich, soweit es in meinen Bereich fällt, mit aller Entschiedenheit thun. (Lebhaftes Bravo rechts.)

Abg. Schmitz⸗Düsseldorf (Zentr. ü

der Koften der i ich . ,

Die Vorgänge in Frankreich legen uns die Wichtigkeit eines unab- Eier, Richterstandes nahe. Die ge,, . sich in ihren

einheitliche Regelung der Bezüze der Gerichtsvollzieher. Gesammt⸗

Strafverfolgungen nicht die nöthige Beschränkung auf, ich denke namentlich an die Majestätebeleidigungsprozesse. Den Wunsch nach

.

6. Vermehrung der Richterstellen hat der Finanz⸗Minister als er⸗

fällt bezeichnet, gber diese Vermehrung stebt nicht im Verhaͤltniß zu der ich der Majestätẽbeleidigungen vielleicht zuweilen mit größerer Voisicht bei Erhebung der Anklage vorgegangen werden könnte. Gerade hier sind die Fälle keineswegs selten, wo Denunziationen nach langer Zeit aus offenbar unlauteren Beweggründen frivoler Weise, um jemand . 65 . ins Unglück zu bringen, erhoben werden, und ich würde es für recht , , . , wünschenswerth halten, wenn bei Prüfung derartiger Denunziationen

Zunahme der Bevölkerung Und der Rechtssachen und zu den Auf⸗ Dendungen für die Regierungsbeamten und Landräthe. Die Justiz⸗· verwaltung wird in einer Weise zurückgestellt, wie es mit ihren Auf⸗ gaben nicht vereinbar ist. Die Gerichte, namentlich die Obergerichte, sind so üͤberbürdet, wie es das Publikum kaum vermuthet. In Düsseldorf bilden die Hilfgrichter die Hälfte der ordentlichen Richter.

find diese Verhältnisse viel besser als bei uns. Redner weist f

auf den beklagenswerthen Rückgang der schiedsrichterlichen Thãtigkeit und auf die Zunahme der el held ge, hin. Es sei ju erwägen. ob nicht die bedingte Verurtheilung ein Mittel zur Verminderung der Rückfälle sei. Ein Einhruch in die Kronrechte wärde diefe Maßregel nicht sein. In dem starken Anwachsen der Referendare und Assessoren liege eine große Gefahr für die Juris⸗ prudenz. Die Assessoren sollten mebr als bisher zu Amtsanwalten ver⸗ wendet werden, damit sie Fühlung gewönnen mit den praktischen Be⸗ dürfnissen des Lebens. Die haarstraͤubenden baulichen Zustände vieler Gerichtsgebäude seien ,, durch eine Reibe von Neubauten befeitigt worden. Es bleibe aber noch Manches zu thun übrig in der würdigen künstlerischen Ausschmückung unserer Gerichtsgebäude.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Der Herr Abg. Schmitz hat ein so reichhaltiges Bouquet von Wünschen und Anregungen bier vorgetragen, daß es mir schwer sein wird, ihm in allen Einzelheiten zu folgen. Ich bitte also von vornherein um Entschuldigung, wenn meine Antwort nicht überall eine erschöpfende ist.

Der Herr Abg. Schmitz bat zunächst eine Bemerkung gemacht in Bezug auf die Zunahme der Gerichtskosteneinnabme und daraus die Folgerung gezogen auf die Nothwendigkeit einer Vermehrung des Perfonalß. Er hat dabei bemerkt, daß die Zunahme der Gerichts- kosten, wie sie sich aus den Etats der letzten Jahre ergiebt, wesentlich zurückjuführen sein werde auf das Gerichtskostengesetz von 18985. Meine Herren, diese Thatsache ist nicht vollkommen richtig. Schon vor Erlaß des Gesetzes von 1895 befanden sich die Gerichtskosten in stetigem Wachsen, und zwar dergestalt, daß fast jedes Jahr einen Mehrerttag von 2 Millionen Mark brachte. An diesem Verhältniß ist seit Erlaß des Gesetzes von 1895 nichts ge⸗ ändert. In dem ersten Jahre nach dem Inkrafttreten des neuen Gerichtskostengesetzes ist sogar die Zunahme eine geringere gewesen, und wenn mit einer Fortsetzung des früheren regelmäßigen Anwachsens gerechnet werden könnte, dann würde die Gesammteinnahme der Ge⸗ richtskosten auch ohne Inkrafttreten des Gesetzes von 1895 heute mindestens dieselbe geworden sein, wie sie in Wirklichkeit jetzt ist.

Meine Herren, der Abg. Schmitz ist dann auf die Behandlung der Strafsachen gekommen und hat gerügt, daß zu viel Anklagen erhoben würden, von denen ein erheblicher Theil mit Freisprechung ende. Er hat,

wenn ich ihn richtig verstanden habe, die Bemerkung gemacht, daß eine sorgfältigere Prüfung seitens der Staats anwalte erwünscht sei vor Erhebung der Anklage, damit nicht dieses immerhin nicht er— freuliche Ergebniß zu Tage tritt. Ich stehe vollständig auf dem Standvunkt des Abg. Schmitz: ich halte es auch für wünschenswerth, daß keine Anklagen erhoben werden, bei denen von vornherein mit einem hohen Grade von Wahrscheinlichkeit zu ersehen ist, daß sie keinen Erfolg haben werden. Inwieweit die Staatsanwalte im ein⸗ zelnen sich dessen bewußt werden, das läßt sich außerordentlich schwer nachprüfen. Ein generelles Urtheil läßt sich aus der Statistik der Freisprechungen nach der Richtung hin nicht entnehmen. Wir haben aber zu rechnen mit dem auch von dem Herrn Abg. Schmitz erwähnten Legalitätsprinziv, das nun einmal unsere Strasprezeß⸗ ordnung beberrscht, das vielleicht etwas zu weit getrieben ift, weiter als nothwendig. Es ist ja seitens der Staatsregierung der Versuch gemacht worden, dieses Legalttätsprinziv bei der Novelle, die vor einigen Jahren vorgelegt und im Reichstage abgelehnt ist, ein⸗ zuschränken und das Gebiet der Privatklage zu erweitern. Dieser Versuch hat nicht zu einer Verständigung im Reichstage geführt; wir müssen deshalb mit dem bestehenden Zustand weiter rechnen, wobei ich allerdings voraussetze, daß jeder Staatsanwalt die Ergebnisse der ibm vorgelegten Vorverhandlungen mit praktischem Blicke prüft, um nicht unnütze Anklage ohne Noth zu erheben. Der Herr Abg. Schmitz bat dann besonders hingewiesen auf die Zunahme der Bestrafungen wegen Majestãte beleidigung. Das ist scheinbar eine Art von Dogma in der Bevölkerung, daß diese Sachen zugenommen hätten; man liest alle Tage in den Zeitungen und hört in den öffentlichen Versammlungen von der erschreckenden Zunahme der Majestãtsbeleidigungssachen; das wird überall obne Widerspruch geglaubt, und infolgedessen sind auch schon ein paar Gesetzentwürfe in den Reichstag gebracht, die diesem erschreckenden Zustand Abhilfe schaffen sollen. Wie liegt nun die Sache thatsächlich? Das Gegentheil ist richtig.

Die Verurtheilungen wegen Majestätsbeleidigung befinden sich seit einer Reihe von Jahren in fortgesetzter Abnahme. (Hört! hörth Ich habe bezüglich der Verhältnisse in Preußen ganz genaue statistische Ermittelungen anstellen lassen. Daraus ergiebt sich, daß ich will nur von den letzten Jahren die Zahlen vorlesen die Zablen der verurtheilten Personen in den Jahren 94 bis 97 zurückgegangen sind von 429 auf 398, auf 375, auf 305. 205 ist die Zahl für das Jahr 1897; das ist die geringste Zahl seit 1336. Soweit muß man zurück⸗ gehen, um zu einer geringeren Zahl zu gelangen. Und wenn die Zahl dieser Verurtheilungen verglichen wird mit der Zahl der strafmündigen Bevölkerung, dann ergiebt sich ein immer abnehmenderer Prozentsatz. Im Jahre 1894 war dieser Prozentsatz der Verurtheilungen 1,98, er ist zurückgegangen auf 1,81, 1,69, 1,K37, ein Projentsatz, wie er, wie gesagt, seit dem Jahre 1886 nicht so niedrig ge⸗ wesen ist. Sie können daraus ersehen, wie leicht solche Fabeln im Volke sich bilden. Das geht zunächst von sozial⸗ demokratischen Blattern aus, die eine förmliche Statistit über alle Verurtbeilungen wegen Majestätsbeleidigungen führen; sie wissen es sehr geschickt anzufangen, ein und dieselbe Sache kehrt so⸗ undsoviel Male wieder, das wird von den bürgerlichen Zeitungen auf⸗ genommen, und überall verbreitet sich die Meinung: es wird mit unerhörter Strenge in der Majestätsbeleidigungssache verfahren, und da muß nothwendigerweise eingeschritten werden. Dle von mir vorgetragenen Zahlen werden Ihnen beweisen, daß

die Sache nicht so liegt. Nun will ich keinegwegs verkennen, daß es recht wünschenswerth wäte, wenn die Zahl dieser Verurtheilungen noch erheblich geringer wäre, und niemandem würde damit ein größerer Gefallen geschehen als den Gerichten und den Beamten der Staats anwaltschaft; aber diese haben es doch nicht in der Hand. Wenn die Zahl der Majestätsbeleidigungen als solche nicht ab-

nicht, Anderes übrig als pflichtgemäß einzuschreiten. Dabei gebe

allerdings weiter zu, daß gerade auf dem Gebiet

alle hier mitfprechenden Verhältnisse sehr sorgfältig seitens der Be⸗ amten der Staatsanwaltschaft geprüft werden, ehe sie zur Erhebung einer Anklage übergehen. Meinerseits habe ich dieser Auffassung schon früher Ausdruck gegeben, und ich kann nur wünschen, daß danach ver⸗ fahren wird. Im übrigen liegt die Verminderung der Majestäts⸗ beleidigungsanklagen nicht in den Händen der Behörden.

Meine Herren, ich darf bei dieser Gelegenheit vielleicht, weil ich eben bon der Unzuverlässigkeit derartiger Preßmittheilungen gesprochen habe, einen anderen Punkt beiläufig erwähnen, obgleich er heute hier noch nicht zur Sprache gekommen ist. Ich glaube, der Abg. Richter war es, der bei der Berathung des Etats des Ministers des Innern von der spstematischen Begnadigung der Schutzleute, der Exekutivbeamten sprach. Wenn daz ein Mann von der Be⸗ deutung des Abg. Richter von dieser bevorzugten Stelle aus sagt, dann macht das natürlich auch im ganzen Lande einen großen Eindruck und wird geglaubt. Meine Herren, da liegt die Sache ebenso umgekehrt. Im Jahre 1898, im vorigen Jahr, haben von den Gaadengesuchen, die von Exekutivbeamten, die wegen Ueber schreitung ihrer Amtsbefugnisse verurtheilt waren, eingereicht worden sind, 15 6 Erfolg gehabt und 85 o sind jurückgewiesen. Kann man das eine systematische Begnadigung der Exekutivbeamten nennen? Ich glaube nicht.

Meine Herren, bezüglich der Stellen vermehrung, die der Herr Abg. Schmitz nicht für ausreichend hält, kann ich im allgemeinen diesem Urtheil, in gewissem Maße wenigstens, zustimmen; auch ich glaube, daß eine stärkere Stellendermehrung durch das Bedürfniß geboten ist. Aber ich möchte doch davor warnen, bei der Beurtheilung des Be⸗ dürfnisses die Berölkerungszahl zu Grunde zu legen, wie das seitens des Herrn Abg. Schmitz geschehen ist. Bevölkerungszahl und Umfang der Geschäfte decken sich in keiner Weise, und das tritt ganz eklatant hervor, wenn man einzelne Provinzen miteinander vergleicht. Es hat vor einiger Zeit eine Vergleichung der Besetzung der rheinischen Gerichte mit denen in der Provinz Schlesien in den Zeitungen gestanden, aus der die Folgerung gejogen wurde: wenn der schlesische Maßstab zu Grunde gelegt würde, dann müßten in der Rheinprovinz, wie ich glaube, mindestens 150 Richter sofort eingestellt werden. Das entspricht der Bevölkerungszahl, aber in keiner Weise dem Geschäftsumfang. Ich habe auch diese Sache genau nachprüfen lassen, und da ergiebt sich, daß auf den meisten Ge⸗ bieten, namentlich auf dem Gebiete der Strafrechtspflege der Umfang der Geschäfte in der Provinz Schlesien ein so unverhältnißmäßig viel größerer ist als in der Rheinprovin,, daß schließlich die Rheinprovinz besser ausgestattet ist als Schlesien selbst. Dasselbe trifft zu bei den Vergleichen, die heute der Abg. Schmitz mit den Gerichten in anderen Bundesstaaten gezogen hat. Es ist dabei das Landgericht Karlsruhe erwähnt worden. Nun weiß ich zufällig von diesem Land- gericht, daß, wenn da der Maßstab der Geschäfte zu Grunde gelegt wird, der in Preußen maßgebend ist, das Landgericht in Karlsruhe noch etwas stärker besetzt sein müßte, als es thatsächlich ist. Also mit diesen Zablen können wir nicht rechnen, sondern wir müssen einen anderen Maßstab zu Grunde legen, und das ist der Umfang der Geschãfte. Dann ist der Herr Abg. Schmitz auf die Schiedsmänner gekommen. Das ist ein Thema, das regelmäßig in den letzten Jahren hier zur Sprache gebracht ist durch den leider inzwischen verstorbenen Abg. Knebel, der immer ein warmes Interesse für das Schiedsmanns. Institut an den Tag gelegt bat. Ich habe, als im vorigen Jahre diese Sache biet verhandelt wurde, die Erklärung ab— gegeben, daß über das gewiß sehr bedauerliche Zurückgehen der Wirk- samkeit der Schiedsmänner auf dem Gebiete der bürgerlichen Rechts streitigkeiten noch einmal Berichte von den sämmtlichen Ober · Lan des⸗ gericht · Prãsidenten eingefordert werden sollten, um danach zu prüfen, was etwa zur Hebung dieses Instituts gescheben könnte. Diese Berichte sind inzwischen eingegangen, haben mir aber leider keinen Finger⸗ zeig gegeben, wie diesem Uebelstande abzuhelfen wäre. Es ergiebt sich daraus, daß die Inanspruchnahme der Schiedsmãnner auf diesem Gebiet in der ganzen Monarchie fortgesetzt zurückgeht. Am meisten und lebhaftesten ist dies beroorgetreten in denjenigen Landes theilen, in denen 1879 das Schiedsmanns⸗Institut neu eingeführt wurde. Da bat es zuerst den Reiz der Neuheit gehabt, und es sind die Leute massenhaft zu den Schiedsmännern gegangen, um da ihre Streitigkeiten zu einer gütlichen Erledigung zu bringen. Da ist aber sehr bald ein starker Rückschlag eingetreten, stãrker als in den älteren Provinzen, in denen das Institut schon länger bestanden hatte. Der Rückgang ist aber eingetreten unab hängig von den Personen der Schiedsmänner. Ich bin selbst früher der Meinung gewesen, es könne vielleicht mit größerer Sorgfalt auf die Auswahl geeigneter Persönlichkeiten hingewirkt werden. Ich selbst habe den Gedanken angeregt, daß es zweckmäßig sein könnte, vor der Bestätigung eines Schieds manns der ja präsentiert wird von der Gemeindebehörde, noch einmal den zuständigen Amtsrichter des Be⸗ zirks darüber zu hören, ob der vorgeschlagene Herr sich auch zu diesem Amte eigne. Fast saämmtliche Ober Landesgerichts. Präsidenten haben sich gegen diesen Vorschlag als nutzlos ausgesprochen und haben ge⸗ meint, daß auch der Amtsrichter in vielen Fällen den Verhältnissen nicht so nahe stehe, um ein maßgebendes Urtheil aussprechen zu können. Sie baben aber auch darauf hingewiesen, daß da, wo kein Wechsel in der Person des Schiedsmanns eingetreten sei und wo die besten, angesehensten und zuverlässigsten Leute andauernd in ihrem Amt als Schiedsmänner geblieben seien, diese Abnahme der Geschäfte sich ganz ebenso gejeigt hat wie andergzwo. Vielleicht liegt die Etklärung dieser Thatsachen darin, daß das Mahnverfahren, welches seit 1879 einen immer größeren Umfang angenommen hat, es dem Glaͤubiger ermöglicht, rascher zu einem vollstreckbaren Titel zu gelangen als dies bei Anrufung des Schiedsmanns geschehen kann. Im übrigen sind inzwischen auch andere Einrichtungen ins Leben getreten: Gewerbegerichte, Schiedsgerichte u. eine ganze Reihe von Umständen hat zusammengewirkt, daß die Schiedsmänner sich nicht mehr auf dem Gebiete der bürgerlichen

gebabt haben und auf die man vielleicht gehofft hat. Aber ich möchte doch bemerken, daß schon bei Einbringung der Schiedsmannsordnung in der Begründung der Zweifel ausgesprochen worden ist, ob dieses Institut, soweit es nicht obligatorisch ist, sich einbürgern werde, und diesen Zweifel scheint die Erfahrung bestätigt zu haben. Wenn etwas geschehen kann, um das Institut wieder zu heben, so würde das, wie ich glaube, bauptsächlich ausgehen müssen von den Gemeinde⸗ vertretungen, durch öfteren Hinweis darauf, vielleicht auch durch periodische Bekanntmachung in den Lolalblättern, daß der Schieds- mann berufen ist, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten das Amt eines Vermittlers und Versöhners zu übernehmen.

Die Frage der bedingten Verurtheilung bezw. der bedingten Be⸗ gnadigung ist von dem Herrn Abg. Schmitz nur so flüchtig gestreift worden, daß ich glaube, mich eines näheren Eingebens auf diese schwierige Frage im Augenblick enthalten zu sollen. Ich darf nur das Eine sagen, daß die Erfahrungen, die mit der bedingten Begnadigung gemacht worden sind, noch keineswegs abgeschlossen sind, daß sie aber, soweit wir sie bisher übersehen, keineswegs das Urtheil rechtfertigen, diese Einrichtung sei eine nicht befriedigende und habe sich weniger bewährt als die in anderen Ländern eingeführte bedingte Verurtheilung, gegen die auch recht erhebliche Bedenken vor— liegen. Aber, wie gesagt, ich will auf die Materie vorläufig nicht weiter eingehen, weil ich glaube, daß auch das hohe Haus damit einverstanden sein wird, daß eine Einrichtung, die erst vor drei Jahren ins Leben getreten ist, während eines längeren Zeit raums bestehen muß, ehe man ein Urtheil darüber fällen kann, ob sie beizubehalten oder durch eine andere gleichfalls nicht unanfechtbare Einrichtung zu ersetzen sei.

Der Herr Abg. Schmitz ist dann schließlich noch gekommen auf die Frage der Verwendung der Gerichts⸗Assessoren als Amtsanwalte. Auch das ist eine Frage, die schon sehr häufig hier erörtert worden ist. Neues dazu vorzubringen, wird ziemlich schwierig sein. Ich habe schon gelegentlich in früheren Jahren bervorgeboben, daß Assessoren nur in geringem Maße geneigt sind, das Amt eines Amtsanwalts zu übernehmen, daß auch die Bestellung eines Amtsanwalts für eine größere Zahl von Amtsgerichten erhebliche Bedenken hat. Wenn in Baden Assessoren in größerer Anzahl als Amtsanwalte beschäftigt werden, so ist die Einrichtung dort so, daß die sämmtlichen Assessoren ihren Amtssitz am Sitz des Landgerichts haben und von dort aus in ihre Bezirke reisen. Bei den Amtsgerichten, die außerhalb des Landgerichtesitzes liegen, ist daher ein Amteanwalt nicht zur Stelle. Das fübrt zu mannig—⸗ fachen Verjögerungen, und jedenfalls ist eine solche Einrichtung auch nicht geeignet, den Amtsanwalt in eine besonders enge Fühlung mit der Bevölkerung zu bringen und ihn tiefer eindringen zu lassen in ihre Verhältnisse. Ich glaube, daß die mit einem solchen System ver bundenen Nachtheile die Vortheile, die dasselbe zu bieten vermag, aufheben würden. Also auch dieser Anregung Folge zu geben, scheint mir kaum räthlich zu sein.

Schließlich tbeile ich den Wunsch des Herr Abg. Schmitz, daß es in größerem Umfange gelingen möge, unseren neuen Gerichtsgebäuden eine schönere, künstlerische Ausschmückung zu geben, deren ästhetische und ethische Wirkung ich keineswegs gering schätze. Die Mittel hierzu stehen wesentlich dem Herrn KultusMinister zur Verfügung, der aber seinerseits freundliches Entgegenkommen nach dieser Richtung schon be⸗ wiesen hat; es wird nächstens eins der rheinischen Landgerichte mit schönen Wandgemälden von einem Düsseldorfer Maler aus geschmũckt werden, und wenn demnächst das große neue Berliner Justizgebäude vollendet sein wird, so hoffe ich, daß zur künstlerischen Ausschmückung auch dieses Gebäudes die nöthigen Mittel gefunden werden.

Geheimer ,, Belian weist den Vorwurf zurück,

daß der Finanz Minister die Bedürfnisse der Justiz nicht genügend be⸗ rücksibtigt habe. Die Ausgaben des Extraordinariums nicht nur, sondern auch die des Ordinariums seien in den letzten Jahren ver—⸗ mehrt worden. Seit 1890/ũ91 seien 593 neue Richter und Staats⸗ anwaltsstellen geschaffen worden. Wo ein Bedürfniß nach neuen Richterstellen nachgewiesen sei, erhebe die Finanz⸗Verwaltung keinen Widerspruch. Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) beschwert sich darüber, daß ein Amtsrichter in seiner Heimath einen Termin auf einen katholischen Feiertag gelegt babe, und daß man bei der Anstellung der Richter nicht auf die konfessionellen Verhältnisse der betreffenden Gegend genügend Rücksicht nehme.

Abg. Dr. Rewolsdt (fr. kons.) beklagt, daß in Berlin ebense viele junge Leute Jura studierten wie auf sämmtlichen übrigen Universitäten Preußens und so dem Rechtsleben ihrer Heimathsprovinz entfremdet würden. Bei der Beurtheilung von Denunziationen in Majestäts.« beleidigungẽsachen sollten die Sfaatsanwalte sehr vorsichtig sein. Die Richter konnten das ihnen zugewiesene Pensum kaum bewältigen, und der Finanz. Minister scheine nur diejenigen neuen Stellen zu bewilligen, die er fär nothwendig halte. Die neuen Aufgaben des Bürgerlichen i . könnten nur mit einem kompletten Richtermaterial erfüllt werden.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich kann es nur dankbar anerkennen, wenn aus der Mitte des Hauses sich eine Zustimmung äußert für die Ver⸗ mehrung der Richterstellen da, wo sie erforderlich erscheint. Ich kann aber nicht zugeben, daß die Ausnahmeverhältnisse, auf die der Herr Abg. Rewoldt am Schlusse seines Vortrags hingewiesen hat, eine Vermehrung der etatsmäßigen Stellen rechtfertigen. Es ist feststehender Grundsatz der preußischen Verwaltung, und ich glaube, ein gerechtfertigter Grundsatz, daß dauernde etatsmäßige Stellen nur da bewilligt werden, wo auch ein dauerndes Bedürfniß nachgewiesen ist. Es ist dem Landgericht Greifswald, auf das speziell Bejug genommen ist, ein Hilfsrichter schon vor zwei Jahren bewilligt worden. Eine erhebliche Vermehrung der Geschäfte bei diesem Landgericht ist erst in den letzten Jahren hervorgetreten. Eine Vermehrung des etatsmäßigen Personals ist für dieses Landgericht bisher überhaupt nicht beantragt worden und also noch garnicht in Frage gekommen. Es wird dabei der Grundsatz für den Herrn Ober Landesgerichts ⸗Präsidenten maßgebend gewesen sein, daß zunächst durch die Erfahrung festgestellt sein muß, daß das Geschäftsbedürfniß ein dauerndes ist, und daß erst dann daraufhin Anträge gestellt werden können. Diesen Grundsatz habe ich auch in der Justijkommission als den maßgebenden hingestellt, und Herr Abg. Rewoldt ist wohl nicht ganz richtig informiert worden, wenn ihm gesagt worden ist, ich habe dort die Erklärung abgegeben, daß die von mir als nothwendig erachtete Stellenvermehrung lediglich an finanziellen Bedenken des Herrn Finanz ⸗Ministers ge⸗ scheitert sei. Ich habe im Gegentheil anerkannt, daß der Herr Finanz⸗Minister in den letzten Jahren in recht erheblichem Umfange den Wünschen der Justizverwaltung entgegengekommen ist, und ich

nimmt, so bleibt den zur Handhabung berufenen Behörden

Rechtsstreitigkeiten derjenigen Popularität erfreuen, die sie früher

kann das auch heute nur wiederholen. Allerdinzs muß ich von meinem