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Mission in der Zusammenfassung aller Kräfte zum Gedeihen des Staats. Die nationalen Kämpfe, schon an sich, besondert aber durch ihre lange Dauer so beklagenswertb, baben die Geister zu i n, politischer Leidenschaftlichkeit gebrängt, die Energie des Volkes, die auch auf zahlreichen Gebieten positive segent reiche Arbelt hätte verrichten sollen, unterbunden, den sonlalen Verkehr geschädigt und selbst Interessen in den Hintergrund gedrängt, die allen Volkestämmen gemeinsam sind. Vie Grkenntniß diefer schweren Schäden bat in allen ernsten Kreisen der Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß es unerläßlich ist, den nationalen Kampf zu beendlgen oder doch wesentlich zu mildern und unfere öffentlichen Einrichtungen vor weiteren Srschütterungen ju be⸗ wahren. Die Erfahrungen der . Jahre haben gezeigt, daß in nationalen Fragen nur das sich ju behaupten vermag wag aus dem über eiaftimmenden Willen der Betbeiligten beroorgehbt. Allseitige Mäßigung und eine durch die Existenzbedinaungen des Staates gebotene Opferwilligkeit können einen redlichen Vergleich über die natio⸗ nalen Streitpunkte ermöglichen. Die Regierung ist der Ansicht, es werde zur Äufhellung und Entwirrung der Verhältnisse viel beitragen, wenn die flrittigen Fragen sofort auf das Gebiet praktischer Vorschlãge geleitet werden. Die Regierung wird daher schon in den nãchsten Tagen die betheiligten Parteien einladen, Vertrauensmänner zu einer Konferenz nach Wien zu entsenden, denen sie unter eigener altiver Theilnabme an der Berathung eine Reibe von konkreten Vorschlãgen zur Beilegung der bestehenden Gegensätze unterbreiten wird. Eine der ersten Aufgaben des dann einzuberufenden Reichsraths wird es
sein, innerbalb seines Wirkungskreises auf Grund des Er gebnisses
dieser Verhandlungen über die hier in Betracht kommenden, Fragen Beschluß zu fassen. Mit der politischen Attion des Ministeriumz soll eine rege Initiative auf allen anderen Gebieten Hand in Haad gehen. Der nachdrüdlichsten Fürsorge bedürfen besonders die wirth⸗ chaftlichen Verhältnisse. Trotz aller in fo reichem Maße gegebenen Voraus. ckungen ist die Entwickelung unserer produktiven Thätigkeit arg gehemmt und leidet schwer unter den Fol zen des nationalen Zw stes. In einem Augenblick, wo die industrielle Weltkonjunktur zu gesteigtrter Arbeit und zur,. Vereinigung aller Kräfte draͤngt, sind diese bei uns gelähmt und gebunden durch den nationalen Kampf. Sie frei zu machen und in den Dienst der Wohlfahrt und des sozialen Fortschritts ju stellen ist ein Bedanke, der das Herz jedes Vaterlandsfteundeg erwärmen muß. Es gilt für unsern Staat, einen Zeitraum der Erholung zu schaffen, der, von den Parteien mit kluger Mäßigung ausgenützt, den Uebergang zu befferen Tagen vorbereiten kann. Eine aufrichtige und ehrliche Politik der Verständigung., eine feste unpartetische, vom rascheren Pulse der Zeit belebte Berwaltung und die Förderung aller auf die Hebung und Grweiterung der Produktion gerichteten Bestrebungen, daz find die Jlelpunkte der neuen Regierung, und hierfür erhofft sie ver⸗ frauensvoll die Unterstützung aller Klassen der Bevölkerung.
Wie dem „W. T. B.“ aus Wien berichtet wird, haben die deutschen Obmänner, welche gestern versammelt waren, den Dr. Funke zum Minister-Präsidenten Dr. von Koerber entsandt, um über mehrere aktuelle Fragen Auf⸗ klärung zu verlangen. Die Berathungen der Obmänner werden fortgesetzt werden. .
Nach einer Meldung aus Prag wird das Exekutiv⸗ comité des Klubs der deutsch-böhmischen Abgeord⸗ neten zum Landtage am 25. d. M. zur Berathung über die Frage der Beschickung der Ausgleichskonferenz zusammen⸗ treten.
Großbritannien und Irland.
Der har zo dra g von Teck, geboren am N. August 1837, ist, wie ‚W. T. B.“ meldet, in der vergangenen Nacht in White Lodge bei Richmond gestorben. öchstderselbe war mit Ihrer Königlichen Hoheit, der am 27. ktober 1897 ver⸗ storbenen Prinzefsin Mary von Cambridge vermählt gewesen, welcher Ehe vier Kinder, Ihre Königliche Hoheit die Herzogin von Jork und die Fürsten Adolf, Franz und Alexander von Teck entsprossen sind.
Rußland.
Der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha empfing, wie dem W. T. B. aus St. Petersburg gemeldet wird, am Sonnabend den Minister des Aeußern Grafen Mur awjew in längerer Audienz.
Spanien.
Der Finanz⸗Minister Villaverde brachte, dem, W. T. B.“ zufolge, vorgestern in der Deputirtenkammer eine Vorlage ein, durch welche die Regierung zur Konvertierung der 4 proz. amortisierbaren kubanischen Hypothekenscheine, Emission von 15886 und 1890, sowie der Hypotheken-Obligationen der Philip⸗ pinen ermächtigt wird. Dieselben sollen in eine unkündbare Lproz, innere Schuld umgewandelt werden.
Rumänien.
Der neu ernannte deutsche Gesandte von Kiderlen⸗ Wächter wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern zur Ueber⸗ reichung seines Beglaubigungsschreibens vom König in feierlicher Audienz und später auch von der Königin em⸗ pfangen.
In Genehmigung eines Gesuches des Minister⸗Präsidenten und Ministers des Innern Kantakuzene, von der letzteren Funklion enthoben zu werden, hat der König gestern solgende Veränderungen im Kabinet genehmigt; Kanta⸗ kuzene verbleibt Minister-Präsident ohne Portefeuille, der bisherige Finanz Minister, General Maro übernimmt das Ministerium des Innern, der bisherige Kultus⸗Minister Jonesco dasjenige der Finanzen. An Stelle des letzteren sfritt der Minister der öffentlichen Arbeiten Ist rati, welcher durch den Deputirten Jean Gradischtiano ersetzt wird. Die übrigen Minister behalten ihre Portefeuilles.
Amerika.
Die großbritannische Regierung hat, einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ aus Washington zufolge, zu der Frage, inwieweit Nahrungsmittel als Kriegskontre⸗ bande gelten, folgende Erklärung abgegeben;
„‚Unsere Ansicht gebt dahin, daß Nahrungsmittel die nach einem feindlichen Lande verfrachtet sind, nur dann als Kriegs kontrebande an=
efehen werden konnen, wenn sie für die Streitkräfte des Feindes be⸗
ien, sind. Die bleße Vermuthung, daß dies ibre Bestimmung sein
könnte, ist nicht genügend. Es muß vielmehr erwiesen werden, daß
31 zur Zeit, wo ihre Beschlagnahme erfolgte, thatsächlich der all war.“
Die Regierung der Vereinigten Staaten hat gegen diese Erklärung bisher keinen Protest erhoben.
Afrika.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Kairo gemeldet wird, hat das 1. Bataillon der Cameron⸗-Hochländer den Befehl erhalten, nach dem Kap abzugehen, und wird in Egypten durch ein Miliz⸗Regiment ersetzt werden.
Aus Louren ge Marques berichtet dasselbe Bureau, daß der Hilfssekretär des Departements des Innern der Vereinigten Staaten Webster Davis dort 6 sei; derselbe habe den General⸗Gouverneur besucht und sei sehr
freundlich empfangen worden. Der General- Gouverneur habe ihn gebeien, dem Präsidenten MeKinley den Ausdruck seiner freundlichen Gefinnung zu übermitteln. Die Regierung der Südafrikanischen Republik habe Davis mitgetheilt, sie werde den Salonwagen des Präsidenten Krüger senden, um ihn nach Pretoria zu bringen.
ach einer Meldung aus Pretoria vom 18. d. M. sind daselbst zwei britische . und 135 andere Gefangene angekommen, welche die Besatzung von Kuruman bildeten. Einer der Offiziere richtete an die Behörde ein Schreiben, in welchem er für die Behandlung auf der Reise, welche 14 Tage dauerte, seinen Dank aussprach. .
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Mochudi vom 12. Januar über Beira: Eine Patrouille der Buren habe versucht, an Gaberones Station . und dieselbe in Brand zu setzen, was jedoch durch Panzer⸗ züge verhindert worden sei. Der Feind sei entkommen. Aus Gaberones meldet dasselbe Huréau vom 14. Januar: Der Oberst Plumer habe die Stellungen der Buren an den Krokodilsfällen erkundet. Die Engländer hätten die Eisenbahn⸗ brücke südlich von Gaberones wiederhergestellt.
Eine Depesche des Feldmarschalls Lord Roberts an das britische Kriegsamt vom 20. d. M. besagt, der General French habe seine Linien in östlicher Richtung noch weiter ausgedehnt und bedrohe die Verbindungslinie des Feindes. Sonst habe sich die Lage nicht geändert.
Ein in Pretoria eingetroffenes Telegramm aus Coles⸗ berg vom I7. Januar besagt, der Kommandant Del arey habe die Mittheilung erhalten, daß sich auf einer 6 Meilen entfernten Farm eine britische Patrouille befinde, Er habe hierauf drei Patrouillen ausgesandt, um dieselbe ahzu⸗ schneiden. Es habe sich herausgestellt, daß die britische Patrouille hundert Mann stark sei und drei Kanonen mit sich führe. Die A stillerie der Buren sei zu spät angekommen, um die britischen Geschütze ins Gefecht zu ziehen. Eine der Buren⸗ Patrouillen habe eine Anzahl australischer Reiter abgeschnitten, von denen fünf getödtet, drei verwundet und elf 1 ge⸗ nommen . Die Buren hätten keine Verluste gehabt.
Aus Ladysmith vom 20. 8. M. meldet das „Reuter sche Bureau“, der . habe neue, wie man annehme, achtzöllige Geschütze aufgefahren; das Bombardement sei in den letzten Tagen heftiger, der angerichtete Schaden aber nur gering ge⸗ wesen. Drei Mann selen verwundet worden.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Spearmans Camp von gestern Abend gemeldet: Die Generale Clern und Hart rücken am 20. . M. nach anhaltendem Gefecht 1000 Yards For und bezogen ein Bivougc. Während der Nacht unterhielten die Buren ein unregelmäßiges Gewehrfeuer; die britischen Vorposten erwiderten nicht. Bei Tagesanbruch eröffnete der Feind ein heftiges Feuer; die britischen Geschütze, in deren Nähe die Truppen während der Nacht gelagert hatten, erwiderten dasselbe, und der Kampf war alsbald wieder in vollem Gange. Die britische , ,, warf massenhaft Shrapnels in die feindlichen Verschanzungen. Das erste Kopje wurde mit gefälltem Bajonett genommen; der Feind ging auf das nächste Kopje zuruck. Das Artilleriefeuer der Buren ließ dann etwas nach, augenscheinlich infolge Mangels an Munition, aber das Rollen des Gewehrfeuers ertönte den ganzen Tag über. Die Engländer nahmen drei Positionen des Feindes.
Der General Sir Redvers Buller hat an den Staats⸗ sekretär des Kriegsamts von Spearmans Camp am 20. d. M., Abends 93, Uhr, telegraphiert: Der General Clery ist mit einem Theile der Truppen des Generals Warren heute von 6 Uhr früh bis 7 Uhr Abends im Kampf gewesen. Durch wohlberechnete Verwendung seiner Artillerie gelang es ihm, auf eine Entfernung von etwa drei Meilen hin einen Bergrücken nach dem andern zu nehmen. Jetzt bivouacieren seine Truppen auf dem eroberten Terrain. Die wichtigste Position liegt indessen noch vor ihnen. Unsere Verluste sind nicht schwer. Bis 6i / Uhr Abends waren etwa hundert Verwundete eingebracht worden. Die Zahl der Todten steht noch nicht fest.
Das „Reuter sche Bureau“ berichtet, die Schanzwerke des eindes wurden am 20. d. M. den ganzen Tag mit Granaten be⸗ chossen. Die Brigade des Generals Lyttleton ging vor und besetzte einen 2090 Yards vor der Position der Buren gelegenen Hügel bei Brakfontein, während eine Kompagnie Schützen, welche mit der Luftschiffer-Abtheilung vorge—⸗ gangen war, ein heftiges Feuer aus den Verschanzungen des Feindes auszuhalten hatte. Das Geschütz- und k der Truppen des Generals Warren hielt ständig an, der Feind war jedoch bis zu diesem Augenblick, wo das Tle— gramm abgeht, nicht aus seiner Stellung gedrängt. Das Granatfeuer war so heftig, daß das den Erdboden bedeckende Gras Feuer fing. Die Truppen Lord Dundonald's überraschten am Donnerstag 350 Mann des Feindes. Die Engländer, welche auf einem Hügel standen, ließen den Feind ruhig herankommen. Als sie dann das Feuer eröffneten, machte der Feind keinen Versuch, dasselbe zu erwidern. Der größere Theil ergriff die Flucht.
Eine Depesche des Generals Sir Redvers Buller aus Spearmans Camp vom gestrigen Tage, 10 Uhr Morgens besagt: In einem Kampfe, der vorgestern am Venters Spruit, einem von Acton Homes südlich in den Tugela fließenden Wasserlauf, stattfand, wurden elf Offiziere, von denen einer starb, und 279 Soldaten verwundet.
Der „Times“ wird aus Spearmans Camp vom 21. Januar gemeldet; Die Stellung der Buren befindet sich vier Meilen nordwestlich von Trichards Drift. Die Ver⸗ theidigungswerke des Feindes bestehen aus mit Steinen hergestellten Verschanzungen, die sich rechts längs eines— Gebirgsvorsprunges nach vorn ausdehnen, sodaß die Stellung halbkreisförmig ist. In der letzten Nacht hat der rechte Flügel des Feindes seine Stellung geräumt.
Das Kriegsamt hat von dem General Sir Redyvers Buller aus Spearmans Camp vom gestrigen Tage folgende Depesche erhalten: Um den General Warren zu unterstützen und die Burentruppen in den Verschanzungen vor Potgieters Drift festzuhalten, machte der General yttleton mit seinen Truppen eine gewaltsame Rekognoscierung und zwang die Buren, den ganzen Tag in ihren Verschanzungen zu bleiben. Die BVerluste auf Seiten der Engländer betragen zwei Todte, zwölf Verwundete und zwei Vermißte.
Eine weitere Depesche des Generals Sir Redvers Buller aus Spearmans Camp vom gestrigen Tage, 9 Uhr Abends besagt: Der General Warren ist den ganzen Tag über in ein Gefecht verwickelt gewesen, ins besondere auf seinem linken
ügel, den er 2 Meilen nach vorwärts geworfen hatte. Das elände ist sehr schwierig, und da das Gefecht sich die ganze
Zeit uͤber bergan entwickelt, so ist es schwer, genau zu sagen wie viel wir an Boden gewinnen werden, doch glaube ich, . wir thatsächliche Fortschritte machen werden.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Reich sta befindet sich in der Ersten Beilage. chata ge
— In der heutigen (132.) Sitzung des Reichstages welcher der Staatsselketär des Innern, Staats⸗Minister Pr. Graf von Posadowsky beiwohnte, stand auf der Tagesordnung die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung der Unfallversich e⸗ an n rr ff für das Gewerbe, für Land⸗ und Forst⸗ wirthschaft, für Bauarbeiter und Seeleute, in Verbindung mit dem Gesetzentwurf, betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene.
In der Debatte nahm n,, der Abg. Trimborn Zentr) das Wort. Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Freiherr von Richtho fen⸗-Dams dorf O. kons.).
— In der heutigen (.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ eordneten, welcher der Minister des Innern Freiherr von heinbaben beiwohnte, erbat und erhielt zunächst der
Präsident die Ermächtigung, Seiner Majestät dem Kaiser und König die Glückwünsche des Hauses zum Geburtstage nuszusprechen. ;
Alsdann wurden die allgemeine Rechnung über den Staats⸗ haushalt für 1896/‚9, die Rechnung über die Fonds des ehe— maligen Staatsschatzes für 1896/é97, die Rechnung der Ver⸗ waltungsausgaben der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse für 1896/97, die Uebersicht der Staatseinnahmen und⸗Ausgaben des Jahres 1898!99 und die Uebersicht der Verwaltungsaus⸗ 6a der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse für 1898/99
er Rechnungekommission überwiesen, worauf das Haus zur Berathung des folgenden Antrags der Abgg. Dr. Barth (fr. Vaz und Dr. Wiemer (fr. Vp.) überging:
„Die Königliche Staaizregierung ju ersuchen, eine Abände— rung des Gesetzes vom 27. Juni 1860, betreffend die Festste ung der ahlbezirke für das Haus der Abgeordneten, und des Gesetzes vom 17. Mai 1867 entsprechend den in den letzten 40 Jahren eingetretenen Verschiebungen der Bevölkerung in die Wege ju leiten.
Den Antrag begründete der Abg. Dr. Barth. Bis zum Schluß des Blattes , sich an der Debatte noch die Abgg. Lewald 66 und Br. Wiemer, sowie der Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben.
Statistik und Volkswirthschaft.
Das unterricht und Bildungswesen im Deutschen Reich am Ende des 19. Jahrhunderts.
(Stat. Korr) Das 19. Jahrhundert hat den Landen des Deutschen Reichs eine ungeahnte Entwickelung des Unterrichts ⸗ und Bildungs weseng gebracht. Nicht nur, daß das aus der Vergangenheit Ueberkommene — und das war namentlich auf dem Gebiet der Uni⸗ versitãten und der Gelehrtenschulen, selbst auf dem der Volks schulen nicht wenig — ju dem heutigen reichen Leben umgebildet ward, es ist auch so viel Neues geschaffen und in den Organismus des Staats und der Gesellschaft eingefügt worden, daß man für Deutschland wenigstens das abgelaufene Jahrhundert ebenso gut das Jahrhundert der Schule und des Unterrichts nennen könnte, wie es wohl das , . Dampfes, der Elektrizität und der Technik genannt worden ist.
Will man freilich statistische Thatsachen zur Schilderung des i en Unterrichts, und Bildungswesens im Deutschen Neiche
eibringen, so sieht man sich dem i . Umstande gegenüber, daß
es weder eine gemeinsame Unterrichts tatistik für das gesammte Reich giebt, noch auch in den. Einzelstaaten überall zu gleichen Zeitpunkten und für alle Zweige des Schulwesens statistische Erhebungen veranstaltet werden. Es ist daher ungemein schwierig, ein lückenloses Zahlenbild von dem Unterrichts. und Bildungswesen für das ganze Reich zu geben, und das, was geboten wird, kann mangels vollstaͤndiger Angaben und wegen der an manchen Stellen undermeldlichen Schätzungen nicht einmal als iweifellos sicher angesehen werden. Immerhin werden die thatsächlichen Verbältnisse in nachftehenden Zahlen hinreichend genau wiedergegeben. Die Angaben beniehen sich im allgemeinen auf das Jahr 1898.
An zffentlichen Volksschulen giebt es im Deutschen Reiche rund 9 300; in ihnen werden 8 660 000 Kinder von 137 509 Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet. Unter den Kindern befinden sich etwas mehr Märchen als Knaben, weil Knaben des schulpflichtigen Alters, obwohl diese in der Bevölkerung etwa zahlreicher i in größerer Zahl auf höheren und mittleren Lehranfstalten unterrichtet werden als Mädchen auf entsprechenden Anstalten. Der Religion nach vertbellen sich Schulkinder und Leb rer ähnlich wie die gesammte Reichs bevölkerung, da Lie Schulpflicht allgemein best⸗bt und die Volksschulen ganz überwiegend konfessionellen Gharalter haben; von der Geff intberlser , des Reichs (rund 54 283 000 im Jahre 1898) sind 62 89 evangelisch, 35 8 0 0 katholisch, 3 dio sonst christlich und 1.1 00 jüdisch. — Die Muttersprache der Schul kinder ist ganz überwiegend die deutsche; nur in einigen östlichen Pro⸗ vinzen Preußens ist sie theilweise die polnische, im nördlichen Theile Schlezwigs die dänische und in einem Theile des Reichs landes die franjösische; mit geringkügigen Bruchtheilen findet sich in Preußen und Sachsen noch das Wendische und das Czechische, an Preußens Westgrenze daz Wallonische, in Ostpreußen auch das Lifthauische vertteten. In Preußen sprechen von den Schülern aller niederen Schulen in ihrer Familie 876 g nur deutsch, 1000 nur polnisch, o zi o/ nur litthauisch, O, i7 6/9 nur wendisch., O41 669 nur dänisch und O. dl , nur eine andere nicht deutsch? Sprache. — Die Volksschulen im Reiche verursachen einen Jahtezaufwand von eiwa 341 760 000 , von welchem aug Siaatsmitteln rund Is go 000 M aufgebracht werden und der größere Thell des Restes den Gemeinden zur Last fällt. Auf je 915 Einwohner trifft man eine öffentliche Volkeschule an; auf je Io0 Einwohner kommen rund 16 Volksschüler, auf je 1005 Einwohner 2,5 Volksschul ⸗Lehrkräfte. Jede Lehrkraft hat durchschnittlich 63 Schüler zu versorgen, und jeder Volksschüler verursacht rund 399 M Kosten. In den einzelnen Staaten des Reiches stellen sich diese Verhältnißjahlen etwas ver⸗ schieden hiervon. Es ist aber nicht zweckmäßig, 9 die Verschieden· beiten hervorzubeben, da sich unmöglich an dieser Stelle die Erklärung für sie geben läßt.
Die Lehrerbildungs ⸗Anstalten sind ganz überwiegend Staalzanstalten: nur die Lehrerinnen werden theilweise in Seminar. ffaffen verschledener höberer Mädchenschulen vorgebildet. Zahllenmäß ige Angaben Über diese können nur bezüglich der staatlichen debrer⸗ bildungszanstalten (Seminare) beigebracht weiden. Im ganzen Reiche besteben 183 Lehrer. und Il Lehrerinnen Seminare mit 00g Lehr, kraͤften und 18556 männlichen, 2I00 weibsichen Zöglingen. Für die Lehrerbildung werden jährlich ewa 11. bis 15 Miltoncn. Mart aufgewendet. Im Durchschnitte des Reichs kostet jeder Seminar jögling in den staatlichen Anstalten jährlich eiwa 40 Æ Je ein F , lommt auf etwa 2580 Einwohner, und auf etwa je IT bis 25 Vehrer wird jährlich ein neuer ausgebildet. — Die Vor⸗ bildung fu den Lehrerfem inaren erfolgt der Regel nach in
wegen unterstützt werden,
1. B. in Preußen, staatliche Anstalten sind, oder in
paranden ursen bel geeigneten Lehrern, die vielfach von Staat= n auch auf anderen Schulen oder wie
n Sachsen in den Lehrerbllbungs-Anstalten selbst. In Preußen giebt 8 1. B. z6 staatliche Präparandenanstalten mit 2500 Schülern und erden rund S6 7 G05 M für das Präparandenwesen aufgewendet; in ern sind bo Präparandenanstalten vorhanden, welche 2200 Schüler
nile n höheren Lebranstalt (Gym · Progymnasien, Realgymng Real Realschulen, auch.
. r gin, gewöhnlich mit dreljs drigem Lebrgange, die in 1 — 3
s
daß
Bevolkerung Schũlerzabl
als ihr nach stickere Anth Schũler höͤb und die jũdt sfärkeren A
in den
die bequemere richts r woblbabende und überwiegend auf dem Lande wohnende
katholijche Bevölkerung. — Die böheren Leh ranstalten verarsachen einen jährlichen KRostendufwand von ungefähr 70 Millionen Mark, der jum kleineren Theile aus Staatsmttteln, zam größeren aus den tigenen Einnahmen der Anstalten re,, . Stiftunggeinkũnften) und aus Gemeindemitteln gedeck: wird. ie höheren Lehranstalten erbeben durchweg Schulgeld von ihren Sch alern, von denen etwa gos Freischule haben mögen, Daz Schulgeld ist in Nord deutsch⸗· land böber als in Süddeutschland. Die Anstalten sind nur in kleiner Anzabl mit Internaten verbunden. = Preußen bat 578 höhere Lehr- mnstalten mit 169 200 Schülern (einschl. Vorschülern) und 9210 Lehrern (einschl. Vorschullehrern), und die Untechaltunqekosten der Anstalten 66. 3 400 000 M Das übrige Reich jäblt hz derartige Anstalten mit 118 8090 Schülern und 7620 Lehrern und wendet für sie jährlich etwa 26 00 C09. M auf. Auf 1 Anstalt lommen durchschnittlich 260 Schüler, in Preußen 292, im übrigen Reiche 24. Auf 1 Lehrkraft sind durchschnittlich 17.1 Schüler, in
. 18,3, im übrigen Reiche 15,6 zu rechnen. Die Unterhaltungs⸗ .
sten beicagen ; . auf 1 Anstalt auf 1 Schüler auf 1 Lehrer in Preußen.. rund . Æ 75100 257 4710 im übrigen Reiche 50109 224 3 480 im ganzen Reiche 63 100 242 4 150.
Das böbere Mädchenschulwesen im Deutschen Reich kann leider nur unvollständig und zwar bloß durch eigige Angaben über die zffentlichen höheren Mächenschulen gekennzeich att werden. Ueber die privaten Anstalten dieser Art giebt es keine näheren Nachrichten; es muß aber hervorgehoben werden, daß diese Privatanstalten nicht obne erbeblich? Bedeutung für die Frauenbildung sind und theilweise Auzgejeichnetes leisten. Deffentliche höhere ädchenschulen giebt ez im Deutschen Reiche 306 mit 75 160 Schülerinnen, welche von 2l00 chrern und 1935 Lehrerinnen unterrichtet werden. Die Unter- haltungskosten dieser Anstalten sind auf 11 bis 12 Millionen Mart anjunehmen. — Gs ist zur Zeit eine ziemlich breite Bewegung sm Gange, dem vorhandenen Bedürfniß nach böherer Bildung des weiblichen Geschlechts in weiteftem Umfang durch gymnasiale Kurse und gymnastale Einrichtungen entgegenzukommen. Die wenigen bereits bestehenden Mädchengymnasien haben bisher schen gute Erfolge ju verjeichnen. In München zit im Herbst 1893 zum ersten Mal eine Dame die ordentliche Prüfung für das höbere Lebr⸗ ant in der klassischen Pbilologie bestanden. Zu gleicher Zit waren in 3 schon rund 400 Frauen bei der Universität als Hörerinnen zugelassen.
Die Hochschulen, d. b. die Universitäten und die fachlichen Hochfchulen, erfreuen sich einer sehr wirksamen Pflege im Deutschen Reiche; sie genießen auch im Auzland einen Hohen Ruf. Noch im . Jahrhundert und zu Anfang des 19. Jahr⸗ hunderts gingen jabllose junge Deutsche in das Ausland, um sich dort eine höhere akademische Bildung zu erwerben Jttzt ist es umgekehrt, und etwa 16 5j9 und mehr von den Besuchern deutscher Hochschulen sind egenwärtig Ausländer. — Die 22 Universitäten im Deutschen Reiche . jweier nicht vollständiger), denen man auch die katholischen
riefter. Seminare und die baverischen Lyeeen zurechnen könnte, zãblen kund 2505 Professoten und Dozenten und werden von 32 000 Stu. dierenden befuckt; sie verurfachen einen jährlichen Kostenaufwand von rund 22 509 000 M Die 9 Technischen Hochschulen (eine 10. it noch in Begründung begriffen, eine 11. geplant) haben einen Studenten ⸗ bezw. Hhrerd i von 11000 und sind mit 859 Profefforen und Dolenten besetzt; sie verursachen ungefãbr 6 000 000 S Kosten. Die übrigen 18 fachliche Hochschulen zählen z500 Studtrende und 350 Lehrkräfte und kosten ungefähr 4000 00 46 Darnach empfangen im Deutschen Reich (ohne die Akademien für Armee und Marine) etwa 45 600 bis 47 600 junge Männer Hoch⸗ schulunterricht, denen, wie schon gesagt, cine kleine Anzahl von jungen Mädchen hin zutritt, die neuerdiags zum Besuche der Universi'äts. dorlefungen bier und da zugelassen werden. Die Gesammtkosten der HPochschulen übersteigen jährlich 32 00 000 M. — Die neueste Art von fachlichen Hochschulen sind die im Werden begriffenen Hande lshoch= schulen, welche in allersängster Zeit in Leipzig, Aachen und Freiburg im Anschtusse an die dortigen Hochschulen ins Leben gerufen sind und ebenso wie die auch anderwärts, 3. B. in Frankfurt a. M. ein⸗ gerichteten akademischen Kurse für Kaufleute die akademische Durch bildung von Kaufleuten für leitende Stellungen im Handel und in der Industrie bejwecken. Es bestebt in neuester Zeit ein. Bewegung, die eine Angliederung der handelswissenschaftlichen Lebrfächer auch bei den Übrigen Hochschulen oder mehreren von ihnen erstrebt. — Der besonderen wiffenschaftlichen Institute, Kun st⸗Atademien u. dgl. die nicht eigentliche Lehranstalten sind, aber auf die pfleg⸗ der Bildang einen unberechenbaren Einflaß ausüben, soll nur nebenher gedacht werden.
Ueber das nie dere und mittlere Fachschulwesen lassen sich wegen seiner Vielgestaltigkeit milan ner , statistische Thatsachen laum beibringen. Es liegt in der Natur der Sache, daß diese Anstalten in zahlreichen Fallen eine schematische Ordnung garnicht vertragen, da sie ganz den örtlichen Bedürfnissen angepaßt werden müssen. In den niederen Graden verfolgen sie überall das Ziel, die Kenntnisse, welche die Volkaschule vermittelt hat, zu befestigen und im Hinblick auf die gewerbliche Berufsthätigkeit zu erweitern. Dies 8. nothwendig von Ort iu Ot und von Beruf ju Beruf in derschiedener Weise geschehen. Gani allgemein verbreitet sind die gewerblichen Fortbildungeschulen, für welche beispielsweise Bavern rund 625 00 M aus Slaatg⸗, Belirkg, und Kreismitteln, Wärttem ˖ berg 210 009 4 aufwendet. Ebenso verbreitet sind die land⸗ wirthschaftlichen Fortbildungsschulen (Wieterschulen, Abendschulen u, dergl. Die mittier en. Fachschulen sind in den einzelnen Ge. bieten größtentheils gleichmäßiger geordnet und vermitteln neben der achbildung in der Regel auch eine gehobene ue . Bildung.
och fehlt es an einer alle Zweige umfassenden Statistik. Man darf sagen, daß heute fast kein bedeutenderes Gewerbe ohne eigen artige gewerbliche Fachschulen bestebt. In zahlreichen Fällen sind diese von den Gewerbetreibenden bejw. deren Vereinigungen , f. 2c.) und von 1 en Vereinen errichtet und unterhalten. Die Ge⸗ meinden pflegen an der Dea n dunf und Unterhaltung solcher dachschulen zu betheiligen, indem sie melsteng die Unterrichts räume und Zuschüsse in Baarmitteln hergeben; auch die höheren Kommunal- er h. pflegen unterftützend einzutreien, was mehrfach der Staat ebenfalls als seine Pflicht erachtet.
Schließlich sei noch einer dem Ende des 19. Jahrhunderts
eigentbumlichen inn auf dem Gebiet des Blldunggwesent gedacht, nämlich der Volks -Hochschulkurse, welche in ver schiedenen Städten Eingang unden haben und dazu bestimmt find, die Ergebniffe der Wiffenschaft den weitesten Kreisen zugänglich zu machen. Jas Leben gerufen sind sie durch Hochschullebrer und fonftige Gelehrte fowie gemeinnützig denkend⸗ Männer, zum I unter stantlicher oder gemeindlicher beiw, stiftischer Unterstützung. Solche Volts-Hochschulkurse bestehen in größerem Stil in Hamburg, Berlin, Dresden, München u. a. O. Ja Hamburg wurden im Winterhalbjahre 1895/99 35 Vorlesungen dieser Art von 64 Dozenten gehalten; die Zahl der Besucher der Vorlesungen betrug 7832, movon 1i78 Männer und 3701 Frauen waren. Diese Volks. Hochschulkurse im Verein mit den jahlreichen öffentlichen Vorträgen vieler Gelehrten sind eine Quell reicher und vielseitiger Volksbildung bei uns. und gerade in Deutschland wird der Satz lebensvoll bethätigt: Mittheilen soll mit Fleiß, wer etwas Rechte weiß!“
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Kohlenarbeiter in Böhmen hat, der Dt. Warte“ zufolge, auch auf preußisches Gebiet übergegriffen. IJ Beuthen feiert auf der dortigen Hohenzollerngrube die ganze Belegschast von 700 Mann. Die Förderung stockt völlig.
Ferner berichtet die „Volks Ztg.“ aus Weißenfels, daß 5oo0 Bergleute des sächsisch⸗thäringischen Braunkoblenreviers in eine Lohnbewegung eingetreten sind. Sle verlangen eine Lohnerhöhung um 19 00, Verkürzung der Arbeitszeit auf täglich neun Stunden und Einschränkung der Frauenarbeit.
uz Teplitz meldet W. T. B.“ unterm 21. d. M., der Gewerketag babe beschlossen, die Forderungen der Bergarbeiter nicht anjunehmen und dieselben als entlassen zu betrachten, wenn sie nicht binnen drei Tagen die Arbeit wieder aufnähmen. — Der west⸗ böhmische BergbauAktienverein zu Mies gestand den Berg- arbeitern eine 5 ( ige Lohnerhöhung unter der Bedingung zu, vaß sie sich nicht am Ausstande betheiligen. Die Arbeiter zweier Schächte lebnten das Angebot mit der Er⸗ klärung ab, sie würden heute nicht einfahren; . zweier anderer Schächt: nahmen das Angebot stillschweigend zur Kenntniß. In mehreren zu Chotie fchau und Nürschau abgehaltenen Versamm—⸗ lungen beschloffen 2006 Bergarbeiter, heute die Arbeit einzustellen. (Vergl. die Nrn. 4, 13, 15, 16 d. Bl.)
Kunst und Wissenschaft.
44 Die Auzstellung des Künstler⸗West⸗ Klubs in Schultes Kunstfalon (Unter den Linden 1) enthält eine Reihe beachtengwerther Arbeiten von mehr oder minder bekannten Berliner Malern. Philipp Frank hat sich dem beroischen Stil der Land⸗ schaft zugewandt und erjelt mit seinen traftvoll gefürbten Komposttionen eine bedeutende Wirkung. Auch A Rorman, der treffliche, in Berlin ansässige Marine maler, überrascht durch einen neuen, Segantini's Manier angenäherten Pointillsstil, während Ludwig ettmann die treue Naturnachahmung neuerdings einer freieren phantastischen Auffassung gespfert hat. Max Uth ist feinem bekannten kräftigen Vortrag treu geblieben, ebenso greift Hermann Hendrich in seiner . schlafenden Erda“ auf seine oft erprobte Fäbigkeit, die nordische Natur im Sinne des Coda · Mythus zu versonifijieren, zurück Langhammer, von dem erst unlängst im Salon von Keller und Reiner eine Reihe individuell gesebener Land— schaften ausgestellt war, ist auch bier mit ähnlichen Bildern vertreten, denen man eine lichtere und weniger schwerfällig. Farben⸗ gebung wünschen möchte. Hans Völcker der nach München über⸗ gesiedelt ist, aber dennoch sein'n Berliner Klubgengssen sich anschließt, hat in dem leider ungünstig beleuchteten Vorraum des Oberlichtsaals eine Anjabl zarter Pleinairstudien ausgestellt. Bedeutender noch als diefe Veduten erscheinen jwei größere Marinen seiner Hand, von denen namentlich die Morgenstimmung mit dem untergebenden Mond ernste Größe athmet.
In dem elektrisch erleuchteten Vordersaal findet man zahlreiche effeftdolle Landschaften von Gugen Bracht; ein Wintertag im Dberspreegebiet fesselt besonders durch originelle und über⸗ n,. Farben stimmung. Auch eine Auslese von zart ab⸗ getönten Hochl andbildern des Schotten Austen Brown zerdient Beachtung. Mit einigen kleinen Arbeiten ist der bisher noch wenig bekannte Mänchner K. Herrmann Müller vertreten, dessen gesunde und männliche Auffassung bei der heute herrschenden Neigung, die Natur durch willkürlich gefärbte Brillengläser zu sehen, besonders wohlthuend auffällt.
Bauwesen.
Einen Ideen⸗Wettbewerb zu einem Bebauungsplan für Ma'nz, und zwar für einen in der Umgebung des ehem als FKurfürstlichen Schlosses anjulegenden neuen Stadttheil, schrebt die Stadt Mainz mit Frist bis zum 6. Mai 1900 aus, wobei drei Preise von 3600, 2000 und 1000 6 ausgesetzt sind und der Ankauf weiterer Pläne zu je 1000 vorbehalten wird. Zu den , . gehören als Sachverständige die Herren Dr. Durm-
arlsruhe, Professor Henrici⸗Aachen, Professor Hofmann ⸗Darmstadt, . Raschdorff⸗ Berlin, Professor Gabriel Sridl ⸗ München, eglerungsrath Sitte Wien, ferner Pr. Schneider, Baurath Kuhn und Baumeister Usinger in Mainz. Die Unterlagen sind gegen Ein⸗ sendung von 5 M vom Sektetariat der Bürgermeisterei zu beziehen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Das Erlsschen der Maul- und Klauenseuche ist dem Kalserlichen Gesundbeitgamt gemeldet worden vom Schlacht ⸗Viehhofe zu Dresden am 20. Januar.
Spanien.
Durch Erlaß vom 165. d. M. ist wegen Auftretens der Beulen⸗ pest in Rio de Faneiro gegen Schiffe, die von dort nach dem 25. Dejember v. J. abgefahren sind, in Spanien strenge Quaran⸗· fäne verhängt worden. Zugleich gelten die in gerader Linie weniger als 165 Em boa jener Stadt entfernten Häfen als verdächtig.
Schweiz.
Der Schweijerische Bundesrath hat unter dem 30. De⸗ zember v. J. eine Verordnung über „die Maßnahmen zum Schutze gegen die Cholera und die Pest, soweit sie die Verkehrs anstalten, den Personen«, den Gepäck ⸗ und Waarenverkebhr betreffen? erlassen. Danach sollen Reisende, welche aus verseuchten Bezirken kommen, am Ankunftzorte einer ãr t⸗ lichen Ueberwachung unterstellt werden, und zwar bei Cholera: , , . bei pest: zehn Tage, vom Batum der Abreise an gerechnet.
Der mit dieser Ueberwachung betraute Arjt soll sich während der genannten Zeit täglich wenigstens einmal in diskreter Weise von dem Befiaden der ju Ueberwachenden überieugen und, sobald er verdãchtige Jeichen bel einem derselben konstatiert, die zuständige Gesundheits⸗ polizeibehörde benachrichtigen, worauf letztere ohne Verzug die noth⸗ wendigen Maßregeln ergreifen wird. —
* Anlaß der 66 ärztlichen Besichtigung ist zugleich eine sanitäre Revision und eventuell eine Degzinfektion des Gepäcks der betreffenden Persfonen vorzunehmen, sofern eine solche nicht bereits auf einer Krankenübergabe oder einer Revistongstation stattgefunden hat.
Die der Ueberwachung unterftellten Personen sollen, so lange sie und shre Angehörigen gesund und unverdächtig sind, in ihrer freien Bewegung nacht gehindert werden. Wenn dieselben aber vor Ablauf der Ueberwachungsdauer weiterreisen, so ist die Gesundheitspolizei⸗ behörde des nächsten Aufenthalts orts zu benachrichtigen.
Die Besitzer von Gasthöfen, Pensioneng Logier häusern und Herbergen, sowie alle diejenigen Personen, welche Fremde bel sich aufnehmen, sind verhalten, dit bei ihnen logierenden Personen, welche vor weniger als fünf Tagen an einem choleraverfeuchtken oder vor weniger alg zehn Tagen an einem pestver⸗
seuchten Ort gewesen sind, unverzüglich der e e rn, . oder einer von der letzteren brzelchneten Meldestelle zu Händen des mit der Ueberwachung betrauten Arztes anzuzeigen. Sie haben zu diefem Zwecke jeden aufgenommenen Fremden nach seinem Aufent⸗ haltzort währen) der letzfen fünf bezw. zehn Tage zu befragen.
Familien, bei denen Angehörige oder Befuche aus verseuchten Orten angekommen sind, haben die Gesundheitspolizeibehõrde eben · falls ohne Zögern hiervon in Kenntniß zu setzen.
Personen, welche vor weniger als fünf Tagen einen sholera—⸗
verseuchten oder vor weniger als zehn Tagen einen pestverseuchten Drt verlassen haben, sind verpflichtet, sofocrt nach ihrer Ankunft an einem Aufenthaltgorte dem Logzisgeber biervon Mittheilung ju machen und, wenn sie vor Ablauf der fünf ⸗ bejw. zehntägigen Ueberwachungs⸗ . weiterreisen, dem überwachenden Arzt das nächste Reiseziel an⸗ zugeben. Auf den Bahnhöfen und Stationen, sowie in den Gasthaus zimmern sollen Plakate angebracht werden, welche neben der be⸗ treffenden Vorschelft mit der Strafandrohung auch die Versiherung enthalten, daß dem aus einem inftnierten Orte kommenden gesunden Ressenden auß seinen wahrbeitsgetreuen Angaben keinerlei Beschränkung der freien Bewegung erwachse.
Von der Einfuhr aus einem verseuchten Bezirk sind ausgeschlossen folgende Waaren und Gegenstände;
1) Gebrauchte Leib K, Kleldungsstůcke (pers
ebrauchte Leibwäsche und getragene Kleidungsstäcke (persön-= liche Effekten); benutztes Bettzeug.
Wenn diese Gegenstände indessen als Reisegepäck oder infolge eines Wohnungswechsels als Ueberstedelungseffekten (Umzugsgut) be— fördert werden, so unterliegen sie der Revision bezw. Desinfektion.
2) Hadern und Lampen.
Hiervon sind aber ausgenommen:
a. Lumpen, welche, durch hydraulische Kraft komprimiert, in mit Gisenbändern umschnürten Ballen als Waare für den Großhandel zur Beförderung gelangen, wenn die betreffenden Ballen Ursprungs marken und Nummern tragen, die von der Bundesbebörde anerkannt worden sind;
b. neue Abfälle, welche direkt aus Spinnereien, Webereien, Kon⸗ feltiongwerkstätten oder Bleichereien kommen, ebenso Kunstwolle (Shoddy) und neue Papierschnitzel.
) Bei Pest.
1) Gleich Ziff. J bei Cholera;
25 Hadern und Lumpen ohne irgend eine Ausnahme;
3) benutzte Säcke, alte Teppiche und gebrauchte Stickereien;
4) rohe Häute und Felle, mit Ausnahme der vollständig ge⸗ trockneten;
o) frische thierische Abfälle, Blasen und Gedärme, Klauen, Hufe, rohe Hörner, Thierhaare, Borsten und rohe Wolle;
6) Menschenhaare. ö
Der Bundegrath behält sich vor, die vorstehende Liste abzuändern, wenn die Umstände es erfordern.
Das eidgenössische Vepartement des Innern kann ausnahmtweise die Cinfuhr verbolener Wagren und Gegenstände gestatten, unter An⸗ ordnung der nothwendigen Desinfektions maßnahmen.
Auch die Durchfuhr der vorstehend genannten, aus einem ver- seuchten Beiirk stammen den Waaren und Gegenstände durch die Schweiz ist verboten, mit Ausnahme der Fälle, wo diese Objekte der⸗ art verpackt und eingehüllt sind, daß sie unterwegs nicht angefaßt oder berührt werden können, und wenn außerdem der Nachweis vorliegt, daß die fraglichen Sendungen von dem betreffenden Nachbarstaat nicht zurückgewiesen werden.
Bas Gin. und Durchfuhrverbot bezieht sich nicht auf Sendungen, welche nachweislich fünf Tage vor Beginn der Cholera. Epidemie oder dem Auftreten des ersten Pestfalls den infizierten Bezick verlassen oder welche, aug einem nicht verseuchten Gebiet stammend, den, ver= seuchten Bezirk so transitiert haben, daß unterwegs eine Berührung mit Cholera. oder Peftkranken, mit Entleerungen und Absonderungen solcher ader mit infizierten Gegenständen nicht hat stattfinden können (Transport in plombierten Wagen, in zugelötheten Blechkasten, in gut verschlossenen, soliden Kisten ꝛc..
Wenn überseeische Länder oder Theile solcher als verseucht er⸗ klärt find, so ist der Zollbehörde für sämmtliche überseeischen Sen ⸗ dungen, welche Gegenstände der bezeichneten Art enthalten, die Pro⸗ denlenz durch ein auf Grund der Schiffspapiere von der zuständigen europaischen Hafenbehörde ausgestelltes Ursprungszeugniß nach juweisen.
Alle äberfeeischen Sendungen der genannten Art, für welche dieses Ursprungszeugniß nicht beigebracht wird, unterliegen den für infektions verdächtige Waaren vorgeschriebenen Maßnahmen, mit Aus⸗ nahme der jenigen Fälle, wo aus den Begleitpapieren, auß der Natur der Verpackung oder aus besonseren Zeichen mit Sicherheit geschlossen . kann, daß es sich um Sendungen aus seuchefreien Bezirken
andelt.
Giner sanitären Revision sind zu unterwerfen:
a. das Reisegepäck, welches die aus einem verseuchten Orte kommenden Reisenden mit sich führen (Handgepäck und Passagiergut);
b. die als Eil⸗ oder Frachtgut oder als Fahrpostsück spedierten versönlichen Effekten oder Ueberstedelungsgegenstände (Umzugsgut), welche auz einem für verseucht erklärten Bezirk stammen.
Die vorgefundenen Gegenstände (schautzige Wäsche, getragene Kleidungsstäͤck', benutztes Bertjeug u. dal. welche nach Ansicht des mit der Revision betrauten Arztes oder Sanitätsbeamten infektions⸗ verdächtig sind, müssen desinfiziert werden.
Ueber die ftattgefundene Reoiston und Desinfeltion ist eine Be— scheinigung auszust-llen, welch dem Eigenthümer des Reisegepãcks übergeben oder den Begleitpapieren der betreffenden Sendung bei⸗ geheftet wird.
Die vorstebend unter Litt. b aufgeführten Sendungen von per- sönlichen oder Üebersiedlungzeffekten dürfen nur über die vom Bundes. rath bezeichneten Grenzjolläm ter eingehen. Wenn indessen am Bestim mungs ort eine Zollabfertigungsstelle und die nöthigen Des. infektiongeinrichtungen vorhanden sind, so können solche Sendungen von jedem Grenzzollamt aus unter Zollverschluß dahin instradiert werden.
Der Bundesrath wird die Ortschaften, welche diesen Anforderungen entsprechen, namhaft machen.
Bie fanitäre Kevision und die eventuell als nöthig erachtete Desinfektion hat der jollamtlichen Behandlung dieser Sendungen doranzugehen und wird von der Gesundheitspoltzeibehörde des Ortes, wo sich die betreff:nde Grenz ⸗ oder interne Zollabfertigungsstelle be⸗ findet, angeordnet. Die Zollbehörde ist verpflichtet, der Gesundheits⸗ polizetbehörde unverzüglich die Ankunft von Sendungen der genannten Art anzuzeigen.
Pas Gepäck von cholera oder pestkranken Reisenden üst unter allen Umständen zu desinftzteren. Auf der näm- lichen Kranken. Uebergabestation, wo der betreffende Passagler angehalten wird, soll auch sein Gepäck ausgeladen und der zustaͤndigen Gesundheits⸗ pollzeibehörde zur Desinfektion übergeben werden.
Wenn in Erfahrung gebracht wird, daß der Kranke irgend wohin Gepäck vorausgesandt hat, so ist die Gesundhettspoltzeibehörde des betreffenden Orteg davon zu benachrichtigen, damit dieselbe auch hin⸗ sichtlich dieses Gepäcks die nöthigen Vorkehrungen treffen kann.
Im Ferneren sollen alle von der Gin und Durchfuhr aus⸗ geschsosfenen Waaren und Gegenstände, falls sie entgegen dem Verbot eingeführt worden sind, auf Kosten des Eigenthümers desinfiziert oder, wenn dies nicht möglich oder nicht thunlig ist, verbrannt werden.
Eine Entschädigung wird in diesem Falle nicht geleistet.
Sendungen von anderen Waaren und Gegenständen als den ge⸗ nannten dürfen und follen der Desinfektion nur unterworfen werden, wenn diefelben infettionsverdächtig sind.
Niederlande.
Der Königlich niederländische Minister des Innern hat in An betracht des Auftretens der 7. in Rio de Janeiro mittels Ver ordnung vom 16. d. M. verfügt;
1) Rio de Janeiro wird als von der Pest verseucht erklärt; 2 die Beobachtungesrist für verdächtige Schiffe wird auf zehn
Tage festgesetzt.