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nn meint, es wäre erwünscht, big zur dritten Lesung eine Be— n . zu finden, welche diese Zweifel durch eine aus hrückliche Vorschrift ausschließt, so möchte ich glauben, daß eine solche Ve stimmung nicht nothwendig ist, und wenn wir überhaupt, das Be⸗ streben verfolgen würden, alle Zweifel, die aus Anlaß der Einführung bes Bürgerlichen Gesetzbuchs auf irgend welche Verhältnisse sich er · eben könnten, durch ausdrückliche Bestimmung zu lösen, dann dürften
se vor Allem einmal bei der Gewerbeordnung und bi einer Reihe anderer Gesetze Kommissionen niedersetzen, die vielleicht ein halbes Jahr tagen würden und eine Menge von Bestimmungen vorschlagen würden, und schließlich würde doch nichts gebolfen. Die Praris ist so mannigfaltig und es ergeben sich immer wieder so ungeahnte neue schwierige Fragen, daß mit ausdrücklichen Restimmungen man darüber nicht hinwegkommt, ja es ist sogar gefährlich, wenn man solche Detail ⸗Bestimmungen verlangt. Denn die Juristen ziehen sofort aus solchen Detail · Bestimmungen ihre Schlußfolgeruagen. und es kann ganz leicht kommen, daß man auf diefe Weife ein Loch zumacht und zehn andere Löcher öffnet, Es wird am besten sein, man begnügt sich imit den Erörterungen, die in diesem hohen Hause stat gefunden haben. Ich bitte das hohe Haus, den Kommissionzantrag zu diesem Paragraphen abzulehnen, ,
Abg. Stadthagen (Soz): 86626 des. Bürgerlichen Gesetz · buchs sagt ganz allgemein: Das Dienstoerbältniß kaun von jedem Theile obne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Was, in den S5 123 und 124 der Gewerbeordnung stebt, sind solche wichtigen Gründe, ganz abgesehen davon, ob dag dort Angeführte zutreffend oder erschöpfend ist. Hätte der Reichstag seiner Zeit unsern Antrag angenommen, alle privat rechtlichen Normen zusammenzustellen, die neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch besteben bleiben, so würde diese kleine Streit⸗ frage auch nicht mehr vorhanden sein. Der Einwand, baß das jabrelange Arbeit gekostet bätte war völlig hinfällig. Nach unferer ÄAnschauung würde das Wohl der Arbeiter geschänigt, wenn wir den Antrag det Abg. Freiherr von Stumm nicht annähmen.
Abg. Dr. von Frege (d. kons) spricht sich ebenfalls, und zwar gerade im Interesse der Förderung des Wohles der Arbeiter für den Antrag des Abg. y , . ö Stumm aus. Die Kommission habe
mit ibrem Beschlusse geirrt. . ö In der Abstimmung wird der Artikel 6b einstimmig
estrichen. ö . Artikel 6c entspricht dem Initiativantrage der Abg. Bassermann und Genossen, der die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über die Kündigungsfrist für Angestellte auf die Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker u. s. w. aus⸗ gedehnt wissen will, die der Gewerbeordnung unterstehen. Nach ber bestehenden Gesetzgebung G 1332) erfolgt die Lösung des Arbeitsverhältnisses zum OGuartals⸗Ersten nach sechs Wochen vor erfolgter Ankündigung. Gemäß dem Antrage Bassermann sollen hinter 8 1332 die S5 13342, 133a4b und 1332 ein⸗ geschaltet werden. 3 133 aa besagt im ersten Absatz: „Wird durch Vertrag eine kürzere oder langere Kündigungsfrist be⸗ dungen, so muß sie für beide Theile gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Mongt betragen.“ (
Ein Antrag des Abg. Röesicke⸗Dessau (b. E. F.) an Stelle der Worte „so muß sie für beide Theile gleich sein die Worte zu setzen: „so darf sie für die im 8 1332 be⸗ zeichneten Personen nicht länger sein als für den Gewerbe⸗ unternehmer“, ist in Konsequenz der am Sonnabend er⸗ folgten Ablehnung desselben Antrages zu S 122 zurückgezogen worden.
Abg. Freiherr von Stumm: So respeltabel der Stand der Werkmeister ist, so schien mir doch, was bier zu ihren Gunsten ge⸗ pfant ist, zu weit zu gehen. Der Unteroffizier stand ist gewiß einer der respeltabelsten in der Welt, und doch weiß man, daß es vor— kommt, daß einjelne seiner Mitglieder sich durch Annahme von Geschenken und dergleichen in einer Weise vergehen, die unter Umständen ihre sofortige Entlassung rechtfertigt. Ebenso liegt ez bei den Werkmeistern; auch sie können sich in dieser Richtung Verfeblungen zu schulden kommen lassen, welche ibre fofortige Entlassung rechtfertigen würden, Nachdem ich mich aber durch Rücksprache mit kompetenten Persönlichkeiten überzeugt habe, daß es nach wie por thunlich ist, entsprechende Bestimmungen in den Dienstvertrag aufzunehmen, sodaß dann der Richter nicht mehr zu prüfen haben würte, ob ein wichtiger Grund vorliegt, stelle ich meine Bedenken zurück, und fteue mich andererseits, den Wünschen der Werkmeister entgegenkommen zu können.
Abg. Bafferm ann bestätigt dem Abg. Frelberrn von Stumm, daß die sofortige Entlassung im Falle gröblicher Verstöße nach wie por möglich bleibe, und empfteblt die Annahme des Kommissions⸗ beschlusses, der einem Bedürfnisse in den Kreisen der Werkmeister, Betriebs beam ten, Techniker u. s. w. entgegen komme.
Der Artikel 6c wird angenommen.
Artikel 64 ist ebenfalls von der Kommission vorgeschlagen; er betrifft die Lohnbuͤcher für minderjährige Fabrikarbeiter und das Verbot der Auslöhnung am Sonnabend oder Sonntag. Die Kommission empfiehlt den Artikel in folgender Fassung:
1. In § 134 wird als Abs. 3 eingeschaltet: Auf Fabriken, für welche besondere Bestimmungen auf Grund des § 1142 Abs. 1 (Lohnbücher) nicht erlassen sind, ist auf Kosten des Arbeitgebers für jeden minderjährigen Arbeiter ein Lobnbuch einzurichten. In daz Lobnbuch ist bei jeder Lobnzablung die Berechnung des ver⸗ dienten Lohns einzutragen; es ist bei der Lobnjablung dem Minder⸗ jährigen oder seinem gesetzlichen Vertreter auszubändigen und von dem Empfänger vor der nächsten Lohnzahlung jurückmureichen. (Die Lohnbücher sollen im übrigen denselben Vorschriften wie die Arbeits— bücher unterliegen.)
II. In F 1346 Ziffer 2 (wonach die Arbeits ordnung Bestim⸗ mungen über Zeit und Art der Abrechaung und Lobnjablung enthalten muß) soll am Schluß hinzugefügt werden; Mit der Maß⸗ gabe, daß die regelmäßige Lohmablung nicht am Sonnabend oder Sonntag stattfianden darf. Ausnahmen können von der unteren Verwaltungsbehörde zugelassen werden.“
Der Abg. Freiherr von Stumm will Nr. J gestrichen eventuell statt „die Berechnung des verdienten Lohnes“ gesetzt wissen: „der Betrag des verdienten Lohnes“; in Nr. N will er nur die Lohnzahlung am Sonntag gesetzlich verboten und den letzten Satz gestrichen haben. ö .
Die Biskussion wird zunächst über Ziffer eröffnet.
Abg. Freiherr von Stumm: Die Eintragung der Berechnung des Lohnes ist vielfach geraden unausführbar. Bei Accerdarbeiten, an denen vielleicht 260 Arbeiter in einem großen. Maschinenbetriebe beschäftigt sind, umfassen die Lohnberechnungen acht große Foliobogen⸗ seiten; aus diefen acht Bogenseiten wird für jeden Arbeiter der auf ibn entfallene Lohn berechnet Soll man nun in das Lohnbuch jedes minderjährigen Fabrlkarbeiters, der dabei betheiligt war, diese acht Bogenfeiten eintragen? Daz kann doch vernünftiger Weise nicht verlangt werden. Ich habe 32 Jahre lang mit der Gewerbeordnung au thun gebabt, aber in die ser Zelt find alle Versuche, eine erziebliche Wirkung auf die Kategorie der sugendlichen Arbeiter durch die Auszahlung des Lobneg an Eltern oder Vormünder u. s. w auszuüben, ohne gechte prattifche Wirkung geblieben. Von dem Kommissionsantrage könnte ich eine solche soziale Wirkung allerdings eber erwarten, und ich rürde, wenn mein Goentualantrag angenommen wird, für ihn stimmen.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vga.): Daß statt Berechnungen. Be⸗ trag' gefetzt werden muß, hat Freiberr von Stumm überzeugend. nech⸗ zewiesen. Er hat, wenn so geändert wird, immerbin Neigung, für den Antrag 1 zu stimmen. Aber die Bedenken, die auch er noch gegen den Antrag hat, lassen sich leicht vermebten. Von den Vorschriften des S 19a, der auch über die Lohnauszabhlung an Minderjährige gewisse Ein⸗ schränkungen verhängt hat, ist nach den Berichten der Fabrikinspektoren
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nur wenig Gebrauch gemacht und eine Wirkung in dem beabsichti ten Sinne ck erzteli worden. Auch der Vorschlag der Re ee würde nur ein Schlag ins Wasser sein, besonders wenn die Be⸗
schelnigung der Gltern' in den Lohnbüchern nicht gleich jetzt vor
geschrleben würde. Das immerwährende Hin- und Derreichen des Lohnbuchz würde eine unverhältnißmäßige Belästigung fur beide Theile bilden. . Abg. Bebel (Sor); Auch wir sind jetzt in der angenehmen Lage, mit Herrn von Stumm übereinstimmen zu können, wünschen aber unter allen Umständen die völlige Streichung der Num mer J. Der Vorredner hat die Gründe dafür so klar vorgeführt, daß wir Sie nur bitten können, einfach die Ablehnung zu beschlietzen; man soll keine Gesetze machen, von denen man vorher weiß, daß sie keine Wir⸗ kungen haben werden.
ö och. Dr. Hitze (Zentr.); Nach den bisherigen Erörterungen ziehe ich mich auch auf den Eoentualantrag des bg von Stumm zurück, empfehle aber desto nachorũcklicher die Annahme der so amen⸗ dierten Bestimmung. Dieselbe ist keines vegs bedeutungslos. Leider ist von der Befugniß nach § 1192 bis jetzt sehr wenig Gebrauch ge⸗ macht worden. Die Berechnung sollte gerade deswegen in die Lohn⸗ bücher aufgenommen werden, weil die jungen Burschen mit den Lohn⸗ zeiteln durch Fälschung u. s. w. allerlei betrügerische Maniv lationen zur Täuschung ihrer Eltern vorgenom men haben. Dieser Zweck wird allerdings nicht in wenn der Ebentualantrag des Abg. von Stumm ur Annahme gelangt.
. ,, ger zu Herrnsheim (nl): Der wesentliche Punkt in dem Antrage liegt nicht in der Aufnahme der Berechnung, sondern darin, daß wir gegenüber der Lässigkeit, welche die Gemeinden bisher in der Benutzung der ihnen zuste henden Befugniß an den Ta gelegt haben, mit der Gesetzgebung einschreiten, Ich wundere mich, daß der Abg. Bebel gegen den Antrag ist; sollte sich seine Haltung paraus erklaren, daß die Sozialdemokraten nicht wünschen, daß die
Eltern der jungen Leute erfahren, was diese an die sojialdemokratische Parteikasse abführen?
Abg. Bebel verwahrt sich zunächst gegen die von dem Vor ⸗ redner ausgesprochene Verdächtigung seiner Partei und fährt dann fort: Wir sind gegen die Bestimmung, weil wir sie für werthlos halten. Wenn die jungen Leute jo auf dem Kriegsfuß mit den Eltern stehen, daß sie nur durch Zwangs mittel dazu angehalten werden können, ihnen Aufschluß über den von ihnen ver dienten Lohn jzu geben, dann ist das nicht bloß eine traurige Erscheinung, sondern dann hilft dagegen auch das Gesetz nichts Gerade in der Großindustrie, bei der sortgesetzten Fluktuatien der ÄÜrbelterbepölkerung müssen alle solche Votschtiften nutz und ergebnißlos sein. Nachdem der Nutzen des § 118a sich als ganj pröblematisch erwiesen hat, nachdem dieser auf dem Papier stehen ge—⸗ dlieben ist, foll man doch nicht auf einem derart als unganghar er⸗ kannten Wige weiter gehen. Es kommt voch auch nicht selten vor, daß die Söhne und Töchter von Arbeitern sehr tüchtige Leute siad, während der Vater ein Truntenbold ist. Die Eintragung der Be⸗ rechnung würde thatsächlich den Geschäftsinhabern kolossale Arbeit machen, während es doch nur darauf ankommt, daß die Eltern wissen, wiediel der Sohn oder die Tochter verdient hat.
Abg. Jac obs kötter (d. kons.): Der zuletzt vorgebrachte Ein ⸗ wand würbe zutreffend sein, wenn wir hier bestimmten, daß der Lohn an den Vater oder Vormund ausgezahlt werden soll, aber alles dies steht bier nicht in Frage. Wir sind für den Eventualantrag des Freiherrn von Stumm und nehmen mit demselben Ziffer Lan. Bis zur dritten Lesung wird es boffentlich gelingen, noch eine allen Wänschen beffer entsprechende Fassung ju finden.
Abg. Freihert Heyl zu Herrnsheim stellt in Abrede, dem Abg. Bebel dae jenige untergeschoben zu haben, was dieser jo erregt abgewebrt habe. Es könne auch durch Abonnement von Partei zeitungen eine solche Parteiunterstũtrzung geleistet werden. Er habe sich nur gewundert, daß der Abg. Bebel sich an der erzieherischen Tendenz der Vorschrift nicht betheiligen welle Freilich, wer die Ehe auf⸗— beben wolle, den kümmere auch das Streben, die Jugend zu bessern, sehr wenig, .
Abg. Franken (ul) spricht sich für Ziffer J mit dem Eventual⸗ antrag des Abg. Freiherrn von Stumm aus, hält aber die Annahme der Lobnbächer selbst für norbwendig. Die Arbeit zeber würden sich den nach der Behauptung des Abg. Pachnicke damit verbundenen Be—⸗ lästigungen sehr gern unterzieben. ö. 4.
Abg. Dr. Pachnicke bleibt gegenüber den Ausführungen der Abgg. Br. Hitz und Franken bei seinen Meinung stehen. Es würden aus der neuen Einrichkung derartige Weiterungen entstehen, daß sich zahlreiche Arbeitgeber überlegen würden, ob sie überhaupt noch jugend⸗ liche Arbeiter einstellen sollten.
Abg. Freiberr von Stumm bringt den Antrag ein, statt „‚Lohnbuch ⸗ zu setzen Lobnzablungsbuch“. ᷣ
Abg. Moltenbubr (Soz.) spricht sich ebenfalls gegen die vor⸗ geschlagene Bestimmung aus.
Abg. Möller. Duisburg (nl): Der bedauerliche Prozeß der Los. lösung der jugendlichen Arbeiter von der Familie. dem man früher mit allerlei gesetzeberichen Versuchen entgegentrat, bat in der letzten Zeit weitere Fortschritte gemacht, und jeder wiklich Erfolg versprechende weitere Versuch wäre nur mit Freuden zu begrüßen. Aber mit dem Lohabuch scheint mir nichts Welsentliches geboten; jedenfalls sollte man eg nur in den Fällen ausstellen, wo die Eltern oder Vormünder e selbst verlangen. .
Abg. Bebel führt aus: Man wolle mit diesem Paragraphen eine erzicherische Wirkung ausüben. Warum aber dann diese ernehe⸗ rische Wirkung nur auf die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen beschränken, warum sie nicht ausdebnen auf die Unternehmer, welche nicht einmal so viel moralischen Einfluß auf ihre Söhne hätten, daß si. diese verhindern könnten, in einer Nacht mehr Geld za verthun, als Arbeiter in Jahren verdienen könnten? Und das sei nicht einmal ihr Geld, sondetn das Geld, was ihre Väter verdient hätten. Was der Abg. Freiberr von Hevl ihm (Redner) unterstellt habe, zeuge von einer Tiefe der Gesinnung, daß ihm der parlamentarische Aus⸗ druck dafür feble. (Vie Präsident Dr. von Frege rügt diesen Aus⸗ druck) Daß die Sonialdemokraten die Ehe vernichten wollten, fei eine Bebaupiung, die ibre Gegner ihnen anhängten; ihre An⸗ schauung gehe dahin, daß bei der fortschreitenden Um wande lung aller Verhältnifs- auch die Auffassung von der gegen⸗ seitizen Stellung der Geschlechter sich ändern müsse und aͤndern werd? Der Abg. Franken meine, die Eltern müßten erfahren, was or- Sähbae verdienten. Der Abg. Möller babe aber schon darauf bingewiesen, daß eber das Gegentheil des beabsichtigten Zwecks erreicht würde; man Wärde durch solche Bestimmung weit mehr die jugend⸗ lichen Arbeiter aus dem Elternhause vertreiben, als sie inniger an daßfelbe feffeln. ÜUad sei nicht schon heut eine große Zabl der jugend⸗ lichen Arbälter nicht mehr im EGlternhause? (Rufe rechts: Leider) 2er, fage auch er (Redner); aber man habe mit dieser Thatsache zu rechnen.
Abg. Dr. Hitz :. Der Gegenstand ist keinezwegz dazu angethan, sich so aufzuregen. Wir leben heute noch in der bestehenden Gesellschafts ·
ordnung und müssen den Familienftand hinnehmen, wie er ist. Den Gltern, welche die großen Opfer für ihre Kinder gebracht haben, muß das Leben so leicht gemacht werden, wie es irgend möglich ist, und wenn es auch auf diesem Wege geschehen kann, so thun wir etwas Gutes, was moralisch und vom gesetzgeberischen Standpunkt aus ge⸗ billigt werden kann. Die Gesetzgebung hat auch die Pflicht, die Durch führung des vierten Gebots zu erleichtern. Was die Ehe betrifft, so haben Sie (die Soꝛialdemoktaten) die Auffaffung, daß sie ein Vertrag ist, wie jeder andere auf Kündigung ohne Minimalfrist. Nach dein Bebelsschen Buche Die Frau“ wird das Kind öffentlichen Er⸗ jiehungsanstalten der Gemeinden übergeben. Die Mutter wollen Sie abschaffen, die Mutterschaft einfach auf die vhysiologische Seite be⸗ schränken. Wenn Vater und Mutter keine Pflichten haben, wenn die Erziehung Aufgabe der Gemeinde ist, können Sie später nichts auf die Autoritãt der Eltern geben; bat der Vater keine Pflichten, so hat er auch keine Rechte. Deshalb sind Sie so empfindlich gegen eine Beftimmung, welche die Autorität von Vater und Mutter stärken
soll. Wir haben unsererseits di Aufgabe, die Autoritãt der Familie zu stärken; auch Sie sollten sich vorläufig wenigstens noch auf den Boden der heutigen Einrichtungen stellen. —
Abg. Freiherr von. Stumm: Daß die Sozialdemokcaten in offizieller und nicht offinieller Weise die bschaff ung der Ehe und die freie Liebe in ihr Programm 6 haben, ist doch jweifellos. Warum § 1192 kein Leben erhalten hat, erklärt sich zum Beispiel in meiner en geren Heimath daraus, daß der Erlaß . Anordnungen von Gemeinden selbst abgelehnt worden ist, weil man darin ein un⸗ berechtigtes Mißtrauen gegen die jugendlichen Arbeiter erblickte.
Abg Franken: Herrn Bebel möchte ich noch darauf hinweisen, daß feine Genossen, wenn sie als Arbeitgeber auftreten, gerade die Vorwürfe verdienen, welche den nichtsozialdemokratischen gemacht werden. Sie drücken gerade die Löhne aufs schlimmste, wie die Ver⸗ bältnisse des Konsumvereins in Potschappel beweisen, wo 20 An⸗ gestellte je 80 0 monatlich haben.
Abg. Bebel: Sozialdemokratische Konsumvereine gebe es nicht, könne und dürfe es nicht geben. Es nennen sich viele so, weil Sozial demokraten an der Spitze ständen (Ruf rechts: Na also) aber sie beständen keineswegs nur aus Sozialdemokraten, sonst könnte man auch Krankenkassen u. s. w. als sozialdemokratische bezeichnen. Seine Partei babe keine Lust, für das, was von diesen sogenannten sozial⸗ emokratischen Konsumvereinen geschehe oder unterlassen werde, irgend welche Verantwortung zu. übernehmen. Aber, er be— haupte, daß durchschnittlich diese Konsumvpereine weit bessere Bedingungen ihren Angestellten gewährten hinsichtlich Lohn und Ärbeitszeil als andere Betriebe Sie schlössen um 7 Uhr Abendz. Die Loͤhne seien ebensowenig gering. In Vresden bekämen die Lagerhalter wenigstens 1500 t, in 3 und Leipzig desgleichen; auch die übrigen Arbeitsbedingungen seten vie günstiger als in anderen gleichartigen Betrieben. Freiherr von Stumm solle erst nachweisen, os im sosialdemokratischen Programm das stehe, was er behauptet habe. Wenn solche Anschauungen in. der sozialistischen Literatur ausgesprochen sein sollten, besonders in seinem (Redners Buche Die Frau“, so sei das die private Ansicht des Verfassers. Es beziehe sich auf eine Gestaltung, von der weder er noch sonst wer sagen könne, wann sie eintreten würde. Die Stellung der Sozialdemokrgten jur gegen= wärtigen Ehe hätte bei Gelegenheit des Bärgerlichen Gesetzauches erörtert werden mäüssen, wo sie sich sehr lebhaft und mit. Anträgen an der Debatte betheiligt haͤtten. Die Ehe im heutigen bürgerlichen Staate fei ein bürgerlicher Vertrag und nicht ein religiöser, Damit stellten die Sozialdemokraten sich auf den Stan dpankt Luther s, den ja auch Landtag und Reichztag durch die Gesetzgebung anerkannt hätten. Wer behaupte, daß die Sozialdemokraten die Autorität der Eltern nicht anerkennen wollten, der, sage. die Unwahrheit. Gerade sie selen es gewesen, die die Alimentationspflicht der unehe⸗ lichen Kinder beim Bärgerlichen Gesetzbuch au izugestalten beantragt hätten. Der Abg. Hitze habe ferner behauptet, die Sozialdemokeaten wollten dse Mutter beseitigt wissen. Aber gerade im Zakunftsstaat würde die Crfiehungspflicht sehr viel ernster genommen werden. Es gebe schon beute Kadettenanstalten, wo Tausende von Kindern aus der Blüthe der Nation erzogen würden, bei deren Erziehung die Eltern gar nichts dreinzureden hätten, dasselbe gelte von Alumnaten und Rlöstern. Im demokratischen Staate wärden die Eltern gleiches Stimmrecht auch in Griiehungsfragen haben. .
Vie sPrästdent Dr. von Frege: Ich habe der Diskussion bisher den , Spielraum gelassen, bitte aber nunmehr zum § 134 zurũckzukebren. . .
Abg. Freiherr Heyl zu Herrnsheim: Wie Herr Bebel vorauzfetzen könne, daß hier politische Hintergedanken vorwalteten, sei unerfindlich. Der Vater müsse doch mindestens in der Lage sein, dem Sohn erklären zu können, daß auch Ausgaben für Parteizwecke zu hoch scin könnten. Im kommunistischen Mantfest von Marx sei die Ab. schaffung der Che ausgesprochen. Herr Bebel sei von Auer auf dem letzten Parteitag als einer der schlechtesten Propheten bezeichnet worden, da der „große Kladderadatsch“‘ nicht eingetreten sei. So werde auch die Aufhebung der Ehe nicht eintreten, weil dies nicht im Charakter des deutschen Volks liege. ! .
Abg. Freiherr von Stumm: Wenn diese Auffassungen über die Ehe in dem Buche eines so mächtigen Parteiführers enthalten sind, so kann man sie wohl auch in gewissem Sinne als Programm der Partei auffassen.
Abg. Graf von Oriola (nul) stimmt dieser Erklärung des Abg. Freiherrn von Stumm vollständig zu; wenn man aus des Abg. Bebel Buch zitiere, dann beiße es immer, das sei keine sozialdemokratische Parteimeinung. Da sollte die Partei doch endlich mit einem klaren Programm bheraustücken. Es stebe in dem Bebel'schen Buche zu sesen: wenn es der Frau beim Manne nicht mehr behage, dürfe sie ihn berlassen Damft ständen doch die heutigen Ausführungen des Abg Bebel im Widerspruche. Wunderbar sei es auch, daß Partei⸗ genossen des Abg. Bebel diele Ausführungen seines Buchs nicht als parteivrogrammatisch gelten lassen wollten. Ueberhaupt sollte doch endlich der berühmte Zukunftsstaat richtig vorgeführt werden.
Abg. Bebel: Wenn der Abg. Graf Oriola ein Programm der sozialdemokratischen Partei haben möchte, wolle er (Redner) ihm gern eins überreichen. Wenn er sich wundere, daß Parteigenossen in öffent⸗˖ lichen Versammlungen ablebnen, sein Buch als Parteianschauung anjuerkennen, und daß ein Mann von seiner Stellung in der Partei sich das gefallen lafse, so erwidere er ihm, Päpste gebe es in der sozialdemokratischen Partei nicht.
In der Abstimmung wird der Kommissionsvorschlag mit den beiden Anträgen des Abg. Freiherrn von Stumm an⸗
genommen. . . .
Die Diskussion wendet sich zu dem Artikel 5 4 Il, die Lohnauszahlung betreffend. Dazu liegt noch ein Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen (Soz.) vor, die von der Kommission vorgeschlagene Fassung auch auf 3 115 auszu⸗ dehnen, also ganz allgemein für die Auslöhnung der gewerb— lichen Arbeiter vorzuschreiben.
Abg. Freiherr von Stumm führt aus, daß diese Vorschrift unmöglich besteben bleiben könne. Auszablungen dürften am Sonn tage nicht statifinden. Der größte Werth müsse darauf gelegt werden, daß der Arbeiter so schnell wie möglich sein Geld nach Hause bringen könne Die Kommission habe nicht an die große Zahl der Arbelter gedacht, die von der Arbeits stätte entfernt wohnten und am Sonn⸗ abend Abend in ihre Heimath sich begäben, um am Montaz wieder in die Fabrik zurückiukehren. Nach dem Kommissionsantrage würden diese Arbeiter den Lohn tagelang in der Tasche behalten und am Sonnabend ibren Frauen den Rest oder vielleicht auch garnichts mehr mitbringen. Damit wäre diesen Arbeiter frauen schlecht gedient.
Abgz. Bebel: Wir haben bereits 1880 bei der damaligen Be⸗ rathung' der Gewerbenovelle denselben Antrag wie jetzt gestellt, sür alle gewerblichen Arbeiter dieselbe Bestimmung vaorzuschreiben. Wir wollen den Arbeiterfrauen die Möglichteit geben, spätestens Sonnabend früh den Lohn in der Hand zu haben und dann auf dem Markt ibre Ginkäufe machen zu können. Entgeht ihnen der Vortheil der Be⸗ nutzung des Marktes, so erleiden Ki, die mit dem Lobngroschen ängstlich haushalten müssen, großen Schaden. Freiherr von Stumm geht davon aus, daß der Lohn dann erst am Montag aus⸗ gejahlt werden würde. Diese Möglichkeit ist vorhanden. Ater beflimmte Tage für die Lohnzahlungen porzuschreiben, geht auch nicht, schon deshalb nicht, weil einmal ein solcher bestimmt dorgeschriebener Zahlungetag ein Feiertag sein kann. Im Buchdruckereigemerbe findet Fach alier Praxis die Lohnjahlung am Freitgg statt. Gewiß giebt es unter den Arbeitern, wie unter anderen Gesellschaftaklassen, deute, welche, wenn sie in den Besitz von Geldmitteln gelangen, nicht wissen, wie schnell sie sie verjubeln sollen. Daß unser Antrag nament⸗ lich beim Zentrum feine Gegenliebe findet, liegt blo daran, daß diese Herren bereit sind, für die Fabriken alle möglichen Vor⸗ schriften zu geben, aber nicht mitgehen, wenn es gilt, dleselben aufs Hanbwerk auksudehnen,. Wir könnten eine Reihe Bestimmungen nr die Fabriken und Fabrikarbeiter ganz gut entbehren, die für da Handwerk weit nothwendiger wären.
Abg. Wattendorff (Zentr.) tritt für den gCommlsstongbeschluß ein, der gerade zum Vortheil der Arbeiterfrauen gedacht sei. Die Bedenken des Freiherrn von Stumm könnten nicht durchschlagen.
Abg. Roesicke⸗Dessau (b. k. F.) hält die Forderung der Sor laldemokraten für unberechtigt. Dem Arbeitgeber könne schließlich gleich sein, wann er den Lobn jahle. Die Lohnzahlung am Sona— abend liege gerade im Interesse der Arbeiter; für den Haushalt des Arbeiters könnte es unter Umständen empfindliche Nachtheile herver⸗ rufen, wenn die Lohnzahlung zwei Tage später als bisher erfolge. In großen Städten nehme die . der Arbetter, die außerhalb wohnten und für die Woche in die Großstadt bineinkämen, mehr und mehr zu. Diese große Kategorie werde besonders empfindlich betroffen. Das Jentrum unterstütze die Forderung, um die Arbeiter zu verhindern, am Sonnabend einen Theil des Lohnes zu vergeuden. Aber schon Frei⸗ herr von Stumm habe nachgewiesen, daß die Gefahr der Vergeudung piel größer sei, wenn der Kommissionsvorschlag zur Annahme gelange.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadows ky⸗Wehner:
Meine Herren! Diese Vorschrift ist ja keine wesentliche im Gesetz, und ich bin der Ansicht, die Vertreter der verbündeten Regie⸗ rungen thun gut, nicht in Bezug auf unwesentliche Vorschriften des Gesetzes, wenigstens nicht in der zweiten Lesung, sofort ihre Ansicht festzulegen. Ich möchte aber doch ausnahmsweise zu dieser Frage mich hier äußern, aus prinzipiellen Gründen. Ich gestehe zu, daß den Anträgen, die in der Kommission angenommen sind, humanitäre und wirthschaftliche Gründe zu Grunde liegen. Man will der Arbeiterfrau ermöglichen, so rechtzeitig gegen Schluß der Woche in den Besitz des Arbeitsverdienstes ihres Mannes zu kommen, daß sie billig und mit Muße für ihren Haushalt einkaufen kann und nicht genöthigt ist, ihren Einkauf überstürzt und deshalb viel⸗ leicht schlechter und theurer zu machen wie sonst. Andererseits muß ich aber auch zugestehen, daß mir die Einwände, die der Herr Freiherr von Stumm gemacht hat, ganz außerordentlich überzeugend erscheinen. Wer jemals beobachtet hat, wie in den großen Industriebezirken am Sonnabend gegen Abend die Bahnzüge überfüllt, wie die Landstraßen belebt sind von all den Arbeitern, die ihren entfernt vom Fabrikort belegenen Wohnsitz aufsuchen, wo sie billiger leben und wohnen können, wie sie jetzt, zum theil auf dem Rade, weite Entfernungen nach ihrer Häuslichkeit zurücklegen, der muß zugeben, daß darin eine große Gefahr liegen kann, wenn ein solcher Arbeiter, der getrennt von seiner Familie wohnt, vielleicht schon am Anfang der Woche seinen Verdienst erhält, wovon seine ganze Familie die nächste Woche leben soll, und daß er nun dieses Geld die ganze Woche in seiner Tasche mit sich umher⸗ trägt — denn auf die vorhin angedeutete Depositenverwaltung werden sich die Fabriken kaum einlassen. Da nun einmal das Geld die Eigenschaft hat, in allen Taschen rund zu sein und zu rollen, liegt für einen solchen Arbeiter eine erhebliche Versuchung vor, einen Theil seines Lohnes unwirthschaftlich ausjugeben. Denn es ist eine allgemeine Erscheinung nicht nur in den unteren, sondern auch in den höheren Ständen, daß die Frau in der Ehe ge⸗ wöhnlich der Theil ist, der haushälterischer und sparsamer wirth— schaftet und das Geld besser einzutheilen versteht. Wenn aber die Gründe für und wider zweifelhaft sind, so thut der Gesetzgeber immer besser, in solchen zweifelhaften Fällen nicht zu entscheiden. Ich meine, wir würden in der Sache vielleicht weiter kommen, wenn man sich darauf beschränkte, im Verwaltungswege an die großen industriellen Verbände, an die Handelskammern u. s. w. das Ersuchen zu richten, ihr Augenmerk den individuellen und lokalen Verbält— nissen der Arbeiter in Bezug auf die Lohnzahlung zuzuwenden, zu veranlassen, daß die Arbeitgeber darauf Rücksicht nehmen, unter welchen Verhältnissen, an welchen Tagen die Arbeiter frauen am leichtesten in der Lage sind, Einkäuse zu machen, daß sie ferner berücksichtigen den Wohnsitz der Arbeiter, kurz all die Verhält— nisse, die bei der Lohnzahlung an den einzelnen Orten in Betracht kommen. Dann kann ich, meine Herren, — und das habe ich bereits einmal in der Kommission geäußert, — dem Herrn Vorredner auch in einem anderen Punkte vollkommen beitreten. Ich fürchte in allen Gesetzen Bestimmungen, die dahin gehen: ‚Die höhere oder die untere Verwaltungsbehörde kann Ausnahmen zulassen. Was heißt das eigentlich? Ich bin selbst lange Jahre Verwaltungsbeamter ge— wesen und weiß, wie sich die Sachen zutragen. Eine solche Vor— schrift überträgt eigentlich die Gesetzgebung untergeordneten Stellen, zie dann nach ganz verschiedenen Gesichtspunkten das Gesetz aus— legen. Daraus entstehen Ungleichheiten, von denen in der Kommission einige schlagende Beispiele angeführt sind, Ungleichheiten, die für die gleichmäßige Ausführung des Gesetzes und für die Achtung vor demselben ganz außerordentlich bedenklich sind. Der eine Beamte ist widerstandsfähiger, energischer, er hat einen stärker aus⸗ gebildeten Gemeinsinn, ein lebhafteres Staatsgefühl, und bewilligt
infolge dessen nur seltene oder keine Ausnahmen. Der andere ist eine schwächere Natur, vielleicht ein Mann mit einem starken lokalen Popularitätsbedärfniß — und solche Beamten giebt es ja — und er statuiert infolge dessen bei jeder Ge⸗ legenheit wohlwollend Ausnahmen. Ich möchte also, meine Herren, bel der Zweifelhaftigkeit der Sache dringend empfehlen, hier dem An⸗ trage des Herrn Abg. Freiherrn von Stumm stattzugeben; ich will mich dann meinerseits gern verpflichten, durch Einwirkung auf die großen industriellen Vertretungen und die Handelskammern dahin zu wirken, dieser Frage ihrerseits ihre Aufmerksamkeit zu schenken und ihrerseitz auch auf die Vertreter der einzelnen Industrie ihren Einfluß zu üben, daß sie in dieser Frage im wirthschaftlichen Interesse der Arbeiter den lokalen Verhaältnissen mehr Rechnung tragen. (Bravoh
Abg. Möller Duisburg: Den handwerksmäßigen Betrieb hat man schon in der Kommission ausgeschlossen, weil man die Schwierig⸗ keiten, die der Durchführung der Vorschrift dort entgegenstehen, an— erkannt hat. Aber auch für die Fabrikbetriebe ist es nicht angängig, den Sonnabend auszuschließen. Ich empfehle danach die Annahme des Antrag des Freiherrn von Stumm.
Abg. Dr. Hitze: Bisher hat man uns für den Ladenschluß immer auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche der Sonnabend hervor⸗ rufe. Wenn wir den Kaufmann als Ladeninhaber in den Vorschriften äber den Ladenschluß eiwas einschränken, dann müssen wir ihn auch für den Sonnabend zu entlasten versuchen, und das geschieht durch die zur Verhandlung stehende Bestimmung. Das ist der innere JZusammenhang der Sache, der auch gleichzeitig erklärt, warum man i850 auf den gleichen soztaldemokratischen Antrag nicht einging. Von entscheidender Bedeutung aber für uns ist, daß der Sonnabend der Hauptmarkttag ist, und daß die Arbeiterfrauen zu diesem Tage das Geld, den Lohn in der ö. baben sollen. Den Verhältniffen der außwärttz wohnenden Arbeiter muß allerdings
echnung getragen werden. Wir wollen übrigeng nur, daß der Sonnabend nicht der Normallohntag sein soll; deshalb soll die untere Verwaltungsbehßrde Ausnahmen gestatten dürfen.
Abg. Bebel wendet sich gegen die Behauptung des Abg. Roesicke, daß das Verbot der Lohnjahlung am Sonnabend kein all⸗ gemeiner Wunsch set. Schwierigkeiten der Lohnberechnung beständen Überbaupt nicht, denn wo Sonnabend Lohn gezahlt würde, sei die Lohnperlode schon spätestens am Donnerstag zu Ende. Die auswärts wohnenden Arbeiter könnten ibr Geld per Post in die Heimath schicken, besonders wenn man den Tarifsatz von 10 3 für die Post—⸗ anweisung auf Geldbeträge bis zu 20 „ ausdehnte. Die Be⸗ fürchtung, daß der Arbeiter sein Geld vergeuden würde, theile er (Redner) nicht.
Abg. Freiherr von Stumm: Es kann ja sein, daß in be⸗ stimmten Fällen es durchaus zweckmäßig sein möchte, die Lohnzah— lung nicht am Sonnabend erfolgen zu lassen; aber es bleibt ja jedem Arbeitgeber unbenommen, sich in dieser Hinsicht selbständig einzu⸗ richten; man soll keinen gesetzlichen Zwang konstruieren.
Der Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen wird ebenso wie das Amendement des Freiherrn von Stumm, den Sonnabend für die Lohnzahlung zu gestatten, gegen die Stimmen der beiden Parteien der Rechten, der meisten Nationalliberalen und der anwesenden Mitglieder der Frei⸗ sinnigen Vereinigung abgelehnt. Mit , Stimmen⸗ verhäͤltniß wird Ziffer II angenommen.
Artikel 7 giebt dem § 136, Absatz 1 den Zusatz:
Eine Vor und Nachmittagspause braucht nicht gewährt zu werden, sofern die jugendlichen Arbeiter täglich nicht länger als 83 Stunden beschäftigt werden, und die Dauer ihrer durch eine Pause nicht unterbrochenen Arbeitezeit am Vor und Nachmittag je 4 Stunden nicht übersteigt.“
Dieser Artikel wird ohne Debatte angenommen. Um 6 Uhr wird die Fortsetzung der Berathung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.
Literatur.
Die Hghenzollern in Bild und Wort von Carl Röh⸗ ling und Professor Pr. Richard Sternfeld. 52 Seiten auf Velinpapier mit 43 halbseitigen Abbildungen in Fünffarbendruck. Verlag von Martin Oldenbourg, Berlin SW. Einfache Ausgabe in elegantem Leinenband Preis 5 M; Prachtausgabe auf feinstem Kunst⸗ druckvapier, reich in Ganzleinen gebunden. Preis 15 ÆS — Dieses Werk, dessen Widmung Seine Majestät der Kaiser und König huldvollst ange⸗ nommen hat, bietet in einem Prachtband von stattlichem Folioformat mit gediegener typographischer und künstlerischer Ausstattung 43 halbseitige Abbildungen in reichem Fünffarbendruck, die nach Originalzeichnungen von Carl Röhling eine Reihe der wichtigsten Momente aus der Geschichte der Hohenzollern darstellen. Den begleitenden Text zu diesen Abbildungen hat Professor Dr, Richard Sternfeld verfaßt. Er giebt eine gemeinverständliche Darstellung der wichtigsten geschichtlichen Begebenheiten aus den ruhmvollen Annalen des Hohenzollernhauses, die im warmen Ton echter Vaterlandsliebe gehalten und daher geeisnet ist, sowohl der heranreifenden Jugend wie auch den weitesten Volkekreifen jur Belehrung und patriotischen Erbauung zu dienen. Das Buch empfiehlt sich besonders als schönes, preiswerthes Fest⸗ geschenk für Knaben.
— Napoleon's J. Tagebuch von St. Helena. Geführt von Las Cases. Uebertragen und bearbeitet von Os kar Marschall von Bieberste in. Zwei Bände von je 20 Bogen; Pr. je 4 46 60 J. Leipzig, Verlag von Schmidt u. Günther. — Dieses Werk, das hiermit in einer verkürjten deutschen Be⸗ arbeitung erscheint, enthält die Uebersetzung des Journals, in welchem der Kammerberr Graf Las Cases, Marquis de la Gausade, ein treuer Verehrer Napoleon's, dem er freiwillig ins Gxil folgte, während eines achtiehnmonatlichen Aufenthalts in St. Helena Tag für Tag alles verzeichnete, was Napoleon während dieser Zeit gesagt und gethan bat. Zwar hat der darin scharf angegriffene Gouverneur der Insel, General Hudson Lowe eine Gegen schrift veröffentlicht, in welcher die Wahrheitsliebe des Ver⸗ saffers in Abrede gestellt wird; indessen, wenn dieses Tagebuch auch nicht durchweg von historischer Zuverlässigkeit sein sollte, so ist es doch deshalb sehr interessant, weil darin zwelfellos viele intime Gedgaken des gewaltigen Mannes wiedergegeben sind, der Mit. und Nachwelt durch seine Thaten in Scheecken und Staunen dersetzt hat. Ob die erhabenen Gedanken, welche der verbannte Kaiser seinen Handlungen dabei unterschiebt, wirklich als deren Motive gelten durfen, ist allerdings fraglich. Aber wenn sie ernst ge⸗ meint waren, dann müßte man daraus schließen, daß der in seinen sväteren Lebensjahren auch in geistiger Richlung zu einem starren Absolutisten gewordene Korse die Greignisse seiner Zeit ganz in eine napoleonische Schablone habe zwingen wollen. Jedenfalls wird das Buch allen denen willkommen sein, welche dem großen Groberer gern zubören möchten, wie er in seiner eigenen Weise redet und die Ge⸗ schehnisse seiner Zeit darstellt.
— Deutscher Kalender für Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger auf das Jahr 1990. Herausgegeben von Dr. George Meyer in, Berlin. Mit Geleitwort von E von Lehden, Gebeimem Medizinalrath. Frankfurt a. M., Verlag von J. Rofenheim. Preis geb. I, 20 M, in Partien billiger. — Von Allen, die mit der Krankenpflege vermöge ihres Berufs oder aus freiem Interesse zu thun haben, wird dieses kleine Buch als gern gesehener Belannter begrüßt werden. In klarer, anziehender Form bietet es wiederum eine Darstellung aller wichtigen Gebiete der modernen Krankenpflege, und zwar kehren darin theils die grund⸗ legenden älteren Artikel in verbesserter Gestalt wieder, theils find neue Themata von berufenen Aatoren erörtert. So be— handeln z. B. die innerliche Anwendung von Heilmitteln der Heraus geber, die Krankenernährung Dr. Hermann Schlesinger, Rrankenpflege bei Lungenktanken Dr. Georg Liebe, die Krankenpflege bei Geistes— kranken Pr. Leweld, Antssepsts vnd Asepsis Wirklicher Geheimer Rath Pr. Friedrich von Esmarch in Kiel, äußerliche Anwendung von Heilmitteln Oberarzt Dr. P. J. Eichhoff zu Elberfeld, die Pflege der Wöchne⸗ rinnen Dr, Karl Keller, erste Hilfe bei gefahrdrohenden Zuständen und Unfällen biz zur Ankanft des Arztes sowie Krankenbeförderung der ,, das Rotbe Kreuz und die freiwillige Krankenpflege Dr.
oltsien. Den Schluß bilden tabellarische Uebersichten, betreffend den Puls, die Athmung 2c. Das Büchlein ist in erster Reihe für
die berufsmäßig mit der Krankenpflege Beschäftigten (Pflegerinnen und
Pfleger) bestimmt, sollte aber in keiner Familie fehlen; es wird überall reichen Nutzen stiften. Für Krankenpflegerinnen dürfte sich kaum ein schöneres Welbnachtsgeschenk finden lassen.
. O. Hübner's Geographisch⸗statistische Tabellen für 1899. 43. Jahrgang, herausgegeben von Universitätg⸗Professor Dr. Fr. von Juraschek. Frantfurt a. M., H. Keller's Verlag. 3 der Buchausgabe 1,20 α½, der Wandtafel ⸗ Ausgabe 60 3. —
er Inhalt dieser Tabellen ist in der bekannten Weise auch für den neuen Jahrgang nach den zuverlässigsten Quellen zusammengestellt und umfaßt: Regierungsform, Staatsoberhaupt, Flächeninhalt, Bevölkerung, Volkadichtigkeit, Gin. und Auswanderung, Nationalitäten, Religions; bekenntnisse, Staatseinnahmen, ausgaben und schulden, Staatspapier⸗ geld, Bankaotenumlauf, stehendeg Heer, Kriegsflotte, Handelsflotte, Ein. und Ausfuhr, Haupterzeugnisse. Münzen und deren Werth in Reichsmark, Gewichte, Längen⸗ und Flächenmaße, Hohlmaße für Wein und Getreide, Länge der Eisenbahn⸗ und Telegraphenlinien, Ein⸗ wohnerzahl der Hauptstädte und der wichtigsten Orte aller Staaten der Erde, — für sämmtliche Staaten Europas Vergleiche über die Volktzbewegung und Volksbildung, die Elementarschulen, Boden und Industrieprodukte, Hausthiere, die auf je 1000 Einwohner enffallende Zahl versandter Briefe, Zeitungen, Telegramme ꝛc, endlich auch für die Großstädte Europas und insbesondere des Deutschen Reschs Vergleiche ibrer wichtigsten Verhältnisse. In allen diesen zablreichen Materien sind durchweg die Ergebnisse der jüngsten Zäh⸗
Raum ist in dem neuen Jahrgang der Darstellung der Verhäͤltnisse Rußlands und der Vereinigien Staaten von . . . die neuesten kolonialen Erwerbungen sind eingehend berücksichtigt. Ein Anhang bringt noch vergleichende Uchersichten über den Werth der Gin, und Ausfuhr aller Staaten der Erde im Spezialbandel für die letzten Jahre und über die Gold. und Silberproduktion der Erde nach den wichtigsten Produktionsgebieten für 1837, 1896 und 1897 sowie nach Menge und Werth für die Jahre 1851 bis 1897.
— Vas 11. Heft 18. Jahrgangs der Monatsschrift für das Turnwesen mit besonderer Berücksichtigung des Schulturnens und der Gesundheite pflege“ (unter Mitwirkung jablreicher Fachmänner
herausgegeben von Schulrath. Professor Dr. C. Euler, Unterrichts—⸗
Dirigenten, und Professor Gebh. Eckler, Oberlehrer der Königlichen Turnlehrer · Bildungs anstalt in Berlin; Berlin, R. Gaertner 's Ver⸗ lagsbuchhandlung; Pr. halbjährlich 3 6) hat folgenden Inhalt: Gedanken über den Turnunterricht an Landschulen, Vortrag von Alfred Böttcher; Bericht über die Einführung unentgeltlichen Schwimm⸗ unterrichts an unbemittelte Bezirkeschüler Dresdens im Sommer 18929, erstattet vom Dresdner Turnlehrer⸗Verein (Schluß); — Ver⸗ mischtes: Bericht über die 6. Hauptversammlung des Provinzial⸗ Taärnlehrervereins der Provinz Sachsen zu Weißenfels; Die 19. Ver sammlung des Sächsischen Turnlebrerpereins in Borna; Versammlung des Nordwestdeutschen Turnlehrervereins in Hannover; Die XXX. Jahiespersammlung des Württembergischen Turnlehrerveins in Cannstatt; Voltsthümlicher Fünfkampf der Pꝛrimaner am Gymnasium zu Neisse; Sitzung des Zentral Ausschusses zur Förderung der Volks und Jugendspiele in Gisenach; Ein Regierungsbefehl gegen das Korset; Zeitschriften; Nachruf.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“)
Der Außenhandel Ungarns im Jahre 1898.
Die Einfuhr Ungarns stellte sich im Jahre 1898 auf 43 078 000 Mztr. und 279 900 Stück im Werthe von 1 194337 000 Kronen, die Ausfuhr auf 49 455 000 Mztr. und 5 304 0900 Stück im Werthe von 1103789 0090 Kronen. Der Werth der Einfuhr über⸗ steigt demnach den der Ausfuhr um 90,6 Millionen Kronen; im Jahre 1897 betrug diese Differenz nur 25 Millionen Kronen, 1896 nur 7 Millionen Kronen. Die Passivität der Handelsbilanz ist namentlich durch die schlechte Ernte und die dadurch veranlaßte Ein⸗ fuhr fremden Getreides verursacht.
Ueber den Antheil der wichtigeren Länder am Handelsverkehr Ungarns giebt die folgende Uebersicht Aufschluß:
Einfuhr von Ausfuhr nach in 1000 Kronen Oesterreich .. - 96 h68 820 109 Bosnien ⸗Herzegowina. 15 064 19809 Deut schland. . 55491 106 251 111 2612 7062 ,,,, . 22706 d 5127 21 679 1 63 1881 3717 Holland.... R 227183 4716 Großbritannien.... . 10744 23 272 1 ö 8 316 4039 Rumänien ,,,, 26 019 Serbien. 43 858 9 891 k 3357 4334 Britisch⸗ Ostindien .... 176061 6 464 . . 5391 2374 Verein. Staaten von Amerika 8768 2105 k 4372 2757
Auf Oesterrelch entfallen demnach 75 Mο der gesammten Einfuhr und 74 6so der gesammten Ausfuhr, auf Deutschland aber 4, o/o der Einfuhr und 9,6 os der Ausfuhr, sodaß Deutschland unter den Einfubrländern an dritter, unter den Ausfuhrländern aber an zweiter Stelle steht. Als wichtigste Waaren kommen in Betracht: bei der Einfuhr bei der Ausfuhr (Werth in 1000 Kronen) e 2566 — d , / 38 256 K ,y 18 019 8 853 Getreide und Hülsenfrüchte, Mehl ꝛe. 95 857 390 851 k 33 807 Schlacht- und Zugvieh 30 355 155 449 Thierische Produkte 165 838 51 337 rin, 45 390 46 128 Eßwaaren .. ; 21 979 21 076 Holz, Kohlen und Torf .. ; 44 343 69 652 Baumwolle und Waaren daraugß. . 164 355 12 904 Flach, Hanf und andere vegetabilische Spinnstoffe und Waaren darauß . 36369 11142 Wolle und Wollenwaaren 106 403 265 211 Seide und Seidenwaaren 54776 8784 Kleider, Wäͤsche e. . 12 043 Papier und Papierwaaren... . 12643 4 695 Leder und Lederwaaren o 14325 Eisen und Eisenwaaren.... . . 64933 22 811 Unedle Metalle und Waaren daraus. 29108 9 202 k 17576 Wissenschaftliche ꝛc. Instrumente, Uhren 43 834 12739 Ghemmische Hisfsstoffe ... .. . 12651 13952 Chemische Produkte ꝛen. 15425 9412 Literarische und Kunstgegenständen. 16090 3087 Abfälle. . 3 264 15 790
Die Lage des Guttaperchamarktes.
Die ven verschiedenen Staaten geplante, theilweise bereits in Be⸗ stellung gegebene Anlage neuer Kabelverbindungen hat in letzter Zeit ungewöhnlich hohe Anforderungen an die Guttapercha · Industrie ge⸗ stellt. Die Preise für das Rohprodukt siad stark hinaufgeschnellt, in ben letzten sechs Monaten allein hat sich eine Steigerung von 265 0so für Guttapercha mittlerer Qualität gejeigt.
Die rücksichtzlose Methode, die Gummibäume niederzuschlagen, anstatt ihnen durch Anzapfen den Sast zu entziehen, hat zu einer sehr bedauerlichen Virwüstung der Gummiwaͤlder geführt.
Trotz der erhöhten Bemühungen der Produzenten, größere Waarenpesten auf den Markt zu schaffen, werden noch Jahre vergehen, bis die Nachfrage nach Guttapercha wieder zu den früheren Preisen gedeckt werden kann. (Nach der New Yorker Handels-⸗Zeitung.)
Die Schiffahrt im Hafen von Sevilla im Zeitabschnitt 1897/1898.
Im Hafen von Seyilla verkehrten in der Periode 1837 — 1898 1208 Fahrzeuge, und zwar 7438 Dampfer und 460 Segelschiffe; der Gesammttonnengehalt der Fahrzeuge betrug 764 097 t.
An der Spitze des Verkehrs stebt Spanien mit S869 Schiffen, es folgen Großbritannien (264 Schiffe), Schweden, und Norwegen (20 Schiff) und Deunschland (18 Sch, ffe). Der Antheil den äbrigen Länder an dem Schiffsverkehr ist unecheblich.
Bemerkengwerth ist, daß veuerdings eln größerer . Dampfer den Guadalquivir binausgede. mpst ist, wodurch der wels geliefert wurde, daß auch größere Seschiffe oune Gefahr Ech. lla an⸗ laufen können (Nach einem französisch en Konsulatsbericht, veröffent licht im NUoniteur officiel du eorénimeres) '
lungen wie drr neuesten Berechnungen berücksichtigi. Ein größerer l
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