1899 / 111 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 May 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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babe garnichts dagegen, wenn Sie diesen Grundsatz geltend machen, ihn sogar ins Gesetz bringen, wenn Sie sagen: es kann

solchen kreisfreien Städten, welche wirklich übermäßig bedrückt werden, durch den Etat der erforderliche Beitrag erlassen oder vermindert werden. Dagegen würde ich garnichts haben, denn wir steben dabei zweifellos auf dem Boden, den die Verfassung vorzeichnet. Aber, die Regel müssen wir doch aussprechen, da wir doch anerkennen, daß der Regel nach die preußischen kreisfreien Städte was ihnen zugemuthet wird, ganz gut leisten können.

Nun wollen Sie Berlin ausnehmen. Das scheint mir willkürlich zu sein. Ich kenne kreisfreie Städte, die wohl leistungsfäbiger sind als Berlin. (Zuruf: Frankfurt) (Heiterkeit, Ja, ich brauche keinen Namen zu nennen; es ist nicht bloß Frankfurt allein. Also ich sehe nicht ein, warum Berlin mehr oder weniger willkürlich aus der Reihe der kreisfreien Städte geftrichen werden soll.

Meine Herren, nun kommen wir auf die Höhe der hier in Frage stehenden Sätze, und da habe ich mich nicht, wie der Herr Vorredner anzunehmen scheint, gänzlich ablehnend verhalten. Ich habe mich bereit erklärt, einen Antrag in der Höhe der Vorschläge Ehlers ich weiß nicht, ob ein solcher Antrag formell geftellt ist, zu acceptieren, und habe dadurch allerdings, immer mit Vorbehalt der Zustimmung der Staatsregierung, ein bedeutendes Entgegenkommen gejeigt; denn für die Leistungen des Staats involviert der Antrag Ehlers naheju eine Verdoppelung. Da kann man doch nicht sagen: Der Finanz⸗Minister besteht auf seinem Schein und will von weiterem nichts wissen.

Nun sind aber Anträge vorliegend, die bedeutend weiter gehen und die Belastung des Staats noch sehr viel weiter erhöhen. Meine Herren, irgendwo muß doch die Grenze der Nachgiebigkeit des Staats sein. Sie können statt 400 auch ebensogut 500 sagen. Gerade, wenn das ein Handel ist, wie der Abg. von Hevdebrand sagt, so muß dabei auf beiden Seiten nachgegeben werden, und es muß irgendwo die Nachgiebigkeit des Einen aufhören.

Meine Herren, was die Höbe betrifft, so habe ich von Unannehmbarkeit an sich nicht gesprochen, sondern ich habe das dem Staats. Ministerium vorbehalten. Ich kann nicht allein ohne weiteres disponieren über solche theilweise grundsätzlichen, theil⸗ weise finanziell bedeutsamen Anträge. Im Herrenhause bin ich in der Lage, in dieser Bejiebung bestimmte Erklärungen abgeben zu können, weil ich bis dahin Gelegenheit haben werde, im Staats⸗Ministerium mit dem Herrn Kultue⸗Minifter die Sache vorzutragen. Ich habe nur das Gefübl bestimmt ausgedrückt, daß ich glaube, die Staats« regierung wird nicht weiter als bis zu dem Satz von 360 4, der von der linken Seite beantragt ift, gehen, und ich bitte Sie dringend, Ibrerseits auch nicht weiter zu geben, wenigstens diejenigen, die das Eesetz wirklich zu stande bringen möchten.

Einen Punkt möchte ich noch hinzufügen. Herr von Heydebrand wünscht dringend, daß die Beiträge bis zu 1200 M frei bleiben. Wenn Sie den Antrag Ehlers annehmen, dann baben Sie das; wenn Sie die anderen Anträge annebmen, so müßten Sie bei richtiger Berechnung noch weiter hinaufgehen. Der Antrag Ehlers erreicht schon, was Sie in dieser Beziehung wünschen. Das möchte ich zum Schluß noch hervorheben.

Abg. Dr. Sattler (ul.): Ich brauche nicht zu versichern, wie sehr uns das Zustandekommen der Vorlage am Herjen liegt. Die Regierung ist uns insofern entgegengekommen, als sie anerkennt, daß die Staatskasse mehr herangezogen werden muß. Sie ist jweifellos dazu gekommen, weil sie den Gründen unseres Freundes Hackenberg und des Herrn von Zedlitz zugänglich ist, daß diese Lasten nicht direkt mit den Fordernngen der Verfassung zusammenhängen. Jetzt befinden wir uns im Stadium deg Handelns. Er Finanzielle Unterschied jwischen dem Antrage Ehlers und unseren Wünschen ist so gering, daß wir nicht glauben, daß wegen dieser Differenz die Vorlage scheitern wird. Die Ausschließung der kreis freien Städte wäre ebenso verfassungswidrig wie die Subvention leiftungsfäbiger Gemeinden. Nicht sämmtliche Landgemeinden und Gutsbezirke sind leistungsunfähig. Die Städte, welche der Bezirks. kasse nicht beitreten, legen dadurch deutlich an den Tag, daß sie sich für leistungsfäbig balten. Darin liegt also ein sicheres Kriterium der Leistungsfäbigkeit. Wir werden prinziviell für den Antrag Zedlitz und, was die Zabl betrifft, für den Antrag Dittrich stimmen.

Abg. Dr. Dittrich (entr.) begründet seinen Antrag unter großer Unruhe des Hauses.

Abg. Ehlers (fr. Vgg.); Der Ansicht des Ministers, daß die kreisfreien Städte auf die Staatebeibilfe nicht vernichten würden, weil es sich um eine Geldfrage handele, kann ich nicht beitreten. Diese Auffassung würde böchstens jutreffen, wenn der Staatsbeitrag über eine gewifse Höhe binausginge. Denn es ist ein Unterschied, ob der Zuschuß 420 oder 240 beträgt, wie die Regierungsvorlage wollte. Drei Viertel des Zuschusses geben uns zu weit. Wir beantragen des. halb von neuem, den Staatebeitrag für das Wittwengeld auf 360 6 ju normieren. Eventuell ftimmen wir auch für die 420 M, wenn Sie einen freisinnigen Antrag nicht annehmen wollen.

Abg. Richter (ir. Volkev.): Die Berufung des Finanz Ministers auf die Verfassung trifft nicht zu. Die einzelnen Gemeinden sollen nachweisen, daß sie leiftungsunfähig seien, dann tritt der Staat ein; es heißt aber nicht, daß ganze Kategorien von dem Staatszuschuß ausgeschlofssen werden. Wie kommt es, daß man an den Staat größere Anforderungen stelt? Weil die Selbftverwaltung immer mehr beschränkt wird, weil den Gemeinden mehr Lasften aufgebü det werden unter Beschneidung ihrer Rechte. Der Staat bat gegen= wärtig große Ueberschüsse, die nicht zu Steuererlassen verwendet werden, und darum entftebl das ganz natürliche Beftreben, etwas von diesen Ueberschüssen indirekt den Gemeindekassen zujuführen. Beim Lehrerbesoldungsgeseß bat man die kreisfreien Städte wenigfenz bis 25 Lehrerstellen berücksichtigt. Und ist denn der Begriff der kreie⸗ freien Stadt in der ganjen Monarchie gleichartig? Eine solche schablonenhafte Behandlung ist eine große Ungerechtigkeit. Hert von Heydebrand hat die ungleiche Behandlung der kreie freien Städte fallen lassen, aber ein Ausnabmegesetz für Berlin machen wollen. Es ist aber nicht richtig, daß Berlin im Vortheil gegenüber anderen Städten sei. Charlottenburg z. B. ift ungleich leistungsfäbiger als Berlin, und so giebt es noch eine ganze Reibe anderer Städte. Nähme man Berlin aus, so würde das eine überaus gehässige Sritze gegen die Reichs- bauptstadt sein. .

bg. Dr. von Jaidzews ki (Pole) erklärt, daß seine Partei für den Antrag Dittrich stimmen wird.

Damit schließt die Generaldebatte. f

Die 88 1 bis 13 werden ohne Diskussion angenommen.

Zu s 14 hat der Abg. Ehlers seinen Antrag dahin formuliert, daß der Staatsbeitrag zum Wittwengeld 360 , zum Waisengeld für die Halbwaisen 72 * und fuͤr die Voll⸗ waisen 120 6 betragen soll. Die Abgg. Dr. Dittrich und von Kessel beantragen ferner, statt der Ausnahme der einer Bezirks⸗Wittwen⸗ und ⸗Waisenkasse nicht angeschlossenen Schulverbände (Antrag Zedlitz) nur die Stadt Berlin von dem Staatebeitrag auszunehmen.

Abg. von Bülow-⸗Bossee lfr. kons. tritt in erster Linie für den freikonservatiwen Antrag ein. Eventuell werde seine Partei für den

420 ½ stimmen. Im Interesse des Zustandekommens des Gesetzes empfehle es sich, daß der Finanz ⸗Minister es wenigstens an das Herren⸗ haus bringe.

Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Dr. Iderhoff (fr. kons. wird der Antrag Dittrich über die Höhe der Staatsbeiträge gegen die Stimmen der Freisinnigen an⸗

enommen. Der 14 lautet daher im J. Absatz; „Das

Dittwengeld wird bis zur Ech von 420 6, das Waisengeld für Halbwaisen bis zur Höhe von ( „6, für Vollwaisen bis zur Höhe von 140 6 jährlich aus der Staatskasse gezahlt.“

erner wird im zweiten Absatz nach dem Antrag Dittrich gegen die Stimmen der Freisinnigen, Nationalliberalen und einiger Freikonservativen die Ausnahme der Stadt Berlin von dem Staatsbeitrage beschlossen. Die übrigen Anträge sind damit gefallen.

Im 5 15 wird u. a. bestimmt, daß den Maßstab für die Vertheilung des Bedarfs der Bezirks-Wittwen⸗ und Waisenkassen auf die Schulverbände die Jahressumme des Einkommens der zur Kasse gehörigen Lehrerstellen bilden soll.

Auf Antrag des Abg. Dr. Dittrich wird beschlossen: „Von diesem Diensteinkommen bleibt für jede Stelle ein Betrag bis zu 1200 M6 außer Rechnung.“ (Die Regierungsvorlage schlug So0 M6 vor.)

Der Rest des Gesetzes und das Gesetz im Ganzen werden mit großer Mehrheit angenommen.

Die Abgg. Kopsch und Genossen beantragen folgende Resolution:

die Regierung zu ersuchen, auf eine Erhöhung der bestehenden

Fonds zur Unterstützung von Lehrerwittwen und -Waisen, die nicht

unter dieses Gesetz fallen, im nächsten Staatshausbalts Etat Be—⸗

dacht zu nehmen.

Abg. Kop sch (fr. Volksp.) begründet seinen Antrag damit, daß durch das Gesetz nur für die Wittwen und Waisen nach 1909 gesorgt sei, nicht aber für die jetzigen Wittwen und Waisen. Diese bedurften ebenfalls einer Aufbesserung, die der Staat leiften könne, zumal da er für die anderen Relikten in den nächsten Jahren niedrigere Beiträge zu zahlen haben werde. Die Gemeinden hätten an der Versorgung der Wittwen und Waisen der Lehrer nur ein untergeordnetes Interesse. Die Last, die der Staat übernebmen würde, würde mit jedem Jahre geringer werden. In anderen Staaten sei für die Lehrerwittwen mehr gescheben als bei uns.

Abg. Geisler Zentr.); Ich babe denselben Antrag bereits in der Kommission gestellt, er ift aber dort abgelehnt worden, nachdem die Regierung sich entgegenkommend gezeigt bat. Die Erklärung der Regierung durfte auch das Plenum zufriedenstellen.

Abg. Ernst (fr. Vgg.) empfiehlt die Annahme der Resolution.

Die Resolution wird abgelehnt.

Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be— treffend die Polizeiverwaltung in den Vororten von Berlin.

Abg. von Glasenapy (kons. ): Meine Freunde halten eine organische Verbindung der Sicherheitsvolizei von Berlin mit der⸗ jenigen der Vororte für nothwendig. Diese Aufgabe wird bei dem rapiden Wachsthum der Berxölkerung immer schwiertger werden. Ob die Vorlage in der Organisation durchweg das Richtige getroffen hat, ist uns zweifelhaft; namentlich ist es sehr zweifelhaft, ob die Wohlfabrtepolizei den Gemeinden genommen werden kann. Hier müßte ein Ausweg gefunden werden. Auch die Regelung der Zu⸗ ständigkeit giebt zu Bedenken Anlaß. Die Lösung der Zuftaͤndigkests⸗ frage wird durch die Vorlage noch erschwert. Die Absicht, einen neuen Regierungsberirt Charlottenburg zu schaffen, scheint aufgegeben ju sein. Das können wir nur gutheißen. Wir beantragen, die orlage einer Kommission von 14 Mitgliedern ju überweisen.

Abg. Ring ⸗Düppel (kons): Seitdem Schöneberg und Rirdorf als Städte aus dem Kreise Teltow ausgeschieden sind, fallen sie nicht mehr unter das Gesez von 1889. Es hätte genügt, Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf der Berliner Polizei zu unterstellen. In den anderen Orten bat bieher die Polizei sebr gut funktioniert. Dazu kommt ein weiteres Bedenken, daß nämlich durch dieses Gesetz eine Reibe anderer landesgesetzlicher Bestünmungen durchkreuzt wird. 5 2 bestimmt, daß einzelne Zweige der örtlichen Polizei. berwaltung den Gemeinden jur eigenen Verwaltung über⸗ wiesen oder belassen werden können. Das schließt in sich, daß die Woblfabrtepolizei diesen Orten genommen werden kann. Durch die Grũndung neuer Städte ist die Eingemeindung der Orte in Berlin und die Schaffung eines Greß Berlins vermieden worden. Hier nun soll ein volizeiliches Groß-Berlin geschaffen werden. Das ist uns fehr bedenklich. Warum will man die schon äberlastete Berliner Poltzei noch mehr überlasten? Werden unsere Bedenken nicht beseitigt. so wäre es besser das Gesetz von 1889 weiter auszugestalten, wie ich es vorgeschlagen habe.

Abg. Freiberr von Zedlitz und Neukirch: In Bezug auf die Wohnungs. und Baupolijei wäre eine einheitliche Regelung durchaus wünschenswerth. Der bisherige Verwaltungsgang ist sehr verworren, namentlich hinsichtlich der Bezirksausschüsse in Potsdam und Berlin. Einen Zuftand, in dem die Vororte ganz unter der Botmäßigkeit von Berlin steben, wünsche ich nicht. In diesem Sinne waren wir gegen eine 6 . ö. 1

g. Richter: uch ich meine mit Herrn Ring, daß das Gesetz von 1889 auf die neuen Stadtkreise e und Rirdorf angewendet werden kann. Alles andere wäre abzulehnen. Kommissionen haben wir schon genug, wann sollen wir fertig werden? Die Zentralisierung der Sicherheite polizei ist allerdings nothwendig. Dann muß sie aber gleichmäßig gescheben, während sie nach der Vor⸗ lage unter dreierlei Formen vorgesehen ist, nicht nur für verschiedene Gemeinden, sondern fogar für einzelne Theile derselben Gemeinden. Was heißt überhaupt Vorort? Die Eisenbahn meint darunter die Orte über Potsdam Und Fürstenwalde binaus. Wieweit man Berlin „nabe“ ift, kann sich jeder verschieden denken. Die Organifation muß einbeitlich sein. Die Begrenzung ist leicht zu konstruieren an der Hand der Tabellen für die Gerichtsbezirke. Ber Polijeileutnant wird schließlich mehr in der Gemeinde gelten als der Amtevorsteher in Bezug auf die Woblfabrtexolizei. erade die Baupolijei darf nicht zentralisiert und nach dem Schema der Berliner Polizei gestaltet werden. Die n , m. von Schöneberg sollen nicht günstig sein.

a, wie ist das anders möglich bei einer so jungen Stadt? Auch die Anlebnung an den Berliner Benirksausschuß ist ver⸗ feblt. Dieses Gesetz bekommt eine ganz andere Bedeutung, sobald der Regierungsbezirk Charlottenburg konftruiert ist. An eine Eingemeindung der Vororte wäre nur zu denken, wenn alle Betheiligten für dieselbe wären. Eine Provinz Berlin wäre jetzt noch weniger am Platze als früher. Die Landgemeinde Ordnung paßt für die Vororte überhaupt nicht. Sie müffen unter Städterecht gestellt und aus den beiden Kreisen Teltow und Niederbarnim ge⸗ gommen werden. Dieser Zusammenbang ift ein Hinderniß für ikre Entwidtelung. Berlin muß mit einem Kranz von Stadtkreisen um⸗ geben sein. Erst wenn ihre kommunale Selbstãndigkeit vorhanden ist, würde ich nichts dagegen einzuwenden haben, daß ihre Sicherheits⸗ und Sitten voligei zentralisiert würde. Die ZJwischensmftan; des . ift ebenfalls verfehlt. Eine Stärkung der è— . J t 65 2 ie, n. die kommunale Gewalt ver⸗ rd. Die Annahme der Vorlage wür ĩ =

2 g de nur die Rechtesicher

Minister des Innern Freiherr von der Recke:

. Meine Herten! Daß der vorliegende Gesetzentwurf auf Wider⸗ spruch steßen und manche Einwendungen hervorrufen würde, habe ich von vornherein angenommen; das läßt sich bei der Schwierigkeit der

von den Konservatiwen und dem Zentrum beantragten Satz von

glaube aber, meine Herren, daß es uns gelingen wird, eine Reihe von Bedenken, die, wie ich eigentlich annebraen möchte, zum theil auf einer mißverständlichen Auffassung des Gesetzentwurfs beruhen, in der Kommission zu beseitigen oder wenigstens sehr erheblich az. zuschwächen. Ich glaube auch, daß in der Kommission der richtige Drt sein wird, auf die vielfachen, wie ich vollstãndig anerkenne, dankenswerthen Anregungen, die bier von verschiedenen Seiten gefallen sind, zurũckjukommen. Ich habe deswegen auch nur die Absicht, mich hier auf einige Be. merkungen zu beschränken, indem ich mir meine übrigen Ausführungen für die Kommission vorbehalte.

Meine Herren, dieser Gesetzentwurf verdankt seine Entstehung der Ueberzeugung, daß die polizeilichen Verhältnisse in den Vororten auf das äußerste revisionsbedürftig sind und geändert werden müssen, einerseits schon ihrer selbst willen und vornehmlich im Hinblick auf den organischen Zusammenhang, den meiner Meinung nach die Polizeiverhältniffse von Berlin mit den Polijeiverhältnissen der Vororte haben müssen, wenn diejenigen Zwecke erreicht werden sollen, auf die wir ja alle, wie ich ju meiner Freude gebört habe, besonderes Gewicht legen.

Meine Herren, solange ich an der Spitze der Polijeiverwaltung des Staates zu steben die Ehre babe, ist fast keine Session vorüber gegangen, ohne daß nicht, sei es in der Presse, sei es in diesem hohen Hause, sehr erhebliche Klagen, inebesondere über die Kriminal und Sicherheitspolijei in Berlin, laut geworden sind. Ich habe diese Klagen als übertrieben bezeichnet und bin auch heute noch der Meinung, daß viele Vorwürfe unbilligerweise dem Personal gemacht werden, die den Institutionen gemacht werden müssen, aber ganz unbegründet sind diese Klagen nicht. Ich habe mich mit dem obersten Chef der Berliner Polizei redlich bemübt, diejenigen Aenderungen, die jur Hebung der Uebelstände auf diesem Gebiete zu treffen fein würden, zu berathen und zum theil auch schon durchgefũührt. Es wird sich, hoffe ich, bei einer anderen Angelegenheit wohl die Möglichkeit bieten, dem hohen Hause dies des näheren auseinander jusetzen. Ich will nur ganz kurz bemerken, daß sich die Aenderungen auf die Organisation, auf die bessere Vorbildung der Beamten und auf die Heranziehung eines besseren Persorals beziehen. Letzteres wird uns durch die in diesem Jahre erfolgte Bewilligung der Gehalts zulagen wesentlich erleichtert werden.

Je mehr, meine Herren, ich mich aber mit der Besserung der polizeilichen Verhältnisse in Berlin befasse, desto mehr drängt sich mir, und nicht allein mir, sondern allen denen, die damit zu thun haben, doch die Ueberzeugung auf, daß der Schwerpunkt der Besserung der Berliner polizeilichen Verhältnisse in einer richtigen Regelung der Polizei der Vororte beruht. Meine Herren, das ist auch ganz natürlich, wenn man die Entwidelung in Erwägung zieht, welche der Zug der Bevölkerung in den letzten Jahren oder vielmehr Jahrzehnten genommen hat und tagtäglich mehr nimmt. Bedenkt man den gewaltigen Abzug aus dem Zentrum Berlins in die Vor— städte, der sich auf Hunderttausende beiiffert, so muß es, glaube ich, ohne weiteres klar werden, daß diejenigen polizeilichen Regelungen, wie sie bisher bezüglich der Vorgrte eingetreten sind, nicht mehr genügen können. Die Aufgaben, die der Vorortepolizei jetzt erwachsen, können sich ja nicht im entferntesten vergleichen mit den Aufgaben, die die Vorortepolizei noch vor ungefähr 15 Jahren hatte, und ich behaupte, daß der Versuch, den man mit dem Gesetz von 1889 gemacht bat, zwar ein sehr woblgemeinter, aber ein keines wegs ũberall gelungener ist.

Wie haben sich nun aber, meine Herren, die Verhältnisse auf Grund dieses Gesetzes von 1889 hier in den Vororten geftaltet? Man hat die polizeilichen Verhältnisse von Charlottenburg, die auf einer besonderen Kabinetsordre aus den vierziger Jahren beruben, voll⸗ ftändig unberührt gelafsen. Hier besteht eine besondere Königliche Polizei⸗Direktion; die Landespolizei übt der Polizei Präsident von Berlin aus. Bis jum 1. April vorigen Jahres, d. h. bis ju dem

Momente, wo Schöneberg Stadt wurde, hatte man sich in Aus führung des Gesetzes von 1889 darauf beschränkt, die Zuständigkeit des Berliner Polizei Präsidenten in orts. und landespolizeilicher Beniehung in Ansehung der Kriminal und Sicherheitspolizei auszu- dehnen auf eine Anjahl von Berliner Vororten; ich glaube, es waren 7. Das Verhältniß war so geregelt, daß man dem Amtg⸗ vorsteher eine geringe Anzahl von staatlichen Kriminalbeamten zu⸗ ordnete, welche die Aufgabe hatten, einen Zusammenhang zwischen der Polijei des Amtsvorstehers und dem Königlichen Polizei⸗Prãsidium herjustellen. Der Schwerpunkt der Orts. Polizeibehorde beruhte nach wie vor in dem Amtsvorsteher. Alg nun im vorigen Jahre Schöne⸗ berg ausschied, habe ich es für angemessen erachtet, einmal einen redlichen, ehrlichen Versuch zu machen, wie weit man mit den Be⸗ stimmungen des Gesetzes von 1889 in den Berliner Vororten kommen könnte. Es ist in Schöneberg dieser Versuch in dem Sinne gemacht worden, daß man die orts polizeilichen und landes polizeilichen Befugnisse dem Poltjei / Präsidenten in Berlin soweit übertragen bat, wie es die Bestimmungen des Gesetzes von 1889 nur irgend gestatteten. Wir sind dabei zu der Meinung gelangt, daß dieser Versuch nicht gelungen ift. (Zuruf) Ja, meine Herren, Sie sagen: nur ein Jahr! Ich halte mich aber, nach den vielen Er⸗ fahrungen, die im Laufe dieses, wenn auch nur einen Jahres gemacht sind, doch ju der Behauptung berechtigt: daß die Bestimmungen des Gesetzes von 1889 nicht ausreichen, um in den Vororten ertrãgliche polijeiliche Zustãnde zu schaffen. Nun hatten wir also, meine Herren, am 1. Januar d. J. ich nehme diesen Stichtag, weil sich mit dem 1. April die Verhãltnisse wieder etwas verschoben haben die Sache derartig, daß in Char⸗ lottenburg die selbftändige Polizei⸗Direktion bestand unter einem Königlichen Polijei Direktor, untergeordnet unter den Polizei⸗ Präsidenten von Berlin, in Schöneberg ein Verhältniß nach dem Seset von 1889, durchgeführt bis in die äußersten Konsequenzen, und in den übrigen Vororten von Berlin die Amts vorsteher unter Zuordnung gewisser 0 staatlicher Beamten zur Durchführung eines Zusammenhangs bezüglich der Kriminal und Sicherheitspolizei.

(Schluß in der Zweiten Beilage)

Materie und nach den Erfahrungen, die man bei den früheren Ver⸗

suchen einer ähnlichen Regelung gemacht hat, wobl voraussetzen. Ich

1 111.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Dieses Verbältniß hat sich nun zum 1. April insofern noch wieder verschoben, als nach unserer Auffassung des Gesetzes von 1889, die, wie ich annehme, auch seitens des hohen Hauses ge— theilt wird, Schöneberg nicht mehr unterstellt werden kann unter die Bestimmungen von 1889. Ich bin deswegen genöthigt ge—⸗ wesen, nunmehr in Schöneberg eine Königliche Polijzei⸗Direktion ein zurichten auf Grund des Gesetzes von 1550. Dies hat aber den Effekt, daß nunmehr die Aufsichtsbehörde dieser Polizei Direktion nicht der Polijei⸗Präsident von Berlin, sondern der Regierung Prãsident in Potsdam ist kurzum, es kommt also zu den vorhin genannten Institutionen noch diese neue hinzu. In gleicher Weise würde in Ermangelung einer gesetzlichen Aenderung die Polizei in Rixrdorf ge— regelt werden müssen.

Meine Herren, daß eine derartge buntscheckige Drganisation der Polizei in den Vororten ein Zerrbild der Einheitlichkeit und der wäünschenswerthen organischen Verbindung mit dem Polizei Präsidium in Berlin ist, das wird mir das hohe Haus, glaube ich, ohne weiteres zugeben. Es liegt also unzweifelhaft das Bedürfniß einer Aende⸗ rung hier vor.

Nun ist ja in den Motiven bereits angedeutet worden, auf welche verschiedene Weise man zu einer größeren Einheitlichkeit hätte gelangen können. Ein Weg wäre der gewesen, daß man, abgeseben von den Drten, die also jetzt nicht mehr dem Gesetze von 1889 unterstehen, die ganze Ortspolizei dem Polizei⸗ Präsidenten von Berlin unterstellt hätte. Dieser Ausweg verbot sich schon aus dem Grunde, weil der Polizei⸗Präsident von Berlin kategorisch erklärt hat, eine Uebernahme der Ortepolizei in den hauptsächlichsten Vororten ven Berlin ginge vollständig über seine Kräfte hinaus; die Anforderungen, welche sein Amt als Polizei⸗ Präsident von Berlin an ihn in ortepolizeilicher Beziehung stellten, wären derartig groß, daß er eine Vermehrung durch Uebernahme noch anderer ortepolizeilicher Befugnisse unter keinen Umständen auf sich nehmen könne. Damit war dieser Weg ausgeschlossen.

Nun, meine Herren, ist hier gesagt warden: es wäre einfacher und wünschenswerther gewesen, wenn man sich lediglich die gesetzliche Be⸗ fugniß erbeten bätte, die Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1889 auch auszudehnen auf die nunmehrigen Stadtkreise Rixdorf und Schöneberg. Das wäre allerdings ein sehr viel einfacherer Weg ge— wesen, als der in der Vorlage eingeschlagene, er hätte aber unserer Auffassung nach nicht zu dem erwünschten Ziele geführt. Wir sind, wie ich mir soeben auszuführen gestattet habe, auf Grund dieses Ver suches mit Schöneberg zu der Auffassung gekommen, daß die Schei⸗ dung, welche das Gesetz von 1889 vornimmt nach der Richtung bin, daß nur die Sicherheitspolizei dem Polizei⸗Präsidenten übertragen werden kann, die Wohlfahrtspolizei dagegen in den Gemeinden auch bezüglich der Oberaufsicht kei den bisherigen Behörden belassen werden sollte, keine glückliche Bestimmung gewesen ist, und daß es sich daher empfehlen würde, in dieser Beziehung eine Aenderung eintreten zu lassen. Keineswegs in dem Sinne, meine Herren, daß nun die Absicht bestände, sämmtliche Zweige der Woblfahrtspolizei ausschlußlos staatlich zu organisieren dazu haben wir keine Neigung und auch keine Veranlassung; es ist ja auch in dem Gesetzentwurf zum Ausdruck gekommen, daß die Staatsregierung nach wie vor die Möglichkeit offen läßt, einzelne Zweige der Polizeiverwaltung den Kommunen zu überlassen —; wir wollen aber die Fakultät haben, auch Zweige aus der Wohlfahrtspolizei in staatliche Verwaltung zu nehmen, wie wir dies ja schen auf Grund des Gesetzes von 1850 ohne weiteres können, und wie dies ja auch in allen denjenigen Städten zur Ausführung gekommen ist, wo bereits jetzt Königliche Polizei bestebt.

Daß die Staatsregierung nicht die Absicht hat, allerorten die sämmtlichen Zweige der Wohlfahrtspolizei an sich zu ziehen, wird ja auch schon daraus zu folgern sein, daß bereits in einer ganzen Reihe von Städten, die jetzt schon mit Königlicher Polizei versehen sind, gewisse Zweige theils schon den Gemeinden überwiesen sind, theils noch überwiesen werden sollen. Ich führe nur an, daß beispiels⸗ weise in Breslau die Baupolizei in nächster Zeit wieder den städtischen Behörden überwiesen wird.

Wir hatten uns nun, meine Herren, die Organisation auf Grund des Gesetzentwurfs derartig gedacht, daß man die Einheitlichkeit, die man durch Uebertragung der unmittelbaren, örtlichen Polizei in dem ganzen Bezirk Berlin inklusive der Vororte an ein und dieselbe Instanz aus den vorhin angeführten Gründen nicht finden kann, nun sucht in der zweiten Instanz da— durch, daß man einen gemeinsamen Landes-Polizeibezirk schafft, und es war die Absicht ich freue mich, daß wir in dieser Beziehung im wesentlichen mit der Auffassung des Herrn von Zedlitz und des Herrn Richter übereinftimmen —, um Berlin herum ebenso, wie man die Absicht hat, stärkere kommunale Gebilde zu machen, auch eine Anzahl größerer polizeilicher Gebilde zu schaffen. Es war also die Absicht, den Weg, den wir jetzt schon bezüglich Charlottenburgs, Schönebergs und Rixdorfs suüdlich der Spree beschritten haben, auch auf der Nordseite fortzusetzen, etwa derart, daß, nachdem der Kreis Teltow im wesentlichen erschöpft ist bezüglich dieser Regelung durch die Gründung der drei Polijei⸗Direktionen Charlottenburg, Schöne berg und Rixdorf, nunmehr auf den Kreis Niederbarnim üÜber— springend, wenn auch nicht gleich, so doch allmählich, dort etwa drei Polizei Direktionen einzurichten; vielleicht würden wir auch mit iweien auskommen. Auf diese Weise würden wir durch Errichtung staatlicher Polizei Direktionen einen Kranz um Berlin bekommen, der selbstverständlich im wesentlichen an die Pläne anschließen würde, die sich bezüglich der kemmunalen Gestaltung der Vororte von Berlin entwickeln. Ich darf vielleicht hier einschalten, daß mir bereits vor einiger Zeit ein Antrag der Gemeinde Weißensee zugegangen ist, sie zur Stadt zu er— heben. Die Voraussetzungen an Ein wohnerjahl u. s. w. liegen vor;

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 12. Mai

ob die anderen Grundlagen, insbesondere die finanziellen Grundlagen schon vorhanden sind, kann ich zur Zeit noch nicht sagen. Es beftehen jedenfalls auch im Kreise Niederbarnim solche Wünsche, und die Staatsregierung hat keinerlei Anlaß, derartigen Wünschen auf Gründung städtischer Gemeinwesen entgegenzutreten.

Es ist das ist vollständig zuzugeben bei einer derartigen Regelung nicht zu erreichen, daß man damit sofort einen ganzen staatspolizeilichen Ring um Berlin legt, sondern es wird, da eben die Absicht besteht, diese polizeiliche Regelung an die kommunale anzuschließen, nicht ausbleiben können, daß eine Anzahl von Gemeinden für die nächste Zeit noch unter der Ver⸗ waltung des Amtèvorstehers bleiben, und daß man also genöthigt ist, eine Einheitlichkeit und organische Verbindung mit dem Polizei⸗ Präsidium in Berlin noch auf Grund des Gesetzes von 1889 berzu⸗ stellen. Das ist ein Nothbehelf, aber ich glaube, er wird für eine gewisse Zeit noch gehen.

Nun, meine Herren, hat man noch eine Reihe von Bedenken gegen den hier vorliegenden Gesetzentwurf vorgebracht, von denen ich einige wenigstens noch ganz kurz beleuchten möchte. Der Herr Abg. Ring hat von einem polizeilichen Groß-Berlin in dem Sinne gesprochen, als ob nach dem Entwurf eine einheitliche orts⸗ polizeiliche Regelung stattfinden solle, wobei er sein Ver⸗— wundern darüber aussprach, daß man den ohnehin ortspolizeilich sehr überlasteten Polizei ⸗Präsidenten noch durch! Zulegung von ortẽ⸗ polizeilichen Befugnissen in den Vororten weiter belasten wolle. Wie ich vorhin schon ausgeführt habe, ist das garnicht die Absicht. Wir wollen kein ortspolizeiliches Groß ⸗Berlin, sondern ein landespolizeiliches Groß Berlin. Also dieses Bedenken der Ueberlastung des Polizei⸗Präsidenten von Berlin durch Hinzufügung weiterer ortspolizeilicher Befugnisse ist durchaus un⸗ begründet. Ich nehme an, daß der Herr Abg. Ring den Gesetzent⸗ wurf in dieser Beziehung mißverstanden hat. Es würden dem Polizei⸗ Praäͤsidenten allerdings landes polizeiliche Befugnisse mehr zugelegt werden, aber keine ortspolizeilichen, und er wird dadurch, daß man ihm die örtliche Sicherbeitspolizei in Schöneberg nimmt und diese unter eine selbständige Polizei⸗Direktion bringt, wieder entlaftet. Also dieses Bedenken ist kein begründetes.

Dann ist mehrfach darauf Bezug genommen worden, daß durch diesen Gesetzentwurf eine Reihe von Gesetzen durchkreuzt würden und daß sich dadurch eine sehr komplizierte Behördenorganisation und Beschwerden⸗ instanzen ergeben. Eine gewisse Komplikation muß ich ohne weiteres zugeben; das liegt aber nach meiner Auffassung in den Berhältnissen. Ich würde sehr dankbar sein, wenn man mir eine einfachere Form an— geben wollte. Ich bin in dieser Beziehung durchaus nicht eigensinnig und werde jeden Vorschlag, der dazu geeignet ist, die Sache zu ver⸗ einfachen, mit großer Freude acceytieren.

Dann ist noch des Projektes der Provinz Berlin und eines neuen Regierungsbezirks Charlottenburg Erwähnung gethan. Beides ist, wenn ich mich vulgär ausdrücken darf, Zukunftsmusik. Was den ersten Punkt betrifft, die Gründung einer Provinz Berlin, so glaube

man daran Lenken könnte, in dieser Beziehung schon eine feste Organisation zu machen. Was den vielgenannten „Regierungsbezirk Charlottenburg“ betrifft, so ist ja richtig, daß gewisse Vorver⸗ handlungen bezüglich einer Theilung des Regierungebezirks Pots dam stattgefunden haben und auch nech schweben, wie sie auch bezüglich der Theilung anderer sehr bepölkerter Regierungsbezirke geschwebt haben. Sie haben aber keineswegs schon irgend eine Gestalt derart an— genommen, daß sie zur Zeit von Erheblichkeit für den vor— liegenden Gesetzentwurf sein könnten. Ich würde also vor⸗— schlagen, diese Erwägungen vollständig auszuscheiden. Unter anderem ist bei dieser Gelegenheit davon gesprochen worden, daß der neue Regierungs⸗Präsident in Charlottenburg eventuell eine sehr erhebliche Degradation nach der Richtung hin eifahren wird, daß er bezüglich der Polizeibeamten vollständig ausgesckaltet würde. Ja, meine Herren, dasselbe Verhältniß bestebt doch z. B. jetzt schon hinsichtlich des Regierungs⸗Präsidenten von Potsdam bezüglich der Charlotten— burger Polizei. Der Herr Regierungé⸗Präsident von Potsdam hat dieses Schicksal ruhig über sich ergehen lassen; bei seiner großen Geschäftslast ist er hiermit vielleicht ganz einverstanden gewesen.

Meine Herrer, auf diese kurzen Bemerkungen möchte ich mich vor⸗

läufig beschränken; wir werden ja in der Kommission alle Einzel

n, und ich werde ich wiederhole es, meine Herren allen den Vorschlägen, die geeignet sein sollten, das von uns allen gemeinsam erstrebte Ziel auf einfachere Weise wirksam zu erreichen, mit großer Freude entgegenzukommen bereit sein.

Abg. Hobrecht (nl): Dem Antrag auf Kommissionsberathung schließen wir uns an. Ich erkenne an, daß die Regierung ihre Ab— sichten eingeschränst hat, ich weiß aber nicht, worauf es der Regie rung eigentlich ankommt. Aus welchen Gründen hat sich das Gesetz von 1889 als ungenügend erwiesen? Etwa die Bestimmung, daß die Wohlfahrtseinrichtung den Gemeinden überlassen werden soll? Die Vorlage behält der Regierung das Recht vor, einzelne Zwelge der Wohlfahrtspolizei den Gemeinden zu lassen oder nicht. Diese Zweige müßten ausdtücklich genannt und, in das Gesetz geschrieben, die übrlgen Zweige der Wohlfahrtspolizei aber den Gemeinden gelassen werden. Ein Nothbehelf wird dieses Gesetz immerhin bleiben, aber es muß wenigstens ein klarer rechtlicher Zustand geschaffen werden durch eine genaue Abgrenzung der Kompetenzen.

Ministerial⸗ Direktor Dr. von Bitter: Dem Gesetzentwurf liegt der klare Gedanke zu Grunde, daß an die Stelle des Regierungs⸗ Präsidenten in Potsdam der Polizei⸗Präsident von Berlin treten soll. Wir wollen die Lokalpolizeiverwaltung orga— nisieren und unter den Polizei⸗Präsidenten von Berlin stellen. Dadurch unterscheidet sich . Gesetz von dem von 1889. Die Aufnahme der Wohlfahrtspolizei ist keineßwegs die Hauptsache, wie der Vorrehner meinte, sondern darauf kommt es an, den Regie⸗ rungö⸗Präsidenten von den Ortspolizeigeschäften zu entlasten. Ueber den Vorschlag, die einzelnen wohlfahrtspolizeilichen Befugnisse der Vororte festzulegen, läßt sich reden. Kompetenzschwierigkeiten lassen sich nicht ganz bermeiden. Sie sind aber nicht so schwierig, wie man

es darstellt. Gegen die Bildung eines Regierungsbezirks Berlin sind mit Recht Bedenken erhoben worden. Sie würden zu Friktionen

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führen, die der Einheitlichkeit schaden würden. Wir glauben, daß durch unsern Vorschlag die Polizei in den Stand gesetzt wird, allen ihren Aufgaben zu genügen.

Abg. Felisch (konf.) findet es ebenfalls befremdend, daß die einzelnen Zweige der Wohlfahrtspoltzei nicht angeführt worden sind, die den Vororten genommen werden sollen. Es wäre nicht einzusehen, weshalb 3. B. die Bauvpolizei der Berliner Polizei unterstellt werden soll. . .

Die Vorlage wird einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Schutzmaßregeln im Quellgebiete der linksseitigen Zuflüsse der Oder in der Provinz Schlesien. ; .

Nach dem Kommissionsbeschluß sollen die Gemeinde, die Provinz und der Staat je ein Drittel der Kosten tragen. Soweit eine Gemeinde (Gutsbezirk) leistungsunfähig ist, treten an ihre Stelle der Staat und die Provinz zu gleichen Theilen. Ueber das Maß der Leistungsfähigkeit entscheidet mangels einer Verständigung zwischen Provinz und Staat endgültig der Bezirkẽ⸗Ausschuß. ]

Abg. Baensch⸗Schmidtlein (fr. konß) tritt für diesen Vor⸗ schlag unter Hinweis auf die letzten Hochwassergefabren und Schäden in der Provinz Schlesien ein und hofft, daß das Prinzip der Dritte⸗ lung einstimmig vom Hause angenommen wird.

Abg. Mücke (Zentr) befürwortet ebenfalls den Kommissions⸗ beschluß, da dieser der Staatsregierung die Annahme des Gesetzes erleichtere. i

Abg. von Kölichen (kons): Wir müssen gegen die weitere Be⸗ lastung der Provinzen entschieden Verwahrung einlegen. Sie sind an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt, und Schlesien ist durch Armen, Wege und Irrenlasten besonders hoch belaftet. Für Landes⸗ melisrationen hat die Provinz in den letzten Jahren 230 000 M0 aus⸗ gegeben. Wenn wir trotzdem jetzt für dieses Gesetz stimmen, so thun wir dies in der Voraussetzung, daß der Finanz-⸗Minister im nächsten Etat die Dotation für die Propinz Schlesien erböhen wird. Thut er dies nicht, so werden wir diese Erhöhung beantragen. -

Die Abgg. Daub (nl), Geisler (entr.) und Kopsch (fr. Volksp.) treten ebenfalls für die Kommissionsbeschlüsse ein. Der Letztere spricht außerdem die Hoffnung aus, daß das Herrenhaus ebenso entgegenkommend sein möge, wie die Konservativen des Abgeordneten bauses 36 Die Vorlage wird unverändert nach den Beschlüssen der Kommission angenommen. ö

Schluß 31e Uhr. Nächste Sitzung Montag, den 15. Mai, 11 Uhr. (Antrag Gamp wegen der Arbeiternoth auf dem Lande; kleinere Vorlagen.)

Handel und Gewerbe.

storwegen. 9

Der 8 2 des norwegischen Gesetzes vom 27. Juli 1896, wonach der von ausländischen Handlungsreisenden gegen eine Steuer von 100 Kronen zu lösende Handelspaß nur für den Kalendermonat, in welchem derselbe ausgestellt ist, Gültigkeit hat, wird nach einem Beschluß des norwegischen Storthings mit dem 1. Juli 1899 insofern eine Aenderung erfahren, als der Paß nicht mehr für einen Kalendermonat,

ich, daß die Verbältnisse noch viel zu sehr im Flusse sind, als daß sondern für einen Zetabschnitt von 30 Tagen, von dem Tage / . Q 1M 1 18 * . * 165

der Ausstellung ab gerechnet, gültig sein soll.

Der Handelspaß kann auch im voraus für mehrere solche Zeitabschnitte gegen Erlegung von 100 Kronen für je 30 Tage gelöst werden.

Konkurse im Auglande. Rumänien.

Anmeldung Hm. der . Forderungen

Handelsgericht. Fallit. de bis Verifizierung

26. Mai / 7. Juni 30. April / I2. Mai 8./ 20. Mai

. L. Constantinescu 8./20. Mai (Spirituosen) / J. Constantinescu (Gerber) Nae Niculescu Stefan Popescu nicht 20. Maj / bekannt 1. Juni Frat is N. Po wescu 24. Mai / ö s muel Berea 15.25. Mai Craiova Ilies eu 12.24. Mai 2. 14. Juni ö Radule seu do do. Bulgarien. Das Kreisgericht in Silistria hat über das Vermögen des dortigen Kaufmanns Weli Dschelilow den Konkars eröffnet.

Bukarest Ploesei

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 10 d. M. gestellt 14 941, nicht recht⸗ zeitig gefellt 80 Wagen. ;

In O , . sind am 10. d. M. gestellt 5180, nicht recht⸗ zeitig geftellt keine Wagen.

Zwangsversteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin gelangten die nachbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Weidenweg 2930, dem Malermeister Th. Hartge . Ersteher wurde der Zeug schmiedemeister Grischl, Lindenstraße 16, für das Meistgebot von 110 001 ½ Brunnenstraße 25, dem Kaufmann F. F. Pietsch⸗ mann gehörig. Meistbietende blieb die Deutsche Grundschuld⸗ bank, Dorotheenstraße 94/95, mit dem Gebot von 4098 000 M Wichmannstraße 20, dem Schuhmachermeister F. Ruthenberg gehörig. Meistbietende blieb Frau Wittwe E. Ruthenberg u. Gen., Gneisenaustrasse 15, mlt dem Gebot von 130 000 4

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen zur Versteigerung: Grundstück zu Lichtenberg, Landsberger Chaussee 1, dem Restaurateur Richard Schiele in Hohen ⸗Schön⸗ hausen gebörig. n das Meistgebot von 97 600 M wurde Kauf⸗ mann Wilhelm Talke in Berlin, Frankfurter Allee 84, Ersteher. Grundstück in Schmargendorf, Reißnerstraße, dem Kaufmann Wilhelm Loepthien in Berlin gehörig. Ersteherin wurde die Aktien ⸗Gesellschaft für Grundbesitz in Berlin mit dem Gebot von 20 000 M