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Abg. Dr. Hitze: Wir treiben keinen Keil in die Bestimmungen der Gewerbeordnung. Was für die anderen Geschäfte schon gilt, l auch für die Barbiergeschäfte gelten.
Der Artikel 4a wird unverändert nach den Beschlüssen der Kommission angenommen, ebenso Artikel 5 (Ver⸗ L e. Feilbietens von Bruchbändern im Umherziehen) ohne
ebatte.
Gegen 55, Uhr wird die weitere Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.
Kunst und Wissenschaft.
In der Gesammtsitzung der Akademie der Wissen« schaften vom 9. November . Sekretar: Herr Walde yen) las Herr Engelmann ‚über die Innervation des Herzens“. Die Wirkungen, welche die Nerven auf das Herz ausüben, sind nach den Versuchen des Vortragenden viel mannigfal⸗ tiger und verwickelter, als bisher angenommen wurde. Am Floschheren schon konnten, unter ausschließlicher Verwen⸗ dung von reflektorischen Reizen, mittels des Suspensionsverfahrens durch graphische Versuche vier verschiedene Arten funktioneller Nerven⸗ wirkungen nachgewiesen werden, und iwar Aenderungen 1) der Pulẽ⸗ frequenz (chronotrope), 2) der Größe und Kraft der Herjkontraktionen (inotrope), 3) des motorischen Leitungs vermögens (4romotrope), 4) der künstlichen Reizbarkeit der Herzwand (bathmotrope von ßab mos, Schwelle). Alle diese Wirkungen können im vpositivem und negativem Sinne starthaben, sind ungleich in den verschiedenen Ab— theilungen des Herzens und können sich in der denkbar mannigfachsten Weise kombinieren. Die Kemplikatien und damit die Schwierig⸗ keit der Analyse wird nech erhöht durch den Umstand, daß die primären Nervenwirkungen sekundaäͤre, nach Art, Ort und Sinn verschiedene funktionelle Aenderungen in der Herzwand bervorrufen. — Herr Diels legte vor das neu erschienene Merk von Ulrich Wilcken „Griechische Ostraka aus Aegypten und Nubien. Ein Beitrag zur antiten Wirth— schaftegeschichte. Buch 1 und 2. Leipzig und Berlin 18957. — Herr van't Hoff überreichte die französische Uebersetzung des 2 Heftes seiner ‚Vorlesungen über physikalische Chemie. Paris 1899“.
In der Sitzung der philosophisch ⸗historischen Klasse der Akademie der Wissenschaften vom 16. November (porsitzender Sekretar: Herr Vahlen) las Herr Lenz eine zweite Mittheilung zur Kritik der Gedanken und Erinnerungen des Fürsten Bismarck“ — Herr Diels legte vor: „Themistii librorum de anima para- ohrasis ed. R. Heinze. Bèerol. 1899. — Derselbe überreichte im
amen der Verfasser: „F. A. Gevaert et J. C. Vollgraff, Les Problemes Musicaux d'Aristotè. Ler fasc. Gand 18399.“
In der Sitzung der physikalisch⸗mathematischen Klasse der Atademie von demselben Tage worsitzender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr Auwers „über die Genauigkeit der astronomischen Ortsbestimmungen‘. Die Untersuchung bezieht sich auf die in dem Zeitraum 1756 — 1895 angestellten vollständigen! Meridianbeob⸗ achtungen. Aus den vorgelegten Tateln können für ungefähr hundert Sternkataloge die relatiwen Gewichte ihrer einzelnen Ortsangaben entnommen werden.
Der bekannte Nationalökonom Professor Dr. von Miaskowski, der seit 1891 an der Universität Leipzig zunächst als Vertreter, dann als Nachfolger Roscher's wirkte, bis er im vergangenen Jahre durch Krankheit gejwungen wurde, die Professur niederzulegen, ist, nach einer Meleung des. W. T. B.“ vorgestern in Leipzig im Alter von 62 Jahren gestorben. Seine literarische Thätigkeit war vornehmlich der Agrarpolitik gewidmet. An selbständig erschienenen Schriften veröffentlichte er u. a.. „Die Gebundenheit de Grund und Bodens durch Familienfideikommisse! (1875), .Die Verfassung der Land Alpen. und Forstwirthschaft der deutschen Schweiz in ihrer geschicht⸗ lichen Entwickelung“ (1878), namentlich aber „Das Erbrecht und die Grundeigenthumsvertheilung im Deyutschen Reich“ (2 Theile, 1882 bis 4), sein bedeutendstes Werk, das er während seiner Thätigkeit als Professor an der Universität Breslau und Mitglied des Preußischen Landes. Oekonomie ⸗Kollegiums verfaßte, ferner „Agrarpolitische Zeit⸗ und Streitfragen“ (1889), ‚Das Problem der Grundbesitzvertheilung“ (1890), Tie Anfange der Nationalökonomie“ (189I). Vie letzteren beiden Schriften sind auch in die französische Sprache übersetzt worden.
A. F. — Im Hörsaal des Kunstgewerbe˖ Museums fand am Freitag v. W. ein durch zahlreiche und vorzügliche Lichtbilder erläuterter Vortrag von Piofessor M. Meurer aus Rom statt, der, anscheinend nur von künstlerischem oder kunstgewerblichem Belang, sich in Wahrheit als von hohem, ganz allgemein menschlichem Interesse ergab. Aus gesprochener Zweck des Vortrags war der Nachweis der Ent— stebung und Eniwickelung der ornamentalen Blatt. reihungen von ihrem Ursprung aus egvptischem Pflanzenschmuck bis zu ihrer Eischeinung als vielgestaltiger Schmuck teramnischer Erzeugnisse und als Karniese in der griechischen Architektur; allein sein Thema führte den Redner weit über dessen bescheidene Begrenzung hinaus. Ganz von selbst erweiterte es sich zu einem höchst anschzulich geführten Beweise von dem bestimmenden Einfluß der egpyptischen Kultur auf alle um das Mittelmeer herum wohnenden Völker und damit zu einem Beitrag zur Kulturgeschichte der Menschheit über⸗ haupt. Es ist den tiesen Studien Professor Meurer's ge— lungen, Schritt für Schritt, sodaß kaum ein Zweifel erlaubt ist, die Entwickelung der spätgriechischen und 16mischen Ornag—⸗ mentik von den geringen Anfängen, die in der Vorliebe der Ggaypter für Blumenschmuck gegeben sind, bis zu den vollendeisten Gebilden prächtiger Tempelarchitetur und anniker Keramik zu verfolgen. Und Schritt für Schritt fübrte der Redner auch mittels des Bild— werfertz seine im buchstäblichen Verstande des Worts „einleuchtenden“ Beweise Die egyptischen Gräber haben uns theilweise die trackenen Kränze von Blumen und Laubwerk erhalten, welche in unerschöpf— licher Fülle den Todten mitgegeben wurden: eine Sitte, die uns auch durch zahlreiche, gleich prächtige Dar⸗ stellungen von Leichenügen und Beisetzungen bekannt ist. Wir erkennen daraus auch die kunstreiche Art dieser egyxtischen Kranzbindung, bestehend in einer ganz regelmäßigen Aneinanderreihung von Blättern und Blüthen, jedoch in einer solchen Anorbnung, daß die größeren Formen der Blätter durch Knickung in der Breitenrichtung den sleineren Blütheg oder Blumenblättern besser angepaßt wurden. Als Material dieser Art Herstellung von Pflanzenschmuck, welcher sich mit unserem Kranzflechten oder winden nicht vergleichen läßt, dienten an erfser Stelle die Lotosblume und die Papyrusstaude, erstere das beliebte Symbol des vom Wasser ausgehenden Fruchtsegens. Sowohl die schöne Lotosblüthe als ihr den Blättern unserer Seerose gleiches Blatt, wie die mit drei Füllblättern versehene Blüthendolde des Papyrus und sein schlankes, schilsartiges Blatt finden sich in allen
trockenen Kränzen und Sträußen, wie in allen Abbildungen von bei
festlichen Aufzügen Blumen tragenden und mit Blumen geschmückten Menschen. Nächstdem sind es Olive, Sylomore, der auch bei den Juden ols Begleiter von Trauer und Tod in Ansehen stehende Eppich (Sellerie) einige Korbblumen u. a., welche sich angewendet finden. Es berührt nun höchst Tigenthumlich, diesem beliebten Pflanzen— schmuck zunächst in getreuester Nachahmung als Orna— ment auf Thongefäßen und Holzbildwerken zu begegnen und ihn dann in freier Stilisierung, aber in deutlicher Anlehnung an die natürlichen Vorbilder, an Friesen von Tempeln und an Säulenschaften wieder ⸗ zufinden. Von den Zeiten der fünften egpptischen Vynastie bis zu den Tagen der Ptolemäer ist diese Entwickelung deut— lich zu verfolgen. Viel früher aber als in dieser Zeit einer engen Berührung Egyptenz mit dem Abendlande hatte die mykenische Kunst sich die egyptischen Vorbilder angeeignet, und wiederum ergiebt sich unzweifelhaft, daß auch die graeco⸗römische und die etruekische Kunst nicht bloß den Gedanken des Pflanzen Ornamentz
aufgenommen, sondern die Vorbilder vom Nil sich mit geringen Aenderungen ganz zu eigen gemacht haben. Sehr schön gelang dem Vortragenden dieser Bemeis an der wegen einer zufälligen Aehnlichkeit Gierstab! genannten Schmuckform, dir aus Lotosbläthen mit Blättern abwechselnd entwickelt ist. Der genauere Nachweis, wie im besonderen die Architektur die egvptischen Vorbilder verwerthet und sie weitergebildet hat, soll in einem zweiten Vortrag geführt werden.
Bauwesen.
In der Preisbewerbung für eine evangelische Kirche in Poppelsdorf bei Bonn waren 110 Entwürfe von 107 Ver— fassern eingegangen. Den ersten Preis erhielt, wie das „Centralbl. d. Bauverw“ meldet, der Entwurf Einschiffin der Architekten Professor Vollmer u. P Jassov in Berlin; der zweite Preis wurde dem Eatwurf Bonn“ der Architekten Wilhelm u Fritz Hennings in Charlottenburg, der dritte Preis der mit dem Kennzeichen einer Figur aus sieben Kreisen versehenen Arbeit des Professors Hubert Stier in Hannover zuerkannt.
Literatur.
Schaffung und Erhaltung einer Von Adolph von Wenckstern. Leirzig., Verlag von Duncker u. Humblot. reis 1,40 M6 — Der Verfasser, Pripatdozent an der Universität Berlin, legt in kurzen Zügen die Nothwendigkeit einer starken Seemacht und Schlachtflotte dom seemännischen, kechnischen und wirthschaftlichen Gesicht- punkte aus überzeugend dar und weist sodann nach, daß Deutschland auch im Stande ist, die für sie nöthigen Mittel aufzubringen, wobei er darauf aufmerksam macht, daß die Belastung des deutschen Steuerzahlers mit dem Aufwand für Schuld, Heer und Flotte weit geringer ist als die der Angehörigen anderer Sjaaten, namentlich Frankreichs, Großbritanniens, Rußlands, Italien und Desterreichs. Nach dem ron ihm entworfenen Plan für eine der Stellung und den Aufgaben des Dentschen Reichs entsprechende Seemacht verlangt er den Bau und die Erhaltung einer Schlachtflotte von 57 Linien schiffen, IH großen und 36 kleinen Kreuzern. Die einmaligen Aug⸗ gaben für deren Herstellung in den Jabren 1904 — 20 berechnet er auf rund 1700 Millionen Mark, das jährliche Buhpget vom Jahre 1920 ab auf 212.5 Millionen Mark. Zum Schlaß wird gezeigt, wie diese Kosten ohne irgend eine Erhöhung der Anforderungen an die Steuerkäaft des Volkes gedeckt werden könnten. Der Verfasser schlägt vor, daß vom Jahre 1905 an die zu erwartende natürliche Steigerung der Reichseinnahmen, d. b. etwa 10, der ordentlichen Reichseinnahmen des vorbergegangenen Jahres oder 16 Millionen Mark, zur Verzinsung und Amortisation einer in den 17 Jahren von 1904 bis 1820 (jährlich in Höhe von 100 Millionen Mark) aufzunehmenden Anleihe im Gesammtbetrage von 1700 Millionen Mark verwandt werde; der vom Jahre 1929 ab eintretenden Steigerung der Reichseinnahmen werde die Flotte bereits nicht mehr bedürfen. Die Ausführungen der kleinen Schrift sind lichtvoll und klar, und es kann nur gewünscht werden, daß sie einen weiten Leserkreis finden.
— Der im GElwert'schen Verlage (Marburg) erschienene bistorische Roman von Moritz von Kaisenberg (Moritz von Berg) Der Junker Werner von Brunshausen“ erzählt in Memoirenform die Schicksale eines jungen Edelmanns, der als hessischer Jäger an dem nordamerikanischen Befreiungskriege theil⸗ nimmt. Die Erzählung wirft interessante und zum tbeil auch neue Streiflichter auf die einzelnen Begebenbeiten desselben. Der Ver⸗ fasser läßt seinen Helden zugleich das Leben und Treiben an einzelnen deutschen Höfen schildern und sucht hierbei den Vorwurf des sogenannten Soldatenhandels, der verschiedentlich den deutschen Fürsten damaliger Zeit von den Geschichtsschreibern gemacht wird, soweit Hessen in Betracht kommt, zu entkräften. Der ganze Roman ist von echt deutschem Vaterlands gefühl getragen und von Begeisterung erfüllt für die damaligen Heldenthaten der im fernen Welttheil für England kämpfenden bhessischen Landeskinder. Die Liebes und Lebensschicksale des Helden, Junker Werner, ziehen sich durch den historischen Grund⸗ stoff wie ein rother Faden hindurch. Sie bringen in den zeitweilig etwas weitschweifigen und chronistischen Ton der Erzählung Abwechselung, erhalten das Interesse wach und führen den Leser schließlich aus dem wilden amerikanischen Kriegstreiben nach dem friedlichen schönen Hessenlande zurück.
— Das Bibliographische Institut in Leiprig und Wien bat die Reihe seiner geographischen und zoologischen Bilder ⸗Atlanten, in denen ein glücklicher Gedanke zu vortrefflicher Ausfübrung gelangt ist, durch einen Bilder ⸗Atlas zur Pflanzengeographie“ erweitert lin Leinwand gebunden, Preis 2 1 50 3). Wie schon im Titel ange—⸗ deutet, ist in diesem Atlas die Pflanzenwelt nach pflanzengeographischen Provinzen geordnet, und auf diese Weise sind abgerundete undcharakteristische Gruppendarstellungen gewonnnen worden, deren jede für sich ein ein⸗ beitliches, geschlossenes Bild giebt. Der von Dr. Moritz Kron⸗ feld, einem Schüler des verstorbenen berühmten Botanikers Kerner von Marilaun, verfaßte Text ist fesselnd, lebendig und anschaulich ge⸗ schrieben; er gebt auch auf die Biologie, das Pflanzenleben, ein und enthält zahlreiche lulturgeschichtliche und technische Hinweise. Die Jlustratsonen, im Ganzen 216 unz darunter eine ansehnliche Zahl von Vollbildern, bieten nicht nur treue Darstellungen der einzelnen Pflanzen, sondern gewähren ostmals zugleich Einblicke in das ganze Landschaftsbild, in dem der betreffende Baum, der Strauch, die Blume vorkommen. Auf einer ganzen Reihe von Bildern treten uns auch Men⸗ schen und Thiere in ihrem Verbältniß zu den Pflanzen entgegen: Therpflanzer, Kaffee erntende Javaner, Acbeitselephanten zwischen Teakbäumen, pflanzenschützende Ameisen u. s. w. So ist das treffliche Buch wohl dazu angethan, nicht bloß der Belehrung, sondern auch der Unzerbaltung zu dienen und Kindern wie Erwachsenen von Nutzen zu sein.
— Die illastrierte Zeitschtiit Zur Guten Stunde“ (Deutsches Verlagshaus Bong u. Co, Berlin W.; Preis des vierzehn⸗ säglichen Heftes 40 ) bringt in ihrem neuesten 6. Heft XIII. Jahr- gang einen „Der Wagen der Zukunft‘ betitelten Aufsatz von Dr. A. Neuburger. Der Verfasser entwickelt darin an der Hand einer Anzahl von Illustrationen in sehr anschaulicher Weise die neuesten Forischritte des Automobilismus und giebt auch Laien ein klares Bild von der Bauart dieser „Selbstfahrer'. Ein anderer Artikel deeselben Heftes schildert in Wort und Bild die Bewohner und Zustände der im Kriege mit England begriffenen sübafrikanischen Buren ⸗Republiken. Die beiden großen Romane „Hexengold? von C. Werner uns „Die Glücksucher' von Dora Duncker werden weitergeführt Das reichhaltige Heft bietet außerdem eine Anzahl kleinerer meist illustrierter und besonders die Zeit⸗ geschichte berücksichtigender Artikel. Als Schmuck dienen dem Heft schöne Holzschniste nach Gemälden hervorragender Künstler in Schwarz ⸗ und Buntdruck. In der Gratisbeilage „Illustrierte Klassikerbibliothek, Meisterwerke des XIX. Jahrhunderts“ wird Paul Heyse's Der verlorene Sohn“ zum Abschluß gebracht und für das nächste Heft Der Rekrut“ von Hendrik Conscience angekündigt.
— Gine Weltausgabe von ‚Andersen's Märchen“ wird nich rechtzeitig vor Weihnachten, und zwar gleichzeitig in neun Sprachen, erscheinen, nachdem Professor Hans Tegner in Kopenhagen wahrend achtjähriger rastloser Thätigkeit ein Illustrations material dazu geschaffen hat, wie es eigenartiger und in treffenderer Inter pretalion des Textes kaum denkbar ist. Die ersten xylographischen Ateliers in Stattgart, Paris, St. Petersburg und Kopenhagen haben die Holzschnitte danach hergestellt, die eine wirklich künstlerische Ausführung zeigen. Die Ausgabe in deutscher Sprache — eine Original Uebersetzung von Pauline Klaiber — wird im Verlage von Paul Neff in Stuttgart erscheinen; sie gelangt in Quartsormat, mit 52 Vollbildern und 160 meist größeren Abbildungen im Text, auf feinem Kunstdruckpapier und in elegantem Leinenband, zum Preise von 12 S auf den Büchermarkt. Sie darste den schönsten Er⸗ scheinungen auf dem diesjährigen Weihnachtsbüchertisch beizuzählen sein, weshalb wir schon jetzt darauf aufmerksam machen.
,, Die deutschen Schlachtflotte.“
Gesundheitswejen, Thierkrankheiten und Absperrungz. . Maßregeln * Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.
(Aus den ‚Veröffentlichungen des Katserlichen Gesundheitsamtz,, Nr. 47 vom 22. November 1899.)
Pest.
Oesterreich. Am 4. Nobember ist in Triest ein Bootsmann des tüärkischen Vampfers Polis Mytilener, der am 28. Oltober auß Konstantinopel nach Berührung veischiedener türkischer und griechischer Zwischenhäfen dortselbst eingetroffen war, im Hospitalisolierraum an Pest gestorben. Er hatte sich 4 nach der Ankunft des Schiffez in Triest aug eigenem Antriebe zu einem Arzt begeben. Dieser stellte das Vorhandensein von Bronchialkatarrh mit mäßiger Athem. noth fest und schickte den Kranken zunächst wieder an Bord dez Schiffes zurück. In den folgenden Tagen besuchte der Arzt den Kranken auf Verlangen an Bord, fand den Krankheitszustand ver. schlimmert und veranlaßte am 31. Oktober, als der Dampfer Triest verließ, die Ueberführung des Kranken in das allge, meine Krankenhaus. Da in der Nacht vom 2. zum 3. November bei dem Kranken auf der Haut deg Unterleibes und der unteren Gliedmaßen rothe Flecken auftraten und die Krankheit erscheinungen überhaupt den Verdacht einer Infektionskrankheit und zwar zunächst den von Flecktyphus nabe legten, bewerkstelligte man die Ueberführung des Mannes sammt seinem Wartepersonal in einen Isolierpavillon. Die Leichenöff nung des am 4. Nobember Ver— storbenen ergab als Todesursache Blutvergistung (Pyämie) und zugleich den Verdacht, daß Pest vorliegen könne. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurde eine Baeillenart gefunden, welche mit Pestbacillen 8 Aehnlichkeit zeigte. Aus den an das pathologisch-anatomische
nstitut in Wien eingesandten Trockenpräparaten und Kulturen wurde alsdann vom Ober-Sanitätsrath, Professor Dr. Weichselbaum die Diagnose auf Pest sichergestellt.
Eine anderweitige verdächtige Erkrankung ist bisher in Triest nicht vorgekommen.
An Bord des von Santos kommenden, am 25. Oktober von Jella Grande in Brasilien abgegangenen österreichischen Llopd= dampfers „Berenice“ sind zufolge einer am 19. November der Ser= behörde zu Triest zugegangenen telegraphischen Mittheilung 3 Personen an der Pest verstorben. Das Schiff befand sich zur Zeit der Aufgabe der Depesche bei den Kap Verdischen Inseln. Seine Rückkehr dürfte am 23. oder 24. November erfolgen.
Portugal. In den Tagen vom 3. bis g. November sind in Perio 9 (69), 1 (1. 3 (D, 2 (9), O (), 1 (, 1 (O) Erkrankungen Todesfälle) an Pest zur Anzeige gelangt.
In Lissabon ist am 15. November der Vorsteher des
bakteriologischen Instituts, Professor Dr. Pestana, der sich in Porto
mit der Erforschung der Pest beschäftigt hatte und von dort am 9. November zurückgekehrt war, an Pest gestorben.
Egypten. Der am 4. November in Alexandrien festgestellte Pestfall ist in dem nämlichen Stadtbezirk zur Beobachtung gekommen, in dem die Seuche schon dreimal scheinbar aufgehört hatte, aber immer wieder aufgeflackert ist. Ein sicherer Anhaltspunkt, wie die Ansteckung zu stande gekommen ist, fehlt ganz; heivorzu⸗ beben ist, daß der Erkrankte, wie eine erhebliche Zahl der überbaupt von Pest Befallenen, ein Angestellter in einem Lebens mittelverkaufegeschäft war und an einem sehr schmutzigen, dunklen Orte im Hause des Geschäfts selbst schlief. Von Ratten will man dort nichts bemerkt haben. Im ganzen Bezirke sind alle schmutzigen Wohnungen und alle Magazine desinfiziert worden.
Britisch-Ostin dien. In der Woche vom 14. bis zum 21. Ol tober sind in ganz Indien 5156 Peststerbefälle zur Kenntniß der Behörden gelangt (gegen 95806 in der Vorwoche), in der Stadt Bom bay lol (125), in Kurrachee 3 (7) und in allen übrigen Theilen der Präsidentschaft Bombay 4427 (6303). Sa tata und die meisten anderen Orte dieser Präsidentschaft wiesen eine Besserung im Stande der Krankheit auf. In der Provinz Madras kamen einige Falle in Coimbatore und Salem vor. In Kalkutta har sich die Zahl der Peststerbefälle von 40 auf 47 ge— steigert; aus dem in der Provinz Bengalen gelegenen Saran— Berk gelangten 2 Fälle zur Meldung. In der Präsidentschafst Madras, im Staat Mysore und in den Zentralprovinzen ist kein merklicher Wechsel im Stande der Seuche eingetreten; im Staat Hyderabad heirrschte sie in der bisherigen Ausdehnung.
Japan. Zufolge einer Mittheilung vom 13. November ist in Kobe die Pest ausgebrochen; 5 Japaner sind erkrankt und davon 2 gestorben.
Auf For mosa sind in der Zeit vom 26. Juli bis 31. August 28 Personen an der Seuche erkrankt (darunter 2 Japaner); vom 1. bis 29. September ist dagegen kein Pestfall zur Kenntniß der Behörden gekommen. Die Gesammtzahl der Erkrankungen (Todesfälle) betrug bis Ende August 2509 (1897),.
Madagaskar. Zufolge einer Mittheilung vom 18. Oktober sind in Diego ˖ Suarez einzelne Pestfälle vorgekommen. Aus Andevoranto (ca. 50 engl. Meilen südlich von Tamatape) wird über eine auffallende Sterblichkeit ver Ratten berichtet. Man befürchtet, daß die Seuche trotz aller Vorsichtsmaßregeln im Lande weiter um sich greifen wird.
Paraguay. In Asunecion sind in der Zeit vom 27. Sep tember bis 109. Oktober insgesammt 21 Personen an Pest oder unter pestzerdächtigen Erscheinungen erkrankt und 13 gestorben.
Die von verschiedenen Punkten im Lande (Patio eus, Villa del Pilar) gemeldeten verdächtigen Krankheitsfälle sind bisher nicht als Pestfaͤlle sicher festgestellt worden. Der in Patiño cus vor— getommene Todesfall betraf eine Person, welche krank aus Asuncion geflüchtet war und unmittelbar nach ihrer Ankunft dort starb.
Cholera.
Türkei. Zufolge einer Mittheilung vom 10. November sind außer in der Stadt Bassora Cholerafälle am Schatt ⸗ el. Arab in Kurna und einzelnen Dörfern sestgestellt worden, ferner in Amara, Su les Schiuch und Naerin. Am 10. Nopember ist auch der Ausbruch der Seuche in Mohammera gemeldet worden. Man befürchtet, daß die Seuche sich demnächst nach Bagdad weiterverbreitet. Bis 28. Otte her sind in Bafforg feit dem Ausbruch der Cholera insgesammt 31 Gr= krankungen und 26 Todesfälle zur Anzeige gekommen. .
Britisch⸗-Ostindien. Kalkutta. In der Zeit vom 1 bit 14. Oktober sind 23 Personen an Cholera gestorben. Wahrend der vorhergegangenen Woche ist ein Todesfall dort nicht festgestellt worden.
Pocken.
SBrafilien. Zufolge einer Mittheilung vom 29. Oktober treten die Pocken zur Zeit in Florianopolis (Insel Desterro), sowie in Lag ung und Tu barao heftig auf. Im eistgenannten Orte befanden sich 21 Peckenkranke im Krankenhause, wo sie von deutschen barm. herzigen Schwestern gepflegt wurden; andere lagen in dem kleinen Fort gegenüber Estreito ohne die gehörige Wartung und Pflege;
(Schluß in der Zweiten Beilage)
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Stants⸗Anzeiger.
M 278.
Berlin, Freitag, den 24. November
1899.
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gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Verschtedene Krankheiten
Pocken: Madrid 3. St. Petersburg 2. Warschau ? Todes. fälle; Antwerpen (Krankenbäuser) 7, New Vork, Paris je 2, St. Petersburg 21, Warschau ( Frantenhãuser) 13 Erkrankungen; Flecktyphus: Warschau ? Todes fälle und 4 Erkrankungen; Rück fallfie ber: St. Petersburg . Erkrankungen; Ge nickstarre: Altona (Frankenbaus), Motkau j 2, New Vork 9 Todesfälle; NMRil;jbrand: Madrid, St Petersburg je 1 Todes al; Reg. Bei. Schleswig 2 Erkrankungen; Varizellen: Budapest 235, Wien so5 Erkrankungen; Keuchhusten: Reg ⸗ Bei. Schleswig 34, Hamburg 33. Kopenbagen 20 Eckrarkungen; In j luenza⸗ Berlin 5, London 14, Paris 3 Tode fälle Kopenhagen 33 Frkrankungen; Lungenentzündung: Reg. Bez Schleswig 58, München 22 Erkrankungen. — Mehr als ein Zehntel aller Ge⸗ storbenen starb au Malern (Durchschnitt aller deuischen Berichts orte 13565 5: 1,15 oso)h: in Hagen, Hildesheim, Nürnberg, Plauen, Würz burg — Erkrankungen kamen zur Meldung in Berlin 33, Breslau 148, in den Reg ⸗ Bezirken Erfurt 246, Hildesheim 124, Stettin 813, Wiesbaden 159. in Mün en 35, Nürnberg 197. Hamburg 34, BVudapest 57. New York 115, St. Petersburg 150. Wien 234 desgl. an Scharlach (1886 / 95: O. 9! oo): in Elberfeld, Königs⸗ berg — Erkrankungen wurden angezeigt in Berlin 67, in den Reg⸗ Bezirken Arnsberg 123, Düsseldorf 109, in Hamburg 51. Budayest 65, Fhristiania 48, Edinburg 28 Kerenhagen 77, London (Kranken häuser) z28, New York 89, Paris 5, St. Petersburg 61, Wien 48; ferner wurden Erkrankungen an Diphtherie und Croup gemeldet: in Berlin 89, Breslau 23 im Reg. Ber Düsseldorf 138, in München 365, Hamburg 20, Budapest 27, Christign ia 24, Kopenhagen 48, London Kran kenhäufer) 218, New York 160 Paris 48, St. Petersburg 101, Stockbolm 126, Wien 68 — dergl. an Unter leibstphus in London (Rrankenhäuser) 79, New Vork 71, Paris 982, St. Peterk⸗ burg 91.
Oesterreich⸗Ungarn.
Die K. K. österreichische Seebehörde in Triest hat unter dem 10. 8. W. an alle ihr unterstehenden KR. K. Hafen. und See⸗Sanitäts. Aemter und Funktionäre folgendes Zirkular gerichtet:
Mü Verordnung der Ministerisa des Innern, des Handels und der Finanzen vom 9. Novem er 1899 wird aus Anlaß der in Santos in Brastlien und Paraguay vorgetommenen Pest fälle zum Zwecke der Verkütung der Einschleppung ansteckender Kraagtheiten im Ein⸗ pern'wmen mit der Königlich ungarischen Regierung das mit der Ministerialverordnung vom 6. Juni 1899 erlassene Verbot der Fin. And Durchfubr gewisser Waaren und Gegenstãnde aus CEgypten auf Brasilien und auf Paraguay ausgedehnt.
Spanien. .
Wegen Auftretens der asiatischen Pest in Kobe Japan) ist durch eine Königliche Verordnung vom 16. November d. J. gegen Schiffe, die von dort nach dem 31. Oktober 1899 abgegangen sind, in Spanien strenge Quarantäne verbängt worden. Zugleich gelten die in gerader Linie weniger als 165 Km von Kobe entfernten Häfen als
verdãͤchtig. .
Die Bestimmungen der Artikel 1 bis 4 der Königlich belgischen Verordnung vom 5. April 1897 (. Moniteur Belge“ Nr 111 vom 71. AÄpril 1897 und Reichs Anzeiger Nr. 38 vom 27. April 1897), betreffend Maßnahmen zur Verbütung der Einschleppung der Beulen⸗ peft in Belgien, sind durch Verfügung des belgischen Ministers für Landwirthsckaft vom 17. November 1898 (. Moniteur Belge? Nr. 322 vom 18. November 1899) fär Herkünßste aus den für verseucht er⸗ lärten Gebieten von Paraguay, Mogambique und Mada— gascar in Wirksamkeit gesetzt worden. ; —
Solche Herkünfte von See sollen an den Quarantãnestationen in der Sckelte, in den Häfen von Ostende und Nieuport, sowie zu Selzaete nach Maßgabe der Vorschriften der Kapitel 1I. III und LV des der Venediger Internationalen Sanitätekonvention vom 19. März 1597 Feigefügten Allgemeinen Sanitätsreglements behandelt werden.
Türkei.
Der internationale Gesundbeitsraih in Konstantinopel hat zur
Verhütung der Einschleppung der Pest folgende Bestimmungen ge⸗ troffen: : n I Herkünfte aus Bougie und Philippeville (Algerien), welche von dort seit dem 11. d. M. abgegangen sind, unterliegen eiger 10 tãgigen e . in einem der drei türkischen Lazarethe, nämlich Tripolis (Afrika), Beirut oder Smyrna.
3 ier rr. aus Triest, welche seit dem 13. d. M. von dort abgegangen sind, unterliegen einer äãritlichen Untersachung in den türkischen mik Sanitätsarzt versehenen Häfen.
Griechenland. ö
Die für Herkünfte von Triest angeordnete Quarantãne ist seit dem 21. d. M. wieder aufgehoben worden. (Vergl. . R.⸗ Anz.“ Nr. 273 vom 17. 5. M.)
Bulgarien.
Die bulgarische Regierung hat unterm 1. 8 M. die durch Ver⸗ ordnung vom 17. Februar d. J. getroffenen Maßregeln gegen Her⸗ fünfte aus den Hafenplätzen des Rothen Meeres vgl.. R- Anz.“ Nr. 60 vom 10. März d. IJ aufgehoben, dagegen die Siadt Santos in Brasilien für pestperseucht erklärt. . .
Uäterm 4. d. M. hat die bulgariscke Regierung ferner den süd—⸗ lich der Stadt Bagdad belegenen Theil des Vilajets gleichen Ramens dom 253 v. M. ab für cheleraverseuchtg owie die Häfen von Algier vom 23. v. M. und die Stadt Triest vom 38. v. M. ab für pestverseucht erklärt.
Brasilien. . .
Infolge des Ausbruchs der Pest in Santos hat die brasilianische Regierung angeordnet, daß die aus Santos kommenden Schiffe keinen der anderen brasilianischen Häfen anlaufen dürfen.
Diese Verordnung täitt mit dem Tage, an welchem sie den betreffend-n Jollämtern bejw. See Sanitätsbehörden belannt wird, in Kraft. (Vergl. . R Anz.“ Nr. 140 vom 16. Juni d I)]
Argentinien. .
Nach Feststellung des Ausbruchs der Bubonenpest in Santo ist auf Grund einer zwischen den Sanitätsbehörden Argentiniens und Uruguays getroffenen Vereinbarung der gedachte Platz für verseucht erklärt worden; die sonstigen brasilianischen Häfen gelten als seuche⸗· verdächtig. Infolge dessen sind die in Argentinien seiner Zeit zur Verhürtu'g Der Einschlexpung der Pest erlassenen Naßregeln auf Herkünfte aus Brasilien ausgedehnt worden. (Vergl. „Reichs Anzeiger Nr. 27 vom 26. September d. J.)
ruguay. Der National. Gesundheitsrarh in Montevideo hat zur Verhütung der Einschleppung der Pest aus Brasilien unter dem 25. v. M. solgende Verordnung erlassen: ; Artikel J. Der Hafen von Santo wird für verseucht und alle übrigen am Allantischen Ozean gelegenen Häfen Brasiliens
werden für verdächtig erklärt. . . Artikel 2. Die aus verdächtigen Häfen und in (gesundheitlich)
gutem Zustande kommenden Schiffe werden einer gesundheitlichen Be⸗
obachtung von fünf Tagen unterworfen. Die in derselben Lage aus verseuchten Häfen kemmenden werden zehn Tage Beobachtung haben.
Artritel 3. Die Schiffe, die Verdächtige oder erwiesenermaßen an der Beulenpest Kranke baben oder gehabt haben, werden einer Be— obachtung von fünfzehn Tagen unterworfen.
Artikel 4. Die Reisenden werden im Lazareth der Insel Flores an Land gesetzt, damit ihr Gepäck desinfiziert und sie selbst gehörig beobachtet werden können.
Artjikel 5. Die Beobachtung beginnt sowohl für die Reisenden als auch für die Schiffe nach beendigter Desinfektion. Wenn das Schiff einen Sanitäts- Inspektor hat, so zählt die Beobachtung von dem Tage der Ausreise aus dem litzten Hafen.
Artikel 6. Die Postsachen aus verseuchten Häfen werden des— infiziert und die aus verdächtigen Häfen ohne irgend welche Ein schränkung angenommen.
Artikel 7. Die Einfuhr nachstehender, aus den bezeichneten Häfen kommenden Gegenstände wird verboten: Federn, Häute, Borsten, Wolle, Hörner, Gewebe aller Art, Waare in Ballen oder Säcken.
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Fiume, 21. November. (W. T. B.) Die Meldung ver⸗ schiedener Blätter, daß sich auf dem aus Alexandrien hier ein— getroffenen Schiff ‚Manfi' ein vestverdächtiger Kranker befinde, entbehrt jeder Begrundung. Das Schiff hat bereits gestern freie Fahrt erhalten.
Trie st, 23. Nobember. (W. T. B.). Der Kapitän des Lloyd-⸗ dampfers Berenice“ hat aus Gibraltar telegraphiert, daß der an der Pest erkrankte Stewart gestorben, die übrige Mannschaft aber gesund sei (vgl. Nr. 271 d. Bl.).
Santos, 22. November. (W. T. B.) Während der letzten zehn Tage sind zwei neue Pestfaälle vorgekommen. Die Gesammt—⸗ zakl der Erkrankten im Hospital beziffert sich auf sieben, von denen sechs auf dem Wege zur Genesung sind.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“)
Der Schiffsverkehr von Liverpool im Jahre 1898. Die Auswanderung über Liverpool. Der Hafenverkebr Liverpools und der Nebenhäfen Fleetwood, Runcorn, Garston und Preston im Jahre 1898 zeigte nachstehendes
Bild: Nationalität der Schiffe Dampfer Segler Tonnenzahl d 6h 5 437 360
Britische
ö 207 359 111 84 ͤ 176 4352 ö 58 ĩ 97762 i 51 91 828 J 39 35 313 ö 20 . 30201 1 16 26 133 Italienische . 14 l 22 480 Nord⸗Amerikanische 5 19413 1 40 ĩ 18 913 J 106 36 13 995 Ueberdies verkehrten noch im Hafen von Liveipool brasilianische, russische und österreichische Schiffe mit 6169, 5643 und 2518 t Gehalt.
Von den einlaufenden deutschen Schiffen waren beladen: 19 mit Stückgut, 14 mit Hol;j, 11 mit Früchten. 5 mit Zucker, je 3 mit Petroleum und Weizen. Z mit gefrorenem Fleisch, 8 mit Zement, Salpeter, Papiermasse, Reis, Johannisbrot, Harz, Knochenasche und Photphor. Außerdem wurden 6 Schiffe für Rechnung deutscher Rheder aufgekauft. Bei der Ausfahrt waren die deutschen Schiffe beladen: 36 mit Stückgut, 14 mit Kohlen, 8 mit Pech, 6 mit Sal, 5 mit Phosphor. 17 Schiffe gingen in der Einfuhr und 24 in der Ausfuhr mit Ballast. Ein Schiff ist verkauft worden.
Die Auswanderung über Liverpool belief sich im Ganzen auf 98 go0 Personen, darunter 51 909 Engländer, 2062 Schotten, 3590 Iren. Nach den Vereinigten Staaten von Amerika wanderten aus 68 468 Personen, nach Britisch⸗Nord ⸗ Amerika 25 644.
Der Antheil Deutschlands an der Ein und Ausfuhr Frankreichs in den ersten neun Monaten des Jahres sos.
Vor kurzem ist der Außenhandel Frankreichs für die ersten neun Monate dieses Jahres in Gesammtziffern angegeben worden. Die folgenden Zahlen geben ein Bild von dem Antheile, den Deutschland an der Gesammt-⸗Ein« und Ausfuhr Frankreichs während derselben Periode genommen hat.
Die Einfuhr Deutschlands nach Frankreich betrug:
Jan. bis Sept. 1999 Jan. bis Sept. 1598 Jan. bis Sept. 1897 1000 Fr. 1000 Fr. 1000 Fr. 240 235 242 809 223 694
Dagegen bewerthete sich die Ausfuhr Frankreich nach Deutsch⸗ land:
Jan. bis Sept. 1399 Jan. bis Sept. 1898: Jan. bis Sept. 1897 1000 Fr. 1000 Fr. 1000 Fr. 306 863 268 845 259 251
Für die Waareneinfuhr Deut chlands nach Frankreich ergiebt sich hiernach im Jahre 1899 ein Weniger von 2574 009 Fr. gegen 1898, dagegen exportierte Frankreich im laufenden Jahre für 38 020 000 Fr. mehr nach Deutschland als im Jahre 1398. .
Die geringere Einfuhr Deutschlands nach Frankreich war bedingt urch den nur ganz unwesentlichen Export deutscher Cerealien im Jahre 1899 (1895: 15 077 000 Fr., 1899: 192 9090 Fr), für fast alle sbrigen Einfuhrarttkel zeigen die Zahlen eine allerdings nicht belang⸗ volle Steigerung.
Der Haupttheil der Mebrausfuhr Frankreichs nach Deutschland entfässt auf Wolle und Wollabfälle (1898: 15 698 9900 Fre, 1899: 37 677 000 Fr.; geringere Erhöhungen zeigen sich bei Wein, seidenen und wollenen Geweben und Bändern, chemischen Produkten, Maschinen und Werkzeugen, Rohkautschuck und Guttapercha.
Der Außenhandel Italiens in der Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1899. Einfuhr Ausfuhr nn 3 e,. , . . bis Sep⸗ is Sep- 8 38 Sep⸗ bis Sep⸗
tember tember Diff eren tem ber tember Diff eren
1899 1898 1899 1398 Lire Lire Lire Lire Lire Lire
1059377347 1056447151 42717316 908499619 857051318 5148301
Dazu die Edelmetalle:
3259000 309610044 162900 1130899090 13965500 — 2656600
106650685347 1053351031 238 2 16 l 9Soshlꝰ s?7 lolss 8s 4879170
Zolltarifentscheidungen in Italien. Treibrkemen aus Textilstoffen sind nach den Bestim⸗— mungen des amtlichen Waarenvperzeichnisses zum Zolltarif wie die Ge⸗ webe zu verzollen, aus denen sie in der Hauptjache bestehen. Anderer- seits schreibt das Waarenverzeichniß vor, daß Treibriemen aus
mit Oel getränktem Baumwollengewebe wie die getbeerten, geölten . Baumwollen gewebe nach T-Nr. 1202 (Sollsatz 30 Lire für den Doppel⸗Zentner) zu veriollen sind. An dieser Tarlfierung ändert auch der Umstand nichts, daß derartige Treibrie men mit einem farbigen Mennig⸗ oder ähnlichen Anstrich versehen sind. Mit eben solchem Ansteich oder mit wasser⸗ dichtem rotben Ockeranstrich versehene, jedoch nicht mit Oel oder anderer Fettsubstan; getränkte Treibriemen aus robem Baum wollengewebe in Gewicht von mehr als 13 kg auf 100 qm sind wie rohe Baamwollengewebe der T. Mr. 1122 zu behandeln, und jwar auch dann, wenn sie mit weniger als 500½ Wolle ge—⸗ mischt sind. Letzteren Falls unterltegen sie lediglich dem in T. Nr. 128 b vorgesehenen Zuschlag von 20 Lire für den Doppeljentner. Dagegen haben Treibriemen aus mehrfach zusammengefaltetem Haumwollengewebe, dessen einzelne Lagen durch eine Mischung von Kautschuk und mineralischen Substanzen verbunden sind, und die einen Ueberzug aus derselben Mischung erbalten haben, keinen Anspruch auf zolltarifarische Gleiwstellung mit den Treibriemen, die mit einem farbigen Anstrich aus Mennige ꝛc. versehen sind, dieselben sind vielmehr als gefärbte Baumwollgewebe zu behandeln. Beispielsweise unterliegen hier⸗ nach dergleichen Treibriemen aus Baumwollengewebe im Gewicht von 13 kg und darüber auf 100 qm mit mehr als 38 Fäden in Kette und Einschlag im Quadrat von 5 mm Seite nach T Nr. 112a 3 einem Zoll von 74 Lire für den Doppel-Zentner mit Zaschlag von 35 Lire gemäß T. Nr. 114.
Chloroform in inneren Umschließungen von ge— schliffe nem Glas. Der Umstand, daß Chloroform neben dem Eingange zoll dem Alkoholsteuerzuschlag unterliegt, und zwar ohne Abzug des Gewichts der unmittelbaren Umschließungen (Nr. 6 des Zolltarifs), hat nicht zur Folge, daß auf die Glasbehälter die Bestimmung im Art. 14 Litt. b der Tarabestim mungen (Deutsches Handelsarchiv 1895 1 S. 821) Anwendung findet, vielmehr sind. da Chloroform nach dem Bruttogewicht zu verzollen ist zu einem Satze, der niedriger ist als der Zollsatz für geschliffene Glaswaaren, die . gemäß Art. 13 der Tarabestimmungen für sich zu verzollen.
Chlorwasserstoffäther, mit ätherischem Oel schwach parfümiert, ist nicht als alkoholische Parfümerie, sondern ohne , auf die geringe Beimischung ätherischer Oele als Aether zu verzollen.
Thierischer Leim in Plättchen ze, der wegen seiner Rein= heit zu denselben Zwecken, zu welchen echter Fischleim bestimmt ist, dienen kann (Klären von Wein ꝛc., hat Anspruch auf den vertrags . mäfligen Zollsatz für künstlichen Fischleim (T. Nr. 343 — 10 Lire für den Doppelzentner, Deutsches Handelsarchiv 1899 März— heft 1 S. 210 ff..
Matrosen, oder Fischermesser mit polierter Klinge unterliegen als feine Werkzeuge ꝛc. für Künste und Gewerbe aus Eisen oder Stahl nach T- Nr. 222 1 einem Zoll von 22 Lire für den Doprel⸗Zentner.
Taschenmesser mit Heft aus unedlem Metall in Ver— bindung mit unechtem Schildpatt sind nicht als feine, sondern als gemeine Kurzwaaren nach T. Nr. 3522 mit (vertragsmäßig) 80 Lire für den Doppel -⸗Zentner zu verzollen.
Wollenkrepp, der vom amtlichen Waarenverzeichniß dem Zollsatz für Wollen tüll zugewiesen wird, hat, wenn er Erzeugniß eines melstbegünfligten Landes ist, wie der eigentliche Tüll Anspruch auf den auf der Königlichen Verordnung vom 11. Februar 1899 beruhenden ermäßigten Zoll von 5 Lire für 1 kg.
Kupferdraht fällt ohne Rücksicht auf die Stärke unter die T. Nr. 225 d. zum Zollsatz von 20 Lire für den Doppel ⸗Zentner. Dieser Zollsatz findet mithin beipielsweise auch Anwendung auf Kupferdraht von mehr als Hmm Durchmesser in durch— schnirtlicher Länge von 57 iu auf Rollen oder in Knäueln. Dagegen sind nach einer früheren Entscheidung gezogene Kupferstangen von beschränkter Länge nur bis zu einem Durch— messer von 5mm als Draht, anderenfalls aber als Kupfer in Stangen (T. Nr. 225 b. — Zollsatz 14 Lire für den Doppel-Zentner) zu behandeln. (Aus den Decreti del Ministro delle finanze per la risolutione di controversie etc.)
Serbien.
Verzehrungssteuer von Sesam⸗Oel. In Abänderung eines Erlasses aus dem Jahre 1892 hat der serhische Finanz ⸗Minister angeordnet, daß von Sesam. Oel stets die staatliche Verzehrungssteuer (Troscharina) zu zahlen ist.
Zufchlag zur Ohrtsteuer. Der staatliche Zuschlag in Höhe von Fhoso der direkten Steuern ist, der Novelle zum Gesetz, betreffend die direlte Steuer, zufolge, vom Fahre 1900 ab auch von der Obrt⸗— steuer zu erheben (Erlaß des serbischen Finanz Ministers vom 20. Ok⸗ tober d. Iz). Die Obristeuer ist eine Umsatzsteuer, die auch von Einfuhrwaaren erhoben wird. Vgl. Schlußprotekoll zu Art. T und Anlage D. des serhisch⸗össterreichischen Handelsvertrages (Deutsches Handelsarchiv 1893 1 S. 344 ff.).
Zur Geschäftslage auf der Balkanhalbinsel gegen Ende Okt ober d. J.
Wenn auch die Geschästelage in Konstantinopel nach wie vor recht viel zu wünschen übrig läßt, so kann doch immerhin von einer Wiederbelebung des Geschästs gesprochen werden. Die früh— zeitig eingetretene kalte Witterung berechtigt zur Hoffnung auf eine lebhaftere Bewegung in Winterwaaren, die zum theil schon eingetreten ist. Es ist auch die höchste Zeit, denn bei vielen kleineren Händlern macht sich bereit ein bedenklicher Geldmangel geltend, und Zahlungs- schwierigkeiten sind nichts Seltenes mehr. — Ucber die Geschäftslage an anderen Handelsplätzen der Balkanhalbinsel ist Folgendes zu erwähnen. Adrianopel: Die vollständige Mißernte in der Provinz hat zur Folge, daß Getreide und Mehl, welche sonst die Haupt exportartikel des Vilajets bilden, ia diesem Jahre von auswärts be; zogen werden müssen und nunmehr die gesuchtesten Einfuhrartikel bilden. Diese Eischeinung, welche natürlich im Winter und Frübjahre noch in erhöhtem Maße auftreten dürfte, bewirkt, daß wieder mehr Geld aus dem Lande gehen, wird, sodaß eine weitere Verarmung der ohnehin wirtoschaftlich stark herabgetommenen Bevölkerung sehr wahrscheinlich ist. Unter solchen Umständen kinn von einem Enporblühen des Handels für den Augen blick keine Rede sein, und man wird wohl bis zur neuen Ernte sich nach wie vor auf die allernothwendigsten Transaktionen beschränken müssen. Im September trat eine Eihöhung der Cerealienpreise aus dem Grunde ein, weil die in dieser Jahregzeit sonst übliche Zufuhr von Getrelde aus der Provinz wegflel. Der Mangel von Waare hatte auch zur Folge, daß Geireide von auswärts eingeführt werden mußte. Aus Bulgarien sind gegen 50 Waggons Weizen importiert worden; auch foll der Bezug bon Weijen aus Rußland in Aussicht genommen worden sein. — Philippopel; Der allgemeine Geld⸗ mangel, welcher bereits seit vielen Mongten den ganzen Innen und Außenhandel Ostrumelieng in ungünstiger Weise beeinflußt, hat weiter ange dauert. Die Kaufleute beschränken noch immer ihre An- schaffungen auf das unumgänglich Noihwendige, da sie beim Ein- ziehen ihrer fälligen Forderungen auf viele Schwierigkeiten stoßen und die Provinzkaufleute jur Deckung ihres Winterbedarfs verhältnißmäßtg geringe Bestellungen machen, trotzdem die Ernte im