2 ö 5 . —
Goldmuünjen — im Ganzen 1411 Millionen — prägen lassen, aber nicht alles ist umgeprägt; das wäre e lh schare k das thut keine Notenbank. In Amerika, wo die entgegengesetzte Praxis beim . amte zu Recht besteht, ist wiederholt amtlich empfohlen worden, sie ju verlaffen. der Schatzsekretär hat erklärt, man sollte ein Quantum fremder Münzen haben, um eventuell auf den Wechsellurs einen gewsssen Einfluß auszuüben. Auch wir haben schon öfter fremde Goldmünzen verkauft, um auf den Wechselkurs zu drücken. Nun hat der Derr Abg. Dr. Arendt auf spezielle Fälle die Diskont erhöhung im vorigen Jahre, nämlich im Dezember und Oktober, jum Gegenstand seiner Kritik gemacht. Meine Herren, damals ist keines⸗ wegs der Goldausgang der Grund der Erhöhung , . das habe ich auch niemals gesagt, sondern wesentlich die innere Lage. Im Oktober waren uns damit sogar schon ein elne Privatnoten banken vorangegangen. Die Bayerische und die Sächsische Notenbank waren schon auf 5 Pro⸗ zent gegangen — etwas Unerhörtes! Sonfst folgten sie uns in der Regel erst nach. Die Wechselanlage der Reichsbank war so hoch ge⸗ stiegen, wie noch niemals zuvor um diese Zeit, und natürlich batte auch entsprechend der Goldvorrath abgenommen. Unsere steuerfreie Notengrenze war zu gewaltigem Betrage überschritten. Ganz ähnlich verhielt es sich, als wir im Dezember auf 7 Prozent hinauf⸗ gingen. Da war der Privatdiskont, also der Diekont am offenen Markt, in die Höhe gegangen auf 6 Prozent, er hatte also dieselbe Höhe erreicht wie der offizielle Bankdiskont. Die Anlage war fo boch wie noch nie um diese Zeit, nämlich 1072 Millionen, und sie ging am 31. Dezember — trotz der inzwischen erfolgten Dis konterhöbhung — auf 1251 Millionen. Abermals waren zwei Privat notenbanken, die Sächsische und die Badische Bank, bereits mit Diskont erhöhungen vorangegangen. Es gab kein Mittel, um der gewaltigen Aufwärtsbewegung des Kredits im Lande einigermaßen Zügel anzulegen. Wir müssen in solchen Fällen dasür sorgen, daß die Kreditanspannung, wo möglich, nachläßt. — ich habe in jeder Versammlung des Zentralausschusses deshalb die Mabnung ausgesprochen, thunlichst dahin zu wirken, daß mit der Kreditanspannung, mit den Emissienen u. J. w. innegehalten werden möge. Daß ein drohender Goldabfluß damals ebenfalls mitwirkte, will ich nicht leugnen; aber wir haben im vorigen Jahre und auch im letzten Jahre durchaus nicht per Saldo Goldabfluß aus Deutschland, wir haben im Gegentheil im vorigen Jahre ein ganz erhebliches Plus der Gold ⸗ einfuhr vom Autlande gehabt, nämlich, wie schon bemerkt, 135 Millionen Mark. Wenn man freilich, wie der Herr Abg. Dr. Arendt, die amtlichen statistischen Angaben anzweifeln will, dann hört jeder Kampf auf. Wir haben in Deutschland zuverlässige amtliche statistische Veröffentlichungen, in anderen Ländern erfolgen gleichfalls folche Veröffentlichungen, das ist ganz dieselbe Basis, und diese ergiebt passendes Vergleichungsmaterial. In Frankreich, was uns 85 Dr. Urendt immer rühmt, zeigt sich beispielsweise, daß der oldstand der Bank in der kritischen Zeit beinahe ebensooiel ab— genommen hat als bei uns, und die Gold. Mehreinfuhr in den entscheidenden letzten fünf Jahren war sogar erheblich kleiner. err Dr. Arendt kam bei Frankreich auch auf die angeblich dort be⸗ olgte Prämienpolitik zurück. Ich habe darllber schon bel der Be— rashung des Bankgesetzes im Reichstage gesprochen. Meiner Ueber⸗ zeugung nach ist die sogenannte Prämierpolitik kein Schutzmittel gegen Goldab fluß, das hat sich eben in Frankreich gezeigt. Für uns ist sie uberbaupt nicht möglich, und auch in Frankreich scheint sie jetzt gan; verlassen zu sein; denn in den letzten Jahresberichten der Bank ven Frankreich ist von der Prämienpolitik nicht entfernt mehr die Rede, sondern nur von der Diskonterhöhung als ein⸗ zigem wirksamen Mittel, den Baarvorrath, also namentlich den Goldschatz der Bank, zu schützen. Die Bank von Frankreich hat dieses letztere Mittel auch angewandt. Der gewerbliche Aufschwung bat dont bekanntlich weit später eingesetzt, als bei uns schon die Wogen sehr hoch gingen. Im Jahre 1898 stieg die Bank dort von 2 auf 3 0 und dann im vorigen Jahre in kurzer Zeit von 3 auf 48 0o hinauf; das ist verhältnißmäßig eine viel stärkere Steigerung als bei uns. Bei der Bank von Frankreich betrug der Metallbestand im Jahre 1894 durchschnittlich 2470 Millionen Mark, er ist dann noch immer weiter gestiegen, weil man damals eben wirthschaftlich noch eher zurückging als vorwärts, im Jahre 1895 auf 2632 Millionen, das war das Maximum. Im Jahre 1899 betrug er durchschnittlich 2449 Millionen, das macht ein Minus von 183 Millionen. Bei uns war der durchschnittliche Metallbestand mit 1012 Millionen im Jabre 1895 am höchsten, jetzt beträgt der Durchschnitt 826 Millienen, das macht ein Minus von 186 Millionen. Der höchste durchschnittliche Goldbestand fällt ebenfalls auf das Jahr 1895; er betrug 705 Millionen, im Durchschnitt des Jahres 1899 stellte er sich auf 573 Millionen, macht ein Minus von 132 Millionen. Meine Herren, die Statistik ist ja eine gute Wissenschaft, man muß sie nur auch richtig anwenden. (Sehr richtig! rec ts) — Da haben Sie vollkommen recht. Man darf nicht tendenziös gewisse Zeiwunkte heraussuchen, sondern man kann, wenn es sich um das Bankwesen handelt, in der Regel nur mit Durchschnitten arbeiten. Nun wiederholt Herr Dr. Arendt die alte Sache, die eine große Rolle in der bimetallistischen Literatur spielt: es wäre im Jahre 1895 der Goldvorrath um 2 Milliarden erleichtert (lebhafte Zurufe rechts) — um 250 Millionen gleich Milliarde, ich hatte mich in dieser Beziehung natürlich nur ver⸗ vprochen. Der Unterschied des Höchst, und des Mindestoorraths der Reichsbank in Gold im Jahre 1889 betrug in der That 250 Millionen. Aber im Jahre 1895 hatte Deutschland im Ganzen noch ein Plus der Goldeinfuhr von etwa 15 Millionen Mark. Da Gold der Reichsbank ist also wesentlich in den Verkehr geflossen, nicht ins Ausland. Nach Rußland ist im Jahre 1895 überhaupt nur eine ganze Kleinigkeit Gold gegangen. Schon in den ersten 7 Wochen des Jahres 1896 hatte der Gold— vorrath der Reichsbank um 111 Millionen wieder zugenommen. In den folgenden Jahren sind ganz ähnliche Spannungen zwischen Höchst⸗ und Mindestrorrath der Reichsbank an Gold wie im Jahre 1895, so. 1898 256 Millionen Mark, 18998 2098 Millionen Mark. Die wiederholen sich immer; im Frühlahr Zuwachs, früher sogar Itter Ueberfüllung, und am Schluß des Jahres eine gewisse Gbbe. Die Zahlen des Herrn Dr. Arendt sind also in keiner Weise geeignet, gegen die Reichsbank verwendet zu werden. Meine Herren, wir werden fortfahren, die Diskontpolitik nach den von unt als richtig erkannten Grundsätzen zu üben zum Wohl des Landes! Abg. von Staudy: Den fast durchweg sehr gerechtfertigten Ausführungen des Abg. Arendt hätte der Reichsbank. Prästdent doch vielleicht in etwas anderer Weise entgegentreten sollen. Wir halten für selbftverständlich, daß der Reichs bank Präsident von seinem Stand. punkt aus auf eifrigste bestrebt ist, dem Lande ju dienen; aber auf die Vermehrung der Umsätze können wir den bohen Werth nicht legen, den er darauf legt. Die Deutschkonservativen unterscheiden sich von ihm darin, daß sie nicht, oder doch nur sebr wenig Anhänger der reinen Goldwährung sind, und dann darin, daß sie seine Diskontpolitik nicht billigen können. Wenn der Reichsbank ⸗Präsident Dr. Koch meint, die Frage: Goldwährung oder Bimetallismus?“ sei entschieden, so wider spreche ich durchaus. Weiter gehe ich absichtlich auf dieses Thema nicht ein. Die Klagen des Abg. Arendt hat der Reichsbank ⸗Präsident zu meiner Freude bis zu einem gewissen Grade als berechtigt anerkannt. Wir baben eine durchgreifende Vermehrung des Kapitals verlangt; hätte uns der Reichsbank. Prästdent in diesem Verlangen unterstützt, so hätten wir die furchtbaren Nachtheile nicht, welche die riesigen Diskontsãtze über die produzierenden Stände gerracbt haben. Ich schließe mit der Hoffnung, daß der Reichsbank ⸗Präsident bestrebt sein wird, solche . von Deutschland fernzuhalten, wie wir sie zuletzt gehabt en.
Nach einer Erwiderung des Präsidenten des Reichsbank⸗ Direktoriums Dr. Koch, welche im Wortlaut morgen nach⸗ getragen werden wird, erklärt der
Abg. Büsing (nl. ): Nachdem Silberländer wie China, Japan
entschieden (Rufe rechts: Nein); für mich ist sie entschieden. Ganz gewiß haben unter den hohen Dislontfagen die Landwirtbschaft und auch induftrielle ⸗Kreise schwer zu leiden gehabt; und Alles muß ge—⸗ schchen, um ju einer Erleichterung zu gelangen. Auch ich sehe den Grund dieser hohen Sätze lediglich in dem gewaltigen wirth⸗ schaftlichen Aufschwung, in der Lage des Geldmarkteg; einen anderen Grund giebt es garnicht. Es fehlt nicht an Um laufsmitteln, eg fehlt an Kapital; nach diesem ist die Nachfrage ganz ungewöhnlich gestiegen. Auch an die Reichs bank sind gewaltige Anforderungen herangetreten, das ergiebt ja augenfällig der letzte Jahresbericht. Die Goldpraͤmie schickt sich nicht für Deutschland, welches nur ein einziges Währungsmetall hat; Frankreich hat zwei Währungtsmetalle, da läßt sich eine Goldprämie rechtfertigen. (Zurufe rechts: Silbertbaler) Unsere Währung würde zur Unwahrbeit werden, wenn auf das Währungsmetall eine Prämie gelegt würde. Auch ist der wirthschaftliche Aufschwung in Frankreich nicht so groß gewesen, wie er in Deutschland war. Jeder Staat bildet ja doch ein eigenes Wirthschaftsgebiet.
Abg. Dr. Arendt: Letzteres kann ich nicht anerkennen. Durch die Goldwäbrung sind wir in absolute Abhängigkeit von dem inter⸗ nationalen Geldmarkt gekommen. Der französischen Währung habe ich nicht den niedrigeren Diskontsatz nachgerühmt, sondern dem französischen Goldprämiensystem. Das ri ff Gold ist thesauriert, da Rußland erst im Begriff ist, zur Goldwährung überzugeben. In keinem Lande ist das Wechselportefeuille so gestiegen wie in Rußland. Die Goldprämie hat nicht den Zweck, die Goldausfuhr zu ver⸗ hindern, sondern zu vertheuern. Daß die Prämie in Frank—⸗ reich nur durch die dort noch faktisch bestehende Doppelwährung möglich gemacht wird, ist eine wohl nur Herrn Basing eigene Auf⸗ fassung. Der französische Staatskredit ist besser als der deutsche. Näher wird auch auf diese Währungsfrage bei der Münzgesetznovelle einzugehen sein. Das amerikanische Gesetz hält die Parität jwischen Gold und Silbermünzen aufrecht; ein solcher Zustand schließt die Silberwäaͤhrung nicht aug. Wir sollen uns nicht von den fremden Wechselkursen treiben lassen.
Nach einer weiteren Erwiderung des Präsidenten des Reichsbank-⸗Direktoriums Dr. Koch, welche ebenfalls morgen im Wortlaut nachgetragen werden wird, führt der
Abg. Dr. Hahn (b. k. F.) unter Herbeiziehung statistischen Materials aus, daß die unzureichen se Politik der Reichsbank, nicht der industrielle Aufschwung an der Steigerung des Dickontsatzes die Schuld trage. Die Goldwäbrung habe die größten Absatzkrisen über die Länder gebracht, die sich ihr zugewandt haben.
Abg. Raab (Reformp.): Unsere ganze Goldknappheit und finanzielle Misere ist zurückzuführen auf die passive Handelsbilanz, die jetzt 19 Milliarden beträgt. Daß wir in einem glänzenden Auf— schwung stehen, ist nicht einmal richtig; die Landwirthschast, die ein Drittel der Produktionskräfte Deutschlands darstellt, weiß von einem solchen Aufschwung nichts. Die Doppelwährung hat Tausende von Jahren bestanden, die Goldwährung besteht erst seit 30 Jahren. Der Reichsbank⸗Präsident Dr. Koch steht mit seinen Symyathten und Theorien durchaus auf seiten der Gläubiger, das Volk erwartet, daß sich wenigstens im Reichstage Leute finden, welche sich auf die Seite der Schuldner stellen.
Die Einnahmen aus dem Bankwesen werden bewilligt.
Darauf vertagt sich das Haus.
Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Donnersta 1 Uhr. (Fortsetzung der Etatsberathung; kleinere .
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 51. Sitzung vom 21. März 1900, 11 Uhr.
Ueber den ersten Theil der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, be— treffend die Gewährung von Zwischenkredit bei Rentengutsgründungen, weist
Abg. Dr. Hir sch fr. Volkep.) darauf hin, daß auch das Herren⸗ baus gegen die vorjäbrige Fassung Widerspruch erhoben habe. Aus den Ausführungen des Abg. von Bockelberg sei nicht klar er⸗ sichtlich gewesen, ob er die private Thätigkeit gänjlich zurückdrängen wolle oder nicht. Wer von einer wucherbaften Ausbeutung spreche, sei kein Freund dieser privaten Thätigkeit. Mißbräuche kämen überall vor, auch bei der Rentengutsbildung. Das Mißtrauen der Bevölkerung gegen die privaten Parzellterungen sei von Jahr zu Jahr geschwunden, wie die Statistik beweise, während von autoritatwer Seite die Rentenguts⸗ bildung nur in bestimmten Gegenden als zweckmäßig anerkannt sei. Durch die Vermittelung der General ⸗Kommission einen Zwischenkredit iu bekommen, wie es die Vorlage wolle, werde sehr schwer sein, da die Sicherheit auch nach dem Zugeständniß des Abg. von Bockel,. berg auf schwachen Füßen stehe. Die Finaniverwaltung sei sonst sebr vorsicktig; sie selle sich doch davor hüten, die Grundbesitzer in Versuchung zu führen. Das Verfahren der General- Kommission bei Ler Kolonisation sei viel u langsam. Die Regierung solle auf eine Abkürzung des Verfahrens hinwirken. Das wäre wichtiger als die Gewährung von Zwischenkredit. Die freie Theilbar⸗ keit im Westen und Süden habe mit Hilfe der privaten Thätigkeit Verhältnisse geschaffen, die weit besser seien als die in Ostelbien. Ver ⸗ =. . auch der Staat und Großindustrielle, wie Freiherr von
umm u. A.
*, , ,. des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich gebe auf die Frage, ob eine Ansiedelung von kleinen und mittleren Besitzern auf dem Wege der hypothekarischen Belastung oder der Rente das Richtige ist, nicht mehr ein; ich halte das in diesem Hause für verlorene Zeit. (Sehr richtig! rechts) Ich möchte mir nur eine Bemerkung gestatten. Meine Herren, wir finden schließlich Hunderttausende in Deutschland, die sich so viel ersparen oder von ihren Eltern so viel miterhalten, daß sie jährlich eine Rente zahlen, daß sie das Feld⸗ und Viehinventar sich anschaffen, bis zur nächsten Ernte leben können, aber verhältnißmäßig sehr wenige, die in der Lage sind, ein Gütchen zu kaufen, ohne sich von vornherein mit Hypotheken, die kündbar sind, die, gekündigt, in jedem Augenblick ruinieren können, schwer zu belasten und damit ihre dauernde, solide Existenz ju gefährden. Meine Herren, diese Frage verhalt sich gegenüber der Anschauung des Abg. Hirsch ganz ähnlich wie der Unterschied zwischen den Schulje—⸗ Delitzsch'schen genossenschaftlichen Banken und den Raiffeisen'schen Ge⸗ nossenschaften. Während dort vielfach ein entscheidendes Gewicht auf hohe Einlagen gelegt wird, was für die landwirthschaftlichen kleineren Verhältnisse überhaupt nicht paßt, legt die Raiffeisen'sche Genossen⸗ schaft dem weniger Bedeutung bei. Sie schafft gerade dadurch die Möglichkeit, die kleinen und kleinsten Leute in die Genossenschaft zu bringen. Man sollte glauben, daß, wenn es richtig ist, was ich sage, daß die Zahl der Menschen, die sich selbständig ernähren und nieder⸗ lassen wollen und können, weit größer ist, wenn sie nur eine Rente ju zahlen brauchen und die anderen Erfordernisse, die ich vorher nannte, erfüllen können, daß dann gerade die Demokratie, die behauptet, sie
. Goldwährung übergegangen sind, nachdem Rußland und Amertka ich für die Goldwährung entschieden haben, ist die Frage thatsächlich
vertrete den kleinen Mann, das Rentenprinzip vertreten müßte. (Sehr
richtig! rechts) Wenn der Herr Abgeordnete sich auf den bai ( Finanz Minister Herrn Buchenberger berufen hat, — ja, waz ze denn der? Er sagt, daz Reentensostem ist nicht überall in Dan t anwendbar. Wer wird denn das bestrelten? Aber es ist anden in dem größten Theil des Nordens, und namentlich für den g Osten der Monarchie. Meine Herren, wo die Naturalthellung so fortgeschritten ist, wie in Baden, da wird wirklich niemand denken können, daß das Rentenprinziv da eine Nothwendiglet g Warum ist es aber keine Nothwendigkeit? weil die Güter sich chen nicht auf einen Einzelnen vererben, sondern weil die Erben, ohn Kapital zu gebrauchen, in natura theilen. (Sehr richtig! nan. Ich bin überzeugt, daß Herr Buchenberger, mit dem ich über diese du gesprochen habe, in Bezug auf die Zweckmäßigkeit dez Rentenpꝛiniy im Norden bei der Art und Weise der Auftheilung des Bodengz in Norden ganz genau meiner Meinung ist, und er hat es mir selbe auch gesagt; er ist nicht ein so tbeoretischer Doktrinär, wie wir su im Osten der Monarchie allerdings mehr haben. ((eiterkeit. Seh richtig! rechts.)
Meine Herren, der Herr Abg. von Bockelberg hat doch die e, deutung und selbst die ersten Anfänge der Rentengutabildung etwa zu ungünstig angesehen. Er hat aus Anlaß der Thatsache, daß man im Anfang allerdings nicht unerhebliche Fehler gemacht hat, dod seine Gunst für die Rentengüter im allgemeinen ju sehr abgeschwůcht Meine Herren, wir haben jetzt 7838 bezogene Rentengüter, wel das Freijahr schon hinter sich haben, die also sämmtlich Ren zahlen müssen. Dieser Gesammtbetrag der jährlich zu zahlenden Rente beträgt 2 050 69g S, davon sind gestundet nur 80 727 . das macht für den Gesammtbetrag nur 3,9 o/o aus, und diese . stundeten Beträge werden zum größten Theil auch noch einkommen.
Was nun den bisherigen Ausfall betrifft, so kann man den im alle, ungünstigsten Falle, bei den ungünstizsten Chancen, die man der Rechnung zu Grunde legt, auf Fsio' o des kapitalisierten Rentensoht schätzen. Das ist ein Minimum, das ist, nach meiner Meinung namentlich da wir erst in der Kolonisation, die wir ia seit den vorigen Jahrhundert vergessen hatten, wieder Erfahrungen sammeln mußten, ein sehr günstiges Verhältniß. Bei der Ansiedelungekomn issinn sind Rückstände eigentlich so gut wie gar nicht vorhanden; so gut geht es diesen Leuten.
Meine Herren, nun verherrlicht der Herr Abg. Dr. Hirsch dir Theorie, daß man diese Ansiedelung, diese Zerstückelung von Gütern, alles der Privatthätigkeit überlassen müßte, und daß der Staat mih dieser Sache nichts zu thun habe. Meine Herren, man kann ja sehr weit gehen in der Theorie der ausschließlichen Bewegung pridater Interessen auf wirthschaftlichem Gebiet, aber das habe ich nie ver— stehen können, daß man behauptet, der Staat hätte kein kardinaltt Interesse an der Art und Weise der Bodenauftheilung. Wenn irgend eine Meliorationsaufgabe Sache des Staats — und wir bewilligen doch Dispositionsfonds aller Art für die Landesmelioration, alle öffent. lichen Behörden, Kreise, Verbände, Provinzen sind damit beschäftigt — wenn irgend eine eine kapitale Aufgabe des Staats ist, so ist es eine zweckmäßige Einwirkung auf die Bodenauftheilung im Lande. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, wie segensreich und einsichtig di alten Landesherrschaften auf diese Frage eingewirkt baben; und ich glaube, dasz, was wir hier thun, ist in Wahrheit recht eigentlich eine staatliche Aufgabe. Wir haben die Ansichten in dieser Beziehung gewechselt, und wie siegreich sind einst unsere An— sichten gewesen! Als ich im Jahre 1867 hier im Landtage gewisser⸗ maßen zufällig in einer Rede aussprach, daß es mir bedauerlich schiene, daß man in Preußen unter dem Gesichtspunkt einer feudalen Insti⸗ tution in einem so kapitalarmen Lande die Erbpacht aufgehoben babe, war ein allgemeines Entsetzen nicht bloß bei meinen politischen Freunden, sondern sogar auch auf der Rechten. Heute aber ist dat Rentenprinzip, welches doch nur eine moderne Form der Erbpacht if, allgemein anerkannt, und die wenigen Theoretiker, wie Herr Dr. Hirsch, die es noch nicht anerkennen wollen, werden sich schließlich durch die Gewalt der Erfahrung auch davon überzeugen.
Ich komme nun auf das Gesetz. Bis hierber haben wit auf private Theilung größerer Güter und Herstellung von An— siedelungen nur dadurch eingewirkt und sie fördernd behandelt, daß wir die Renten, welche konstituiert waren, durch Rentenbriefe ablösten und in Rentenbankrenten veiwandelten, also den staatlichen Kredit hier interponierten, um diese Rente in Kapital ju verwandeln; wie wit jn auch erst vor kurzem wieder zur besonderen Förderung des Anerben rechts 100 000 M dem in Wefstfalen zu gründenden Institut gaben, um ihm die Aufgabe zu erleichtern, die Renten, welche die abgefundenen Kinder beim Anerbenrecht empfangen, auch wieder in Kapital zu ber wandeln. Weiter sind wir aber bisher auch noch nicht gegangen. Wir haben dabei eine sorgsame Aufsicht einführen müssen, um i sehen, ob die Renten sicher waren, und ob wirklich da eine leistungt⸗ fähige Ansiedelung stattgefunden habe.
Heute gehen wir nur einen Schritt weiter. Wir wollen auch die Verwandlung von Eigenthum in Rentengüter durch Herstellung kleinerer und mittlerer Stellen unsererseits noch besonders föͤrdem, indem wir den Kredit gewähren wollen jur Abstoßung der Schulden und Lasten der auffutheilenden oder abfuttennenden Grundstücke und zur erstmaligen Besetzung der Rentengüter mit der nothwendigen Wohn und Wirthschaftsgebaͤuden. Dafür wollen mi den Zwischenkredit geben.
(Schluß in der Zweiten Beilage.]
Zweite Beilage
zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Käniglich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
n 72.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Das war die Regierungsvorlage. Jetzt wollen die Herren noch Schritt weitergehen, sie wollen nicht bloß elnen privaten Renten⸗ pildner fördern durch diesen Kredit, den man ihm füGüt die Auß⸗ sheilunz gewãbrt, sondern sie wollen die Möglichkeit schaffen, daß mit
cen hier jur Disposition gestellten Kapitalbetrag von 10 Millionen
Güter durch private, gemeinnützig handelnde Vereine angekauft neden und durch dieselben das ganze Ansiedelungsgeschäft mit Hilfe e Staats kredits durchgeführt werde. Meine Herren, ich erkenne scoct an, daß allerdings eine solche Maßregel fördernd auf diese
inwirken wird. Ich kann mir denken, daß viele sosnlen Geschäfte einwirkt r . gnebestzer, welche in einer Lage sind, daß es ihnen m Ganzen lieb wäre, ibr Gut in Rentenstellen zu ver mandeln, sich doch scheuen vor der Unsicherheit des Erfolges, velcher eine von ihnen begonnene Ansiedelung nothwendig ausgesetzt ist, aß datzegen eine große Aniahl solcher Gutsbesitzer eher geneigt sein ind, gegen einen festen Preis iht Gut zu verkaufen, damit es dann hiterher in ein Rentengut verwandelt werde; denn in dem letzteren Fall kann der betreffende Gutsbesitzet genau berechnen, wie er zu seben kommt, was im vorliegenden Falle weiter nichts heißt: wieviel tz duch den Kaufpreis mebr beiahlt wird, als die Hypotheken, schelden betragen, die auf dem Gute liegen. Das muß ich go zugeben, daß eine solche Maßregel, welche uns schon scht nahe an die Etablierung einer neuen Ansiedelungskommission in anderen Provinzen als in den gemischtsprachlichen führt, die Lösung e Problems, die allmähliche Ueberleitung unhaltbar gewordener giüßerer Güter in kleineren Besitz durchzuführen, fördern und er— lechlern kann.
Meine Herren, ich sehe voraus, daß dieser Ansatz stärkerer staat⸗ licht Einwirkung möglicherweise weitere Folgen haben wird. Das räte ja an und für sich vielleicht bis ju einer gewissen Grenze er⸗ rünsckt; aber gegenwärtig, wie wir heute stehen, kann der Staat cle Geschäfte doch nur machen, wenn die volle Sicherheit, das Geld müciubelommen, durch Rückfluß von Rentenbriefen gegeben ist. Itt nehme nun an — und konstatiere dies ausdrücklich — daß die heren keine Schenkung vom Staat in dieser Beziehung verlangen, sndem - nur wünschen, daß, wenn die volle Sicherheit der Rückkehr der Kepitalien in die Staatskasse gewährleistet ist, dann eine solche Dyeration gemacht werden kann; ein Zwang für den Staat und Lie Behörden, auch bei Nichtvorhandensein der Voraussetzung der Sicher- beit, wird nicht gefordert. Die Herren wollen das ja auch wohl baducch deutlicher machen, daß sie das Wort der Vorlage Kredit“ n das Wort ‚Zwischenkredit! umgeändert haben; es soll der Kredit mir dann ertheilt werden, wenn die General⸗Kommission bezw. die Serbandlung sich überzeugt, daß kein Zweifel an der baldigen Rück— kablung nach Vollendung des Ansiedelungsgeschäfts im vorliegenden Falle vorliegt.
Meine Herren, ich bin als Einzel ⸗Minister natürlich nicht er⸗ nächtigt, ein solches Amendement anzunehmen. Wenn ich aber meine persznliche Meinung aussprechen soll, so glaube ich wohl, daß die Stmatztegierung an einer solchen Aenderung, welche ihr nur eine gääßere Befugniß giebt, keinen so weitgehenden Anstoß nehmen würde, dez sie das Gesetz infolge dessen fallen lassen wücde, (Bravo! rechts) — eber immer unter den Voraussetzungen, wie ich sie vorhin ge⸗ schildert habe.
Meine Herren, man kann doch jedenfalls nicht leugnen — und ich habe aus einer Denkschrift der pommerschen Landwirthschafts⸗ mmer erst recht die volle Ueberzeugung dafür gewonnen —, daß so⸗ nobl im Interesse der Landeskultur, einer tüchtigen Landwirthschaft, al, vieler solcher Besitzer es ein dringendes, und zwar leder gegenwärtig noch wachsendes Bedürfniß ist, an die Stelle eines so schwachen Großgrundbesitzes und Großbetriebes lleinere, mittlere Kräfte zu setzen. Aber, meine Herren — und das unterscheidet mich gerade in dieser Frage von Herrn Dr. Hirsch —, die hriwate Parzellierung wird diesem Bedürfniß vielfach nicht gerecht. Mir ist noch vor kurzem ein gedrucktes Proklama wegen Bildung einer Gesellschafst zur Zerschlagung von Gütern in leine Besitzungen ät Bromberg zugegangen. Diese Gesellschaft will 10 Millionen Mark Kapital zusammenbringen, sie rechnet einen außerordentlich bohen Verdienst der Aktionäre, die sich an der Gesellschaft beteiligen, heraus (hört, hört h, und sie begründet diesen giwimn, der den Aktionären vorgerechnet wird, damit, daß man ke einer geschickten Behandlung die Güter billig laufen kann, viel liliger als der Staat, und daß die Werthsteigerung, welche durch die Jerschlagung der Güter entstehe, etwa 26 oo betrage; das alles würde ben Aktionären zu gute kommen. Meine Herren, das ist gerade batalteristisch. (Sehr richtig) Der Gewinn, der durch die Zer— pianng durch die Bildung kleiner Besitzungen entsteht, muß dem
leinen Besitzer bleiben. (Sehr richtig) Wenn der kleine Besitzer * Verth seiner Besitzung erhöht, so geschieht das durch seinen . und sein Blut, und der Staat hat die natürliche l. für diesen Mann, der sich gern selbständig machen ö der aber nicht im stande ist, den richtigen Werth zu schätzen, der . Zukunft nicht richtig übersehen kann, und der von diesen inter⸗ serten Unternehmern vielfach gelockt wird, seine Fürsorge einzusetzen. Daz nenne ich wirllich sozial. . wollen die private Thätigkeit ja garnicht verbieten, so weit . nicht, und das wäre nach meiner Meinung auch nicht n, aber wir wollen der Bevölkerung, die sicher gehen will und a war, was sowohl den Gutsbesitzer wie auch den Rentennehmer te i in redlicher Weise das Geschäft durchführen will, die nöthigen nnn „und Hilfemittel geben. Sie können obne jedes Bedenken . daß Sie zu fürchten brauchen, alliu sehr in die Freiheit der . Bewegung auf dem Gebiet des Grund und Bodens
ö. der Vorlage der Staatsregierung zustimmen. (Bravo!) nja en 896 (Zentr) ist ebenfalls ein Gegner der unwirth⸗
unsoliden, privaten Auftheilung und ist bereit, mit seinen
reund J nden die Vorlage wohl ollend zu prüfen.
Berlin, Donnerstag, den 22. März
Abg. Kaselowsky (ul) schließzt sich dieser wohlwollenden Er⸗ klärung an und widerspricht der Meinung des Abg Husch, daß Ver— luste an Zwischenkrediten ju besorgen seien. Dazu sei unsere Finanz, verwaltung viel zu vorsichtig. Die Rentengutsbildung müsse durch kleine Rentenarbeiterstellen ergänzt werden.
Aog. Freiherr von Wangenheim (kons.): Es hat sich eine Ansiedelungsgesellschaft gebildet mit dem Zweck, daß der Gewinn, der aus der Parzellierung gewonnen wird, den Ansiedlern wieder zu gute kommt. Die Güterschlächtereien verfolgen den entgegengesetzten Zweck. Damit diese vermieden werden, müssen wir den Kredit schon von Anfang an haben, um die Gläubiger abfinden zu können. Auch wir wollen, daß das Geld in käürzester Frist in den Reservefonds der Rentenbanken zurüdfließt. Von einer Schenkung kann nicht die Rede sein. Darum legen wir Werth darauf, daß das Wort „Zwischenkredit: stehen bleibe. Man sollte bei der Ausführung des Gesetzes nicht schematisch vorgehen. Auch die lokalen Behörden müffen zugezogen werden, um zu verhüten, daß die Güter planloz zerschlagen werden. Professor Sering bat gegen die Behauptung protesttert, daß er auf der Seite der Güterschlächter fsehe. Es kommt uns nur darauf an, daß aus der Parzellierung kein Geldgeschäft gemacht wird. .
bg Frelberr von Zedlitz un8 Neukirch (fr. kons.): Ich pflichte dem Vorredner durchaus bei. Eine Kommissionsberat hung der Vorlage sist überflüssig. Wenn die Konservativen die Zweck⸗ bestimmung aus dem 5 1 streichen wollen, so hat das viel für sich. Das Herrenhaus wird wahrscheinlich jetzt nichts dagegen einzuwenden haben. Die General ⸗Kommission muß neu organisiert werden unter Zuztebung des sachverständigen Laienelementtsz.
bg Dr. Hahn (B. 8. ): Der Finanz ⸗Minister hat sehr recht, daß der Gewinn der Güterzertrümmerung nicht dem Großkapjtal, fondern dem kleinen Besitzer zufallen muß, der das Gut erwirbt. Wie segensreich haben im Mittelalter Landesherren, Bischöfe, Klöster u. J. w. für die Kolonisation gewirkt! Diese wollten ja auch eine Rente für sich erzielen. Unsere heutigen Güterschlächter aber wollen einen möglichst greßen Gewinn machen. Es hat mich gefreut. daß der Minister gegen den lonservativen Antrag keinen prinzipiellen Widerspruch erboben hat. Zwergwirthschaften sind ebenso schlecht, wie allzu große Güter. Das beste ist die Errichtung solcher Wirthschaften, die sich über Wasser halten können. Den Großgrundbesttz wollen wir in keiner Weise bevorzugen. Die Güterzertrümmerer schaffen Güter und Ge—⸗ meinden, die sich nicht halten können; das muß der Staat hintan—⸗ halten. .
Abg. Dr. Hirsch: Die Schwierigkeit, für die Arbeiter eigenen Grundb stz zu erwerben, liegt nicht an dem freien Spiel der Kräfte, sondern in der Geschloffenheit des Großgrundbesitzes. Der Vortheil der Parjellierung sollte allerdings den Parzellanten zu gute kommen. ,,. die das wünschen, vergessen aber, daß bis heute die Groß⸗ grun 3 den Gewinn in die Tasche gesteckt haben. Die Sorge für die Vergrößerung der Fideikommisse steht nicht im Einklang mit der liebrtvollen Fürsorge für die kleinen Leute. Wo bleibt der Gesetzentwurf jur Regelung der Fideikommisse? Es verhält sich damit wobl wie mit der Kanalvorlage. Befremdlich ist, daß die Nationalliberalen nach der Erklärung des Finanz⸗Ministers die Zweck= bestimmung in z 1 fallen lassen wellen, während sie diese früher im konfstttutionellen Interesse gefordert haben. Zwischen dem Grundbesitz des Mittelalters und dem der Gegenwart besteht kein großer Unter- schied. Das Bauernlegen ist unvereinkar mit dem Satz: Freier Mann auf freier Scholle.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Nur jwei Worte. Der Herr Abgesrdnete, der eben die Tribüne verläßt, behauptet, ich hätte den Inhalt des Buchenberger'schen Buchs nicht richtig wiedergegeben. Was habe ich von Herrn Buchenberger's Meinung gesagt? Daß sie dahin geht: gewiß, in Baden — und man kann ja nicht bloß von Baden dabei sprechen, sondern in allen Ländern starker Parjellierung und Natural⸗ theilung — wird dieses Rentenprinzip keine erhebliche Anwendung finden; aber ich habe hinzugefügt: er hat es keineswegs für die länd—⸗ lichen Zuftände in den östlichen Provinzen bestritten. Genau das hat uns eben Herr Dr. Hirsch aus dem Buch vorgelesen. Ich begreife nicht, wie er behaupten kann, ich hätte Buchenberger falsch zitiert.
Der Herr Abg. Hirsch scheint zu glauben, daß die Weisheit der modernen Aufklärung und die liberale Reform die freie Theilbarkeit und die Naturaltheilung in Frankreich und in den westlichen Theilen Deutschlands hervorgebracht hätte. Wenn er die Sache genau studiert bätte, würde er eher glauben, daß die Nataraltheilung sich wesentlich beschränkt auf diejenigen Landestheile Deutschlands, die südlich vom römischen Pfahlgraben liegen (sehr richtig), und daß nicht, wie man mir häufig auch am Rhein gesagt hat, der code Napoléon oder irgend eine andere moderne Gesetzgebung diese freie Theilbarkeit und Naturaltheilung hervorgerufen hat. Ez war vielmehr der römische Judex, der 400 Jahre in diesen Benken seise Justij übte und der pon der Untheilbarkeit des deutschen bäuerlichen Hofes nichts wußte, noch weniger von dem Vorzug eines Erben, sondern der als städtischer Richter und dem römischen Recht entsprechend, jeden Erben zu gleichen Theilen bedachte. (8Fehr richtig! rechts.) Wenn wir im Neger⸗ lande 400 Jahre judiziert haben werden, wird es auch kein Negerrecht mehr geben, sondern ein deutsches. (Heiterkeit, Man muß diese Sache doch etwas genauer studieren, um so sicher darüber zu urtheilen.
Meine Herren, der Herr Abg. Dr. Hirsch spricht von dem mann⸗ hasten, frelen Eigenthümer auf freier Scholle. (Heiterkeit) Meine Herren, da bin ich auch dafür, solche Gigenthümer ju konstruieren, ich kann aber nicht zugeben, daß eine vom Gläubiger unkündbare Rente, die jeder Zeit theilweise oder ganz zurückgezahlt werden kann, den mannhaften, freien Mann auf freier Scholle ruiniert und ihn ab⸗ hänziger macht als einen mit Hypotheken jeder Zeit kündbarer Natur behafteten Grundbesitzer. (Sehr richtig! rechts) Das sind wirklich hergebrachte Schlagworte, die gar keinen Sinn haben; (Sehr richtig! Bravo rechts) der Rentenbesitzer ist viel freier und mindestens sicherer auf der Scholle als der mit Hypotheken kündbarer Natur belastete Eigenthümer. z z
Meine Herten, der Herr Abzeordnete sagte, wir sollten uns doch hier im Osten niht einbilden, Muster für das übrige Deutschland ju seln. Das thun wir auch gar nicht; aber wir machen die Gesetze nicht, indem wir ganz Deutschland über einen Kamm scheren, sondern für diejenigen Landeetheile, welche nach ihrer Geschichte, Bodenaufthellung, Klima, wirthschaftlicher Entwickelung für diese Gesetze geeignet sind. Da, wo die Parzellietungen, wie in Süddeutschland und auch am Rhein, jetzt schon so welt gehen, daß, wie schon früher in Nassau, man sich gezwungen sieht, Minima in den Grundstücksgrößen vor⸗
1900.
zuschreiben. Da, wo dies aber infolge der langjährigen Rechts⸗ geschicht', der Gewohnbeiten der Bevölkerung, der Bodenbeschaffen⸗ belt, verehrter Herr Dr. Hirsch, und des Klimas ausgeschlossen ist (sehr richtig! rechts, wo die Geundstücke, die zu einem Gute oder einem bäuerlichen Hofe gehören, in einem bestimmten wirthschaftlichen Verhältniß zu den Gebäuden stehen, wo ein willkärlicher Verkauf von diesem Grundbesitz eine kolossale Kapitalverschwendung allein an den Gebäuden wäre (sehr richtig! rechts), ja, da können Sie es tausent mal porschreiben — und das Recht besteht ja im Osten bei dem bäuerlichen Besitz, beliebig zu verkaufen und zu theilen, das wehrt kein Mensch, das Landrecht schreibt es auch schon vor, da können Sie es tausendmal vorschreiben; in der That und in der Wahrheit wird es aber nicht geschehen, weil es vernünftigerweise nicht geschehen kann. Auf solche natürlich unthellbare Besitzungen sind aber diese Rentengutsprinzipien in dem Westen genau ebenso anwendbar. In Hannover hat man das Anerbenrecht trotz der ausgezeichneten Agrargesetzgebung niemals auf ⸗ gehoben.
Ich selbst habe noch Arbeiter an einem Bergwerk, mehrere hundert angesiedelt und mit festem Grund. und Bodeabesitz versehen nur durch das Prinip der damals noch herrschenden Erbpacht. Die Bergleute des großen Piezberger Bergwerks wurden dadurch that— sächlich Eigenthümer, hatten aber keine Kapitalien aufzunehmen und zu zahlen, soadern sie zahlten einfach die Erbpachtrente. Wir bilden uns also garnicht ein, daß die Gesetze die wir hier machen, überall anwendbar seien, das ist überhaupt ein sonderbarer Gesetzgeber, der auf ganz verschiedene Verhältnisse gleiche gesetzliche Regeln anwendet. Wir haben es anders gelernt. Die Gesetzgebungekunst ist beute so weit ge⸗ diehen, daß wir nicht mehr nach bloßen Theorlen, sondern nach that sächlichen Zuständen und Bedürfnissen unsere Gesetzgebung machen.
Das Prinzip, daß der Staat sich um die Vertheilung des Grund und Bodens nicht zu kümmern habe — dies Prinzip müßte doch auch die Freiheit des Zusammenkaufens, welches der Herr Abg. Hirsch beseitigen will, ebenso legalisieren. Wenn Sie die freie Theilung wollen und zwar nur auf privatem Wege, so ist garnicht abzusehen, wie Sie rechtfertigen wollen, daß ein Mann, der dazu in der Lage ist, sein Gut durch Ankäufe vergrößert; das ist denn auch der freie Wille des freien Eigenthümers.
Was hat denn nun dies Prinzip des ausschließlichen Gehenlassens bei dem Grund., und Bodeneigenthum — was ja die Stein Hardenbergische Gesetzgebung entsprechend den damaligen Auffassungen vollständig durchzuführen suchte — genutzt, um die Zahl der großen geschlossenen Güter im Osten zu vermindern und den Kleinbesitz zu vermehren? Herr Dr. Hirsch sollte sich darüber mal historischen Studien hingeben, er wird dann finden, daß in der karzen Zeit der Einführung des Rentenprinzips mehr neue Bauern entstanden sind als in der Zeit von der Stein⸗Ha⸗denbergischen Gesetzgebung bis dahin. Man sieht, daß diese schwierige Aufgabe, neu anzusiedeln und zu kolonisieren, ohne fördernde Mitwirkung des Staats in großem Maße nicht möglich ist. (Sehr richtig! rechts.) Daber sind wir, die die Aufgaben an der richtigen Stelle auffassen, überlegen; die anderen mögen sich theoretische Sätze konstruieren; aber sie werden in That und Wahrheit keine Erfolge erzielen.
Der Herr Abgeordnete hat nun gefragt nach dem Fideikommiß⸗ gesetz. Ich bin als Ressort⸗Minister bei der Bearbeitung und Vor— arbeit dieses Gesetzes direkt nicht betheiligt; aber ich glaube, daß unser Fideikommißgesetz in vielen Beziehungen einer ein— greifenden Reform bedarf. Heute wird das Fideikommiß gebildet lediglich nach dem freien Willen des besitzenden Eigenthümers, ent— sprechend dem Prinzip des Abg. Hirsch, und es wird Ü galisiert allein durch die Erklärung des Oberlandesgerichts, daß die gesetzlichen Voraus- setzungen vorbanden sind. Aber die Bildung von solchen Fideikommissen, ihre Verfassung, ihre Beschränkung und ihre Freiheit ist gerade eine wichtige Agrarfrage, die der Staat nach wirthschaftlichen nnd sozialen Gesichtspunkten beurtheilen muß. Diese Freiheit gestatte ich nicht dem Eigenthümer allein. Es giebt Gegenden, wo die Weiterbildung der Fideikommisse für die Landeskultur nicht nützlich ist, andere Gegenden, wo wir diesen festgeschlossenen Grundbesitz haben, der sehr wohlihätig wirkt in einer gewissen Beschtänkung gerade in Be— zirken des kleinen Besitzes, welcher von diesen Großgrundbesitzern zu lernen hat; ferner solche Gegenden, wo geringer Waldbestand ist — denn der Waldbesitz eignet sich vorzugsweise, wie der Kommunal- und der Staatebesitz des Waldes, für die Erhaltung und Vermehrung unserer Wälder. (Sehr richtig! recht) Das muß man agrar— politisch und sozial beurtheilen; aber man kann es nicht ver— nünftig beurtheilen, bloß nach der allgemeinen Theorie: die Fideikommisse taugen nichts. (Sehr richtig! rechts) Alle diese Fragen setzen ein genaues Studium der bestehenden Zu⸗ stände voraus. (Sehr richtig! rechts.) Allgemeine G'setze für alle Gegenden kann man darüber kaum aufstellen. Ich hoffe, daß daneben die freie Bewegung des jeweiligen Fideikommißbesitzers durch das neue Gesetz vergrößert wird, ähnlich wie in England. Es wird genügen, in Zukunft Vorsorge zu treffen, daß der Gesammtwerthbestand des Fideikommisses erhalten wird; in welcher Form, dagegen wird man gleichgültiger sein können.
So sind eine Menge Reformen nöthig, und ich glaube, daß das Fideikommißgesetz, welches gegenwärtig, nachdem es im Landwirth⸗ schafts. Ministerium aufgestellt ist, dem Justiz Minister unterbreitet ist, so weit gefördert werden kann, daß dem Landtage im nächsten Jahre eine Vorlage wird gemacht werden können. Dann wird der Herr Abg. Dr. Hirsch ja Gelegenheit haben, sich an der Kritik dieses Entwurfs zu betheiligen. (Heiterkeit und: Bravo! rechts.)
Abg. Schmitz ⸗Düsseldorf (3entr) erklärt sich sür das Gesetz, da es der Mobilisterung des Grundbesitzes einen kräftigen Widerstand entg egensetze.
Abg. Dr. Hirsch behält sich vor, bei passender Gelegenheit dem Minister aaf daß bistorische Gebiet zu folgen. Zur Verhinderung der Devaftation des Waldes brauchten wir ein allgemeines Gesetz, keine Fideikommisse, die sich längst überlebt hätten.
Abg. Freiherr von Wangenheim: Heir Hirsch kommt mir vor,
wie der bekannte Lohgerber, dem die Felle weggeschwommen sind.