so der Lehrlinge hatten eine Arbeitszeit von ö lancierte damals ge⸗ n die
haben sich ganz hervorragende den
eitigen . erklärt, zahlreiche Handelskammern und
erbände von aufleuten sowie Stadtverwaltungen. Nun hat die Regierung zwar Wandel zu schaffen versucht, aber die Kommssston konnte in der gegebenen Fakultät nicht hin, reichende Gewähr dafür entdecken, daß auch wirklich Remedur erreicht wird, denn in Deutschland wird in diesen Dingen mit freien Verein— barungen, mit selbständigen Entschlteßungen der Betheiligten sehr wenig erreicht. Um etwas Greifbares, Einheitliches zu erreichen, beantragte ich in der Kommisstion einen einheitlichen, obligatorischen Ladenschluß von 8 bis 5 Uhr für unser ganzes Deutsches Reich; mit allen gegen 2 Stimmen hat sich die Komm ssion dafür entschieden. Es find ja die Ausnahmen genügend berücksichtigt; noch weiter zu gehen, verbot ung die Erwägung, daß dann etwag Brauchbares, etwas wirklich Heilsames nicht mehr übrig bleibe. Die Handlungs— gehilfen, von denen ich eine ungeheure Menge gesprochen habe, erklären den früheren Ladenschluß für einen Segen und bestätigen, . die Dffenhaltung nur aug Ffonkurrenzrücksicht erfolge. Daß gar der Laden offen gehalten werden müsse, well die heimkehrenden Theagterbesucher noch Gelegenheit haben müßten, Einkäufe zu machen, kann ich ah solut nicht jugestehen. Ich bitte Sie, für die Kommissionsbeschlüsse zu stimmen.
Abg. Cahensly (Zentr) tritt den Ausführungen des Abg. von Tiedemann bei, soweit er die Streichung des Ladenschlusses „um die Mitte des Tages“ empfohlen habe. Ein allgemeiner Ladenschluß scheint dem Redner momentan noch als verfrüht, so sympathisch ihm auch die Idee selbst für Kolonialwaarengeschäfte sei. Ganz ent⸗ schleden bekämpfe er den sozialdemokratischen Antrag, schon um Uhr zu schließen. Der Acht⸗Uhr ⸗Ladenschluß liege weder im Interesse des Publikums noch der Geschäftginbaber noch der Gehilfen. In erster Linie spreche er sich für die Vorlage aug. Schließlich protestiere er gegen einige Ausfübrungen des Abg. Rosenow, die gegen die Ausbeutung der Gehilfen durch die Geschäfts inhaber gericktet gewesen seien; gewiß kämen solche Fälle vor, aber eine Schwalbe mache keinen Sommer. Der Zentralverband der Handelsgehilfen und Gebilfinnen in Dambarg stelle andererseits Forde rungen auf diesem Gebiete, die geradezu unausführbar seien.
Abg. Bebel (Soz.) führt aus, es sei seinem Kollegen Rosenow arnicht eingefallen, die gesammte Kaufmannschaft zu diekreditieren; er abe aber nicht nur einzelne, sondern eine lange Reihe krasser Fälle
angeführt, welche soviel bewiesen, daß innerhalb der kaufmännischen Geschäste äußerst bedenkliche rn in der etwähnten . be⸗ ständen. In der Hamburger Petition werde verlangt, daß junge Leute unter 18 Jahren nur neun Stunden ausschließlich der Pausen beschäftigt werden sollten. Zu diesem Verein gehörten 7500 selhst, ständige Kaufleute, die sich mit dieser Forderung einverstanden erklärt hätten. Für die Forderung der neunstündigen Arbeitszeit werde aber in der Petition auch begründend angeführt, daß die jungen Leute Zeit haben müßten, sich ihrer Ausbildung in der Fortbildungsschule ze. zu widmen, sodaß in Wirklichkeit auch wohl für sie zwölf Stunden tägliche Beschäftigung im Ganzen berauskämen. Obgleich seit dem Frühjahr des Jahres die Kommissionebeschlüsse vorlägen, sei die Oppesition, welche man in der Kommission gefürchtet hätte, dagegen noch nicht ein⸗ getreten; der Petitionssturm sei so gut wie ganz ausgeblieben; den wenigen gegnertschen Petitionen stehe eine weit größere Zahl gegenüber, welche die Beschlüsse der Kommisston billigten oder noch darüber hinauszugehen aufforderten. Schon alg i. J. 1882 die Enquöte über die Sonntagzruhe vom Fürsten Bismarck veranlaßt worden sei, habe sich das Bedürfniß einer weitgehenden Beschränkung der Arbeitszeit der Angeftellten ergeben. Wie immer also hier beschlossen werde, es werde den Beifall der Betheiligten, vor allem des Personals finden. Aber die Kommissionebeschlüfse gingen nicht weit genug. Rach dem 5§ 1396 würde sich bald für den Schluß der offenen Ladengeschäfte eine wahre Anarchie in Deutschland ergeben, und man habe gar keine Veranlassung, dajn die Hand zu bieten. Die Klagen aus Interessentenkreisen gegen den Neun. und noch mehr gegen den Acht Uhr-Ladenschluß seien nichts Neues; sie ertönten immer, wenn irgend eine Maßregel in Frage komme, welche die Aus⸗ beutungefreiheit geniere. Man müsse verlangen, daß die Läden außer am Sonnabend um 8 Uhr geschlossen würden. Der Einwand, daß die Frauen sich daran nicht gewöhnen könnten und würden, sei nicht siickbaltig. Die Frauen der arbeitenden Klasse, welche gewöhnt seien, den ganzen Tag ununterbrochen thätig, zu sein, hätten bisher eine bestimmte Stunde nicht für die Besorgung der Ginkäufe eingehalten; da würde man erzieherlsch in hohem Grade wirken, wenn man eine solche Bestimmung an— nähme, auf die Frau, das Personal und die Prinzivalität. Es liege geradezu im Interesse der bürgerlichen Famillen, daß eine solche Grziehungsmethode durchgefübrt werde. Gersde die zahlreichen Kauf- mannkfrauen würden den Segen einer solchen Bestimmung bald empfinken. Der Ladeninhaber und seine Frau hätten bis jetzt nichts vom Sonntag, und wenn das Wetter noch so schön sei, sie müßten im Geschäft bleiben. Das würde auders, wenn der Antrag zur An⸗ nahme gelan gte. Der Handels gehilfenverband in Leipzig, der Hamburger mit 60 000 Mitgliedein, in Frankfurt der Verband kaufmännischer Vereine, welcher unter 100006 Mitgliedern nicht weniger als 24 090 Prinzipale zahle, der Berliner Hilftverein für weibliche Angestellte und , andere bedeutende Körpeischaften dieser Art seien dafür. Die privaten Umfragen hätten in vielen Städten überraschende Mehr— heiten auch der Prinzipale für den Acht Ahr ⸗Ladenschluß ergeben., Auch jn den leinen Landstädten sei diese Maßregel sehr wohl durchfübrbar. Fiedner empfieblt dann die Anträge seiner Fraktion zu den 5 1605 und 105 b. Werde die Arbeitszeit für die Berg⸗ Bau, und Fabrik arbeiter in der beantragten Weise abgekürzt, so müßten in Konfequenz auch für die in 5 1055 statuierten Ausnahmen die beantragten Ver—⸗ längerungen der Ruhezeiten stattfinden.
Abg. Freiherr von Stumm (Ry): Wenn die Ladeninhaher in vielen Stäbten fast sämmtlich sich für den Ladenschluß um 8 Uhr gusgesprochen haben, so brauchen sie ja nur nach 1386 den erforder. lichen Beschluß mit ⸗Mehrheit zu fassen, und allen Wünschen ist genügt. Dazu braucht man also kein obligatorisches Reichtzgesetz. Die gi Ten bi en klagen heute noch am allerschärfsten darüber, daß sie durch die Sonntagsruhe in ihrem Gewerbe schwer beeinträchtigt find; es fällt mir nicht ein, deswegen die Sonntagsruhe aufßu— heben, aber man soll nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. 6 Sie die 10 stündige Ruhepause und in großen Städten die 11 2 dazu die 14 stündige n, . so ist eine 14 stündige sägliche Arbeitszeit überhaupt nicht mehr denkbar, und damit kann wan sich doch zunächst begnügen. Herr Münch Ferber schießt mit feinen Ausführungen gegen meinen Fratzionsgenossen Herrn von Tiede⸗
ö mann weit über das Ziel hinauß. Wenn Sie damit erzieherisch
wirken wollen, so täuschen Sie sich über die Tragweite Ihrer Vor— schläge, denn Sie wollen doch die Wh fn. nicht schließen, und wag der Käufer nicht mehr in den offenen Läden bekommen kann, wird er dann in den Wirthshäusern sich beschaffen. * 1399. reicht vollständig auß; erst wenn sich zeigt, ß von ihm nicht Gebrauch gemacht wird, wäre es Zeit,
. *
auf weltergehende Vorschläge, wie die der Kom misston oder des An⸗ trags Bebel, zurückjukommen. Die Frage des Ladenschlusses um die ,,, . haben selbst die Soltaldemokraten nicht in ihrem An trage berührt; sie beweisen damit, daß es auch ihnen bedenklich vor⸗
tkommt, diesen Weg zu betreten. Es ist eine Ungerechtt keit sonder⸗
gleichen gegen die Arbeiterklasse, ihr zu verwehren, ihre Bedürfnisse in der Mittagsstunde einzukaufen. Ber 8 138 06 widerspricht nicht nur den Intereffen der Arbeiter, nicht nur den berechtigten Interessen der Ladeninhaber, sondern er treibt auch die Arbeiter direkt in die Wirth schaften hinein; und dazu hat melner Meinung nach die Reichsgesetz⸗ gebung nicht die Aufgabe.
Abg. Blell (fr. VollEp): Wir erhoffen von der bereits be schlossenen Ruhepause eine segengreiche Wirkung für die Angestellten
in offenen Vertaufegeschäften, und wir bedauern nur, daß sie nicht
unserem Antrage gemäß auf 1 Stunden ausgedehnt ist. Wenn nun aber gesetzlich bestimmt wird, daß ein einheitlicher Ladenschluß durch das ganze Reich gelten soll, so wird das nach unserer Ansicht zu schweren Mißständen führen. Die Verhältnisse in Deutschland in den Groß. und Kleinstädten, in den Großbazaren und den kleinen Geschaͤften sind ganz verschleden. Burch den einheit lichen Ladenschluß werden die kleinen Geschäfte in den Vororten ganz befonders benachtheiligt. Trotz dieser Verschie denheit ber Verhältnisse im kaufmännischen Gewerbe sind diese Verhältnisse aber keineswegs anarchisch, wie Herr Bebel meint. Die Verschiedenheiten haben sich im Lause der Entwickelung und an der Hand der praktischen Be⸗ dürfnisse herausgebildet, und ein einheitlicher Ladenschluß kann daher keinen Fortschritt bedeuten. Bis jetzt existiert auch bloß in der australischen Kolonie Viktoria ein einheitlicher Ladenschluß, und er ist mit Ausnahmen so beladen, daß diese fast die Regel bilden. Die Autznahmen sollen stattfinden für unvorhergesehene Nothfälle. Dieser Begriff ist nicht definiert, dagegen haben wir in diesen Ausnahmen wieder die Ortsbehörde, gegen deren Kompetenz im Laufe dieser Berathungen schon sehr viel vorgehracht wurde. Wir schließen ung dem Antrag Stumm an. Der Mittagsschluß wäre thatsächlich eine Ungerechtigkeit gegen zahlreiche Kreise von Konsumenten. Bisher war allerdings eine kleine Minorität der Geschäftsinhaber in der Lage, jedem Beschluß auf Einführung einer früheren Ladenschlußstunde den Weg zu verlegen. Diesem Mißstand macht 5 1396 ein Ende; es genügen z der Prinzlpale der betreffenden Branche, um einen bindenden Beschluß herbeizuführen. Sehr bedenklich aber ist der Zusatz der Kommission, wonach eine Versammlung der Interessenten auf Antrag von P derselben mit ⸗Mehrheit den betreffenden Be⸗ schluß soll fassen können; denn dann liegt die Gefahr von Zufalls mehrheiten sehr nahe Stimmen Sie für die Regierungs vorlage.
Abg. Dr. Hitze (Zentr.):; Die Anträge Roesicke und von Salisch bitte ich anzunehmen. Die Kommission will nicht allein die Ange—⸗ stellten gegen die Prinzipale schützen, sondern auch die Prinzipale gegen unberechtigte Forderungen des Publikums. Man hat uns immer den Vorwurf gemacht, wir dächten an die Prinztpale überhaupt nicht, die Vorschläge des 5 139 es beweisen das Gegentheil. Den Konkurrenz zwang, die illoyale Konkurrenz Einzelner, den kurzsichtigen Konkurrenz neid wollen wir auf diesem Wege verhindern, sich ferner übermächtig zur Geltung zu bringen. Die Zigarrengeschäfte leiden allerdings, aber wenn die Herren auf der Rechten sich darüber aufhalten, so mögen sie doch beantragen, daß auch in den Schankwirthschaften keine Zigarren verkauft werden dürfen. Das Publikum wird sich mit der Zeit schon an die neuen Verhältnisse gewöhnen. Den Acht⸗Uhr Ladenschluß, das habe ich schon vorgestern gesagt, kann ich nicht gesetzlich zugestehen; in dieser Beziehung ist ja durch die Fakultät für die Geschäftsinhaber nach § 139 e die Möglichkeit der Einführung gegeben. Der Neun Uhr⸗= Ladenschluß wird sich bald allgemein bewähren und von selbst auf die Verallgemeinerung des Acht⸗Uhr⸗Schlusses binwirken. Den Antrag, den Ladenschluß auch Mittagtz eintreten zu lassen, habe ich in der Kommission gestellt; ich glaubte, damit auch den Geschäftsinhabern einen Gefallen zu thun. Die Konsequenzen für gewisse Geschäfte habe sch nicht so ganz übersehen; und da die Mittagzpause schon beschloffen ist, kann diese Bestimmung! fallen. Auch die Kommisstonszusätz' 2 und 3 sollen dem ihatsächlichen Bedürfniß entgegenkommen; in einer Stadt von der Größe Berlins ist es doch sehr schwer festzustellen, ob gerade zwei Drittel aller Geschäftstrei⸗ benden der betreffenden Branchen sich zu dem Antrage zusammen⸗ gefunden haben. Ich bitte Sie, auch jetzt für diesen Antrag zu stimmen. Den Ladenschluß um 9 Uhr befrachte ich aber als eine Angelegenheit von enticheidender Bedeutung. Die Anträge Bebel zu S§ 105 und 105 geben viel zu weit; sie könnten nur in Erwägung gezogen werden bei der Berathung eines Maximalarbeitstages; in diesem Zusammenhange empfieht es sich auch nicht, die ganze Frage der Sonntagtszruhe wieder aufzurollen.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg. ): Daß der Petitionssturm aus- geblieben ist, liegt auch in der Thatsache, daß die Jnteressenten sich im Großen und Ganzen noch nicht genügend mit der Angelegenheit befaßt haben; man wartet, bis alles fertig ist, und dann, wenn es zu sxrät ist, fängt man zu klagen an. Gerade bei der Zwiespaͤltigkeit des Urtheils in den Kreisen der. Be theiligten haben wir die doppelte Pflicht zur Vorsicht bei gesetzgeberischem Vorgehen. Dasjenige, was von allen Seiten als berechtigt anerkannt werden kann, wird in dem § 13986, Absatz 1 der Vorlage geboten. Einheitliche Ordnungen sollen nur für einheit liche Verhältnisse geschaffen werden. Es handelt sich hier nur um eine Frage der praktischen Zweckmäßigkeit; es darf nicht zu tief und zu n in das Bestehende eingegriffen werden. Deshalb weisen wir einstweilen den allgemeinen gesetzlichen Ladenschluß zurück.
Abg. Stöcker (b. k. F) erklärt, er könne den Kommissionsbeschlüssen
im Großen und Ganzen jzustimmen. Es handle sich hier allerdings nicht J
um Schutz, sondern um Bevormundung Grwachsener; aber die Ge—⸗ werbeordnung befasse sich auch keineswegs allein mit dem Schutz der Schwachen Für die jugendlichen Angestellten in Ladengeschäften blete die Kommission aber noch nicht genug; gerade die Lehrlinge würden in den Ladengeschäften am meisten a n nn, Feier⸗ abend sei gerade so ethisch bedeutend wie , e schärfer in England und Amertka der Geschäftsbetrieb gehe, desto mehr geschehe aus fresem Antriebe dort zur Verlürjung der Arbeitszeit; in der Londoner City sei der Geschäfteschluß von 7 auf 6 Uhr zuruͤckgerückt. UÜnnatürliche Sünden und Laster, die auf völlige Zerrüttung der Nerven- fubstanz zurückzuführen seien, nähmen im deutschen Lande in schlimmem Maße zu; daran trage die Ueberlastung der Angestellten mit die Schuld. Der Ladenschluß um die Mitte des Tages sei zu beseitigen, dagegen der Antrag Roesicke anzunehmen, der auch der Schwierig⸗ keit, in welcher sich die Zigarrengeschäfte befänden, sofort ein Ende machen würde. Redner glaubt bestimmt, daß man einmal auch auf den Acht Uhr Ladenschluß kommen werde, Von der Mißst immung, von welcher der Abg von Tiedemann gesprochen habe, könne er nichts wahr- nehmen. Im Vergleich zu der Agitation gegen die Bäckereiperordnung könne man kaum von einer Bewegung gegen den Ladenschluß sprechen. Da Publikum habe nicht das Recht, Hunderttausende von Gewerbe⸗ treibenden zu jwingen, bls 11 Uhr und später offen zu halten. Der Lacenschluß würde thatsächlich besonders auf die Frauen ernieherisch wirken und auch zur Hebung des Familienlebens beitragen.
Abg. Roesicke⸗Vessau hält die Hinweise des Vorredners auf England und Amerika nicht für e, ,,. und die Behauptung, daß die Deutschen nicht aus eigenem Antrlebe und freiem Entschlusse dahin gelangen könnten, wie jene Völker, für beweislos aufgestellt. Er schlteße fich den Autzführungen der Abgg. Blell und Dr. Pachnicke durchweg an. So lange aus der freien Initiative der Geschäfts⸗ inbaber nicht der Ladenschluß erreichbar sel, sollte man von gesetz. geberischem enn , . Die freien Vereinbarungen, die vlelfach angesttebt und ihrem Abschluß theilweise schon ganz nahe ge— bracht gewesen scien, hätten nicht an dem Widerspruch einiger wenlger Interessenten scheitern können, wenn die Bestimmung des F 1396 schon bestanden hätte. Redner empfiehlt dann seinen Unter antrag. Die Anträge Bebel wegen Abänderung der Sonntaggruhe und der Sonnabend. Nachmittag ⸗Arbeit sesen ohne Befragung der Be—= thelligten nicht diskutterbar.
Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf bon Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Meinen persönlichen Standpunkt zur Sache habe ich bereits vorgestern klar gelegt. Ich bin der Ansicht, daß es ver⸗
ständig wäre, wenn die Kaufleute sich durch freiwillige Vereinbarung
entschlössen, den Acht⸗-Uhr ⸗Ladenschluß einzuführen; sie würden damit nicht nur ihren Angestellten, sondern sich selbst die größte Wohlthat erweisen. ü.
Es ist, möchte ich fast sagen — ich hoffe, es wird mir das nie⸗ mand übel nehmen — ein philiströser Standvunkt unseres Detail⸗ verkäufers, daß er möglichst lange den Laden offen hält, um nur nicht noch irgend ein kleines Geschäft zu versäumen. In England ist be⸗— kanntlich in einer Reihe von Städten durch freiwillige Vereinbarung, nicht auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung, die Einrichtung ge⸗ troffen, daß einen ganzen Nachmittag in der Woche alle Läden ge⸗ schlossen sind; das englische Publikum hat sich vollkommen daran gewöhnt; jeder Mensch weiß, welcher Tag in der Woche diesen Laden- schluß hat, und die Geschäftstreibenden und ihre Angestellten haben so Gelegenheit, mit ihren Familien in die freie Natur zu ziehen und dort die bekannten englischen out of door-Spiele zu treiben. Wenn man englische Sachverständige darüber fragt, erklären sie, daß da, wo diese Einrichtung getroffen ist, das Geschäft in seinem Jahresumfang in keiner Weise zurückgegangen und ein Geschäftsausfall hiernach nicht eingetreten ist. Ich meine hiernach, es wäre sozialpolitisch richtig und geschäftlich unbedenklich, den Acht Uhr ⸗Ladenschluß bei uns einzuführen. Wenn wir uns aber dazu nicht entschlossen haben, das in das Gesetz hineinzuschreiben, sondern den Weg der der freiwilligen Vereinbarung gewählt haben, so war für uns maßgebend die außerordentliche Er⸗ bitterung, die sich in weiten Kreisen der Betheiligten zeigte, weil sie durch eine gesetzliche Vorschrift gezwungen werden sollten, zu einer bestimmten Stunde ihren Laden zu schließen. .
Es ist eine psychologisch eigenthümliche Erscheinung, wie sich auf diesem Gebiete der Freiwilligkeit die Auffassung des Publikums und auch die Auffassungen der Parlamente geändert haben. Wenn die Herren aus Preußen sich gütigst erinnern wollten, was man zu der Zeit, wo wir die sogenannten Selbstverwaltungsgesetze beriethen, allet erwartete von der freiwilligen Initiative der Staatsbürger, welch große Hoffnungen man setzte auf die freiwillige Bethätigung des ge—⸗ sunden Menschenverstandes der Leute des praktischen Lebens! Gestern habe ich indeß den Eindruck gewonnen, daß man jetzt diese Hoffnungs—⸗ freudigkeit nicht mehr in dem Maße theilt wie früher (sehr richtigh, im Gegentheil, daß man ein gewisses Mißtrauen gegen die eigene Initiative der betheiligten Kreise hegt und deshalb wieder versucht, den früheren Weg zurückzulegen und alles von Gesetzes wegen zu regeln.
Meine Herren, die vorliegende Frage ist eine so einschneidende für die verbündeten Regierungen, und es handelt sich um einen so wichtigen Schritt, daß ich heute nicht in der Lage bin, die Auffafung der verbündeten Regierungen über die Beschlüsse Ihrer Kommission festzulegen; ich muß mir das für den Zeitraum zwischen der zweiten und dritten Lesung vorbehalten; aber bei der Lage der Sache bin ich auch heute noch der Ansicht, daß wir taktischer handeln und denselben Zweck erreichen können, wenn wir die Regierungsvorlage annehmen. Wir könnten dann abwarten, ob sich nicht in einer Reihe von Städten der gesunde Menschenverstand Geltung verschaffen und ob man nicht von dieser gesetzlichen Bestimmung Gebrauch machen wird. Eine solche Einrichtung wird dann vielleicht einen ganz anderen Werth in den Augen der Betheiligten haben, als wenn sie durch Gesetz dekretiert wird. Sollte unsere Erwartung in dieser Hinsicht getäuscht werden, so könnten wir dann immer noch erwägen, ob man von Gesetzes wegen einen allgemeinen Ladenschluß einführen will.
Die Abstimmung mag aber ausfallen, wie sie will, um eins möchte ich Sie doch unter allen Umftänden bitten: die Bestimmung herauszustreichen, wonach auch noch beschlofsen werden kann, daß die Verkaufsläden in der Mitte des Tages geschlossen werden können. (Sehr richtig!! Das scheint mir viel zu weit zu gehen. Wenn man eine Mindestruhezeit oder die Möglichkeit oder gesetzliche Vorschrift einführt, daß zu bestimmter Zeit Abends die Läden geschlossen werden, so soll man wenigstens in der Tagesdisposition den Geschäftsinhabern völlig freie Hand lassen.
Endlich kann ich nur dringend empfehlen, den vom Herrn Abg. Roesicke (Dessau) befürworteten Antrag anzunehmen, daß auch in anderen ˖ Geschäften solche Gegenstände nicht verkauft werden dürfen, die in Geschäften geführt werden, welche auf Grund des Beschlusses geschlossen sind. Ich nehme an, daß sich die Sache so stellen wird, daß man unter dem Begriff ‚Betheiligte“ alle die Geschäfts inhaber versteht, welche Waaren der betreffenden Art führen, und daß man eventuell zu diesen Verhandlungen auch alle diejenigen Geschäftsin haber zuzieht, welche zwar verschiedene Waaren führen, unter diesen aber eine Waare oder einige Waaren von denen, für welche die Läden der anderen Geschäftsinhaber geschlossen werden sollen. Würden diese Ge⸗ schäftsinhaber — und das wird für die Auslegung des Gesetzes wichtig werden —, welche neben anderen Artikeln auch nur ei ne von den in Frage kommenden Waaren führen, zugezogen werden, und die Mehr⸗ heit würde sich für den Acht - Uhr⸗Ladenschluß aussprechen, so würden natürlich auch jene Geschäftsinhaber ihre Läden überhaupt schließen müssen, und nicht nur für die einzelne Waare, welche bei den anderen Geschäften in Frage kam. Sollte man aber diejenigen Gemischt⸗ Waaren⸗Händler — wenn ich einmal so sagen darf — welche auch noch andere Waaren führen als diejenigen, für welche der Ladenschluß beschlossen ist, nicht zuziehen, so wird der Grundsatz eintreten: wer nicht mitrathet, der darf auch nicht mitthaten, wer nicht mit heran gejogen ist zur Beschlußfassung, für den ist natürlich auch ein solcher Beschluß nicht maßgebend, nicht zwingend. Einen anderen Weg, die Betheiligten festzustellen, kann ich vorläufig nicht sehen.
Jedenfalls bitte ich die Bestimmung in der Kommissiont⸗Vorlage
zu belassen, daß darüber, wer als Betheiligter anzusehen ist, der
Bundegzzrath zu entscheiden hat; darüber werden meines Erachtens bei der Schwierigkeit der Materie sehr eingehende Vorschriften zu er ⸗ lassen sein.
Abg. von Salisch: Ich würde persönlich allerdings auch für einen Schluß der Laͤden in der Mittagszeit zu haben sein, aber die
große Mehrheit meiner Freunde will aus den vom Freiherrn von
Stumm entwickelten Gründen diese von der Kommisszon eingefügten Bestimmungen, welche thatsächlich ju einer Majorisierung führen fönnten, beseitlgt haben. Meinen Antrag zu 1390, Absatz 1 empfehle ich zur Annahme.
Abg. Raab (Reformp.): Der Hauptwiderstand gegen diese von der Kommisston vorgeschlagene nothwendige neue Ordnung wird sich
im Bundesrath erheben; um so nothwendiger ist es, daß der Reichstag möglichst einstinimig feiner Kommissten folgt. Gerade die große Zahl der leinen und kleinsten Geschäftsleute wünscht sehnlichst den ihnen hier zu gewährenden 1 Ich selbst habe Abends in meinem Ge—⸗ schäft kelnen Gehilfen, sondern muß mit meinen Familienangebörigen dem Publikum zur Verfügung stehen, und ich muß die Rücksichts⸗ losigteit dez Publikums, welches noch nach 8. ja nach 10 Uhr den Laden offen finden will, geradezu als einen Unfug beieichnen. Wie lang würde der Weg noch werden können, weng auf dem Wege der freiwilligen Vereinbarung erreicht werden soll, waz wir wünschen? Weiß man doch heute noch nicht einmal ganz genau, was unter den bethelllgten Geschaäfteleuten! zu wperstehen ist. Ghe man damit in Ordnung ist, dürfte viel Zeit veiflossen sein; so lange kann der kleine Geschäftsmann nicht warten. Von der üblen Aufnahme, die wir im Sommer auf Grund unserer Kommissionsbeschlüsse in den Relhen unserer Wähler nach der Voraussage des Staatssektetärs unzweifelhast finden würden, habe ich abfolut nichts bemerkt. Auch würde die Minimalruhezeit ohne gleich- zeitige obligatorische Ladenschlußstunde in der Luft schwehen und durch Schschtwechsel 2c. ein längeres Offenhalten der großen Geschäfte zum Nachtheil der kleineren ermöglicht. Der Verband selbständiger Kauf⸗ lente unter der Führung des verdienten Senators Schulje⸗Gifhorn hat sich ja auch für den Neun Uhr ⸗ Schluß ausgesprochen, des leichen die Handelskammer in Altonaz in Barmen wünscht der
erein der Ladenbesitzer sogar den Acht Uhr ⸗ Schluß. Das Vertrauen der Handlungsgehilfen, die unter unserer Führung die sozial— demoktatischen Kaufmannsvereine zum Eingeben gebracht haben, muß dadurch gerechtfertigt werden, daß ein verständiger Reichstag und eine verständige Regierung ibren Forderungen Gehör schenkt. Ich bitte Sie, der Kommissionsfassung zuzustim men.
Abg. Pauli -⸗Potsdam (b. k. F.) hält Vorsicht auf diesem neuen Boden für ganz besonders geboten. Er sei gegen den § 13966 und empfehle dem Haufe, sich auf die Regierunggborlage zurückzuziehen. Nach Jahr und Tag könne man ja einen Schritt weitergehen, wenn die Resultate den Erwartungen nicht entsprechen sollten. Den Antrag Roesicke halte er für eine Verbesserung und empfehle seine Annahme; die Anträge des Abg. Bebel zu den 55§ 1605 und 105 sesen dagegen unannehmbar. An den Tagen vor den großen Festtagen schließe schon heute sogar auch im Handwerk die Arbeitszeit um 4, spätestens 45 Uhr; für jeden Sonnabend und jeden Tag vor andern Festtagen dieselbe Voischrift zu treffen, sei verfrüht und für das mistlere und kleine Handwerk schädlich. In England existierte ein Mittelstand nicht, daher sei der Hinweis des Abg Bebel auf England gänzlich verfehlt. Solche Verhaͤttnisse, wie in England, sollte man für das Deutsche Reich nicht herbeisuführen suchen.
Abg. Pfannkuch (Soz.) führt aus, die Sozialdemokraten liefen mit den Antisemiten nicht Wette um die Gunst der deutschen Handlungsgehilfen. Gerade der Abg. Raab sei es gewesen, der auf dem letzten Kongreß der deuischnationalen Handlungsgehilfen mehr dis Interessen der Geschäftsinhaber als die der Angestellten vertreten habe. In der Kommission habe er die Vertreter der Regterung davor gewarnt, über die Regierungsvorlage hinaus zugehen; man laufe sonst Gefahr, daß überhaupt nichts zu stande komme. Er empfehle dennoch den Antrag der Sozialdemo⸗ kraten, dessen Unausfüährbarkeit nicht nachgewiesen sei, Den Antrag auf . hätten sie trotz seiner Aussichtalosigkeit einbringen müssen, denn erfahrungsgemäß gingen derartige Anträge erst durch, nachdem sie wiederholt eingebracht und abgelehnt seien. Der Mittags- Ladenschluß empfehle sich um so mehr, als die Schlächter läden heute schon um die Mittagszeit ihr Geschäft schlössen. Das werde auch in anderen Geschäften möglich sein. Werde der Antrag abgelehnt, so werde er im nächsten Jahre und später wieder eingebracht verden.
Abg. Roesicke⸗Dessaun weist die Beschuldigung zurück, als ob sein Antrag beabsichtige, den Gastwirthschaften den Verkauf derjenigen Waaren zu gestatten, die in den durch freie Vereinbarung geschlossenen Läden nicht feilgehalten werden dürften. In Bezug auf den Laden schluß sei er anderer Meinung als der Staafssekcetär. Wenn jemand zu der Vereinbarung nicht zugezogen sei, so dürfe er nur diejenigen Waaren nicht verkaufen, die andere nicht führten.
Staatssekretär des . Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Der Herr Abg. Roesicke hat eine Frage angeregt, die ganz außer⸗
ordentlich wichtig werden wird für die Interpretation des Gesetzes.
Ich glaube, ich thut am besten, wenn ich an einem ganz vulgären Beispiel unsere Differenz klar lege. Ich nehme den Fall an, es würden alle die Leute, welche mit Butter und Käse handeln, gehört, ob sie den Acht ⸗Uhr ⸗Ladenschluß einführen wollen; dann würden nach meiner Auffassung auch die Geschäftsleute hinzuzuziehen sein, welche noch mit anderen Dingen außer mit Butter und Käse handeln; wenn sie aber an diesem Beschluß mitbetheiligt sind und die Zweidrittel . Majorität beschlossen hat, ihre Läden um 8 Uhr zu schließen, so würde auch der, welcher neben anderen Gegenständen auch mit Butter und Käse handelt, aber zu der Verhandlung ebenfalls zugezogen ist, mit überstimmt sein und auch seinen Laden um 8 Uhr schließen müssen. Der Herr Abg. Roesicke ist anderer Meinung; er meint: ob der Mann zugezogen ist oder nicht, wer verschiedene Waaren nebst Butter und Käse verkauft, wird nach 8 Uhr Abends nicht mehr Butter und Käse verkaufen dürfen, wohl aber alle anderen Waaren. Zu welchen Konsequenzen würde das führen?! Es kommt jemand in einen Laden, wo Eßwaaren verkauft werden, Wurst, Schinken u. s. w., aber auch Butter und Käse; der Kunde will Butter und Käse kaufen; da sagt der Kaufmann: nein, alles Andere kannst Du kaufen, aber Butter und Käse ist jetzt tabu, das darf ich nicht anrühren, da es bereits nach 8 Uhr ist. Das ist meines Erachtens vollkommen unausführbar; und da befinde ich mich allerdings, wenn das der Sinn des Antrages des Herrn Roesicke (Dessau) ist, mit ihm in sachlichem Widerspruch. Man muß daran festhalten: der Bundesrath hat zu bestimmen, unter welchen Bedingungen die einzelnen Branchen zuzuziehen sind. Aber wer zu⸗ gezogen ist, ist unter Umständen auch mit überstimmt und hat seinen Laden zu schließen. Wenn man nicht in dieser Weise durchgriffe, wäre eine Konrtrole überhaupt unmöglich. (Sehr richtig!)
Eine zweite Frage, die bei mir privatim angeregt ist, ist die: wie steht es mit den öffentlichen Lokalen und Gasthäusern? Diese würden meines Erachtens z. B. Zigarren verkaufen dürfen, auch wenn der Zigarrenhändler um 8 Uhr schließen muß — aus dem ein fachen Grunde, weil sie nicht als offene Verkaufsstellen anzusehen sind. (Sehr richtig h
Abg. Beckh⸗ Coburg (fr. Volksp.): Die amerikanischen und eng⸗ lischen Verhältnisse, auf die der Abg. Stöcker hingewiesen hat, passen auf Deutschland nicht, das keinen püritanischen Sonntag hat. Wenn er von hohen sittlichen Gesichtspunkten gesprochen hat, so möchte ich nur auf den Transvaalkrieg hinweisen.
Abg. Raab kommt auf das Schreiben der hannoverschen Barbier⸗ innung an den Abg. Bebel zurück und stellt auf deren Wunsch fest,
daß sie sich nicht an den Abg. Bebel als Sozialdemokraten gewendet
habe. Wenn man die antisemitische Bewegung als eine ,,,. bezeichnet habe, so bewlesen die letzten Wahlen das Gegentheil. e Sozialdemokraten suchten die vorliegende Frage in parteipolitischem . autzuschlachten, ohne die Handlungsgehilfen hinter sich zu aben.
Abg. Rosenow (Soz): Bei der Debatte über die Minimal.
ruhejelt sel der Abg. Raab zwar anwesend gewesen, habe aber nicht den Mund aufgeihan, obglesch er seiner Zeit sich erboten hätte, auf dem Kongreß der deutsch⸗ nationalen de, ne, en die Interessen der Handlungsgehilfen zu vertreten. Der Raab renommiere
mit der großen Zahl seiner Anhänger . Graf von Ballestrem rügt diefen Ausdruck), die Antisemiten verlören bei den Handlungsgehilfen immer mehr an Zuhörern.
4 Dr. Hitze tritt der Meinung des Abg. Roesicke bei, daß solche Branchen, die der freien Vereinbarung hinsichtlich des Laden⸗ schlusses nicht beiträͤten, dieselben Waaren nicht verkaufen dürften, die andere führten. .
Abg. Ro esicke⸗Dessau: Hie Auffassung des Staalssekretär würde der Konkurrenz, namentlich der der großen Waarenhäuser, Thür und Thor öffnen. Diese Waarenhäuser würden neue Waaren einführen, welche nach Ladenschluß jener anderen Geschäfte nicht ver⸗ kauft werden dürften.
Staatssekretär des Innern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner:
Meine Herren! Aus der ganzen Debatte ergiebt sich, wie außer ordentlich schwierig im einzelnen die Ausführung dieser Vorschrift sein wird. Darin kann ich dem Herrn Abg. Dr. Hitze Recht geben: ob dieser Paragraph ausführbar ist und ins Leben treten kann, das wird von einer geschickten Handhabung seitens der Verwaltung abhängen. Man wird verständiger Weise nicht Spezialgeschäfte herausgreifen, sondern man wird verwandte Gruppen zusammenlegen und hören. Es können aber immer noch Fälle sein, wo solche verwandten Gruppen einen Maßsoritätsbeschluß fassen, die Läden zu schließen, und eine andere Gruppe, die Konkurrenzwaaren führt, nicht gehört ist. Das halte ich aber in diesem Falle für vollkommen unausführbar, daß der Majoritätsbeschluß einer Gruppe, um 8 Uhr zu schließen, die Rechts⸗ wirkung haben soll, daß eine andere nicht gehörte Gruppe oder ein anderer nicht gehörter Kaufmann — wenn er nicht etwa aus Versehen aus⸗ gelassen ist — verhindert werden soll, nach 8 Uhr in seinem Laden die Konkurrenzwaaren seinerseits zu verkaufen. Ich bitte Sie, sich doch nur zu erinnern an das Margarinegesetz. Da hat man doch wenigstens vorgeschrieben, daß zwischen der Butter und der Margarine ein gewisser Anstandszaun bestehen (Heiterkeit, daß eine gewisse Trennung der Verkaufsräume stattfinden muß. Aber hier soll man in demselben Laden einen Theil der Waaren nach 8 Uhr Abends noch kaufen dürfen und einen anderen Theil nicht mehr. Ich glaube, das wird zu einer solchen Unmasse von Denunziationen, von Beschwerden
führen, ähnlich wie da, wo der alte Zunstzwang herrscht, wo der
Eine nur lederne Hosen und der Andere nur Portemonnaies nähen darf, und wenn nun der Gewerbetreibende, der nur Hosen nähen darf, auch Portemonnaies näht, dann wird er von dem Konkurrenten chikaniert und von der Polizei bestraft. Ich glaube, wir kämen in eine so chikanöse Verwaltung hinein, daß man sehr bald sagen würde, es ist vollkommen undurchführbar. Ich möchte an dem Rechtsgrund⸗ satze festhalten: nur gegen den können Zwangsbefugnisse geübt werden, der auch gehört ist, und es wird Sache einer verständigen Verwaltung
sein, auch alle wirklich Betheiligten gleichzeitig zu hören.
Abg. Raab stellt fest, daß er durch seine ? „mung, nicht durch Reden, wie der Abg. Rosenow, seine gute Gesinnung für die Handlungggehilfen bezeugt habe,
Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Pfannkuch, Freiherr von Stumm und Dr. Hitze ab die Diskussion.
Der Abg. Blell zieht seinen Antrag zum Absatz 3 des 8 1396 zurück. .
Unter Ablehnung der sozialdemokratischen 4 zu den
8 1396 und es wird der erste lat des 8§ 1392 unter Streichung der Worte „um die Mitte des Tages oder“ und mit i nrg des Antrags von ang angenommen. Die Absäͤtze 2 und 3 werden unverändert, Absatz 4 mit dem An⸗ frage Roesicke und der Paragraph im Ganzen mit den be⸗ schlossenen Aenderungen angenommen. .
Der z 139ee wird, entgegen dem Antrage des Abg. Frei⸗ herrn von Stumm, mit sehr großer Mehrheit angenommen. Die sozialdemokratischen Anträge zu s§ 1065 und 1056 werden gegen die Stimmen der Sozialdemokraten abgelehnt.
Der Präsident ruft die 88 139f, g, ni, hh und hhh auf, die weitere Ausführungsbestimmungen enthalten, und konstatiert deren unveränderte Annahme. ;
Um 6i /g Uhr wird die weitere Bergthung auf Freitag 1 Uhr vertagt. (Außerdem steht die Münzvorlage zur Be⸗ rathung.)
Literatur.
F. F. Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Auf Veranlaffung Seiner Hochseligen Majestät des Kaisers Friedrich als Kronprinzen von Preußen. Sechzehnter Band; Ständische Verhandlungen 11 (Preußen, II. Band). Erster Theil heraus gegeben von Kurt Breyfig, zweiter Theil von Martin Spahn. Berlin, Bruck und Verlag von Georg Reimer, 1599. 1166 Seiten. — Per erste Theil des vorliegenden Bandes enthält auf 425 Seiten die jweite Hälfte der Akten ju dem großen Landtage von 1661 bis 1663; den zweiten Theil bilden die Akten aus den letzten 28 Jahren der Regierung Friedrich Wilhelm's, jz. B. zu den Landtggen von 1666, 1669 und dem letzten großen von 1670 und 1671. Statt einer Ein⸗ leitung jzu dem Abschnitt von 1663 bis 1688 ist am Schlusse des Bandes eine kurze Uebersicht über die wichtigsten Ergebnisse der R sammten Entwickelung innerhalb dieses Zeitraums gegeben. Angef ft sind neben statistischen Beilagen ein Orts- und Personenverzeichniß zu den beiden, , . betreffenden Bänden (15 und 16), sowie ein wegen feiner Ausführlichkeit besonderen Dank verdienendes Sach verzeichniß ebenfalls zu beiden Bänden.
— PF. F. Die Kolonialpolitik Nayoleon's L. Von Dr. Gustav hre , München und Leipzig, Verlag von R. Olden⸗ bourg, 1899. SHiftorische Bibliothek, herausgegeben ven der Redaktion der Historischen Zeitschrift“., 109. Band.) 257 S. und 1 Karte, gebunden 5 MS .
„In Amerita rüsteten sich die englischen Kolonien zu einem all · gemeinen Angriff auf die französischen; diese gaben ihre Sache mit nichten auf: alle Männer vom 16. bis zum 69. Jahre griffen zu den Waffen. Aber sie waren für sich allein der älteren und bei weitem entwickelteren englischen Anstedelung nicht gewachsen. Uederdies aber: die Anglo⸗Amerstaner wurden von England aus mit Gifer unterstůtzt, die französischen Amerikaner erhielten von ihrem Mutterlaade die Meldung, man könne ihnen nicht helfen, weil England die See be⸗ herrsche; sie mußten untergehen. Mit diesen ebenso ergreifenden wie schlichten Worten schildert Ranke in seiner französischen Geschichte das Schscksal der fran zöfischen Kolonien auf dem nordamerikanischen
estlande. Der große Staatsmann, dem Frankreich seine vorherrschende
tellung in Europa verdankte, der Kardinal Richelieu, hatte einst zum Gegenstand seiner besonderen Thätigkeit die Marine auzersehen, und wo sich immer Franzosen in überseelschen Ländern angesiedelt hatten, waren sie feiner thatkräftigen Unterstützang sicher gewesen: im sieben jährigen Kriege war das Mutterland nicht mehr im stande, seinen be. drängten Kolonien mit einer Florte die ersehnte Hilfe zu bringen, daher gingen sie an das meerbeherrschende England verloren. Was aber der französischen Krone an Kolonten noch geblieben war, wurde während der Revolution von einer inneren Bewegung ergriffen, die die Logreißung von der frauzösischen Regierung zum Ziel hatte; natürlich ließen es die Engländer an Einmischungen nicht fehlen.
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n w on der N versammlung bis zum Mrettorlum, hatten sich unfähig geieigt. Kolonien zu dem alten Gehorsam zurückzuführen; die Frage wa
dies einem Napoleon gelingen werde. Die Antwort darauf se äberhaupt eine Betrachtung von Napoleon's Kolonialpolitik wird Grund archivalischer Forschungen in Poris in dem vorliegenden Bu gegeben. Aus dieser an Belehrungen reichen Arbeit sei der wesent⸗ liche Inhalt herausgehoben. ᷣ . .
Die Bedeutung der kolonialen Frage erkannte Nayoleon während seines Feldzuges in Italien; von der Halbinsel richtete er seinen Blick auf das Meer und die Inseln. Die Gedanken die er sich in Italien Über Frankreicks Aufgaben zur See gebildet hatte, traten zu Tage, als er nach seiner Rückkehr von dem Direktorium, der da⸗ maligen Regierung, den Auftrag erhielt, den einzigen noch unbezwungenen Gegner Frankreichs, das seegewaltige England, zur Anerkennung der Republik zu zwingen. Dem gesunden enschenverstand mußte als das Mittel dazu eine Landung auf der Insel und der Marsch auf London erscheinen, und in der That erwartete Regierung und Volk einen solchen Verlauf des Krieges. Aber einen Angriff auf England selbst hielt Napoleon damals noch für unausführbar; dagegen ersah er in seinem weitausschauenden Geiste ein anderes Land als Angriffs⸗ stelle, wo er England dadurch empsindlich treffen konnte, daß er der künftigen Ausbreitung seiner Macht hindernd in den Weg trat. Dieses Land war Egypten.
Der Sultan, der Oberherr Egvptens, war seit den Tagen Franz' J. der traditionelle Bundetgenosse der bourbonischen Könige ge⸗ wesen; als aber im Laufe des 18. Jahrhunderts der nicht mehr zu verbergende Verfall der Türkei den Gedanken an eine einstmalige Auf- theilung gleich der des Polenreiches nahelegte, kam es für einen Staatsmann darauf an, bei Zeiten eine Stellung zu ergreifen, die für später eine Einwirkung auf die Gestaltung der orientalischen Frage sicherte. Schon im ttalienischen dn hatte Napoleon nach der Einnahme Venedigs aus eigenem Entschluß die ionischen Inseln be⸗ setzt, und wenn es gelang, mit Malta als Stützpunkt Egypten zu unterwerfen, war ein unmittelbarer Einfluß auf die Pforte
ewonnen. Aber auch an und für sich mußten Frankreich aus der
roberung Egyptens die größten Vortheile erwachsen. Aus dem fruchtbaren Lande waren reichere Erträge zu erwarten als aus der werthvollsten der bisberigen französischen Kolonien, dem Antheil auf St. Domingo; das Mittelländische Meer wäre ein französischer See geworden, und die Jahrhunderte alten Han delsbeziehungen des französischen Kaufmanns zur Levante hätten einen neuen Aufschwung genommen. Wenn aber zunächst — und damit kehrt die Betrachtung zu ihrem Ausgangspunkt zurück — England zum Nachgeben gejwungen werden sollte, so war nächst einer Landung auf der Insel selbst ein wirk⸗ sameres Mittel dazu kaum auszudenken als die Eroberung Egyptens. Falls sie gelang, war der Keil in die englische Aufstellung von Gibraltar bis Indien hineingetrieben, und welche Aussichten waren dann eröffnet! Hatte Frankreich erst im Nilland festen Fuß gefaßt, so konnte es später daran denken — um so mehr, wenn die Verbindung des Mittelländischen mit dem Rothen Meere zu stande kam —, seine Hand nach Indien auszustrecken und mit Hilfe der Eingeborenen die verhaßte englische Herrschaft im Thal des Ganges zu stürzen, Der englischen Seemacht, die mit ihrem Umsichgresfen einmal für alle europäischen Nationen gleichmäßig drückend werden mußte, wäre daz Gleichgewicht 6 worden.
Mochte also die neue Richtung, die Napoleon der französischen Kolonialpolitik gab, auf den ersten Blick als eine bedenkliche Abirrung erschelnen, so traf sie doch — die Zukunft hat es bewiesen — durchaus das Ziel: sie verrieth ein geniales Verständniß für die kommende Welllage. Der Gedanke war richtig; es ist bekannt, was seine Aus= führung vereitelte: die Vernichtung der französischen Flotte.
Seit dem März 1802 im Frieden mit England lebend, suchte Napoleon, statt neue Kolonien zu erwerben, die alten wiederzugewinnen. Vor allem kam es darauf an, auf der Insel St. Domingo oder 8 wo Frankreich das westliche Drittel, ungefähr von der Größe Belgiens, mit den . Le Cap, Port au Prince und Les Cayes besaß, die nachtheiligen Folgen der Revolution zu beseitigen. Als im Jahre 1789 die Kunde von den Unruhen in Paris die Insel erreicht hatte, war dort ein Sklavenaufstand ausgebrochen, in dessen Verlauf ein entschlossener, für die Befreiung feiner Rasse begeisterter Negerhäuptling, Namens Toussaint, die Herrschaft an sich gerissen hatte. Daß er die Oberhoheit Frankreichs immer noch anerkannte, war nur ein Schein. Napoleon hatte sich vor dem Frieden von Amiens dazu verstehen müssen, an den ehemaligen Sklaven einen schmeichelhaften Brief zu schreiben, in dem er seine Verdienste um die Kolonie dankend anerkannte und ihn seines Vertrauens versicherte. Nach dem ,, aber traf Napoleon ernstliche Anstalten, in der Kolonie den alten Zustand wiederherzustellen. Hatte die Revo⸗ lutions regierung alle Schwarzen für frei erklärt, so hob er diesen Beschluß durch ein im Mai 1802 erlassenes Gesetz auf; freilich durfte er in Rücksicht auf den ju erwartenden Widerstand nicht wagen, es öffentlich verkündigen zu lassen. Immerhin schlen sein Vorgehen gegen die Kolonie zu glücken. gelang feinem General. Kapitän Leclere, seinem Schwager, unter An ⸗ wendung einer List Toussaint ju verhaften. Als das Schiff den schwarzen Fürsten nach Frankreich gebracht hatte, warf ihn Napoleon in ein Festungegefaͤngniß am Fuße des Jura, und dort fand Toussaint, nachdem er sich in mehreren eigenhändigen Bittschreiben an den en Konful vergeblich um eine Miiderung seines Schicksals bemüht batte, ein Opfer des rauhen Klimas, bald den Tod. Aber dag Schwerste blieb noch zu thun übrig. 2000 Häuptlinge, so schreibt Leelere, wer er noch deportieren müssen, um die Elemente des Aufruhrg von Grund aus zu beseitigen. Richt lange danach starb er ebenfalls, von einem
ieber dahingerafft. Sein Nachfolger Rochambeau aber verließ die
nsel als Kriegsgefangener der Engländer.
Denn mit dieser Macht länger im Frieden zu leben, widerstrebte Napoleon's Anschauungen von den Aufgaben Frankreichs, seitdem sie sich weigerte, das is Malta, das sie während Napoleon's Feldzug nach Ggypten besetzt hatte, wieder zu räumen und seinem Befitzer, dem Johanniterorden, zurückzugeben. Zu dieser Räu. mung hatten sich die Engländer in dem Frieden zu Amient verpflichtet, und daß ste dann keinen Ernst damit machten, war für Napoleon der Grund zu einem neuen e. Diesmal wollte Napoleon in England selbst landen, aber ehe noch seine sämmtlichen Geschwader zur — des Uebergangg in dem Hafen von Boulogne hätten versammeln können, wurde seine Hauplflotte unter Villeneuve, die sich mit der spanlschen v hatte, bei Trafalgar von Nelson vernichtet. An eine Vertreibung der Engländer aus Malta war seitdem nicht mehr ju denken. Viel e die Franzosen selber ihre beste Kolonie, St. Domingo, immer verlassen. Leelerc's Nachfolger Rochambegu hatte schon vor der Schlacht bei Trafalgar sammt dem Rest selner Truppen in Le Cap den Engländern, die die Stadt blockierten, bedin los ergeben müssen; er selbst wurde 8 . lang gefangen ge die wenigsten seiner Soldaten sahen ihr Vaterland wieder. Anstrengungen Napoleon's, trotz dieses schweren Verlustes die der Antillen für Frankreich zu retten, scheiterten an dem alten stück aus der französischen Revolution, der Ohnmacht der R Selt der Entthronung der Bourbonen mit Spanien im führten die Engländer auch die letzte französische Garnison . (in St. Domingo), die sich aus den versprengten cheilen Rochambeau'z gebildet hatte, gefangen nach Jamal
Mit dem Tilstter Frleden war in dem Kriege mit für Frankreich günstige Wendung eingetreten. Auf dag Rußland bauend, ab sich Napoleon den kühnsten E Er kam auf seinen 6 zurück, Gaypten zu einer Kolonie zu machen; schlug das Un a ,
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