1899 / 198 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 23 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Gejahlter Preis für 1 Doppelientner

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Markttage

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Allensteien . Marggrabowa w Krotoschin. Ostrowed. . JJ chneidemühl .. Breslau, alter H.. neuer.

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Waldsee i. Wrttbg. . Mülhausen i. E..

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Bemerkungen. Ein liegender Strich (— in den Spa

32 2665

8 8

Die verkaufte 6

wird auf voll

1240 10,40

11 90 16 860

12,90 11,70 11,40 10,90 10,90 1100

11,49 1400 12,50

1420 13.36 185 56 14,66 1156 1176 11,16 10 96 14.265

e Doppeljentner und der Verkaufgzwerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. en für Preise hat die Bedeutung, daß der betreffende Preig nicht vorgekommen ift, ein Punkt

Hafer. 13,20 14500 11,20 11,20 12,40 12,60 11,20 11,40 11,10 11,20 12,50 12,75 13,00 13,50 12,50 12,70 11,80 12, 00 11,90 12,00 11,90 11,90 11,80 1220 15,00 16,30

13, 00 15,50 1600 12,75

13, 96 15,86 14,59 16 46 16 36 1336 13, 56 1756 .

15,00 12,40 12,50 11,80 11,70 14,75

14,00 1200 12, 80 11,40 11,30 14,00 13.50 12, 90 1220 12,90 12,40 1240 16,00 13,20 16,50 13,00 14,60 17,20 13,60

12,40 10, So

11,00 11,00

1200 1200 11,59 11,40 11,40 11,B20

1110 1460 136

14,0 13,090 16,50 14,00 11, 80 12,00 11,B50 11,20 14,25

13,20 10, Sl 12, 20 11,20 11,090 11,20 13, 00 12,20 11,60 11,50 11,40 11,60 14,00

1600 12 75 15, ho 14 36 135.56 17,56 14,56 1766 17.36 11366 11,15 1476

1250 12,370 12, 00 11,96 165, 25

12,80 12.90 1220 12,20 15,25

Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten 8 berechnet. (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender

ericht fehlt.

Großhandels ⸗DDurchschnittspreise von Getreide

au außerdeutschen Börsen⸗Plätzen

für die Woche vom 14. bis 19. August 1899

nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.

1000 kg in Mark.

(Preise für prompte lLoco⸗] Waare, soweit nicht etwas Anderes bemerkt.)

Roggen, Pester Boden

Weljen, Theiß⸗˖

8g. ungarischer, prima erste, slovakische 8

d Roggen, Mittelqualitãt Weljen, z

6. erste, Malz⸗

Roggen 3 jen, Saxonka

Roggen, 71 bis 72 Kg per hl W., Ulla, 75 bis * E per hl

) ga. Roggen, 71 bis 72 kg per hl Wetzen, 75 bis 76 kg ver hl

Paris. a lieferbare Waare des laufenden Monats

Antwerpen. Donau, mittel Azima 74 bis 76 kg per hl Red Winter Nr. 2 Kansas Walla Walla La Plata, mittel Bombay, Club white

Am sterdam. Asow⸗

Roggen St. Petersburger Weijen, amerikan. Winter⸗ London. a. Produktenbörse (Mark Lane). . rot b. Gazette avergges.

englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten

Liverpool.

Welzen

fer

Weizen erste

Weizen. Ghicago Spring Nr. 2 i Kansa

k b Kurrachee, weiß, ordinär engl. weißer ö

Hafer

ö Brau⸗ Schwarze Meer⸗ Chieago.

gelber U Californier C

Weijen, Lieferungs⸗Waare per September.

New York. Red Winter Nr. 2

per September. .

per Dezember..

Woche 14/19. August 1899 122,87 161,01 99,15 144,06

111,86 146,94

7,45 129,48

100, 15 138,17 93,21

98 oz 11755

103,95 118,43

110,44 159,47

1344,74 129, 131,93 132,72 131,B93 132,72 130,38

119,70 116,35

115,50 1265,30 151,76

127,80 157.36 130 62 1585 135745 135.3 15156 12758 175 55 139,1 171,12 156 9 147 38 162, 58

119,28 113,82

120, 25 118,52

Weizen Lieferung are

Bemerkungen.

per Dezember..

122,36

Dagegen

Vor⸗ woche

123,82 163,68 103,47 148,42

111,78 147, 91

96, 85 117,38

10432 138.2 92, is

99,20 117,42

104,69 118,52

109, 12 168,53

133,81 129,12 131,ů14 131,969 129, 12 132,60 129, 92

115,70 118,51 151,82

119, 8a 116 15

116,01 128,43 126,98

127,93 136,87 126,99 137,58 134,76 126,99 126,99 124, 54 125,11 126, 46 121,24

14739 10 68

107,57 111, 14

117,41 115,86 119,73

1 2Tschetwert Weizen ist = 163,80, Roggen 147, 42. Haser=

98, 28 an der Gazette averages, d.

angenommen; 1 Imperial Quarter ist f ondoner Produktenbörse 504 Pfd. eng

ür die Weizennotiz gerechnet;

ö für die h. die aus den . an 19

Marktorten

des r reich, ermittelten Durchschnittspreise für einheimisches Ge⸗ m

treide fn erial Quarter Weizen 480, engl. 4535 g; 1 La Bei der Umrechnung der

afer 312, Gerste engl. angesetzt. 1 Bushel Weizen 60 Pfd. engl.; 1 Pfd. Roggen 2100, Weizen 2460 Kg.

reise in Reichswährung sind die aus

Anzeiger“ ermittelten wöchentlichen Durchschnitts-Wechselkurse an der Berliner Börse zu Grunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liberpool die Kurse auf London, . Chieggo und New Vork die Kurse auf New Jork, für St. Peters urg, Odessa und Riga die Kurse auf. St. Petersburg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 94. Sitzung vom 22. August 1899.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Be⸗ rathung des Gesetzent wurfs, betreffend die Gerichts—⸗ organisation für Berlin und .

Die im ersten Theil der Sitzung, über welchen gestern berichtet wurde, mit Bezug auf einen Antrag des Abg. Träger, den Gegenstand an die Kommission zurückzuverweisen resp. von der Tagesordnung abzusetzen, von dem Justiz⸗Minister Schön stedt gehaltene Rede hatte folgenden Wortlaut:

Meine Herren! Der Antrag des Herrn Abg. Traeger ist schon in der heutigen Morgennummer der „Vossischen Zeitung“ angekündigt; ich war insoweit darauf vorbereitet. Ich glaube, daß er, soweit er in der „Vossischen Zeitung“ seine Vertretung gefunden hat selbst— verständlich nicht, was den Herrn Abg. Traeger angeht —,s lediglich den Zweck verfolgt, die Sache zu verschleppen. (Oho! links. Sehr richtig! rechts.) Ich kann mich dieses Eindrucks nicht erwehren und mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, meine Herren; der vor⸗ liegende Gesetzentwurf hat absolut keinen politischen Hintergrund, er hängt auch garnicht zusammen mit der sogenannten Krise, garnicht zu— sammen mit der Kanalvorlage. (Lachen links.) Der Gesetzentwurf ist eingehend durchberathen, der Beschluß der Kommission ist seit länger als vier Wochen sämmtlichen Mitgliedern des Hauses bekannt. Der Bericht selbst ist keineswegs so weitläufig, daß nicht jeder, der sich überhaupt für die Sache interessiert, vollkommen Zeit und Muße ge—⸗ habt hätte, sich seine Argumente anzueignen.

Nun, meine Herren, hat die Sache noch einen materlellen Hinter⸗ grund. Die Vertagung, wie sie hier in Anregung gebracht worden ist, würde alle im Hinblick auf die Ausführung des Gesetzes geschlossenen Verträge mit einer Reihe von Gemeinden sind Verträge geschlossen mit zeitlicher Begrenzung ins Schwanken bringen; es würde also überall wieder von vorn angefangen werden müssen. Es ist keineswegs mit Sicherheit zu ersehen, ob alsdann dieselben Ergebnisse erzielt werden, die bei der Einbringung der Vorlage für die Staatsregierung die Grundlage gebildet haben. Ich glaube, daß auch die gegenwärtige Geschäftslage dem Hause gestattet, diesen Entwurf in aller Muße und Gründlichkeit durchzuberathen. Das hohe Haus wird ja voraussichtlich in den nächsten Tagen durch andere Dinge nicht erheblich in Anspruch ge— nommen sein, muß aber trotz alledem noch einige Tage hier bleiben. Die Möglichkeit ist gegeben, daß dieser auf langen, sorgfältigen, gründlichen Vorarbeiten beruhende Gesetzentwurf in dieser Session zum Abschluß gebracht wird, und für die Durchführung des ganzen Planes, die noch eine Reihe von Jahren in Anspruch nebmen wird, ist das von so wesentlichem Vortheil, daß ich nur meine dringende Bitte wiederholen darf, dem Antrage des Abg. Traeger nicht statt⸗ zugeben, sondern heute in die Berathung einzutreten.

Nach §1 der Kommissionsbeschlüsse ist den zu errichtenden Amtsgerichten ein Amtsgericht in Pankow .

Abg. Busch (kons.) weist darauf hin, daß der Gesetzentwurf keine politische Bedeutung habe. Die vorgeschlagene Organisation sei durch den wachsenden Verkehr vollkommen gerechtfertigt. Wenn die Justizverwaltung glaube, mit der bisherigen Zahl der Gerichte nicht auskommen zu können, so könne das Haus ihr seine Mitwirkung nicht versagen. Redner beleuchtet dann die gegen die Vorlage erhobenen Einwendungen und glaubt, öh. auch die Rechtsanwälte Berlins sich mit der Zeit in die neuen Verhältnisse finden werden. Unbequemlich⸗ keiten seien mit allen ö . Organisationtänderungen verbunden. Wer die ,. der Berliner Gerichte für nothwendig halte, müsse diese ae, , ,, . eiten mit in den Kauf nehmen.

Abg. Träger (fr. Volksp.) erwidert zunächst dem Minister, daß er und 2 Freunde wohldurchdachte und wichtige Gründe gegen die Vorlage hätten. Die Konsequenzen dieser Einwendungen hätten in der Kommission nicht geltend gemacht werden können. Bei anderen Gelegenheiten seien versteckte Angriffe auf die Selbständigkeit Berlins unternommen; es sei also wohl begreiflich, daß man auch hier Ver⸗ dacht geschöpft habe. An ehe allerdings die Vorlage hoch über dem Niveau einer gewöhnlichen Parteifrage. Redner geht sodann auf

den einzelnen Tages ⸗Notierungen im „Deutschen Reichs. und Staats⸗=

die Vertheilung der Gerichte ein und unterzieht sie einer Kritik, 9 .

der Journalistentribüne sehr

bleibt aber im Einzelnen die von der Regierung

schwer verständlich. Man j vorgeschlagene Aenderung keine Verantwortung übernehmen. Es würde politisch die bedenklichsten Konsequenzen haben, Berlin in seiner historischen Gemeinsamkeit so zu vertheilen und zu jerreißen. Bisher sei es immer Grundsatz gewesen, daß Angehörige derselben Gemeinde bei demselben Gericht Recht suchen. Das Aufgeben dieses Grundsatzes müsse die größten Unzuträglichkeiten mit sich bringen, z. B. bei dem Einklagen von Wechseln. In vielen Fällen würden Irrthümer in der Wahl des Gerichts entstehen und der Einwand der Unzuständigkeit erhoben werden. Darunter müsse unbedingt die Rechtssicherheit leiden. Die Abgrenzung sei eine durchaus willkärliche und die Zweitheilung Berlins durch den Lauf der Spree durch nichts gerechtfertigt. Sehr hervorragende Korporationen, wie die Aeltesten der Kaufmannschaft und, der Verein für Handel und Industrie, hätten gegen diese Theilung petitioniert, und die Anwälte seien nicht bloß dagegen, weil sie ihnen Unbequemlichkeiten bereiten würde. Die Anwälte erachteten es als ihre erste Aufgabe und Pflicht, das rechtsuchende Publikum zu schützen, und diese Pflicht sei durch die Vorlage in Frage gestellt. Nicht bloß in Berlin, auch in Charlottenburg würden erhebliche juristische Bedenken erhoben. Auch der Magistrat von Berlin habe sich entschieden gegen die Vorlage erklärt. Man möge entweder den Entwurf ablehnen wer eine gerechtere Vertheilung vornehmen, wie es seine Freunde in einem besonderen Antrage wünschten.

Abg. Sch mitz⸗Düsseldorf (3entr.) weist darauf hin, daß derselbe Magistrat von Berlin in einer anderen Eingabe an den Justi⸗ Minister gesagt habe, daß er gegen die Vorlage nichts einzuwenden habe. Der Kommissionsentwurf stelle durchaus kein Ideal vor, aber er biete etwas Brauchbares. Auch der Abg. Windthorst sei seiner Zeit für die Dezentralisation der Gerichte in Berlin eingetreten, und das Abgeordnetenhaus habe seiner Zeit zugestanden, daß Berlin mindestens drei Landgerichte haben müsse. Die Abgrenzung der einzelnen Bezirke sei dem Gutdünken der Justtzverwaltung überlassen worden; leider sei der damalige Entwurf nicht zu stande gekommen. Riesengerichte, wie sie Berlin aufweise, entsprächen nicht dem Geiste der Reichsver, fassung. Die Kongruenz von Orts, und Gerichts angehörigkeit sei nicht immer durchzuführen. Die Rechtspflege erfordere es, bigweilen über die Grenze der Gemeinde hinauszugehen. Entscheidend sei der Wohnsth innerhalb des Gerichtsbezirks. Davon sei man auch bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegangen. Man habe nichts darin gefunden, daß in einer politischen Gemeinde mehrere Gerichte vor= handen seien. Dasselbe sei auch in anderen Ländern üblich. Er er= innere nur an Wien, das 22 Bezirksgerichte aufweise, an Rouen u. f. w. Dle praktischen Schwierigkeiten würden sich durch Verzeichnisse über die zuständigen Gerichte in den einzelnen Gerichten sehr leicht beheben lassen. Bie Hauptsache sei das Interesse der Dezentralisation. Der Richter müsse mit den Gerichttzeingesessenen in Füblung sein. Insofern bilde die Vorlage einen großen Fortschritt. Daß einzelne Interessentengruppen durch eine Neuorganisation betroffen würden, sei unvermeidlich. Einzel interessen müßten gegen das Interesse der Gesammtheit zurücktreten. Für die Anwälte könnten ja Milderungen eintreten, die ihren Be⸗ chwerden die Spitze abbrechen. Die Fustijverwaltung verfolge mit dieser Vorlage keinen anderen Zweck, als die Interessen des recht⸗ fuchenden Publikums zu wahren. Die Richter würden ja nach ihren Fahigkeiten auf den richtigen Posten gestellt werden können. Daß sel von höchster praktischer Bedeutung. Er bitte, die Vorlage, die daß Werk einer mehr als achtjährigen Arbeit sei, im allgemeinen Inte der Bevölkerung, nicht des Füichter⸗ und Rechtganwaltastandes, möglich einstimmig anzunehmen.

Abg. Dr. Langerhans (fr. Volkep. Verhandlungen der Kommission ein und . daß dort iet, Gegengründe garnicht gewürdigt worden seien. Wie wenig die Sache vorbereitet gewesen sei, gehe auch daraus hervor, daß der Gira, meister von Berlin in der Stabl'verordneten. Verfammlung und im Magistrat interpelliert worden sei, was er Über die Sache wisse· Der Bürgermeister habe geantwortet, der Minister habe ihn . dings sondiert, ihm aber über die Vorlage Stillschweigen auferlegt. Vie Repräfentanten Berlins feen also iiber den Inhalt der Vorlage im Uaklaren gewesen und hätten sich, nur . Petition angeschlofsen, die pupligi juris gewesen sei. Gs 1 ganz unrichtig, daß die Berliner Vertretung sich für die ern, erklärt habe. Der Abg. Schmitz habe die Sache vollständig n verstanden. Für Berlin und die Vororte würde die erg . w. polltischen Ginbeitsgemeinde in der That eine große Reihe . Unzuträglichkeiten im Gefolge haben, die die schon vorhandenen Jan unnütz vermehren würde. Es würde ungerecht sein, der 2 Berlin, die gegen eine Theilung an sich gar nichts einzuwenden bi nicht insowelt entgegenzukommen, daß diese inn tr r . mieden würden. Die Gemeinden selen doch die rundlage hi Staattz, und es liege auch im Interesse der Staatsregierung, Wünsche möglichst zu berücksichtigen.

In s chen ist der Antrag der freisinnigen Abgg. T ra gg

Dr. g . und Kreitling gedruckt ngegan gen uit bezweckt, daß der Berliner Gerichtsbezirk wie bisher ung . ichter

auf de könne für

geht nochmals auf pie

bleiben, daß in Charlottenburg ein neues Landgericht err! werden soll' und daß in Reinickendorf, Schöneberg, Gre d i. felde, Lichtenberg, Weißensee und Pankow eigene Amtsgerich errichtet werden sollen. J

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich gebe dem Herrn Abg. Langerhans vollkommen Recht, wenn er sagt, daß nicht ohne Noth das Zusammenfallen der Grenzen der Gerichtsbezirke mit den kommunalen Grenzen angetastet werden solle. Auf demselben Standpunkt steht auch die Königliche Staatsregierung, und wenn sie nicht von der Nothwendigkeit einer solchen Trennung im vorliegenden Falle überzeugt gewesen wäre, so würde sie die Vorlage nicht eingebracht haben.

Nun, meine Herren, ist im Beginn der heutigen Debatte gesagt worden, daß diese Vorlage eine große Erregung in der Bevölkerung hervorgerufen habe. Meine Herren, ich glaube kaum, daß diese That⸗ sache als richtig anerkannt werden muß. (Sehr richtig! rechts.) Ich glaube wohl, daß Bersuche gemacht worden sind, eine solche Erregung hervorzurufen, daß aber diese Versuche nicht den gewünschten Erfolg gehabt haben, weil die Vorlage in der That nach ihrem mate⸗ riellen Inhalt gar nicht dazu angethan ist, eine solche Er— regung herbeizuführen. (Sehr richtig) Wenn sie objektiv, rein sachlich, ruhig betrachtet wird, dann wird man zu der Ueberzeugung kommen, daß alle die Schreckbilder, die hier von den Folgen einer solchen Zerreißung der bestehenden Bezirke des Land— gerichts und Amtsgerichts 1 in Berlin vorgeführt worden sind, auf sehr starken Uebertreibungen beruhen, und daß die Vortheile, die mit der Durchführung der Vorlage verbunden sind, die damit verbundenen Unzuträglichkeiten ganz bedeutend überwiegen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, die Kommissionsberathung ist ich brauche ja nicht dafür einzutreten an und für sich nach meiner Erinnerung eine durchaus sachliche und gründliche gewesen; ich glaube, daß die Erinnerung des Herrn Abg. Dr. Langerhang bezüglich der Vorgänge im einzelnen nicht überall eine vollständig treue und genaue war. (Sehr wahr! rechts) Wenn er z. B. erwähnt hat, daß ich in der ersten Sitzung eine Erklärung abgegeben hätte, die ihm gegenüber in der zweiten Lesung nicht mehr aufrecht erhalten worden sei, so muß ich erstens bemerken, daß ich der ersten Sitzung nicht beigewohnt habe, und zweitens, daß der Abg. Dr. Langerhans erst zur vierten Sitzung in die Kommission als Mitglied eingetreten ist, wo die Verhandlungen in der Hauptsache schon ihre Erledigung gefunden hatten. (Heiterkeit)

Es ist dem Kommissionsbericht der Vorwurf gemacht worden, daß darin die in den Petitionen vorgetragenen rechtlichen Bedenken gar keine Würdigung gefunden haben; darauf war der Antrag gestützt, die ganze Sache nochmals an die Kommission zurückzuperweisen. Nun, meine Herren, die rechtlichen Bedenken, die in den Petitionen enthalten sind, sind ja absolut nichts Neues, diese Petitionen haben hier fast alle schon bei der ersten Lesung vorgelegen. Sie sind jetzt, wie ich heute höre zu einer roth eingebundenen Broschüre vereinigt worden; daß sie da—⸗ durch einen größeren Gehalt bekommen hätten, glaube ich, wird man nicht sagen können. (Heiterkeit Die rechtlichen Gesichtspunkte dieser Frage sind in der ersten Lesung auch eingehend erörtert worden, und es ist ganz eigenthümlich, daß von den sämmtlichen juristischen Mit⸗ gliedern, die der Kommission angehört haben, kein einziges sich auch nur eines dieser rechtlichen Bedenken angeeignet hat. (Sehr richtigh Das ist der thatsächliche Grund, daß die Kommission darüber mit Slillschweigen hinwegging. Ich habe mir bisher im Stillen ein— zebildet, es sei das eine Folge der Erörterungen im Plenum gewesen: 6 habe niemand unter den Juristen den Muth gehabt, diese recht- lchen Bedenken dort vorzubringen; heute sehe ich, daß ich mich darin zetäuscht habe, daß, wenn auch mit einer gewissen Zaghaftigkeit, diese rechtlichen Bedenken aufrecht erhalten werden. Sie existieren meiner Meinung nach in der That nicht. .

Es ist gesagt worden, es sei unzulässig, eine Gemeinde in mehrere Gerichtsbezirke zu theilen, ohne daß daraus sich die rechtliche Folge ergebe, daß jeder Einwobner eines dieser verschiedenen Gerichts- betirke Recht zu nehmen habe bei sämmtlichen Gerichten des Ortes als seinem ordentlichen persönlichen Gerichtsstande. Nun, meine Herren, ich habe schon bei der ersten Lesung darauf hingewiesen, daß eine solche Rechtsansicht niemals bei der Berathung unserer Gesetze irgend welche Vertretung gefunden hat, und daß niemals ein Zweifel darüber gewesen ist, daß, wenn ein Ort in mehrere Gerichtsbezirke zerfällt, dann der ordentliche Gerichtzstand eines Bewohners lediglich bei demjenigen Gerichte ist, in dessen Bezirk er wohnt, und daß dies der Sinn der Bestimmungen der Zivilprozeßordnung ist. Dieser Gesichtspunkt ist in der Begründung des Gesetzes über die Dienstaufsicht, wie ich schon bei der ersten Lesung vorgetragen habe, als zweifellos hingestellt und ist von niemandem beanstandet wotden. Ich kaun hiuzufügen, daß auch in der Begründung der Zipilprozeßordnungs⸗Novelle in der Reichstagt⸗ session 1897/98 ausdrücklich folgender Satz sich findet:

Andererseits ist an Stelle des bisherigen 5 14 eine neue Vorschrift eingefügt, welche den Wohnsitz der Militär— personen für die Fälle der Theilung des Garnisonortes in mehrere Gerichtsbezirke regelt. Nach dem geltenden Gesetz entscheidet hierbei der zufällige und mitunter nicht einmal zu sicherem Ergebniß führende Umstand, in welchem der mehreren Gerichts bezirke sich die Kaserne des betreffenden Truppen— theils oder das Bureau der Komm andobehsrde be— findet. Behufs Beseitigung der hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten soll nunmehr der als Wohnsitz geltende Bezirk durch allgemeine Anordnung der Landeg-Justizverwaltung bestimmt werden.

Damit ist also ganz klar und deutlich ausgesprochen, daß nach dem geltenden Recht Militärpersonen, deren Kaserne in einer Stadt liegt, die in mehrere Gerichtsbezirke getheilt ist, bei demjenigen Gericht Recht ju nehmen haben, dem der Stadttheil angehört, in dem die Kaserne liegt.

Eine ähnliche Bemerkung findet sich in der Begründung des z 20a des Entwurfe, und ein rechtlicher Zweifel hierüber hat überhaupt garnicht bestanden.

Die Bestimmungen der Zipvilprozeßordnung, auf die Bezug genommen wird, enthalten garnichts dem deutschen Prozeßrecht Gigenthümliches; sie stimmen thatsächlich überein mit der Gesetz⸗ gebung aller mir bekannten zibilisierten Länder; in allen Staaten heißt e, daß jeder seinen ordentlichen Gerichtsstand dort hat, wo er den Wohnftz hat. Das hat aber nicht gehindert, daß die Hauptstädte aller großen Staaten in mehrere Gerichtsbezirke getheilt worden sind, . nie und nirgendwo hat darüber Zweifel bestanden, daß jeder Be⸗

ohner der Stadt nur bei demjenigen Gerichte sein Recht zu nehmen » zu dem sein Bezirk, seine Straße, sein Haus gehört. Das ist

, der Sinn dieser Bestimmung.

Ich darf ganz kurz noch einmal darauf hinwelsen, daß die Verhältnisse bei dem hiesigen Landgericht und Amts gericht 1 ganz besondere und eigenthümliche sind. Der Herr Abg. Schmitz hat diese Gerichte als Monstra bezeichnet, und ich glaube in der That, daß eine solche Bezeichnung nicht jeder Berechtigung ent⸗ behrt; es sind Gerichtsbehörden, bei denen eine sachgamäße Leitung, Beaufsichtigung, Geschäftshaltung durch einen einzigen Präsidenten gar⸗ nicht mehr möglich ist. Ich will nicht so weit gehen, auf die vielen anderen Hauptstädte zu verweisen, damit ich nicht wieder dem einen oder anderen Zuhörer türkisch oder spanisch vorkomme; aber wenn ich auf die Stadt Wien hinweise, die Herr Abg. Schmitz schon vorhin erwähnt hat, so glaube ich, wir können wohl sagen, daß die Verhältnisse in Wien von den unsrigen keineswegs so verschieden sind, daß darauf nicht exemplifiziert werden dürfte. In Wien ist die Seelenzahl viel geringer, und doch ist die Stadt in 22 Bezirksgerichte eingetheilt. Das sind allerdings nicht Kollegial— gerichte; aber die Zuständigkeit dieser Bezirksgerichte erstreckt sich auf 500 Gulden, also 850 M6, und ich glaube, daß vielleicht ' / io aller Prozesse sich innerhalb dieser Werthgrenze be—⸗ wegen. Wenn sich in Wien keine Unzuträglichkeiten aus der Theilung der Stadt in so zahlreiche Bezirke ergeben haben, so vermag ich nicht einzusehen, weshalb bei uns die Befürchtung begründet sein soll, daß ganz unzuträgliche Verhältnisse entstehen würden in Bezug auf die Verfolgung bötwilliger Schuldner, die es doch auch wohl in anderen Hauptstädten giebt, nicht weniger und nicht mehr als bei uns, und in Bezug auf die Ermittelung der Zuständigkeit des einzelnen Gerichts.

Dann, meine Herren, hat man versucht, mich in Widerspruch mit meinem Herrn Amtsvorgänger zu setzen. Ich habe mich gefteut über die Anerkennung, die der Herr Abg. Dr. Langer⸗ hans meinem Herrn Amtsvorgänger hier gespendet hat; sie ist eine durchaus berechtigte. Mein Herr Amtevorgänger hat allerdings 1892 bei Einbringung des Gesetzes über die Dienstaufsicht auf einem anderen Zweckmäßigkeitsstandpunkte gestanden wie die gegenwärtige Justizverwaltung. Der Herr Abg. Traeger, glaube ich, ist es gewesen, der vorhin die Frage aufgeworfen hat, ob die über zeugenden Ausführungen der damaligen Gesetzes begründung dem gegen⸗ wärtigen Justiz-Minister garnicht bekannt gewesen seien. Meine Herren, die Frage ist einigermaßen naiv. Selbstverständlich habe ich diese Vorlage sehr genau gekannt, und ich bin überrascht gewesen, daß man nicht schon in der ersten Lesung auf jene Vorlage zurückgekommen ist und mich damit zu schlagen versucht hat. Ich war darauf gefaßt; es hätte sehr nabe gelegen. Es hat wiederum eines Artikels in der „Vossischen Zeitung‘ bedurft, die ja die Führung in dieser ganzen Bewegung hat. Ein Artikel: „Juftiz. Minister contra Justiz⸗Minister“ schloß in sehr schlagender Weise damit, daß der gegenwärtige, mit den Berliner Verhältnissen garnicht bekannte Justiz⸗ Minister durch seinen Vorgänger, der hier den größten Theil seines Lebens verbracht habe, ganz gründlich widerlegt worden sei.

Nun, meine Herren, kann ich dem gegenüber die Thatsache kon— statieren, daß mein Herr Amtsborgänger schon im Jahre 1893, ein Jahr, nachdem das Gesetz über die veränderte Dienstaufsicht bei dem Land⸗ und Amtsgericht 1 verkündet worden war, an die Aug— arbeitung eines neuen Entwurfs herangegangen ist, der voll— ständig auf der Grundlage des heutigen beruht ich habe ihn hier und kann ihn vorlegen —, weil mein Herr Amts— vorgänger sich schon damals überzeugt hatte, daß auf die Dauer mit den zunächst vorgeschlagenen Palliativmitteln nicht zu helfen sein werde, und wenn, wie ich hoffe, das hohe Haus dem Herrenhause Gelegenheit giebt, sich auch noch mit dieser Vorlage zu beschäftigen, dann wird sich auch mein Herr Amtsvorgänger darüber erklären können, ob er meinen Standpunkt theilt oder nicht. Ich bitte, es darauf ankommen zu lassen.

Meine Herren, daß die Bevölkerung in der That durch die Durch— führung der Vorlage eine Schädigung erleiden werde, muß die Justiz— verwaltung auf das allerbestimmteste bestreiten. Ich gebe zu, daß für unsere Rechtsanwälte gewisse Unbequemlichkeiten aus der Sache entstehen können, die nach meiner Meinung aber nicht ausschlaggebend sein dürfen für die Frage, ob das Gesetz anzunehmen oder zu verwerfen sein wird. Ich will mich offen aussprechen: die großen Unzuträglichkeiten, welche die Rechtspflege hier in Berlin nicht die Rechtsprechung, aber die Rechtspflege mit sich führt, be⸗ sonders die große Unzuträglichkeit, daß die Projesse ins Unendliche hinausgezogen werden, daß jzahllose Vertagungen in jeder Sitzung die Regel bilden, hat ihren wesentlichen Grund darin, daß ich habe schon früher einmal diesen Gedanken an— gedeutet in einer vielleicht über das Maß des Nothwendigen und Gerechtfertigten hinausgehenden Weise die Rechtg— anwälte nach der neuen geltenden Prozeßordnung die Herren des Pro- zesses sind; die Gerichte sind vollständig abhängig in der Frage, ob eine Sache verhandelt oder zu Ende geführt werden soll, von dem guten Willen und der Mitwirkung der Rechtsanwälte, und diese Mit⸗ wirkung versagt hier in Berlin häufiger als wo anderg. Es ist die ständige Klage aller Vorsitzenden, sowohl des Kammergerichts wie der Landgerichte, daß sie ganz hilflos und wehrlos sind gegenüber diesen Vertagungen, die lange, mühevolle Vorbereitungen der Richter vereiteln, die einen raschen Abschluß der Prozesse, auch in eiligen Sachen, in sehr zahl⸗ reichen Fällen absolut unmöglich machen. (Hört, hörth Es ist nicht möglich, hier die Anwälte über gewisse Tagesstunden hinaus festzu⸗ halten, dann versagen sie; sie erklären, sie hätten andere Geschäfte, sie könnten nicht mehr.

Meine Herren, daß dieser Uebelstand sich hier in Berlin stärker ausgebildet hat als bei anderen Gerichten, das liegt nach meiner Ueberzeugung wesentlich daran, daß der Wirkungskreig, das Zu⸗ lafsungsgebiet der Berliner Rechtsanwälte bei dem Land⸗ gericht 1 ein zu großes geworden ist. Die Herren können ihre eigene Praxis nicht mehr übersehen, sie werden, nament- lich die gesuchten, mit Mandaten derartig überhäuft, daß sie zur Vertretung derselben in zahlreichen Kammern und Senaten gleich- zeitig thätig sein müßten, und daß daran die sachgemäße Ausführung ihrer Aufträge vielfach scheitert. Ich mache daraus den Anwälten keinen Vorwurf, es liegt in der Natur der Dinge, wenn die Anwälte dergestalt mit Aufträgen überbürdet sind. Theilen können sie sich nicht, sie können nicht in verschiedenen Senaten und Orten gleichzeitig fungkeren. Dann ist die Folge unausbleiblich, daß darnnter die prompte Rechts- pflege leiden muß, und von meinem Standpunkt aus halte ich es nun für dringend wünschengwerth, daß gerade auf diesem Gebiete eine Besserung eintritt und daß der Wirkungskreis der Anwälte beim

Landgericht J verkleinert wird durch eine Verkleinerung des Gerichts

selbst. Dabei gebe ich aber zu, daß für die bigher zugelassenen An⸗ wälte Uebergangsvorschristen nöthig sein werden, und ich würde meinerseits auf das Bereitwilligste die Hand dazu bieten, daß diese nicht in ihrem bisherigen Besitzstande beschränkt werden. Wenn also, wie ich schon früher erklärt habe, beim Kammergericht die Absicht besteht, den jetzt zugelassenen Anwälten bei der Bildung eines neuen Landgerichts die Simultanpraxis bei den künftigen drei Landgerichten ju gewähren, so würde ich in keiner Weise einem solchen Beschluß, der ja auch außerhalb meiner Dienstsphäre liegt, entgegentreten; im Gegentheil, ich werde ihn befürworten. Aber ich betrachte das nur als ein Uebergangsstadium, und ich würde mich freuen, wenn ich es erlebte, daß der Uebergangsjustand ein Ende nehme und jeder Rechtsanwalt nur bei einem räumlich und, wat die Seelenjahl anbetrifft, beschränkteren Gericht zugelassen wird; 9. dann können wir zu einer gesunden, befriedigenden Rechtepflege gelangen.

Die Vertreter der Interessen der Rechtsanwaltschaft haben es mit Recht für richtig befunden, ihre Interessen mit denen der Be⸗ völkerung für identisch zu erklären; sie sagen: sie treten nicht für sich auf, sondern für das Gesammtinteresse der Bevölkerung. So liegt die Sache aber nicht. Mir ist kein einziger schlagender, übereugender Grund vorgebracht worden, aus dem sich eine erhebliche Schädigung der Inter essen der Bepölkerung ergäbe; denn die geringe Schwierigkeit, sich über die Grenze der Gerichtsbarkeit bei Anstellung einer Klage zu informieren, kann umsoweniger ins Gewicht fallen, als die gegen= wärtig bestehenden Grenzen viel komplizierter sind als die künftigen. Es ist eine Messung der Grenzen angestellt worden, wie sie jetzt be⸗ stehen und wie sie in Zukunft sein werden, und daraus ergiebt sich, daß ungefähr um ! / 6 die künftigen Grenzen kürzer sein werden als die bisherigen. Daß dadurch eine Vereinfachung des Rechtszustandes ge⸗ geben ist, daß dadurch die Rechtsverfolgung für alle Betheiligten ent- 6 vereinfacht wird, darüber wird ein Zweifel nicht entstehen

nnen.

Ich habe in der Kommission gesagt und kann es heute nur wiederholen: für die Königliche Staatsregierung liegt der Schwer punkt der Sache gerade in der Verkleinerung des Amtsgerichts und Landgerichts 1; deren Zustände sind es, die sich in der bisherigen Richtung nicht weiter entwickeln dürfen, ohne daß sich daraus uner— trägliche Verhältnisse ergeben. Uns aber darauf zu verweisen: wir möchten doch abwarten, bis dieser Fall eingetreten sein werde, dag halte ich nicht für den Rath eines weisen Politikers. Ich meine: man beuge vor, ehe solche Zustände eingetreten sind. Jetzt ist es noch Zeit. Wir vermeiden dann, daß sie ins Ungeheure ausarten.

Es wird freilich gesagt: wenn hier etwa die Rechtspflege nicht allen Anforderungen entspreche, dann möge man die Zahl der Richter ver— mehren; man möchte ho neue Richter anstellen, dann würde die Sache gehen. Die Neigung, unseren großen Gerichtskörper noch weiter zu vergrößern, findet vielfach eine Vertretung. Die Sache liegt ähnlich beim Reichsgericht, wo man den dort bestehenden Unzuträglichkeiten gleichfalls durch Vermehrung der Senate abhelfen will. Es ist aber schon im Reichstage ausgeführt worden, daß ein solcher Ausweg keinezwegs als Heilmittel zu betrachten wäre, sondern nur zu schlimmeren Uebelständen führen würde. Vermehren Sie die Zahl der Kammern und Senate an den großen Gerichten, dann verstärken Sie nur die Schwierigkeiten in Ansehung der Verfügbarkeit über die An—⸗ wälte. Je mehr Kammern, je mehr Senate, desto zahlreicher die Kollisionen. Es sind Monstra, wie der Herr Abg. Schmitz mit Recht gesagt hat, mit denen wir bei unseren großen Gerichtskörpern zu rechnen haben. Ich habe, theilweise aus anderem Anlaß, mich zu informieren gesucht, wie stark denn die Gerichte in anderen Hauptstädten besetzt sind, und da habe ich festgestellt, daß das stärkst kesetzte Gericht, das außer Preußen, außer Berlin existiert, das Tribunal de premisre instance in Paris ist. Dieses Gericht hat im Ganzen 109 Richter einschließlich seiner Präsidenten und Vize⸗Präsidenten. Wir haben hier 153, mit den Hilfgarbeitern, die unentbehrlich sind und bleiben werden, 161. Wenn wir dann weiter zurückgehen, dann finden wir, daß der nächste große Gerichtshof 665 Richter in sich schließt, das ist das Pribunale civile penale in Rom, also erheblich weniger als die Hälfte, wie hier. Nirgendwo, in keinem anderen Lande rechnet man mit solchen Gerichtskörpern. Und wenn nun gesagt wird: andere Verwaltungen haben noch viel größeres Personal und werden doch auch fertig: die Post, das Polizei⸗Präsidium man hat sogar auf Krupp verwiesen, der beschäftige noch mehr Leute als die Berliner Gerichte dann hinkten doch diese Vergleiche in ganz erheblichem Maße, und ich glaube, es liegt dabei eine wesentliche Verkennung der Geschäfte zu Grunde, die von den Ge— richten ju betreiben und zu vertreten sind, und der Ver⸗ antwortlichkeit, die die Gerichte für ihren Geschäftegang haben. Ich will nur, soweit das Polizei Präsidium mit in Betracht gezogen ist, darauf hinweisen, daß die Thätigkeit der Polizei, soweit wenigstens die Exekutivpelizei in Frage kommt, auf ganz anderem Gebiete liegt; die liegt außerhalb des Hauses, die verlangt nicht eine einheitliche derartige Konzentration in dem Sinne, wie sie für die Gerichte nach meiner Meinung erforderlich ist.

Es ist schon von dem Herrn Abg. Schmitz darauf hingewiesen worden, daß für eine gute Rechtspflege es von wesentlicher Bedeutung sei, daß der Präsident eines Gerichts die Mitglieder seiner Behörde kenne, um sie an den richtigen Platz stellen zu können. Ich kann dat nur in jedem Sinne bestätigen.

Meine Herren, es liegt mir hier der dritte Theil der Allgemeinen preußischen Gerichtgordnung vor, die von dem Abg. Schmidt (War⸗ burg) sehr lebhaft angefochten ist, die eber trotz ihrer veralteten Form außerordentlich viele gesunde Gedanken enthält. Sie spricht sich über die Obliegenheiten eines Praͤsidenten dahin aus:

Ob also wohl die Präsidenten, bel Vertheilung der Arbeit, im Ganzen genommen, die möglichste Gleichheit beobachten, und alle Prägravationen des einen für den anderen sorgfältig vermeiden müssen; so sind sie doch schuldig und befugt, bel der Anwelsung der verschiedenen Arten von Geschäften, auf die persönlichen Umstãnde und Talente der Arbelter selbst Rücksicht zu nehmen; und also den einen bel den Instruktionen der Prozesse, einen anderen bei Ab⸗ fassung der Dekrete, Relationen und Urtel, und einen dritten bei den zur Bearbeltung des Kollegii gehörenden außergerichtlichen Ge⸗

schäften u. s. w. mehr oder weniger, ohne Röcksicht auf die Lange der Dienstjahre, oder sonstigen Vorrang im Rlleglo, jnzufiehen.

Hieraus folgt, daß eine Hauptobliegenheit der P n fei. . die Mitglieder ihres Kollegii, nach ihren verschiedenen natiirlichen