1899 / 60 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Mar 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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hraßen befriedigenden, jwar nicht alle Partelen gleichbefriedigenden. aber doch den Interessen des Landes nützlichen Lösung gelangen kann ˖

Nun, die verbündeten Regierungen unternehmen eg, aus den Erwägungen heraus, die ich mir erlaubte, Ihnen vorzutragen, nochmal an das hohe Haus zu appellieren. In den Verhandlungen der Kom- misston des vorigen Jahres ift übereinstimmend, und sogar von den⸗ jenigen Herren, die sehr extreme Forderungen vertraten, anerkannt worden, daß auf diesem Gebiet durch Mittel der Gesetzgebung nicht allerwege Einrichtungen geschaffen werden können, die den strengen Anforderungen der Sittlichkeit entsprechen. Wir haben es bier mit Verhältniffen zu thun, die zum theil sich ganz dem Zwange deg Gesetzes entziehen. Während dies aber für einzelne Fragen praktisch anerkannt wurde, indem man in den damaligen Be⸗ schlüfsen der Kommission die Strafvorschriften entsprechend einengte und den Verhältnissen des Lebens Rechnung trug, ist das in anderen Punkten leider nicht geschehen: man hat dort in einer rigorosen Auf⸗ faffung der Verhältnisse Beschlüsse gefaßt, die, wenn man unbefangen die Dinge im Leben ansieht, thatsächlich undurchführbar er⸗ scheinen müssen. Hierdurch ist ein unverkennbarer Zwiespalt in die Beschlüsse der Kommission hineingekommen. Die verbündeten Regierungen wünschen mit Ihnen zusammen den Versuch ju machen, ob sich dieser Zwiespalt nicht beseitigen läßt; sie haben Ihnen deshalb in ihrer Vorlage einen Entwurf gebracht, der sich, nicht in allem, aber doch in vielem demjenigen anschließt, was die Kommission der vorigen Sesston beschlossen hat. Sie haben aller⸗ dings in wichtigen Punkten die damaligen Beschlüsse nur als unan— nehmbar beieichnen können, und ich darf hier von vornherein erklãren, daß die verbündeten Regierungen auf Bestimmungen wie die in dem bekannten Arbeitgeberparagraphen sich unter keinen Umständen ein⸗ laffen werden. So ernsthaft und mit dem besten Willen des Ent gegenkommens die Regierungen die Kommissionsbeschlüsse auch geprüft baben, so sind sie doch der Ueberzeugung geworden, daß sie nicht alle den unerbittlichen Verhältnissen des Lebens genügend, so wie es eine praktische Gesetzgebung thun muß, Rechnung tragen. Die Regierungen boffen, daß Sie, meine Herren, auch Ihrerseits bei wiederholter Prüfung der Dinge dieser Auffassung sich an⸗ schließen werden. Sollten die Regierungen in dieser Poffnung sich tãuschen, so werden sie auf einen weiteren gesetzgeberischen Versuch, eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen, zu ihrem lebhaften Bedauern verzichten, sie werden sich mit dem Bewußtsein trösten müssen, daß sie, wenn auch vergeblich, das Ihrige gethan haben, um schweren Uebelständen entgegenzuwirken.

Nun, meine Herren, liegt neben der Vorlage der Regierungen Ibnen auch ein Antrag vor, dessen Berathung mit unserer Vorlage verknüpft werden soll: das ist der Antrag der Herren Abg. Prinz von Arenberg und Genossen. Die verbündeten Regierungen haben, wie das den Gepflogenheiten entspricht, formell zu diesem Antrag eine Stellung nicht genommen; aber ihre Vorlage und meine Aus—⸗ führungen ergeben zur Genüge, daß die Vorschläͤge, die in diesem Antrag gemacht sind, den verbündeten Regierungen unannebmbar erscheinen. Nach ibrer Ansicht liegt diesen Vorschlãgen eine Ueberschãtzung der Wirkungen der Gesetzgebung auf dem Geblete des sittlichen Lebens zu Grunde, und auf der anderen Seite eine Unterschätzung der Interessen auf gesell.⸗ schaftlichem, gewerblichem, künstlerischem, literarischem Gebiete, welche das ganze Leben unseres Volkes durchziehen, welche von diesen Be⸗ stimmungen zum theil tief berührt werden, ja in einer Weise verletzt werden würden, daß ein größerer Schaden daraus sich ergeben müßte, als mit dem vielfach doch nur scheinbaren Erfolg, der von den Be— stimmungen des Antrags zu erwarten sein würde, sich rechtfertigen lassen könnte.

Im Namen der verbündeten Regierungen kann ich Ihnen daher nur empfehlen: Machen Sie nicht diesen Antrag zum Ausgange punkt Ibrer Verhandlungen, stellen Sie sich im Prinzip auf den Standpunkt, den die Vorlage der Regierungen enthält; und was die Einzel heiten dieser Vorlage enthält, so möchte ich Sie zum Schluß im Interesse der Sache bitten, prüfen Sie die Einzelheiten mit der weisen Mäßigung, die der Reichstag doch so oft bewiesen hat, wenn es sich darum handelte, in Fragen, in denen die Anschauungen und Tendenzen auseinandergingen, gleichwobl zu einem Ausgleich zu ge⸗ langen, ju einem Ausgleich, der wenigstens in gewissen Grenzen ein vprattisch brauchbares und segene reiches Ergebniß für das Leben unseres Volkes bedeutet.

Namens der Antragsteller aus dem Zentrum begründet den Antrag der Abg. Roeren: Die erste Vorlage wurde von der Regierung infolge der Aufregung gemacht, welche ein Schwurgerichtsprozeß in Berlin hervorgerufen hatte. Die Sache hat eine Weile geruht, nachdem die erste Vorlage unerledigt geblieben war. Das Zentrum dat aber die Frage nicht fallen lassen und schließlich seinersenns einen Entwurf eingebracht, der jetzt wiederholt wird in der Fassung, wie ibn die Kommission angenommen bat. Man bätte erwarten können, daß die jetzig' Regierunge vorlage sich an diese Beschlüfse der Kom⸗ mission, die sich auf das Nothdürttigste beschränkten, angeschlossen hätte. Der Entwurf weicht aber sogar von der ersten Regierungs vorlage ab. z. B. bezüglich des §5 1844, sodaß man wünschen möchte, . die bestehende assung aufrechterhalten würde. Der Barrison⸗ Slandal, lediglich Nacktheiten mit wenig Tricot und ohne jede Kunst, und ähnliche Vorkommnisse von schamlosen Schaustellun gen wüssen schließlich das cham · und Sittlichkeits gefühl des Volkes schwächen; wir können deshalb auf unferen Antrag nicht ver⸗ zichten. Wir können uns nicht damit begnügen, die Unsittlichkeit in Druckschriften zu bekämpfen, wir müssen fie auch bei tbeatralischen Voistellungen bekämpfen. Ebenso liegt es bejüglich der Bestimmungen gegen die Kuppelei und gegen das Zubälterwesen. Besonders aber muß für den Schutz der heranwachsenden Jugend vor sitt. licher Gesäbrdung gesorgt werden; die bestehenden Vor⸗ schriften bezüglich der unzüchtigen Schriften und Bilder reichen, namentlich bei der jetzigen Auslegung durch die Ge— richte, die die schamlosesten Nuditäten ungestraft aut stellen lassen, nicht aus. Dadurch wird die Pbantasie der Jugend aufgeregt; es folgt die geheime Sünde und nachber bas grobe Laster. Bon einer Einschränkung der Kunst und Wiffenschaft ist feine Rede; die Verfasser der Zeitungsartitel, die darüber sprechen, haben unseren Antrag nicht gelesen. Derselbe ist durchaus nicht dehnbar, er giebt ganz bestimmte Merkmale an; dag allgemeine Schamgefũhl muß gröblich verletzt sein, wenn das Gesetz in Anwendung kommen soll. Redner weist auf die früheren Kommissionsberhandlungen bin und fãhrt dann lort- ÜUnbegründete Anzeigen können schließlich auf Grund jeder Strafvorschrift erfolgen; darnach könnte man schließlich alle Strafparschristen abschaffen. Derartige Bedenken könnten auch gegen die Fassung des 5 1822 nicht mehr geltend gemacht werden. Bie Entwürfe werden 3 wohl einer Kommission überwiesen. Ich hoffe, daß dieselben ebenso fachlich und ruhig in der Kommiffion berathen werden, wie in der porjährigen Kommission, daß die Beschlüffe mit großer Majorität gefaßt werden.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp): Ich schließe mich der

. 836 g daß endlich eine Verständigung herbeigeführt wird. . Rebon daß jeder der beiden Theil. von selnen Knfichten etwag opfert. Wenn sowohl die verbündeten Regierungen wie dag Zentrum auf ihrem Schein bestehen. dann wird man pro nihilo gearbeitet haben. Es lassen sich Fälle denken, wo die beften Kunst⸗ werke unter das Gesetz fallen. Das Königliche Museum könnte be= straft werden, weil es die Leda“ des Correggio ausstellt. Die Mufeen in Rom wurden noch viel mehr den Strafen ausge⸗ setzt sein. Ich will damit nicht der Tendenz entgegentreten, sondern nur zeigen, daß man zwischen Kunst und Unsittlichkeit nicht leicht eine Grenze finden kann. Die Kommission wird sich den Grundfatz jur Richtschnur nehmen müssen, daß das Bessere des Guten Feind ist. Es handelt sich um Unstitlichkeiten, die mehr oder weniger freiwillig begangen sind. Ich möchte deshalb gerade die eigentlichen Ver' brechen treffen, deren Konsequenzen viel schlimmer sind als die Konseguenzen der Unzuchtävergehen. Da, wo es sich darum handelt., die Vergiftung der jugendlichen Seelen zu verhindern, ift unser Strafgesetzbuch und unsere Rechtsprechung viel zu lax, weil man diese Vergehen und Verbrechen als Antragsvergehen oder ⸗Verbrechen behandelt. Es handelt sich dabei weniger um dag Verbrechen gegen die einzelne Person, als um das allgemeine Interesse. Die Antrage⸗ vergehen führen dahin, daß die armen Leute bestraft werden, während die wohlhabenden sich mit einer Geldbuße freikaufen. Von den Eltern der verletzten Personen werden diese Vergehen oft als Mittel zu Erpressungsversuchen benutzt. Die Zabl dieser Verbrechen und Ver⸗ gehen hat zugenommen, aber die Strafen dafür haben erheblich ab⸗ enommen, sodaß der schwere Diebstahl im Durchschnitt strenger estraft wird als ein Sittlichkeitsverbrechen. Redner weist auf eine ganze Reihe von Fällen hin, deren Einzelheiten er in der Komm iisston vortragen wolle, in denen verhältnitmaäßig niedrige Strafen verbängt worden seien, und fährt dann fort: Noihzucht wird milder bestraft als Mord, Raub und Eipressung, selbst wenn infolge der Notbzucht der Tod eintritt. Im Falle des Rückfalls müßte auf lebenglängliches Zuchthaus erkannt werden und bei Lustmorden vielleicht auf Todesstrafe. Für Nothzucht an Kindern fehlt es an jeder besonderen Strafe, ebenso sind die Strafen für die jungen Leuie unter 18 Jahren ost nicht ausreichend. Es müßten die Strafminima überall erböht werden, mindestens da, wo keine mildeinden Umstände vorhanden sind. Die Trunkenheit sollte nicht als Milderungsgrund angesehen werden. Die Strafvollstreckung müßte strenger fein. Die Prüũgel⸗ strafe will ich nicht überall anwenden; denn durch die , . wird der Mensch entwürdigt. Aber, wenn ein ensch eine Noihzucht an einem Kinde von 12 Jahren verübt, so ist er ein Thier und muß dementsprechend behandelt werden. In England war das Garrottieren garnicht auszurotten. Als die . ein⸗ geführt wurde, war es binnen drei Monaten verschwunden. Die Einjelheiten müssen der Kommission Üüberlaffen werden. Für die Bestien in Menschengestalt müssen entsprechende Strafen gefunden weiden, das ist eine Pflicht gegen Gott.

Abg. Him burg (d. kons. schließt sich dem Antrage an, die Vo⸗⸗ lage einer Kommission zu überweisen. Er weist zur egründung der Nothwendigkeit eines gesetzgeberischen Vorgehens auf die statistijchen Zahlen hin, die der Staaissekretär gegeben, und auf die bei der früheren Berathung gehaltenen eingehenden Reden der Abg Schall, Spahn, Pieschel c. und erklärt. seine Freunde würden dem Regie⸗ runggentwurf zustimmen; sie befürchteten von dem Zentrumęgan trage eine Gefährdung des Zustandekommens der Vorlage Reoner befürwortet ferner namens seiner Freunde einige Aenderungen der 181, 181 a und 184. Von verschiedenen Seiten sei die Aufbebun des §5 175 beantragt worden; die Eingaben trügen sogar die Unterschriften hoch angesehener Persönlichkeiten. Die Gingaben sprächen von einer Ver⸗ anlagung. Das werde in jedem einzelnen Falle geprüft werden können; aber die Aufhebung der Strafbestimmung würde das Volk im allgemeinen nicht versteben. Der Antrag es Freiherrn bon Stumm werde die Zustimmung der Konservatiwen finden. Hoffentlich komme die los Heinze“ endlich zu stande und trage dazu bei, die Sittlichkeit des Volkes zu heben.

Abg. Dr. Endemann (al): Ueber die Aufhebung der in S 175 angedrohten Strafe läßt sich streiten. Die Forderungen des Herrn von Stumm, die Strafminima zu erhöhen, und feine freimürhige Kritik richterlicher Urtheile, bei der ibm der Reichstag nicht folgen kann, baben mich in großes Erstaunen versetzt. Die Vorlage und die Anträge steben nicht in allen Punkten in f stam Zasammenhang. Die lex Heinze! sollte doch endlich einmal aus der Well geschafft werden. Sie Vor / age besitzt eine santtäre, eine j nistische und eine ethische S ite. Werden die S8 180 und 181 angenommen, so kann sich daran eine Regle— men i rung der Prostitution anschließen. Die geschlechtlichen Krank. heiten werden als geheime Krankheiten bejeichnet; wenn wir ein Reichs, Seuchengesetz für Menschen bekämen, würden tiese Krank— heiten nicht darunier fallen. Diese Fragen werden in Berlin und in den Seestädten sehr verschieden behandelt, und namentlich mit Rücksicht auf die letzteren wird man sagen müffen: die Prostitution ist ein unnusrortbares und auch sozusagen ein noth-⸗ wendiges Uebel. Die Vorlage spricht immer von unsittlich= und zunzüchtig“. Was ist Zacht, was ist Sitte? Man braucht nur die Sittengeschichte zu studieren. Denken Sie an die Anschauungen der höbsten Siände im Anfange des Jabrhunderts, an die Veischieden— artigkeit der Auffassung von Scham bei den deutschen und den romanischen Völkern. Auf Grund des 8 184 ist es nicht leicht, die Grenzen festzustellen. Wir sollten nicht eine übermäßige Prüderie zur Schau tragen. Es giebt überhaupt feinen Maßstab für die Sittlichk it. Auch die befeligende Kraft der Kirche kann ich als eine solche nicht anerkennen. Der Protest intismäus ist die Religion des Individualismus, sein Wesen sst der Indivi⸗ dualismus. 1 meine politischen Freunde muß ich in Anspruch nehmen, daß wir auch moralische Christen sind, und die chriftliche Moral ist das Höchste, was wir befolgen können, daß wir nämlich unsere Mum enschen lieben. Dieser Grundsa wird nicht aus unserem Herzen verschwinden. Man kann aber au recht gut moralisch sein, ohne daß man christl ch religiss ist. Wollen Sie denn alle Menschen des Alterthums als unmoralisch verdammen? Man kann in der ersten Berathung nicht auf alle Ginzelbe ten ein- geben. Ich beantrage daher, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgltedern zu überweisen.

Abg. Bargmann (ir. Volkep.): Wir verhalten uns nicht grund⸗ sätzlich ablehnend zu dieser geseßgeberischen Anregung, sondern sind zur Mitarbeit bereit auf einem begrenzten Gebiete, wo Erscheinungen unerfreulichster Natur, die sich gezeigt haben, ein Eingreifen der Gesetz⸗ gebung erforderlich machen Es ist das ja auch unpolnisches Gebiet, wo alle Parteien zur Besserung der Verhältniffe mitwirken können. Die Vorlage, die wir bekommen haben, hat da— von abgese ben, diejenigen Beschlüsse der vorjährigen Kom. mission aufjunehmen, die im Hause Anfechtung erfahren haben. Redner wendet sich gegen die Vorschläge, die in dem Antrage des Zentrums über die Vorlage hinauz enthalten seien, namentlich be— züglich des 5 182 6, und fährt fort: die Bedenken de selben sind in den früheren Verhandlungen klargelegt worden, namentlich besteht ein Zweifel darüber, ob man das Vergeben als Antragsbergehen bebandeln soll oder als Offisialverge ben. Bei dem letzteren Verfahren könnten sich dritte, eigentlich unbenheiligie Personen in die Sache einmischen. Wenn also der Gedanke an sich auch Sympathie verdient, fo kann man doch nicht alles, was Symratbie verdient, in die Form eines Gesetzes kleiden. Auch bezüglich der theatralischen Vorst-llungen sollte man nicht zu . sein. Die Polizei schreitet doch in diefen Fällen oft genug ein. tt den §5 1861, 18L a und 1861 b können wir im 4 und Ganzen einverstanden sein, dagegen gehen die Vorschläͤge der 184 und 1842 über das Maß des Nott wendigen hinaus. Wenn eine Verschlechterung der Ssttlichkeit eingetreten sein sollte, so muß die Reaktion dagegen don innen heraus erfolgen. Redner schließt mit dem Antrage, die Vorlage einer Kommisston zu überweifen, der es gelingen möge, diese Angelegenheit endlich aus der West zu schaffen.

Abg Bebel (Sor): Die Prostitution entspringe meist aus der materiellen Neth der Frauen; das beweise die Statistik des französischen Mediziners Parent Duchatelet und die des Berliner

nnr, Die Hebung der unteren Volkeklassen werde die rostitution beseitigen; dazu gehöre eine umfaffende Sozialreform.

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Lebengwandel. Zur Verbesserung . rin

sei eine Ausdehnung deg Koalitiongrechts und der ̃

nothwendig. die 2 von Unterkunftsraͤumen sich in eter Wise in der arbeitsfreien

önnten. Die

Toleranzhãusern

und der Schriften betroffen, solche Bücher aus Le händler ꝛc. Bei

. die Gesetzgebung endlich um die ĩ des Volkes zu verbessern. reiberr von Soumm sei für die Prügelstrafe und für die Ver⸗ Hhaäͤrfung der anderen Strafen e ngetreten Je bärter und grausamer aber die Strafen seien, desto weniger wirkten sie. In den Schulen mache man deshalb auch von der Prügelstrafe keinen Gebrauch mehr. Sh die Richter hei Sittlichleits verbr chen gegen Kinder besondertz leichte Strafen verbängten, wisse er nicht. Hier in Berlin würden aber notorisch Kinder unter 14 Jahren zur Unzucht verwendet; die Polizei kenne die Kinder und schrelte nicht ein. Auch die Sittlichkeits ver brecher würden oft begnadigt, wenn sie den höheren Ständen ange⸗ börten. Redner führk einen Fall aus Bayern an. (Präsident Graf don Balle strem: Ich bitte, die Begnadigungerechte der deutschen Fürsten nicht in die Debatte zu ziehen. Redner führt zum Schluß weitere Begnadigungsfälle an.

Abg. Gaulke (fr. Vag) erklärt sich mit einem Tbeil der Vor⸗ lage einverstanden, hat aber Bedenken gegen die Erhöhung dez Mindeststrafmaßes im § 18) und macht über aupt spezielle juristisch ˖ technische Bedenken gegen die 154 und 1842 geftend; die endgũltige Entscheidung würden seine Freunde davon abhängig machen, ob ihnen duich die Statistik das Bedürfniß für eine Aenderung“ der Gesetz⸗ , nachgewiesen werde. Redner wendet sich dann gegen die Vor. chriften, die der Antrag des Zentrums noch über die Regierungs. vorlage hinaus enthalte. Bezüglich des Antrags des Abg. Freiherrn von Stumm lebnt Redner die Rückkehr zur Prügesstrafe ab.

Damit schließt die erste Berathung. Persönlich bemerkt

Abg. Freiherr von Stumm, daß er gegen den 5 1822 durchaus nicht lebhaft polemisiert habe

Abg. Lenzmann will bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung gegen den A5g. Freiherrn von Stumm machen in Bezug auf einen fruheren Fall. Da der Präsident dies nicht zulißt. beruft er sich auf eine ihm gemachte Zusage, infolge deren er auf daz Wort zur Soche verzichtet habe.

Praͤsident Graf von Ggllestrem: Eine solche Zusage babe . , gemacht, weil sie der Geschäftgordnung widersprechen

rde.

. Die Vorlage wird darauf einer Kommission von 21 Mit— gliedern überwiesen.

Das Haus erledigt darauf noch einige Wahl⸗ prüfungen. Die Wahlen der Abgg. Rickert (fr. Vgg.), Zeidler (d. kons.. Dep ken (nl, von Winterfeköt (0. kons.) und Dr. Sattler (al) werden für gültig erklärt, die des Abg. Stoecker (b. k. F) beanstandet.

Schluß 5isz Uhr. (Etats der Kolonien und des Auswärtigen Amts.)

Preufzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 39. Sitzung vom 9. März 1899. Die zweite Bergthung des Staatshaushalts—

Stats für 1899 wird bei dem Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-An—

gelegenheiten fortgesetzt in Verbindung mit der Berathung des zweiten Nachtrags zum Normal⸗Etat vom 4. Mai 1897 betreffend die Besoldungen der Leiter und Lehrer der höheren Unterrichtsanstalten, und der Berathung der Uebersicht über die Durchführung der neuen Besoldungsordnung für die Unive sitãts⸗Professoren.

Zu dem Titel „Einnahmen aus dem Kultus und Unter— richt gemeinsam“ bemerkt

Abg. Dau zenberg (Zentr.): Der Kultus. Minister hat mir zwar soeben großes Entgegenkommen gezeigt (er Minister batte dem Redner unter großer Heiterkeit des Hauses die . gereicht), aber eine volle Berücksichtigung unserer Beschwerden hat er immer“ wieder abgelehnt. Es ist natärlich nicht angenehm, unstre Beschwerden zu wiederholen und uns den Vorwurf zujuziehen, daß wir den konfessts— nellen Frieden stören. Auch wir schätzen den konfesstonellen Frieden als koltbares Gut, aber die Grundlage eines wirklichen Frie⸗ dens ist, daß wir Katholiken nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Der Minister hat selbst anerkannt, daß von den Kirchen- gesetzen noch manches stehen geblieben sei, was für die katholssche Kirche hart, unbequem und läftig sei, und er wollte mit der Zeit die Härten keseitigen. Seit seiner Zusage sind fünf Jahre verflossen, und es ist bis Jtzt nichts geschehen, trotzem im Reichstage die wich= tigsten Gesetze, wie das Bürgerliche G⸗setzbuch, mit 96. des Zen⸗ trums zu stande gekommen sind. Die katholische Kirche sowohl wie die evangelische Kirche muß selbständig gestellt werden. Wozu die Staate hoheit über die katholische Kirche? Der Staat kennt die katho— lische Kirche; sie leitet die Gläubigen zu Treue und Geborfam gegen die Obrigkeit an. Ein dauernder Friede ist nur möglich, wenn die Kirche ihre Einrichtungen selbständig ordnet. Wir wollen bie Wieder- herstellung der katholischen Abtheilung im Kultus. Minssterium nicht beantragen. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß diese Ab. theilung nicht nothwendig wäre. Gegenüber der evangelischen Ab= theilung in Oesterreich ift die katholische Abtheilung in e. der reine Schatten. Ich habe bereits im vorigen Jahre die Gesetze be jeichnet, die wir beseitigt sehen möchten. Daz Gefetz über die Ver⸗ mögensvvmerwaltung der katholischen Kirche ist revisions bedürftig. In Bejug auf die Ordens gesetzgz bung müssen wir eine größere Parität verlangen. Kein Gesetz verletzt fo sehr das Gefühl der latholischen Bevölkerung als das Ordensgesetz, weil es unsere Ordensniederlassungen von der staatlichen Genehmigung abhãngig macht, die den entsprechenden evangelischen Niederlasfungen nicht auferlegt ist. Nicht minder empfindlich ist es für uns, daß die Altkatholiken unser Kircheneigenthum antasten därfen. Auch hin⸗ sichtlich der Schulaussicht sind unsere Beschwerden nicht berüͤcksichtigt. Die Schule ist nicht bloß eine Bildungs-, fondern auch eine 6 nn und, der Lehrer muß den Kindern in der Pflege des religissen Sinnes mit gutem 2 vorangehen. Die Schule muß eine chriftliche sein. Wohin die liberale Boltrin in der Schule führt, . das Beispiel anderer Staaten, wie Frankreich, wo in der Schule ni it einmal der Name Gottes genannt werden darf. Die olge ift natürlich die Verrohung der Jugend. Der Staat kann Tie Hilfe der chriftlichen Kirche nicht entbehren.

(Schluß in der Zwelten Beilage.)

Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr.

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. zum Deutschen Reichs⸗A

M G60.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal⸗ Angelegenheiten D. Dr. Bosse:

Meine Herren! Als ich dem geehrten Herrn Vorredner vorhin die Hand reichte, war das der Ausdruck meiner aufrichtigen und auf jahrelangem Verkehr hier im Hause beruhenden Hochachtung vor ihm und zugleich auch der Ausdruck dafür, daß ich beim Wiederdurchlesen der vorjäbrigen Etats verhandlungen allerdings den Eindruck empfangen hatte, daß unsere gegenseitige Aussprache wenigstens in der Form milder, sachlicher, ruhiger geworden war. Der Herr Abg. Dauzenberg schelnt nicht ganz dieser Meinung zu sein, denn er sagte, ich hätte die Ablehnung der von ihm aufgestellten Forderungen im vorigen Jahre entschiedener als je betont. Ich weiß nicht, ob das richtig ist; meinte er aber: ebenso entschieden wie je, so ist das richtig. Das kann ich auch nicht anders, und ich mag alles in der Welt sein, aber ein muthiger Kultus. Minister wäre ich nicht, wenn ich meine Ueberzeugung hier nicht mit derjenigen Ent- schiedenheit betonen und geltend machen wollte, wie ich sie in meinem Amte zu vertreten und zur Geltung zu bringen suche. (Bravo

Meine Herten, ich erkenne völlig an, daß der Herr Abg. Dauzenberg auch heute gegen mich persönlich in freund licher Form gesprochen und sich bemübt hat, unnöthige Schärfen der Form aus seiner Rede fernzuhalten. Ich heiße das durchaus willkommen, und ich werde mich bemühen, das Gleiche zu thun. Aber, meine Herren, darüber gebe ich mich keiner Illusion hin, daß unter dieser milden Form die Angriffe wieder dieselbe Schärfe und vielleicht noch eine größere gehabt haben (sehr richtig! links), wie früher. Und deshalb wollen mir die geehrten Herren es auch nicht übel nehmen, wenn ich zwar mit Vermeidung unnötbiger Schärfen, aber doch mit der vollsten sachlichen Deutlichkeit meinen Standpunkt den Forderungen des Herrn Abgeordneten gegenüber dar— lege. Ich hatte es auf der Zunge, die Anwendung auf den „christ⸗ lichen Kultus. Minister' zu machen; ich will es aber unterlassen, viel⸗

leicht kommt dadurch ein Mement der Persönlichkeit in die Diskussion, das besser vermieden wird.

Herr Abg. Dauzenberg hat seine Ausführungen begonnen mit einer alten Forderung. Er hat gesagt, er und seine Freunde müßten von der Regierung verlangen, daß sie ihrerseits die Initiative zur Beseitigung der Reste in der Kulturkampfgesetzgebung ergriffe. Ich habe zu dieser Forderung schon früher ganz bestimmte Stellung genommen; ich habe, wie der Abg. Dauzenberg richtig her vorgeboben hat, anerkannt: es ist wohl möglich und ich will es nicht bestreiten —, daß in diesen Resten der Kulturkampfgesetzgebung noch einzelne Punkte sind, welche für die katholische Kirche unbequem sind und auch gewisse Härten enthalten (hört, hört! im Zentrum), welche wenigstens so empfunden werden. Aber, meine Herren, daran muß ich doch auch jetzt festhalten, was ich hier so oft ausgeführt habe: Als in den 80 er Jahren die Regierung erkannt hatte, daß es auch für den Staat wünschenswerth sei, dem Kulturkampf ein Ende

zu machen, hat sie ohne jeden Zweifel das damals Konzedierte als die äußerste Grenze desjenigen betrachtet, was der Staat ohne Aufgabe seiner Rechte konzedieren könnte, und deshalb ist damals der Abschluß als ein Friede angesehen und nicht bloß als ein Zugang zum Frieden. (Bravo! Lesen Sie die Verhandlungen des Herrenhauses, in dem diese Dinge sehr ausführlich behandelt sind, unbefangen durch, und dann werden Sie mir zugeben, daß damals diese Auffassung bestanden bat. Ist das aber richtig, so frage ich Sie: kann man billigerweise von der Regierung verlangen, daß sie nun ihrerseits Abänderungsvorschläge macht in diesen feinen, zarten Dingen, die eigentlich nur von katholischer Seite in ihrer Tiefe recht definiert und dargestellt werden können? Das ist doch Sache der Herren, die eine Aenderung verlangen. Ich würde mich dazu nur veranlaßt sehen, wenn ich auf sehr kriante Ungerechtigkeiten stieße.

Darauf bin ich aber bis jetzt nicht gestoßen. Ich habe bis jetzt den Ein⸗ druck gehabt: bei gutem Willen von beiden Seiten ist in Frieden zu leben. (Sehr gut! rechts.) Das ist der Grund, weshalb ich es nicht auf mich nehmen kann, die Initiative zu einer Aenderung dieser Gesetze zu ergreifen.

Der Abg. Dauzenberg hat gemeint, die Herren hätten nicht einmal das Material; das hätten wir viel reichlicher. Wenn es ihm darauf ankommt, so sind wir noch niemals ängstlich damit gewesen, Herren aus diesem Hause das Material, das wir besitzen, zur Disposition zu stellen; das wollen wir Ihnen gern gewähren.

Der Herr Abg. Dauzenberg hat weiter behauptet, die Regierung stände so, daß sie nech immer glaube, den Katholiken gegenüber thun zu dürfen, was ihr beliebt. Nein, Herr Abg. Dauzenberg, das ist nicht gerecht geurtheilt. Parität, die Sie hier immer betonen, beruht auf Ge⸗ rechtigkeit. Sie thun uns ein schreiendes Unrecht, wenn Sie sagen, wir glaubten der katholischen Bevölkerung gegenüber thun zu können, was uns beliebt. Das wollen wir nicht. Wir wollen die katholische Be⸗ völkerung behandeln, wie es ihr auf Grund der Gesetze zukommt, mit voller Gerechtigkeit, und zwar gleichmäßig mit jeder anderen Kon⸗ fefsion. (Bravo! rechts) Das ist unser Begriff der Parität. Nach dem babe ich gebandelt, und nach dem handle ich und werde ich handeln, so lange ich Minister bin.

Herr Dauzenberg hat anerkannt und ich will wenigstens dieses kleine Anerkenntniß hier konstatiren daß die Ordnung der äußeren Ver⸗ hältnisse der Katholiken in Preußen im allgemeinen ein ganz befriedigendes Bild gäbe. Dieses Zugeständniß nehme ich gern an. Mir ist auf Grund sehr sorgfältiger Informationen unzweifelhaft, daß die katholische Kirche in Preußen so gut steht, wie in irgend einem andern Staate, die sogenannten katholischen Staaten nicht ausgenommen; und wenn Sie uns die Hand bieten, so können wir ganz gut in Frieden leben. Aber Sie dürfen freilich nicht vergessen, daß in dem Staate auch zwei Drittel der Bevölkerung protestantisch sind, und daß man nicht die Protestanten so behandeln kann, als wenn sie über⸗ h aupt nicht existierten (sehr richtig! rechts. Zuruf im Zentrum: Ver⸗

Zweite Beilage

nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 10. März

langen wir nicht!; das geht nicht an; Gerechtigkeit müssen wir üben, und das wollen wir auch.

Nun sagt der Herr Abg. Dauzenberg, nach dem französischen Kriege sei die Stellung der preußischen Regierung gegenüber der katholischen Kirche eine geradezu feindselige geworden. Ich habe das nicht zu vertreten. Ich bin kein Freund des Kulturkampfes gewesen, vom ersten Anfang an nicht. Ich bin der Meinung gewesen, daß da auch pelitische Fehler vorliegen. Hervorbeben aber möchte ich: die preußische Regierung ist doch nicht im Anschluß an den Krieg und an den Sieg in diese schweren Kämpfe hineingegangen, sondern diese Kämpfe hatten ihren Anlaß in dem vatikanischen Konzil. (Sehr richtig! rechts, lebhafte Unruhe, Oho! im Zentrum.) Das ist doch eine Thatsache. Ob es berechtigt war, aus dem Konzil den Anlaß zu entnehmen, will ich dabingestellt sein lassen. Aber Sie können doch nicht sagen: der Krieg ist der Anlaß gewesen. Viel mehr war die Auffassung, welche die preußische Regierung von der Tragweite jener Beschlüsse hatte, der Grund, weshalb sie in diesen Kampf eintrat, in einen Kampf, den ich, wie gesagt, so wie er geführt worden ist, nicht billige.

Nun sagt Herr Abg. Dauzenberg, die preußische Regierung müsse doch die Hand dazu bieten, reinen Tisch zu machen, die Selbst⸗ ständigkeit der Konfessionskirchen in der Ordnung ibrer Angelegen—⸗ heiten herbeizuführen. Ich behaupte ganz abgesehen von dem Ver⸗ fassungssatz —: die Konfessionskirchen sind in der Ordnung ihrer An⸗ gelegenheiten selbständig, und namentlich die katholische Kirche. Die evangelische Kirche steht nach ihrer ganzen historischen Entwickelung, nach ihrer Organisation, nach der bekannten Uebertragung landes kirchenregimentlicher Befugrisse, ja des ganzen wesentlichen Kirchen regiments auf den Landesherrn völlig anders zum Staate, wie die katholische. Aber das kommt Ihnen ja zu statten; Sie sind ja absolut frei nach dieser Seite hin, und da, wo der Staat noch einen Einfluß hat, sind es staatliche Interessen, die mit den kirchlichen konkurrieren. Daß es ein solches Grenzgebiet giebt, auf welchem Staat und Kirche gemeinsam betheiligt sind, wo möglicherweise ein Ueber— griff der Kirche für den Staat außerordentlich schwer oder garnicht ertragen werden kann, und umgekehrt, wo ein falscher Eingriff des Staats in das kirchliche Gebiet die Kirche an ihrem Lebensnerv treffen kann, das erkenne ich durchaus an. Zur Regelung dieses Grenzgebiets dienen aber gerade die kirchenpolitischen Gesetze, wie wir sie noch haben, und die, wie ich glaube, mit Milde und Gerechtigkeit gehandhabt werden. Nein, meine Herren, bei uns beansprucht die Staatsregierung nicht die absolute Staats. omnipotenz. —⸗

Der Herr Abg. Dauzenberg bat gemeint, es wäre hier mal die Aeußerung gefallen, der Staat dürfe nicht stille stehen vor dem Dogma der Kirche. Ich unterschreibe diese Aeußerung nicht. Vor dem Dogma der Kirche muß der Staat stille stehen, sobald es sich um die Gewissensfreiheit handelt. Sobald es sich um einen Eingriff in die Gewissen handelt, kann der Staat nicht über das Dogma der Kirche hinweggehen. Wenn er darüber hinweggeht, thut er etwas Falsches. (Sehr richtig! im Zentrum.) Die Gewissensfreiheit ist das höchste Kleinod. Darüber kann der Staat, auch wenn es gegen sein Interesse geht, nicht binweg⸗ schreiten; hier muß er stille stehen. Das Gewissen muß er frei lassen und ihm Raum schaffen, daß es seine Befriedigung bekommt. In diesem Punkte bin ich mit Herrn Dauzenberg ganz einverstanden. Wir haben uns darüber, glaube ich, früher wiederholt ausgesprochen.

Was nun die Einzelbeschwerden anlangt, so kommt in erster Linie wieder der alte Bekannte, die katholische Abtheilung im Kultus- Ministerium. Ich kann nur wiederholen, ich bedauere den völligen Irrthum, in dem sich die Herren über die Bedeutung und die Wirkung dieser Abtheilung befinden. Wenn Sie jetzt die katholische Abtheilung bei mir wiederherstellen wollten, so wäre das für die katholische Kirche zweifellos ein Schaden. Es hieße das geradezu, den Streit der Kon—⸗ fessionen, den Gegensatz der Konfessionen in das Ministerium als Organi⸗ sation hineintragen (sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen), und das will ich nicht. In dem Moment, wo ich das thue, störe ich das jetzige gute, auf gegenseitiger Achtung und Toleranz beruhende Verhältniß der Abtheilungen des Ministeriums untereinander, in dem Moment wird ein Gegensatz zwischen den ver⸗ schiedenen Abtheilungen des Ministeriums geschaffen, wie es auch früher der Fall gewesen ist. Und meine Herren, das ist auch ein Satz der Heiligen Schrift: „Wie kann ein Reich bestehen,

wenn es mit sich selbst uneins ist?“ (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen. Das kann kein Reich und auch kein Ministerium. Im Interesse der katholischen Kirche selbst kann ich eine organisierte katholische Abtheilung nicht zulassen. Das wäre ein ganz falscher und verkehrter Schritt. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Was nun das Gesetz über die Vermögensverwaltung der katholischen Kirchengemeinden anbetrifft, so haben wir uns hierüber oft unterhalten. Ganz gerecht, Herr Abg. Dauzenberg, haben Sie uns auch in diesem Stück nicht bebandelt. Ich habe im vorigen Jahre dargelegt, wie früher schon wiederholt, daß das Gesetz selbst die Möglichkeit vorsieht, es da, wo es unnöthig ist, und eine unnöthige Erschwerung hervorruft, zu beseitigen. Das haben wir im großen Umfange in der Rheinpro⸗ vinz gethan. Ich habe die Herren Ober⸗Präsidenten angewiesen, sich mit den Herren Bischöfen ins Benehmen zu setzen. Die Bischöfe haben das mit Freuden aeceptiert, und wir haben in einer Anzahl von kleinen Gemeinden den hier unnöthigen Apparat vereinfacht. E besteht hier voller Friede und volle Einigkeit. Also, meine Herren, ich begreife garnicht, weshalb Sie mir aus diesem Gesetz Vorwürfe machen.

Ich stehe zur Zeit auf der ganzen Linie mit den Herren Bischöfen in durchaus friedlichem Einvernehmen, ein Zeichen, daß es doch möglich ist, die katholischen Angelegenheiten so zu verwalten, daß ein modus vivendi, ein friedliches Verhältniß zwischen den beiden großen Kon⸗ fessionen hergestellt werden kann.

Auf die Schule will ich jetzt nicht näher eingeben. Aber das ist nicht richtig, daß ich die Schule absolut verstaatlichen wollte; das ist

1899.

nicht meine Tendenz. So hat sich wohl auch der Herr Abg. Dauzen⸗ berg nicht ausgedrückt. Aber er hat doch gemeint, die Tendenz der Regierung ginge wenigstens dahin, die Schule ganz zur Staatsschule zu machen. Meine Herren, das ist ein Mißverständniß. Da frage ich zuerst: was ist Staatsschule? Wenn Sie darunter verstehen, daß die Schule weder die Rechte der Eltern, noch der Gemeinden, noch der Kinder an der Schule respektiert, dann haben wir keine Staatsschule und wollen sie auch nicht haben. Aber das muß ich allerdings sagen: in erster Linie muß der Staat dominus negotii in der Schule sein das ist eine alte preußische Schulpolitik —, und es ist unmöglich, daß der Staat sich in die Herrschaft über die Schule mit der Kirche oder mit der Gemeinde theilt. Er soll die Rechte der Ge— meinde, die Rechte der Kirche, die Rechte der Eltern an der Schule anerkennen, und dies geschieht auch ob in vollstem Umfange, will ich jetzt dahingestellt sein lassen; es mag Ihnen ja die thatsächliche Anerkennung dieser Rechte nicht genügen; nach meiner Ansicht werden sie in den allererheblichsten Beziehungen anerkannt. Aber dominus negotii in der Schule ist und bleibt der Staat, und solange das Schulaufsichtsgesetz besteht, meine Herren, werden Sie nichts daran ändern. Das bestreite ich jedoch auf das entschiedenste, daß die katholische Kirche bei der Wahrnehmung der Volksschulangelegenheiten unwürdig behandelt wird. Nein, meine Herren, ich bemühe mich auf das sorg— fältigste, der katholischen Kirche wie der evangelischen Kirche hier ihr Recht zu theil werden zu lassen, und ich mache gar kein Hebl daraus: ich bedarf ihrer und nehme den selbstlosen Dienst, den die kirchlichen Organe auf beiden Seiten der Schule leisten, da, wo keine Bedenken gegen die Person bestehen, mit Dank und mit großem Respekt an. Wir können diese Dienste garnicht entbehren, weder aus finanziellen noch aus technischen Gründen.

In dem, was der Herr Abg. Dauzenberg über die Schultechnik gesagt hat, war sehr viel Wahres, und ich stimme ihm darin ganz bei: mit der bloßen Schultechnik ohne richtige Erziehung, ohne den tiefsten Grund aller Erziehung, die Religion, ist uns garnicht ge— holfen; das ist ein leeres Geklingel. (Bravo! im Zentrum.) Darin sind wir ganz einverstanden. Die rechte Schultechnik muß vor allen Dingen auf der religiösen Erziehung der Jugend be— ruhen. In diesem Sinne, meine Herren, ich hoffe, daß darin der Herr Abg. Dauzenberg mit mir einverstanden ist ist der sozialdemokratische Satz: Religion ist Privatsache eiae große Lüge und Unwahrheit. Religion ist Voltssache, im eminentesten Sinne Volkssache! (Bravo! im Zentrum und rechts.) Das ist die wahre Stellung der Religion. Diese Stellung muß sie auch in der Schule haben (Bravo! rechts und im Zentrum), und ich werde mich bemühen, soweit es an mir ist, dahin zu wirken, daß ihr diese Stellung erhalten bleibt. Das soll nicht eine Einschränkung unserer Schulziele sein und am allerwenigsten eine Rückkehr zu einem Verdummungssystem. (Bravol rechts und im Zentrum.) Im Gegentheil, ich erkenne die Leistungen der Schule an und freue mich, daß auch Herr Abg. Dauzenberg sie anerkennt. Man braucht nur ein offenes Auge zu haben, rings herum zu sehen, daß die preußische Schule, mag sie auch Mängel haben, doch noch etwas bedeutet; denn sie ist das Vorbild für die Volksschule aller Kultur⸗ staaten. Meine Herren, wir haben allen Grund, darauf stolz zu sein, aber auch allen Grund, die Augen aufzumachen und Hand anzulegen, um die Dinge nicht versumpfen zu lassen, sondern sie auf die rechte Basis zu stellen und zu bessern, wo es zu bessern giebt; und wo es irgend zu bessern giebt, wo Sie mir Mängel zeigen, denen abzuhelfen ist, da werden Sie jederzeit meine hilfsbereite Hand finden. (Bravo!)

Abg. Dr. Friedberg (ul.): Es widerstrebt mir, längst wider⸗ legte Dinge immer wieder von neuem zu widerlegen. Die Worte des Herrn Daujenberg würden für mich eine größere Autorität haben, wenn nicht der Fürsibischof Kopp im Herrenhause gesagt hätte, daß er und Dasbach unverantwortliche Vertreter des fatholischen Klerus seien. Allerdings gebe ich zu, daß die Anschauungen des Herrn Dauzenberg im Kreise der Katholiken weit verbreitet sind. Die römische Kurie soll, wie gesagt worden, ihren Frieden mit dem preußischen Staate mit dem Hintergedanken gemacht haben, daß sie Nachforderungen stellen werde. Der Staat hat aber allein die Grenze zu bestimmen in der Staatsgesetz« gebung und im Staatskirchenrechte. Der Minister hätte nicht staats⸗ männisch klug gehandelt, wenn er in der Beseitigung der Härten die Brücke des Zentrums betreten hätte. Die Haltung deg Zentrums im Reichstage erklärt sich doch wohl aus seiner Pflicht. Fur das, was man pflichtmäßig thut, braucht man aber keine Entschädigung, und darum ist es nicht richtig, wenn man hier, wenn auch versteckt, eine do ut des-Politik treibi. Wir Nationalliberalen lassen uns von der pflichtmäßigen Unterstützung der ier rung auch dadurch nicht ab⸗ halten, daß wir von hohen Staatsbeamten bei den Wahlen u. s. w. schlecht behandelt worden sind. Ich muß dagegen protestieren, daß wir während der Zeit des Kulturkampfes jemals die nn gezeigt hätten, uns in die inneren Angelegenheiten der katholischen Kirche zu mischen. Die evangelische Kirche hat den Kampf mit der katholischen Kirche nicht zu fürchten, sie hat aber ihrer ganzen Ent wickelung nach nicht dieselbe Bewegungsfreiheit wie die katholische, und darum dürfen die Waffen nicht ungleich sein. Es wäre unhaltbar, wenn jede Kirche sich auf ihre göttliche Institution heriefe und jede staatliche Einwirkung lahmlegte. In Oesterreich, Bayern und in den romanischen Ländern hat die katholische Kirche viel weniger Freiheit als in Preußen. Das Zentrum wünscht ein Konkordat mit Preußen. Daz ist aber niemals möglich, ohne die Protestanten aufs tiefste zu schädigen. Die katholische Abtheilung hat eine unheilvolle Wirksam⸗ keit ausgeübt. Der Minister kann sich ja durch seine katholischen Räthe informieren. Wir würden an dem Ordensgesetz gern Aende⸗ rungen machen, wenn nicht die katholische Bevölterung selbst im Großen und Ganzen mit diesem Gesetz zufrieden wäre. Auch Windt⸗ horst hat sich mit demselben einverstanden erklärt. Mit Herrn Dauzen berg ist ein Frieden überhaupt nicht zu schließen. In jehn Jahren haben 6 die Ordensniederlassungen verdoppelt. (Zuruf im Zentrum: eue Sie das an?) Grkennt dle kathollsche Kirche die All atho

en nicht an, so muß sie wenigstens sich mit ihnen ver mögentrechtlich auseinandersetzen. Wie intolerant dag Zentrum ist, . die Ab 3

von 5000 S bei den Zuschüssen sür alt⸗ katholische Gelstliche und Kirchen. Was die le betrifft, so können Sie doch nicht verlangen, daß der Staat schultechnisch unzureichende Geistliche mit der Schulaufsicht beauftragt. Man bewelse uns erst, daß unsere jetzigen Schuldirektoren und die Lehrer nicht religiöse Leute