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liche Meinung um ihre Kritik gebeten; sie ist uns, was ich hier dankbar anzuerkennen habe, in um fassender und gründlicher, und ich darf hinzufügen, für ung vielfach belehrender Weise zu theil geworden. Erst auf Grund des so ge⸗ wonnenen Materials ift der Gesetzentwurf entstanden, der Ihnen beute vorliegt, und den wir nach solcher Vorbereltung mit einigem Vertrauen Ihnen vorgelegt haben.
Ich beschränke mich auf diese allgemeinen Bemerkungen. Ich bitte Sie um eine wohlwollende Prüfung unserer Vorschläge. Unter⸗ schätzen Sie die große wirthschaftliche Bedeutung dieses Zweiges unseres Bankgeschäftes nicht. Die Hvpothekenbanken haben sich mehr und mehr zu großen Reservoiren ausgebildet, in die die Ersparnisse aus allen Theilen des Landes zusammenfließen, um wieder von hier aus dorthin geleitet zu werden, wo der Kredit ibrer am meisten bedarf. Sie haben sich dadurch nach mehrfachen Richtungen bin für den Volkswohlstand unleugbar Verdienste er- worben; indem sie die Ersparnisse der Leute, namentlich des Mittel- standes, an sich zogen, haben sie den sparenden Kleinwirthschaften die Möglichkeit gegeben, ihre Ersparnisse leichter und in sicherer Weise
ertragreich zu machen. Indem sie diese ihnen so zugeflossenen Gelder
dem Bodenkredit zugänglich machten, haben sie dahin gewirkt, daß mehr und mehr der Zinsfuß für den Realkredit sich in Deutschland ausglich und die Extravaganzen nicht mehr hervortreten, die man noch vor 30 Jahren in den verschiedenen Theilen Deutschlands bei den Zinssätzen des Hypothekenverkehrs beobachten konnte. Es ist keine Kleinigkeit, meine Herren, wenn wir sehen, daß durch die Hilfe dieser Institute mehr als 5 Milliarden dem Grundkredit zugeflossen sind, tbeils um die Bewirthschaftung des ländlichen Besitzes intensiver zu gestalten, theils um in den Städten den Um und Ausbau der Wohn⸗ häuser zu befördern und zu verbessern. Wenn wir in den letzten 20 Jahren einen ganz ungewöhnlichen Aufschwung nach dieser Rich tung hin in unseren Groß ⸗ und Mittelstädten zu beobachten haben, so ist das ganz überwiegend zurückzuführen auf die Kreditmittel, die die Hppothekenbankinstitute dem ftädtischen Grundbesitz zugeführt baben. Sind dabel auch, was hier im Hause schon wied erholt zur Sprache gebracht worden ist, manche Mißbräuche vorgekommen, mit deren Bekämpfung und Beseitigung wir jetzt zur Zeit noch befaßt sind, — ich denke an den Bauschwindel — so wird man im Großen und Ganzen doch sagen müssen, daß der Prozeß, in welchem die Hypothekenbanken ihre gewaltigen Fonds dem städtischen Grund— besitz zugeführt baben, ein solider und verständiger gewesen ist.
Wenn wir nun bedenken, was es für den Kulturzustand eines Volkes bedeutet, wenn in seinen Wohnvlätzen der Komfort, die Be—⸗ quemlichkeit und die Gesundheitspflege mebr als früher ihre Rücksicht finden, so glaube ich, dürfen wir anerkennen, daß nicht nur für das Wirtbschaftsleben, sondern auch für die Pflege der Kultur die Hvpothekenbanken in den letzten Jahrzehnten in hohem Grade segens⸗ reich gewirkt haben. Was sie gethan haben in der Vergangenheit, meine Herren, werden sie in der Zukunft berufen sein, fortzusetzen; und geben Sie ihnen durch die Genehmigung dieser Gesetzes vorlage das angemessene und sichere Fundament, um ihre Aufgabe in ordnungt⸗ mäßiger, sachlich richtiger und zuverlässiger Weise weiterzuführen.
Abg, Rettich (d kons.): Ueber die vorher verhandelte Vorlage haben sich meine Freunde nicht geäußert, well sie keine Bedenken da— gegen hatten; wir stimmen der jetzt zur Berathung stebenden Vorlage und ihrer Begründung durchaus zu. Die landschaftlichen Institute fallen nicht unter dieses Gesetz; die anderen Hypothekenbanken werden der Aufsicht des Bundeestaats, in welchem sie ihre Geschäfte treiben, unterworfen. Der Hyvpothekenkredit für die Landwirtbschaft wird durch die Landschaften besorgt. Die Hypotbelenbanken haben sieben Achtel ihres Kredits den städtischen Grundstücken zugewendet. 9 si manche Mißstände vorgekommen. Die ftädtischen Grundbesitzer ollten sich ebenso wie die Landwirthe zu Genofsfenschaften zusammen⸗ schließen. Ich halte es für bedenklich, daß die Hypotheken auf Bau— plätze als Unterlage für die Pfandbriefe dienen sollen. Es wird
geprüft werden müssen, ob diese Bestimmung in der Vorlage bleiben soll.
Abg. Büsing (nl): Ich ftelle mich ebenfalls im wesentlichen auf den Boden der Vorlage, die weitergeht, als die vorher be— rathene, weil sie auch die wirthschastliche Seite der Frage regeln will. Eine solche Regelung ist dringend nothwendig gegenüber der großen Anzahl von Hypothekenbanken, die nach ihren Statuten, nach ihrem Geschäftsumfang und der Art ihres Geschäftsbetriebes sehr ver— schieden sind. Die Pfandbriefe sind daher sehr verschiedenartig, und trotzdem zirkulieren sie als faft ganz gleichwertbig. Zur Errichtung neuer Hypothekenbanken sell die Genehmigung des Bundesstaats
erforderlich sein, dem also damit die Prüfung des Bedürfnisses ob—⸗
liegen wird. Das wird genügen, ob aber die Aufsficht der Bundes staaten über die Banken genügen wird zur einbeitlichen Gesetzes durch- führung, ist fraglich, da sehr viele Banken in kleinen Staaten ihren Sitz haben, während sie ihr Geschäft vorwiegend in anderen Staaten ausüben. Der Hauptpunkt ist, wie die Hvpotbeken erworben werden sollen, welche den Pfandbriefen als Unterlage dienen sollen. Erschöpfende Vorschriften darüber wird man schwer aufstellen können; in Preußen ist man über allgemeine Anweisungen kaum hinaus gekommen. Die Anweisungen über die Wertbermittelung sollen der Genehmigung der Aufsichtebehörde bedürfen. Das muß in die Hand des Reichs gelegt werden im Interesse der einheitlichen Durchführung des Gesetzes. Eine schwierige Frage ist die des Disagio der Pfand—⸗ briefe. Die ursprüngliche Vorlage wollte dasselbe innerbalb des Jahres, in welchem es entstanden ist, abgeschrieben haben. Die jetzige Vorlage will unter gewifsen Bedingungen die Abschreibung auf fünf Jahre vertbeilen lassen. Diese Frage wird gründlich gepruft werden müssen. Besonders zweckmäßig sind die neuen Kontrolvorschriften, die kaum verbesserungs bedürftig sein werden. Redner beantragt die Ueberweisung der Vorlage an dieselbe Kommission, an die die vorher berathene Vorlage überwiesen sei.
Abg. Dr. Spahn GSentr.): Ich halte die gesetzliche Regelung dieser Angelegenheit angesichts der bohen Bedeutung der Pfandbriefe für dringend notbwendig. Von großer Wichtigkeit ift die Einbeitlich⸗ keit der Taxgrundsätze; wenn dieselben nicht von den Einzelstaaten aufgestellt werden, sondern vom Reiche. dann kann man vielleicht die eff de Beleihung bis auf 666 v. H. ausdehnen und braucht keine Verschiedenheit zuzulassen für ländliche und für städtische Grundstücke. Daß bei Darlehen unter 12 00 M von der Taxe abgeseben werden kann, wird von den Hausbesitzein in kleineren Städten gewünscht.
Abg. Mun ckel (fr. Volks): Ich vernichte auf die Erörterung von Einzelbeiten, die in die Kommission gehören. Meine Freunde steben dem Gesetze wohlwollend gegenüber, aber sie finden keinen Grund dafür, daß die Entscheidung der Bedürfnißfrage in die Hand der Bundes staaten gelegt werden soll. Mißstände sind bisber nicht hervorgetreten. Man wird nicht überflässiger Weise Millionen zusammenbringen, um eine solche Bank zu gründen. Diejenigen Banken, welche Inhaberpapiere autKggeben wollen, müssen schon aus diesem Grunde die Genehmigung nachsuchen. Im übrigen entspricht die Vorlage einem lange gefühlten Bedürfniß. Man bat im Publikum überall geglaubt, daß die Pfandbriefe eine genügende Sicherbeit darbieten. Ge sind auch besondere Ginrichtungen dafür getroffen; ob sie sich aber wirklich als sicher bewährt hätten, wenn ein Rrach gekommen wäre, will ich dahingestellt sein lassen. Die Vorlage schafft nicht ein Pfandrecht, sondern nur ein Vorrecht im Kon
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kurse, dag aber thatsächlich ebenso welt reichen wird, wie dag Pfand ⸗ s
recht. Man wird untersuchen mussen, ob die Staatgau n eine
Reichsaufsicht verwandelt werden muß, ob die .
richtig gezogen sind, ob die Bestimmungen über die Bilanzen aus⸗
reichend sind, ob die Stellung des Pfandhal ters nicht geändert werden
kann. Jetzt kann eigentlich obne den Pfandhalter gar kein Geschäft
, ,, wenn er einmal krank wird, steht der ganze Geschäftt⸗ e
etrie ; Abg. Gamp (Rp.): Der sehr sorgfältig ausgearbeitete Entwur zeigt, wie schwierig 7 Frage ist. 8 länger wir warten, 6 schwieriger wird die einheitliche Regelung. Wir werden daher eine Reihe von Opfern an unserer Ueberzeugung bringen müssen, wenn wir zum 6 kommen wollen. Um eine Sicherheit für die fandbriefe s zu schaffen, n. wir die Aufsicht der Einzel aaten beseitlgen und die einheitliche Reichsaufsicht einfübren. Für die Beleihungsgrundsätze müssen besonders streuge und einheithiche Vorschriften erlafsen werden. Für die Beleihung von Bauplätzen feblt es aber an jedem objektiven Maßstabe. Man könnte den Banken böchstens entgegenkommen bei der Beleibung von Neubauten. Ob die Bestimmungen über den Deyositenverkehr und die Zeltgeschäfte für die vpothekenbanken zutreffend find, ob die Vorschriften über die Wahl des fandhalters ausreichen, wird genau untersucht werden müssen. Die estebenden Hypothekenbanken sind den Beschränkungen des Gesetzes nicht unterworfen, namentlich nicht bezüglich der Beleibung der Bau—⸗ plätze. Vielleicht könnte man dadurch helfen, daß man die Mündel. sicherheit nur den Pfandbriefen derjenigen Hypothekenbanken verleiht, die sich allen Vorschriften des Gesetzes unterwerfen.
Abg. Dr. Hahn (b. 6. F) erklärt, er habe gegen die Be⸗ aufsichtigung der Hypothekenbanken durch die Einzelstaaten keine großen Bedenken, wohl aber gegen die Zulassung des Depositen⸗ und. Wechselverkeyrs für die Hypothekenbanten. Besonders er. freulich sei die Einrichtung des Pfandhalters; bezüglich der Zulassung der Pfandbrief ⸗Emissionen solle es nicht immer ge⸗ recht zugehen. Die Hppothekenbanken, welchen Vertreter der haute Kinanes nicht zur Seite ständen, würden es lieber sehen, wenn die Zulassung ihrer Pfandbriefe von den Aufsichtsbehörden und nicht von den Börsenkommissariaten abhinge. Es werde hoffentlich der Kom. misszon nicht schwer fallen, zu einer Verständigung über die Haupt- punkte zu gelangen.
Abg. Calwer (Soz.) wendet sich gegen die Ausführungen des Herrn Leutnants“ Hahn (derselbe wohnt der Sitzung in der Uniform eines Oberleutnants der Reserve bei) und drückt seine Befriedigung darüber aus, daß man sich allgemein für eine ausgedehnte Reichs. oder Staatsaufsicht ausspreche. Das Hypothekenwesen führe dahin, daß der Grundbesitz immer mehr nerschuldet werde, daß er mobilistert 6. und der Besitzer sich immer mehr vom Grund und Boden oslöse
Präsident Graf von Ballestrem: Redner hat bei Beginn seiner Aus lafsungen ein Mitglied des Hauses, welches infolge einer militärischen Dienfstleistung in Uniform erschien en ist, als Herr Leutnant bezeichnet. Die Bezeichnung ist im Ganzen harmlos, aber unpassend. Ich wollte dies hier feststellen.
Abg. Len zmann: Nach den Auslassungen der verschledenen Redner scheint das Schicksal des Gesetzes besiegelt zu sein. Ich bin anderer Meinung als mein Fraktionsgenosse Munckel bezũglich der vorhin berathenen und auch bezüglich dieser Vorlage. Ich sehe durchaus nicht ein, weshalb überbaupt die Aussicht seitens des Staats noch ausgedehnt werden soll über den iich Zustand binaus, daß derjenige, der Inhaberpapiere ausgeben will, der Geneh⸗ migung bedarf. Es ist unrichtig, zu unterscheiden zwischen fädtischen und , e. Grundstücken und die erfteren für weniger kredufähig zu erklären.
Abg. Schrader: Im Interesse der Allgemeinbeit empfiehlt sich auf diesem wichtigen Gebiete eine einhettliche, gleich⸗ mäßige Gesetzgehung. Wenn die Aufsicht in die Häͤnde der Einzel⸗ staaten gelegt wird, dann werden wir dieselben Mißstände haben wie bisher, daß von einem kleinen Ginzelstaate die Aufficht geführt wird, während die Geschäfte sich über große Gebiete anderer Staaten er- strecken. Die Aussichtsführung durch das Reich würde durchaus nicht schwer zu konstruieren sein. Auf Einzelheiten einzugehen, wird wohl nicht der Neigung des Hauses entsprechen. Die Kommission wird dafür der geeignete Platz sein. . Die Vorlage wird darauf derselben Kommission über⸗ wiesen, wie die vorher berathene Vorlage.
Schluß 5i / Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, und Wahlprüfungen).
Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
37. Sitzung vom 7. März 1899.
Das Haus setzt die zweite Berathung des Staats— haushalts⸗Etats für 1899 bei den Ausgaben des Etats der , , und Gewerbeverwaltung fort.
ei dem Titel „Unter⸗Staatssekretär“ bittet Abg. Dr. Arendt (fr. kons.) den Minister, der Verschiebung der Zinsperbälmisse nähertreten zu wollen. Nach der Konversion in Preußen
gernicht einmal abgeschlossen ei. Für die Landwirthschaft sei das Steigen des Hppothekenzin ses und die Schwierigkeit der Geldbeschaffung besonders unguünstig. In Wechselbeziehung stebe damit das Steigen des Diekonts. Die Ursache dieser Diskonterhsõhung sei nicht in dem industriellen Auf— schwung zu suchen, der noch kein allgemeiner fei, sondern in der un— gerügenden Golddeckung. Als wir, fährt Redner fort, noch Gold⸗ überflaß batten, stand der Diskont auf 3 ,. Ver Baarvorrath ift um den vierten Theil des Goldvorratbs von 1895 zurück gegangen. Es aiebt keine Diskonterbhöhung der Reichsbank, die nicht übereinstimmte mit der Erhöhung des Diekonts der Bank don England. Das läßt sich ziffermäßig nachweisen. Deutschland ift der einzige Marft, wo eine freie Coldbewegung staltfindet. Der Goldabfluß sst 1885 mit einem Schlage eingetreten, obgleich der in dustrielle Aufschwung erst anfing. Die Einfübrung der Gold— währung in Oesterreich und Rußland geschah auf Kosten des deutschen Goldes. In Desterreich wurden Massen dentschen Goldes in öster= reichische Goldmünzen umgeprägt. Dasselbe gilt von Rußland. In Nord⸗ Amerika sind in dem leßten Jahre für 25 Millionen deutschen Goldes umgeprägt worden. Hätten wir diesen Goldausgang nicht ge= babt, so hätten wir die Diskonterhöhung vermeiden können und hätten einen Diskont von 3 9/0. Die heutige Diskontpolitik ist eine veraltete, In gewissen Zeiten kann man ja den Diskont herabsetzen oder erkõhen aber die Tiskontbewegung reicht nicht aus, weil die Frei⸗ zügigkeit des Goldes aufgehört hat. Man sollte von Frankreich lernen, wie man den Goldbestand schützen kann. Frankreich hat günstigere Wechselkurse wie wir. Es hat einen dreimal so großen Gold⸗ vorrath. Ich sehe kein anderes Mittel der Abhilfe, als die Einführung der Präͤmienpolitik. Daß das Zentrum das Reichs bankprivileg auf V Jahre erböben will, wundert mich; von den Fielsinnigen und Schialdemokraten wäre es begreiflich wegen ihrer bekannten Be— ziehungen zum Kapitalismus. Dem Umlauf der Noten der Privat . banken sollte das Handels ⸗Minifterium seine besondere Aufmerksamkeit widmen. Die preußischen Notenbanken sind aufgeboben, leider aber hat man die größte der preußischen Notenbanken, die Frankfurter, be- steben lassen, weil die Darmstädter noch fortbeftehe. Es liegt keine Veranlassung por, einer einzelnen Bank in Preußen die Möglichkeit zu geben, 10 Yiillionen ungedeckter Noten auszugeben. Diese Bank lebt sozusagen aus der Hand in den Mand. Keine andere Bank hat den Diskont der Reichsbant so unterboten, wie die Franksurter Bank. Ihr Diskont betrug im letzten Jahre o/ weniger als der der
Reichsbank.
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Minister fur Handel und Gewerbe Brefeld: .
Meine Herren! Ich glaube, daß der Herr Vorredner nur einem langfährigen Gebrauche deg Hauses gefolgt ist, wenn er bef dem Titel des Unter · Saatssekretärg diejenigen Wünsche zum Aus druck gebracht hat, die er der Staatsregierung glaubt empfehlen zu sollen. Ich glaube aber, daß er seinerseits etwas zu weit gegangen ist, wenn er diese Wünsche speziell an das Herz des Herrn Unter ⸗Staatssekretärt gelegt hat; ich glaube, die richtige Adresse würde ich doch selber sein. Ich kann es durchaus nicht hindern, wenn er für seine Wünsche das Herz des Herrn Unter Staatssekretärg zu gewinnen sucht; die Gut⸗ scheidung abet über die Frage, die er angeregt hat, sowelt sie dem Handels · Ministerium ressortmäßig zufällt, würde melne Aufgabe sein. (Sehr richtig h
Was die Wunsche selbst anbetrifft, so wärde die Veranlassung
einer Enquste in dem Sinne, wie er sie in Aussicht genommen hat, nicht fowohl Sache der preußischen Staatsregierung, als vielmehr Sache des Reiches sein. (Sehr richtig) Es hat meines Wissens auch das Reich — und Herr Abg. Dr. Arendt ist, glaube ich, seiner Zeit selbst Mitglied der betreffenden Enqustekommission gewesen — eine sehr eingehende Untersuchung der Frage der Währung seiner Zeit vorgenommen, so daß insoweit den Wünschen, die er ausgesprochen hat, früher bereits Rechnung getragen ist. Ob nun aber das Reich dazu übergehen würde, in dem weiteren von ihm angedeuteten Rahmen in eine Untersuchung der Frage einzutreten, was nun die Ursachen des steigenden Zinsfußes sind, wie es möglich wäre, dem steigenden Zinsfuß entgegenzuwirken, ob dazu lediglich die Diskontpolitik der Reichsbank ausreicht, ob es nothwendig wãre, andere Mittel und Wege einzuschlagen, um dem Abfluß des Goldes in das Ausland entgegenzuwirkrn — das alles sind Fragen so ver= wickelter Natur, daß eine solche Enquste fast uferlos erscheint. Db die Reichsregierung geneigt sein würde, seinem Wunsche gleichwohl zu entsprechen, darüber will ich mich eines Urtheils enthalten.
Nur bezüglich einer Frage möchte ich mir noch eine Bemerkung gestatten; das ist die Frage der Privatnotenbank in Frankfurt. Diese Privatnotenbank in Frankfurt besteht ja schon eit sehr langer Zeit, und es ist seitens der Handels kammer in Frankfurt der dringende Wunsch ausgesprochen, sie bestehen zu lassen, und zwar so lange be⸗ stehen zu lassen, als die Privatnotenbanfen in Süddeutschland be= stehen, weil sonst unser Frankfurter Platz, unser Frankfurter Handel und unsere Frankfurter Industrie wesentlich geschädigt werden würden zum Vortheil der Konkurrenz in den süddeutschen Staaten. Das ist ein Gesichtspunkt, der, glaube ich, doch bei der Frage nicht unbeachtet bleiben darf, und dem ich insofern Rechnung getragen habe, als ich meinerseits keine Schritte gethan habe, die Frankfurter Privat⸗ notenbank aufzuheben, solange die übrigen bestehen, und dabei werde ich auch wohl stehen bleiben müssen. (Bravo h
Abg. Fritz en (Zentr): Ich babe Bedenken gegen die Verlãnge⸗ rung des Bankprivilegiums auf 20 Jabre, weil die Kompetenz deg Reichstags dadurch beschränkt wird. Die Kommission des Reichstags bat sich mit groher Mehrbeit dafür entschieden, die Thätigkeit der Privatnotenbanken in Süddeutschland zu erhalten, und vermuthlich wird sich das Plenum diesem Beschluß anschließen.
Der Titel wird bewilligt.
Bei den Ausgaben für einen Ministerial⸗Direktor empfiehlt
Abg. Hoyerm ann (n.) eine Vereinfachung und Erleichterung der Konzesstonierung der Kalifabriken bei den unteren Instanzen, namentlich heim Bezirkkausschuß. Das Konzessionswesen für diese e m re ü so geregelt werden, wie es für die Bergwerke bereits geregelt sei.
Der Titel wird bewilligt, cebenso der Rest des Kapitels.
Zu dem Kapitel, Handels⸗ und Gewerbeverwaltung“ liegt der durch einen Antrag des Abg. Gamp fr. kons) amendierte Antrag des Abg. Dr. Hir ch (fr. Volksp.) vor:
die Staatsregierung zu ersuchen, nach dem Vorgange anderer
deutscher Bundesstaaten auch in Preußen einen Versuch mit der
Anstellung weiblicher Hilfskräfte im Gewerbeaufsichtedienst in
. . wo eine große Zahl von Arbeiterinnen beschäftigt
ift, zu machen.
Abg. Dr. Hir sch (fr. Volksp.) verrichtet auf eine nochmalige Be⸗ gründung seines Antrages. ö
Der Antrag wird mit großer Mehrheit angenommen.
Bei den Ausgaben für drei kommissarisch mit der Be⸗ arbeitung der gewerblichen Schulangelegenheiten zu betrauende Beamte wünscht
Abg. Krawinkel (n.) eine Erhöhung der geforderten Summe von 20 900 M im Interesse der Förderung des gewerblichen Unter- richtswesens und der anderweitigen Regelung der Besoldungsverhältnisse der Lehrer an den Baugewerkschulen.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs. Rath Lüders theilt mit,
; J nah daß über diese Frage Verhandlungen schweben. und im Reich sei eine Steigerung des Zinsfußes eingetreten, die noch ] 6 .
Das Kapitel wird bewilligt.
Bei dem Kapitel „Gewerbliches Unterrichtswefen“ dankt
Abg. Felisch (kans.) dem Minister für die Gründung neuer Baugewerkschulen in Frankfurt a. D., Stettin und Kattowitz. Damit ist aber, fährt er dann fort, dem Bedürfniß noch keineswegs genügt. Die Regierung hat selbst zugegeben, daß an manchen Baugewerk⸗ schulen noch Platzmangel herrsche. 2000 preußische Schüler müssen in fremden Schulen Aufnahme suchen. Tritt der Staat hier nicht ein, so werden immer mehr vrivate Baugewerksschulen gegründet werden zum Schaden der in ihnen ausgebildeten Schüler. rivat⸗ schulen leiften nicht dasselbe, was Staatsschulen leiften. Schulen werfen in der Regel keinen Gewinn ah; schon darum stehen ihre deistungen auf einem niedrigeren Niveau. Der Staat sollte dafür sorgen, daß solchen Privatschulen das Lebenslicht ausgeblasen werde durch ein Gesetz welches die Grrichtung solcher Schulen vom Minister abhängig und ibre finanzielle Fundierung zur Vorbedingung macht. ö einzelnen Baugewerklschulen sollen Steinmetzkurse eingerichtet werden. Erfreulich ist es, daß die Lehrer an den Baugewerkzschulen in Magdeburg und Berlin in Bezug auf ihre Gehalts. und Relikten= verhältnisse endlich zu ihrem Rechte gekommen sind. Zu diesen Schulen sollten nur solche Schüler zugelassen werden, die schon praktisch aus - gelernt haben. Es kommt vor, daß solche Schüler sich als Meister nach der Prüfung niederlassen, ohne ihre praktische Befähigung nachgewiesen zu baben. Dag ist ein Unfug, dem gesteuert werden muß. Auf den Baugewerlschulen haben die akademisch gebildeten Lehrer ein zu großes Uebergewicht über die prattisch ,, Lehrer. Geht das so fort, so werden diese Schulen mit der Zeit mittlere Techniker⸗ schulen werden, während diese Schulen doch Bildungkanstalten für künftige Baugewerfsmeister sein sollen. Für mittlere Staats- Bau- techniker haben wir heute Schulen genug. Die praktisch vorgebilreten Lehrer müssen den akademisch . als gleichwerthig an die Seite gestellt werden. Tüchtige Architekten, die 10 Jahre praktisch im Bau⸗ gewerbe thätig waren, sind mir als Lehrer die liebsten.
(Schluß in der Zwelten Bellage)
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Ich möchte mir gestatten, auf Einzelnes in den ausführlichen Darlegungen des Herrn Vorredners noch mit einigen Worten einzugehen, zunächst auf die Frage, ob es nicht zweckmäßig sei, im Wege des Gesetzes die Zulassung von Privatschulen gewerb⸗ licher Art, namentlich der Privat Baugewerksschulen, zu regeln.
Die Frage ist bereits in der Budgetkommission Gegenstand der Erörterung gewesen; ich habe bereits damals hervorgehoben, daß schon gegenwärtig von der Unterrichtsverwaltung bezüglich sämmtlicher Schulen und demgemäß auch seitens der Handels⸗ und Gewerbeverwal⸗ tung bezüglich der gewerblichen Schulen die Berechtigung in Anspruch genommen wird, zu verlangen, daß neu zu errichtende Schulen die Genehmigung der Regierung nachsuchen und dabei nachweisen, daß ein Bedürfniß für die Errichtung der Schule vorhanden sei, und daß sie die erforderlichen Mittel haben, um die Schule so einzurichten, wie es den Schulzwecken entspricht. Wenn sie diesen Anforderungen nicht genügen, so nimmt die Regierung die Berechtigung für sich in An⸗ spruch, die Schulen zu verbieten und zu unterdrücken. Das hat that⸗ sächlich auch stattgefunden. Sowohl auf dem Gebiete der allgemeinen Unterrichtsverwaltung wie des gewerblichen Unterrichts ist davon wiederhslt Gebrauch gemacht. In Wirklichkeit fehlt es also an dem, was der Herr Vorredner verlangt, nicht.
Die Grundlagen dieser Praxis der Verwaltung bildet eine Kabinets⸗Ordre vom 10. Juni 1834, die auf Grund der Bestim⸗ mungen des § 3 Titel 12 Theil IL des Allgemeinen Landrechts er— gangen ist. Die Grundsätze dieser Kabinets. Ordre sind in einer Staats⸗Ministerial⸗Instruktion vom 31. Dezember 1839 zur Durch⸗ führung gelangt. Der Grundzug dieser Regelung ist der, daß ohne Genehmigung der Schulausfsichtsbehörde keine Privatschule und Er⸗ ziehungsanstalt errichtet werden darf. Nun gebe ich aber vollständig zu, daß es dem Bedürfniß der Zeit wohl entsprechend sein würde, in der Folge eine mehr in das Einzelne gehende gesetzliche Regelung dieser Materie in Angriff zu nehmen. Es könnte das aber natürlich nicht bloß für die gewerblichen Schulen in Frage kommen, sondern für die Schulen überhaupt. Ich möchte in dieser Hinsicht der Ent⸗ schließung meines Herrn Kollegen von der Unterrichtsverwaltung nicht prãjudizieren.
So viel steht aber fest, daß für die gewerbliche Unterrichts⸗ verwaltung das Bedürfniß einer einschränkenden gesetzlichen Regelung erst dann ein dringliches wird, wenn wir in genügender Weise dafür gesorgt haben, daß durch staatliche Unterrichtsanstalten die Möglich⸗ keit geboten wird, in ausreichender Zahl für die Ausbildung der Bau⸗ gewerksmeister Sorge zu tragen.
Darin muß ich nun dem Herrn Vorredner Recht geben, daß wir bis jetzt hinter diesem Bedürfniß trotz alle dem, was bisher geschehen ist, noch recht erheblich zurückgeblieben sind. Es ist das auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, welche gewaltige Aufgabe gegenwärtig der Bauthätigkeit gestellt wird; wir müssen be⸗ denken, daß unsere ganze wirthschaftliche Thätigkeit sowohl auf dem Gebiete der gewerblichen, als auch auf dem Gebiete der landwirth⸗ schaftlichen Produktion in einem großartigen Aufschwung begriffen ist, daß eine große Anzahl neuer Betriebsgebäude aller Art gebaut werden, von denen man früher keine Ahnung hatte. Man muß ferner berücksichtigen, welche Fortschritte man gemacht hat in dem Bau und der Einrichtung von Wohnungen, wie sehr der Umfang der Städte zugenommen hat, und daß aus alle dem die Nothwendigkeit erwächst, zahllose Bauten neu auszuführen oder vorhandene allmählich umzugestalten und an Stelle derselben neue zu setzen. Das ist ein so gewaltiges Gebiet der Bauthätigkeit, daß es gegenwärtig dringend erforderlich geworden ist, gut geschulte, tüchtige Baugewerksmeister in größerer Zahl in unseren Schulen zu gewinnen, um diesem Bedürfniß Genüge zu leisten. Für diesen Zweck haben wir bisher, nach meiner Meinung, in genügender Weise noch nicht gesorgt, es wird aber meine Aufgabe sein — und ich kann konstatieren, daß ich in dieser Beziehung die beste Unterstützung bei dem Herrn Finanz ⸗Minister ge⸗ funden habe —, dafür zu sorgen, das Fehlende sobald wie möglich zu ergänzen. (Bravo!)
Eine andere Frage hat der Herr Vorredner noch angeregt, die ebenfalls von großer Bedeutung ist und deren Berechtigung an sich die Regierung gewiß nicht verkennt; das ist die Frage, ob nicht vom Baugewerbe ein Befähigungsnachweis zu er⸗ fordern sei, der Nachweis, der durch eine Prüfung ju er— bringen ist, daß derjenige, der das Gewerbe ausüben will, nun auch die volle Befähigung besitzt, es so auszuüben, daß dabei das oͤffentliche Interesse an der Sicherheit des Baues vollkommen gewahrt wird. Die Regierung erkennt ja dieses Verlangen im Prinzip als vollständig begründet an, das habe ich bereits im vorigen Jahre er⸗ klärt, sie hat sich nur immer die Entschließung, nach dieser Richtung vorzugehen, noch vorbehalten, weil bisher ein dringendes Bedürfniß einer gesetzlichen Regelung statistisch nicht nachgewiesen werden konnte. Die früher angestellten Ermittelungen ließen es noch zweifelhaft er—⸗ scheinen, ob die Zahl der Bauunfälle mehr zurückzuführen sei auf den Mangel in der polizeilichen Beaufsichtigung oder auf den Mangel in der technischen Befähigung derjenigen, die die Bauten ausgeführt haben. Es stellte sich heraus, daß ein großer Theil und im allgemeinen sogar der größere Theil der Bauunfälle denjenigen zur Last fallen, die die Befähigung besaßen, und nicht denjenigen, die sie nicht be⸗ saßen, und das spricht allerdings dafür, daß auch hier der Mangel einer guten baupolizeilichen Aufsicht ein wesentlicher Grund für die Zahl der Unfälle gewesen ist. (Sehr wahr!)
Nun habe ich es aber für nöthig gehalten, die Ermittlungen, die in die Amtsperiode meines Amtsvorgängers fallen und mehrere Jahre zurückliegen, noch zu ergänzen, ehe ich der Frage näher trete, um auch die spälere Entwickelung in den folgenden Jahren zu übersehen. Ich habe deshalb im vorigen Jahre die Zusage ertheilt, in dieser Be—⸗ ziehung ergänzende Berichte einzufordern; diese Berichte sind inzwischen
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, e Geitag e um Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Stants⸗Anzeiger.
Berlin, Mittmoch, den 8. März
auch eingegangen. Auf Grund dieser Berichte werde ich nunmehr mich in der Frage schlüssig machen.
Ich habe ferner im vorigen Jahre in Aussicht gestellt, mich in dieser Beziehung mit der Reichsregierung u benehmen; das habe ich auch bereits gethan, die Reichsregierung hat sich aber die weitere Ent⸗ schließung vorbehalten, weil sie es für nöthig gehalten hat, zuerst die Konstltuierung der Handwerkskammern abzuwarten und die Handwerks⸗ kammern über die Frage des Bedürfnisses eines solchen Befähigungs⸗ nachweises für das Baugewerbe und über die Frage, wie ein solcher Befähigungsnachweis zu gestalten wäre, zu hören. Nun sind die Handwerkskammern bis jetzt noch nicht errichtet, die Errichtung ist in der Vorbereitung begriffen, und ich glaube, daß es immerhin noch bis zum Herbst dieses Jahres dauern wird, ehe alle Vorbereitungen und Schwierigkeiten überwunden sind und die Einrichtung erfolgen kann. Dann würden wir die Handwerkskammern über diese Frage hören und dann würde der Zeitpunkt gekommen sein, um der Erfüllung des Wunsches des Herrn Vorrednes näher zu treten.
Endlich hat der Herr Vorredner noch eine Reihe von Wünschen ausgesprochen bezüglich der Ausbildung derjenigen, die in die Bau⸗ gewerkschule aufgenommen werden sollen, bezüglich der Ausbildung der Lehrer, die an den Baugewerksschulen thätig sein sollen, und bezüglich der Lehipläne, nach welchen der Unterricht geordnet werden soll. Ich glaube davon absehen zu können, in eine detaillierte Erörterung dieser seiner Wünsche, die manches für sich haben, einzutreten; ich glaube, es wird dem hohen Hause genügen, wenn ich mittheile, daß vor viel⸗ leicht sechs Wochen eine Konferenz sämmtlicher Baugewerks⸗Schul⸗ direktoren hier im Ministerium stattgefunden hat, daß dort alle diese Fragen im einzelnen erörtert worden sind, und daß über diese Ver⸗ handlungen ein eingehendes Protokoll aufgenommen ist, das die Grund⸗ lage bilden wird für die weiteren Reformmaßregeln, die in dieser Be—⸗ ziehung zu treffen sein werden. Ich glaube, daß damit auch wenigftens ein Theil der Wünsche des Vorredners in Erfüllung gehen wird.
(Bravol rechts.)
Abg. Gamp (fr. kons.) weist auf die Verhandlungen des Reichs⸗ tages über diese Fragen hin, bittet die Regierung um die Einführung von Tiefbaukursen an der Schule in Der l r an! und stimmt der Einführung des Befähigungsnachweises für das Baugewerbe zu,
Abg. von Tiedemann (fr. kons.) befürwortet die Errichtung einer gewerblichen Mittelschule in Bromberg im Interesse der Land⸗ wirthschaft und Industrie und zur Förderung des Deutschthums. Bromberg habe bisher als Hochburg des Deutschthums in Posen ge⸗
olten. Seit einiger Zeit mache auch dort das Polenthum lanzsam
. was die zunehmende Zahl der polnisch sprechenden Kinder ewelse. Was Posen betreffe, so sei jeder Versuch vergeblich, es deutsch . zu wollen. t —
Abg. Broemel (fr. Vgg.) begrüßt die Errichtung der neuen Baugewerksschule in Stettin, weist aber darauf hin, daß es im Osten an Schulen für Maschinenbautechniker mittlerer Art fehle. Infolge dessen werde über Mangel an gut ausgebildeten mittleren Technikern geilagt. Es sei in Stettin die Frage erwogen worden, ob nicht mit der Baugewerkschule eine Maschinenbauschule verbunden werden könnte.
Abg. von Czarlinski (Pole) bemerkt, daß der Abg. von Tiede⸗ mann ohne jeden Grund bei einem solchen Titel eine Polendebatte provoziert habe. f
Abg. Schröder (Pole) spricht seine Verwunderung darüber aus, daß ein früherer hoher Staatsbea nter einen solchen Chauvinismus zur Schau trage.
Abg. von Tiedemann verwahrt sich gegen diesen Vorwurf.
Abg. Ern st (fr. Vgg.) weist auf die hobe Bedeutung der Fort⸗ bildungsschulen und der Fachschulen bin. Mit der Gewährung des allgemeinen Wahlrechts habe der Staat die Verpflichtung über⸗ nommen, die jungen Staatsbürger auch politisch zu schulen. Leider sei in dieser Beziehung so gut wie garnichts geschehen. Anzuerkennen sei, daß der n, Staat die lol ffn eng s hc nach Kräften fördere und materiell unterstütze, wenn er darin auch hinter Süddeutsch⸗ land und hinter England weit zurückbleibe. Die Zahl der preußischen Fortbildungsschulen stebe erst in 19. Reihe. Besondere Pflege ver⸗ diene das Fortbildungsschulwesen in der Provinz Posen. Diese Schulen kämen sowohl den Deutschen wie den Polen zu gute. Die Regierung solle den Gemeinden noch mehr entgegenkommen und größere Mittel in den Etat einstellen. Unter steigender Unruhe des Hauses empfiehlt Redner einige Reformen an diesen Schulen.
Abg. Kraufe⸗Waldenburg (fr. kons. ): Ich wünsche, daß die Regierung der Frage näher trete, wie die Gefabr der Ansteckung der Jugend durch die Sozialdemokratie wirksam belämpft werden kann. Das Haus hat s. Z. einstimmig die Regierung aufgefordert, die Haushaltungsschulen zu unterstützen. Leider ist dies bis jetzt nicht geschehen. Diese Schulen sind aber von einer großen sozialpolitischen Bedeutung. Die meisten Arbeiter gehen aus der Fabrik in die Schnapskneipe, weil ibnen ihre Wohnung unbehaglich erscheint. Dieser Zustand findet sich bei Tausenden unserer Industriearbeiter. Der Arbeiter braucht eine saubere Häuslichkeit und ein schmackhaftes Essen, wenn er zufrieden sein soll. Die unzufriedenen, in Schulden
erathenen Arbeiter fallen der Sezialdemokratie zum Opfer. Die ndustrie will gern Opfer bringen, aber die Haushaltungsschulen werden nur dann von Erfolg begleitet sein, wenn der Staat mit seinen Mitteln und seiner ganzen Autorität für sie eintritt. Ich glaube kaum, daß der Finanz⸗Minister die Mittel verweigern wird.
Abg. Feli ch, welcher der Journalistentribüne den Rücken zukehrt und deshalb auf derselben sehr schwer verständlich bleibt, rn über die Beitragspflicht des Staates zu den Fortbildungs⸗
chulen zu sprechen.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren, die Resolution, die damals von dem hohen Hause angenommen ist und mit der sich die Regierung ja auch im wesent⸗ lichen, unter einigen besonderen Vorbehalten, einverstanden erklärt hat, bildet gegenwärtig die Richtschnur für die Art und für das Maß, worin die Fortbildungsschulen von der Regierung gepflegt und ge—⸗ fördert werden. Es ist in der Resolution ausdrücklich gesagt, es solle bis zum Belauf von zwei Dritteln bei fakultativen, bis zum Belauf von drei Vierteln bei obligatorischen Fortbildungsschulen eine Unter⸗ stützung seitens des Staates gewährt werden nach Maßgabe des Be⸗ dürfnisses. Es ist also nothwendig, daß im einzelnen Falle seitens derjenigen Städte, die die Hilfe des Staates in Anspruch nehmen, auch das Bedürfniß nachgewiesen wird. Das Bedürfniß hängt aber wiederum ab von der Leistungsfähigkeit der städtischen Kommunen, und wenn in solchem Fall nun die Leistungsfähigkeit der städtischen Kommune eine so bedeutende ist, daß man annehmen kann, es liegt das Bedürfniß zur Unterstützung seitens des Staates nicht vor, so findet eben der Wunsch der Städte und Kommunen, ihre Bemühung
1899.
um die Unterstützung des Staates ein Hinderniß, über das ich meiner⸗
seits nicht hinweg zu kommen vermag.
Was nun die Haushaltungsschulen betrifft, so habe ich damals, wie ja auch von dem Herrn Vorredner ausdrück⸗ lich hervorgehoben ist, meinerseits erklärt, daß wir in diesem Punkte nicht ganz mit der Resolution einverstanden sind. Wir waren der Meinung, daß die Förderung der Haushaltungs⸗ schulen als solcher nicht die Aufgabe des Handels⸗Ministers sei, daß der Handels. Minister nur die Aufgabe habe, das gewerbliche Schul⸗ wesen zu fördern, daß es deshalb auch seine Aufgabe sei, die gewerb⸗ lichen Mädchenschulen zu fördern und in den gewerblichen Mädchen⸗ schulen nach Maßgabe des Lehrplans zugleich auch die Ausbildung in der Haushaltung. Dagegen hielten wir es nicht für gerechtfertigt, daß gerade der Handels⸗Minister die Aufgabe haben sollte, spezielle Haus—⸗ haltungsschulen einzurichten und zu förden. Das ist der Vorbehalt gewesen, den wir in diesem Punkte gegenüber der Resolution des Hauses gemacht haben. Danach habe ich bisher mich richten müssen. Gewerbliche Mädchenschulen haben wir thatsächlich errichtet; es besteht eine solche in Posen, die von der Regierung übernommen ist, in deren Lehrplan auch die Haushaltung ihren Platz gefunden hat. Wir haben auch noch die Errichtung anderer derartiger gewerblicher Mädchen⸗ schulen in Aussicht genommen; nur verzichte ich darauf, besondere Haushaltungsschulen zu errichten, weil das, wie ich annehme, außer halb meines Ressorts liegt.
Abg. Dr. Glattfelter (Zentr): Haushaltungsschulen zu er⸗ richten, ist zunächst Aufgabe der Privaten und Gemeinden. Der Staat hat nur subsidiär einzutreten. Die Fortbildungsschulen dürfen nicht obligatorisch eingeführt werden. Die gezwungenen Elemente stören nur den Unterricht. Die Gemeinden müssen den einzelnen Konfes⸗ sionen Lokale zur Verfügung stellen, wo der Religionsunterricht mit Erfolg ertheilt werden kann. Gesetzeskunde u. dergl. gehört in diese Schulen nicht. Der Stoff muß mit Nüchternheit und Maß aus⸗ gewählt werden, wie wir es in unserer Resolution verlangt haben.
Geheimer Regierungs⸗Rath Simon: Wir haben die 36 der n,, , , in zwei Jahren um 76 vermehrt. Die Zahl der
urse zur Ausbildung der Lehrer ist ebenfalls vermehrt worden. Wir haben auch Kurse für Lehrer an kaufmännischen Fortbildungsschulen eingerichtet. Zur Erörterung pädagogischer Fragen sind Konferenzen einberufen worden. Der neu aufgestellte Lehrplan enthält Normen im Sinne der Beschlüsse dieses Hauses unter Betonung der gewerb⸗ lichen Bedürfnisse, der Frage des religiösen Sinnes und der Liebe zum Vaterlande.
Abg. Reichardt (nl) weist darauf hin, daß in der Resolution des Hauses über die Fortbildungsschulen nicht von dem Bedürfnisse und der Leistungsfähigkeit der Gemeinden die Rede gewesen, sondern daß der Beitrag des Staates für fakultative und obligatorische Fort⸗ bildungsschulen genau normiert worden sei.
Ein Regierungskommissar bemerkt, daß s. Z. der 6 von Schenckendorff selbst die Leistungsfähigkeit der Gemeinden als Vorbedingung für die staatliche Unterstützung bejeichnet habe.
Abg. Kopsch (fr. Volksp.) wendet sich gegen die Ausführungen des 1 Glattfelter. Die Fortbildungsschulen seien nicht der Platz für religiöse Unterweisung.
Abg. Dr, Lan gerhans (fr. Volksp.) hält es für das Vortheil hafteste für die Gemeinden, wenn fakultafive Fortbildungsschulen ein gerichtet würden. In Berlin sei den jungen Leuten Gelegenheit ge—⸗ boten, sich in allen Zweigen des Wissens auszubilden.
Abg. Kirsch (Jentr) bedauert, daß für die Verbesserung der Verhältnisse der Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Düsseldorf in diesem Etat nichts geschehen sei. Der Staatszuschuß müsse auf dieselbe Höhe gebracht werden, wie der Zuschuß der Stadt.
Ein Regierungskommissar erklärt auf die Ausführungen des Abg. von Tiedemann nachträglich, daß die Regierung das Bedürfniß nach Errichtung weiterer technischer Lehranstalten im Osten anerkenne. Die Wünsche Green re, und Stettins würden im Auge behalten.
Gegen den Widerspruch des Zentrums wird um 4 Uhr die weitere Berathung auf 71 Uhr Abends vertagt.
Abendsitzung vom 7. März.
Die zweite Lesung des Etats der Handels- und Gewerbe verwaltung wird bei dem Titel, Dispositions⸗ fonds für Förderung des gewerblichen Unterrichts“ fortgesetzt.
Abg. Jebsen (nl.) bittet um staatliche Beihilfe für das Gewerbe⸗ museum in Flensburg.
Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:
Meine Herren! Wenn die Staatsregierung bisher den Wünschen Flensburgs gegenüber, einen Beitrag vom Staate zu erhalten zum Bau des KunstgewerbeMuseums in Flensburg, ablehnend sich ver⸗ halten hat, so ist der bestimmende Grund dafür lediglich die grund⸗ sätzliche Erwägung gewesen, daß es Bedenken unterlag, die Staatsmittel für den Zweck solcher Bauten in Anspruch zu nehmen. Man hat gemeint, daß es Sache der Provinz und der Stadt sei, die Mittel für solche Bauten allein aufzubringen. Das sind die grundsätzlichen Bedenken, die der Bewilligung entgegenstehen. Ich verkenne aber durchaus nicht, daß es eine ganze Reihe von Umständen und Erwägungen giebt, die dafür sprechen, von dem Grundsatz in diesem Fall eine Ausnahme zu machen. (Bravo h
Ich muß durchaus anerkennen, daß die Erwägungen des Herrn Vorredners an sich ihre volle Berechtigung haben. (Bravol) Ich bin deshalb auch meinerseits sehr gern bereit, über die Frage noch⸗ mals mit den zuständigen Ressorts in Verbindung zu treten, und nach den Besprechungen, die in dieser Beziehung bereits stattgefunden haben, glaube ich der Gewährung dieses Wunsches diesmal Aussicht eröffnen zu können. (Bravo!)
Abg. Seydel⸗Hirschberg (nl) tritt für die Begründung einer Holzschnitzschule im Riesengebirge ein.
Geheimer Regierungs⸗Rath Simon erwidert, daß zu diesem Zweck schon ein Vermaͤchtniß bestehe, zu dessen Annahme die Ge⸗ nehmigung n , sehr bald werde ertheilt werden.
Abg. Dr. Virchow (fr. Volksp.) unterstützt den Wunsch des Abg. Jebsen, bleibt aber auf der Tribüne unverständlich.
Der Titel wird bewilligt.
Bei dem Kapitel der Königlichen Porzellanmanu⸗ faktur giebt
. Freiherr von Heereman (Zentr.) seiner Freude darüber Ausdruck, daß die Königliche Porzellanmanufattur dank ihrer tüchtigen Leitung ein Kunstinstitut ersten Ranges mit den vollkommensten tech⸗