1900 / 45 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Feb 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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abtheslungen für die Wahlen zur Gemeindevertretung nach dem Maß-

Parlamentarische Nachrichten.

Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Bildung der Wählerabtheilungen bei den Gemeindewahlen.

Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Entwarf eines Gesetzes, betreffend die Bildung der Wählerabtheilungen bei den

Gemeind: wahlen, zugegangen: ; In den Semeinden, in welchen die Bildung der Wäbler—

stabe direkter Steuern staltfindet, werden die Wähler nach den von ihnen zu entrichtenden direkten Staats⸗, Gemeinde, Kreis“, Bezirks und Provinzialsteuern in drei Abtheilungen getheilt und zwar in der Art, daß auf iede Abtbeilung ein Dritttheil der Gesammtsumme der Steuerbeträge aller Wöhler fällt.

Für jede nicht zur Staatseinkommensteuer veranlagte Person ist . Stelle dieser Steuer ein Betrag voa drei Mark zum Ansatz zu ringen. Steuern, die für Grundbesitz oder Gewerbebetrieb in einer anderen Gemeinde entrichtet werden, sowie Ste ern für die im Umh'rzieben . Gewerbe sind bei Bildung der Abtheilungen nicht an—⸗ zurechnen.

Wo direkte Gemeindesteuern nicht erhoben werden, tritt an deren Stelle die vom Staat veranlagte Grund⸗, Gebäude und Gewerbe⸗

fteuer.

§ 2. (

In den nach der jede?maligen letzten Volkszählung mehr als 10 065 Einwohner zäblenden Gemeinden sind Stimmberechtigte, deren für die Bildung der Wählerabthellungen nach S 1 maßgebender Steuer betrag den im Duichschnitt auf einen Wähler in der Gemeinde ent- fallenden Steuerbetrag übersteigt, stets der zweiten oder ersten Ab- theilung zuzuweisen. J -

Erhöht sich infolge dessen die auf die erte und zweite Abtheilung entfallende Gesammtsteuersumme, so findet die Bildung dieser Ab⸗ theilungen in der Art statt, daß von jener Summe auf die erste und zweite erb len je die Hilfte entfällt. . Eine höhere Abtheilung darf niemals mehr Wähler zählen, als

eine niedere.

53.

In den unter § 2 fallenden Gemeinden kann durch Ortsstatut bestimmt werden, ö

1) daß bei der nach § 2 erfolgenden Bildung der Wihbler⸗ abthellungen an Stelle des auf einen Wähler entfallen den durchschnitt lichen Steuerbetrags ein den Durchschnitt bis zur Hälfte desselben übersteigender Betrag tritt, z

2) daß auf die erste Wählerabthellung * /in, auf die zweite */12 und auf die dritte 312 der Gesammtsumme der im § 1 bezeichneten Steuerbeträge aller Wähler fallen, eine höhere Abtheilung aber nicht mehr Wähler zählen darf als eine .

383. .

Ortsftatute (3 3) dürfen nur im ersten, elften, einundzwanzigsten u. s. f. Jahre, und jwar entweder nach Inkrafttreten dieses Gesetzes oder, falls in der Gemeinde die Einwohnerahl erst nach dem Inkraft⸗ treten des Gesetzes über 10 009 hinausgeht, nach dem Jahre der maß gebenden Volkszählung beschlossen werden. Dieselben dürfen nur im elften, einundzwanzigsten u. s. f. Jahre nach dem Zeitpunkte ihrer Einführung abgeändert oder aufgehsben werden.

Die Einführung. Abänderung oder Aufhebung der Orts statute unterliegt der Bestätigung und jwar in Landgemeinden durch den Kreisaußschuß, in Stadtgemeinden durch den Bezirksausschuß Gegen die in erster Instanz ergehenden Beschlüsse dieser Bebörden ist die Beschwerde an den Provinzialrath zulässig. Auf die Beschwerde finden in allen Fällen die 12 und 123 des Gesetzes über die allgemeine Landes berwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 195) An⸗

wendung. .

Der ö 5 des Gesetzes, betreffend Aenderung des Wahlverfahrens, vom 29. Juni 1893 (Gesetz⸗Samml. S. 1036), wird aufgehoben. Die bestehenden gesetzlichen Vorschriften über das Gemeindewahlrecht bleiben im übrigen unberührt; insbesondere gilt dies von den Bestim⸗ mungen der . nach denen die Ausübung des Wahlrechts an die Entrichtung bestimmter Steuersätze geknüpft ift

oder i werden kann, sowie von den in §5 195 Abs. 1 bezw.

§ 21 Abs. L der Städte bejw. Landgemeinde Ordnung für die Pro⸗ vinz Hessen⸗Nassau vom 4. August 1897 (Gesetz⸗Samml. S. 254, 301) binsichtlich des Wahlrechts der juristischen Personen u. s. f. getroffenen Bestimmungen.

§6. Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1901 in Kraft.

Dem Gesetzentwurf ist folgende Begründung beigegeben:

Seit dem Beginn der Steuerreform im Jahre 1891 ist die Staatsregierung bemüht gemwesen, die durch diese Reform herbei. geführten Verschiebungen in der Bildung der drei Wählerklassen Luf dem Gebiete der Gemeindewahlen thunlichst auszugleichen. Der ersten, durch das Gesetz vom 24. Juni 1891 (Gesetz˖Samml. S. 231) getroffenen Maßregel, das Wahlrecht der unteren Klassen durch Anrechnung eines fingierten Steuersatzes von je drei Mark für die nicht zur Staats⸗Einkommensfeuer veran- lagten Personen zu verstärken, folgte ein weiterer Schritt durch eine Gesetzet vorlage im Jahre 1893. Die hierin niedergelgten Vor⸗ schläge der Staatsregierung wurden indessen vom Landtage nur insofern angenommen, als sie die Anrechnung sämmtlicher direkten Staats- und Kommunalsteuern bei der Abtheilungsbildung und die Verweisung der nicht zu einer Staatssteuer veranlagten Wähler in die dritte Ab- theilung betrafen, der Hauptvorschlag der Staatsregierung, die Abtbei⸗ lungen nach Zwölfteln (i, 1a, /i), anstatt, wie bisher, nach Dritteln zu bilden, wurde dagegen abgelehnt; das Gesetz wurde am 29. Juni 1893 sanktioniert (G. S. S. 103).

Auf Grund umfangreicher statistischer Erhebungen ist in der ver flossenen Session ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt worden (Nr. 194 der Drucksachen des Abgeordnetenhausen), welcher dem von dem Gesetz vom 29. Juni 1893 aufrechterhaltenen Drittelungesyftem eine Kor⸗ rektur in dem sogenannten Durchschnitteprinziv beifügte. vermöge dessen Stimmberechtigte, deren Steuerbetrag den im Durchschnitt auf einen Wähler in der Gemeinde entfallenden Steuerbetrag übersteigt, stets der zweiten oder ersten Abtheilung zugewiesen werden sollten, während die erste und zweite Abtheilung im Wege der Halbierung der auf sie entfallenden Steuersumme abgeschichtet wurden.

Dieser Gesetzentwurf ist von der Kommission, welche von dem Abgeordnetenhause mit seiner Vorberathung beauftragt worden war, nach eingehenden Berathungen (Nr. 368 a. a. O.) abgelehnt worden und nicht in das Haus zurückgelangt. Entsprechend der in der Kom- missionsberathung (S. 30 des Kommissionsberichts Nr. 368 a. 4. O.) abgegebenen Erklärung ist von der Staatsregierung ein neuer Ent- wurf ausgearbeitet worden, mit dem Ziele, den Grundgedanken der vorjährigen Vorlage mit den in der Kommissionsberathung laut ge⸗ wordenen Wünschen zu vereinigen.

Was zunächst das Ergebniß der statistischen Erhebungen, welche der vorjährigen Vorlage ju Grunde liegen, und die Vorzüge des in dieselbe aufgenommenen Duichschnittsprinzips anbelangt, so kann hier

auf die eingehenden Ausfübrungen und Anlagen der Begründung jener Vorlage, sowie auf die Darlegungen und umfangreichen Tabellen des Kommissionsberichis Bezug genommen werden.

39 diesen Materialien haben sich zwei Thatsachen mit Klarheit ergeben, 1) daß erheblichere „plutokratische! Verschiebungen infolge der Steuerreform im Allgemeinen nur in den größeren Gemeinden, und zwar in den größeren Städten und den industriellen Landgemeinden eingetreten sind, sodaß ein Bedürfniß nach einer Ausgleichung nur für diese Gruppe von Kommunen anerkannt werden kann, und

2) daß das Durchschnittsprin ip ebensowenig wie das Zwölftelungs prinzip geeignet ist, allgemein im Sinne einer Ausgleichung der hervor⸗

,

Waͤhlerklassen vor dem Inkrafttreten der Steuerreform bestanden, sodaß das Ziel dieser Ausgleichung nicht auf dem Wege der un⸗ abänderlichen Einführung eines der beiden genannten Wahlsysteme wird verfolgt werden dürfen. . 31 1. Zum Beweise der ersteren Thatsache dienen die auf S. 7 und z der Begründung des vorjährigen Gesetzentwurfs ausführlich er⸗ örterten Ergebnisse der statistischen Erhebungen, nach welchen gegenüber dem Stande des Jahres 1891 in den äber 1009000 Ginwohner jäblenden Stäbten und den in dustriel len, stark bevölkerten Landgemeinden die An⸗ theile der ersten und zweiten Abtheilung von der Gesammt⸗ zabl der Wähler ungleich mehr zusammengeschmolzen sind als in den kleineren Städten und in den eigent lichen Landgemeinden. Auf Grund dieser Ermittelungen ift bei den Kommissionsberathungen über die letzte Vorlage seitens der Staatsregierung bereits ausgeführt worden, daß v. a. in den meisten Landgemeinden überhaupt kein Grund zu einer System— änderung vorllege. (Komm - Ber. S. 23.) Umgekehrt ergeben bie statistischen Ermittelungen gerade in den kleineren Städten und Landgemeinden in nicht geringem Umfange eine antiplutokratische Erscheinung, insofern hier eine Ver⸗ stärkung der oberen Wählerklassen gegen das Jahr 1891 schon unter der Herrschaft des jetzt geltenden Wahlspystems eingetreten ist. So wuchs der Antheil der Abtheilung J bezw. II an der Gesammt⸗ wählerzahl von 1891 bis 1896.97 bei 17 bezw. 13 unter 277 Probe- Stadtgemeinden mit weniger als 10900 Einwohnern und bei 14 bezw. 17 unter 129 nicht industriellen Probe Landgemeinden (S. 3 der Begründung der vorjährigen Vorlage). Aus diesen Ermittelungen hat der neue Entwurf eine Beschrän⸗ kung der Reform auf die Gemeinden mit mehr als 10 000 Ein wohnern gefolgert, zumal diese Ginwohnerzahl bereits in den Kommissionsberathungen für die Zulassung der ortsstatutarischen Abweichungen (S. 10, 14, 24 des Kommissionsberichts) und auch in der Gesetzgebung mehrfach zur Abgrenzung der größeren von den kleineren Gemeinden verwerthet werden ist. Denn je weniger in den unterhalb der obengenannten Einwohnergrenze liegen- den Gemeinden ein Reformbedürfniß hervorgetreten ist, umso dringen⸗ der muß angesichts der weiter unten zu begründenden Nothwendigkeit der Zulassung ortsstatutarischer Abweichungen auf eine Fernhaltung der mit solcher Zulassung verbundenen Agitationen von den an dem Ziel des Gesetzentwurfs im großen Ganzen unbetheiligten Gemeinden hingewirkt werden. Zu 2. Die zweite, oben hervorgehobene Thatsache, binsichtlich deren auf S. 11 und 17 der Begründung der vorjährigen Gesetzes⸗ vorlage und S. 13 und 26 des Kommissionsberichts Bejug ge⸗ nommen wird, ist gleichfalls durch eine umfangreiche Statistik er⸗ wiesen. So zeigt die Anlaze 2 des Kommissionsberichts, daß, während z. B. in Breslau, Görlitz, Koblenz, Kottbus, Forst, Viersen das Durchschnitts⸗ und nicht das Zwölftelungsprinzip zu einer an näbernden Wiederberstellung der Stärkeverhältnisse der Wahl⸗ abtheilungen im Jahre 1891 führen würde, indem sich das Prozent— verhältniß zur Gesammtwählerschaft stellt:

bei dem bei der

im hre Durchsch te. 6 in Bret lau 1891 prinzip Zwölftelung in Abth. II auf.. 1396 1459 n 83 47 in Görlitz

in Abth. II auf.. 17,69 17,08 77, 16 81,00

in Koblenz

in Abth. HL auf .. 17,09 17,89 w 77,23 79, 36

in Kottbus

in Abth. II auf .. 14,19 15,69 3 82,79 82, 17 in Forst in Abth. HI auf .. 14,79 14,08 . 79, 70 S4 43 in Viersen ; in Abth. HI auf.. 16, 12 16, 09 . . 79, 69 82,20 in Magdeburg, Erfurt, Potsdam, Bromberg, Radevormwald, Wald, Wermelskirchen das Gegentheil zutrifft, indem sich hier das Prozent- verhältniß zur Gesammtwählerschaft stellt: bei dem im Jahre Durchschnitt bei der ? g. =.

in Magdeburg . 189 prinzip Zwolftelung

in Abth. II auf .. 10,92 14,82 9, 97

, 87, 90 83,34 88, 04 in Erfurt

in Abth. ö 1220 17,07 13, 00 84 87 80, 30 84,03

in Potsdam in Abth. II auf. . 1257 1928 11,52 .. 83,29 77,60 85,40

in Bromberg in Arth. II auf .. 14,87 17.73 14,44 J 82, 81 78, 63 81, 35 in Raderormwald in Abth. IL auf.. 26,68 21,18 26 65 . 60.51 74, 28 65,50 in Wald in Abth. II auf.. 23,58 17.58 24,05 K 67. 40 77, 98 69, 54

in Wermelskirchen in Abth. IL auf.. 19,21 16,84 13. 81 , 75,77 81, 00 77,92 Es ist also zweifellos festgeftellt, daß weder das Durchschnitts⸗ noch das Zwölftelungsprinzip, jedes für sich betrachtet, zur Aus—Q gleichung der im Verfolg der Steuerreform im Wahlrecht ein⸗ getretenen Verschiebungen geeignet ist. Diese Thatsache führte im Einklange mit den bei der Kommissionsberathung der vorjährigen Gesetzes vorlage deutlich hervorgetretenen Tendenzen zu der Gikenntntß, daß die durch die weitgehenden örtlichen Verschiedenheiten in den Gemeinden bedingten Schwierigkeiten nur durch Zulassung anderweiter ortsstatutarischer Regelung des Gemeindewahlrechts neben dem 66 festzulegenden Durchschnitteprinzip überwunden werden nnen. Freilich durfte den Gemeinden nicht etwa ein unbeschränktes Recht zur Annahme eines beliebigen Wahlmodus eingeräumt werden, wie dies im Laufe der vorjährigen Kommissionsberathung wiederholt, auch von seiten der Staatsregierung (ji. B. S. 13 des Kommissions⸗ berichts, hervorgehoben worden ist, sondern es mußten dem Ortsstatute bestimmte Grenzen gezogen werden. 4 dem Ort?⸗ statute die Einführung des sogenannten Zwölftelunggsystems anbeim zugeben war, ergab si ul aus der oben nachgewiesenen That⸗ sache, daß für eine größere Anzabl von Gemeinden dieses System das von dem Entwurf angestrebte Ziel annähernd zu erreichen ver⸗ mag. Auch ging gerade in dieser Richtung der unverkennbare Wunsch der Kommission des Abgeordnetenhauses gelegentlich der Berathung des vorjährigen 3 Abgesehen von seiner bloß fakultativen Zulassung, wird bei der Beschränkung der ganzen Reform und damit auch der zulässigen ortsstatutarischen Abweichungen auf die größeren Gemeinden (mit mehr als 10000 Ginwohnern) das Zwölftelungssystem auch dem im Jahre 1893 geltend gemachten Vor u daß es in den Landgemeinden zu stark wirke, nicht begegnen nnen. Aber auch einem anderen Momente mußte bei der Umschreibung des Bereiches der ortsstatutarischen Freiheit Rechnung getragen werden. Wenn schon unter den jetzt obwaltenden Verhältnissen das Durch schnittsprinzip, insbesondere hinsichtlich der Besetzung der zweiten

Bonn, Brandenburg a. H., Solingen. Müblhansen z. Th.

Stargard i. 6 Neisse, Graudenz, Aschersleben, re ine Ratibor, Allenstein, Naumburg a. S., Stendal, Gncfen n , Merseburg, Kolberg, der, Rarhengw, Schneiden j Lein weit über das Maß der Abtheilungsstärke im Jahre 1851 a z wirkt, so muß ferner in Betracht gezogen werden,. daß das c schnitteprinzip unter Umständen, namentlich in Orten mit n ß, Albeiterkehölkerung, zu einer sortschreitenden Demokratisterun. e Wahlrechts fübren kann. Denn die zunehmende Steuerkraft 2 unteren Schichlen der Bevölkerung muß, sobald ihr Enflaß ncht durch eine entsprechende Steigerung der größeren Gintöm“ paralysiert wird, eine immer weiter gehende dera drt gen des Gesam mtsteuer · Durchschnittz in der Gemeinde bewirken. . J solche Entwickelung würde aber in Gemeinden der gedachten 3 unter der Herrschaft des Durchschnittsprinzips sehr bald zu einer volligen Preisgabe derjenigen Grundlage führen, auf welcher der vorliegende Entwurf aufgebaut ist, nämlich die Wiederherstellung der Wahlrechtz. verhältnisse, wie sie vor Einführung der Steuerreform gestaltet waren es fi bꝛi dieser Grundlage um eine bis iu eine a gewissen Grade ziffernmäßig lösbare Aufgabe handelt, würde die Durch ührung des Durchschnitisprinzips nach Maßgabe der Entwickelung in den Prästationgverhältnissen der Einwohner der Gemeinden unabsehba wirken. Eine derartig fortschreitende Demokratisierung des Wähl. rechts muß aber im Hinblick auf das spstematische Bestreben der Sozialdemokratie, in die Gemeindevertretungen zu gelangen, als volitisch in hohem Maße bedenklich angesehen werden.

Dee halb muß es der Gemeinde fteigestellt werden, in den. jenigen Fällen durch eine prozentuale Steigerung dez maßgebenden Durchschnittsfatzes zu den Verhältnisfen des Jahres 1891 zurückzukehren, in welchen die Zu— grundelegung des einfachen Durchschnitts über den Rahmen dieser Verhältnisse hinausführen würde. Indessen wird es sich zur Verhütung einer ju weit gehenden Freiheit ftatutarischer Festsetzungen empfehlen, einen Sitz zu bestimmen, über welchen hinaus eige Steigerung des Durchschnutez ausgeschlofsen bleiben soll. Als solcher Höchstsatz schien ein den Durchschnitt um die Hälfte desselben übersteigender Betrag angemessen. Bei Zugrundelegung eines solchen würde sich in einer Anzahl größerer Städte, in denen das einfache Durchschnittsprinzip zu ftark. wirken würde, eine Annäherung an die Verhältnisse von 1891 ergeben; so

würde in nach Steige⸗ rung des die Verhaͤlt⸗ Durchschnitts nisse ven um H0 oso 1891

nach dem Dagegen einfachen . Duich⸗ schnittsprin ip

Magdeburg die Abth. II Wählerprozente umfassen 14,82 10,83 1002 Magdeburg die Abth 111 Wählerprozente umfassen 83. 34 87, 63 37,90 Königsberg die Abth. II Waͤhlerprozen e umfassen 15,32 11,21 11,69 Königsberg die Abth. II

Waͤhlerprozente umfafsen 82, 75 87, 14 86. 49 Dortmund die Abth. II Wählerprozente umfassen 13,41 9.38 10, 14 Dortmund die Abth. 111 Wählerprozente umfassen S5, 49 89,3 88,2

Ergab sich nach Vorstehendem die Nothwendigkeit, bei den großen Verschiedenbeiten in den einzelnen Gemeinden eine diese Verhaͤltnisse berücksichtigende ortsfstatutarische Regelung zuzulassen, so mußte eine Form der Beschlußfassung ausgeschlofsen werden, welche das Zustande⸗ kommen des Ortsstatuts übermäßig erschweren würde. Erschwert, wenn nicht vielfach illusorisch gemacht würde aber die ortsstatutarische Frei. heit dann werden, wenn für die Beschlußfassung eine Mehrheit von der Stimmen in der Gemeindevertretung erfordert würde. Aus diesem Grunde hat es der Entwurf bei der einfachen Majorität, wie sie auch für alle anderen Arten von Ortsstatuten, z. B. für die Orte⸗ statute über den Zensus, in den Gemeindeverfassungsgesetzen vor⸗ gesehen ist, um so mehr belassen, als die Zweidrittelmehrheit, welche der in der vorjährigen Kommissionsberathung gestellte, das Ortestatut betreffende Antrag erfordern wollte, von der Kommission abgelehnt worden ist (Comm. Ber. S. 10, 24, 31).

Andererseits war darauf Bedacht zu nehmen, der in der unerläßlichen Zulgssung einer ortestatutarischen , liegenden Gefahr fortgesetzter Verfassungskämpfe innerhalb der Gemeinden dur geeignete Kautelen vorzubeugen. Eine wirksame Kautel für Er⸗ baltung der Rahe und Stetigkeit in den Gemeinden hat daher der Entwurf in einer Beschränkung der Zeiten gesucht, in welchen Ortsstamnte. beschlossen, abgeändert oder aufgehoben werden dürfen. Während hiernach einerseits vie Möglichkeit der Beschließung eines Ottsstatuts auf das erste Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes und sodann je auf das erste Jahr nach Ablauf einer zehn⸗, jzwanzig⸗ u. s. f. jährigen Geltungsperlode beschränkt wurde, ist andererseits dem zustandegekommenen Ortsstatut eine mindestens zehn⸗ sährige Geltung durch die Bestimmung gesichert worden, daß eine Ab= änderung oder Aufhebung dezselben nur im elften, einundzwanzigsten u. s. f. Jahre nach dem Zeitpunkte seiner Einführung beschlossen werden dürfe.

Im einzelnen ist Folgendes zu .

stellt im wesentlichen den jetzt bestehenden, durch 5 5 Abs. 1 des Ge⸗ sezis vom 29. Juni 1895 geschaffenen Rechtszustand dar. Fort⸗= geblieben ist die Sestimmung, daß Wähler, welche zu einer Staats. steuer nicht veranlagt sind, in der dritten Abtheilung wählen, sowie die hierdurch bedingte Vorschrift in 5 2 Alinea 2 des an—⸗ gejogenen Gesetztz. Im Hinblick auf den doppelten Um—⸗ stand, daß diese Bestimmungen zu einer weiteren Ke mplikatign des schen' an sich schwierigen Rechtsstoffs führen und daß sie der Tendenz des Entwurfs durch ibre plutokratische Wirkung entgegen stehen, war ihre Beseitigung für das Gebiet der Gemeindewahlen um fo gerechtfertigter, als das Durchschnittsprinzip, welches die dritte Wählerklasse entlasten will, zu einem schwer auszugleichenden Fonflitt mit der entgegengesetzten Wirkung jener Bestimmungen führen würde.

Die Beftimmungen des Absatz 3 enthalten neues Recht nur für den Geltungsbereich der Rheinischn Gemeinde ronung vom 23. Juli 1515. In den übrigen Gebieten der kommunalen Dreiklassenwabl sind diese Grundsaͤtze, welche einer besonderen Rechtfertigung nicht be⸗ dürfen, nach der Rechtsprechung des Ober⸗Verwaltungsgerichts schon auf Grund der bestebenden Gemeindeverfassangsgesetze in Geltung. Gleich wohl empfiehlt es sich, sie bei dieser Gelegenheit allgemein zum Aus- druck zu bringen, da die Vorschrift des 5 5 Absatz 1 des Gesetzes vom 29. Juni 1893, wonach die ÄÜbtheilungen bei der kommunalen Drelklassenwahl künftig in derselben Weise wie bei den Wahlen für dag Haus der Abgeordneten zu bilden find, mitunter so aufgefaßt worden ist, als ob hierdurch die bezüglichen Sonder bestimmungen der rn , ,,, aufgehoben worden seien.

führt in seinem ersten und jweiten Absatz für die Gemeinden, welche nach der jedesmaligen letzten Volkszählung mehr als 10 090 Ein⸗ wohner zählen, das in der Bezründung der vorjäbrigen Gesehe= vorlage eingehend erörterte ‚Duichschnitteprinzip' als Korrektur der Drittelung ein. . ;

Der dritte Absaß des § 2 ist dazu bestimmt, für den in Wirk, lichkeit nur höchst selten vorkommenden Fall, daß bei Anwendung des „Surchschnitisprinzpes“ eine höhere Abtheilunz mehr Wähler als eine niedere erhalten sollte, Vorforge zu treffen. In einem solchen Falle warde die höbere Abtheilung an die niedere Jo viele Wähler abzugeben baben, daß die niedere Abtheilung mindistens die gleiche Anjahl an Wählern zählt wie die höhere.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

Wählerabtheilung, in vielen Gemeinden, z. B. in Königsberg, Stettin,

etretenen . d. h. einer Wiederherftellung derjenigen ufstände zu wirken, welche hinsichtlich der Besetzung der versch en

Dortmund, Gssen, Erfurt, Wiesbaden, Potsdam, Bromberg, Elbing,

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

M 45.

Berlin, Montag, den 19. Februar

= .

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

53

giebt unter Nr. 1 den Gemeinden mit mehr als 10 009 Einwobnern die Befuzniß., durch Ortsstatut zu bestimmen, daß an Stelle des ein— sachen Durchschnitts ein Zuschlag bis zur Hälfte als Norm für das Aufrücken aus der dritten in die böberen Wählerabtheilungen treten solle. Il der Höchstsatz ortsstatutarisch festgesetzt und beträgt der einfache Steuerdurchschnittssatz in der Gemeinde 100 M,. so würden nur diejenigen Wäbler aus der dritten in die höheren Klassen auf— steigen, welche einen höheren Steuersatz als 150 M zahlen.

Die Bestimmung in Nr. 2 des F 3 schlisßt sich eng an den ent⸗ sprechenden, bei der letztjährigen Kommissionsberaihung gestellten An⸗ trag (S. 10 a. G. des Komm. Ber.) an, ohne indessen eine andere als die normale Stimmenmehrheit für den Beschluß eftzusetzen. Die Tinzelheiten zur Ausführung des Zwölftelungsspstemz würden dem Ortsftatut anheimgestellt bleiben. Die Begründung zu dem Inhalt des 53 ist im übrigen in den obigen allg meinen Darlegungen ent—

halten. § 4

sieht im Absatz 2 im Interesse einer einbeitlichen Gesetzes a wendung durch die SelbstverwalungsBeschlußbebörden innerhalb der einzelnen Provinzen nach dem Vorgange anderer Gesetze, z. B. des Gesetzes vom 26. Mai 1887 (GeseßzSamml. S. 175), einen von der Vor⸗ schrift des 5 121 des Gesetzes über die allgemeine Landes verwaltung bom 30. Juli 1883 abweichenden Instanzenzug für die Bestätigungs— beschlüsse über Ortsstatute der Landgemeinden vor. 5

bat in seinem Schlußsatze u. a. einen zu dem entsprechenden Para— graphen der letzten Gesetzes vorlaee von der Kommission gewünschten Zusatz aufgenommen (S. 2 und 14 des Komm. Ber.).

Land⸗ und Forstwirthschast.

Am Donnerstag Morgen fand die Hauptversammlung der Beretnigung deutscher Schweinezüchter und fast gleichzeitig die Versammlung der Geräthe-Ahtheilung der Deutschen Landwirtbhschafts-⸗Gesellschaft statt. Es folgten dann Ver— sammlungen der Sonderausschüsse für Fischerei und Flachs⸗ bau In der Geräthe⸗Abtheilung wurden die Ergebnisse der Pruͤ— sungen derschie dener neuer Naschinen, Karteffelerntemaschinen, elektrischer Pflüge, Trockenapparate, Rübenheber, Düngerstreumaschine, mitgetheilt und das neue Preisausschreiben für 1901 berathen, auch die Schau— ordnung für 1900 festgestellt.

Noch in den Vormittags stunden begann dann nach alter Gewohn— beit, welche die landwirthschaftlichen Spezialoereine stets während der Tagung der Deutschen LandwirthschaftsGefellschaft nach Berlin beruft, die Generalversammlung des Vereins der Stärke Interessenten in Deutschland. Den Vorsitz führte an Stelle des verhinderten R. Schulje⸗ Schulzendorf der Ritter gutsbesitzer von Freyer⸗Hoppenrade. Dem Geschäftsbericht und Bericht über die wissenschaftlichen und technischen Fortschritte auf dem Gebiet der Industrie der Stärke und Stärkefabrikate, erstattet von Professor Dr. Saare, entnehmen wir im Nachfolgenden die wichtigsten Thatsachen. Das Laboratorium dis Vereins der Stärke ⸗Interessenten in Deutsch— land hat im letzten Jahre eine große Trätigkeit entwickelt. Es prüjt alle neuen Erscheinungen auf diesem Sondergebiet, tritt allen sich an dasselbe wendenden Petenten näher und liefert auf Verlangen der Vereinsmitglieder Analysen von Kartoffeln und Stärkeprodukten. Solche Untersuchungen wurden im vorigen Jahre 286 vorgenommen. Auch die Versuchsfabrik hat zum Nutzen des Gewerbes gearbeitet, konnte jedoch nicht unausgesetzt im Betrieb erhalten werden. Sie war us. a. mit Versuchen zur Herstellung eines säurefreien Derttins ohne Erhöhung des Aschegehalts beschäftigt. Von neuen interessanten Er⸗ scheinungen erwähnte der Vortragende den beginnenden Wettbewerb der Kassawa Stärke aus der Wurzel des in Westindien und Süd— Amerika wachsenden Manihot⸗Strauches mit der Kartoffelstärke, namentlich in den Vereinigten Staaten. Diese Konkurrenz erscheint nicht ungefährlich, weil die Kassawastärke sich zur Dextrinfabrifation dorzüglich eignen soll. Auch die KarioffelstärkeFabrikation bat im letzten Jahre im ameritanischen Westen einen be— merkenswerthen Aufschwung genommen. U. a. ist dort eine An—˖ lage in, Betrieb genommen, die täglich 6000 Ztr. Kartoffeln verarbeitet. Auch dieser Vorgang ist der Beachtung werth, weil er uns mit dem Verlust unseres noch vorhandenen Exports bon Stärke und Stärke— sabrikaten nach den Freistaaten bedroht, der im letzten Jahre immer— bin 12 300 Doppel -Ztr. Stärke und 16000 Doppel-⸗Zir. Dextrin betrug. Der Jahrhundertwechsel hestimmte den Vortragenden zu einem lutjen Rückblick auf die Geschichte der Siaͤrkefabrikation. Friedrich der Große war es, der 1765 den Alaß zu Ver—⸗ süchen gab, als Ersatz sür Weizenstärke Kartoffelstärke her— ustellen. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts hatte die neue Industrie bereits, mehrseitige CGinjührung, gefunden; 1812 Esellte sich ihr die Stärkezucker⸗Industrie bei. Von da bis zur Jabrhundertm tte nabm die Stärkefabritatton beständig ju, da sich mmer vermehrte Verwendung für das Fabrikat, besonders in der Trtil. und Papierfabrikation, fand. Ein großer Aufschwung fand in den 50er Jahren durch Cinfübrung des Stärkezrckers zur Wein deibesserung und Herstellung von Nachweinen statt. Zu dieser Zeit war der deutsche Westen mit Gründung von Stärkefabriken bervor⸗ wgend tbätig. Mit Verlegung der badischen Fabrik für Kartoffelmehl⸗ Fabrikate nach Küstrin begann später die Wanderung der Stärke. Industrie nach dem deutschen Osten und ihre immer steigende Augdehnäng trotz de Konkurrenz der Maig. und vor allem der Reisstärte. In'dieser beriore, die bis eiwa 1878 dauerte, entwickelte fich auch die Ausfuhr don Stärke und Stärkefabrikaten, namentlich Stäͤrkezucker, zu be— tender Höhe. Da störte 1875 eine wissenschaftliche Entdeckung * günstige Entwickelung. Es wurde festgestellt, daß Stärkezucke . Polarisationgebene nach rechts, anderer Zucker dieselbe nach inks drehe. Cin Mittel zur genauen Feststellung der ach denen Zuckerarten war somit gefunden. Hieraus nahmen ie Widersacher des Stärkezuckers, welche seit langem mit einem gewissen Recht ihm nachsagten, er besitze unvergährbare und deshalb ssundbeiteschãdliche Bestandtheile, willkommenen Anlaß, auf ein

erbot der Verwendung von Stärkezucker zur Weinbereitung kg ingen Das Weingesetz von 1879 erfüllte dies Verlangen und ue der Stärkezuckerfabrikation mit einem Schlage eine große untschaft. In dieler schwierigen Ueberganeszeit wurde 1883 der erg der Stärke Interessenten in Deutschland gegründet, nachdem

Mia licher schon 1867 gegründeter Verein, der es 1870 zu einer i llederiabl von 150 gebracht hatte, längst eingegangen war. . der neue Verein den Stärkefabrikanten gewesen, wie n mn Anschluß an den Verein der Spiritugfabrikanten . aboratorium, eine Versuchsstätte und eine wissenschaftliche Ver= n R gewongen, das ist in aller Erinnerung. Was erreicht worden, 2 Genugthnung, daß deutsche Stärkefabriate die erste Sielle auf n ltmarkt einnehmen. Leider entspricht dem technischen Fort⸗ Gin der wirtbschaftliche nicht vollkommen. Um auch nach dieser

e die Entwickelung zu einem befriedigenden Abschluß zu führen,

ist eine Einigung der Interessenten zum gemeinsamen Vertrieb ihrer Fabrifate nothwendig. Dies sollte die erste gemeinsame Arbeit 3. neuen Jahrhundert sein! Auch Direktor Seibt Altdamm, der hierauf äber die wirthschaftliche Lage des Gewerbes Bericht erssaftete, schloß sich dem letzten Wunsch des Vorredners an, unter Hinweis auf Holland, wo die seit etwa einem Jahre bestehende Ver= kaufsgenossenschaft, welche das Fabrikat aus 6 Millionen Hektoltier derarbeiteten Kartoffeln abzusetzen hat, durchaus befriedigend funktioniert. Die deutsche Kartoffelernte des vorigen Jahre blieb in Osten, entgegen den anfänglichen Befürchtungen, welche eine Fehlernte wie im Jahre 1891 in Aussicht nahmen, nur um 5 bis 150s0 gegen das vorangehende gute Kartoffel jahr zurück; die große Ernie im Weften ermäßigte das Gesammt— Minus aber anf 18 bis 2960. Unter dem Eindruck der erften alarmierenden Nachrichten über die Kartoffelernte war der Ende August 19 M betragende Prels der Stälke allmählich auf 21 bis 22 MS gestiegen, er ging dann bis Mitte Dezember wieder auf 1983 zurück. Augenblicklich ist die Lage, wenn der Verlauf des Geschaäͤftz in Belug auf den Preis auch nicht der Erwartung entsprach, befrsedigend. Die Ausfubr scheint beträchtlich größer zu werden als 1898, und da noch 76 Monate bis zur neuen Kampagne vergehen, so darf nach Maßgabe der letzten Monate auf ein gutes Gejammtergebniß gehofft werden. Mit Bedauern erfüllt die Verfügung einiger Provinzial— Regierunger, daß ein Zusatz von Stärke zur Preßhefe als Verfälschung strafgesetzlich rerfolgt werden soll. In der sich anschließen den Debatte vertrat auch der Hamburger Großhändler in Stärkefabrikaren Günther den Standpunkt, daß der Verein mit allen Mitteln die Errichtung einer Zentralstelle für den Verkauf zu erstteben habe. Er brauche sich nicht daran zu stoßen, daß einzelne Fabriken sich vielleicht zunächst aus— ließen wel den. Die Konkurrenz der süßen Fabriken habe das Synꝛikat nicht zu fürchten. Der Vereinsautschuß hat am 14. Abends den Beschluß gefaßt, die Bildung einer Verkausegenossenschaft für Trecken— stärte in Form eines Exportvereins energisch in die Hand zu nehmen. Es berichtete bierauf Dr. Pasow ganz speziell über die Arbeiten in der Ver suchs · Stãrke⸗ Syrup. und Dextrinfabrik und Ingenieur Haack über Dampfverbrauch bei der Syrup. Fabrikation. Endlich ( ,. von 2 . der deutschen Kartoffel⸗Kultur⸗Station, eingehend über die Kartoffelbau⸗Verf

im Jahre 1899. ö ö z Am gleichen Vormittag ö . ein zweiter an die om Verein der Spüiritusfabrikanten gegründete wissenschaft⸗ liche Zentralstelle angeschlossener Verein, der . Kornbrennereibesitzer und der Preßhefefabrikanten Deukschlan ds, unter dem PVorsitz des Rittergutsbesitzerz von Gillbausen. Aus den Verhandlungen, die als sinteressantesten Punkt der Tagesordnung den von Professor Dr. Max Delbrück erstatteten Bericht über die Thätigteit des von ibm geleiteten Instituts für Gährungszwecke brachten, ist als eine nicht allge nein bekannte Neuigkeit hervorzuheben, daß mehrere Patente, welche Lie Hefe in ein dem Fleisch⸗ Extrakt in seiner Zasammensetzung ähnliches Nahrungs.˖ mittel umzuwandeln unternehmen, Aussicht haben, industriell verwerthet zu werden.

Der Nachmittag brachte die Sitzung des Gesammt⸗Aus⸗ schusses der Deutschen Landwirthschafts⸗Gesellschaft, in welcher der Prästdent der Gesellschaft, Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Heinrich von Preußen, den Vorsitz sührte. ach einigen geschäftlichen Mittheilungen des Vorsitzenden des Direltoriumz, von Arnim Krie wen, und einer Erklärung des Ministerial Direktors Dr. Thiel über die Abhaltung! von Lehrgängen freier landwirthschaftlicher Wanderlehrer, die auf Losten der Deutschen Landwirthschafts - Gesellschaft alle drei Jahre wiederholt werden sollen, falls die preußischen Landwirthschafts. kammern nicht die jährliche Abhaltung durch Zuschüsse ermöglichen, trug der Hauptgeschaftsfübrer Oekonomierath Wölbling im Laszug den Geschãntsbericht für 1899 vor. Der Stand der Mitgliederzahl ist der höchste bisher erreichte, nämlich 12474. Der Rechnungtz, abschluß des am 31. Januar schließen den Geschäftejabres wird sich voraussichtlich sehr günstig stellen und einen verbälinßÿmäßig bef ie zi⸗ genden Zuwachs der Rücklage nachweisen. Der Abschluß der Aus—= stellung war ein befriedigender. Von überraschender Vielseitigkeit ist das Bild der Thätigkeit der Vereinsleitung sowohl als der ver— schiedenen Abtheilungen, die alle Sondergebiete der Landwirihschaft und der verwandten Gewerbe umfassen. Sehr beträchtlich war namentlich die Thätigkeit der Geschäftestellen fär Handelsvermitte⸗ lungen. Die Dünger ⸗Abtbeilung vermittelte ca. 3 Millionen Doppel Zentner Kalisalze, Phosphatmehl und anderen Dünger, die Futterstelle hatte Umsätz⸗ von 1760 9000 46, die Saatstelle solche von 845 000 «. Von „anerkannten! Saaten wurden in der Herbstsaatzeit an Winter Weszen, Roggen und Gerste verkauft für 5 000 6 Des weiteren berichtete der Hauptgeschäfts führer don der im Jani d. J. in Posen beabsichtigten landwirthschaftlichen Ausstellung, welche einigen Schwierigkeiten begegnet ist, weil es nicht gelang, auch nur einen kleinen Theil der Ausstellungsbau— arbeiten in Posen selbst zu vergeben und sich bisher keine Unternehmer für die Wirthschaften und die Molkereikosthalle gefunden baben. Auch ist zu besorgen, daß die Unterkunft der Fremden nicht leicht ein wird. Andererseits bekundet sich überall in Stadt und Provinz Posen große Opferwill igkeit. Preisstiftungen er⸗ folgten bisher seitens der Posener Landwirthschaftskammer im Betrage von 25 0600 M, von der Stadt Posen und der Provinz Posen im Betrage von je 1009099 M, von landwirthschaftlichen Vereinen der Provinz 6090 C6 Als neu werden auf dieser Ausstellung eine kleine Kolonial Abtheilung und eine Vorführung der Zentrale für Spiritus erwerthung bezüglich der technischen Verwerthung bon Brenn- und Leuchtspiritus erscheinen. Als Orte nächster Aus—⸗ stellungen sind in Aussicht genommen für 18901 Halle, für 1902 Mannheim, für 1903 Hannover, für 1904 Danzig. Die Beschlüsse über neue Preisausschteibungen wurden in Uebereinstimmung mit den Anträgen des Vorstands gefaßt. Den Schluß bildete ein Vortrag des Geschäftsführerß der Buchstelle der 2D. L. G.,. Dr. Stieger, über Zweck und Ziele der Wirthschafteberathung, zusammenbängend mit der Absicht des Vor= standes, ben Landwirtben eine Ginrichtung zur Verfügung zu stellen, um die Ursachen mangelnder Reinerträge zu ermitteln und zu beseitigen. Die Ginrichtung entspricht einem thaisächlich vorhandenen Bedürfniß, ein Fall von Wirthschaftsberathung ist bereits mit Erfolg ausgeführt worden, andere sind eingeleitet.

Der Freitag, als letzter Tag der landwirthschaftlichen Woche“, wurde am Vormittag eingeleitet durch die Sitzung des Sonder ausschusses für Geflägeljucht. Nachmittags um 2 Uhr fand als Schlußatt des Ganzen die Hauptversammlung statt. Dle Zwischen« zeit war agaesgefüllt duich die Generalversammlung des Vereins der Spiritusfabritanten in Deutschland, welche alljährlich das größte Interesse der aus allen Landes⸗ theiten erschienenen Landwirthe auf sich xereinigt, wieviel mehr in diesem Jahre, wo über den inzwischen erfolgten Zasammen—⸗ schluß des gesammten deutschen Spiritusgewerbes zu berichten war und es zugleich ein 25jähriges Vereinsjubiläum zu feiern galt. Die Versammlung war äuherst stark besucht. Es wiederholte sich der Vorgang wie vor 2 Tagen, daß sich der große Saal (diesmal des Englijchen Hauses) als zu klein erwies und die Zuhörer noch im Nebenraum dicht gedrängt standen. Von den höchsten Reichs, und Staatsbehörden waren vertreten: das Reichs⸗Schatzamt, das

Kaiserliche Gesundheitsamt, das Finanz. Ministerium, das Ministerium der öffentlichen Arbriten und Tas Rinisterium für Land wirth⸗ schaft 2c. Den Vorsitz fübrte R ttergutsb siger von Giaß. Klanin. Von den bekannten Mitgliedern des Vorstands war der Geheime Regierungsrath, Professor Dr. Maercker durch Krankheit am Gr⸗ scheinen verhinderf, weshalb der von ihm angesagte Vortrag ausfiel. Es erstattete nach kurzer Eröff nungsansprache zunächst der Geheime Regierungsrath, Proiessor Dr. Max Delbrück den Jahrct., und Kassenbericht: Das Vermögen des Vereins beziffert sich auf rund 9 So0 ½ν ungerechnet der i7 900 M betragenden Reserrefonds. Die Mitgliederzahl ist . 3. 2118, die Jahresbeiträge belaufen sich auf zg 5 g6 0 An Staatszuschuß fur die Kartoffeltulturindustrie und das Versuchsfeld wurden 14300 M gezablt. Da die Gesammteinnahme Jotz 383 betrug, sind somit 253 500 M aus den werbenden Vereingeinrichtungen vereinnahmt worden, denen entsprechente Ausgaben gegen ber. standen. Gewinn erzielten die Brennerei Schule, die Glas. bläserei und die Zeitschriften, zusamm'n 38 hoo 6, da— gegen beliefen sich Kosten und Zuschüsse auf 30 160 56 woson 18 000 M auf Vereins, Konto (Verwaltungeskosten, 6000 4 auf Laboratorium, 1900 ¶½ auf Hefenfabrik und Verfacht— fabriken, 1800 M auf Kartoffelkulturstation, 2400 6 auf Kornhauzg— Konto kommen. Mit dem geringen Opfer von nur 1506 find somit die überaus nützlich; und nolhwendige Hesezuchtar stalt und die Versuchsbetriebe einschließlich Stärkesabritation erhalten worden, die einen Jabresumsatz von 50 000 A hatten, einschließlich der 36 400 betragenden Einnahme von verkaufter Reinzuchthefe. Alz Gewinn blieben somit ca. 8550 S Bei der Neuwabl des Vorstandes und Ausschusses wurden auf Antrag des ältesten Vereinsmitglied von Sydow Bätfelde die bisherigen Vertraueng männer des Verein? durch Zuruf wiedergewählt. Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und vornehmlich der im Laufe des Jahres 1899 vom Verein ins Leben gerufene Verwerthunge⸗ Verband machen drei Satzungs- Tenderungen nothwendig, von denen ie wichtigste die ift, daß die Mitglieder genannten Verbandes sür die Dauer ihrer Zugehörigkeit zugleich Mitglieder des Vereins der Spiritus fabrikanten in Deuischland, aber von Mitgliederbeiträgen befreit sind. Dagegen jahlt der Verwerthungs⸗Verband an den Verein eine Vergütung von 11 3 für jedes zur gemeinschaftlichen Verwerthung ahgelieferte Hektoliter reinen Alkohols. Ferner wird wit Rücksicht auf die um eiwa 2009 Personen steigende Mitgliederzabl künftig die General versammlusg ihren Ausschuß nur auf drei Jahre wählen, wäbrend letzterem ie Wahl eines Voisitzenden und zweier Stellvertreter aus seiner Mitte zufällt. Dem bisher aus mindeftens 20 Mitgliedern bestebenden und mit dem Recht der Kooptation autgestaiteten Ausschuß werden künftig auch die Mitglieder des Haupt Vorstandes des Verwerthungsrerbandes ange hören. Der so erweiterte Ausschuß kann sich durch Zuwahl verstärken. Alle diese Satzungsänderungen wurden einstimmig angenommen. Zar Erinnerungsfeier fr die 25 jährige Wiederkehr des Tages der Errichtung einer Versuchsanstart des Vereins ergriff hierauf Profesfor Dr. Max Delbrück das Wort. Auch ihm lag, wie am Tage vorher dem Redner der Stärke⸗Interessenten, der Gedanke nahe, den Rück⸗ blick ewas weiter auszudehnen als nur auf die letzten 25 Jahre. Der Verein wurde 1857 gegründet. Bezeichnend und vielverheißend war es, daß im gleichen Jahre über die eigentliche Natur der Gährungs— Vorgänge die grundlegenden Entdeckungen gemacht und die Hefe gleichzeitig von Theodor Schwann in Berlin und Pasteur in Paris als ein lebendes Wesen nachgewiesen wurde. Für die Praxis werth— voll wurden diese theoretischen Fortschritte allerdings erst, als Maercker in Wehnde bei Göttingen 1870 eine landwirthschaftliche Versuch?« anstalt begründete. Von da ah folgten die technischen Verbesserungen im Spiritus, Gewerbe schnell hintereinander. 1872 ist das Geburts— jahr des Hochdrucks, 1873 erfand der schlesische Rittergutz« besizer Hentze den Dämvfapparat, 1874 trat Maercker mit seiner Kritik der Verluste in der Brennerei heroor, die zur Basis der Berliner Versuchsanstalt wurde. 1875 wurde über deren Begründung der erste Bericht erstattet. Zugleich mit der wissen⸗ schaftlichen Arbeit ging nun der technische Focischritt in beschleuniztem Tempo weiter. Schon die nächsten Jahre brachten mit E findung des Maisch Kühlapparates eine wesentliche Verbesserung der Gährung. Sehr förderlich war die 1832 in den Räumen der landwirtkh⸗ schaftlichen Hochschule veranstaltete Ausstellung für Spirituz« Industrie. 1883 empfing der Verein ein eigenes Vereinshaus. Dann kamen die wirthschaftlichen Schwierigkeiten, in denen der Verein sich für die Gesammtheit der Interessenten dadurch besonders nützlich erwies, daß er, wie in der Folgezeit immer, neben der technischen auch die politische Vertretung in die Hand nabm. 18865 stand das Menopol auf der Tagesordnung. 1857 kam daz Gesetz zu stande, unter dem wir noch heute stehen. Die nächste Folge war tin Räcgang der Produktion in Preußen von 400 auf 272 Millionen Liter. Aber das Gesetz erwies sich, trotz der daran gebefteten Schmähungen und der übeln Nachrede eines angeb—⸗ lichen 40 Millionen ⸗Geschenkes als die Grundlage einer neuen großen Entwickelung. Es machte endlich die Vecwendung des Spiritus zu technischen Zwecken frei. Ohne dlesen wichtigen Fortschritt wären die Prorujenten in Verlegenheit gerathen, wle die große Produktion dauernd unterzubringen sei. In den seither veiflossenen 13 Jabren ist das Gewerbe eisichtlich erstarkt. Technisch gelang es, die Ausbeute vom Zentner Kartoffeln nit unbeträchtlich zu steigern. 1892 wurden die ersten reinen Heferassen zur Zucht gegeben und seitdem dieser Reinzucht im Inst tut die sorgfältigste Pflege gewidmet. 1895 erfolgte der Änschlaß der Preßhefefabrikanten und Kornbrenner, bald nachher der Essifabrilanten, soweit sie Essig auz Alkohol herftellen, an die Versuchsanstalt und damit eine neue Erweiterung ihres Arbeitsprogramms, 1857 konnte dasz nothwendig gewordene neue und erweiterte Institut eingeweiht werden. Die Lage zu Beginn von 1960 ist im Geschäftsbericht dargelegt worden. In 25 Jahren von einem Haushaltsplan, cer sich auf 30990 berifferte, zu einem solchen von 300 000 4 zu gelangen, das spricht für die Lebens fähigkeit und Nützlichkeit der Einrichtung. Zugleicg hat die Spiritus · Probuktion wieder den Umfang von 1886 erreicht und ist dauernd im Wachsthum. Wird es möglich sein, noch weitere tech= nische Verbesserungen anzubringen und auch stärker anwachsende Pro⸗ duktionsmengen zu verwerthen? Redner bejabt die erste Frage, es bleibe noch mancherlei zu thun, bezüglich der zweiten sieht er nicht in einem der steigenden Volks jabl augemessenen vermehrten Trink⸗Konsum die Aussichten für. Verwertbung selbst größerer Mengen Spiritus gegeben, sondern vielmehr in der technischen Ver— wendung, die immer vielseitiger zu werden verspricht und der alle Aufmerksamkeit zuzuwenden ist. In dieser Voraug⸗ setzung glaubt er an eine Verdoppelung der geg'nwärtigen Produktion im Laufe des 20. Jahrhundert. Bei den Fortschritten, welche dank der Energie unserer Landwinthe der Hackfruchtbau gemacht hat, wird die Herbeischaffung der hierfür nöthigen Kartoffelmengen keine Schwierigkeiten bereiten. Aber alle Segel seien aufzuspannen, um dem Absatz immer größ re Ausdebnung zu geben. Dazu soll die im voꝛigen Jahr gegründete Abfatz Genossenschaft helfen, welche am Schluß des Jahrhunderts der Entwickelung des Gewerbes die Krönung ge— geben bat, sodaß nun die volle Ginbeitlichkeit, neben der technischen und wirthschaftspolitischen auch die geschäft— liche, in der Leitung des Spiritusgewerbes gegeben ist. Von der wissenschaftlichen und praktischen Thätigkeit des von ihm ge—⸗ leiteten Instituts konne der Redner noch anführen, daß gegenwärtig

637 verschiedene Hefe⸗Reinkulturen in den dafür bestimmten Räumen