1899 / 133 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Jun 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Qualitãt

gering

mittel gut Verkaufte

Gezahlter Preis für 1 Doppelzentner

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niedrigster

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höchster niedrigster höchster Doppelzentner

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Am vorigen Markttage

Durch⸗ schnittẽ⸗ preis

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Ueberlingen

Waren i M.. Braunschweig. Altenburg ; Landsberg a. W. . meln, .. 8 Mea s 66 Bemerkungen.

1200 12.20 12.50 1200

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14.60 12, 00 15,10 14.00

1780

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der

Noch: Ger ste. 12, 90 13,00 12, 80 13,00 1620 16,50 1450 1450

17,30 * 15.99

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Hafer. 13,69 15,20 15,40

14.00 14,40

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13,40 1300 12380 12,50 12,50 13 00 13, 90 12, 80 12.75 12, 40 1449 15,10 1400 15,20 14,40 15,00 14,60 15,50 13,50 1480 18530 13,50 13,090 13.560

13,20 13.400 18,99 15,50

15,00 15,60 1409 1400

14,00 1529 15,40

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13,40 13,0 13,90 13.00 12,50 13,99 13 20 12.80 13 00 12, 80 1449 1600 1460 16,20 14.50 15,20 19,00 1550 13.50 1480 1330 13,50 13 20 14, B60 30

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Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet.

Ein liegender Strich (— in den Spalten für Preife hat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Tenutscher Reichstag. 87. Sitzung vom 7. Juni 1899, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Gesetzentwurfs wegen Verwendung von Mitteln des Reichs-Jnüvalidenfonds.

Abg. Graf von Oriola (ul) erkennt an, daß die Vorlage bei den Krit erkeilnebmern von 18707716 große Freude erregt habe. Es

abrt der Redner fort, daß die Begründung der Vorlage

sichtigung einer großen Zahl von

ls eine Unbilligkeit anerkannt wird. eworden sein, die Vorlage durchzu⸗ Abgeord⸗

für den Zivilversorgungs! ö.

Staats, und Kemmunalbeamten hinsichtlich ihrer

nichts gescheben, und das bot bei den Invaliden Erregung rerursecht. Eins allgemeine Erhöhung der Wittwen. und Waisen⸗ penfionen will man nicht eintreten lassen wegen der Ungewißbeit der Fin arzlage des Reichs. Gerade für den Tall eines Krieges wäre aber fine gesetzliche Fistlegurg nothwendig. Die Krieger müssen die Be⸗ rubigung baben, deß für ihre Wittwen und Waisen ausreichend ge⸗ sorgt wird. Aber es soll nur im Falle des Bedürfnisses eine Erhöhung der Pension gewährt werden. Die Wittwen und Waisen werden ab⸗ bängig gemacht von der Gunst der Unterbehörden. Diese Lösung der Frage ist duichaug verfeblt, zumal die finanziellen Kon⸗ sequenjen einer allgemeinen Erhöbung der Wittwenvensionen nur 360 bis 400 000 6 betragen würden Aus dem Gesetz erhalten alle die Wittwen nicks, deren Männer erst nach Friedensschluß an den Folgen der Kriegs wunden veisterben sind. Sie sind auf den Gnatenfonds des Kaisers angewiesen, wenn Fsie bilfsbedürstig sind. Redner verzichtet cuf die Ueberweisung der Vorlage an eine Kom⸗ misston, weil die Vorlage nicht mebr vor der Vertagung ju stande kommen würde, wenn man alle Fragen erörtern wellte, die noch der Erledigung barrten, erklärt aber, seine Partei werde nicht aufhören, die berechtigten Interessen weiter zu vertreten. ;

Abg. Graf don Roon (d. kons): Angesichts der Geschästelage des Hauses werde ich mich kürzer fassen als der Vorredner. Was er fordert, kann richt so leichter Hand gemacht werden; das erfordert umfangreiche Vorarbeiten. Für die Offiziere und ihre Bittwen muß in dem Zukunfts⸗Pensionsgesetz besser gesorgt werden; ebenso muß den Javaliden ihre Pension gelassen werden, auch wenn sie in den Staats. oder Reichszienst eintreten. Die Wittwen sollen nur unterstützt werden, wenn sie bedürftig sind, und es wird nach der Bedürftigkeit sebr eingehend geforscht werden. Gg wäre bessar, wenn diese Rachforschung etwas diskreter flanfände, selbst auf die Gefahr hin, daß eine einigermaßen vermögende Wittwe einmal eine Zuwendung erhält. Es ist erfreulich, daz ein Theil der Wänsche des Reichstages in so schneller Weise ersullt ist, und es ist zu hoffen, daß bei der Vorlage wegen des Pensionggesetzes auch die übrigen Wäansche des Reichstages erfüllt werden. Redner emt fiehlt, die Vorlage obne kommissarische Berathung zu erledigen.

Abg. Gröber (Zentr.) spricht seine Befriedigung darüber aus, daß die Vorlage so schnell gekommen sei. Wenn die anderen Wünsche noch nicht erfüllt seien, so liege das wohl weniger an der Kriegs , m, deren Stellung der Reichstag nicht unnöthig erschweren ollte.

. Arg. Sin ger (Soz): Wir werden für das Gesetz stimmen, weil wir es als eine Abschlaze zahlung betrachten auf die Forderungen, die der Reichstag aufgestellt hat. Wir würden uns freuen, wenn das zukünftige Pensionsgesetz von dem Gesichtspunkt ausginge, daß die zu gewährenden Perstonen ausreichend bemefsen sind. Die Ausgaben bafür können cuf dem Wege der Reichs ⸗Finkommensteuner auf⸗ gebracht werden, weil den woblbabenden Klassen der Bevölkerung der militärische Schuz am meisten zum Vortheil gereicht. Wenn die großen Massen der Bexölkerung die Blutsteuer tragen müssen

zum Schutze des Besitzes, dann müssen die wohlhabenden Klassen wenigftens die Kosten der Pensionen und der Wittwen⸗ und Waisen⸗ versorgung tragen. Die Gewährung von 120 M an die Veteranen ist nur eine Eatlastung der Armenpflege auf dem Lande.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp): Es ist überflässig, an diese Vorlage lange Reden zu verschwenden, da alle Abgeordneten mit der Vorlage einverstanden sind. Ich kann dieses Einderständniß namens meiner polstischen Freunde erklären. Wir werden die Vorlage ohne kommissarische Berathung annehmen, obgleich noch nicht alle unsere Wünsche erfüllt sind.

Abg. von Staudy (d. kons.) wendet sich gegen einzelne Aus—

führungen des Abg. Singer und bestreitet, daß die Zuwendung von 120 S an die Veteranen eine Grleichterung der Armenpflege sein folle. Die Städte könnten die Unterstützungen den Acmen garnicht geben, die auf dem Lande durch die Naturalleistungen gewährt würden. Wenn die Sozialdemokraten die Uaterstützung erhöhen wollten, dann müßten sie auch iht Verhalten ändern und dürften nicht mehr gegen den ganzen Etat stimmen. Abg. von Kardorff (Rp.): Bei dieser Gelegenheit hätte Herr Singer sich seine agitatorische Rede wohl sparen können. Die Armee schützt nicht nur die Besitzenden; die Arbeiter baben noch ein böheres Inieresse, daß die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes blühend bleiben. Cine Reicht Einkommensteuer würde im Reichetage keine Mehrheit finden. Diese Reichs. Einkommensteuer gehört ganz in das Kapitel der sozialdemokratischen Schlagworte.

Abg. Singer: Die Gereiztheit der Herren von der echten beweist, daß ich eine verwundbare Stelle getroffen habe. Herr von Staudy hat wohl die ländlichen Arbeiter mit dem Vieh verwechselt. Für das Vieh ist ja gesorgt, aber wie es mit der Unterkunft für die ländlichen Arbeiter bestell ist, daß haben wir ja eist vor einigen Tagen gehört von einer Stelle, deren Bedeutsamkeit Sie bei Ihrer Loyalität anerkennen müssen.

Prãsident Graf von Ballestrem: Ich erinnere an das, was ich früber gesagt habe, daß unbeglaubigte Acußerungen des Monarchen bier nicht in den Bereich der Eiörterungen gezogen werden dürfen.

Abg. Singer: Ich werde mich fügen. Ich will also sagen, daß Kreise, die die Sache aus eigener Anschauung kennen gelernt baben, von den Verhältnissen der Arbeiterwohnnngen in Ostelbien nicht sehr erbaut sind; die Viehställe werden als Paläste gegenüber den Arbeiterwobnungen bezeichnet. Die Armen, die vom Lande nach Berlin gekommen sind, sträuben sich dagegen, daß sie wieder auf das Land unter die Segnungen der ländlichen Armenxpflege gebracht werden. An der Aufrechterhaltung des Frsedens haben die Aermeren auch ein Interesse, aber das Interesse der besitzenden Klassen ist ein größeres, deshalb sollten sie die Lasten des Mititarismus vorzugsweije tragen, da die Arbeiter die Last des persönlichen Dlenstes vorzugsweise tragen. Die Herren machen sich zu Schützern der ost—⸗ elbischen Verbältnisse, sie scheuen sich, eine öffentliche Diskussion darüber zu führen.

Abg. von Staudmy bestreitet, daß die Arbeiterwohnungen im Osten auf dem Lande so schlecht seien. Von den schaurigen Ver⸗ bältnissen der stättischen Arbeiterwohnungen habe man auf dem Lande gar keine Ahnung. )

Damit schließt die erste Berathung. Die, Vorlage wird ohne Kommissionsberathung demnächst im Plenum erledigt werden.

Darauf wird die zweite Berathung des Entwurfs eines Invaliden versicherungs⸗Gesetzes fortgesetzt, und zwar bei der am 18. Mai infolge der Feststellung der Beschlußunfähigkeit abgebrochenen Abstimmung über 5 Hl, betreffend die Rentenstellen. Es war abzustimmen über den Antrag von Loebell, wonach Rentenstellen für Bezirke mit besonders dichter oder vorwiegend industrieller Bevölkerung errichtet werden sollen.

Der Antrag wird abgelehnt und 51 in der am 18. Mai angenommenen Fassung der übrigen Absätze angenommen.

Nach 8 51 ü der Kommissionsbeschlüsse sollen den Renten⸗ stellen noch weitere Befugnisse übertragen werden können, ins⸗

besondere die Kontrole der Beiträge.

Die Abgg. Gerstenberger (Zente) und Schm id t Elberfeld (fr. Volksp) beantragen, die Vorschrift dahin zu fassen, d die Kontrole der Beitragserhebung den Rentenstellen übertragen werden . weitere Obliegenheiten aber nur mit Zustimmung der Landes

ehörde.

Abg. Richter (fr. Volkep) beantragt den § 51a ganz zu streichen oder die Uebertragung weiterer Obliegenheiten an die Renten⸗ stellen auf die Kontrole der Beitragserhebung zu beschränken. Er beruft sich dafür auf die Ausfübrungen der Landes. Versicherungs⸗ anstalten, der Berufagenossenschaften und des Zentralverbandes deutscher Industrieller.

Abg. Molkenbuhr (Sor) hält den Antrag deshalb nicht für besenders empiehlenswertb, weil der Abg. Richter sich auf den Zentral⸗ verband berufe. Die Rentenstellen könnten außer mit der Beitrags kontrole auch mit der Ueberwachung von Krankheitsverhütungs— vorschriften Ac. betraut werden.

Abg. Richter: In dieser Frage der Zweckmäßigkeit der Organisation scheue ich mich nicht, das Gutachten des Zentralverbandes anzuerkennen. Ob die Rentenstellen sich bewähren werden, kann man noch garnicht wissen; denn es wird bezüglich ihrer Befugnisse nur eine Blankopollmacht ertheilt.

Abg. Molkenbuhr: Der Zentralverband betrachte die Frage nicht vom fachlichen Standpunkt aus, sondern lediglich als e gf Frage, daß durch die Rentenstellen die Machtstellung der Sozial⸗ demokratie vermehrt werde. Besonders für die Auskunftsertheilung seien die Rentenstellen nothwendig.

Abg. Richter: Für die Auskunfttzertheilung wäre es besser, in den Gemeinden besondere Stellen einzurichten.

S5ILa wird nach dem Antrag Gerstenberger angenommen.

Nach 5b der Kommissionsbeschlüsse soll die Ernennung des Vorsitzenden der Rentenstellen erfolgen durch die. Behörde des betreffenden weiteren Kommunalverbandes.

Abg. Gerstenberger beantragt, daß die Festsetzung der Amtsdauer und der Bezüge des Vorsitzenden von dem Vorstand der Versicherungsanftalt erfolgen solle.

Die Sozialdemokraten wollen die Ernennung des Vorsitzenden und die Festsetzung seiner Bezüge durch den Aus⸗ schuß der Versicherungsanstalt oder eventuell durch den Vor⸗ stand derselben vorgenommen wissen. Wird die Ernennung von anderer Stelle vorgenommen, so soll die betreffende Stelle auch die Kosten selbst tragen.

Abg. Stadthagen (Sor) vertbeidigt di⸗sen Antrag, dem der

Abg. Roesicke Dessau (b. k. F.) widerspricht.

Abg. Richter ist der Meinung, daß in die Stellen der Renten⸗ hauptleute lediglich pensionierte Offiztere einrücken würden, die sich die Beauffichtigung der Sorialdemokraten zum Nebenberuf machen würden, wenn die Landez⸗Zentralbehörden die Ernennung vornähmen.

8 51b wird nach dem Antrage Gerstenberger, die S5 51e bis 5if werden nach den Beschlüssen der Kommission an⸗ genommen.

Nach 5 51g kann den Rentenstellen von der Landes⸗ zentralbehörde die Beschlußfassung über Rentenanträge ꝛc. statt der Begutachtung übertragen werden.

Abg. Richter beantragt, diese Vorschrift zu streichen, weil dadurch die Rentenstellen unabbängig von den Landes -Versicherungs= anstalten und unter die Landes ⸗Zentralbebörden gestellt würden, deren Ginfluß man sonst überall zurückzudrängen bemüht gewesen set.

Abg. Möller (nl) eiklätt, daß ein Abänderungsantrag in Vorbereitung sei, bis zu dessen Fertigstellung er gegen den § 51g. stimmen müsse.

Abg. Trimborn (Zentr.): Die Vorschrist sollte nur die Mög⸗ lichkeit eines Experimentꝗ geben zur schnelleren Erledigung der ,. in solchen Versicherungsanstalten, deren Geschäfte sich ehr häufen.

Abg. Roesicke⸗Dessau hält die Vorschrift für zweckmäßig, weil damit eine Art erster Instanz für alle Versicherungsfragen , wüde, die Grundlage eines Versicherungsamts für alle Arbeiter versicherungen.

Abg. Richter;. Auf diesen Standrunkt werden sich die anderen Freunde der Nentenstellen wohl nicht stellen. Ein Exveriment kann achen; denn wenn das Epperiment nicht

0 Dingen nicht mo 9 , 6. Gefetz nachher nicht ändern. Staatssekrelär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich richte an das hohe Haus die Bitte, den Paragraphen, wie er jetzt gefaßt ist, anzunehmen. Ich möchte zu⸗ nächst daran erinnern, daß die ganze Konstruktion der örtlichen Rentenstellen nach den Beschlüssen des hohen Hauses eine wesentliche Veränderung erfahren hat. Soweit ich die Auffassung der ver⸗ bündeten Regierungen kenne, liegt es ihnen weit ab, durch generelle Anordnungen etwa für das ganze Gebiet einer Versicherungsanstalt zrtliche Rentenstellen überhaupt zu schaffen, sondern man wird eist abwarten, ob die ordentlichen Verwaltungebehörden, die jedenfalls am geeignetsten dazu sind, in der Lage sein werden, die Geschäfte, die ihnen durch das Gesetz übertragen werden, auch ordnungsmäßig aus⸗ juführen. Ich glaube, das ist die einstimmige Absicht sämmtlicher verbündeten Regierungen. Nur in den Ausnahmefällen, wo die ordentlichen Verwaltungsbehörden für Bewältigung der Geschäfte nicht mehr in der Lage sind, und zwar besonders in den Fällen, die in dem Antrag Loebell treffend bezeichnet sind, in großen in⸗ dustriellen oder in sehr bevölkerten Gebieten, werden die ver— bündeten Regierungen voraussichtlich zu der Einrichtung von Rentenstellen schreiten müssen, falls die ordentlichen Behörden erklären, diese Geschäfte nicht mehr ordnungsmäßig wahrnehmen zu können. Es können aber auch Fälle eintreten, wo es von hohem Werthe für die Belebung und Durchführung der sonalpolitischen Ge⸗ setzgebung ist, daß man die Rentenstellen auch zur Instanz macht und ihnen die Festsetzung der Renten überträgt. Es wird das namentlich da der Fall sein, wo besonders große Versicherungsanstalten in be⸗ völkerten Gegenden bestehen. Es ist aber auch in den Motiven auf Seite 1575 und ich glaube, damit könnten sich auch der Herr Abg. Moeller und seine Partei befriedigt erklären aucedrücklich vor gesehen, daß die Zentralbehörden, die den Rentenstellen die Befugniß zur Festsetzung der Entschädigungsansprüche ertheilen, auch befugt sind, ihnen diese Befugniß wieder zu nehmen; darin liegt, daß man sich nicht dauernd festlegen, sondern einen Versuch mit dieser Gestaltung der Rentenstellen machen will. Das, was Ihnen die ver bündeten Regierungen auf dem Gebiete der Rentenstellen vorgeschlagen haben, ist zum theil, zu meinem Bedauern, wie ich sagen kann, bereits so abgeschwächt, daß ich Sie dringend bitten möchte, diese sozial politische Einrichtung wenigstens nicht noch weiter abzuschwächen. Ich kann persönlich sagen, ich halte die Rentenstellen für eine Einrichtung, die in hohem Maße arbeiterfreundlich ist und den Interessen der Arbeiter sehr zu statten kommen wird, und ich glaube ferner, daß die Rentenstellen, wenn sie vernünftig eingerichtet werden, vielleicht den Arbeitern größere positive Wohlthaten erweisen werden, wie manche sozialpolitische Anträge, die hier in diesem hohen Hause gestellt wurden. Aus diesen Gründen möchte ich Sie dringend bitten, diese Einrichtung nicht noch weiter zu beschränken, sondern den sozialpoli⸗ tischen Schritt auch in der Gestaltung des zur Berathung stehenden Paragraphen zu versuchen, von der ausdrücklich gesagt ist, daß, wenn sie sich nicht bewährt, sie auch wieder beseitigt werden kann. (Bravo

Abg. Richter: Das waren weniger Gründe zur Widerlegung

als Allgemeinbeiten, bei denen man sich alles Mögliche denken und nicht denken kann.

S 51g wird angenommen.

abgelehnt, wonach auch weibliche Personen als Beisitzer zu⸗ gelassen werden können.

Angenommen werden noch ohne erhebliche Debatte die Vor⸗ . über die Wahlen zu den Ehrenämtern ꝛc. (38 52

is 65).

* 8s 66 (Veränderung in den Bezirken der Versiche—⸗ rungsanstalten) hat die Kommissien zwei Zusätze gemacht, wonach 1) eine Zusammenlegung, Theilung oder Aufhebung bestehender Versicherungsanstalten der Zustimmung des Reichs⸗ tags bedarf, wonach 2) die Veränderung des Bezirks einer Versicherungsanstalt, die nur die Folge einer Veränderung des Verwaltungsbezirks ist, nicht unter die vorstehende Be— stimmung fallen soll.

Bayerischer Ministerial Direktor Ritter von Herrmann erhebt gegen diefe Zusätze Widerspruch. Er weist darauf hin, daß vielleicht die Frage auftauchen könnte, ob nicht die baverischen Anstalten zu⸗ sammengelegt werden sollten, weil einzelne derselben nicht leistungs⸗ fähig selen. Wenn die bayerische Regierung dabei an die Zustimmung de Reichstags gebunden sein würde, so würde das zu großen Un— bequemlichkeiten fäbren, sodaß vielleicht die bayerische Regierung und auch die preußische Regierung sich besianen dürften, ob eine Veränderung vorzunehmen sei.

Staatesekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Meine Herren! Ich möchte Sie auch dringend bitten, den Absatz 2 zu streichen. Es ist unzweifelbaft, daß bisher dem Bundes⸗ rath die Befugniß zustand, derartige Versicherungsanstalten in ihrem Benrk zu verändern. Wir glauben auch, daß gegen eine Ver— gewaltigung der Versicherungsanstalten darin eine ausreichende Garantie liegt, daß auf der einen Seite zunächst die Ausschüsse der Versicherungsanstalten zu hören sind, und auf der anderen Seite, wo sich die Bezirke der Versicherungsanstalten decken mit den Bezirken weiterer Kommunalverbände, auch die weiteren Kommunalverbände zu hören sind. Ich halte es für in hohem Grade unwahrscheinlich, daß, wenn einerseits die Ausschüffe der Versicherungsanstalten, andererseits die Kommunalverbände gegen eine derartige Veränderung sich aus— sprechen, die Landeg-Zentralbehörde in der Lage sein sollte, gegen einen solchen Widerspruch eine Veränderung vorzunehmen. In Preußen würden die weiteren Kommunalverbände die Provinzial-Landtage sein, und die haben dort ein so erhebliches Schwergewicht, daß ich es für vollkommen ausgeschlossen halte, daß gegen den Widerspruch zweier solcher Faktoren, wie die Ausschüsse der Versicherungsanstalten und die Provinzial Landlage sind, eine zwangsweise Veiänderung vor— genommen werden könnte.

Wenn man die Sache ganz offen behandelt, so ist doch in diesen Paragraphen die Bestimmung nur hineingekommen, weil man be— fürchtet hat, daß, wenn ein Vermögensaulgleich nicht zu stande kommt, Preußen von seinem Recht Gebrauch machen und, um den noth— wendigen Ausgleich zu schaffen, die vorhandenen Versichetungsanstalten zusammenlegen und eine preußische Versicherungsanstalt schaffen würde. Nachdem von Ihnen der Ausgleich beschlossen ist, und ich glaube, in einer von den verbündeten Regierungen für ausreichend zu erachtenden Art und Weise, liegt diese Gefahr unbedingt nicht mehr vor. Ich l

glaube, die preußische Regierung ist weit davon entfernt, jetzt, nachdem eine Gemeinsamkeit gewisser Lasten berbeigeführt und ferner verge sehen ist, daß, wenn der gemeinsame Pcozentsatz nicht reicht oder zu hoch ist, von 10 zu 10 Jahren eine neue Berechnung zu erfolgen hat, an das Unternehmen beranzutreten, ihre Versicherungsanstalten, die sich bewährt haben, in ihrem Bestande zu verändern.

Meine Herren, ich möchte Sie deshalb dringend bitten, da meines Erachtens dieser Absatz nur eine dekorative Bedeutung hat und bei einer Anzahl von Regierungen lebhaften Widerspruch findet, denselben zu streichen. .

Abg. Dr. Hitze (Sent): Ueber eine Vorschrift von nur dekorativer Bedeutung brauchen wir uns nicht zu streiten. Die bayerische Regierung scheint trotz des finanziellen Ausgleiches sich noch weitere Zusammenlegungen vorbehalten zu wollen.

Abg. Gamp (Rp.) weist darauf hin, daß auch die Unfall⸗ ene, e . die Zusammenlegung nicht leistunge fähiger Berufsgenossenschasten vorsehe. Es sei zweifelhaft, ob der finanzielle Ausgleich, den der Reichs tag unter dem Druck der äußersten Noth wendigkeit gemacht habe, ausreichen werde. Die preußische Regie ⸗˖ rung habe sicherlich dasselbe dringende Interesse, die Zusätze zu be— seitigen, wie die baverische Regierung. Es könnte sich z. B. aus prat— tischen Gründen empfehlen, die Versicherungsanstalten Brandenburg und Berlin zu verschmelzen.

Abg. Stadthagen (So). ): Besser wäre es gewesen, von vornherein die Grenzen der Versicherungsanstalten durch das Gesetz festzustellen. Da dies nicht gescheben sei, so müsse der Reichstag sich das Recht wahren, jeder Aenderung der Grenzen seinerseits zuzustimmen.

Abg. Hilpert (b. k. F.]) schließt sich den Ausführungen des baverischen Bevollmächtigten an; die Bayern wollten sich lieber in die Hand der bayerischen Regierung als der Herren Stadthagen und Genbssen geben.

Direktor im Reichzamt des Innern Dr. von Woedtke: Der 5 66 ist in das Gesetz hineingekommen, um die Aenderung der Bezirke zu erleichtern. Ez ist, als der finanzielle Ausgleich in Frage gestellt wurde, darauf hingewiesen worden, daß die Zusammenlegung der Versicherungtanstalten möglich sei. Nachdem der finanzielle Ausgleich genehmigt ist, liegt die Gefahr nicht mehr vor, daß davon Gebrauch gemacht wird.

Abg. Roesicke ˖Dessau: Ich mar erstaunt über die Rede des Grafen Posadowsky; denn er hat in der Kommission dem Zusatz zu⸗= gestimmt (Widerspruch des Staatssekretärs Grafen von Posadowsky) unter der Voraussetzung, daß der Reichstag den finanziellen Ausgleich genehmigte. Besonders durch die Bemerkung des sesfi Gamp ist die Sache aufgeklärt; denn den Fall, daß die Anstalt Berlin mit der AÄnstalt Brandenburg verschmolen werden könnte, hat niemand in Aussicht genommen. Wenn Preußen aus allen seinen Versicherungs⸗ anstalten eine einzige macht, dann ist es mit der Selbstrerwaltung vorbei. Wenn nach der Genehmigung des finanziellen Ausgleichs noch ein weiterer Ausgleich statffinden soll, dann stürzt alles jusammen, was wir bisber geschaffen haben; dann hätten wir uns die ganze Arbeit sparen können. Wie der Reichstag den verbündeten Regie— rungen Vertrauen entgegengebracht hat, so müßten auch diese dem Reichstage Vertrauen entgegenbringen.

Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:

Ich glaube, daß die verbündeten Regierungen sich nach Abschluß der zweiten Lesung überzeugen werden, daß der Ausgleich eine genügende Grundlage bildet, um auch die leistungsunfähigen Anstalten sicher zu stellen.

Die Bedenken, die bier meinerseits geltend gemacht sind, liegen mehr auf staatsrechtlichem Gebiet und sind von mir auch in der Kommission geltend gemacht worden. Ich habe mich dann allerdings an einer anderen Redaktion betheiligt, eventualissime, weil die Vor— schläge, die für die Redaktion dieses Paragraphen gemacht wurden, meines Erachtens in keinem Falle aeceptabel waren. Ich glaube aber,

Bei 8 51 wird ein sozialdemokratischer Antrag der verehrte Herr Abgeordnete Roesicke sieht die Sache zu scharf an,

und ich hoffe, daß nach den Beschlüssen der zweiten Lesung sich ein Weg finden wird, um die Schwierigkeiten, die etwa noch vorhanden sein sollten, zu beseitigen.

Abg. Gerstenberger erklärt sich im Gegensatz zu seinem Landtz⸗ mann, dem Abg. Hilpert für 8 66 einschließlich der Zusätze. Da die hayerische Regierung die Zusammenlegung nicht allein vornehmen könne, son dern der Justimmung des Bundesraths bedürfe, so könne auch die Zu⸗ stimmung des Reichstages vorgeschrieben werden, zumal nach neueren Vorkommnissen der Bundesrath an Vertrauen verloren habe.

Abg. Beckh⸗ Coburg (fr. Volktp.): In Bapern würde es großen Widerspruch erregen, wenn die Regierung die Versicherungsanstalten ein fach zusammenlegen wollte. Man denkt, vielleicht Niederbavern ausge- nommen, in Bayern an eine solche Verschmelzung verschiedener An⸗ stalten nicht im entferntesten.

Baycrischer Bepellmächtigter Ritter von Herrmann: Ich habe nicht gefagt, daß sich die dortigen Anstalten als zu schwach gereigt bätten; ich babe nur gesagt, daß das der Fall zu sein scheine, Einzelne Anstalten stehen sogar sehr gut; aber die Verhältnisse können sich ändern.

Abg. Gamp: Die preußische und die beayerische Regierung hätten größeres Vertrauen verdient; denn sie haben von der ihnen seit 3 Jahren zustehenden Befugniß, die Anstalten zu verschmellen, keinen Gebrauch gemacht.

Aba. von Sali sch (8. kons.): Es handelt sich nicht nur um staatsrechtliche, sondern auch um eminent praktische Fragen, und es liegt durchaus kein Grund vor, den verbündeten Regierungen das Ver⸗ trauen zu entzieben.

Abg. Hilpert: Die bayerischen Versicherungsanstalten stehen zum theil ganz gut da, vielleicht besser, als as Ansehen des Abg. Beckh in Bayern. (Präsident Graf von Ballestrem: Es verstößt gegen die Ordnung ces Hauseg, wenn Sie dag Ansehen eines Ab⸗ geordneten als schlecht hinstellen. Aber besser wäre es vielleicht, wenn in Bavern nur zwei Anstalten arbeiteten.

Der 5 66 wird nach dem Kommissionsvorschlag an⸗ genommen. 3

Um 6i/ Uhr wird die weitere Berathung bis Donnerstag 1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

71. Sitzung vom 7. Juni 1899. Ueber den Beginn der Sitzung ist schon berichtet worden.

Zur zweiten Berathung gelangt der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die ärztlichen Ehrengerichte, das Umlagerecht und die Kassen der Aerztekammern.

Abg. Dr. Langerhans (fr. Volkep.) wendet sich gegen die Er⸗ richtung von Ehrengerichten für die Aerzte, Den Rechtsanwälten, auf die man sich mit Vorliebe berufe, habe die gleiche Einrichtung nichts genützt. Hätte die Regierung sich an alle betbeiligten Aerjte gewandt, fo würde fie belehrt worden sein, daß die Aerzte diese Ghrengerichte in dieser Form nicht wünschten. Seine Partei werde gegen das Gesetz stimmen. Um ihre Stellung genauer ju praͤzisieren, beantrage er, den § 1 zu streichen.

Gedeimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Dr. Förster: Von den befragten Aerjten haben F0o0h geantwortet. Davon hat alleidings die Mehr⸗ zahl sich gegen die Vorlage in der ursprünglichen Form aue gesprochen.

Da aber 16000 Aerzte in Preußen vorhanden sind, so ist anzunehmen,

Aerzte, welche gegen das Gesetz sind, wird sich nach den gemachten Verbesserung'n noch erheblich vermindert haben.

Arg Br. Ruegenberg (Zentr) erklärt, daß seine Partei für den Entwurf in der von der Kommission vorgeschlagenen Fassung stimmen werde.

Abg. Dr. Langerhans bemerkt, daß der Kommisstonsbericht die Gründe gegen die Vorlage nicht genügend wiedergebe. Wer Mitglied einer Aerztekammer sei, werde auf das Votum ener solchen Kammer für die Vorlage kein allzu großes Gewicht legen. Wir hätten schon genug Strafgesetze; mit Strafgesetzen werde man den Anstand der Aerzte nicht beben können.

Abg. Freiherr von Plettenberg (kons.): Die Ehrengerichte sind am Platze gegen alle Kurpfuscher und unlauteren Elemente, die dem ehrenwerthen Stand der Aerzte zur Unehre gereichen. Wir werden für das Gesetz stimmen.

sz 1 wird gegen die Stimmen der beiden freisinnigen Parteien und der eren angenommen.

sz 2 der Kommissions vorlage will von der Zuständigkeit der Ehcen gerichte diejenigen Aerzte ausnehmen, für die ein anderweitig geordnetes staatliches Disziplinarverfahren besteht, die aktiven Militär⸗ und Marineärzte und die Militär⸗ und Marineärzte des Beurlaubtenstandes während ihrer Einziehung zur Dienstleistung. Die beiden ersten Kategorien sollen bei den Wahlen für das Ehrengericht weder wahlberechtigt noch wählbar sein.

Abg. Dr. Langerhans will auch die dritte Kategorie aus— nehmen.

Abg. Dr. Ruegenberg tritt für die Kommissionsfassung ein.

Fz 2 wird unverändert angenommen.

B 3 bestimmt; Der Arzt ist verpflichtet, seine Berufs⸗ thätigkeit gewissenhaft auszuüben und durch sein Verhalten in Ausübung des Berufs sowie außerhalb desselben sich der

Achtung würdig zu zeigen, die sein Beruf erfordert. Ein Arzt, welcher die ihm obliegende Pflicht verletzt, hat die ehrengericht⸗ liche Bestrafung verwirkt. Politische, wssenschaftlich- oder religiöse Handlungen oder Ansichten eines Arztes als solchen können niemals den Gegenstand eines ehrengerichtlichen Ver⸗ fahrens bilden. Auf Antrag eines Arztes muß eine ehren⸗ gerichtliche Entscheidung über sein Verhalten herbeigeführt werden.

Abg. Dr. Langerhans beantragt, den ersten Satz dieses Para⸗ graphen zu streichen, der die weiteren Bestimmungen des Paragrapben vollständig illusorisch mache.

Abg. Reichardt (nl) hat ebenfalls Bedenken gegen diesen Para—⸗ graphen und beantragt, im ersten Satze die Worte außerhalb des- selben und im zweiten Satze die Worte als solchen⸗ zu streichen.

Abg. Im Walle (Zentr.) hält eine Unterscheidung innerhalb und außerhalb des Berufs nicht für durchführbar.

Geheimer Ober. Regierungs⸗Rath Dr. Förster weist darauf hin, daß die Regierung sich in der Kommission gegen die Fassung des § 3, welche ibm die Kommission gegeben, ausgesprochen habe.

Abg. Dr. Friedberg (ul.: Die Thätigkeit der Ehrengerichte auf das Privatleben der Aerzte auszudehnen, geht uns dech zu weit, und wir glauben nicht, daß die Mehrzahl der Aerzte damit ein verstanden ist. Dem Interesse der Allgemeinheit entspricht eine solche Bestimmung nicht. Es wird den Aerzten eine Polizeiaufsicht zu⸗ gemutbet, wie sie keinem anderen Staatsbürger auferlegt ist.

Abg. Dr. Rewoldt (fr. kons.): Das Privatleben des Arztes läßt sich von seinem Berufsleben schwer trennen. Der Arzt, der das Tageslicht nicht zu scheuen kat, braucht sich auch vor diesem Gesetz nicht zu fürchten. Die Rechtsanwaltschaft fühlt sich bei denselben Bestimmungen sehr wohl.

Abg. Kirsch (Zentr.) bittet, über den dritten Satz gesondert ab—⸗ zustimmen.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.) hält es für bedenklich, Ebrengerichte nicht nur über die Aerzte als solche, sondern auch über sie als Menschen zu errichten. Mit demselben Recht könne man Ehren- gerichte für alle Menschen errichten.

Abg. Im Walle: In dem ersten Satze ist ausdrücklich die Berufsebre bervorgehoben. Gegen diese soll der Arzt allerdings auch außerhalb seines Berufs nicht verstoßen, die eigenen Berufsgenossen werden die Grenzen nicht zu eng ziehen.

S3 der Kommissionsfassung wird unter Ablehnung der freisinnigen und nationalliberalen Anträge unverändert an⸗ genommen.

Nach 5 Za hat das Ehrengericht zugleich als Ehrenrath die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Aerzten und anderen Personen zu vermitteln. Der Vorsitzende des Ehrengerichts kann die Vermittelung einem Mitgliede übertragen.

Abg Dr. Langerbans beantragt, diesen Paragraphen zu streichen, da derselbe eine unerhörte Neuerung für die Aerzte enthalte.

Abg. Dr. Rewoldt tritt dieser Auffassung entgegen. Ein Ausgleich von Differenzen zwischen Aerzten und anderen Personen könne nur nützlich sein.

Abg. Dr. Martens (nl) ist ebenfalls für die Fassung der Kommission.

Sa wird unverändert angenommen, ebenso die 88 4 bis 14 unter Ablehnung mehrerer Anträge des Abg. Dr. Langerhans auf Streichung einzelner Bestimmungen.

S 15 sieht als ehrengerichtliche Strafe auch Geldstrafe bis zu 3000 M6 vor.

Abg. Dr Langerhans beantragt, diese Summe auf 300 4 herabsusetzen.

Abg. Im Walle meint, daß eine so geringe Strase für einen vielbeschäftigten, wohlhabenden Arzt eine Lappalie sei.

bg. Dr. Langerhans: Herr Im Walle thut so, als ob es sich um Verbrecher handelt. 300 4 sind für die Kleinigkeit genug.

sz 15 wird unverändert angenommen.

S 17 sieht vor, daß Warnung, Verweis und Geldstrafen bis zu 300 6 ohne förmliches Verfahren verhängt werden können; der Angeschuldigte und der Beauftragte des Ober⸗ Präsidenten sollen aber das Recht haben, vor der Beschluß⸗ fassung auf Eröffnung des förmlichen ehrengerichtlichen Ver⸗ fahrens anzutragen.

Abg. Dr. Langerhans beantragt, die Worte und dem Beauf⸗ tragten des Ober⸗Präsidenten, zu streichen. .

Der Antrag wird abgelehnt und der Abschnitt über das ehrengerichtliche Strafverfahren unverändert angenommen.

Der dritte Abschnitt handelt von dem Umlagerecht und den Kassen der Aerztekammern.

Abg. Dr. Langerhans ecklärt sich gegen den ganzen Abschnitt, der im Widerspruch mit der Verfassung stehe und verfassungsrechtlich bedenklich sei, ö 3

Nach 3 50 soll, bei jeder Aerztekammer eine Kasse errichtet werden mit dem Sitze am Amtesitze des Ober⸗Präsidenten.

Der Paragraph wird mit einem Zusatz des Abg. Im Walle angenommen, wonach die Kasse der Aerztekammer der Provinz Brandenburg und des Stadtkreises Berlin ihren Sitz in Berhn haben soll.

Ji Nach 557 soll das Gesetz am 1. Januar 1900 in Kraft reten.

Abg. Im Walle beantragt, es erst am 1. April 1900 in Kraft treten zu lassen.

Geheimer Ober Regierungs⸗Rath Dr. Förster erllärt, daß die Staattregle ung dagegen nichts einzuwenden habe.

Der Antrag Im Walle wird angenommen.

daß der Rest dem Entwurf schweigend zugestimmt hat. Die Zahl der

Damit ist die zweite Lesung beendet.