1899 / 194 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

eutige Kanal ist. Bekanntlich haben wir die günstige Linienführung, die die Städte auch berührte, die mitten durch das Revier ging, auf⸗ geben müssen, weil seit der Ablehnung im Jahre 1894 ober und unter der Erde die Linie so verbaut war, daß wir die Linienführung nicht beibehalten konnten. Jetzt haben wir eine ungünstigere Linie infolge der Ablehnung wählen müssen, und diese kostet heut zu Tage genau so vel, wie damals die Linie mit allen Zweigkanälen gekostet haben würde. Die Zwelgkanäle haben wir streichen müssen aus finanziellen Rücksichten; also die Ruhr fährt entschieden ungünstiger bei dem heutigen Projekt, als bei dem damaligen. Und, meine Herren, ganz datsselbe wird auch erfolgen, wenn Sie wider Erwarten und wider Verhoffen den Rhein Elbe, Kanal ablehnen sollten. Gebaut wird er doch (Bravo! links; Lachen rechts), unbedingt; denn er ist ein absolutes Verkehrsbedürfniß und wird ebenso gut gebaut, wie alle anderen wichtigen Kanäle gebaut worden sind. Der Wider⸗ stand gegen neue Verkehrsstraßen, und zwar der Wider stand, der auf⸗ gebaut ist auf Grundlage der Verschiebung, ist so alt, wie überhaupt die Verkehrsstcaßen. Dem Großen Kurfürsten ist ja derselbe Wider⸗ stand entgegengetteten (große Heiterkeit und Zurufe rechts), alt er vor 200 Jahren den nach ihm genannten Kanal bauen wollte. Gebaut ist er doch es war damals noch einfacher, dem Lande Wohlthaten zu oktroyieren —, und gebaut wird der Rhein Elbe⸗Kanal ebenso! (Bravol linkg) Wenn Sie ihn verschieben, dann wird er theurer werden, und es wird dann der Segen des Kanals dem Lande um so und so viele Jahre vorenthalten; das ist die Auffassung der Staatg⸗ regierung! (Bravo! links.)

Meine Herren, ich komme dann noch auf einige andere Be—⸗ denken, die Herr Graf Ballestrem gestern vorgebracht hat. Der Herr Graf Ballestrem bat gestern gesagt: wo ein Kanal gebaut werden kann, da könne auch nicht eine da können drei Eisenbahnen gebaut werden. Rein vom Platzstandpunkt aus betrachtet, ift das ja unbe⸗ dingt richtig, Herr Graf; wo ein Kanal gebaut werden soll mit der Spiegelbrelte, wie der Rhein-Elbe Kanal, da können wollen wir mal sagen sechs Geleise hingelegt werden, mindestens vier Geleise hingelegt werden. Das ist ja ganz richtig. Aber darum handelt es sich ja gar nicht. Es handelt sich darum, daß die vier Geleise aus dem Revier heraus nicht mehr bedient werden können (sehr richtig! links), daß die Bahnhöfe nicht mehr erweiterungefähig sind und so unübersichtlich werden, daß überhaupt ein Betrieb dort nicht mehr möglich ist. Das ist dasselbe, was ich auch gegen die so warm empfohlenen Güterschleppbahnen eingewandt habe. Wenn Sie sich die Situation mit etwas sachberständigen Augen ansehen wollen, so werden Sie vollständig davon überjeugt sein, daß das nicht geht. Wir können wohl die Schleppbahnen an die Peripheriebahnhöfe an⸗ setzen; aber was erreichen wir denn damit? Im Revier wird's nur noch schlimmer. Wenn man dann noch die Kapitalgaufwendungen und die Kosten der Unterhaltung sowie des Betriebes betrachtet, so werden Sie finanziell jedenfalls auf ein ungünstigereã Resultat bei den Schleppbahnen kommen, als beim Kanal.

Endlich die Verbilligung! Es wird ja vielfach geleugnet, daß eine Nothwendigkeit vorliege, die Trangportkosten zu verbilligen. Meine Herren, diese Nothwendigkeit ist eine unbedingte; denn ohne eine Verbilligung der Trangportkosten für unsere Massengüter werden wir auf die Dauer nicht mehr konkurrenzfähig bleiben gegen das Aug⸗ land (sehr richtig! links), welches in dieser Beziehung sich außerordentlich viel vortheilhafterer Bedingungen erfreut, als es bei uns der Fall ist. Wir sind auf den Eisenbahnen schon vielfach bis an die Grenzen unserer Selbsftkosten herangekommen; ich will hier nicht weitläufig sein, in den Kommisstonsverhandlungen ist das mit Ziffern belegt worden. Wenn aber, wie vielfach gefordert wird, das eintreten sollte, daß wir die Tarife auf den Eisenbahnen bis auf die Kanaltransportkosten herunter⸗ setzen sollen, dann, glaube ich, ist der finanzielle Bankerott des Staates vor der Thür. Denn dann handelt es sich nicht mehr um einen ideellen 50 Millionenausfall, dann handelt es sich um positive Ausfälle von Hunderten von Millionen. (Hört, hört! links.) Ob der preußische Staat das ertragen kann, darf ich getrost Ihrem Ur theil überlassen.

Der Ausfall, der jetzt berechnet ist, ist eben nur ein ideeller. Das wird leider häufig, wenn der Ausfall angeführt wird, nicht mit- erwähnt; das hat auch gestern der Herr Abg. Rewoldt nicht gesagt, obwohl es in den Ausführungen unmittelbar dahintersteht. Das sind die Berechnungen, die lediglich auf Grund der Statistik aufgestellt sind. Wie das geschehen ist ich will das auch noch hervorheben ist ja angeführt worden. Es steht aber in einem Satz dahinter, daß dieser 50 Millionenausfall nicht eintreten wird; denn die Erfahrung, die wir bisher mit den Wasserstraßen gemacht haben, beweist in jedem einzelnen Fall ganz unwiderleglich, daß der Verkehrszuwachg, den die Wasserstraße gebiert, zu einem nicht geringen Theil auch der Land—⸗ wirthschaft wieder zu gute kommt. (Sehr wahr! links.)

Das ist in zwei Beispielen aus der neuesten Zeit unwiderleglich dargethan, sodaß man wirklich darüber kaum noch etwas sagen kann. Es handelt sich hier um den Main⸗Kanal und den Oder⸗Spree⸗Kanal. Haben denn die Eisenbahneinnahmen infolge des Main⸗Kanals und des Oder⸗Spree⸗Kanals beides Wasserstraßen von außerordentlicher Leistungsfähigkeit und außerordentlicher Frequenz sich in irgend welchem nachweisbaren, wesentlichen Maße ermäßigt? Der Verkehr ist fortlaufend gestlegen. Neben dem Rhein laufen zwei Eisenbahnen. Diese sind beide allmählich auf vier Gleise gebracht worden; der Ver⸗ kehr ist kaum noch zu bewältigen. Ist das nicht auch ein Beweis dafür?

Dann aber ferner: in den 10 Jahren sind die bo Millionen, die da ideell herausgerechnet sind, ja längst überwunden. Gz ist ja in der ersten Lesung schon gesagt worden: wenn man nur einen mittleren Durchschnitt von 3 0/0 Mehreinnahme annähme die letzten Nach⸗ weisungen geben 6 und 7 9ο —, dann haben wir eine Mehreinnahme von einer halben Milliarde nach Ablauf der 16 Jahre, und dann werden wir wohl die 50 Millionen, wenn sie eintreten sollten, auch noch ertragen können.

Und was nun das direkte Ristko betrifft, so wird das unzweifel. haft keinem einen Pfennig kosten. Selbst wenn der Kanal wirklich keine Ueberschüsse bringt, so würde das finanzielle Risiko des Staates ö bis 6 Millionen betragen. Ich möchte den Kunstler sehen, der von den 6 Millionen nun die Rückrechnung auf die Steuerpflichtigen machen kann mit 0, 9. (Heiterkeit. Sehr gut! links.) Meine Herren, diese Sorgen können Sie unmöglich bestimmen, den Kanal abzulehnen.

Meine Herren, ein Hauptkapitel, das auch immer wiederkommt, das allerdings in der K.ommisslongberhandlun o allmaͤhlich vollstandig verduftete,

war die Befürchtung, daß durch den Ranalbau der Landwirthschaft eine Menge von Leuten würde entzogen werden. Meine Herren, ich glaube, daß es nicht überflüssig ist, wenn ich hier ganz kurz zur Widerlegung dieser Behauptung noch einige Ziffern ins Gefecht führe. Ich war vor einigen Wochen am Elb. TraveKanal und habe mich dort nach den Arbelkerverhältnissen ganz genau erkundigt. Der Elb⸗ Trave Kanal hat in der vollen Bauzeit durchschnittlich 2000 Arbeiter beschäftigt, der Dortmund ⸗Ems⸗Kanal 3500. Schon diese ahsolute Ziffer ist eine solche, daß daraus unmöglich Befürchtungen wegen Leutenoth im ganzen Lande entstehen könnten. Aber, meine Herren, die Leutenoth ist nicht einmal entstanden an den Ufern der Kanaͤle, wie ich mich speziell unterrichtet habe. Fragen Sie die Leute, die dort ansässig sind, ob sie was von der Leutenoth gemerkt haben! Das ist auch ganz natürlich. Denn von den 2000 an dem Elb Trave Kanal waren 500 Handwerker; die liefert die Landwirth⸗ schaft nicht. Dann waren 1000 big 1200 etwas wechselt das ja Stammmannschaften der Unternehmer, mit denen sie von einem Unternehmen zum anderen ziehen. Eg blieben also 300 bis 500 Tage⸗ löhner im Ab und Zugang. Das waren nun allerhand Volker zum theil nicht der allerreinlichsten Art und zum geringsten Theil eigent⸗ liche landwirthschaftliche ständige Arbeiter. Die Leute sind aber regel⸗ mäßig, und zwar auf Veranlassung der Bauverwaltung, zur Erntezeit und sonstigen bedrängten Zeiten der Landwirthschaft zugeschoben worden. (Hört, hört! link..) Die Landwirthschaft hat nur Vortheil davon gehabt. Und schließlich das Resumé, dag mir die Leute am Elb— Trave Kanal sagten, war: Sorgen Sie dafür, daß wir morgen noch einen Kanal gebaut kriegen, dann verdienen wir wieder um so mehr Geld! (Heiterkeit. Hört, bört! links Denn alle unsere Produkte haben wir besser abgesetzt, unser Land ist um so und so viel gestiegen, und von irgend einer Noth haben wir keine Spur erlebt. Dasselbe ist der Fall gewesen beim Dortmund ⸗Emg⸗ Kanal; dasselbe ist der Fall gewesen beim Kaiser Wilhelm ⸗Kanal.

Meine Herren, wenn Sie uns nun darauf verweisen, wir sollten statt der Kanäle Eisenbahnen bauen, so müssen Sie sich doch ver⸗ gegenwärtigen, daß in dieser Beziehung der Gisenbahnbau Ihnen viel gefährlicher ist. Dort haben wir es fast ausschließlich mit Hand⸗ arbeitern zu thun, die genommen werden, wo sie zu bekommen sind, während beim Kanalbau meistentheils mit Maschinen gearbeitet wird; mit den großen Baggern u. s. w. wird die Erde ausgebaggert, und der eigentliche Ab.⸗ und Zugang von Arbeitern wird mit verhältnißmäßig geringfügigen Arbeiten beschäftigt, die auch dann demgemäß gelohnt werden. Ich glaube daher, daß auch diese Befürchtung unmöglich die Herren ver—⸗ anlassen kann, den Kanal abzulehnen.

Es sind eine Reihe von Anträgen zu dem Gesetzentwurf gestellt worden. Sie sind nur theilweise hier zur Erörterung gebracht worden. Ich möchte bezüglich zweier Punkte, welche die Linienführung dez Kanals betreffen, hier nur eine ganz kurze Bemerkung machen. Aus einem vergilbten Schubfach ist eine Sache herausgenommen worden, die dort seit 1882 vollständig ruht, an die in der Zwischenzeit kein Mensch mehr gedacht hat, auch die Interessenten nicht gedacht hatten: das ist der Küstenkanal. (Heiterkeit links. Meine Herren, nun will ich garnicht in Abrede stellen, daß der Küstenkanal auch eine nützliche Verkehrsstraße darstellt, und die Staatsregierung wird gewiß nicht abgeneigt sein, wenn der preußische Kanal, der Kanal, der mitten durch das preußische Land geht, gesichert ist, dann auch mit Oldenburg und Hamburg, den beiden Hauptinteressenten, in Verhandlung ju treten über den Bau dieses Küsten⸗ kanals, etwa auf der Grundlage, auf welcher Bremen die Weser kanalisiert hat. (Lebhaftes Bravo links. Unruhe rechts.) (Zuruf bei den Freisinnigen: Sie wollen ihn ja garnicht Die Hauptinteressenten haben sich überhaupt noch nicht zu diesem Kanal gemeldet, und degwegen ist es vielleicht doch nicht ganm ungerechtfertigt, wenn man annimmt, daß der Küstenkanal im wesentlichen dazu be⸗ stimmt ist, den Rhein⸗Elbe⸗Kanal vorläufig bei Selte zu schieben. (Sehr richtig! links.)

Der zweite Antrag, der uns ja auch noch beschäftigen wird, ist der, für den sich ein Theil der Herren aus dem Zentrum wesentl ich interessiert: das ist der Lippe Kanal. Die Staatzregierung hat ihr Interesse für diesen Kanal bereits durch eine präzise Erklärung be—⸗ kundet. Dabei bleibt sie natürlich, aber ein Ersatz des Rhein Elbe⸗ Kanals auf der Strecke Rhein —Dortmund durch den Lippe⸗Kanal kann nicht geschaffen werden. Der Lippe⸗Kanal erfüllt nur einen Theil und jwar nicht mal einen sehr erheblichen Theil der Voraus⸗ setzungen, von welchen die Staatzregierung ausgeht, wenn sie Ihnen das jetzige Projekt vorschlägt. Nichtsdestoweniger verkennen wir durchaus nicht, daß der Lippe Kanal an sich eine volle Berechtigung hat, und sind sehr gern bereit, mit der Provinz Westfalen alg der eigentlichen Bauherrin über billige Bedingungen uns zu verständigen. Bedingungen der Staatsregierung für die Konzession aber durch das Gesetz aufzuerlegen und zwar zu einer Zeit aufjuerlegen, wo über diese Bedingungen noch weder unter den einzelnen Ressorts irgend welche Erörterung gepflogen ist, noch auch mit der Provin; West⸗ falen selbst, halte ich, abgesehen von den grundsaͤtzlichen Bedenken, doch für unzulässig. Ich glaube daher schließen zu dürfen, daß, wenn man jedes einzelne Bedenken sür sich unter die richtige Beleuchtung bringt, die einzelnen Bedenken, wie hier auch schon behauptet worden ist, entweder allmahlich gänzlich verschwinden oder doch auf ein Minimum reduziert werden, sodaß Sie schließlich doch Ihre Zustimmung zu diesem großen Kultur und Landes melioratlons werk nicht versagen werden. (Lebhafter Beifall link.)

Abg. von Jazdzjewgki (pole): Wir n ü Landwirthschaft und Industrie 9 , , n , . Erwerbslebeng einzelner Landestheile. Wir verschließen uns aber nicht der Erkenntniß, daß ,. Kanal z die Provinz, die wir vertreten, in, absehbarer Zeit große Rachthei e, wenn auch nicht Schäden mit sich bringen würde. Wir können also nur für den Kanal stimmen, wenn die Regierung untz zusichert, der Gisenbahnbau, der bisher in unserer Provin; vernachlässigt worden ist, und noch vernachlassigt wird, weitergeführt unb * in der nächsten Session ein allgemeiner lan vorgelegt wird, wie eine Verbindung bon dem Osten nach dem Westen noch weiter gefördert werden wird. Wir hatten gehofft, daß diese Wünsche in der Kemmission genügend berücksichtigt werden würden. Diese Wünsche sind in Petitionen niedergelegt, aber von der Regierung und namentlich vom isenbahn⸗ Minister fehr lau behandelt worden, während andere Wünsche berück=

tigt worden sind. Wenn ö. das allgemeine Landeginteresse in erster Linie ö. t, so müssen wir doch mit den Stimmungen in a beren Wählerkrelsen rechnen, die dem ganzen rojekrte abgeneigt

ind. Die Interesfen, die in unserer Gegend herrs en, sind dieselben, die von den Konservativen bertreten werden. Zu den Gründen,

frage. Dle Arbeiternoth ist so groß, daß darüber kein . leren ist, und meine Landsleute befürchten mit Recht, . . Kanalbau ihnen die Arbelter noch mehr alz bigher würden entzogen werde und sie böchstens minderwerthige Arbeiter von jenfeits den Grenze kommen würden. J

Präsident von Kröcher: Ich bitte, nicht auf die Leut zugehen, oder nur in Verbindung mit der Kanalfrage. ö. . en

Aba. Dr. von Jajdjewski ole). Die Ursachen, di noch für oder gegen den Kanal sprechen, sind ja . er e ste Minister für Landwirthschaft c. Freiherr von Hammer

ein:

Meine Herren! Ich nehme ungern das Wort, weil, wie sch der Herr Arbeltz. Minister ausgeführt hat, im wesentlichen die handlungen sowohl im Plenum wie in der Kommission die Grůnd die für und gegen die Vorlage geltend gemacht werden können, en schöpfend behandelt und eingehend beleuchtet haben, sodaß schnn Reues vorzubringen ist. Auch mir wird es schwerlich gelingen, net Neues vorjubringen.

eine bestimmte Ansicht gewonnen hat, aber in die Lage die Richtigkeit seiner Ansicht erneut sich dem nicht entziehen. So bin ich mit der vollkommenssu Objektivität an solche Prüfung meiner früheren, in e Generaldiskussion gemachten Ausführungen herangetreten, nachden mir das Gesammtergebniß der Verhandlungen hier im hohe Hause und in Ihrer Kommission vorlag. Ich kann mit voller g stimmtheit und Ueberzeugung sagen, daß diese Prüfung zu dem 6 gebniß geführt hat, daß von den Gründen, die ich für meine ieh, zeugung in der Generaldiskussion darlegte, nach meiner Auffassn keiner abgeschwächt oder widerlegt ist.

Anders liegt die Sache bei den Herren, die gegen die Kanalvorln sich geäußert haben. Noch heut zu Tage wird durch die Presse, namen die Agrarpresse, der Glaube verbreitet und wird in weite Schichten Bevölkerung getragen, einmal, daß die Kanalvorlage die Landwirthsi schädige, ihr jedenfalls nicht zum Nutzen gereiche, und zweiten ij das ganze Unternehmen ein kapitalistisches, lediglich im Interessin einzigen Produktivstandes, der Industrie, wirkendes sei. N Herren, der Herr Graf Limburg hat geftern ausdrücklich erklärt. jetzt die Gegner der Kanalvorlage anerkennen wollen und müssen, ij eine Schädigung der Landwirthschast nicht eintrete, daß sogar, won ich seinen Worten richtig gefolgt bin, zum theil der Landwirthsch aus dieser Kgnalvorlage Vortheil erwachsen werde.

Meine Herren, meine frühere Behauptung, allein die Kanalvorlage die Landwirthschaft nicht schãdig sondern daß sie ihr direkte und große Vortheile bring, ist nach meiner Auffassung durch die Verhandlungen in der Kon mission in ausgiebigfter Weise begründet und klargestellt. Ich ver weise Sie auf denjenigen Theil der Kommissionsverhandlungen, de Sie, wenn ich nicht irre, auf Seite 17 des Kommissionsberichte finden, wo während eines ganjen Tages die Frage, wie weit dan Kanalunternehmen die Landwirthschaft schaͤdige oder ihr nützlich se Gegenstand eingehendster Erwägung war. Das Schlußresultat is gewesen, daß jweifellos die Landwirthschaft keinen Schaden von den Kanalbau, vielmehr zum großen Theil Nutzen habe.

Dafür läßt sich noch ein unanfechtbarer, weiterer Bew⸗ erbringen. Eg steht fest, daß die Landwirthe im Osten seit Jahr 4 Tag mit immer wachsender Energie die Einführung von Stahsh⸗ tarifen, die vorübergehend mal eingeführt waren, beantragt und erstih haben. Was war denn das Ziel dieser Bestrebungen? Doch zweifelt meine Herren, im Großen und Ganzen, den Ueberschüssen der Land und Forstwirthschaft des Ostens in ihrem Interesse einen Absatz mai Westen hin, nach dem hauptsachlich in Betracht kommenden rheinisch⸗ westfälischen Markt und auch nach Mitteldeutschland zu verschaffen.

Meine Herren, durch den Widerstand, den die westlichen Gebich den Staffeltarifen entgegengebracht haben, dem auch die sũddeutschen Staaten sich anschlossen, sind die Staffeltarife, wie ich fest überzeugt bin, jur Schädigung und jum Nachtheil des Osteng gefallen. Wal ist aber jetzt der Fall, meine Herren? Wenn auch nicht in gleichen Maße wie durch die Staffeltarife, aber doch immerhin in ähnlich wirkender Weise soll jetzt durch die Wasserverbindung zwischen den Osten und dem Westen der Gftlichen Landwirthschaft Ri Mitkonkurrenz auf dem westlichen Markt, namentlich in Westfalen, ermöglicht werden, unter vielleicht niedrigeren Transportkosten, als sie die Eisenbahnen zu gewähren vermocht haben.

Meine Herren, das ist nach dieser Darlegung zweifellos, daß woll der Osten ein erhebliches Interesse an dem Rhein-Elbe⸗Kanal het, indem auch für ihn das reiche Konsumptionsgebirt des Westeng en schlossen wird, und zwar unter geringeren Frachtkosten.

Meine Herren, es ist wiederholt in den Verhandlungen herbor⸗ gehoben, daß et unerklärlich sei, weshalb große Theile der westlichen Landwirthschaft nicht mit voller Wärme für den Kanal eingetreten sind. Meine Herren, dleselben Personen, die mit einer gewissen Tenanttät die Einführung der Staffeltarife bekämpft haben aus den Grunde, weil sie die Konkurrenz des Oftens auf ihrem Markt he⸗ fürchten, dieselben Vertreter dieser Interessen haben im wesentlichen dasselbe Bedenken bei der Ausführung des Kanal= baus, weil sie fürchten, daß für ihren Markt aut der Mitbetheiligung des Osteng eine ihre Kreise schädigende Konkurren erwachse. Daraus geht nach meiner Meinung mit Klarheit und unwiderleglich hervor, daß der Osten ein sehr erhebliches Interesse an dem Ausbau des Kanals hat.

Und, meine Herren, schlagender, al ich es vermag, hat der Herr Vertreter der Kriegsverwaltung nach dieser Richtung hin klaͤrend in die Debatte eingegriffen. Dieselben Momente, die Auf⸗ schlag gebend sind für den Fall einer Mobilmachung, wo auf der Basis der Rh einvertheidigung alles darauf ankommt, die Bedürfnisse des Krieges daz sind hauptsãchlich landwirthschaftliche Produkte möglichft rasch, möglichst gesichert bei Ueberbürdung der

) gelang ju prüfen so darf a

daß nich

meine Herren, sprechen schlagend ebenso wie für die Anschauung de Landesbertheidigung, auch dafür, daß der Osten ein erhebliches, durch; greifendes Interefse daran hat, daß ihm die Moglichkeit, mit seinen land / und forstwirthschaftlichen Produkten unter lichst billigen Verfrachtungsgebühren den Markt des Westen zu erreichen, gewährt wird. Meine Herren, darüber besteht, sowel ich dem Gange der Verhandlungen gefolgt bin, Einigkeit aller Partelen, daß die bestehenden Verkehrseinrichtungen den berechtigten Ansprüchen

die die Konservativen zur Ablehnung bringen, gehört die Arbeiter

des Westens, namentlich der Industrle, zur Zeit nicht genügen. Der

Meine Herren, ich glaube, daß es Pflicht eines Jeden ist, dn

Eisenbahnen nach dem Westen hin zu befördern dieselben Gründe,

mog /

Herr Arbeits. Minister hat vorhin in seiner Rede aubführlich dargelegt,

daß sie schon jetzt unzureichend sind. Meine Herren, unter den sämmtlichen Parteien des hohen Hauses besteht nur darüber Meinunqoverschiedenheit, auf welchem Wege diesen Verkehrsbedürfnissen des Westens am besten

Rechnung getragen werden kann. Während die Gegner der Kanalvorlage

meinen, daß durch welteren Ausbau des bestehenden Bahnsystems, durch Einfübrung von Schleppbahnen u. s. w. diesen Bedürfnissen billiger und ohne Gefährdung der Staatsfinanzen Rechnung getragen werden könne, daß damit auch die Bedenken gegen den Kanalbau wegen Steigerung der Arbeiternoth vermieden werden, behauptet die Gegen⸗ partei, daß im Gegentheil das billigere, zweckmäßige und autreichendere Mittel der Bau von Wasserstraßen sei, welche die natürlichen Wasser⸗ straßen, die von Nord nach Süd in der ganzen Monarchie führen, durch einen von Westen nach Osten führenden Kanal verbinden und so ein Ineinandergreifen des Wasserstraßensystems schaffen.

Meine Herren, ich will Vorgänge aus meiner Vergangenheit hier kurz streifen. Sie beiiehen sich auf die Frage, ob es zweckmäßig und moglich ist, durch Schleppbahnen einen umfangreichen Verkehr zu be⸗ wältigen. Der erste Vorgang war, als der Staat Bremen vor die

SFage gestellt wurde, ob er zur Verbindung Bremens mit Bremer⸗

haben und Geestemünde das gefahrvolle Unternehmen der Regulierung der Wasserstraßen der Weser vollführen solle ein kostspieliges Unternehmen, das von höheren Technikern vielfach als unausführbar bejeichnet wurde —, oder ob es sich empfehle, durch Schleppbahnen den Verkehr jwischen Bremen einerseits, Bremerhaven und Geestemünde andererseits zu vermitteln. Nach sorgfältiger Prüfung der Erfahrungen, die mit dem Ausbau der Weser gemacht waren, wie nach eingehendster Prüfung der Frage, ob überall Schleppbahnen dem Verkehrsbedürfniß Bremens nach seinen Häfen genügen würden, war die übereinstimmende Ansicht aller Betheiligten damals, daß die Schleppbahnen ein theureres, ungenügenderes Mittel seien zur Bewältigung des Verkehrs. Die selthem zur Ausführung gelangte Weserregulierung ist durchaus ge⸗ lungen und hat im vollsten Maße die Richtigkeit der Anschauungen derer bestätigt, die von vornherein behaupteten, eine Schleppbahn sei nicht in der Lage, den Wasserverkehr mit seinen Massentransporten u ersetzen.

Einen zweiten Vorgang - möchte ich streifen. Als das Kleinbahn gestz erlassen wurde, trat an die Provinz Hannover, an deren Spitze iz damals stand, die Aufgabe heran, sich über die Erfolge derartiger

Anlagen zu unterrichten. Damals habe ich mit anderen Herren eine

lingere Instruktionsreise nach Belgien und Luxemburg gemacht, wo daß Kleinbahnsystem mustergültig ausgebaut war. Auch habe ich da⸗ mals eine Reihe von Schleppbahnen in Belgien kennen gelernt und das Urtheil derer gehört, die an dem Betrieb, an dem Bau, an den Kosten betheiligt waren. Ich kann versichern, daß man in Belgien zu der iweifellosen Anschauung gelangt ist, daß die Schleppbahnen ein ungenügende, ein kostspieliges und in seinem Betrieb schwer zu hand⸗ habendes Mittel sind, um größeren Verkehr zu bewältigen.

Meine Herren, bei der Gelegenheit will ich, ohne weiter auf die interessanten Ausführungen des Herrn Arbeits. Ministers einzugehen, doch kurt auch den Gesichtepunkt berühren, der wiederholt hier in den Verhandlungen von den Kanalgegnern hervorgehoben ist, daß der Bau von Kanälen geeignet sei, unsere Leutenoth noch erheblich zu stelgern. Wenn Sie meiner Ausführung gefolgt sind und in dieser Basehung mit mir anerkennen, daß wir nur die Wahl haben zwischen

Mitteln: entweder dem Ausbau von Wasserstraßen oder dem Aikbun unseres Staatsbahnsystems und der Einführung von Echltmᷣbahnen, so müssen Sie zugeben, daß aus den von mir vorhin dargelegten Gründen die Entscheidung, wie auch der Herr Csenbahn⸗Minister vorhin schon anführte, ju Gunsten des Kanal⸗ bauez ausfallen muß. Ich trete den Ausführungen des Herrn Arbeits⸗ Ministerß nach den hinter uns liegenden Erfahrungen im weitesten Umfange bei, daß der Bau von Kanälen, wie der Bau des Nord. Ostsee⸗ Kanals und der Moorkanäle von neuem beweist, weniger auf massen⸗ hafte Heranziehung der Arbeiterschaft als vielmehr auf Maschinen⸗ kraft sich stützt, daß er durch große Unternehmer ausgeführt wird und daß die großen Unternehmer mit einem Arbeiterstamme, der meiftens dem Ausland angehört, diese menschliche Arbeit ausführen ohne Beschränkung der Arbeitskräfte, die für den landwirthschaftlichen Be⸗ trieb u. s. w. vorhanden sind. Andererseits ist zweifellos, daß, wenn große Bahnen im Industriegebiet noch in größerem Umfang zum Bau gelangen, die Ausführung dieser Bauten ausschließlich und wahrschein⸗ lich in sehr erheblichem Umfang von der inlaäͤndischen Arbeiterschaft bewerkstelligt werden wird. Auch nimmt der Cisenbahnbau gegenüber dem Kanalbau im Betriebe ganz erheblich mehr Arbeitskräfte dauernd in Anspruch, ebenso in Beaussichtigung der Eisenbahnen, in der Streckenarbeit und in anderen Arbeiten.

Außerdem liegt eine große Gefahr für die preußischen Staatsfinanzen in der unermeßlichen Vermehrung des für den Betrieb der Eisen⸗ bahnen und für deren Sicherheit erforderlichen Staats beamtenpersonals. Bauen wir ftatt der Schleppbahnen u. s. w. Kanaͤle, so fallen diese Bedenken fort. Die Unterhaltung der Kanäle erfordert längst nicht die stete Mitwirkung von Arbeltskräften; der Betrieb der Kanäle geht aus der Hand des Staates in die Hand des Privatbetriebes über. Also die Beamten, die dort in viel geringerem Umfange mit⸗ wirken, werden nicht Staats beamte sein, für deren Fürsorge der Staat die Verantwortung trägt, sondern dat ist dann Sache des Prizatbetriebs, und somit saällt diese Gefahr für die Staatsver— waltung fort

Meine Herren, ich möchte noch bemerken, wenn wir nis fragen, welche großartigen wirthschaftlichen Aufgaben der Freußische Staat noch zu erledigen haben wird und woher wir zur Durchführung dieser Aufgaben die Mittel zu nehmen haben, so shaube ich, sind Sie alle mit mir darin einderstanden: die reichste Einnahmequelle, die der preußische Staat hat, gewährt die Industrie.

enn Sie prüfen, woher die Ueberschüsse der Ginnahmen der Eisen⸗ ahnen vornehmlich kommen, werden Sie finden, daß bei weitem der berwiegende Antheil an diesen Ginnahme⸗ Ueberschüssen aus em industriellen Verkehr vornehmlich des Westens herrührt. ollen Sie also die wirthschaftlichen Aufgaben, die der Staat noch

1. großem Umfang zu erfüllen hat und zweifellos erfüllen will, chern, dann dürfen Sie nicht eintreten lassen, daß derjenige Faktor, der Aie sichersten und reichsten Cinnahmen dem Staat zuführt, seine on kurremfaͤhigteit gegenüber dem Ausland und damit seine finanzielle kehstungcsihigteit einblßht, baß setnen Lebens. und? Berkehtgbehurfuissen W das ist die Lebensader der Industrie des Westens der entjogen wird. Denn sonst gefährden Ste nicht bloß die sondern Sie schaffen die Unmöglichkeit, daß der

Staat den großen, wirthschaftlichen Aufgaben, die vornehm⸗ lich im Osten und vornehmlich auf dem Gebiete der Land⸗ wirthschaft liegen, und die ohne staatliche Hilfe nicht gelingen können, nachkommen kann. Im Gegensatz zur Auffassung det Herrn Grafen Limburg bin ich der Ansicht, daß wir durch den geradezu uferlesen Ausbau von Staatsbahnen mit fast unerschwinglichen Kosten, die seit 150 Jahren im preußischen Staate bei der Krone und beim Lande bisher befolgte weise Wirthschaftspolitik verlassen und damit auch die Finanzlage des Staates gefährden.

Meine Herren, ich habe in meiner ersten Rede schon darauf hin⸗ gewiesen, daß, wenn wir eine sichere Garantie für eine gesunde wirth⸗ schaftliche Entwickelung gerade in der bevorstehenden Zeit, wo wir vor dem Abschluß der Handelsperträge stehen, haben wollen, nichtz

gefährlicher ist, als wenn die produktiven Stände sich mit einander

verfeinden. Zu keiner Zeit ist es so gefährlich, in den produktiven Ständen, vor allen Dingen in Landwirthschaft und Industrie, einen Riß eintreten zu lassen, als jetzt. Wenn Sie die Vorlage ablehnen, dann ist nach meiner Ueberzeugung unsere wirthschaftliche Entwickelung, besonderg nach der Richtung der Erlangung außreichenden Zollschutzet⸗ in bedenklicher Weise gefaͤhrdet.

Der Herr Graf Ballestrem führte gestern aus, in Schlesien würden wie bisher Landwirthschaft, Handel und Industrie auch ferner⸗ hin, wenn der Kanal abgelehnt würde, zusammenstehen. Ich gestatte

mir, darauf hinzuweisen, daß in allen schlesisch partikular⸗schlesischen?

Fragen, wenn es sich darum handelte, Gisenbahnvorlagen, große Meliorationganlagen zu schaffen, eine Verstärkung des Dotationsfonds zu erwirken, bisher die Schlesier Hand in Hand gegangen sind. Ich bin darüber auch nicht zweifelhaft mit dem Herrn Grafen Ballestrem, daß auch in Zukunft, wenn es sich um schlesisch partikular⸗schlesische Fragen handelt, dort Landwirthschaft, Handel und Industrie auch ferner wie bisher zusammengehen werden, mit der größten Energie und Ueberzeugungetreue ihre Interessen gemeinsam vertreten werden. Aber, meine Herren, das nützt dem ganzen Staate nicht. Wenn wir eine gesunde politische, wirthschaftliche Entwickelung in unserem Staatsleben haben wollen, dann ist es in dieser Zeit geradezu gefahrdrohend, wenn ein Riß zwischen Industrie und Land wirthschaft herbeigeführt wird, und darüber, meine Herren der Ueberzeugung muß ich Ausdruck geben —, kann ein Zweifel nicht be—⸗ stehen, daß ein solcher Riß befürchtet werden muß, wenn Sie der rheinisch · westfälischen Industrie dasjenige nicht gewähren wollen oder nicht gewähren zu können vermeinen, was für ihr Leben, ihre weitere Entwickelung und ihren Fortschritt absolut erforderlich ist. In gegen⸗ wärtiger Zeit halte ich es für gefahrdrohend, in dieser Beziehung nicht vorsorglich zu handeln.

Der Herr Graf Limburg bat in seiner gestrigen Rede behauptet, das Verstaatlichungssystem der Bahnen, die bisherige Tarifpolitik des Staates werde durch Einschiebung von Wasserstraßen verlassen und durchbrochen, ich glaube, so war die Ausführung des Herrn Grafen. Meine Herren, Recht würde der Herr Graf haben, wenn es sich darum handelte, daß der Ausbau der Wasserstraßen nicht vom Staat, sondern vom Privatkapital ausgeführt würde, wenn daz Tarifsystem auf diesen vom Privatkapital ausgebauten Wasserstraßen mehr oder weniger der Einwirkung des Staats entzogen würde und wenn da⸗ durch ein bedenklicher Konkurrenzkampf zwischen Eisenbahnen und Wasserstraßen geschaffen würde.

Aber, meine Herren, ganz im Rahmen der Verstaatlichungspolitił der Eisenbahnen will der Staat die Wasserstraßen ausbauen und die Tarifpolitik auf diesen Wasserstraßen allein in der Hand behalten. Daraus folgere ich das Gegentheil der Darlegungen, die der Herr Graf Limburg gemacht hat.

Meine Herren, meine Stellungnahme zur Frage der Kompen⸗ sationen habe ich in meinem früheren Vortrage ausgiebig klargelegt. Nach einer Richtung haben die neueren Verhandlungen völlige Klarheit gebracht, nämlich in so welt, daß klar gestellt ist, daß die Staats- regierung wie bisher, so auch ferner gewillt ist, den berechtigten Kom⸗ pensationsforderungen, soweit sie jetzt schon klar vorliegen oder in Zukunft auftreten sollten, Rechnung zu tragen. Daß die Staatg⸗— regierung das vermag, dazu ist das gemeinsame Zusammenwirken der Landesvertretung und der Staatsregierung, namentlich die ehrliche

Mitwirkung derer erforderlich, aus deren Beutel die Haupteinnahmen

des Staates fließen. Wenn aber der Kanal abgelehnt wird, so entsteht die Gefahr, daß diese Mitwirkung nicht erreicht werden kann, und daß durch das Versagen der Mitwirkung wir die Mittel nicht erlangen, die nothwendig sind, um nach der Richtung hin allen Anforderungen gerecht zu werden.

Meine Herren, ich habe in meiner ersten Rede schon darauf hin⸗ gewiesen, daß nach meiner Auffassung die Ablehnung der Kanalvorlage den Osten und den Westen, die Industrie und die Landwirthschaft trennen und schädigen werde, daß diese Ablehnung für die Industrie geradezu gefahrdrohend sei und daß die Staatefinanzen, entgegen der Ansicht des Grafen Limburg, viel mehr gefährdet werden, wenn wir den Aus—˖ bau unseres Eisenbahnsystems mit Einfügung von Schleppbahnen in die Hand nehmen, als wenn wir diese Wasserstraße ausführen, deren Tragweite und finanzielle Bedeutung wir vollständig zu übersehen in der Lage sind.

Meine Herren, ich will noch auf eine kurze Episode aus meinem Leben, etwa in den J0 er Jahren, zurückgreifen. Ich traf vor einigen Jahren auf einer Reise mit einem Engländer zusammen, der von seiner Regierung nach Deutschland geschickt wurde, um deutsche Kultur, deutsche wirthschaftliche, Landwirthschaftz. und Industrieperhaäͤltnisse ju studieren und darüber seiner Regierung Bericht zu erstatten. Ich trat auf der längeren Reise dem Herrn näher, und er entwickelte mir den Eindruck, den er mit nach England herübernehme. Er erklärte mir, die Entwicklung der deutschen Industrie, die gewaltigen Fort- schritte, die die Landwirthschaft gemacht habe, und die ihr noch bevorständen, die weitere Entwicklung der ganzen deutschen Kulturverhältnisse, die bedeutungsvolle Einwirkung der Eini= gung des deutschen Volkes habe auf ihn einen überwältigenden Eindruck gemacht, und er käme zu der Ueberzeugung, daß in Zukunft Deutschland einen jetzt unübersehbaren Aufschwung nehmen werde. Aber, sagte er, in einer Beziehung ift Deutschland doch weit zurück. Der liebe Gott hat dem deutschen Vaterlande eine reiche Fülle von Wasserläufen und damit die Möglichkeit gewährt, wegen deg groß artigen Gefälles, das vom Gebirge biz in die Ebene vorhanden ist, sowohl für den Verkehr wie für die Industrie diese Wasserkräfte auf das Beste auszunutzen, und ich kann nur mein tiefstes Verwundern darüber aussprechen, daß diese Ausnutzung, die in England längst er⸗

auch die, die gestern von seiten der

ett sen wiede, zatetllhen t. Oleser arcspeitz bal ic bauch

tief berührt, und ich habe ihn seit Jahren nicht vergefsen. Auch der erste Kanzler des Deutschen Reiches hat wiederholt in

seinen öffentlichen Reden denselben Gesichte punkt berührt und darauf

hingewiesen, daß es die Aufgabe des Deutschen Reiches und der Einzel⸗ regierungen sei, in dieser Beüiehung sowohl für den Verkehr wie für die Ausnutzung der Wasserkräfte u. s. w. die vorhandenen Wasserläufe Deutschlandt besser zu benutzen.

Meine Herren, ein Theil des sich hieraus ergebenden Programm liegt in der gegenwärtigen Vorlage Ihnen vor. Freilich vermag ich einen direkten Beweig, wie der Reichtkanzler Fürst Bigmarck zu der vorliegenden Frage stehen würde, nicht zu bringen. Aber aus den Er⸗ klärungen, die mir vorgelegen haben, entnehme ich bestimmt, daß, wenn er noch an der Spitze der preußischen Regierung stände, er gleichfalls in dieser Frage mit der gegenwärtigen Staatsregierung diese Vorlage befürworten und vertreten würde. Ich sehe, daß manche Herren den Kopf schütteln. Nun, darüber läßt sich streiten. Ich kann Ihnen den Beweis nicht erbringen. Von meiner Ueberzengung aber lasse ich mich durch Ihr Kopfschütteln nicht abbringen, und die vielen sachlichen Gründe, Militärverwaltung für die Zweck⸗ mäßigkeit der Vorlage vorgebracht sind, sprechen für die Richtigkeit meiner Auffassung.

Der Herr Graf Ballestrem hat gestern seine Rede mit dem Wunsche geschlossen, er hoffe, daß die Kanal vorlage nicht zu stande kommen werde. Im vollkommenen Gegensatz zu ihm gebe ich mich der Hoffnung hin, daß im Interesse einer gesunden Entwickelung unserer inneren politischen Verhältnisse, im Interesse der Förderung sowohl der politischen wie der wirthschaftlichen Kräfte unseres Staates, im Interesse der Landwirthschaft, der Industrie, des Handels und der Gewerbe die Kanalvorlage zum Segen unseres Landes angenommen wird, und ich bitte Sie, meine Herren, diesem großartigen, verheißungsvollen Unternehmen, das seit 150 Jahren von den Monarchen des preußischen Staates als nothwendig, zweck⸗ dienlich und unentbehrlich vertreten ist, und dag von der Staatz⸗ regierung in voller Einmüthigkeit Ihnen empfohlen wird, Ihre Zu⸗ stimmung zum Segen des Vaterlandes zu geben. (Bravo h

Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Meine politischen Freunde treten einmüthig für die Vorlage ein, weil sie erkennen, daß ein großes Kulturwerk geschaffen werden soll. Es ist behauptet worden, daß alle Landwirthe des Ostens gegen die Vorlage stimmen werden; das ist nicht richtig; in unseren Reihen, wie bei der freisinnigen Ver⸗ einigung sind Landwirthe der Oflprobinzen und fie stimmen für den Kanal. Die organisierten Agrarler sind gegen die Vorlage, sie werden später anders denken. Wir fürchten uns nicht vor den . Millionen Mark, die unsere Eisenbahnen jährlich durch den Kanal verlieren sollen, wir hoffen, . die Kanglpolitik aus der Verknöcherung des Tarifwesens herauszukommen. Die Verkehrsverschiebungen treten bei jedem Eisenbahn., jedem Chausseebau ein. Sle treten manchmal auch ohne erkennbare Urfachen ein. Technische Bedenken gegen den Kanal existieren nicht; wir halten es nicht für nöthig, auf den Boden des Kanals Schienen zu segen, damlt ber r nach dem Verschwinden des Wasserg als Eifenbahn benutzt werden kann. Wenn Graf Moltke noch hier säße, würde er für den Kanal ftimmen. Wie finden sich denn die konfervattoen Kanalgegner mit dem Gutachten des Kriegs, Ministers ab? Wo bleibt zur Rechten) Ihr Respelt vor den militärischen Interessen? Nach der Darftellung des Abg. Grafen Balleftrem könnte es so scheinen, als ob ganz Schlesien zu den Kanalgegnern gehöre. Das ift nichi der Fall. Auf Kompensationen kann die Regierung sich nicht einlaffsen, denn wohin sollen wir damit kommen? Wir boffen, wie der Abg. Fritzen, daß es doch noch zu einer Bewilligung des ganzen Kanals kommen wird. Für den Torso Vm r ren können wir nicht stimmen. Wir hoffen aber auch, daß die Regierung die Ablehnung der Vorlage mit der Auflösung des Hauses der Abgeordneten beankworten wird. Fppur si muove, gebaut wird er doch!

Vize⸗Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Auch ich möchte mit der üblichen Reservation der früberen Redner beginnen: viel Neues für oder gegen die Vorlage oder zur Bekämpfung von gegnerischen Gründen und Bedenken kann man in der gegenwärtigen Situation der Verhandlung nicht mehr sagen. Dennoch glaube ich, es ist von Nutzen für die Beurtheilung der ganzen uns vorliegenden Frage, noch in einigen Punkten eine Nachlese zu halten. Im allgemeinen beziehe ich mich auf die Kommissions Ver⸗ handlungen und auf die ausführlichen Darlegungen meiner Herren Kollegen und auch verschiedener Redner hier im Hause, die die Frage ja nach allen Seiten bereitg gründlich erläutert haben.

Aber wenn es auch für dieses hohe Haus selbst nicht noth⸗ wendig ist, so halte ich die Frage, wem der Kanal eigentlich ju gute kommt, hier mit zwei Worten zu berühren im Interesse des Landes und zur Klärung der Stimmung im Lande doch noch für angezeigt. Man hört vielfach: der Kanal hat lediglich den Zweck, reiche Leute noch reicher zu machen; er kümmert sich nicht um die Nothleidenden im Lande, sondern er begünstigt nur die schon jetzt so sehr begünstigten Großindustriellen von der Montan industrie; er ist also dem Staatszwecke eigentlich zuwider. Meine Herren, wenn ich einem einfachen Mann auf dem Lande sage: Du leidest unter der Leutenoth; dir geht es auch in deinem Gewerbe im übrigen kümmerlich; dagegen sind im Westen reiche Bergwerksbesitzer, welche hohe Dividenden beziehen, dir die Leute weglocken durch böhere Bejahlung, und es wird dir jugemuthet, nun für diese, um sie in diesem die schädlichen Handeln noch weiter zu fördern, neue Geld⸗ mittel auf Staatekosten, für welche du auch haften mußt, zu bewilligen, W so ist mir ganz erklärlich, daß eine solche Rede auf den ersten Blick auf den einfachen Mann einen sehr bedeutenden Eindruck macht. Aber, meine Herren, gewiß, die Zechenbesitzer am Rhein und in Westfalen haben Nutzen von diesem Kanal, genau denselben Nutzen, den Sle, ohne daß dies einen Widerspruch gefunden hat, von der Herabsetzung der Kohlentarife und der Einführung des Rohstofftarttz für Kohlen gehabt haben; noch nie ist mir aber die Behauptung entgegengetreten, daß die Verbilligung des Transports der Kohlen lediglich und aus⸗ schließlich im Interesse der reichen Leute läge; das ganze Land weiß ganz genau, daß eg den größten Vortheil davon hat. (Sehr wahr! links.) . Meine Herren, Kohle ist heute ein allgemeines Bedirfniß, fast so wie Brot, es ist ein besonderes Bedürfniß für diejenige Landwirth⸗ schaft und die Landwirthschaft intendiert immer mehr dahin, neben- ; gewerbliche Betriebe zu haben die nicht bloß für den Haushalt, sondern auch für ihre Gewerbetriebe Kohlen gebraucht. Aber davon sehe ich ab. Kohle ist ein allgemeines Bedůrfniß.

Nun sagt man, den Vortheil haben doch allein die Kohl nzechen,

weil sie die Preise stellen können, wie sie wollen. Aber, meine