1899 / 135 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Jun 1899 18:00:01 GMT) scan diff

n der am 8. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ Ministers, Staatssekretärs des Innern Hr. Grafen von Posadowsky⸗Wehner abgehallenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde von der Denkschrift zu dem Entwurf eines Gesetzes über den Schutz des gewerblichen Arbeits—⸗ verhältnisses Nr. 83 der Drucksachen Kenntniß genommen. Den zuständigen Ausschüssen wurden über⸗ wiesen: der Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen über die Rechtsverhältnisse der Lehrer, die Vorlage, be⸗ treffend die Vereinbarung mit den Vereinigten Staaten von Brasilien über die Mitwirkung der beiderseitigen konsularischen Vertreter bei der Regelung von Nachlässen ihrer Staats⸗ angehörigen, der Entwurf eines Gesetzes wegen Ahänderung und Ergänzung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete und der Entwurf von Vorschriften über die Führung des Genossenschaftsregisters und die Anmeldungen zu dlesem Register. Der enn, des Reichstages zu Peti⸗ tionen wegen Herstellung neuer Bahnlinien in Elsaß⸗Lolhringen wurde dem Reichskanzler überwiesen. Den Ausschußanträgen, betreffend die Zollbehandlung der im Inlande veredelten Seidengewebe und betreffend die Verwendung von abgabefreiem Salz zum Einsalzen von Heringen und ähnlichen Fischen, der Vorlage wegen Verzollung von Holzsendungen nach Maß sowie einem Antrage wegen Ueberweisung eines Arbeitsplatzes bei der zoologischen Station in Rovigno wurde bie ne n,, ertheilt. Außerdem wurde über die Seiner Majestät dem Kaiser zu unterbreitenden Vorschläge wegen Besetzung von zwei Mitgliedsstellen beim Reichs-Versicherungsamt sowie über verschiedene Eingaben Beschluß gefaßt.

Heute hielten die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths . Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr owie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen Sitzungen.

Der hiesige Königlich sächsische Gesandte Graf von Hohenthal und Bergen ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder

übernommen.

Breslau, 9. Juni. Seine Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz von Griechenland ist heute Nachmittag hier ein⸗ getroffen und von Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprin⸗ e in von Sachsen⸗Meiningen am Bahnhofe empfangen worden.

Bayern.

Bei dem am Donnerstag in Kronach abgehaltenen Fest⸗ mahl der Wanderversammlung der bayerischen Landwirthe sagte Seine Königliche Hoheit der Prinz Ludwig in seiner Erwiderung auf eine Rede des Reichsraths Freiherrn von Würtzburg, worin dieser der deutschen Gesinnung des Prinzen gedacht hatte, der „Allg. Ztg.“ zufolge:

Freiherr von Würtzburg hat meiner bayerischen und meiner deutschen Gesinnung gedacht. Das ist ganz dieselbe Geschichte, wie zwischen Landwirthschaft und Industrie. Die Hauptsache ist, die In⸗ teressen der verschiedenen Staaten in Einklang zu bringen, dann wird die Zufriedenhelt mit dem Bestand des Deutschen Reichs fortbestehen. Ich weiß nicht, ob schon viele von Ihnen in der Befreiungshalle waren. Dort hat einer der deutschesten aller deutschen Fürsten, mein hochseliger Herr Großvater die Worte eingraben lassen: ‚Mögen die Deutschen nie vergessen, was die Befreiungskämpfe nothwendig gemacht und wodurch sie gesiegt haben. Nothwendig gemacht hat sie die deutsche Uneinigkeit, und diese wurde hervorgerufen dadurch, daß die deutschen Staaten statt miteinander stets gegeneinander gearbeitet haben, und so ist es die Aufgabe der deutschen Fürsten, von oben an gefangen, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten. Mitein— ander sollen sie stehen treu und fest.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser empfing gestern sowohl am Vormittag wie am Nachmittag den ungagrischen Minister⸗Präsidenten von Szell in Audienz. Gestern Mittag stattete letzterer dem österreichischen Minister⸗Präsidenten Grafen Th un einen Besuch ab, welchen dieser Nachmittags erwiderte.

Die ungarischen Minister von Lukacs, Dr. Daranyi und von Hegedues treffen heute in Wien ein.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause erklärte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Erste Lord der Admiralität Goschen auf eine an ihn gerichtete Anfrage, daß Port Arthur und Talienwan nicht zu den Häfen gehörten, welche das britische Geschwader in den chinesischen Gewässern im Laufe des Sommers besuchen solle. Vei der Berathung des Etats des Auswärtigen Amts beantragte Sir Charles Dilke, 100 Pfd. Sterl. zu streichen, kritisierte alsdann die Politit der Regierung in China und bezeichnete das jüngste Ablommen mit Rußland als ein schwaches. Lord Beresford befürwortete eine friedliche Sicherung des britischen Handels in China, zu welchem Zwecke eine klare, starke und bestimmte Politik nöthig sei. Der Parlamentssekretär des Auswärtigen Bradrick erwiderte, Lord Beresford wolle that⸗ sächlich, daß Großbritannien die völlige Kontrole der gesammten Verwaltung Chinas übernehme. Es gebe nur drei Methoden, dies zu thun: Großbritannien müßte eniweder den Tsung li⸗amen beeinflussen oder in Gemeinschaft mit anderen Mächten oder selbständig in China herrschen. Redner betonte die Schwierigkeiten der Ausführung jedes dieser Vorschläge. Was die Frage des Jang⸗Tse⸗ Thales anlange, so sei Großbritannien nicht bereit, die Verantwortlichkeit zu übernehmen und eine Provinz zu regieren, welche in Wirklichkeit ein Drittel von China ausmache. Bisher sei keine Thür geschlossen, und der britische Handel gehe, wohin er bisher gegangen I Der Handel habe selbst verheißen, er werde hingelangen, wo er nie zuvor gewesen sei. Bezüglich des Handels außerhalb des . Tse⸗ Thales baue die Regierung auf den Vertrag von Tienisin; hinsichtlich Chinas im allgemeinen halte sie an der diplomatischen Aktion durch Vermittelung des Tsung⸗li⸗Yamen fest. Was die Position Großbritanniens am JYJang⸗Tse⸗Kian anlange, so führen britische Kreuzer fortwährend nach n von Nanking und kämen bis Hankau. Auch würden Kanonen⸗ boote noch weiter hinauf gesandt, und die Regierung ei bereit, zum Schutze des britischen Handels den

ang⸗Tse⸗iang zu kontrolieren. daß Fer britische Handel leide oder in andere Hände übergehe. Großbritannien mache China verantwortlich dafür, daß die an den Jang⸗Tse⸗Kiang grenzenden Provinzen nicht veräußert

Sie werde nicht zulassen,

würden und daß die Verbindung zwischen dem Yang⸗Tse⸗ Kiang und Birma mittels der Blrmahahn hergestellt werde, sobald britische Kapitalisten bereit seien, diese zu bauen. Die Regie⸗ rung werde darauf sehen, daß ihre Streitkräfte auf dem Jang⸗Tse⸗ Kiang stark genug seien, um die Kaufleute in r Handelsbetrieb zu schützen. Die Politik der offenen Thür sei nicht aufgegeben dder durch die Einflußsphäre ersetzt worden. Die Vorgänge in China in den letzten 18 Monaten müßten Jedermann überzeugt haben, daß es nicht erwünscht sei, das Tsung⸗li⸗ an zum Mittelpunkt in einem Zweikampfe zu machen.

as jüngste Abkommen mit Rußland sei nicht nur werth⸗ voll, sondern ein glückliches Omen für die Zukunft. Die Politik des Mißtrauens begünstige das Abkommen nicht; es sei nicht wünschenswerth, daß jede Kon 16 an eine andere Macht als ein entschiedener Verlust am . en Englands angesehen werde. Was die russische Bahn nachPeking angehe, so bezweifle er, daß diese Forderung je gestellt worden sei. Die bri⸗ tische Regierung sei geneigt, als , . anzunehmen, daß sie jede Eisenbahn und alle Operationen auf den Inland⸗ gewässern willkommen heiße, die China dem Welthandel er⸗ schlössen; der Fall Pefings liege aber anders, denn Peking sei der Regierungssitz; daher müsse Großbritannien nicht im Geiste der Eifersucht, sondern einfach im allgemeinen Interesse Chinas, 9 es dazu veranlaßt werde, erklären, daß es gezwungen ein würde, China jeden Schritt zu widerrathen, der geeignet fei, die Regierung zu Peking auf eine andere Macht zu über—⸗

tragen. Frankreich.

Der Minister-Präsident Du puy und der Kriegs⸗Minister Kran ö hatten, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, gestern eine Besprechung mit dem General Zurlinden und dem Polizei⸗-⸗Präfekten, in welcher die Maßregeln zur Auf⸗ rechthaltung der Ordnung am Sonntag festgesetzt wurden. Die heute erschienenen Pariser Blätter melden, daß auf dem ganzen Wege vom Elysée bis Longchamps Truppen Spalier bilden werden. Im Hippodrom sollen Vorkehrungen getroffen werden, damit dort etwaige Verhaftete sofort gerichtlich ver⸗ nommen werden können.

Die Deputirtenkammer nahm gestern einen dring— lichen Antrag an, nach welchem die Anklagekammer in Zu⸗ kunft keine Beschlüsse fassen darf, ohne vorher den An⸗ geklagten und seinen Vertheidiger vernommen zu haben. Im weiteren Verlauf der Sißung brachte der Deputirte Dejeante (gSozialist einen Antrag ein, wonach ein Kredit von 600 000 Fr. für die Opfer des Aus⸗ standes in Montceau les Mines bewilligt werden soll. Dejeante verlangte die Dringlichkeit. Nachdem der Minister⸗ Präsident Dupuy sich gegen die Dringlichkeit ausgesprochen ,, auf seinen Vorschlag der Antrag an die Budget⸗ ommission verwiesen. Der Deputirte Coutant (Sozialist) be⸗ fragte sodann den Kriegs⸗-Minister Krantz über das Verhalten einiger Offiziere beim Ausstande in Le Creuzot. Er beklagte beson⸗ ders, daß der Besitzer der Werke Schneider die Dienst thuenden Offiziere bei sich aufgenommen habe. Der Kriegs ⸗Minister Krantz erklärte, er habe sofort verfügt, daß es den Offizieren verboten werden solle, die Gastfreundschaft der Arbeitgeber zu genießen, worauf die Offiziere in den Schulgebäuden unter⸗ gebracht worden seien. Sodann trat die Kammer in die ir n,, Interpellationen über Algerien ein.

Die Anklagekammer hat gestern die vorläufige Frei⸗ lassung Picquart's beschlossen.

Der Maire von Domont (Depart. Seine et Oise) ist seines Amtes enthoben worden, weil er sich weigerte, das Revisionsurtheil des Kassationshofes in der Gemeinde an⸗ schlagen zu lassen.

Zola hat gestern Nachmittag gegen das Versäumniß⸗ urtheil des Versailler Schwurgerichts die Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht.

Italien.

In. der Deputirtenkam mer setzte gestern die äußerste Linke die Obstruktion fort. Die ganze Sitzung wurde durch

Reden der Deputirien del Balzo und Bissolati gegen die

politischen Maßnahmen ausgefüllt.

Niederlande.

t

Wie das „Reuter'sch Bureau“ aus dem Haag meldet, ist die mit der Berathung der Schiedsgerichtsfrage betraute Unter kommission gestern zusammengetreten. Da auf Vorschlag des Barons von Staal der britische Antrag zuerst zur Besprechung angesetzt war, so gab der britische Bevollmächtigte Sir Julian Pauncefote eine Er— läuterung desselben, welche als Grundlage für die Be⸗ rathung der Frage der Einrichtung eines Schiedsgerichts⸗ hofes dient. Die ganze Sitzung währte 3 Stunden und war einer vorläufigen Prüfung des britischen Antrags ge⸗ widmet, damit die Delegirten in die Lage gesetzt würden, ihre Regierungen zu Rathe zu ziehen oder sich unter einander zu besprechen, bevor Beschlüsse gefaßt und ein endgültiger Vor⸗ schlag schriftlich formuliert werde. Mehrere Delegirte sollen den Wunsch geäußert haben, daß die Permanenz des Schieds— gerichtshofes mehr thatsächlich in die Erscheinung trete. Diese Permanenz würde namentlich von den kleinen Staaten freudig begrüßt werden, während die Mehrzahl der Großmächte der Ansicht sei, daß man bezüglich der Permanenz des Schieds⸗ gerichishofes nicht über den Vorschlag Sir Julian Paunccfote's hinausgehen dürfe, ohne die Resultate der Konferenz in Frage zu stellen.

Türkei.

Der Sultan empfing, dem W. T. B.“ zufolge, gestern . dem Selamlik sämmtliche Missionschefs in gemeinsamer

udienz.

Wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗ Bureau“ meldet, wird von türkischer Selte behauptet, daß die Vorgänge in Prilep das Werk einer bulgarischen Bande seien. Fer Sultan habe dem diplomatischen Agenten Bulgariens Demitroff mittheilen lassen, daß er die bulgarische Regierung für die Folgen verantwortlich mache.

Rumãänien.

Es liegt jetzt das endgültige Resultat der gestrigen Kammerwahlen im ersten Wahlkollegium vor. Dem „W. T. B.“ zufolge wurden gewählt: 61 Konservative, 8 Junimisten, 2 Liberale und 2 Unabhängige. Zwei Stich⸗ wahlen sind nothwendig geworden. Sämmtliche Minister, welche ihre Kandidatur aufgestellt hatten, wurden gewählt.

Bulgarien.

Vor dem Beginn der gestrigen Sitzung der Sobran drang, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, Rizow .

sam in den Sitzungssaal ein. Die i schritt ein, und es kam zu einem Handgemenge zwischen Deputirten und Polizisten. Hierauf wurde nach einer dreistündigen, stürmischen Debatte das Protokoll der letzten Sitzung verifiziert, womit die Wahl Rizow's definitiv für ungültig erklärt ist.

Schweden und Norwegen.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Italien sind, wie ‚W. T. B.“ berichtet, gestern Abend in Christianig eingetroffen, um den Herzog der Abruzzen vor Antritt seiner Nordpol⸗ Expedition zu begrüßen; Höchst⸗ dieselben beabsichtigen, dem Herzog bis an die Grenze des Eismeeres das Geleit zu geben und dann Spitzbergen zu be⸗ suchen. Der König Oskar hat befohlen, daß die Forts am , , die „Stella Polare“ bei ihrer Abfahrt feierlich salutieren sollen.

Amerika.

Nach einem in Paris eingetroffenen Telegramm aus Caracas ist in dem venezolanischen Staate Los Andes eine Revolution ausgebrochen.

Afrika.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Pretoria vom 7. d. M. gemeldet: Der Prozeß gegen die Personen, die am 16. Mai verhaftet wurden, weil . sich angeblich des Forts und der Stadt Johannesburg bemächtigen wollten, hat am 6. 8. M. begonnen. Gegen drei der Verhafteten, welche als Kronzeugen vorgeladen seien, habe man die Anklage fallen lassen. Ein gewisser Butler sei am 6. d. M. berg ft und dem Gericht mit den anderen Angeklagten vorgeführt worden.

Dasselbe Bureau berichtet aus Kapstadt vom 7. d. M.,

daß nach einem Telegramm aus Bloemfontein die öffent⸗ liche Meinung daselbst dem Präsidenten Krüger günstig sei. Der Volksraad des Oranje⸗-Freistaates habe eine Resolution angenommen, in welchem erklärt werde, daß die Vorschläge Krüger's, betreffend das Wahlrecht der Uitlanders, sehr billige seien; der Vorschlag, alle künftigen Angelegenheiten einem Schiedsgericht zu unterbreiten, sei der beste Weg, einen fort— dauernden Frieden und das ersehnte Zusammenwirken in Süd⸗Afrika zu sichern. Der „Agence Havas“ zufolge ist man in den politischen Kreisen von Pretoria der Ansicht, daß, obgleich die Konferenz in Bloemfontein keine praktischen Ergebnisse gehabt habe, die Vorschläge Krüger's so liberal gewesen seien, daß ein Krieg von seiten Englands moralisch unmöglich sei— ‚„Volkstem“ sagt, Süd⸗ Afrika werde mit dem Programm Krüger's zufrieden sein, und der Friede werde so eine feste Grundlage haben. Das Votum des Volksraads des Oranje⸗Freistaais, welches die Erklärung Krüger's billige, zeige, daß der Oranje⸗Freistaat im Falle eines Krieges auf der Seite Transvaals stehen werde.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tages und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Das Haus der Abgeordneten erledigte in der heutigen 74) Sitzung, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel bei⸗ wohnte, zunächst einige Rechnungssachen und ging dann zur dritten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die ärztlichen Ehrengerichte, das Umlagerecht und die Kassen der Aerztekammern, über.

Nach längerer Debatte, an der sich die Abgg. Henning ing Dr. Arendt (fr. kons.), Dr. Lan gerhanzs (fr. Volksp.), Im Walle (Zentr.), Pleß (Zentr.), Dr. Bar th (fr. Volksp.), Dr. Porsch (Zentr.), Reichardt (nl. und der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Förster betheiligten, wurde der Gesetzentwurf unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung angenommen.

Alsdann befaßte sich das Haus mit Wahlprüfungen.

(Schluß des Blattes.)

Kunst und Wissenschaft.

In Wien ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, der frühere Direktor des Kunstgewerbe⸗Museums, Hofrath Bruno Bucher, ein Bruder Lothar Bucher's, gestern gestorben. Er war am 24. April 1826 in Köslin geboren, besuchte die Kunst⸗Akademie in Dresden, wurde aber durch ein Augenleiden gezwungen, dem Künstlerberuf zu entsagen. Seit dem Jahre 1859 lebte er als Journalist in Wien, wo er 1869 zum Setretär, 1835 zum Vize⸗Direktor und 1895 zum Direktor des öster⸗ reichischen Museums für Kunst und Industrie sowie zum Hofrath ernannt wurde. Im Jahre 1897 legte er sein Amt nieder. Bon seinen Schriften sind hervorzuheben: „Die Kunst im Handwerk“ (3. Aufl, Wien 1888); Ucber ornamentale Kunst auf der Welt⸗ auszsiellung in Wien“ (Berlin 1574); Geschichte der technischen Künste“ (mit Stockbauer, Luthmer u. A, Stuttgart 1874 ff.); . Real⸗ lexikon der Kunstgewerbe“ (Wien 1883); Mit Gunst. Aus Ver⸗ gangenheit und Gegenwart des Handwerks“ (Leipiig 1886); „Die alten Zunft⸗ und Verkehrsordnungen der Stadt Krakau“ (Wien 1889). Mit Gnauth gab er die Monatsschrift ‚Das Kunsthandwerk“ (Stutt- gart 1874 bis 1876) heraus.

Zur Geologie Deutsch-Ostafrikas entnimmt das „Deutsche Kolontalblatt! einem Bericht des Berg ⸗Assessors Dr. Dantz vom 12. April d. J. nachstehende Mittheilungen: Infolge des mich zur Küste zurückberufenden Erlasses vom 24. November v. J., welcher am g. Februar d. J. in Nord Shashi (Bezirk Muasa) in meine Hände ge⸗ langte, habe ich am 10. Februar d. J. den Rückmarsch über Ikoma, durch die Wandorobbosteppe, über Isaufu, Iramba, Irangi, sodann über Myapua und Kilossa geleitet und bin am 19, April, also nach ß0 Tagen, in Dar es. Salm eingetroffen. Ueber die wissenschaftlichen , . der Expedition seit Anfang Februar d. Is. ist Folgendes zu berichten:

1) Die gebirgige Landschaft Shashi fällt nach dem Kuwaua—⸗ flusse zu steil ab, es verläuft hier eine geologische er⸗

hebliche Störung von Osten nach Westen und findet ihre Fortsetzung

in den Sädabhaäͤngen der Kiruwiruberge und der Insel Ukerewe,

2) Während der südliche Theil von Shashi aus meist röthlich ge⸗ färbtem Granitgneiß besteht, herrschen in Nord⸗Shasbi die eisen⸗ haltigen Schiefer vor, welche in neuerer Zeit durch die verschiedenen Goldfunde eine erhebliche Bedeutung gewonnen haben. Es muß hervorgehoben werden, daß die Zone der Eisenschieser Lalso die für etwaige Goldfunde in Betracht kommende Zone) in Shashi größer ist als irgend eine andere mir bisher bekannte in Deutsch . Ostafrika.

3) Ebenso finden sich ausgedehnte w, verquarzter Elsen⸗ schiefer (und Diabas) östlich der Landschaft Uhatwe und Ntussu; es sind dies fast unbewohnte Gebiete (mit ganz vereinzelten Wandorobbo⸗

angen) an den Oberläufen des Sima. und des Semu⸗ . aber vermulhlsch im größten Theil des Jahres Wasser ruth nir pre, Tagemtsche ben dem dicht beräölkerten Rütusu entfernt sind. Es sind diese Bebiete von mir als erstem Guropäer betreten worden; aus der Routenaufnahme geht bervor, daß hier wischen den flachen, bocht lateauartigen Landschaften Ntussu und d orobbostepp⸗ nicht unbedeutende Bergzüge vorhanden sind, welche aus verguarzten Eisenschiefern und, Diahofur bestehen und viell icht ebenfalls goldhaltige Quarzgänge einschließen. ö

4) Das große unbewohnte Porigebiet westlich des Evasisees ist eine große, anscheinend ununterbrochene Gneißzone, infolge der vielen Bachberten ist das (nur von Nasbörnern belebte) Gebiet stark kupiert und schwer passierbar, lätzteres besonders auch wegen der aus dichtem DVorngestrüpp bestebenden Vegetation. Eruptivgesteine feblen.

5 Der Wembare Cyasigraben wurde nördlich des Simbitiflusses nur in der Nähe des genannten Sees deutlich und ausgeprägt gefunden, während der südlich? Graben and in den schroffen Abhängen der Itamba. und Isansuberge zur Eescheinung kommt.

6) Der große west⸗afrikanische Graben ist in seinem Westrande in den Landschaften Ussandaue und. Ungenganipa außerordentlich deutlich und großartig ausgebildet, während der Ostrand durch die Berg. und Hügelländer kei Irangi maskiert wird. Hier ist noch be⸗ sonders die Regenarmuth von Nordost· Ugogo hervorzuheben, welche shie Erklärung darin findet, Laß die hohen Usaggraberge im Osten unt Ter Graben rand jm Westen (bLi Kilimatinde) als Regen länger wirken, sodaß von zwei Seiten aus gesehen Ost⸗Ugogo im Regen⸗ schatten liegt.

7 Die Mkatta⸗ Ebene, östlich Kilossa, bedeutet ebenfalls eine Grabenversenkung, der Westrand verläuft bei Kilossa, der Ostrand zwischen Vilansi und Kingo von Südwesten nach Nordosten.

s) Die Grenze zwischen der alten Gneitzznne und den ange lagerten mesozolscken Schichten = zunächst Jura verläuft bei Uiaturi westlich des Ngerengereflussez von Süben nach Norden, Die hier und am Ngerengerefluß anstehenden Gesteine sind sandige Kalksteine, welche zum theil schweselties haltig sind und dann für Brunnenanlagen ungeeignet; so sind. insbesondere die schwarzen, schieftigen Jura. Sandkalkfteine bei Matari kwa Sabiro direkt gesund⸗ heitlich bedenklich für Brunnenanlagen, ö

8) Die hellen Kreideschichten (porös. kalkige Sandsteine) bei Pugu entbalten in der Kähe der Kargwanenstraße anscheinend keine Fossilien, welche eine genaue Alterebestimmung ermöglichen. Die derselben Formation and dem Tertiär zuzuschreiben den sandigen Lehme bei Pugu und Kisserawe eignen sich verhältnißmäßig weit besser zur Bebauung,

wie die an Nahrungestoffen armen Gneißgrusschichten im Innern.

Trotzdem sind nach meinen Reisebeobachtungen die Nieder schlagsver hälrnisse fast allein maßgebend für das Gedeihen unserer landwirth⸗ schaftlichen Unternehmungen. Die ersteren sind am günstigsten westlich Ugogo bis ju den Seen.

Bauwesen. .

Motive der mittelalterlichen Baukunst in Deutsch— land in photographischen Originalaufnahmen, herausgegeben von Hugo Hartung, Regierungs- Baumeister und Dozenten an der Röniglichen Technischen Hochschule zu Berlin. Verlag von Ernst Wasmuth, Berlin SW., Markgrafenstraße 35. Lieferung 4 und 5. Diese Doppellieferung des umfangreichen und gediegenen Werkes bringt zunächst den imposanten Backsteinbau der Cisterzienser Abtei Chorin und zwar die Choransicht, die Westseite der Kirche won eiwa 1300) und die Südseite mit den Konventsgebäuden (aus dem 14. Jahr⸗ hundert) zur Darstellung. Ein interessantes Gegenstück dazu von etwas eringeren Dimenstonen bildet die Cisterztenser Abtei Riddags— ö ein verputzter Bruchsteinbau mit Weiksteingliedern aus dem 13. Jahrhundert, von der benlalls eine äußere Ansicht geboten wird. Dann folgen zahlreiche Tafeln mit Aufnahmen des Aeußern und Innern von Domen und Kirchen in Werkstein. und Bruchsteinbau, Tie vom Dom zu Spever (12. Jahrhundert), dem Dom zu Bam— berg (aus derselben Zeit; nördliches Seitenportal mit dem reichen, kunftgeschichtlich berühmten Figurenschmuck, dem Münster zu Frei burg i. B. (Mittelschiff), dem Dom zu Münster i. Westf. (Vorballe der Sübfeite mit figürlichen Skulpturen und einem köstlichen Ranken frses darunter, eine besonders schöne und wohlgelungene Aufnahme, dem Dom zu Magdeburg, den Kirchen Sta. Fides in Schlett⸗ stabt (ier Tafeln), St. Lambert und St. Ludger zu Münster i. Westf. Die Reihe der Burgbauten wird eröffnet durch das Kaiserbaus in Goslar und die prächtigen Ruinen der Kaiseipfal; zu Gelnhausen mehrere Tafeln). Von der Wartburg wird die äußere Ansicht des Palas“ und das Innere des Sängersaals veranschaulicht, Von dem Schlosse zu Marburg in Pessen (13. Jahrhundert) sieht man den gothisch gewölbten Rittersaal, von der Alten Residenz“ in Bamberg das in Fachwerk (1478) ausgeführte HSintergekãude, Daß au dem 12. und 17. Jahrhundert stammende Heiligkreuz ⸗Spital u Goslar und das Trinitatis-Spital zu Hildesheim (aus dem 165. Jahrhundert) leiten zu den städtischen Profanbauten über. Unter letzteren nehmen eine hervorragende Stelle ein die Rathhäuser von Wesel (1400), Aachen, Münster i. Westf, Hannover Backsteinbau des 15. Jahrhunderts, Braunschweig (spätgothischer Werksteinbau), Forchbeim, Duderstabt, Michelstadt, Alsfeld (svätgothische Fachwerk bauten) und der Rathskeller in Halberstadt (Fachwerkbau von l4ßJ mit reicher figürlicher und, ornamentaler Holzschnitzerei) Eine stettliche Folge von Privathäusern aus romanischer und gotbischer Zeit reibt sich ihnen an: zunächst das berühmte romanische Saus in Gelnhausen (12. Jahrhundert), dann Häuser in Köln aug dem 13. Jahrhundert, dag Kornhaus in Aachen von 1257, das steinerne Haus“ und das „Leinwandhaus, in Frankfurt a. M, das Kaufhaus in Koblenz, ferner zahlreiche Fachwerkbauten, wie das Kramergildenhaus in Hilbesbeim und spätgothische Mäuser in Goslar, Halberstadt, Miltenberg, Alsfeld und Herford. Die Auf⸗ nahmen sind mit derselben künstlerischen Sorgfalt ausgeführt wie in den früheren Heften, und die Vervielfältigung mittels Lichtdrucks steht auf der Höhe der heutigen vervolltommneten Technik.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Weizeneinfuhr Marseilles. Nach den Wochenübersichten des ‚„Smaphore“ betrug die Weijen⸗ einfuhr Marseilles auf dem Seewege; in der Zeit vom 7. bis zum 12. Mai 171 325 dæ, davon aus Rußland.... 123 320 in der Zeit vom 14 bis zum 19. Mai 36 989 davon aus Rußland. in der Zeit vom 21. bis zum 26. Main. 153 652 davon auß Rußland... 95 413 in der Zeit vom 28. Mai bis zum 2. Juni 106 440 daßon aur Näslmh;d̃ , , , 61 6865 In den Docks und Entrepots von Marseille befanden sich am 31. Mai 16210 dz.

Getreidemarkt Genuas im Monat Mai.

Genua, den 5. Juni 1899. Der Markt verlief in der ersten Monatshälfte flau und lustlos und die Preise für Hartweizen gingen in wenigen Tagen um circa 1,50 Fr. per 100 kg zurück. Man verkaufte Dur Taganrog P. 9,35 15,75 Fr. ab Magazin und 15,50 Fr per Juni⸗ Abladung in einem Hafen West⸗Italiens oder Siziliens cif Konditionen. Für Göirka (Uika Odessa P. 9, 39 prompte Abladung wurden 17,75 Fres. abgegeben). Vom 16. Mai an machte sich jedoch eine wesentlich festere Stimmung geltend infolge der ungünstigen Berichte über den Saatenstand in Säbwest⸗ Rußland, und die Preise gingen wieder sprungweise in die Höhe.

Man bewilligte für Dur Taganrog P. 9,88 disponibele 17 Fr. Magazin und 133 Fr. für Abladung Jun / ij ferner für Ghulka Nicolaieff P. gis /a prompte Abladung 1625 Fr. ie Käufer verhalten sich zwar den Föheren Forderungen gegenüber noch sehr teserpiert, aber die immer stärter auftretenden Gerüchte über den

ß Stand der neuen Ernten in Süd- Rußland und Rumänien angen an, ernste Besorgnisse wachzurufen. Man spricht dapon, daß infolge der starken Dürre ein großer Theil der Ernte ganz ver⸗ loren sei. Sollte sich dies bestärigen, so ist eine weitere Hausse⸗ bewegung zu erwarten. Ueber die italienische Ernte läßt sich noch kein maßgebendes Urtheil fällen. Aug einigen Distritten lauten die Berichte sehr günstig in anderen klagt man über ju nasse Witterung. Am 31. v. M. stellten sich in Genua die Getreidevorräthe und die Preise für den Doppel⸗-Zentner, wie folgt:

Weichweizen . 28 000 dz zu 15,75 bis 26,00 Lire

Hartweizen .. 37 500 . . 14.0900 26,0909 ,

13 500 89,75 ,

16607? . 1256 19856,

Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.

Bukarest, Anfang Juni 1899. Voraussichtlich, werden nur zwei Distrikte des südlichen Rumäniens (Walachei)h eine gute, be— ziehungsweise befriedigende Ernte geben. In neun anderen Distriften bat die andauernde, von trockenen Winden begleitete Dürre sicher mehr als 50 o des Anbaues vernichtet, während in den fünf übrigen überhaupt nur noch für den unwahrscheinlichen Fall, daß es baldigft und dann ausgiebigst regnen sollte, ein kleiner Prozentsatz gerettet werden würde. ö

Das Vieh leidet besonders in den Distrikten der Tiefebene an Futtermangel und geht stellenweise bereits daran zu Srunde.

Von Wein, der bisber gut stand, nunmehr aber auch schon des Regens bedarf, sind dem Vernehmen nach schon eg. 300 verloren; ö. ö soll mit Ausnahme der Pflauraen ebenfalls wenig ver—

rechen. J Das Ackerbau⸗Ministerium soll sich zur Zeit damit befassen, die Getresdebeffande des Landes festzustelten, um je nach dem Ergebniß die Frage eines eventuellen Ausfuhrperbots in Erwägung zu ziehen.

Getreidehandel in Argentinien.

Ausfuhr von Getreide aus dem Hafen von Buenos Aires in der Zeit vom 16. bis 30. April 1899.

Gesammt⸗ menge in 1000 k“)

Mengen in Säcken

Verschiffungs iel bolsas)

Getreideart

37 625 11430 3984 2178 1220

Brasilien England Spanien rankreich Italien

Mais

insgesammt 56 467

437 282 240 900 202749 93 349 71 541 21 152 18098 16200 535 498

Belgien Holland England Brasilien Veutschland Italien Frankreich Dänemark

Ordre (St. Vincent)

insgesammt 1545 8598 109713

160 544 21 435 75 3990 28 433

Belgien n. rankreich England Dänemark 20 392 Italien 18 363 Deutschland 892

Leinsaat

i sgesammt Igo 445 263650

Frankreich 4174 278

Preise im Großhandel für 1 f schnittskurse von Fm / n 1 1,80

Fm / n bis Fm / n

8.10 , 369 5. 56 6 . . b. 66 Weizen, und zwar:

a. guter und feinerer. 420 5,70 156

b. Candeal 4,590 6 50 11,70 Leinsaat .. . 6,69 1560 12 24 13 50 Hafen , e g, g 5, 16 6.10

) Die „bolsa“ zu 66,66 kg.

Mais, und zwar:

Kopenbagen, 9. Juni. (W. T. B) Der Finanzf⸗ Minister erklärte beute einer Abordnung von Landwirthen aus Fünen: die Regierung beabsichtige, in nächster Zeit eine Regierung kommifsion jur Berathung der Frage der Einführung eines Zoll— schutzes für landwirthschaftliche Pꝛaeodukte zu ernennen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist. dem Raiserlichen Gesundheitsamt gemeldet worden vont Viehhofe zu Berlin am 8. Juni.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Die gestrige Aufführung des Schauspiels Prinz Friedrich von Homburg“ von Heinrich von Kleist, mit Henn Josef Kainz in der Titelrolle, darf als eine neue glänzende Leistung der Bühne und der Darsteller bezeichnet werden. Die vielsältigen, fein · gegliederten Seelenregungen des romantischen jungen Helden bieten dem Darfteller ein weites Feld zu mimischer Kunstenifaltung, und Herr Kainz zeigte sich den dichterischen n n in vollem Umfange gewachlen. Mit unvergleichlicher Naturlichteit, mit bebender Unruhe sucht dieser jugendliche Krieger, der zugleich ein phantastischer Träumer ist, in der ersten Gartenscene den Zusammen⸗ hang zwischen Traum und Wirklichkeit zu ergründen. Mit fesselnder

einbeit der Beobachtung brachle der Darsteller dann die wäirren ö.. zum Ausdruck, mit welchen der erwachte somnambule Schläfer Den Handschuh der scherzend lockenden Prinzessin J fühlt, Zweisel, die den Keim zu allen weiteren Geschehnissen bergen. In dem Spiel des Künstlers traten lichtwoll und klar alle Höhen und Tiefen des Empfinden in die Erscheinung, welche der un gestüme Held durchlebt, als er seinen Sieg über die kriegerische Macht der schwedischen Feinde mit dem stolzen Siege über sich selbst krönt. Der angstvolle, dumpfe Schrei des Todesbebeng, die jubelnden Laute der Todesberachtung, in denen der Triumph des Gesetzes über die Willkür verkündet wird, griffen allen ang Herz und hinterließen einen tiefen Eindruck. Auch die übrigen Rollen waren glücklich besetzt. *7 Nissen war als Kurfürst voller Würde und ließ die Weisheit wie die Menschenfreund= lichleit des Fürsten klar und doch mit künstlerischer Zurückhaltung

mit der

in seiner Hand

Hörern

hervortreten. Recht Täüchtiges leistete auch Herr von Winterstein als Graf Hohenzoltern. Die Kurfürstin der Frau von Pöllagis verdiente d esmatk wie früher Anerkennung, und Fräulein von Dumont war als Prinzeffin von Oranien voll Liebreiz und Anmuth.

Schiller Theater.

„Die schöne Toledanerin“, das nach Lope de Vggg ven Eugen Zabel für die deuische Bühne bearbeitete dreiaktige Lustspiel, welches vor einiger 3 im Königlichen Schauspielhause erfolg— reich zur ersten ufführung gelangte, ging gestern auch auf der Volksbühne in der Wallnertheaterstraße erstmalig in Scene. Diefe harmlos beitere Eifersuchtskomödie, vermochte aber hier nicht, die gleiche Wirkung ju erzielen, wie umängst das ebenfalls von Eugen Zabel bearbeitete Luftspiel Lope de Vega's „Der Tugendwächter'. Jum theil lag das wohl daran, daß Frau Wiecke nicht die rechte Persönlichkeit war, um das Wesen der von ihr dargestellten Juana glaubhaft erscheinen, zu lassen, obwohl sie sich alle Mühe gab, das heißblütige Naturell der schönen Spanierin zum Ausderck zu bringen. Diesen Mißgriff in der Besetzung konnten die durchweg tüchtigen Leistungen der Damen Rosner Und Levermann, der Herren . Gregori, Schmasow, Paeschke und Anderer nicht vergessen machen. Ein besonderes Lob verdient noch Frau Grete Meyer für die hübsche gesang⸗ liche Wiedergabe elnes in dem Stück vorkommenden Tanz⸗ liedes. Den Abend schloß das bekannte einaktige Lustspiel Die Schulreiterin' von Emil Pohl, welches eine vortreffliche Dar stellung erfuhr, in wirksamer Weise ab, sodaß das Publikum schließlich in bester Stimmung das Haus verließ. Besonders bewährte sich darin Herr Patry, welcher auch für eine angemessene Inscenierung beider Stücke gesorgt hatte, in der Rolle des Engelhard von Meiningshausen als liebenswürdiger Plauderer. Frau Grete Meyer verkörperte die verkannte Baronesse Nietoch munter und natürlich, und die Herren Froboese (Baron von Wedding) und Schmasow (Kammerdiener) vervollständigten in den kleineren Aufgaben das flotte Zusammenspi,l.

Im Königlichen Opern hause werden morgen die Opern „Cavalleria rusticana“ von Mascagni und „Bajaizi“ von Leoncavallo aufgeführt Am Montag gehen Humperdinck's Märchenspiel Hänsel und Gretel“ und das Ballet ‚Vergißmeinnicht“ in Scene.

Im Königlichen Schauspielbause wird morgen und am Montag das neue Lustspiel „Auf Strafurlaub' von Gustav von Moser und Thilo von Trotha wiederholt.

Im Neuen Königlichen Opern⸗Theater findet morgen eine Aufführung der Fledermaus“ statt.

Das Deutsche Theater bringt in der nächsten Woche an sämmt lichen Abenden Aufführungen, in denen Josef Kainz die Hauptrolle spielt, und zwar ngen zur Darstellung: morgen Abend „Lumpaci⸗ vagabundus ?; Montag: „Don Carlos‘; Dienstag; Johannes“; Mittwoch: ‚Weh' dem, der lügt!“; Donnerstag: Die Gefährtin“, Der grüne Kakadu“, „Paracelsus ; Freitag: „Cyrano von Bergerac“; Sonnabend: „Ble versunkene Glocke“; nächstfolgenden Senntag Abend: ‚Die Jüdin von Toledo“. Für morgen Nachmittag ist „Die verfunkene Glocke“, für nächstfolgenden Sonntag Nachmittag sind „Die Weber“ angesetzt,

Fräulein Gisela Pahlen, welche vor jwei Jahren am Deutschen Theater die „Jüdin von Toledo“ erfolgreich darstellte und später ein beliebtes Mitglied des Karltheaters in Wien wurde, ist vom Intendanten Prasch für das Berliner Theater verpflichtet worden.

Im Schiller-Theater findet morgen die letzte Nachmittags- Vorstellung in dieser Saison statt; zur Aufführung kommt das Shakespeare'sche Lustspiel ‚Viel Lärm um Nichts“ als sechste und letzte Vorstellung im Shakespeare. Cyelus; Abends wird der Schwank „Jwei glückliche Tagen zum letzten Male wiederholt. Die beiden Lust— spiele „Die schöne Toledanerinꝰ und „Die Schulreiterinꝰ werden am Montag, Dienstag, Donnerstag und Sonnabend gegeben. Am Mittwoch und Freitag kommt das Schauspiel „Satisfaction? von Alexander von Roberts zur Aufführung, . .

Im Theater des Westens wird morgen „Die Zauberflöte in derselben Besetzung wie bei der ersten Aufführung wiederholt. Am Montag gastiert der Königlich bayerische Hofopernsänger, Herr Theodor Bertram nochmals als Graf Almaviva in „Figaro's Hochzeit. Die Susanne singt Frau Engel Sewing, den Cherubin Fräulein Felser.

Im Neuen Theater schließt die Spielzeit am Donnerstag der nächsten Woche, an welchem Tage „Hofgunst“ die 200. Aufführung er⸗ leb. Bis dahin gelangt an allen Übenden das beliebte Lustspiel ununterbrochen zur Darstellung. Der Beginn der neuen Spielzeit ist für den 16. August festgesetzt.

Im Residenz⸗Theäter gehen Alexandre Bissen's Schwank Der Schlafwagen ⸗Kontroleur‘ und Jacobson's Lustspiel „Zum Gin⸗ fiedler am nächsten Dienstag zum 150. Male in Scene. Beide Stücke bleiben während des ganzen Sommers auf dem Spielplan des Residenz · Theaters.

Im Belle Alliance ⸗-Theater setzt Herr August Junkermann morgen sein Gastspiel in „Onkel Bräsig?‘ und am Montag in „Dörchläuchting“ fort. Das letztgenannte Stück bleibt während der kommenden Woche auf dem Spielplan.

Für die diesjährigen Bühnen-Festspiele in Bayreuth ist j gt das endgültige Programm erschienen. Es. finden statt: Zwei Aufführungen des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen“. Erste Aufführung: Sonnabend, 22. Juli: Das Rheingold; Sonntag, 23. Die Walküre; Montag, 24. Siegfried; Dienstag. 25. Juli: Götterdämmerung. Zweite Aufführung: Montag, 14. August: Das Rheingold; Diengztag, 15. Die Walküre; Mittwoch, 16. Sieg⸗ fried; Donnerstag, 17. August: Götterdämmerung. Ferner sieben Aufführungen des Bühnenweihesestspiels Parsifal“!' am 29. 31. Jult; 5., 7., 8, 11. 20. August, und fünf Aufführungen der

Meistersinger von Nürnberg“ am 28. Juli, 1., 4., 12.

15. August. Für die Orchesterleitung sind gewonnen: Franz Fischer, Hof⸗Keapellmeister, München; Felix Mattl, General · Musitdirektor, Rarlzruhe; Dr. Hans Richter, General⸗Musildireltor, Wien; Siegfried Wagner, Bayreuth. Die Regie führen; Anton Jucht. Kammersaͤnger und Hofopern⸗Regisseur, München, und Ernst Braunschweig, Regisseur der Hofoper, Berlin.

Mannigfaltiges.

In der gestrigen Sitzung des Magistrats wurde beschlossen, zu der für den 4. August d. J. in Aussicht genommenen Enthüllung det Schulze⸗Delitzsch⸗Venkmals auf dem Treffpunkte der Köpenicker Neuen Jakobstraße eine Deputation zu entsenden. Da an demselhen Tage der Allgemeine deutsche Genossenschafts⸗ Verband das Fest selnes 40 jährigen Bestehens hier feiert, so wurde n beschlossen, die Abgeordneten des Verbandes im Rathbause zu begrüßen und zu bewirthen. 8 diesem Behuf soll bei der Stadtverordneten Versammlung die Bewilligung der Summe von 6000 4 nachgesucht werden. Des weiteren wurde beschlossen, daß die Krankenversicherung der im Kommunaldienst und im Kommunalbetriebe beschäftigten Personen in einer städtischen Betriebs⸗ krankenkasse bewirkt werden soll. Jedoch sollen die Park- und die Straßen reinsgungs.- Verwaltung ihre jetzigen Kassen behalten. Ferner beschloß der Magistrat, mit den zivilversorgungsberechtigten ilitäranwärtern, bevor sie beim Magistrat zur ll afl fr , in der Regel, nämlich soweit dadurch nicht die der Reihenfolge nach (6 8 des Gefetzih vom 21. Juli 1892) erforderliche Anstellung eines Militäranwärters unmögli gemacht werden würde, dahin Vereinbarungen emãß 65, Absatz 2 der Städte⸗ ordnung vom 30. Mai 1863 abzuschließen und zur Voraussetzung der Anstellung zu nehmen, daß ihnen für den Erwerb der Pensions berech.