1900 / 64 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

werden Sie in jedem einjelnen Lande finden, daß eine Münze heute eingeführt und nach 20, 30, 40 Jahren, wenn sie sich im Verkehr nicht bewährt hatte, wieder abgeschafft worden ist. Die französische Regierung hat lange Jahrzehnte hindurch goldene Fünffrankenstũcke geprägt; jetzt sind sie fast zur Rarität geworden. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat Ein und Dreidollarstücke aus Gold ge⸗ prägt; jetzt sind sie nicht mehr zu finden, sie sind abgeschafft worden. In der englischen Währung existieren eine Menge Münzen auf dem Papier, von denen alljährlich einige Dutzend geschlazen werden, nur um sie gewissermaßen theoretisch weiter bestehen zu lassen. In Wirk⸗ lichkeit existieren sie garnicht mehr, beispielsweise die Zweipence⸗ und die Vierpencestücke. Also eine Inkonsequenz dieser Art, wenn sie vor- handen wäre, wäre jedenfalls sehr ungefährlich, denn schließlich ist das Hauptmerkmal einer guten Münzverfassung das, daß der Verkehr nur solche Münzen erhält, welche er wirklich braucht, und solche muß er haben. .

Dann hatte der Herr Abg. Dr. Arendt wiederholt hervorgehoben, die Regierung schiene von der Nothwendigkeit einer erweiterten Prã⸗ gung der Fünfmarkstücke selber nicht überzeugt zu sein, denn sie prãge ja auch viele Zweimarkstücke. Ich habe in der ersten Lesung und ebenfalls in der Kommission wiederholt hervorgehoben, daß garnicht die Rede davon ist, dieses ganze Quantum der Mehrprägung, die in diesem Gesetze beabsichtigt ist, in Fünfmarkstücken auszubringen; es soll ein reichlicher Theil auch in Zweimarkstücken ausgeprägt werden, weil diese gerade außerordentlich beliebt sind. Daß die Umprägung der Zwanzigpfennigstücke nur in Zweimarkstücke stattgefunden hat und noch stattfindet, ist eine Sache, die mit der Münzjnovelle nicht das Geringste ju thun hat. Es waren gerade in den letzten Jahren für 285 Millionen Mark Silbermünzen auf Grund der Vermehrung der Bevölkerung zu prägen, und von diesen ist ein runder Theil auf die Fünfmarkstücke und ein anderer runder Theil auf die Zweimarkstücke gefallen. Als die Umprägung der Zwanzigpfennigstücke begann, fand sich, daß einzelne Staaten, beispielsweise Sachsen und Württemberg, für ihre Kassen noch nicht genug Zweimarkstücke hatten, und es war deshalb nöthig, die kleine Summe, welche durch die Menge der einzuziehenden Zwanzig pfennigstücke begrenzt wird, in Zweimarkstücke umzuprägen. Also eine Inkonsequenz liegt hierin auch nicht.

Ferner hatte der Herr Abg. Dr. Arendt sich geäußert, bei der ersten Lesung sei von diesem Tische aus dem Hause mitgetheilt worden, Kronen seien beliebt, Kronen sollen ausgeprägt werden, sie könnten aber nicht ausgeprägt werden, solange der Diskont so hoch sei. Das ist vollhommen richtig; aber gerade auf den Wunsch einer sehr großen Anzahl von Handelskammern ich weiß nicht, wie viel es waren, es waren wahrscheinlich über 40 und auf die aus diesem hohen Hause geäußerten Wünsche hin hat der Bundesrath beschlossen, den Herrn Reichskanzler zur Prägung von 20 Millionen Mark in Kronen, also in goldenen Zehnmarkstücken, zu ermächtigen. Die Ermächtigung ist da, die Ausführung kann selbstverständlich nicht auf einen Schlag ge— schehen. Begonnen werden wird damit in nächster Zeit; wann aber die ganze Summe von 20 Millionen Mark in Kronen ausgeprägt sein wird, das wird von den Diskontsätzen abhängen. (Zurufe rechts) Ja, es ist möglich, daß „man“ das annimmt; es fragt sich nur, wer der man“ ist. (Wiederholte Zurufe rechts. Glocke des Präsidenten.)

Dann hat der Herr Abg. Dr. Arendt noch bemerkt, die Thaler wären allgemein beliebt, er hätte aus dem ganzen Reiche nicht von einer Stelle Kenntniß davon erhalten, daß die Thaler irgendwo un⸗ beliebt seien. Das Faktum steht aber fest, und dieses Faktum ist seitens der Reichsbank in den Kommissionsverhandlungen näher er läutert worden, daß alle Versuche, Thaler in größeren Mengen in den Verkehr zu bringen, gescheitert sind die Thaler sind immer wieder zurückgeflossen.

Das Fünfmarkstück, sagt der Abg. Dr. Arendt, sei nicht beliebt, auch nicht einmal in den rheinisch⸗westfälischen Industriekreisen. Dem gegenüber stelle ich nun wieder das Faktum fest, daß gerade aus den Industriekreisen, sowohl Rheinlands und Westfalens, wie anderer Industriejentren des Reichs, fortwährend Anforderungen nach silbernen Fünfmarkstücken zu Lohnzahlungen an die Reichsbank ergeben, und daß die Reichsbank nicht im stande ist, diesen Anforderungen voll zu entsprechen.

Abg. Dr. Schoenlank (Soz): Wir werden für Artikel Lund 1V der Kommissionsbeschlüsse stimmen; jedenfalls würden wir dem An⸗— trage Herold. Schwarze die Kommissionsfassung des Artikels 17 vor- ziehen. Wir haben aber auch keinen Anlaß, etwa das Amendement Herold abzulehnen.

Abg. Büsing (nl) (sehr schwer verständlich, weil er fast durch⸗ weg der Tribüne abgewendet spricht): Der Thaler kursiert draußen im Lande lediglich als Scheidemünze, davon, daß er die Goldwährung aufrecht erhalten hilft, hat man keine Vortheile. Daß er so außer⸗ ordentlich beliebt und seine Erhaltung Bedürfniß ist, bestätigen meine

Erfabrungen nicht. Unsere Goldreserve ist kolossal. und jede Be—⸗ fürchtung in dieser Beziehung unbegründet, wenn nicht künstlich auf— gebauscht.

Präsident des Reichsbank Direktoriums Dr. Koch: Meine Herren! Der Hur Abg. Herold hatte ganz Recht, daß die Vorlage denjenigen, welche die Doppelwährung wünschen, nicht präjudtziert. Es ist eine Vorlage, die aus dem praktischen Bedürfniß hervorgegangen ist; ich brauche mich deswegen auf die Prophezeiung des Herrn Abg. Rettich, daß die Goldwährung zusammenbrechen werde, so wenig als auf die des Herrn Abg. Dr. Arendt, daß die Goldproduktion abnehmen werde, nicht weiter einjulassen. Big jetzt sind ja die Herren Bimetallisten im Prophejeien nicht sehr glücklich gewesen. Der Gedanke der Vorlage ist sehr ein⸗ fach. Ez isf nachgewiesen, daß ein Bedürfniß nach einer Vermehrung der Reichssilberscheidemünzen im Verkehr hervorgetreten ist, da un geachtet der großen Prägungen die Bestände der Reichsbank an Silbermünzen steng abgenommen haben, während Thaler von dem Verkehr bei weitem nicht in gleichem Maße aufgenommen worden sind. Hieraus leitet die Vorlage mit Recht ab, daß mehr Scheide⸗ münjen, geprägt werden müssen. Sle weist nach, daß die Ropfquote von 19 6 nicht mehr genügt, well einschließlich deg er forderlichen Betriebsfonds der Reichsbank von 180 Millionen Mark, dessen Höhe aus sorgfältigen umfassenden Beobachtungen entnommen ist, schon jetzt beinahe 15 M pro Kopf an Silber sich dauernd im Umlauf erhalten. Nun kat der Herr Abg. Dr. Arendt zu bestreiten versucht, daß ein solches Bedürfniß nachgewiesen sei; er sagt, es habe sich wohl eine Abnahme gezeigt bei den kleinen Silbermünzen, bei den 201. Pfennig und den b Pfennigstücken, dagegen eine Zunahme bef den größeren, und beruft sich dabei auf eine Nachweisung, die wir in der Kom mission felbst gegeben haben. Dabei sind ihm aber einige Irrthümer begegnet. Er erkennt jwar an, daß die Einmarkstücke bei der Reichsbank sich vermindert haben, fügt? aber hinzu, die Prägungen seien damals längere Zeit sus pendiert gewesen. In der That haben gerade in den letzten Jahren sehr bedeutende Ausprägungen statt

efunden: im Jahre 1899 sind an Einmarkstücken beinahe 35 Mil⸗ ionen geprägt worden, 18981 Million, 1896 4 Millionen u. s. w. Nichtsdestoweniger hat aber der Durchschnitt der bei der Reichs bank befindlichen Einmarkstücke sehr abgenommen; er ist nämlich

von 1894, wo er noch 17100 der Nettoausgabe betrug, gefallen auf eiwa Il oo im Jahre 1859. Ganz äͤbnlich verhält es sich mit den Zwei. und. Fünfmarkstücken. Herr Dr. Arendt weist auf die von der Reichsbank mitgetheilte Rachweisung ihrer Bestände an jedem 31. Dejember der letzten Jahre bin. Hier findet sich allerdings eine Zunahme; das kommt aber nur daher, weil karz vorher bedeutende 8 ungen ftattgefunden haben. Natürlich zeigt sich folgeweise in der tichzbank an diesen Tagen eine Zunahme. Man muß aber, um ein richtiges Bild zu gewinnen, den Burch schnitt der vollen Jahre ins Augen fassen. Ich habe die betreffenden Nachweisungen bier und kann Ihnen daraus zeigen, daß auch bezüglich der Zweimarkstůcke eine wesentliche Abnahme stattgefunden hat. Die Zweimarkstücke der Reichsbank, welche 1394 im Durchschnitt 15 40ͤ3 der Nettoaus abe betrugen, sind trotz der Ausprägung von über 20 Millionen auf 12 0o der Nettoausgabe gefallen. Auch bei den Fünfmarkstücken ist der Bestand der Reichsbank, der 1894 sich auf 944 0so der Nettoausgabe dieser Münzen belief, ungeachtet sehr großer Prägungen von über 23 Milllonen Mark, nur fehr wenig gewachsen. Dann können die Gegner der Vorlage doch sicher auch die Thatsache nicht aus der Welt schaffen, daß fortwãhrend auJ den Industriebezirken von uns mehr Scheidemünzen verlangt worden sind, als wir haben abgeben können; wir haben sehr oft er⸗ klären müffen, wir haben nichts weiter. Im Dezember v. J. waren wir ganz und gar nicht im stande, die Nachfrage zu befriedigen. Augenblicklich sind wir wieder mit den Fünfmarkstücken Fast ebenfo weit. Nun rühmt Herr Dr. Arendt gegenüber der Scheide⸗ münze die Thaler und sagt: warum giebt man den Leuten nicht Thaler? Sie haben doch die vorzügliche Gigenschaft der Zwangẽ⸗ zablkraftt. Mein Herr Amtsvorgänger, dessen Ansichten ich sonst sehr hochschätze, soll früher einmal gesagt haben, daß die Thaler zur Abwehr übermäßiger Goldansprüche zu Zeiten recht nützlich sein könnten. Eine solche Aeußerung ist vielleicht für eine Zeit berechtigt gewesen, wo der Goldwerth der Thaler erheblich größer war; aber ich bitte die Herren zu bedenken, daß die Unterwerthigkeit der Thaler fort und fort zugenommen hat, sodaß jetzt ein Thaler sich nur wenig in seinem inneren Werthe von drei Einmarkstücken unterscheidet. Das Publikum hetrachtet jetzt den Thaler nur als eine Anweisung auf Gold, wie eine Scheidemünje. Da ist es doch wirklich ehrlicher und offener, wenn man den Leuten eine Münze in die Hand giebt, welche sich auch ausdrücklich Scheidemünze? nennt, als eine Münze, die nach einem anderen, etwas besseren Fuße ausgeprägt ist, nämlich um ein Zehntel innerlich besser ist, aber sich doch weit von dem Gold⸗Nennwerth entfernt, und außerdem nicht in das Dezimal⸗ system paßt, die man auch wenigstens gesetzlich in Gold umzu— tauschen nicht das Recht hat. Das ist nicht allein von mir aus— gesprochen worden, sondern in ähnlicher Weise auch von dem Herrn Grafen von Posadowsly im Jahre 1894, bei Gelegenheit einer Diskussion im Reichstage über vermehrte Prägung von Silber. münzen, in seiner damaligen Eigenschaft als Staatssekretär des Reichs ⸗Schatzamts. Ich will nicht seine ganze Deduktion hier mit—⸗ theilen, er betonte aber besonders, es sei moralischer, eine Scheide⸗ münze auszugeben, die über 20 hinaus niemand in Zahlung zu nehmen brauche, welche aber jederzeit gegen Gold an den Bank anstalten des Reichs umgewechselt werden könnte, als Thaler die man in vollem Betrage in Zablung nehmen müsse und die nicht gegen Gold eingelöst zu werden brauchen. Das ist auch heute vollkommen zutreffend. Man hat nun gesagt: der Thaler sei beliebt, im Verkehr bestehe eine gewisse Anhänglichkeit an die Thaler. Aber, die Thaler sollen ja nicht mit einem Schlage beseitigt werden, sondern man will aus den Thalern das Material gewinnen, um daraus Scheidemünzen allmählich je nach dem sortschreitenden Bedütrfniß des Verkehrs zu prägen; man will eben den Silberumlauf nicht ver— mehren und die Solidität unseres Geldwesens nicht gefährden. Dir Antrag Herold will den Nennwerth des Silberumlaufs vermehren, indem nur so viel Thaler eingejogen werden sollen, als zur Aus⸗ prägung der Silbermünzen nöthig sind. Er weicht in dieser Be ziehung von Artikel IV des Münzgesetzes ab, welcher bei jeder Aus— gabe von Silbermünzen die Einziehung einer dem Werthe nach gleichen Menge groher Landessilbermünzen vorschreibt. Die Regierung bleibt in dieser Bejiehung auf dem Boden des Münzgesetzes; sie will den Nennwerth des Baarumlaufs vollständig erhalten und geht nur insofern etwag weiter, als sie den bei den Neuprägungen erzielten Müͤnzgewinn dazu verwenden will, den Goldbestand der Reichsbank ein wenig aufzubessern, also völlig ohne Kosten ihren Goldbestand etwas zu vermehren. Der Silber umlauf und die Unterwerthigkeit werden danach nicht vermehrt, sondern bleiben, wie sie sind. Der Antrag Schwarze dagegen, den zu meinem Eistaunen heute der Herr Abg. Arendt aufgenommen hat, ist das totale Gegentheil; er verläßt das Prinzix, daß man bei Aus— prägung von Scheidemünze eine dem Werthe nach gleiche Menge von Thalern einziehen soll; er will vielmehr neben den umlaufenden Thalern noch dier Millionen Mark Scheidemünze aus anzukaufenden Barren auspräzen. Wenn man das annimmt und wir zehn Jahre weiter denken, so würden bei 15 AM pro Kopf der dann auf etwa 60 Millionen gewachsenen Be⸗ völkerung im Ganzen noch circa 385 Millionen Mark ausgeprägt werden können; diese würden dann neben den Thalern und den bis jetzt ausgeprägten citea oh Millionen zickulieren oper doch zirkulieren wollen. Das wäre ein Zustand, der für die Regierung absolut un— annehmbar ist. Denn es würde dadurch der unterwerthige Silber umlauf, den ja früher die Bimetallisten stets so außerordentlich be, klagt haben, in kolossaler Weise vermehrt werden; die Unterwerthigkeit des gesammten deutschen Silberumlaufs würde, wenn man die jetzigen Silberpreise zu Grunde legt, um mehrere hundert Millionen bis an 00 Millionen heranwachsen. Das verstößt gegen den Grundsatz jeder Münzpolitik, die Menge der Scheidemünzen nur nach dem Maße des Bedürfnisses iu bemessen. Thut man Letzteres, wie der Gesetzentwurf es will, so hält sich die Scheidemünze, auch im Verkehr selbst in kritischen Zeiten. Wir haben alsdann nicht zu befürchten, daß große Massen zur Einlösung präsentiert werden. Der Verkehr hat aber fortwährend ansehnliche Beträge darin nöthig; es werden zuweilen kleine Quantitäten zur Umwechselung gegen Gold präsentiert werden, aber sicher nicht hunderte von Millionen auf ein Mal. Das war also eine total unberechtigte Befürchtung, wie ich glaube, des Abg. Arendt Nun hat der Hert Abgeordnete Rettich den Entwurf auch deshalb bemäng lt, weil der Augenblick der Einbringung unglücklich gewählt sei. Ich möchte fragen: weswegen? Wir wollen ja unsere Gold— bestände nicht schmälern, wir wollen auch den deutschen Silberumlauf in keiner Weise vermehren. Es soll so bleiben wie bisher. Der Ausgleich ist ein vollständiger, kostenloser. Es ist nur eine äußere Veränderung, die vorgenonmen werden soll. Der Herr Abgz ordnete wies auck auf den schwachen Status der Reichsbank am 31 Dezember v. J. hin. Die Gründe, die diese Schwäche, um mich so auszudrücken, verschuldet haben, liegen ganz wo anders, als der Herr Abg. Rettich meint. Es ist die grohe, gewaltige Welle des Verkehrs, die sich darin bemerkbar macht. Die großen Ansprüche der Industrie, die vielen Emissionen und manche andere Erscheinungen auf zahlreichen Gebieten haben dahin geführt, daß die Goldbestände der Zentralbanken abgenommen haben, und daß viel mehr ungedeckte Noten autzgegeben sind. Ich will beute nicht auf diese verwickelten Dinge näher eingehen. Indessen möchte ich darauf hinweisen, daß ich seit dem 31. Dezember 139389 der Tag, den der Herr Abg. Rettich anführte der Goldbestand der Reichsbank um 114 Millionen erböht bat. Die Metall deckung der Banknoten, die damals auf 51,5 Mo herab- gesunken war, beträgt heute 81,6 oJ. Das sind eben wechselnde Zu⸗ stände. Die Zeitpunkte, wo die Bank am meisten in Anspruch ge— nommen ist, sind gewöhnlich der 30. September und der 31. Be⸗ zember; dann ebbt die Welle stetz zurück. Jetzt sind allerdings die Verhälinifse noch etwas gespannt, und zwar aus verschiedenen Grändeng. Daraug aber irgead welche Momente gegen das vorliegende Gesetz herzuleiten, ist nicht der mindeste Grund. Ich bitte, die Vorlage un⸗ by . irn 123. Fischbeck (fe. Vollsp) spricht sich für die Kommissions— beschlüsse unter Adoptierung des Antrags Herold aus. 9

Abg. Freiherr von Sche le⸗Wunstorf (b. F. F.) spricht den Antrag Arendt, Silberbarren zu kaufen, aut. tt silg sit

Abg. Brömel (fr. Vgg) erklärt, ebenfalls für die Vorlage . auch wenn zu Artikel IV der Antrag Herold angenounk würde.

Abg. von Kardorff: Daß die Goldwährung sich bei u währt bat, wird von allen Freunden derselben behauptet, rern n kann diese Behauptung beweisen; daß sie sich in Friedenszeiten be. währt hat, wird man doch nicht für einen Beweis ausgeben wollen Den Antrag Herold halten wir für eine relative Verbesserung der Vorlage und werden ibm zustimmen; dem ganzen Gesetze aber stehe ich nach wie vor ablehnend gegenüber.

Abg. Kirsch (Zentr): Nach meinen Erfahrungen möchte ic mich doch dahin aussprechen, ; gegenüber dem Fünfmarkstüch der Thaler dag beliebtere Geldstück ist; ich würde daher wünschen, daß ö. Fünfmarkstücke als Zweimarkstücke zur Vermehrung des Scheldemünzenumlaufs ausgeprägt werden möchten. Die Ein g ehung der goldenen Fünfmarkstäcke soll nach dem Wortlaute des Artitelz nach Anordnung des Bundegraths' erfolgen; dieser Ausdruck st ae, 39 ganz korrekt, es müßte Näheres über den Termin an. gegeben sein.

Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Dr. Freiherr von Thiel mann:

Obgleich Art. II und III des Gesetzentwurfs noch nicht zur Dig. kussion stehen, möchte ich dem Herrn Abg. Kirsch, der sie eben ange⸗ schnitten hat, doch erwidern, daß die Anordnung des Bundesraths sich natürlich an erster Stelle auf den Zeitpunkt der Außerkurgsetzung richten wird und auf die Maßnahmen, welche auf die der Außerkurk—, setzung vorhergehende Einziehung der Stücke Bezug haben. Ez ist absichtlich bei dem Präklusivtermin der Ausdruck „Anordnung der Außerkurssetzung“ gewählt worden; der damit verfolgte Zweck war der, jede Unklarheit im Publikum auszuschließen.

Aba. Dr. Hahn (b. k. F.): Oesterreich und Rußland baben roße Mengen Gold an sich gezogen. Das konnte der Reichsbank.

gef lden kommen sehen und hätte damals, zur richtigen Zeit, durch eine Diskonterhöhung der Anspannung des deutschen Geldmarktes vor⸗ beugen können. Das ist aber nicht geschehen, und nun werden uns Desterreich und Rußland gerade als Beispiele dafür angeführt, daß man auch dort die Vorthelle der Goldwährung erkannt habe. Das stimmt nun keineswegs. Es sind in beiden Ländern nur ganz bestimmte Kreise, in Oesterreich vor allem die Bantjuden, die Geldhandel treiben und für ihre Handelszwecke diese Goldbeträge an sich gezogen haben. Die unrichtige Diskontopolitik der Reichsbank und die un—⸗ günstige passive Handelsbilanz haben den Reichzbank⸗Zinsfuß hochge⸗ trieben und allen Produzenten in Deutschland das Geld vertheuert. Trotz aller unserer Bitten läßt sich ja der Herr Reichsbank. Präsident nicht belehren, das französische Beispiel zum Schutze des Goldbestandes nachzuahmen. Als guter Leiter der Bankpolitik hat sich der Herr Präsident Koch ebenso wenig bewährt, wie als richtiger Beurtheiler der wirthschaftlichen Verhältnisse Deutschlands. Seine Münspolitik aber trifft in ibren unheilvollen Wirkungen gerade die Produzenten und den Mittelstand,

Nachdem die Abgg. Gamp (Rp.) und Dr. Arendt zu kurzen Bemerkungen das Wort ergriffen haben, schließt die Diskussion. .

Die Abstimmung schlägt der Präsident Graf von Balle st rem (angesichts des noch immer nicht beschlußfähig gewordenen Hauses) auf einen späteren Zeitpunkt zu vertagen vor.

Da der Abg. Dr. Arendt, der noch einen neuen Artikel Ma in die Vorlage aufzunehmen beantragen will, gegen den Vorschlag des Präͤsidenten Widerspruch erhebt, wird Über den letzteren die Abstimmung vorgenommen; es ergiebt sich für die Aussetzung der Abstimmung eine große Mehrheit.

Artikel IL. und III., welche die Außerkurssetzung der Zwanzigpfennigstücke in Silber und Nickel vorschreiben, werden ohne Debatte erledigt, die Abstimmung wird ausgesetzt.

Abg. Dr. Arendt beantragt folgenden neuen Artikel IVa: „Niemand ist verpflichtet, Fünfmarkstücke im Betrage von mehr als j000 S und die übrigen Reichs⸗Silbermünzen im Betrage von mehr als 50 S in Zahlung zu nehmen“. .

Der Abg. Dr. Arendt beantragt weiter, die Diskussion bis nach 3 3 Abstimmung über Artikel IV aus zusetzen. Der Praͤsident Graf von Ballestrem giebt diesem Antrage keine Folge.

Nach durch den

Abg. Dr. Arendt, der darauf hinweist, daß die Schwierigkeiten des Geldumlaufs innerhalb der Goldwährung sich erst in ihrer ganzen Wucht zeigen würden, wenn die unbeschränkte Zahlkraft der Thaler nicht mebr existiere, =

wird die Abstimmung auch über Artikel Va verschoben. Die Kommission hat folgenden neuen Artikel dem Ge⸗ setzentwurf angefügt:

„Der Artikel 11 (der die Ausprägung von Denkmünjen als umlauffähige Scheidemünzen verbietet des Münzgesetzes von 1873 wird aufgehoben.“ t ; Dem Artikel 3 5 2 dieses Gesetzes wird folgender Absatz 2

hinzugefügt:

Der Bundesrath wird ermächtigt, Fünfmarkstücke und Zwei⸗ markstücke als Denkmümen in anderer Prägung herstellen zu lassen.“

Abg Fisch beck (kr. Voltwp) beantragt die Streichung dieses Kommissionszusatzeß Die Ausprägungsfteibeit für Denkmünzen würde bald zu einer Unsitte und zur Belaͤstigung des Geldverkebrs führen.

kurzer Begründung des neuen Artikels IVa

Abg. Kirsch tritt für den zweiten Theil des Kommissions— .

antrags ein und ersucht um getrennte Abstimmung über die beiden Theile desselben.

Staatssekretär des Reichs-Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:

Ich glaube, daß der Herr Abgeordnete Kirsch, dem ich betref des ersten Absatz's des Artikels VI vollkommen bespflichte, in seinem soeben verlesenen Antrage doch etwaz übersehen hat. Er will über den ersten Absatz besonders abstimmen lassen und hofft jeden“ fallz, daß dieser erste Absatz abgelehnt wird. Dann aber schwebt die Ueberschrift des zweiten Absatzes, mag die Fassung nun belßeg „Art. III 8 2 dieses Gesetzes oder mag sie heißen nach Ziffer 65 A. der Dꝛucksachen Art. III § 2 des vorbezeichneten Gesetzes“, vollkommen in der Luft. Das hat der Herr Abgeordnete übersehen. Wenn der Herr Praͤsident wünscht, dem Herrn Abg. Kirsch Gelegenheit zu einer Abänderung seines Antrages zu geben, dann kann ich ja später das Wort weiter ergreifen, sodaß der Herr Abg. Kirsch Gelegenheit hat, seinen Antrag ju modifizieren.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Kirsch be—⸗ merkt der

Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts Dr. Freiherr von Thielmann:

Nun komme ich zur Sache selber. Ich möchte das hohe Haus bitten, den Artikel V, sei es mit, sei es gegen den ersten Absat, nicht anzunehmen. Die Vielfältigkeit unserer Münzen, was die Prägung anlangt, ist bereits eine sehr große das hat der Herr Abg. Fischbeck richtig hervorgehoben und es nicht wänschengwerih, sie weiter zu vermehren. Wenn eiast ein großer nationaler Freudentag kommt, so blelbt immer die Mög⸗

erscheint

ein besonderes Gesetz eine Siegesmünze, oder was es u schaffen. Es erscheint aber nicht jweckmäßig, im Rahmen sverfassung die Sache allgemein zuzulassen. Jeder

durch

it. y Bunde

desstaat, allerdings mit Genehmigung des Bundesraths,

dri n Möglichkeit, für besondere Ereignisse ein Zwei oder gin fnarkttũc als Denkmünze zu schlagen.

Außerdem kann ich dem behen Hause mittheilen, daß diejenigen gudeztegierungen, welche eigene Münzstätten besitzen, nicht die gbsiht begen, diese ibre Münistätten solchen Denkmünjen zu öffn.

t der Herr Abg. Kirsch gesagt: Werden die Denkmünzen

. ha . Maße ausgeprägt, so werden sie sofort von den Sammlern

uit Beschlag belegt und es geschieht damit kein Schaden. Der Zweck net Währung münze ist nun aber nicht, in den Sammlungen zu . sondern im Verkehr umzulaufen, und es würde also ihrem

tigentlichen Zweck nicht genügt. Ich bitte Sie allo, den Art. 6 mit oder ohne ersten Absatz

ulehnen. 4 Abg. G amy befürwortet lebhaft die Annahme des Kommissions⸗ n Volke würde die Ausprägung von Fünf und Zwei⸗ m Bildnisse des Kaisers Friedrich bezw. mit den ei Kalser mit Freuden begruͤßt werden. Natürlich ße nationale Änlässe den Anstoß zu solchen Aus j Ein Mißbrauch sei nicht zu befürchten. Auch VI wird die Abstimmung ausgesctzt. Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 1 Uhr. Rehnungs vorlagen, dritte Lesung des Gesetzentwurfs, be⸗ trefend Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, Abstimmung über die Münzgesetznovelle.)

Preusßischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 44. Sitzung vom 12. März 1900, 11 Uhr.

Die zweite Berathung des Staatshaushalts für 1900 nid im Etat des Ministeriums der geistlich en, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten bei zem Kapitel der höheren Lehranstalten fortgesetzt.

Lig. Dr. Glattfelter (Gentr.) tritt für eine angemessene Aus⸗ dabnnng der Erwerbsmöglichkeit für die Frauen durch erleichterte Zu⸗

na'zu den Universitätsstudien, ferner für die Abschaffung der sog. in nreng ein. Die Denkschrift der Regierung über die Sterb⸗ sckktzverhältnifse der Oberlehrer begrüßt der Redner als Anregung ,, J bz. Pr. Goebel (Zentr.) hebt in längerer Darlegung die Be—⸗ deutung der humanistischen Bildung für die Stärkung des nationalen mpfindens und die Erhaltung des Ideallsmus hervor und wendet mp ö 9 sic e nl Ueberbürdung der Lehrer, bleibt aber im weiteren un⸗ tstandlich. he , pon Knapp (nl) wünscht eine erhebliche Erhöhung der Feiseftlbendien fär die Lehrer der höheren Lehranstalten, um nicht aljusehr hinter dem Auslande in dieser Beziehung zurüqzustehen.

Übg. Dr. Kropatscheck (kons.): Ich bin stets dafür eingetreten, unfere , 5 33 hero fu ther werde. . Luzführungen des Herrn von Heydebrand wi nur einige Be⸗ ae rn inn str Haben die humanistischen Gymnasien ihren Zweck fo schlecht erfüllt, daß man sie als reformbedürftig ansehen nißte? Sie sollten eine Vorbildung für das wissenschaftliche Studium uf der Universität geben. Wenn ich mich umsehe in allen Zweigen dez öffentlichen Lebeng, von den ersten Stagtsmännern bis zu den Größen auf medizinischem und narnurwissenschaftlichem Gebiet, die ale ihre Vorbildung auf dem humanistischen Gymnasium erhalten . 2 . . 3 ö . ö. 9 .

vmnasium seinen Zweck ni erfü abe. an hätte die

Mängel abstellen, aber nicht an dem Fundament rütteln sollen. Ftrade die unselige Konkurrenz auf dem Gebiete des Berechtigungs⸗ wesenß hat dem Gymnasium geschadet. Das alte Realgymnasium solte nicht ein Konkurrent des humanistischen sein, sondern solte eine praktische Ausbildung für das künftige Berufsleben geben. Bei den Reformen begann man alle Faͤcher gleichartig uw behandeln. Seit 1882 ist die Stundenzahl des lateinischen Unterrichtgz um 280/09 berabgemindert worden. Ich bin nicht dafür, Naß man alle Augenblicke an dem Fundament des Unterrichts rüttelt. Man schlägt fär den Anfang des Lateinischen alle möglichen Klassen ner bis zur Untertertia. Aehnlich ist es mit dem Griechischen. Benn man alle zehn Jahre reformieren will, wo bleibt da die Stetigkeit der Entwickelung? Es wird nur die Unruhe und die Un— siberheit bei den Lehrern, Schülern und im ganzen Lande um so nößer werden. Jeder der Reform vorschläge ist mir empfohlen worden ni der Behauptung, daß ebensoviel wie bisher geleistet werden würde. Das ist nicht richtig. Es ist unglaublich, wieviel weniger jetzt die Studierenden die alten Sprachen kennen als früher. Man hatte viel beser gelhan, die Lehrpläne der einzelnen Anstalten zu differenzieren, mstatt sie immer mehr anzunähern. Seit 1892 sind noch das Reform⸗ Munasium und Realgymnasium hinzugekommen. Statt dessen hätte man nur unterscheiden sollen zwischen dem scharf ausgeprägten ämanistischen Gymnastum, in welchem die alten Sprachen die Frnndlage bilden, und den anderen Anstalten, welche für das mnttsche Leben vorbereiten. Die Frage des Realgymnasiums 16 ur ar, pier ich 9 ö a. 366 naler es vie eniger Realgymnasien, un ese Frage . uns erst aufgetaucht, als das Realgymnasium aufhörte, das zu n, was eg urspränglich sein sollte. Der Dezemberkonferenz macht man wegen der Einfübrung des Abgangzexamens in Sekunda un— ine Vorwürfe; diese Prüfung sollte durchaus keinen schwierigen alter erhalten, und sie ist auch in der That nicht schwer zu

41 5 nicht im nel g, . , .

orkommen kann. as err r. Schröder über

ä Ueberbürdung sagt, ist auch schon. alles in der Deiember- neten gesagt worden. Die vielgeschmähte Dezemberlonferenz

in ib Mögsichftes gethan, um die Rejorm unseres Schul nent in gedeihlich? Babnen zu lenken. Ich will nur wünschen,

die weitere Deformierung unseres Schulwesens später ebenso ö If tigt dasteht wie die Bejemberkonferenz. Herr Schröder hat . 6. 53 a nn, ge n, 3 ich i n

hl nen so großen orwurf. on ührt er in seiner

. nur die Klagen vor, die auch alljährlich in diesem Hause

enen worden sind. Der Kultus ⸗Minister hat sich ja bereit er an an der Verbesserung der beklagten Zustände weiter zu ar

. r Der Normal- Etat befriedigt im Ganzen niemanden. Man n Grundsatz anerkannt, daß die Lehrer mit den Richtern erster

. gleichgestellt werden müssen, daß ferner die Lehrer der * gatlichen Anstalten mit denen der staallichen Anstalten gleich⸗ nu werden müssen; aber schließlich hat man immer wieder gelagt; neh können wir doch nicht gehen. Der Redner empfiehlt ij cn von ihm mit Unterstützung der konservativen Partei 1 Antrag: die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: * em ten Nachtrag zum Normal ⸗Etat in dem Sinne abjuaͤndern, gan feste Zulage (5 1 4. a. O.) den Oberlehrern an den vom FRäninterstißten Anstalten nach denselben Grundsätzen wie den 5 n 261 an den vom Staat unterhaltenen Anstalten gewährt werde, n mm angen über die Besoldungen der Zeichenlehrer, hiunn gen technischen, der Elementar. und Vorschullehrer dahin bam en, daß a. denjenigen fest angestellten und voll beschäftigten . Lehrern, welche die vorgeschriebene Prüfung als Zeichen hann n re Schulen bestanden haben und an der Anstalt ihrer gkeit den rollen lehrplanmäßigen Zeichenunterricht, jedoch

ö

weniger als 12 Stunden wöchentlich, ertheilen, die in 5 1 Nr. 4 des Entwurfs des dritten Nachtrags zum Normal⸗ECtat k Gehalts sätze gewährt werden, b. die im §5 1, 5a des Normal ˖ Etats nach der . des ersten Nachtrag, für die technischen, die. Elementar- und Vorschullehrer vorgesehenen Gehaltssätze auf die ae, Schöneberg, Charlottenburg und Rirdorf ausgedehnt werden.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Meine Herren! Ich gestatte mir im Anschluß an die Erklärung, die ich vorgestern in diesem hohen Hause abzugeben die Ehre hatte, nur noch hervorzuheben, daß es bei der bevorstehenden Berathuug über eine Aenderung in der Organisation unseres höheren Schulwesens nicht die Absicht der Unterrichtsverwaltung sein kann, an den Grund⸗ lagen der Reform, wie sie durch die Dezemberkonferenz von 1890 ein geleitet und durch die Normalpläne von 1892 zum Abschluß gebracht worden ist, im wesentlichen eine Aenderung eintreten zu lassen. Es handelt sich in der Hauptsache darum, gewisse moderne Richtungen, die inzwischen in einem ganz überraschenden und damals nicht geahnten Umfange sich entwickelt haben, in den Kreis ernster Erwägungen zu ziehen, sodann aber auch, die Mannigfaltigkeit der Gestaltung einzelner Unterrichtsanstalten, die, wie ja hier schon vielseitig geltend gemacht worden ist, schließlich einen buntscheckigen und zu Uebelständen Ver⸗ anlassung gebenden Zustand herbeigeführt haben, womöglich in ein einheitliches System hineinzubringen.

Im übtigen kann ich an den Erklärungen nur festhalten, die ich vorgestern hier abgegeben habe, und gestatte mir in Bezug auf das, was der Herr Vorredner soeben hervorgehoben hat, nur noch zu be— merken, daß er doch wohl nicht ganz in seinen Ausführungen konse⸗ quent geblieben ist, wenn er auf der einen Seite das quieta non movere betont und auf der anderen Seite Uebelstände hervorgehoben hat, die seiner Ansicht nach einer Remedur bedürfen. Gerade diesen Ausführungen glaube ich auch ein Argument dafür entnehmen zu müssen, daß die Unterrichtsverwaltung nunmehr die Aufgabe hat, einen Zustand herbeijuführen, der hoffentlich aus dem gegenwärtigen System der Unruhe etwas Ruhiges und Dauerndes geschafft. (Bravo

Abg. Dr. Arendt (fr. kons.): Das humanistische Symnasium kann nicht die Vorbereitung für alle Berufszweige sein; es geht zu Grunde, wenn man an dem Berechtigungsmonopol festhält. Deshalb muß die Berechtigung der anderen, für das praktische Leben vorbereitenden Anstalten erweitert werden. Das Reform⸗ gymnasium bietet große Vortheile. Wenn das humanistische Gymnasium für alle gelehrten Berufszweige vorbereiten soll, und wenn man an dem Berechtigungsmonopol festhält, dann wird das humanistische Gymnasium nicht umhin können, immer weitere Konzessionen an das moderne Leben zu machen. Der Redner unterstätzt den Antrag des Abg. Kropatscheck und bittet den Minister um seine Fürsorge für den Lehrerstand.

Abg. Dr. Dittrich (Zentr.) wünscht, daß das in Münster zu errichtende Progymnastum konfessionellen Charakter erhalte, ermahnt auch die Gemeinden, den paritätischen Charakter ihrer höheren Schulen mehr und mehr aufzugeben, und tritt überhaupt allgemein für die Konfessionalität der höheren Lehranstalten ein.

Minister der geistlichen 2ꝛc. Angelegenheiten Dr. Studt:

Ich bin zu meinem Bedauern genöthigt, die thatsächlichen Dar⸗ legungen des Herrn Vorredners in einigen Punkten zu berichtigen. Zanächst handelt es sich nicht, wie der Herr Vorredner sich ausdrückte, um erst neuerdings befelgte Grundsätze der Königlichen Staatsregierung und um Nachklänge aus der Aera Falk, sondern die Praxis, welche die Uaterrichte verwaltung hinsichtlich der Festlegung des konfessionellen Charakters der höheren Unterrichtsanstalten seit langen Jahren stets befolgt hat, steht im Einklang mit einem bereits im Jahre 1862 ge— faßten Beschlusse des Abgeordnetenhauses und hat also mit der Aera Falk nichts zu thun.

In Bezug auf den hier vorliegenden Fall habe ich nur auf die Erklärung meines Herrn Amtsvorgängers aus dem März v. J. dahin Bezug ju nehmen, daß eine vertragsmäßige Fest« legung des konfessionellen Charakters der neu zu gründenden staatlichen Lehranstalt nach allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen nicht zugestanden werden kann. Es steht ja hier, wie ich ausdrücklich hervorheben muß, nicht eine selbst⸗ ständige Entschließung der Königlichen Staatsregierung in Frage, sondern es soll mit der Stadt Münster in ein vertragsmäßiges Ver hältniß eingetreten werden hinsichtlich der Hergabe des Platzes für das neu zu errichtende staatliche Progymnasium. Aus allgemeinen politischen und staatsrechtlichen Gründen ist es aber nicht angängig, daß eine vertragsmäßige Festlegung des konfessionellen Charakters einer neu zu gründenden höheren Unterrichtsanstalt seitens der König⸗ lichen Staatsregierung irgend einer Stadtgemeinde gegenüber erfolgt, weil eine solche Festlegung zu ganz unberechenbaren Konsequenzen für den Fall veränderter Verhältnisse fähren müßte.

Kann ich, wie bemerkt, in dieser Frage eine jetzt beinahe vierzig⸗ jährige Praxis der Staatsregierung für mich in Anspruch nebmen, so darf ich wohl weiter hervorheben, daß für die höheren Unterrichts— anstalten auch ganz andere Gesichte punkte hinsichtlich des konfessionellen Charakters in Betracht kommen als für die Volksschule, und daß eine Parallele in dieser Beziehung nicht statthaft ist, zumal eine möglichste Berücksichtigung der konfesstonellen Verhältaisse bei den Volksschulen schon in der Verfassung angedeutet wird, während dies bezüglich der höheren Unterrichtsanstalten nicht der Fall ist.

Ich will auf dieses Gebiet nicht weiter eingehen; es würde zu nichts führen, hier die grundsätzliche Seite, die der Herr Vorredner berührt hat, von neuem zu erörtern, besonders da einige von ihm er— wähnte Beispiele auch in thatsächlicher Hinsicht nicht ganz zutreffen. Wag j. B. das Gymnasium in Warendorf betrifft, dessen Verhältnisse mir von früher her genau bekannt sind, so ist allerdings in der Urkunde, mittels deren die Unter- richtsverwaltung die Anstalt, die früher eine kommunale war, auf den Staat übernommen hat, die Möglichkeit vorgesehen, daß bei veränderten Verhältnissen die Anstalt später einmal in eine paritätische verwandelt werden könnte. Thatsächlich hat eine solche Umwandlung bisher nicht stattgefunden; auch ohne vertrag mäßige Bindung der Unterrichtsverwaltung ist der konfessionelle Charakter der Schule nicht geändert worden, das gesammte Lehrerkollegium ist nach wie vor ein katholisches.

Was die Verhandlungen mit der Stadt Münster betrifft, so ist mir zum tbeil auch in den Zeitungen ein Vorwurf gemacht worden, als hätte ich gleich nach Uebernahme meines gegenwärtigen Ressorts veranlaßt, daß die Forderung der städtischen Bebörden, die Anstalt konfessionell zu gestalten, abgelehnt und der Schule ein paritätischer Charakter beigelegt werde. Das ist voll⸗ standig unrichtig. Es haben schon in dem Jahre 1898 Verhandlungen mit den städtischen Behörden stattgefunden,

deren Ergebniß in einem Erlaß vom 4. März v. J, also noch unter meinem Herrn Amtsvorgänger, dahin festgelegt worden ist, daß von einer vertragsmäßigen Fixierung des konfessionellen Charakters der Anstalt nicht die Rede sein könne, daß aber beabsichtigt werde, that⸗ sächlich die Anstalt als eine evangelische zu behandeln und bis auf weiteres nur evangelische Lehrer an derselben anzusteklen.

Diesen Standpunkt haben dann, worauf ich außerdem hinweisen darf, die städtischen Behörden in ihren Beschlüssen vom 5. Juli v. J. und vom 1. März d. J. einhellig acceptiert und dadurch das Zu⸗ standekommen der Anstalt in entgegenkommender Weise gesichert. Ich glaube nicht, daß es wohlgethan wäre, diese von den städtischen Be⸗ hörden angenommene Grundlage zu verlassen. Der Herr Vorredner hat ja auch seinerseits eine Aenderung der Kommissions⸗ beschlüfsse, die Schule in der von der Staatzregierung beantragten und befürworteten Weise zu errichten, nicht in Antrag gebracht.

Nun kann ich den Herrn Vorredner aber in Bezug auf den Appell, den er am Schlusse seiner Ausführungen an mich gerichtet hat, vollständig beruhigen. Die Anträge der städtischen Bebörden hinsichtlich der anderweitigen Gestaltung des höheren Unterrichts wesens in Münster und namentlich hinsichtlich der Umgestaltung des dortigen Realgymnastums sind zwar erst heute früh hier eingegangen, aber ich habe schon jetzt aus einer flüchtigen Lektüre dieser Verhand—⸗ lungen entnehmen können, daß sie eine geeignete Grundlage geben werden für eine Gestaltung der Verhältnisse, wie sie den Wünschen der städtischen Behörden entspricht. (Bravo! im Zentrum.) Es sollte mich freuen, nicht bloß aus dem Gefühle der Dank⸗ barkeit heraus, die ich der Bürgerschaft der Stadt München schulde, sondern auch aus allgemeinen Gründen sollte es mich wirklich in hohem Maße mit Freude erfüllen, wenn es möglich wäre, den An trägen und Wünschen der städtischen Behörden in vollem Umfange stattzugeben. Was meinerseitz nach der Richtung hin geschehen kann, soll ganz entschieden geschehen.

Abg. von Riepenhausen (kons.): Herr von Heydebrand hat unsere Stellung dargelegt, und sie wird nicht durch die Erklärung des Ministers beeinflußt. Ich kann auch nicht finden, daß sich Herr Kropatscheck widersprochen hat. Ich möchte auf die Ueberlastung einiger Lehrer an dem Königlichen Pädagogium in Putbus hinweisen. Den guten Ruf des Gymnasiums in Putbus verdanken wir der Auf⸗ opferung des Lehrkörpers, aber wir durfen an die Lehrer nicht solche Anfprüche stellen, daß Krankheiten die unausbleiblichen Folgen sind. Ich bitte den Minister um eine baldige Remedur.

Abg. Daub (nl) tritt dafür ein, daß den Oberlehrern die Hilfs— lehrerzeit auf das Dienstalter angerechnet werde, da sie nur in seltenen Fällen das Höchstgehalt erreichten. U

Abg. Krawinkel (nl.) meint, daß die neueren Sprachen ebenso gut wie die alten gerignet feien, den Geist zu kilden, und befürwortet die Zulassung der Abiturienten der Realgymnasien zum Studium der Medizin und der Jurisprudenz. Die bedauerlich; Entfremzung zwischen der Bureaukratie und den Männern des sonstigen Lebens komme daher, daß die Abiturienten des humanistischen Symnasiums der Entwicklung des praktischen Lebens nicht die richtige Würdigung zu theil werden ließen. In Hamburg seien nur 19 09 der Schüler auf humanistischen Gymnasien, und doch stehe das geistige, künstlerische und wissenschaftliche Leben in Hamburg nicht zurück. Umgekehrt sei es in Posen. Die nationalliberale Partei wolle die tlassische Bildung nicht herabsetzen, verlange aber eine Erweiterung der Berechtigung der prakischen Richlung. .

Abg. Dr. Hahn (B. d. ): Man sollte in Bezug auf die Schul⸗ bildung nicht zwischen Ost und West unterscheiden. Ja Hamburg steht das geistige Leben nicht besonders hoch, in Posen sind dagegen die Söhne der Offiziere und Beamten auf den humanistischen Gymnasien. Kein anderer Zweig hat einen so schwierigen Bildungsgang wie die Philologen; alle anderen Studierenden haben einen bestimmt be— grenzten Studienplan. Die Lage der Hilfslehrer muß verbessert werden, namentlich durch frühere Anstellung. Die Juristen stammen gewöhnlich aus reicheren Familien und kommen viel leichter in die Lage, eine reiche Frau ju heirathen als die Philologen. Die Philologen müßten auch auf die Volkswirthschaft mehr hingewiesen werden, damit sie ein größeres Verständniß und Interesse unserer nationalen Politik entgegenbringen.

Abg. Schmitz. Büsseldorf (Zentr.) verwahrt sich gegen den Vor⸗ wurf des Abg. Goebel, daß er den höheren Lehrern übelwolle,

Damit schließt die allgemeine Diskussion über die höheren Lehranstalten. K

Bei den Zuschüssen für die vom Staate zu unterhaltenden Anstalten bemängelt . -

Abg. Schmelßer lfr. kons. die Unmlänglichkeit der Schulräume in Clausthal. .

Bei den Zuschüssen für die von Anderen zu unter⸗ haltenden, aber vom Staate zu unterstützenden Anstalten be—⸗ fürwortet .

Abg. Praetorius (kons.) die Bitte der Stadt Gartz a. O. um Erböhung des Staatszuschusses. Seit 15 Jahren vertrete er diese Bitte, habe aber immer nur Versprechungen erhalten. Vom Kultus= Ministerium sei er an das Finanz Ministerium verwiesen; an dem letzteren liege es also.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Studt:

Zar Erklärung der Haltung der Königlichen Staatgregierung in dieser Angelegenheit gestatten Sie mir zunächst Folgendes hervor⸗

zuheben.

Vag Vollgymnasiam in Gartz zäblte im Jahre 1899 113 Schüler, darunter 62 einheimische und hl auswärtige. Es läge in Anbetracht der großen Lasten, die sich die Stadt aufgebürdet hat, für die Königliche Staatg⸗ regierung an sich alle Veranlassung vor, der Frage der Beseitigung dieser Anstalt näherzutreten, zumal die Meinungen über den Werth des Fortbestehens dieser Schule in der Bewohnerschaft sehr getheilt sind. Der Herr Vorredner hat selbst hervorgehoben, daß eine Petition vorliegt, welche auf baldige Auflösung und Beseitigung dieser Anstalt

dringt. z —! Es ist weiter von dem Herrn Vorredner erwähnt worden, daß

zur Zeit die Sache von neuem den Provinzialbehoörden zur gutacht⸗ lichen Aeußerung zugegangen ist. Je nach dem Ausfall derselben werde ich mein Verhalten einrichten müssen. Das kann ich aber jetzt schon erklären, daß es mir eine Freude sein würde, wenn ich, namentlich nach den Darlegungen, die mir soeben über die dort herrschenden Nothstände gegeben worden sind, den dabei zum Ausdrucke gebrachten Wünschen entsprechen könnte. Es wird meinerseits das Möglichste geschehen um diese Wänsche zu verwirklichen. (Bravo! rechts) Daß die Er⸗ ledigung dieser Angelegenheit von meiner Entschließung allein nicht abhängt, ist den Herren ja bekannt.

Ich darf dann aber noch mein Bedauern darüber aussprechen, daß der Herr Abgeordnete es beliebt hat, den Erlaß vom 27. November v. J. in einer Weise zu schildern, die den im Ministerium beschäftigten Herren den Vorwurf zuzieht, als hätten sie absichtlich eine sich bietende Situation benutzt, um ihre Sondermeinung durchzusetzen. Das wären doch wunderbare Zustände, wenn es daju kommen sollte! Ich muß im Interesse des Ansehens der Behörde gegen eine derartige Unter⸗ stellung die entschiedenste Verwahrung einlegen.