1900 / 73 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Staatssekretãr des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: .

Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Abg. Singer nöthigen mich, das nochmals klarzustellen, was ich gesagt habe. Ich habe im Anschlusse an die Aeußerungen des Herrn Ab⸗ geordneten Heine behauptet, daß ich es für eine ziemlich platte politische Auffassung halten würde, deshalb jemand an sich für ehrlos zu erklären oder für unwürdig, weil er einer anderen politischen An sicht ist. Damit hängt aber garnicht die Frage zusammen, wie man jemanden, der amtliche Funktionen als politischer Beamter oder als Lebrer zu üben hat, in dieser Beziehung zu beurtheilen hat; das sind ein vaar vollkommen verschiedene Gebiete.

Gbenso babe ich auch den Ausdruck Reichsfeind meinerseits garnicht in den Mund genommen; ich habe nur behauptet, daß, wenn die Herren So taldemokraten solche Ansichten hegen, sie nicht so sehr geneigt sein sollten, j den, der ihre Ansicht nicht theilt, oder sie bekämpft, für einen Feind der Arbeiter zu erklären oder für jemanden, der für die Arbeiter kein Herz hat oder wenigstens für die Arbeiterinteressen kein Verständniß.

Die ganzen Aussübrungen des Herrn Abg. Singer handeln immer von Beamten. Darin liegt aber meines Erachtens die ungerecht⸗ fertigte Beurtheilung dieser ganzen Bestimmung; denn Patentanwälte sind eben nicht Beamte, sie sind Gewerbetreibenden lsehr richtig! reckts), und alles das, was hier angeführt ist in Bejug auf Beamte, kann auf Patentanwälte unter keinen Umständen Anwendung finden. Wenn der Herr Abg. Singer gesagt hat, es kämen Fälle vor, wo Dinge, die zur Entfernung eines Beamten führen sollten, mit dem Mantel der Liebe zugedeckt werden, so kann ich mich nur mit ihm einverstanden erklären, daß so etwas zu bedauern ist. Begebt ein Beamter eine solche Handlung, daß er disziplinarisch aus dem Beamtenstande entfernt werden muß, so halte ich es immer für falsch, eine solche Handlung mit dem Mantel der Liebe zuzudecken!

Schließlich erscheint mir die ganze Bestimmung, die Sie ein— schieben wollen, auch deshalb überflüssig zu sein, wie das bereits der Herr Abg. Oertel ausgeführt hat, weil Sie den Ehrenrath und den Ghrengerichtshof so gebildet haben, daß dort die Patentanwälte die Majorität besitzen; damit fallen alle die Befürchtungen, die Sie begen, von selbst fort.

Von dem Abg. Schmidt⸗Warburg GZentr,) ist in⸗ zwischen ein Antrag eingegangen, der der Ziffer 4 des 52 den Zusatz gegeben wissen will:

„Als solche dürfen wissenschaftliche, politische und religiöse Ansichten und Handlungen des Antragstellers nicht angeseben werden“.

Abg. Möller Dulsburg (ul.) ist egenfalls der Ansicht, daß der Antrag überflůssig sei Der Abg. Heine sei selbst Rechtsanwalt und Sonia demokrat zugleich.

BPräsident Graf von Ballestrem unterbricht den Redner mit der Mittheilung, daß der Abg. Schmidt-Warburg seinen Antrag dahin abgeändert habe:

Als ein unwürdiges Verhalten sind politische, wissenschaftliche und religiöse Ansichten und Handlungen des Antragstellers als solche nicht anzusehen.“

Abg. Möller Duisburg (fortfahrend): Auch der Antrag Lieber⸗ mann von Sonnenberg sei überflässig, weil diese Beamten nur Gewerbetreibende seien.

Abg. Heine fährt aus, der sozialdemokratische Antrag geböre in das Gesetz, denn er wolle näher bestimmen, welche Fälle jemanden unwürdig machen, ein Amt zu bekleiden. Der Abg. Singer sei in der Selbftverwaltung Berlins wegen seiner politischen Gesinnung als Mitglied der Schuldeputation von der Regierung nicht fab, worden, von anderen Fällen ganz zu schweigen. Uebrigens habe die Regierung ihre Interpretation dieser Bestimmung nur hinsichtlich der Ueberjeugung, nicht der Handlung der Patentanwälte gegeben. Auch das sei ein Beweis, wie nothwendig der Antrag sei. Gegen die sozial. demokratischen Rechtsanwälte sei deswegen nicht viel auszurichten, weil sie ein Ehrengericht bätten. Redner erklärt, seine Partei ziehe ihren Antrag ju Gunsten des Antrages Schmidt zurück. ö

Abg. Dr. Oertel. Sachsen: Wir werden natürlich auch gegen den Antrag Schmidt stimmen. Für den Antrag Liebermann stimmen wir aus nationalen Gründen. Der Vorredner hat uns als unduldsam benichnet und meiner Zeitung einen Vorwurf gemacht, daß sie dem Prinjen Hohenlobe den Raih gegeben hat, weiter nach links zu rück'n. Darin lag doch nicht eine Beleidigung. Ich sagte, daß der Pein; keiner der Parteien recht nahesteht, sondern nur nahe sitzt. Darin liegt keine politische Unduldsamkeit. Das geheime dirette . will die konservative Partei nicht beseitigen. Für die „Hamburger Nachwchten! übernehmen wir keine Verantwortung, noch weniger für die Broschüre Boguslawsky's Ich batte den Eindruck, daß ver⸗ abschiedete Offiniere etwas Besseres thun könnten, als politische Broschüren zu schreiben. Ob die Grafen Mirbach und Klinckowstroem den Staatestreich befürworten, möchte ich beiweifeln, der Präsident deöz Herrenhauses hätte so etwas garnicht geduldet. RFommt erst der große Kladderadatsch und if der Zukunfts⸗ staat da, so möchte ich einmal sehen, ob nicht jeder aus der Partei heraut fliegt, der da sagte, daß der Zukunftsstaat etwas Un⸗ sinniges sei. Meine frühere stärtische Behörde bätte mich wegen meiner politischen Gesinnung gewiß nicht gemaßcegelt. Für den An- trag Schmidt kann man nicht ftimmen, weil er zu vage ist. Was 833 man unter Handlungen? Auch solche, die 3 straf

ar sind? Abg. Schrader: Eine solche Bestimmung gehört eigentlich in die Verfafsung, denn sie gehört zu den Grundrechten; da wir aber die Verfassung nicht ändern können, so müfsen wir fie in dies Gesetz aufnehmen, wie wir es beim preußischen Aerztegesetz gethan baben.

Abg. Schmidt⸗Warburg; Mein Antrag entspricht in der K dem prtußischen Aerztegesetz; ist er unklar, so ift es auch dieses.

Abg. Werner (Reformp.) empfiehlt den Antrag des Abg. Lieber⸗ mann von Sonnenberg, der gegen die Handelsverträge nicht verstoße.

SGeheimer Ober Regierungrath Hauß bleibt dabei, daß der oͤfter· reichische Patentanwalt eine Art Beamter sei.

g. Heine: Wenn es nach mir ginge, so sollte auch Herr Dertel eine seinen Fahigkeiten entsprechende Anstellung im Zukunftsz. staate erhalten, meinetwegen auch als Volkssänger. Uebrigens meinte ich von Liebermann. Wenn Herr Oertel ebenso hübsche Gedichte macht wie dieser, so soll er bei uns gern verwendet werden. Abg. Dr. Müller. Sagan (fr. Volkep.): Graf Mirbach hat im Jahre 1896 gesagt: In allen Kreisen würde es mit Jubel begrũßt werden, wenn unsere Bundesfürsten sich entschlössen, einen neuen Reichstag auf der Basis eines neuen Wahlrechts ins Leben treten zu lassen, und war unverzüglich. Graf Mirbach erinnerte an Alexander den Großen, der habe auch vor einer großen Aufgabe gestanden und sie sebr schnell gelöst. Was verstand der Graf darunter? Doch nur den gordischen Rnoten. Ich frage, war das nicht die Forderung des Staatsftreichs?

Damit schließt die Diskussion. Der 6 des Abg. Liebermann von Sonnenberg wird abgelehnt. Der Antrag Schmidt⸗Warburg wird gegen die Stimmen der Konservativen und mit dieser Modifikation der 5 2 angenommen.

Die S5 3 bis 17 werden ohne Debatte angenommen.

Nach 5 18 ist der Präsident des Patentamts befugt, Per— sonen, welche, ohne in die Liste eingetragen zu sein, die Ver⸗ tretung vor dem Patentamt berufsmäßig betreiben, von dem

eren, , auszuschließen. Auf Rechtsanwälte und Borsteher de tentbureaux industrieller Firmen soll diese Vorschrift keine Anwendung finden.

Abg. Hoffmeister (fr. Vzg) beantragt, die Worte Vor- steher der Patentbureaux industrieller Firmen. ju streichen.

Unter ⸗Staatssekretär Rothe hält ebenfalls diesen von der Kom . missten gemachten Zasatz für überflässig und einen Mißbrauch nicht auzschließend, insofern auf einem Umwege unqualifizierte Elemente die Geschäfte von Patentanwälten wahrnehmen könnten.

Die Abag. Kirsch und Dr. Oertel⸗Sachsen beantragen, hinter dem Worte „Firmen“ einzuschalten: soweit diese die Firmen vor dem Patentamt vertreten.“

Abg. Dr. Müller - Sagan spricht sich für den Antrag Hoff⸗ meister eventuell für den Antrag Kirsch aus.

Abg. Möller⸗Dulsburg beantragt, in dem Antrag Kirsch zu sagen statt soweit diese ꝛc.“ ‚soweit sie die Firmen vor dem Pa—⸗ tentamt vertceten“, ziebt aber feinen Antrag zurück und behält sich vor, ibn in der dritten Lesung wieder einzubringen. ;

Der Antrag Hoffmeister wird angenommen und mit dieser e,, 18. . Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte angenommen.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzent wurfs, , . die Bestrafung der Entziehung elektrischer

rbeit.

Das Haus nimmt den Entwurf ohne Debatte nach den Beschlüssen der Kommission an.

In dritter Berathung wird der von den elsässischen Abgg. Küchiy und Genossen (b. H. F) eingebrachte Entwurf eines Gesetzes wegen Neuregulierung der Wahlen zum Landesausschuß von Elsaß-Lothringen nach unerheb— licher Debatte angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß nach 6i/e Ugr. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr. (Dritte Berathung des Patentgesetzes, des Gesetzentwurfs, be—⸗ treffend die Entziehung elektrischer Arbeit, und Petitionen).

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 52. Sitzung vom 22. März 1900, 12 Uhr.

Ueber den ersten Theil der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus setzt die Berathung von Petitionen fort.

Die Landgerichtsräthe Rediger in Allenstein und Genossen bitten, sie wie überhaupt alle über 65 Jabre alten Richter auf deren Wunsch der Wohlthaten des Gesetzes vom 13. Juli 1899, betreffend die Versetzung von Richtern in den einstweiligen Ruhestand, theilhaftig werden zu lassen.

Die Kom mission beantragt Uebergang iur Tazesordnung.

Abg. Wil lebrand (Sentr.) meint unter Hinweis auf seine Ausführungen bei Berathung des Gesetzes vom Juli 1899, daß ein Antrag auf Versetzung in den einftweiligen Ruhestand auch noch nach dem 31. Dezember 1899 gestellt werden dürfe, z. B. wenn ein Disziplinarverfahren gegen einen in Betracht kommenden Richter erst nach diesem Zeitpunkt beendigt werde.

Abg. Kir sch (Zentr) schließt sich diesen Ausführungen an und beantragt, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach Maßgabe des Gesetzes vom 13. Juli 1899 erfolze. 21 Gesuche von Richtern, die in Strafsachen beschäftigt seien, habe der Minister ab⸗ leg beschieden. Das sei das Wohlwollen, das der Minister bei der Berathung des Gesetzes zugesagt habe; es verbalte sich damit ähnlich wie mit dem Wohlwollen des Kultus Ministers den Klagen 4h . gegenüber. Weitere Konsequenzen wolle er daraus nicht ziehen.

Justiz⸗Minister Schönstedt:

Meine Herren! Ich kann zunächst mit der Bemerkung nicht zurückhalten, daß die vorliegende Petition mich peinlich berührt hat. Es ist bisher nicht üblich gewesen, daß höhere Beamte persönliche Be⸗ schwerden über ihnen angeblich widerfahrene Zurücksetzungen oder aber über Verletzung ihrer Ansprũche an den Landtag gebracht baben. (Zustimmung rechts. Widerspruch im Zentrum.) Ich möchte im Interesse des Ansehens unseres Beamtenstandes dringend wünschen, daß es bei dieser Praxis auch in Zukunft bleibe. (Sehr richtig! rechts.)

Was die Sache selbst angeht, meine Herren, so ift, wie ich glaube, zunächst der Rechtspunkt in der That nicht zweifelhaft. Ich stehe auf dem Standpunkt, der auch die Mehrbeit der Kommission für sich ge⸗ wonnen hat, daß es nach dem Gesetz absolut ausgeschlossen ist, jetzt noch nachträglich Richter auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Die Justizverwaltung hat niemals einen anderen Standpunkt eingenommen. In der Kommission ist von keiner Seite eine andere Auffassung an— gedeutet worden; vielmehr ließ der von dem Abg. Willebrandt gestellte Antrag, wie ich glaube, wenn es auch nach seiner heutigen Eiklärung vielleicht nicht seine Absicht gewesen sein mag, doch überall nur die Auffassung zu, daß auch er davon ausgehe, daß die Anträge bis zum 1. Januar erledigt sein müßten, widrigenfalls sie als nicht mehr existent anzusehen seien. Meine Herren, es lag in der Natur der Sache, daß zum 1. Januar mit dem Eintreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Klarheit und Gewißheit darüber geschaffen sein müsse, mit welchem Richterpersonal man in die neuen Verbältnisse eintreten solle.

Der Herr Abg. Willebrandt hat mir ein Beispiel vorgehalten und gemeint, wenn der Fall so läge, wie er ihn hier präsumiert hat, wenn also wegen einer schwebenden Disziplinaruntersuchung die Entscheidung über ein Gesuch auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zunächst ausgesetzt und die Sache dadurch in das Jahr 1900 hineingezogen wäre, dann würde im Fall der Freisprechung der Juftiz⸗Minister nicht in der Lage gewesen sein, dieses Gesuch nachträglich unberücksichtigt zu lassen. Meine Herren, ich würde aller⸗ dings in dieser Lage gewesen sein und wörtlich so, wie der Abg. Wille⸗ brandt gemeint hat, gesagt haben: es thut mir leid, ich kann jeßt nicht mehr. Diese Auffassung ist niemals im Justijm⸗Ministerium zweifelhaft gewesen, und ich kann für die Bethätigung der—⸗ selben noch die Thatsache anführen, daß bezüglich eines Ge⸗ suches, das erst in den letzten Tagen des Dezember eingereicht wurde, weil ein Herr lange geschwankt hatte, noch so spät den Wunsch aussprach, unter das Gesetz gestellt zu werden, ein Wunsch, der von den Provinzialbehörden auch unterftützt wurde, weil die Voraussetzungen vorlagen, daß es da sehr wesentlich er⸗ schien, daß dieser Antrag mit möglichster Beschleunigung an Aller⸗ höchster Stelle vorgelegt würde. Ich habe daher meinen Bericht mit einem privaten Handschreiben an den Chef des Zwilkabinets begleitet, in dem ich diesen Herrn gebeten habe, dahin zu wirken, daß die Vollsiehung der Ordre noch am 31. Dezember geschehe, da sonst die Erledigung nach den Vorschriften des Gesetzes nicht mehr möglich sein würde. Wenn nun ker Abg. Willebrandt heute seine eigene Auffassung anders interpretiert, als ich sie bis dahin gebabt

hatte, so ergiebt fich doch aus dem Kommisstonsbericht, daß au andeten Selten ie Aufsaffrng destanden bat, die Sache uff nn 1. Januar unbedingt abschließen. Es war dort ein Antrag gestelt war abgelehnt ift, in dem auf den Fall abgezielt wurde, daß berũglich Richters, dessen Gesuch zunächst abgelebnt sei, sich im Laufe der 1900 oder 1901 nachträglich herausftellen möchte, daß bei dige Ablehnung von irrthümlichen Voraussetzangen ausgegangen sei. 5 sollte nur Fürsorge dahin getroffen werden, daß in einem so Falle dem betreffenden Richter noch nachträglich das volle Gchal bewilligt werden könne unter der Versetzung ia den Rubestun für die in dem Gefetz vorgesehene Dauer. Der Antrag ist ck. gelehnt oder zurückgezogen worden; aber die ihm zu Grunde liegende Auffassung, daß nach dem 1. Januar solchen Anträgen ohne eine besondere gesetzliche Ermächtigung nicht mehr werde stattg: geben werden können, ist von keiner Seite angejweifelt worden. Gz dann von dem Abg. Munckel, wie ich glaube, auch in der Plenn. verhandlung diese Möglichkeit noch einmal zur Sprache gebtact worden, ohne daß daraus weitere Folgerungen gezogen wurden, alz die, es würde immerbin eige große Härte sein, wenn solche Falle nachträglich nicht wieder gut gemacht werden können. Daß nicht wieder gut gemacht werden könnten, darüber bestand kein Zweifel Ich möchte beinabe sagen, die vorliegende Frage liegt umgekehrt genan so, wie die, über die wir soeben ein Referat aus dem Munde dez Abg. Krause gehört haben. Dort verlangte ein bereits pensionierter Assistent, nachträglich zum Sekretär ernannt ju werden. Hler der= langen Richter, die sich noch in voller Ausübung ihtez Amtes befinden, daß sie nachträglich vom J. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Das eine ist so wenig möglich wie das andere. Nun wird mir vorgeworfen und der Abg. Kirsch hat dafür ziemlich scharfe Worte gefunden daß die Anwendung des Gesetzes nicht mit dem nöthigen Wohl wolle verfahren sei. Meine Herren, ich kann mit bestem Gewissen diesen Vorwurf zurückweisen; es ist wohlwollend verfahren worden, und wenn ich in der Lage wäre, die einzelnen Fälle bier zur Gröcterunz zu stellen, in denen die Versetzung in den Ruhestand bemlllig worden ist, so, glaube ich, würde niemand im Hause es bestteiten, daß in einer Reihe von Fällen ein sehr weitgehendes Wohlwollen sic bethätigt hat. Im übrigen ist bei der Ausführung des Gesetzes ledig, lich nach den Grundsätzen verfahren worden, die ich hier klar und deutlich bei der Berathung im Plenum ausgesprochen habe. Ich babe namentlich in der letzten Verhandlung gegenüber einer mir gestellten Zumuthung, ich solle die Zusicherung abgeben, daß jedem, der die Ver, setzung in den einstweiligen Rubhestand verlange, sie nicht deisagt werden solle, dies ganz ausdrücklich abgelehnt und erklärt, daß ich e vielmehr für meine Pflicht erachte, lediglich nach Lage des einzelnen Falles zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die für die Versetzung in den einst⸗ weiligen Ruhestand nach den von mir gegebenen Erklätungen vorliegen müßten, auch in der That gegeben seien. Danach ist verfahren. Es handelt sich, wie auch bei Berathung des Gesetzes wiederholt hervorgehoben ift nicht um die Zuwendung von Wohlthaten; es ist dem Jastiz⸗Minister keine Vollmacht gegeben worden, hier Benefizien an irgend jemand i ertheilen, sondern es ift seinem pflichtmäßigen Ermtssen überlassen, ob die Voraussetzungen gegeben seien, die nach den aus der Ein führung des neuen Rechts fich ergebenden Gesichtspunlten es gerecht. fertigt erscheinen lassen, an und für sich noch leistungsfähige Richter in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen oder nicht. Danach allein ist verfahren und die Zurückweisungen, die erfolgt sind, sind erfolgt in voller Uebereinstimmung mit den Gutachten der Ober landesgerichts . Präsidenten, welche in Bezug auf die einzelnen Per sönlichkeiten für mich maßgebend sein mußten.

Meine Herren, ich glaube nicht, daß hier verlangl oder erwartet wird, daß ich auf die einzelnen Fälle eingehe, insbesondere auf die Fälle, die gerade die Petenten betreffen. Es würde wohl kaum alt angemessen erachtet Herden, wenn die persönlichen und sachlihen Gründe, die bezüglich des einen oder anderen Herrn vorgelegen baden, hier zur Diskussion gestellt würden. Es sind das Dinge, die nach den gewissenhaften Ermessen des verantwortlichen Chefs der Verwaltung entschieden werden müssen, und ich kann nur sagen, daß ich nach besten Wissen und Gewissen dabei gehandelt habe.

Wenn ich früher zwei Kategorien aufgestellt habe, auf die dai Recht keine Anwendung finden könne, so kann ich nicht zugeben, daß dal, weh ich in dieser Beiiehung damals erklart habe, durch die Fassung, die heute der Herr Abg. Kirsch als identisch bingestelt hat, richtig wie dergegebe⸗ worden sei. In dieser schroffen Weise oder in einer Weise, die eine so schroffe Auslegung zuläßt, habe ich mich nicht erllaͤrt und würde das auch heute nicht thun.

Doch es ist allerdings bei der Anwendung des Gesetzes auch auf die bisherige Thätigteit der Richter Rücksicht genommen. Ez ist mit in Betracht gezogen worden die bisherige langjährige Thãtiglelt und die vorauzzusetzende künftige Beschäftigung der Richter, bei Be antwortung der Frage, ob Anlaß gegeben sei, sie in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Es ist dabei insbesondere erwogen worden ob bejüglich solcher Richter, die seit einer langen Reibe von Jahren nach ihrer Individualität, nach ihren perstulichei Neigungen ausschließlich mit Strafsachen beschäftigt waren, ein genügender Grund vorliege, das Gesetz auf sie anzuwenden Bei einer Reihe von Richtern ist die Frage bejabt worden, und sind nach einem mir vorliegenden Verzeichniß 13 oder 15 Richter h den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, obgleich sie ausscllehlid in Strafsachen beschäftigt waren. Bei anderen ift das unter Berĩh⸗ sichtigung aller Umstände nicht geschehen.

Man hat hier bervorgehoben, man könne doch nicht wissen, nicht solcher Richter nun im nächsten Jahre durch das Prisidiun einer Zivilabtheilung zugewiesen werden möchte. Darauf mchte 2. erwidern, daß nach den Erwägungen, die an der Zentralstele s gefunden haben, davon ausgegangen ist, daß auch das Prẽsidium von Ermessen in Bezug auf die Geschäftgvertbeilung nur einen n,. Gebrauch machen werde, und daß kein Präͤsidium etwa sich veranl ach werde, mit Reäckttht auf die Ginführung de Bnrger ichen e e. solche Herren, die bis dahin nur in Strassachen ec in ae nun plötzlich einer Zivillammer ju überweisen. Ich glaube, solchen Möglichkeiten darf man praktisch nicht rechnen. ae. für die ausschließlich in Strafsachen beschäftigten Richter ein r, Maßstab angelegt werden kann und angelegt werden mu ö 6 züglich derjenigen Richter, die in Zivilsachen thãtig sein i, glaube, das liegt auf der Hand. Wäre die entgegengesebte e uren anerkannt worden, dann hätte es sich als unabweisbare ergeben, daß das Gesetz auch auf die Beamten der Staat? an

wäre, die beim erften Angriff der Sache und später sehr

ge kommen, auch zivilrechtliche Fragen beurtheilen und

ssen, für die eine gewisse Kenntniß des bürgerlichen

af wird. Aber niemand ist auf den Gedanken gelommen, . de staatzanwaltschaftlichen Beamten unter dat Gesetz ge⸗ r werden könnten, obgleich auch unter ihnen manche sich in dem *. unden Lebenkalter befinden. Meine Herren, ich glaube, schon taggleich wurd dahin fübren, s nist als absolut verwerflich . len, wenn auf die Art der thatsächlichen Beschäftigung, wie weer Vergangenheit war und nach vernünftigem Ermessen auch

e gttmnt vorausgesetzt werden konnte, einige Rücksicht genommen

6 Herren, ich glaube, damit schließen zu können. Die endlungen in der Kommission sind zu sehr eingebend gewesen, ö wobl auch da die Meinungen zu Anfang auseinandergingen, hat dec späler eine Mehrbeit zu der Auffassung vereinigt einmal, daß h Lem Gesetz eine nachträgliche Unterstellung von Richtern unter lte auzgeschlofsen sei, und zweitens, daß sich daraus von selbst e deß in keiner Form die Petitionen der Staats regierung über · en werden könnten.

Benn bente der Abg. Kirsch den Antrag aufgenommen hat, e Yetitionen der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, . lam ich nur erklären, daß, falls ein solcher Antrag angenommen ae, ich absolut nicht wissen würde die Königliche Staats. zienng würde es ebensowenig wissen was damit anzufangen sei. * nachträgliche Anwendung des Gesetzes auf Richter, die sich noch em ättig im Amte befinden, ist ausgeschlossen. Ich möchte dann miinstens bitten, mir etwas deutlicher zu sagen, in welcher Weise e Ueberweisung dieser Petitionen zur Berücksichtigung irgend eine pktische Wrkung oder einen Erfolg haben kann. Meine Bitte kann m dahin geben, daß Sie dem Antrag der Kommission zustimmen d den Antag Kirsch zurückweisen.

1bg. Bachmann (nl) beantragt Ueberweisung der Petition

ö Eh e Ru se. Waldenbutg (fr. kons.) spricht die Ansicht aus,

5 ahbe Staate beamie nicht petitionieren sollten, und daß Richter, eie erst nach dem 1. Januar den Antrag auf Verfetzung in den sahctand gestellt hätten, nicht unter das Gesetz fallen könnten. Die Eanndemwaltung, habe dag Gesetz im großen Gamen so ausgeführt, e die Mehrheit des Hauses wollte. Er empfehle deshalb den

Em missions antrag. .

Ibg. Bröse (kons) tritt gleichfalls für den Kommissionsbeschluß Eder nach reiflicher Erwägung gefaßt sei.

Ig. Kirsch bemerkt, daß auch die Richter das Petitionsrecht „Die vom Minister jetzt befolgten Grundsätze bätte er schon ter Berathung des Gesetzes aussprechen sellen. Wenn der Minister mem Beschkusse nach dem gestellten Antrage nichts anzufangen sfe, well ein solcher nicht in den Rahmen des Gesetzes passe, so üs et eine Novelle zum Gesetz vorlegen. 4

Justi⸗Minister Schönstedt:

Ic will mich nur verwahren gegen den Vorwurf des Herrn g Kisch, daß ich mich nicht mit genügender Klarheit bei den hetatbungen des Gesetzes über die Grundsätze, die für mich maßgebend n würden in der Ausführung desselben, ausgesprochen habe. Es ist it hinreichender Deutlichkeit geschehen, und ich glaube kaum, daß biebliche Zweifel darüber bestanden haben, wie ich das Gesetz aut— kkten würde. Ich babe in der Sitzung vom 21. Juni 1899 sehr allich ausgesprochen, aber zugleich erklärt, mathematisch ließen sich E maßgebenden Grundsätze für den einzelnen Fall nicht festlegen. ergab sich daraus, daß der einzelne konkrete Fall einer besonderen isnng ju unterziehen sein würde und nach dem Ergebniß dieser hrifung verfahren werde.

Denn nun Herr Abg. Kirsch bemerkt hat, er könne ein Wohl— ln nicht darin erkennen, daß 21 Remonstrationen von Richtern nderichichtigt geblieben selen, und daß es überall bei den ibeꝛen ablehnenden Bescheiden geblieben sei, so trifft das letztere heat für diese 21 Fälle zu. Es ist aber in einer Reihe von anderen Filen, wo zunächst die Gesuche abgelehnt waren, auf Grund noch⸗

iger Erwägungen, und der von den Herren vorgebrachten neuen lastinde nachträglich die Zustimmung zu der Versetzung in den einst⸗ ellizen Rubestand erfolgt und zwar im Wege einer durchaus wohl zollenden Prüfung.

Denn nun Herr Kirsch noch eine Erklärung von mir darüber rnißt, wie ich die Grundsätze den Landgerichts, Präsidenten gegenüber ngewendet habe, die doch mit der Rechtsprechung gar nichts E thun hätten, und nur in der Verwaltung thätig seien, so an ich nur mein Erstaunen ausdrücken über eine solche Auffasuung der Stellung der Landgerichts. Präsidenten. Die Thätig . t der Landgerichtg. Prãsidenten in der Rechtsprechung tritt glücklicher⸗ pesse nicht in dem Maße zurück, wie das Herr Kirsch für zulässig und wg tbatscchlich üblich anzunehmen scheint. Die Thätigkeit der Land⸗ icht. Präsidenten in den Kammern, denen sie sich angeschlossen haben, s or großer Bedeutung für die Rechtsprechung; aber nicht hierin sLin bat sich die Thätigkeit der Landgerichts. Präsidenten ju bewäbren; Acluehr sind ihnen in der Aufsicht über die gesammte Wirksamkeit a Richter und in den Revisionen der Amtsgerichte Aufgaben geftellt, wen Keiner gewachsen sein würde, der nicht auf der vollen Höhe der Fteißß der neuen Gesetze steht. Ich weiß nicht, wie Herr Kirsch d daz eigentlich denkt, wie überhaupt ein Landgerichts. Präsident wa stande sein könne, ein Amtsgericht einer Revision zu unterziehen, Dan er nicht das Bürgerliche Gesetzhuch und die Nebengesetze sich Thrlich angeeignet hat. Ob Herr Kirsch das lediglich als eine maltunzethätigkeit ansieht, die Rechtskenntniß nicht voraussetzt, heß ich nicht. Aber ich kann seiner Erklärung nur unter einer

Verautsetzung ein Verständniß abgewinnen, muß sie aber alt⸗ um sit eine böͤchst bedauerliche ansehen. (Bravo! rechts.)

n Dae dn beschließt nach dem Kommissionantrag den Uebergang J nung. 29 die Petition des Rittmeisters a. D. von Ploetz in Berlin n efreinng der gerichtlich eingetragenen Pferdezucht r n schaften vom Körjwange und Pflege der Halb jucht in den Landgestäten geht daz Haus auf Antrag der 383 mission mit ö auf die am 1. Februar gepflogenen ein ˖ 2 EGrötterungen ebenfalls zur Tagesordnung über. ain Petition aug Krossen a. O. um Verlegung der Bober⸗ lien ng zur Beseitigung der Hochwassergefahr wird der . als Material für die bevorstehende Gesetzgebung überwiesen. . tion von H. Möller und Genossen in Brunsbüttel hafen inf b hrung der Fähranlagen am Kaifer Wilhelm. Jun na e e dite its wird der Regierung gleichfalls als

Line ö. . von Pe titionen persönlichen oder lokalen In- . ohne erhebliche Sarnen nach den Kommissionsanträgen

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Schluß 31st. Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr.

(Hochwassetvorlahe für Schlesien.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Auswärtiger Handel Deutsch lands im Februar 1900.

Nach dem vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebenen Februarbeft der Monatlichen Nachweisen stellten sich die Ein⸗ und die Ausfuhr Deuischlands im vergangenen Monat, wie folgt;

A. Einfuhr in Tonnen zu 1000 kg netto: 2275 014 gegen 2737 154 im Vorjahre, daher weniger 462 140. Edelmetalleinfuhr: 105 gegen 103. 25 von 43 Zolltarifnummern lassen eine Zunahme der Ginfuhr. 14 eine Abnahme erseben. Mehr als die ganze Ab⸗ nahme beträgt, ist die Einfuhr von Braunkohlen aus Desterreich Ungarn infolge des Ausstandes der Bergleute zurückzegangen sum 566 540). Auch die Getreideeinfuhr ist erbeblich (um 27 850) gefallen, desgleichen die Einfuhr von Steinen und Steinwaaren (11 028), von Baumwolle und Baum wolleawaaren (3838), hauptsächlich von Rohbaumwolle, von Oelen und Fetten (37892). Erhebliche Zunahme ergiebt sich bei Holj ꝛc. (27 726), Abfällen (25 223), Gisen (15 698, Erdöl (15 542), Erden, Erzen (3508). .

Gesammteinfuhr im Januar und Februar 1950 in Tonnen: 5 556 302 gegen 5 8895 767 im Vorjahre, daber weniger 332 965. Cdelmetalleinfuhr: 219 gegen 189. Die geringere ist haupt ⸗˖ fachlich auf den Ausfall bei Kohlen ꝛc. (629 229) zurückzuführen. Einen wesentlichen Rückgang jeigen außerdem noch Getreide (i 696), Baumwolle ꝛc. (18 514, Steine 2c. (18 273), Drogen (13 357. Wefentlich höhere Einfubrmengen brachten Erden, Erze (159 281), Abfälle (35 598), Eisen (47 1407, Holz (21 751).

B. Ausfuhr in Tonnen zu 1000 Eg netto: 2544 556 gegen 22235 6598 im Vorjabre, daher mehr 326 868. Edelmetallausfubr: Iz gegen 43. 30 Zolltarifnummern brachten zunehmende Mengen, worunter bauptfaͤchlich folgende: Koblen (249 717 nach Desterreich mehr an Steinkohlen 155 ol), Material. 2c. Waaren (357 275 wesentlich infolge Zanahme der Zuckerausfuhr), Getreide (16 338), Steine 8526), Drogen, Apotheker. und Farbewaaren (8351), wãhrend Erden, Erze (is 859), Eisen und Eisenwäaren (6437), Oele und Fette (2086 einen erheblichen Ausfall zeigen.

Gefammtausfuhr im Fanuar und Februar 1890 in Tonnen: 5 O25 257 gegen 46556 033 im Vorjahre, daher mehr 469 214. Edelmetallausfubr: 71 gegen 68. 34 Zolltarifnummern zeigen eine Zunahme der Ausfuhr, worunter besonders hervorragen: Kohlen ä2s 078), Getreide (17 797), Holz (14017), Drogen ꝛc. (10 906), während Erden, Erze (30 ß34j, Eisen (15 739) erheblich zurückgingen. Die Maschinenausfuhr wird nur bei Baum woll spinnmaschinen, Wollbearbeinungs., Gebläsemaschinen von der Einfuhr überragt, sonst ift siꝛ stärker als die Einfuhr. Die Einfuhr von Weizen⸗ und Roggenmehl hat erheblich abgenommen.

Zur Arbeiterbewegung.

Wie hiesige Blätter berichten, ist der Vergleichs vorschlag des Einigungsamts jur Beilegung des Berliner voljarbeiter⸗ Ausftandes in einer gestern abgehaltenen Versammlung von den an⸗ wesenden 2000 Tischlermeistern einstimmig angenommen und folgender Beschluß gefaßt worden: Um eine richtige Durchfübrung des auf dem Einigungsamt des Gewerbegerichts geschlossenen Vergleichs zu ermöglichen, verpflichten sich alle Arbeitgeber der Berliner Hol j⸗ industrie, während der nächsten 14 Tage neue Arbeiter nur dann einjuftellen, wenn diese ihre ordnungsmäßige Entlassung durch schrift⸗ liche Bescheinigung nachweisen. Der Ausstand wid nicht eher für beendet erklärt, als bis die Arbeit in allen Werkstätten ordnung mäßig wieder aufgenommen ist, Gegen den Vergleichs vorschlag erklärte fich jedoch die an demselben Tage abgehaltene Versammlung der lokalorganiflerten Tischler. (Vergl. Nr. 72 d. Bl)

Aus Sam me (Ofiflandern) meldet W. T. B., daß daselbst etwa 2605 Arbeiter mehrerer Spinnereien seit dem Freitag v. W. ausständig sind.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernteaussichten und Getreidehandel in Syrien. Der Kaiserliche General⸗Konsul in Beirut berichtet unter dem

6. d. M. Folgendes: . j

Die Ernteaussichten sind infolge des reichlichen Regenfalls wãhrend des rerfloffenen Monats im ganzen Bezirk gůnstige. Weitere Aus fubr von Getreide hat nicht stättgefunden. Die Getreidepreise sind gedrückt.

Aussichten der diesjährigen Weijenernte in Neuseeland.

5 . General. Kensul in Sydney berichtet unter dem 7. v. M. Folgendes: ; Die mit Weizen bestandent Fläche wird auf 265 349 Acker oder 107 557 ha, der vorausfichtliche Ertrag der Ernte aber auf 7695 121 Busbel oder 757 176 hl berechnet. Dies entspräche einem Durchschnittsertrage von 29 Busbel ver Acker oder 26.1 hl per Hektar. Der Verbrauch an Saatkorn wird für das kommende Jahr auf 532 0650 Bushel, der für Nahrungszwecke aber auf 4740 000 Bushel geschätzt. Dabei nimmt man eine Bevölkerungsziffer von 790 900 Seelen an. Es würden demnach zu Ausfuhrmwecken 2423 121 Bushel oder 880 804 hl zur Verfügung stehen.

Handel und Gewerbe.

Durch Artikel 23 des von der brasilianischen Re⸗ gierung unterm 15. Dezember v. J. erlassenen Dekrets Rr. 3575 sind die brasilianischen Zollbehörden an⸗ gewiesen worden, für alle Waaren, die einem Eingangs⸗ zoll unterliegen, die Vorlage von konsularisch be⸗

laubigten Fakturen zu verlangen und beim Fehlen der⸗ fulken die Waaren zum Maximaltarif zu verzollen

Ein Rundfchreiben des brasilianischen Finanz⸗ Minlsters vom 15. Januar d. Jr das in dem in Rio de Janeiro erscheinenden Digrio Official, vom 18. Januar d. . veröffentlicht worden ist, hat indessen den brgsilianischen Zoll⸗ ämtern bekannt gegeben, daß der erwähnte Artikel 23 bis auf weiteres nicht zur Anwendung zu bringen sei.

Diefes Rundschreiben, das Anfang März d. J für kurze Zeit aufgehoben worden war, ist jetzt wieder in Kraft gesetzt worden.

im Reichsamt des Innern zusammengestellten 9 ,, für Handel und Industrie“)

Industrie⸗ und Gewerbe ⸗Ausstellung in Riga. 95

ur Feier des siebenhundertjährigen Bestebens der Stadt Riga soll 5 1 Zeit 1 Mai bis 15. August 1901 in Riga eine In⸗ dustrle · und Gewerbe. Austellung veran altet werden. Nach dem Programm dieser Ausstellung werden im allgemeinen nur Erzeugnisse der rrussischen Dstseepropin en iugelassen. Auf dem Gebiete der Unfallverbutung jedoch sollen auch Vorrichtungen, Zeichnungen und Bücher augländischen Ursprungs angenommen werden. (Nach dem Bericht des Kaiserlichen Konsuls in Riga.)

Serbiens Außenhandel 1893.

Die Ausfuhr Serbiens betrug im Jabre 1899 65 744335 Dinzrs egen 58 991 479 Dinars im Jahre 1898. Die Einfuhr bezffferte sich 6 Jahre 1899 auf 46281 2558 Dinars gegen 41 101 923 Dinars im Jahre 1898. Es ergiebt sich also in der Einfubr im Jahre 1899 gegenüber der des Vorjahres ein Mehr von 5179335 Dinars; das Mehr der Ausfuhr im Jahre 1899 gegen das Vorjahr beniffert sich auf 37523 g55 Dinars. Die Ausfußr im Jahre 1899 übersteigt die Ginfuhr im gleichen Jabre um 198453 13) Dinars, während das Mehr zu Gunsten der Ausfuhr im Jahre 1895 sib nur auf 15 889 556 Dinar bezifferte. (Nach dem österreichischen Handels Museum.)

Die amerikanische Seidenindustrie im Jahre 18839.

Nach dem Jahresbericht der Silk Association of Amsrica war im Jihre 1899 die Eiafuhr von Rohseide ungefähr dieselbꝛ wie im Jabre 1897, nämlich rund 73 090 Ballen oder 10 Millionen Pfund engl; der Werth der Robseiden- Einfuhr stellte sich aber im Jahre 1399 un 2 Millionen Pfund Sterling höher als im Jahre 1897. Die Höhe der Rohseiden-Einfuhr in den letzten sechs Jabren ist aus solgender Tabelle ersichtlich:

Werth Jahr Ballen in Pfun? Sierling JJ

5 151700

J 6 374 165 ö 3002327 J b 382 02 , 5 757 705 . 552355

Im Jahre 1857 hatte die Robseide einen durchschnittlichen Preis von T sh. 6d. pro Pfund, im Jahre 1899 dagegen von 17 h. 3 d. Für das Jahr 1500 derspricht man sich sogar elnen Durchschnittspreis 12 102. vito Pfund. .

Die Einfuhr auzländischer seidener Gewebe im Jabre 1899 zeigte gegen das Jahr 1898 sowohl in der Menge, als auch in dem Werthe eine entfchiedene Zunabme. Die Zuname in der Menge betrug 8 0so und im Werthe sach dem ausländischen Fakturenzwertbe 180. Aus diefen Zahlen geht hervor, daß die Käufer in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1899 für seidene Fabrikate höhere Preise an= gelegt haben als im Vorjahre. Die Statistik über die Seiden produktion beweist, daß die Seidenindustrle überall im Auslande im Zunehmen begriffen ist. Die Shweß, welche einen relativ kleinen Verbrauch an Seidenwaaren hat, steigerte ihre Ausfuhr im Jahre 1838 gegen das Jahr 1889 um 24550. Die Ausfuhr betrug im Jahre 1898 3 520 006 T, wovon 1 680 000 S allein auf London entfielen. Die Sesden. Ausfuhr Italiens im Jabre 1898, welche sich auf 1 400 900 * belief nahm gegen daz Jahr 1839 sozar um 1900j0 zu. Auch die japanische Seldenindustrie hat einen bedeutenden Umfang angenommen. Lyon Seidenproduktion belief sich im Jahre 1898 auf 16600 000 und diejenige don ganz Frankreich auf 25 400 000 S. Großbritannien allein kaufte im Jahre 1898 ausländische seidene Stückwaare im Werthe von 9 600 000 S2.

Die Arbeiter in den Seidenfabriken der Vereinigten Staaten von Amerika waren mit wenigen Ausnahmen im Jahre 1899 voll be— schäftigt. Die amtliche Statistik giebt die Zahl der in den Seiden fabriken von New Jersey beschäftigten Arbeiter auf ungefähr 26 6000 Personen an, an welche 2218 914 * Arbeitslohn gezablt wurden. In Pennsylvanien waren ungefähr 20 365 Arbeiter in der Seidenindustrie beschaͤftigt; diese erhielten 1013 927 * an Lohn.

Die Seidenindustrie wird in den Vereinigten Staaten von Amerika in 19 Staaten und in 230 Städten und Dörfern betrieben. Die Anzabl der Fabriken und Etabliss-ments beträgt annähernd 750.

; (Nach The Board of Frads Journal.)

Landwirthschaftliche Maschinen in Kleinasien.

Vor ungefähr dreißig Jabren war der Gebrauch landwirthschaft⸗· licher Maschinen in Kleinasien noch völlig unbekannt. Die He arbeitung des Bodens geschah mittels sehr einfacher einbeimischer Pflüge; das Mähen erforderte eine bedeutende Anzahl Arbeiter, und das Dreschen wurde ebenfalls durch ein sehr primitives Verfahren bewitkt. Die rohen und wenig prakrischen Werkjeuge, welche eine Menge Arbeiter und viel kostbare Zeit erfordern, sind noch nicht dollständig verschwunden. Aber die Verwendung der landwirth · schaftlichen Geräthe findet von Tag zu Tag immer weitere Ver= breitung. Man kann die Zahl der in Smyrna verkauften Pflüge auf jährlich mindestens 260360 Stück schätzen. Die amerikanischen Fabrikate find die verbreitetesten; sie koften 30 bis 40 Franken. Die Mähmaschine gewährt zwar eine große Ersparniß an Zeit und Geld, aber sie kostet 00 bis 700 Franken und ist für die meisten Landleute zu theuer. In Smyrna werden jährlich ungefähr 300 Stück ver⸗ kauft; sie werden fast ausschließlich aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingeführt. Dampfdreschmaschinen findet man nur auf großen Gütern, welche von Europäern geleitet werden. ;

Außer Pflügen, Mäh und Dampfdreschmaschinen werden in Smyrna besonders aus Großbritannten Auslese , Sieb und Reini gungsmaschinen für alle Arten von Körnern und. Sämereien und fast alle Reinigungsapparate für Mehlmühlen eingeführt.

Der Handel mit landwirthschaftlichen Geräihen ift in Smyrna, welches daß ganje Hinterland hiermit versorgt, noch großer Ent⸗ wickelung fähig. Die Amerikaner und Engländer baben durch ihre Rühbrigkeit und Anstrengungen den Absag von landwirtbschaftlichen Maschinen in Kleinasien fast gänzlich an sich gerissen.

Die Lieferung der Geräthe geschiebt gegen bagr unter Dis kont- bewissigung oder gegen ein bis neun Monate Ziel. (Nach dem Moniteur Offieiel du Commerce)

Venezuela.

Nach einer Regierungsverordnung vom 7. Februar d. Is. wird vom J. März d. Ig. ab in Venezuela der durch Dekret vom 5. Fanuar d. Is. als Kriegssteuer eingeführte Zolljuschlag nur noch bei der Einfuhr von Mehl und bei der Ausfuhr von Kaffee, Kakao und Häuten erhoben. (Gaceta oficial vom 7. Februar 1900.)

Goldproduktion in Britisch⸗ Guayana in den Jahren 1895 bis 18939. Menge Jahr in Unzen .

J 461 300

11 449 200

d . 412200

K 4 414 800 In den Goldfeldern waren im Jahre 1899 20 100 Personen tbätig, wovon auf. Georgetown 14 808, auf Potarg 132, auf Bartica 2624, auf Arakaka 1457, auf Baramanni 1019 und auf Massavini 63 Personen entfielen. .

Werth in Pfund Sterling 451200

Argentiniens Viehausfuhr 1888.

Im Jahre 1899 wurden 102 471 Rinder im Gewichte von 65 ofs 65 Kg aus Argentinien ausgeführt. Die Ausfuhr richtete sich

nach folgenden Ländern: Bestimmungsland: Kopfjabl ,,, 2 636 Großbritannien... 856 485 725 . ö 700 675 k . 86 640 Brasilien .... 14386 642 k 651 Andere Lãn der. 511 415