1900 / 40 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Feb 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Ausführungegesetzeg ju dem Gesetz über die freiwillige Gerich i g⸗ barkeit hier geprüft werden sollen auf ihre Uebereinstimmung mit dem letzteren Reichsgesetz. Ich babe das schon deshalb nicht entnehmen können, weil die Herren sich korrekter Weise in der Haupt sache nur mit dem Gegenstande der Interpellation, dem 5 187 des Gerichte verfassungsgesetzes, beschäftigt haben. Ich stehe aber garnicht an, dem Herrn Abg. Roeren auch bezüglich des Gesetzes über die frei⸗ willige Gerichtsbarkeit Antwort zu geben.

Ich erkenne nochmals, wenn der Herr Abg. Roeren in dieser Benehung Zweifel hat, ausdrücklich an, daß das hohe Haus befugt ist zu prüfen, ob das preußische Ausführungsgesetz um Reichs gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit in Einklang steht mit letzterem. Diese Befugniß ist zweifellos. Aber ich bestreite, daß ein Wider⸗ spruch zwischen beiden besteht und ich befinde mich da im voll⸗ ständigen Gegensatz zu dem Herrn Abgeordneten ich bestreite, daß die Motive, die bei einzelnen Herren hier im Hause maßgebend ge⸗ wesen find, als das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit berathen worden ist, Motive, die weder das ganze Haus, noch die verbündeten Regierungen sich angeeignet haben, maßgebend sein kgönnen für die Beurtheilnng der Frage, ob das Landesgesetz im Widerspruch fteht mit dem Reichsgesetz oder nicht. Unzweifelhaft hat das preußlsche Gesetz den Zweck, gewissen Mißbräuchen, die von der Anwendung der Bestimmungen des Reichsgesetzes unter Umständen erwartet werden können, einen Riegel vorzuschieben (sehr richtig! recht, und das preußische Gesetz ist zweifellos kompetent, einer mißbräuchlichen Anwendung dieser Bestimmung ent⸗ gegensutreten. Es steht ihm nicht zu, die ordnungsmäßige Anwendung des Gesetzes im Sinne von Bundesrath und Reichstag zu verhindern; wohl aber darf es Mißbräuchen entgegentreten mit Bestimmungen, die auf einem Gebiete liegen, auf dem zur Zeit die Kompetenz der Landesgesetzgebung noch unbeschränkt ist. Und das trifft in diesem Falle zu. Denn niemand, auch der Herr Abg. Roeren nicht, beftreitet, daß zur Zeit die preußische Gesetzgebung kompetent ift, die Gebührenfrage auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu regeln.

Nun hat der Herr Abgeordnete mit dem Brustton der Ueberzeugung von dem Halatismus gesprochen und von der Nothwendigkeit. politische Tagesströmungen der Rechtspflege und Gesetzgebung fernzuhalten. Ich bin dem Hakatismus vollstãndig fremd, und der Herr Abgeordnete wird mir glauben, daß ich ebenso sebr wie er die Nothwendigkeit anerkenne, politische Tages strõmungen der Rechtsordnung fernzuhalten. Wenn er das so lebhaft betont, so folgt daraus noch lange nicht, daß die verbündeten Regierungen nicht in gleicher Weise von dieser Nothwendigkeit durchdrungen sind. Trotzdem bin ich überzeugt, daß ein Widerspruch zwischen den preußischen Bestimmungen über die Gebübrenpflicht und der Reichs⸗ gesetzgebung nicht besteht. Ich habe auch keinen Zweifel, daß die verblndeten Regierungen diese meine Ansicht theilen. (Bravo! rechts und bei den Nationalliberalen)

Abg. Motty (Pole) sucht auszuführen, daß nach den von seinen Landsleuten vorgetragenen Beschwerden nur eine Abänderung des ,, , . helfen könne; seine Fraktion würde dem · nächst einen bezüglichen Gesetzentwurf einbringen.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Der von dem Herrn Abgeordneten Motty in Aucsicht geftellte Gesetzesvorschlag würde, glaube ich, auf die Zastimmung der ver . bündeten Regierungen nicht zu rechnen haben.

Die Behauptung, welche die Herren Motty und von Czarlinski aufgestellt haben, daß Unzuträglichkeiten, wie sie den Gegenstand der beutigen Verhandlung bilden, in der älteren Zeit nicht vorgekommen seien, sondern nur ein Produkt der Neuzeit wären, ist in gewissem Sinne richtig. Ich habe, als das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit verhandelt wurde, konstatieren können, daß nach den Berichten der Oberlandes— gerichts⸗Präsidenten aus den gemischtsprachlichen Bezirken vor 10, 20 Jahren kaum ein Fall vorgekommen ist, wo Leute vor Gericht erklärt hätten, sie verständen das Deutsche nicht, während sie es that⸗ sächlich doch verstanden, daß aber in den letzten Jahren dieser Fall immer häufiger geworden wäre, waz sie zurück. fübren müßten auf eine national polnische Agitation (lebhafter Widerspruch bei den Polen; Zustimmung), nach der Rich jung hin, daß die Kenntniß des Deutschen nach Möglichkeit in Abrede ju stellen sei. Wenn der Herr Abg. von Diiembowskt sogar mir eine gewisse Verantwortlichkeit zugeschoben hat dafür, daß die Praxis der Gerichte in der letzten Zeit eine strengere geworden sei auf Grund von Erklärungen, die ich hier im Reich tage gemacht bätte, so glaube ich dem bestimmt entgegentreten zu müssen. Ich glaube mich darauf berufen zu können, daß ich gerade hier im Reichstage erklärt habe, ich würde es für gewissenlos halten, wenn ein Richter in einem zweifelhaften Falle ohne sichere Unterlage für seine Ueberjeugung Leute, welche die deutsche Sprache nicht genügend verstehen, trotzdem zur Abgabe von rechtsgeschäftlichen Erklärungen und zur Verhandlung in deutscher Sprache nötbigen wollte. Ich alaube, daß diese meine Erkläͤrungen auf die Richter viel eher eingewirkt haben wird, als die Thatsachen, die ich angefübrt habe, daß allerdings viel fach junge Leute, die aus der Schule gekommen sind und 3 Jahre in deutschen Provinzen gedient hatten, dann die deutsche Sprache ver⸗ leugnen, was immer ein gewisses Mißtrauen erregen müsse.

Run, meine Herren, ist die Behauptung hier aufgestellt worden, es kämen wahrheitswidrige Verleugnungen der deutschen Sprache vor Gericht garnicht vor. Demgegenüber könnte ich eine ganje Reibe von Fällen anführen, in denen dies fest— geftellt worden ist. Ich babe das bohe Haus vorhin damit nicht aufhalten wollen, um nicht eine Polendebatte zu pro- vozieren, für die eine genügende Veranlassung nicht gegeben ist. Ich kann Ihnen aber einige solcher Fälle, die mir amtlich zur Kenntniß gekommen sind, anführen. Da ist zunächst ein Fall, wo ein Zeuge in eine Ordnungsstrafe genommen wurde wegen Verleugnung der deutschen Sprache, dann die Ermäßigung der Strafe beantragte mit der Er⸗ klärung, er habe nicht deutsch sprechen wollen. (Hört! hört! rechts. Zurufe bei den Polen) Der Betreffende hat nicht die Aufhebung der Ordnungsstrafe beantragt, sondern nur eine Herabsetzung. Ein anderer Fall: Eine Frau erklärt, sie verstehe kein Deutsch. Es wurde ihr gesagt, ihr gleichfalls vernommener Ghemann habe gut in Deutsch autzgesagt; darauf ist die Frau bereit, deutsch auszusagen und thut das in fließender Sprache.

Es liegen dann Falle vor, in denen erst das entschiedene Ver⸗ langen geftellt wurde, es möge ein Dolmetscher herbeigebolt werden;

und während eln solcher gesucht wird und nicht sogleich gefunden

werden kann, ist die Kenntniß der deutschen Sprache auf einmal vor⸗ handen. (Hört! hört! rechts und bel den Nationalliberalen. Zwischen⸗ rufe.)

In anderen Fallen haben polnische Zeugen erklärt, die Weigerung eines mit ihnen erschienenen anderen polnischen Zeugen, sich deutsch vernehmen ju lassen, berube lediglich auf Verstellung. Einmal verleugnete ein Dienst mädchen die Kenntniß der deutschen Sprache, während ihre Dienstherrin erklärte, während der ganzen Dienstzeit habe das Mädchen nur deutsch ge⸗ sprochen. (Zurufe bei den Polen und links.) Es liegt ein Fall vor, wo die Verschwägerten des Angeklagten, als dieser sich weigerte, sich deutsch vernehmen zu lassen, erklärt haben, ihr Schwager verstehe das Deutsche ganz gut.

Ich bin auch von dem Herrn Abg. Roeren mißverstanden worden, wenn er von mir gehört haben will, daß in einem Falle, wo die Mutter über die Kenntniß der deutschen Sprache ihres Jungen sich ausgesprochen hat, sie nur gesagt habe, er kann in kleinen Sätzen ganz gut deutsch sprechin. Das ist nicht richtig; die Mutter hat vorbehaltlos zugegeben, der Junge könne sich deutsch vernehmen lassen, während das Zeugniß des Lehrers den von dem Abg. Roeren angegebenen Inhalt hatte.

Run, meine Herren, wenn bisher die Verhängung von Strafen wegen Verleugnung der deutschen Sprache auf Grund des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes stattzufinden hatte, so hat es mich erstaunt, wenn der Herr Abg. von Dziembowski den Vorschlag gemacht hat, für diesen Zweck das Geltungsgebiet des groben Unfugparagraphen zu erweitern. Damit würde den Betheiligten viel weniger gedient sein.

Bezüglich der Berechtigung des Reichstages, auch die Landesgesetz⸗ gebung und die Anwendung der Gesetze in den einzelnen Bundes⸗ staaten zum Gegenstand seiner Kritik zu machen, kann ich nur voll · ftändig dem beitreten, was seitens des Herrn Staatssekretärs erklärt worden ist. Es ist ja ganz zweifellos, daß der Reichstag befugt ist, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob Landesgesetze sich mit Reichsgesetzen in Widerspruch gesetzt haben. Ich bestreite nur, daß der Fall hier vorliegt, und die Ausführungen des Herrn Abg. Roeren, so geschickt sie vom politischen Standpunkt aus sein mochten, ich glaube, eine juristische Bedeutung können sie kaum ernstlich in Anspruch nehmen; denn daß die Befugniß der Landesgesetzgebung, die Gebührenbestimmung bezüglich der nach den Vorschriften der Reicht⸗ gesetze aufunehmenden gerichtlichen Akte selbständig zu regeln, irgend · wie beschränkt sei, davon kann keine Rede sein. Wäre in der That ein Widerspruch vorhanden zwischen Reichsgesetz und Landes gesetz, dann würde auch hier der Satz gelten: Reichsrecht geht vor Landesrecht. Der Richter würde in der Lage sein, zu sagen: diele Kostenbestimmung des 8 54a ift reichsgesetzlich unzulässig. Ich kann kaum glauben, daß der Herr Abg. Roeren, wenn er wiederum als Richter auf dem Richterstuhle sitzt, eine solche Konsequenz ziehen würde.

Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode (d. kons): Der Gegenstand gebört ing preußische Abgeordnetenhaus; eine Debatte hier im Reichstage kann einen prakiischen Erfolg nicht haben. Ebenso könnte man auch baverische Angelegenheiten hier zur Sprache bringen, Materiell halte ich mit Herrn Bassermann die Aenderung des § 18? für unnzthig und den Erlaß einer Verfügung in dem angedeuteten Sinne für sehr bedenklich. Es kommt auf die Handhabung der Ge— setze an. Von seiten der polnischen Bepölterung wird den Gerichten dise Handhabung sehr erschwert. Thatsächlich leugnen vielfach die Leute vor Gericht, daß sie deutsch können; das weiß ich aus eigener Praxis. Die Leute schützen oft dem Arbeitgeber gegenüber Unkenntniß des Deutschen bor; das thun sie dann auch vor den Gerichten.

Abg. Stadthagen (Soz) erklärt, man könne nicht dem Staat das Recht geben, den Cinz'lnen zu zwingen, sich einer anderen Sorache als der Mattersprache zu bedienen; man würde ja die Meineide ins Ungemeffene vermehren, wenn man dazu in irgend einer Weise die Hand böte. Es bandele sich bei der Aussage vor Gericht nicht allein

darum, deutsch sprechen, etz handle sich noch viel mehr darum, deuisch denken zu können.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich habe in den Aussührungen des Herrn Abg. Stadthagen die sonst bei ihm gewohnte Klarheit vermißt. Ich glaube, er hat wesentliche Dinge verwechselt. Er hat fortwährend gesprochen von Verletzung der Bestimmungen des § 187 des Gerichtsverfassungsgesetzes, weil ihnen jetzt die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Aufnahme von Testamenten und die des Reichsgesetzes über die frei⸗ willige Gerichtsbarkeit, über die Aufnahme vong Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entgegenftänden. Das sind eben zwei vollständig ver schiedene Dinge. Das Geltungsgebiet des 5 187 ist das der streitigen, das Geltungsgebiet des 5 2244 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des §z 179 des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit ist das der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit. Diese Dinge also durcheinander zu mengen und daraus Folgerungen zu niehen, insbesondere die Folgerung, daß die preußische Gesetzgebung und die preußischen Gerichte sich irgendwie gegen Reichsgesetze vergingen, das ist mir unverständlich.

Auf eine Bemerkung des Abg. Roeren erklärt der

Staatssekretär des Reichs⸗-Justizamts Dr. Nieberding:

Ich babe nicht gesagt, daß bei der Prüfung einer Bestimmung der Landesgesetzgebung bezüglich ihrer Uebereinstimmung mit der Reichagesetzgebung nicht Rüdsicht zu nehmen sei auf die Motive, die den Reichstag bei der Beschlußfassung über das Reichsgesetz bestimmt haben, sondern ich habe gesagt, daß nicht entscheidend sein könnten die Motive, die bei der Abstimmung einzelner Fraktionen maßgebend ge— wesen seien. Wenn der Herr Abg. Roeren in diesem Sinne meine Worte aufgefaßt hätte, würde er sich, glaube ich, die Erwiderung, die er mir gegeben hat, erspart haben.

Nachdem der Abg. von Dziembows ki⸗Pomian auf die Ausführungen vom Bundesrathstisch erwidert hat, wird dieser Gegenstanðd verlassen.

Die Berathung des Antrags Kopsch, betreffend die Fort⸗ dauer des Mandats des in Konkurs gerathenen Abg. Jacobsen, wird auf Antrag des Abg. Bassermann vertagt. Damit ist die Tagesordnung erledigt. .

Schluß gegen Hi Uhr. Nächste 5 Dienstag 1 Uhr. (Drilte Lesung der Vorlage, betreffend die Freund⸗ de, . mit Tonga, Samoa und Sansibar; Fortsetzung

er Etatsberathung: Schutzgebiete ꝛc.)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

22. Sitzung vom 12. Febcuar 1900, 11 Uhr.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗-Etats für 1900 wird beim Etat der direkten Steuern fortgesetzt.

Die Einnahme aus der Einkommensteuer ist uf 169 Millionen Mark veranschlagt, d. s. 14 Millionen . mehr als im Vorjahre.

Abg. von Eynern ul.); aus, daß der Verhandlung thellzunehmen. Ich habe s. Z. den Grundzügen Finkommensteuergesetze mit der Deklaration zugestimmt, aber leit die Befürchtung auggesprochen, daß die Deklaration Mißstände u Sig. haben word, und damals auf die Steuerpolitik Friedrichz ö.

roßen hingewiesen Von den 402900 Stenererllaͤrunge des letzten Jahres sind 120 894 beanstand't worden. Wie mi auf die Steuẽczahler, welche nach bestem Wissen und Gewissen . Deklaratson abgeben, die Beanstandung wirken? Im Jahre 153 haben die 145 500 erfolgreichen Beanstandungen für die Stagtgtkasf 7,3 Millionen Mark Mehreinnahmen ergeben, das macht 44 0so der Gesammteinnahme aus. Im Durchschnitt kommen davon auf den a mn 48 S6, das bedeutet etwa eine Eihöhung um eine Steuer,

afe. Die melsten Zenstten lassen sich die Echöhung ruhig gefallen weil sie sich nicht in ihre Verhältniss- hineinblicken lafen wollen. Ver neue Erlaß des Finanz- Ptinisters über das Var, fahren zur Aufklärung der Verhaltnisse hei den Bean tand ungen ist vielfach mißverstanden worden. Gin Zensit hatte im letzle Jahre mehr deklarlert als im vorhergehenden Jahre und grbielt dalanj die allerfchärfste Anfrage über die Veränderung seiner Einkommenz, verhältnisse; unter anderem wurde gefragt, ob er seine Werth vapser in spekulativer Aosicht gekauft babe, zu welchem Preise er Werth, papiere gekauft und verkauft habe. Und dese Anftagen stan den auf einem gedruckten Formular. Ein anderer Zensit erhielt die Anfrage wieviel er aus seiner Geschäftstafse für seinen persönlichen Bedarf ent. nehme, für Schulgeld, Badereisen, Gesellschaften, Geschenke, Taschen gelhe Dag heißt doch, dem Zensiten die Seele aus dem Leibe ziehen. Ein Beamter eines Privatbanqutertd erbielt die Anfrage: „Ist Ihwen aug Anlaß Ihrts fünfundzwanzigsährigen Jubiläums keine besonderr Gratifikation gejahlt worden? Dieselbe ist nach dem drei sährigen Burchschnitt zu berechnen Ein Beamter ein es anderen Banquiers, der über Mitiag arbeitet, wurde gefragt: . Wieniel Frübstücksgelder bekommen Sie ?. Der Finanz⸗Minister hat den Sieuerfanatikrn überall einen Hemmschuh anzulegen versucht und sollte nun sein eigen 3 Vertrauen, daß der preußische Staatsbürger auf Ehre und Gewissen seine Steuerangaben macht, auch bei leinen Beamten zur Anerkennung bringen. Lieber ein paar Millionen weniger als ein solches Vorgehen! Einem Steuerschutzverein, der den Zensiien bei ihren Berlarationen hehilflich sein, die Prozesse für sie führen und das Finanz. Ministerium über solche Steuerpvorkommnisse, wie die an⸗ geführten, unterrichten würde, dürfte auch der Finanz ⸗Minister bel⸗ kreten. Der Minister des Innern will das Volt glücklich und ͤu— frleden machen. Beim Finanz- Minister wird er an esichts dieser Steuerrellarationen auf keine Unlerstützung zu rechnen haben. Ueber diese Verhältaisse herrscht große Mößstimmung im Lande.

General. Direktor der dirckten Steuern Burghart; Ich boff, daß der Finanz⸗Minister in einigen Tagen waeeder an der Ver handlung wird theilnehmen können. Der Abg. bon Eynern war immer einer der hartnäckigsten Gegner der Steuerreform und hat dies auch schon bei der ersten Lesung des diesjährigen Etats ausgeführt. Auf alle Ginzelheiten des Vorredners tann ich nicht eingehen. Wenn dit Steuerkommissionen über ihre B fugnifse hinausgehen, warum beschweren sich die davon Beiroffenen nicht denn das Gese bietet doch Handhaben daun , warum gehen sie nicht bis vor das Dber⸗Verwaltungsgericht? Die Zential⸗ verwaltung ist nicht in der Lage, der Veranlagungs⸗Kommisston ju fagen: Du mußt den Zensiten so und so hoch besteuern. Wag nun die Zirkularverfügung vom Oktober o. J. anlangt, so sind die Bean standungen ein sehr unange gehmes Digg nicht nur für den Zensiten, sondern auch für die Veranlagungs Kommisston. Ich have schon 1834 im Landtage ausgeführt, daß die Zeit der Steuerdeklaranon noch nicht gekommen sei, und die preußische Gesetzgebung hat 8 damals noch ablehnend gegen die Steuerdetlaration verhalten. ie Veklaration“ ist eben ein höchst jweischneidiges Schwert. Die Ver. waliung bemüht sich, daß dieser U belstand, möglichst wenig zur Gel⸗ tung kommt. Die Veranlagungs - Kocnmissionen sollen sich zu nächst ian freundschaftlicher Weise mit den Zensiten in Verbindung scen und nicht gleich formell beanstanden. Pie Zersilen wollen aber keine un nöthigen Schreibereien haben, sondern sofort wissen, warum ihre An⸗ gaben beanstandet werden. Vie weiteren Ausführungen des Redner bleiben wegen der zunehmenden Unruhe des Hauses auf de— Tribüne unverständlich. . :

Auf Vorschlag des Präsidenten wird der Titel der Er— gänzungssteuer mit zur Debatte gestellt, die auf 33 Mil—⸗ lionen Mark, d. s. 1 Million Mark mehr als im Vorjahre, veranschlagt ist.

Abg. von Berg (kons.): Die Beschwerden über das Einkom men ˖ steuerg⸗ setz sind voch schon mehr und mehr geschwunden. Die Falle, welche Härr von Eynern anführte, sind nicht als typisch, sondern alt Kurlosa zu betrachten. Ich erinnere an die Scherzgeschichien, welche man von der Ober ⸗Rechnungskammer erzählt, und doch erfreut sich diese Behöcde des größten Respekts Ja diesem Jahre sind nur 27 der Steuererklärnngen beanstandet worden, im vorigen Jahre waren es noch 320,9. Aach die Zabl der Bestrafungen une ie Summe der Geidstrafen hat abgenommen. Eine Rebsion Leg & neommienstenen, gesetzes muß zu gelegenerer Zeit erfolgen, und dabei wird auch die Frage des Abzuges der Lebens versicherungtzprämien neu geregelt und die Abzugsfähigkeit der Schul dentilgungssonds eingefügt werden müssen.

Abg. Dr. Barth (fr. a. Wenn auch die oberen Begörzen bemüht sind, die Unbequemlichkeisen der Steuererklärung möglichst zu beseitigen, so haben doch die Beispiele des Derrn von Eynern den schlagenden Beweis geliefert, daß die unteren Beamten ber einem so⸗ genannten Aufklärungeverfahren, namentlich in Gerlin, es an dem nöthigen Takt und Verständniß sehlen lassen. Diese Fälle können nicht nur als Kuriosa angesehen, werden. Zunachst muß festgestellt werden, ob der Zensit über die seoc ber— wickelten Bestimmungen des Gesetzes genügend orientiert sst. Wenn der ZJensit über alle seine Operationen während dei letzten drei Jahre Auskunft geben soll, so geht dies über das Mogliche hinaus. Böéjonders schwie ig liegt immer die Frage deg Spetulanond⸗ gewinns. Ein Zensit hatte ein Spetulgtioaspapter gekauft, um einen Bewinn damit zu machen, später anderte er seine Vteinung und der kaufle das Papier mit Verlust; er fragte mich, ob er den Berlust abziehen kann. Ich verneinte dies. Solche Fälle zeigen, wie schwer es ist, Spekulationggewinne zu berechnen.

Genlral. Piretrrl' der direkten Steuern Burghart; Das Auf, klärungsverfahren ist sehr delilater Natur, und die Schwierigkeiten liegen in der Sache selbst. Wir bemühen uns fortgesetzt, nach den hier gegebenen Anregungen zu bessern.

Abg. Schmitz. Důffeldorf (Zenit): Die frühere Steuer wirltt ungerecht, und ich bin deshalb ein warmer Freund der Steuerreform; nur besguere ich, daß der Immobiliarbesitz nicht die Entlastung er⸗ fahren hat, welche er beanspruchen kann, Die Besteuerung der Ver⸗ mögen über 105 600 M hätte man auf oh statt auf 40/0 sest e sollen, um die kleineren Vermögen entlasten zu können. Die Zah der Beanstandungen hat sich ja vermindert, ohne Beanstandungen kommen wir nie aus. Hie Beschwerden richten sich nicht gegen den Finanz. Minister; die Behörden werden aus diesen Hebatz; hoffenilich Belehrung ziehen. Daß ein Kaufmann die Bücher, die ihm unentbehrlich sind, einsenden soll, kann doch nicht verlangt werden, und dag Gefetz' verlangt eg auch nicht. Die Abzugsfähigkeit der Tilgungsquoten muß gesetzlich eingeführt werden, ö

Geheimer gr e ee, en allach: Die Abzugsfähigkeit . Amortisatione quoten kann allerdings nur ,. elne? Repision d Hesetzeg eingeführt werden; sie ist eine reine Nechtsfrage, und . Bber. Verwaltungsgericht hat diese Abzugsfähigkeit nach dem jtzige Stand der Gesetzgebung verneint.

(Schluß in der Zweiten Bellage.)

Ich spreche zunächst mein Bedauem

inanzMinister verhindert ist, an der heutig

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zun Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preuß

Zweite Beilage

Berlin, Dienstag, den 13. Februar

chen Staats⸗Anzeiger.

1900.

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(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Aöyg. Dr. van der Bor ght (al); Die Regierung lang den J ranlagunge kommissionen allerdiags nicht die Art der Veranlagung . jeden Zensiten vorschreiben, aber sie kann sie veranlassen, das . nach seinem Geiste anzumenden. Wie die Verständigung mit 8 Jersiten herbeigeführt wird, zeigen doch die Beispiele des Herrn den Bynern; die Fragen erstrecken sich dabei nicht allein auf That⸗ ien sondern sogar auf Äbsichten. Wenn man die Zahl der Fille . Verständigung mit hinjutteht, Jo sind nicht ZH oo, sondern aber Il Yo der Steuererklärungen im letzten Jahre beanstagzet worhen, . ist ein ganr geringer Fortschritt gegen das Vorjahr. In manchen Beziken kommen s mir sogar auf über 40 69. Sind, denn n diesen Bezirken dre Steuerzahler besonders unehrlich, oder liegt etz chr vielmehr an den Steuer behörden? Allerdings sind 79, 7 0s9 der Beanstandungen erfolgreich gewesen, aber dann bleiben immer noch 30 3 0so ungerechtfertigter Beanstandungen. Es wäre zu bedauern, wenn die sonst segensreiche Steuerreform durch den Uebereifer unterer DOtgan⸗ diskreditiert würde, . . . bg. von Knapp (al.) wünscht eine Theilung des Steuer⸗ beꝛirks Flberfeld. Barmen in zwei Benirle J Abg. von Gynern macht einig⸗ Ginwendungen gegen die Aus— führungen des General Direktorg der direkten Steuern und hebt noch⸗ mals hervor, daß dat sich aus den vielen Räckfragen ergebende Miß⸗ trauen in die Ghrlichkeit der Steuertahler Mißstimmung erregen muüsse. Die Titel der Einkommen und der Ergãnzungssteuer werden bewilligt, ebenso der Rest des Etats der direkten

Steuern. .

Beim Etat der indirekten Steuern, und zwar bei der Einnahme uus der Stempelsteuer, welche auf 3 Millionen, d. s. ö Mark mehr als im Vorjahre,

agt ist, ma ! .

. . e,. sfr. kon) darauf aufmerksam, daß die Stempel; einndkme aus Mieth. und Hachtoertragen bedeutend gest egen sei⸗ weil nicht mehr so viele Hinterziehungen möglich seien wie früher, bemängert

aber die bäareaukratische Art der Erbebung dieses Stempels mittels

der neuen Formulare, welche die Hausbesigzer auszufüllen hätten, und ie mehr Schreibarbeit verursachten als die alten Formulare.

Geheimer Ober · Finanzrath Hummel setzt im einzelnen die technischen Gründe auseinander, welche das neue Formular nötbig ge macht bätten; so sei die Aagabe des Datums der Mieths oertrãge J. B. wegen der Vergleichung mit den Miethsverzeichnissen des Vor⸗ abres behufs Kontrole nothwendig. . ö ö

Abg. Dr. Arendt wänlcht, daß nur in zweifelhaften Fällen zur Kontrole die Mietkskontrakte selbst vorgelegt werden sollen.

Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Zoll- und Steuer—

e,. rpg hang beg rich er die Verhältnisse der einzelnen Kategorien von Zoll und Steuerbeamten, deren Verbesserung er wunscht.

Beheimer Finanzratk Enke erkenat an, daß die mittleren Zoll und Steuerbeamten in keiner günstigen Lage seien, und spricht die Heffnung aus, daß in . Jahren die Anstellun asverhältnisse

! ' k d en.

, i. Volks.) bemerkt. daß die Amts diener in der Verwaltung der indirekten Steuern schlechter gestellt seien, als die Lutsdiener der Provinzial ˖ Steuerverwaltungen

Febeimer Finanzrath Enke weist auf velck diese Beamten erhalten.

Der Etat der indirekten Steuern wird bewilligt.

Es folgt die erste Lesung der Entwürfe einer Hohen⸗ zollernschen Gemeindeordnung, eines Gesetzes, betreffend die Abänderung und Ergänzung der Hohenzollernschen Amts⸗ und Landesordnung, sowie eines Gesetzes, betreffend die Aen⸗ derung des Verfahrens für die Wahlen zum Hause der Ab⸗ geordneten in den Hohenzollernschen Landen.

Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Um dem hoben Hause das Eindringen in diese etas schwierige und eigenartig gelagerte Materie zu erleichtern, bitte ich um die Erlaubniß, kurz die Gesichtspunkte darlegen zu dürfen, die Kür die Ihnen unterbreiteten Vorlagen maßgebend gewesen sind.

Es handelt sich um eine Vorlage, die ein rãumlich nur begrenztes Anwendung zebiet hat, die Fũrstenthũmer Dohenzollern, für diese aber von grundlegender und weittragender Bedeutung ist. Ein Gebiets heil wie diese Fürstentbümer mit eigenen wirthschaftlichen und soꝛialen Verhältnissen, einer eigenen Vergangenheit, in deren Verlauf die Fürsten in selbstleser Hingase an das größere allgemeine Interesse, an das große Vaterland auf ihre eigene Souverãnetãt verzick et haben, erfordert eine eingehende Prüfung dieser Verbältnisse und pflegliche Bebandlung ihrer Interessen. Es ist infolge dessen der im Deiember v. J. veisammelt gewesene Kommunal ⸗Laadtaz der Furstenthümer mit der Vorberathung dieses Gesetzentwurfs betraut gewesen. Ueber alle Punkte hat eine eingebende Verhandlung stattgefunden, und es ist im wesentlichen bis auf einen Punkt, auf den ich nachher zu sprechen kommen werde, eine Uebereinstimmung des Kommunal ˖ Landtages mit der Vorlage erzielt worden. Wir haben in einigen Punkten den Wüunschen des Kommunal⸗Landtages Rechnang getragen, und darauf hin ist die Vorlage, wie sie hier vorliegt, arsgearbeitet worden.

Der springende Puakt der gamen Sache ist die erste Vorlage wegen Abänderung der Hobenzollernschen Gemeindeordnung. .

Die Grundlagen für die Gemeindeverwaltung in doheniollern stammen aus den dreißiger und vierniger Jahren, sind in dem ande selbst verschieden gestaltet, sind zum tbeil sebr lückenhaft, jum theil durch die neuere Gesetz zebung überholt und nicht mehr den gegen wärtigen Bedürfnissea entsprechend. Nach einer Richtung bat sich in besonderem Maß eine Reformbedürfligkeit ergeben. Die Hohen⸗ lollernsche Gemeindeverfassung basiert auf dem Bürgerrecht der Art, daß nur diejenigen an der Gemeindeperwaltung wie an den Gemeinde⸗ nußzungen tbeilzunthmen berechtigt sind, die als Bürzer i be· trichten sind, und das Bürgerrecht resultiert entweder aus der Geburt oder aus einer besonderen Aufnabme, die im allgemeinen nur gegen Eilegung eines bestimmten Eintrittsgeldes erfolgt. . Eine solche enge Beschtänkung des Bürgerrechts war angãrgig, so lange die Fürstentbümer in ibrer Isoliertbeit, in ibrer Abgeschlossen. beit bebarrten. Mit dem Eintritt der Freizügigkeit, mit der Ent. wicklung unserer Verkehrs verbältnisse, der Eisenbabnen u. s. w. verlor diese Basis ihre Zweck mäßigkelt und die Möglichkeit ihrer ferneren Anwendung. Es sind auf Grund der gedachten Umstãnde eine große An ahl don Personen in den Fürstentbümern ansässig geworden, die mit Recht

nach ihrer Thätigkeit, nach ihrer Bedeutung auch eine Antheilnahme am kommunalen Leben beanspruchen können, aus den erwähnten Grün⸗ den eines solchen Rechts aber nicht theilhaftig geworden sind. Aus den Beilagen, die der Vorlage mitgegeben sind, will ich nur wenige Daten mittheilen. Es sind beispielsweise in der Stadt Hechingen gegenwärtig nur 213 Bürger wahlberechtigt, während 354 hinzutreten werden, wenn die Vorlage, wie sie Ihrer Berathunz unterbreitet ist, Gesetz wird. In der Stadt Sigmaringen sind nur 440 Bürger wahlberechtigt, nicht dagegen 380. Diese Verhältnisse erfordern, daß wir den Schritt thun, den die Landgemeindeordnung gethan hat, nämlich, daß wir die Bürgergemeinde in die Einwohnergemeinde um⸗ wandeln, daß wir allen denjenigen ein Recht der Theil nahme an der Gemeindeverwaltung und Gemeindenutzung geben, die auf Grund ihres Wohnsitzes, ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde, auch ein Interesse an der Gemeinde haben und an ihren Rechten, wie an ihren Pflichten theilzunehmen berufen sind.

Meine Herren, wird so die Basis des Wahlrechts erweitert, daß alle, die einen zweijährigen Wohnsitz dort haben und mehr als 660 6 Einkommen haben, des Wahlrechts theilhaftig werden, so ist es nicht mehr mögllch, die bisherige Verfassung der Fürstenthümer in der Hinsicht aufrecht zu erhalten, daß die Gemeindevertretung aus allgemeinen Wahlen hervorgeht. Bisher wurde die Gemeinde⸗ vertretung allgemein und ohne jede Klasseneintheilung von allen Wahl⸗ berechtigten gewählt. Wenn die Basis des Wahlrechts in der Weise ausgedehnt wird, wie ich mir anzugeben erlaubt habe, muß in der Beziehung der gleiche Schritt gethan werden, den wir in der östlichen Landgemeindeordnung gethan haben, indem wir zum Dreiklassenwahl⸗ recht übergingen. Wir würden fürchten, auf die Dauer zu einer allzu demokratischen Gestaltung der Landgemelndeverfassung zu kommen, wenn die Gemeindeverordneten nach wie vor von der Allgemeinheit der Wahlberechtigten gewählt würden, statt daß eine solche Modi⸗ fizierung nach Maßgabe des Klassensystems eintritt. Das ist auch deshalb nothwendig, weil nach der Vorlage und einer ferneren, die Ihnen aus einem anderen Ressort unterbreitet werden wird, die Absicht besteht, sowohl auf dem Staatesteuer wie Kommunalsteuer⸗ gebiete die Gesetzgebung, die sonst in der Monarchie herrscht, auch in Hohenzollern einzuführen, das Einkommensteuergesetz und das Kom⸗ munalabgabengesetz.

Wenn auf diese Weise die Steuerleistungen des Einzelnen diffe⸗ cenziert werden, wenn dieselben theilweise erheblich erhöht werden, so ist es nothwendig, diesen erheblich stärkeren Lasten entsprechend, die Rechte ab ustufen und nicht mehr gleichmãßig ohne jede Unterscheidung ein gleihes Wahlrecht einzurãumen, sondern auch hier ein nach drei Klassen abstufendes Wahlrecht zur Einführung zu bringen.

Wir haben nun eine Modifikation gegenüber der altländischen Gesetzgebung vorgesehen. Die hohenzollernschen Verhältnisse ähneln in vielen Beziehungen mehr denen der benachbarten süddeutschen Staaten, insbesondere denen des Großherzogthums Baden, als den Verhältnissen unserer norddeutschen Staaten; es ist infolge dessen vorgesehen, daz Dreiklasfensystem in ähnlicher Weise auszugestalten wie in Bader, nämlich derart, daß nicht die Steuersumme allein maß⸗ gebend sein soll, sondern auch eine bestimmte Quote der Wahlberech⸗ tigten, daß also bei Gemeinden mit mehr als als 2000 Einwohnern in der ersten Klasse die Höchstbesteuerten und zugleich / der Wahl⸗ berechtigten, in der zweiten die Mittelbesteuerten und zugleich “0 der⸗ selben, in der dritten die Niederstbesteuerten und zugleich S/, bei Ge⸗ meinden bis zu 2000 Einwohnern in der ersten Klasse entsprechend ! / s in der zweiten 2 s, in der dritten Klasse 3/8 der Wahlberechtigten stimmen. Eine solche Regelung läßt sich nur in kleinen und gleich⸗

Hohenzollern haben; es würde unmöglich sein, einen solchen Maßstab auf das ganje Kommunalwahlsystem in unserem Vaterlande aut⸗ zudehnen. Ueberall, wo die Verhältnisse schnell wechleln, wo Ver⸗ schiebungen eintreten, würde ein solche Fixierung der Quote der Wahlberechtigten unmöglich sein.

Nun komme ich zu einem andern Punkte, der der hauvxtumstrittene ist, und in dem wir uns der Zustimmung des Votams des Kommunal⸗ landtages nicht zu erfreuen haben, das ist die Frage der Wahl des Bürgermeisters. Wie die Gemeindevertretung, so wurde auch der Bürgermeister in Hohenzollern einfach auf Grund allgemeiner Wahlen gewählt, während die Vorlage Ihnen vorschläzt, die Wahl des Büärgermeisters in die Hand der Gemeindevertretung lu legen. Ich muß entschieden Werth darauf legen, daß in dieser Beniehung die Vorlage beibebalten und dem Wunsche auf Wahl des Bürgermeisters durch die Allgemeinheit der Wähler nicht entsprochen wird. Einmal würde letzteres eine Abweichung von dem ganzen System sein, welchez sonst in der Land gemeindeordnung besteht, und es würde eine Inkonsequen bedeuten, die Gerneindevertretung eimiufübren, aber ihr das wichtigste Recht, die Wahl des Bürgermeisters, zu nehmen. (Sehr richtig! rechts) Vor allem aber, meine Herren, wenn die Herren in Hohenjollern wünschen, den Bürgermeister nach wie or aus all zemeinen Wahlen hervorgehen zu lassen, so denken sie an ihre gegenwärtigen, sehr erfreulichen und ziemlich gleichmãßigen Ver hãltnisse. Allein, wenn man ein Gesetz macht, wie das vorliegende, so muß man auch in die Zakunft blicken, muß nit der Möglichkeit von Verschie⸗ zungen rechnen, daran denken, daß sich dort auch eine Jndustrie mit industrielle⸗ Arbeiterschaft ctablieren kann, wie wir Anfänge dazu schon in der Stadt Hechingen haben, kurjum, daß erheblich weitere und anders geartete Bevölkerungaschichten hinzutreten, als wir sie gegenwärtig in ohenzollern sehen.

. Ist ö . der Fall, so scheint es mir bedenklich, die wicht igste Aufgabe der Gemeinde, die Wahl eines zuverlãssigen, die Geschãfte oronungs mäßig führenden Chefs in die Hand der breiten Wäblermassen zu legen. Das kann nur dahin führen, daß alle mõaglicen ver sõnlichen Einflüsse von größerem Belang sind als die sachlichen Interessen. Wir haben also das dringliche Interesse, daß in der Person des Bütrger⸗ meisters der geeignetste Mann die Geschäfte der Gemeinde zu führen berufen wird, und daß deswegen auch eine Form des Wahlmodus ge⸗

wählt werde, bei dem einigermaßen die Bürgschaft besteht, daß in der

liegenden Verhältnissen vornehmen, wie wir sie im allgemeinen in

Meine Herren, damit hinsichtlich der Reform des

zollernschen Landen nach vie

geregelt.

Institut einer Ehesteuer, di

Rechtszustand haben, daß d

wirthschaftlich ein großer

das Land bei der großen groger Bedeutung ist.

faßt 5000 ha, sodaß also entfallen.

Lebenshaltung, die Erhal

nicht nöthigte, sofort sein

schaftlichen Bedeutung sũt

die Bevölkerung wie bish

auf den Inhalt der Amts⸗

Zustãndigkeitsgesetz, das L

rechtlichen Entwickelung.

gelangt, so entfällt damit

hoffen, auf dem Wege ein

Hohenzollerschen Landen ist, brauche ich nicht darzulegea. wir sind in der Allgemeinheit unseres Staats viel zu weit gegangen in der Auftheilung kieser alten Allmanden. (Sehr richtig) Sie

That der geeignetste gewählt wird und nicht jemand, für den ganz andere, nicht sachliche Rücksichten maßgebend sind⸗

Ez ist nach der Vorlage vorgesehen, daß der Bürgermeister auf 8 Jahre in Funktion treten soll. Wenn man die Wahl bes Bürger⸗ meisters durch die Allgemeinbeit zuließe, würde man den Effekt haben, daß alle 8 Jahre sich eine wilde Agitation geltend macht. Diese aus- zuschließen liegt durchaus im Interesse der Gemeinden.

glaube ich in Kürze gesagt zu haben, was Gemeindewahlrechts erforderlich ist.

In ähnlicher Weise reformbedürftig wie das Gemeinde wablrecht ist die Frage der Gemeindebesteuerung. Auch diese ist in den Hoben—

len Richtungen unvollständig und unzweck⸗

mäßig. Sie ist in dem verhältnißmäßig kleinen Lande ganz verschieden In dem Fürstenthum Hechingen werden die Gemeinde⸗ bedürfnisse ganz überwiegend durch Umlagen auf die Grund—⸗ und Gebäudesteuer gedeckt. Dagegen haben wir in Hechingen noch das schöne

e auf Gemeinderathsbeschluß vom 24. April

16587 beruht, und ferner ein Hintersass⸗ngeld, das auf der Verordnung vom 3. Februar 1826 beruht. Schon die Daten mögen Ihnen beweisen, daß es sich um Steuern handelt, die den jetzigen Grundlagen einer zweckmäßigen Besteuerung nicht mehr entsprechen. In dem Fürsten thum Sigmaringen werden ebenfalls, abzesehen von einer geringen Personalsteuer, einer Wohnungssteuer, wieder die Realsteuern zu Grunde gelegt, sodaß wir im allgemeinen in den Fürstenthümern den

ie Abgaben in erster Linie auf dem Grund⸗

besitz liegen, den kleinen Mann belasten, daß dagegen das mobile Kapital und die Dienstbezüge der Beamten durchaus nicht in ange⸗ messenem Maße herangezogen werden. gleichenden Gerechtigkeit erfordert in dieser Beziehung, den Grund und Gebäudebesitz zu entlasten und das mobile Kapital und die sonst feststehenden Beiüge mehr heranzuziehen. Daher ist es geboten, auch hier das Kommunalabgabengesetz einzufũhren.

Meine Herren, mit der Gemeindeorganisation in den Fürsten⸗ thämern hängt eng zusammen das Institut der Allmende oder. wie es in den Fürstenthümern heißt, All mande, und wir haben uns bemüht, diesez Institut, von konserpativem Geist getragen, nicht zu beseitigen, im Gegentheil zu erhalten und nur noch nach manchen Richtungen hin zeitgemãß aus jubauen. Es wäre für den Freund der germanischen Rechts- bildung durchaus betrübend, wenn er nicht mehr die Möglichkeit hätte, diese alten Theilstäcke un Ganz abgesehen von diesem mehr theoretischen Grunde, wäre es

Das Interesse der aus—⸗

seres germanischen Rechtslebens zu sehen.

Schade, wenn man dem Lande dieses alt⸗

eingewurzelte Rechtinstitut nehmen wollte, das an und füt sich für

Mehrzahl kleinbäuerlicher Besitzungen von Von den 125 Gemeinden genießen nicht

weniger als 90 Bürger Nutzungen, von den 15 000 Haushaltungen partizipieren 10 000 an denselben, und das Areal der Allmanden um⸗

auf die Hau? haltungen duichschnittlich 51 a

Meine Herren, welche außerordentliche Bedeutung das für die

tung eines kräftigen Bauernstandes in den

Ich glaube,

waren das Patrimonium des kleinbäuerlichen Besitzes, das ihm auch über schwierige wirthschaftliche Verhältnisse hinweg half, das ihm

Vieh zu verkaufen, wenn ihm trübe Tage

beschieden waren, und das, weil es dem Zigtiff der Gläubiger ent- zogen war, ihm die Möglichkeit gab, bessere Tage zu erwarten. Aus diesen allgemeinen Gründen und wegen der speziellen wirth⸗

die Hohenzollernschen Lande beabsichtigt die

Vorlage, das Institut der Allmande in Hohenzollern zu erhalten,

und will es nur in der richtigen Weise ausbauen. Sie glaubt, in

der Erhaltung dieses Jastl 13

tuts zugleich das Mittel gefunden zu haben, er in ihrer Liebe zum Grund und Boden

zu erhalten und in ihrer Liebe zur engen Heimath zu befestigen. Ich glaube, in Kürze das gesagt zu haben, was erforderlich ist

zu dem Entwurf der Gemeindeordnung, und kann mit wenigen Worten

und Lanresordnung eingehen und demnächst

auf den Entwurf wegen Aenderung des Wahlverfahrens für das aus der Abgeordneten. Die Amts⸗ und Landegordnung von 1875, in die Sprache der altlämtischen Gesetzgebung übersetzt, die reit und Provinzialordnung, ist von vornherein in mehrfacher Beztehung nur als ein Prooisorium bezeichnet worden, bis eine Gemeindeordnung zut Emanation gelangt sein würde. Wenn das jetzt beabsichtigt ist. so muß auch die Amts, und Landesordnung von 1873 in veschiedener Beziehung geandert und ergänzt werden. Sie wind auch in mannig⸗ facher Beziebung durch die moderne Gesetzgebung alteriert, namentlich durch die Novelle von 1881 zur altländischen Kreisordnung, durch das

andes oerwaltungègeset, und endlich, wie ich

schon vorhin andeutete, durch die Aenderungen auf dem Gebiete der Staats und Kemmunalsteuern, deren Reform nach dem altländischen Muster nothwendig Neuregelungen der Amts · und Landesabgaben nach sich ziehen muß. Nach diesen Richtungen ist die alte Amtk⸗ und Landesordnung in Uebereinstim mung gebracht worden mit der neuen

Wenn nun die Steuerre orm ia Hohenzollern zur Einfübrung

die bieherige Grundlage für die Dreillassen

wahlbildung bei den Wahlen zum Hause der Abgrordaeten, und es

*

wird notbwendig, das Wahländerungegesetz vom 23. Juni 1893 auf Hohenzollern mit einigen wenigen Medifikationen auszudehnen.

Ich glaube, um das Haus nicht zu ermüden, mich auf diese Be⸗ merkungen beschränken iu können. Die drei Entwürfe beiwecken, die Gesetzgebung der Hohenzollernschen Lande nach verschiedenen Richtungen hin, wo sie zurückgeblieben war, weiter zu bauen und mit den modernen Anforderungen in Einklang ju bringen. Die Vollage hat aber andererseits gesucht, von den alteingewur elten Gewobnheiten in Hobenzollern das ju konsere en, was iu erhalten we th ist. Wir

er Kombination dieser beiden Gesichtspunkte