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Sachsen in Bezug auf Kriminalität eine bevorzugte Stellung eln nehmen. . warteten reußen und Bayern mit der drei- fachen Krimlnalitäteziffer auf. Der Abg. Oertel sollte einmal die zu⸗ en . Gefaängnisse aus persönlicher Erfahrung kennen lernen.
Abg. Dr. Sertel⸗Sachsen (d. kons.); Auf die wohlfeilen ver⸗ sönlichen Angriffe, die mir in dieser Debatte von den Herren Müller. Meiningen und Bebel zu theil geworden sind, gehe ich nicht ein. Ich boffe zu Gott (Heiterkeit links.... das mag für Sie ein Gegenstand des Lachens sein, für mich ist es ein Gegenstand tiefster Erregung, wenn man bei der Erwähnung Gottes lacht. Ich hoffe zu Gott, daß ich unter der gegenwärtigen Staats- und Gesellschaftgordnung nicht in die Gefängnisse komme; sollte ich den Kladderadatsch und den Zukunftsstaat noch er⸗ leben, fo würde ich vielleicht das auch durchzumachen baben, aber hoffentlich sind dann die Gefängnisse viel besser eingerichtet als heute. Die Petition stammt nicht aus dem ländlichen Osten, sondern aus dem industriellen Westen, auch nicht vom Lande, sondern aus den Städten. Die lautesten Schreier im Kulturkampf sind wir nicht, bin ich wenigstens nie gewesen. Disziplinarstrafe ist die Prügelstrafe nur noch in den Zuchthäusern. Die gute Sitte des Willkomms« in den sächsischen Korrektionshäusern bel der zweiten Einlieferung ift leider wieder abgeschafft worden. Ueber die Kost in Gefängnissen habe ich kein eigenes Urtheil. Ich habe mich auf das wörtlich vorgetragene Urtheil eines Strafrechtstheorettkers berufen. Herr Bebel ist in dieser Be— ziehung der größere Sachkenner. Das Uctheil des Kolonial ⸗Direktors von Buchka weicht von dem aller Kolonialkenner gan; bedeutend ab. Die Zunahme der Rohheitzvergeben bestreitet Herr Bebel nicht; er führt sie auf die wirihschaftlichen Verhältnisse zurück. Das ist nicht der Fall; diejenigen brutalen Verbrechen, welche durch die Prügelftrafe gesübni werden sollen, haben mit den wirth- schafilichen Verhältnissen, mit der Noth des Lebens direkt garnichts zu thun. Wir wollen auch garnicht die Prüzelstrafe nur für die unteren Klassen anwenden; ich will auch gern die Arbeitgeber der Prügelstrafe unterwerfen, die 1. B. ihre Arbeiterinnen auf den unsittlichen Erwerb hinweisen. Ich verbitte mir, daß in diese meine Worte irgend ein Iweifel gefetzt wird; es ist mir durchaus Ernst damit. Wenn Herr Bebel das sosialdemokratische Sachsen anführt, das die geringste Hahl von Verbrechen aufweise, so würde das Beispiel erst beweiskräftig sein, wenn man eine Statistik nach den sächsischen Wahlkreisen auf stellte. Wenn Herr Bebel meint, es wüßte in Berlin Jedermann, wer die brutale Zerstörung an den Markgrafen · Denkmälern verübt babe, so bätte er seine Wissenschaft doch mittheilen sollen; ich weiß nichtzs davon, sonst hätte ich die Uebelthäter längst der Bestrafung überliefert. (Zurufe) Es giebt harmlose und weniger harmlose Studentenstreichs; der Kollege Schoenlank hat auch viele Studen tenstreiche mitgemacht und ist doch ein ganz tüchtiger Genosse ge⸗ worden. Die Reden der Herren Gröber und Bafsermann baben mich siberrascht; sie theilen mehr oder minder meinen Standpunkt in der Privatunterhaltung, aber nachher hören wir, daß das Zenttum mit verschwindenden Ausnabmen und die Nationalliberalen einstimmig gegen meinen Antrag auf Ueberweisung als Material stimmen würden. In der Presse und im Lande sind noch weitere Strafverschärfungen empfohlen worden: Kostentziehung, Dunkelarrest, Lattenstrafe, — asses Strafen, die weit empfindlicher wirken müssen als die Piügelstrafe. Herr Bebel hat sich auf den Direktor der Straf⸗ anstalt Moabit berufen. Herr Krobne hat im Gegentheil sich unter gewissen Voraussetzungen für die Prügelstrafe ausgesprochen, und selbst der Gegner der Prügelstrafe, der General⸗Staatzanwalt von Schwarze, hat sich theoretisch auf denselben Boden gestellt. Wer sich wie ein dummer Junge benehme, sagt er, müsse sich auch gefallen lassen, als dummer Jange behandelt zu werden. An den „Hannoverschen Courier“ hat in demselben Sinne ein nationalliberaler Richter eine 2e it gerichtet. Auch die Gefaäͤngnißgesellschaft für die Provinz
achsen hat für jugendliche männliche Individuen der körperlichen Jächtigung vor der Freiheitsstrafe den Vorzug gegeben. Aus dem Tande find mir eine Menge Zuschciften geworden, welche sich lebhaft zustimmend äußern. Sind 6 Monate Gesängniß eine genügende Strafe für einen Mann, der seine Stieftochter in der raffiniertesten Weise fast zu Tode gequält hat? Ein Zuhälter bekam 5 Jahr Ge—⸗ fängniß für die empörende Mißhandlung, die er der Dirne, die ihn erbalten mußte, angedeihen ließ; aber in diesem Falle war es die „‚Germania“', die für diesen Verbrecher eine gründliche Prügelstrafe forderte. Tolstoi, ein Prophet der Humanität, tritt durchaus für die Ptügelstrafe ein. Wir müssen für genügend abschreckende, strenge Strafen für Rohheit und Brutalität sorgen.
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg.): Herr Oertel ist ungngenehm davon überrascht, daß er mit seiner Prügelsebnsucht im Reichstage ziemlich einsam dastebt, daß selbst das Zentrum ihm nicht folgen will. Darüber, daß Herr Krohne durchaus der Prügelstrafe wider- strebt und nur für einen ganz bestimmten Ausnahmefall sie zulassen will, bestebt kein Zweifel mehr; die Berufung auf Krohne kann Herr Dertel nicht in Anspruch nehmen. Die internationalen Gefängnißkongresse haben mit großer Mehrheit, der zweite allerdings gegen die Stimmen der Engländer und der Dänen, die Prügelstrafe verworfen. Die Freunde des Oertel'schen Gedankens und auch die Petenten gehen von der Vorau setzung aus, daß die Robheitsverbrechen sich vermehrt haben. Diese Voraussetzung ist falsch. Die neueste Kriminalstatistik zeist keine Steigerung der Zahlen; seit einer Reihe von Jahren bewegt sich die ill nahe um den Durchschnitt herum. Lassen wir die kriminelle
rägelstrafe in der historischen Rumvellammer, wohin sie gebört. Sie gehört zum Ganzen jener rückläufi en Weltanschauung, die unser Deutsches Reich beherrschen möchte; wir nehmen davon Notiz, aber zleben sie nicht weiter in Betracht. Nicht ein Gewaltmittel, welches siets etwas Erniedrigendes an sich hat, kann als Erziehungsmittel verwendet werden.
Abg. Gröber (Zentr): Herr Oertel wundert sich, daß die De⸗ batte beate so wenig wie bei der ersten Gelegenheit scharf geworden ist. Das liegt an der Art, wie sie geführt wurde; wenn scharf ge⸗ schossen wird, wird mit scharfen Geschossen erwidert. Auch in England besteht die Prügelstrafe eben lediglich für die besondere Art von Verbrechern, den Garrotters. Die Abschaffung der Prügelstrafe ift längst vor dem Beginn der deutschen Reichsgesetzzebung erfolgt; in Preußen schon im Jahre 18651, in Sachsen 1868. Der Antrag auf Ueber⸗ gang zur Tagesordnung ist von der Kommissionsmebrheit angenommen worden; wenn in der Kommission auch von Zentrumsmitgliedern über die Mängel der Ergebnisse des beutigen Strafvollzugs gellagt wurde, so stimme ich ihnen durchaus bei; aber auch diese Mitglieder werden heute gegen den Antrag Oertel stimmen. Herr Oertel beruft sich auf die Gesammtheit der Praktiker, selbst auf Herrn Krohne. Der letztere Pankt ist schon richtiggestellt worden. Eine große Zahl der bedeutendsten Strafanstalts. Direktoren ist durchaus gegen die Prügelstrafe, selbst gegen sie als Disziplinarstrafe. Die Be⸗ rufung auf Tolstoi kann doch nicht ernst genommen werden; wenn Tolstoi nur jwei richtige Strafmittel kennt, die Prügel strafe und die Todesstrafe, so stellt dieser Ausspruch eine jener Gxcentrinitäten dar, die wir an ihm gewohnt sind; er stellt sich damit auch auf den Standpunkt Chinaß, wo man auch nur den Bambus und die Todesstrafe kennt. Wenn Herr Bebel die Zunahme der Ver brechen auf den wirthschaftlichen Kampf, die wirthschaftliche Noth zurückfäbrt, so stimmt das nicht ganz, wie schon die studentischen Ausschreitungen beweisen. Es ist überhaupt sehr gewagt, aus der Kriminalstatistik ohne weiteres auf den Charakter, den Kultur—⸗ ftand eineg ganzen Stammes oder Baimtg schließen zu wollen. Ich beschränke mich darauf, guf die gefährlichen Körperverletzungen dinzuweisen. Die Messeraffatren — statt des Messers genügt oft auch ein Maßkrug, obwohl für Bayern von kompetenten Männern be⸗ stritten wird, daß ein solcher ein gefährliches Werkieug sei — würden nach den Theorlen des Herrn Bebel gerade München und Nürnberg, wo die Sojialdemokraten den maßgebenden Einfluß besitzen, als die schlimmsten Beispiele erscheinen 35 während es in Augsburg z. B., wo dies nicht der 5) ist, besser bestellt wäre. (Zurufe bei den Sozialdemokraten) Ich lege selbstverftändlich diesen Maßftab nicht an, sondern wollte nur zeigen, daß die Berufung auf die Statistik ihre jwei Seiten hat.
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Aba. Werner (Reformp.) Die ländlichen . sind aller ⸗ dings oftmals ganz miserabel; auch werden die politischen Gefangenen vielfach recht schlecht bebandelt. Andererseits aber haben sich doch die Rückfalligen, die ( Kriminalstudenten“, einer recht guten Behandlung in den Gefänguiffen zu erfreue. Dag Volk empört sich außerordentlich gegen die Robheitsverbrechen und hält durchweg eine grůndliche Prũgel⸗ strafe für die Verbrecher für angebracht. Wenn auch die Rohheitsverbre nicht zugenommen haben sollten, die Rohheit der Verbrechen und der Verbrecher hat ficherlich zugenommen. Wenn der Antrag Oertel an- enommen wird, liegt ja die Entscheidung bei den verbündeten
serungen. Baß der zur Vollziehung der Prügelstrafe Kommandierte dabei verrohen muß, gebe ich allerdings zu. Als abschreckendes Strafmittel ift die Prügelstrafe nötbig; mit den bisherigen Straf mstteln kommen wir nicht aus; wir kommen sonst von der Humanität zur Inhumanität.
Abg. von Kardorff (Ry -): Ich stehe im Ganjen auf dem Standpunite des Kollegen Oertel, aber sympathisch ift mir , . die Prägelstrafe nicht. Für Thierquälereien weiß ich überhaupt keine andere richtige Strafe. Cine Prügelmaschine ist ja leider noch nicht erfunden. Ich halte es freilich für nicht sebr wabrscheinlich, X elne Mebrheit im Reichstage sich zu einem Antrag auf ieder · einführung der Prügeistrafe zusammenfinden wird; aber daß es mit dem bisherigen Strafvollzug nicht mehr gebt. varüber sind wir wohl alle einia, und so sollten wir auch die ver⸗ bündeten Regierungen darauf aufmerksam machen, daß die jetzige Art des Strafvolljugz sehr viel zu wünschen übrig lãßt. Herr von Treitschke hat sich ganz entschieden s. 3. dahin ausg⸗sprochen, er glaube nicht, daß die ,, nach ihrer Abschaffung jemals wieder eingeführt werden könne. 59 bei den So ial emoktaten: Glücklicherweise) Herr Bebel will sie natürlich nur für die höheren Stände eingeführt wissen; den höheren Ständen gönnt er alles. Wir wollen die Reform des Strafvollzugs den verbündeten Regierungen e , und dazu ist der Antrag Oertel ein gutes Mittel.
Abg. Pr. Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode (; kons): Herr Bebel hat ausgesprochen, ganz Berlin wisse, daß die Ver— stümmelung der Denkmäler in der Sieges, Allee von Mitgliedern höherer Stände ausgegangen sei. und aus diesem Grunde habe auch der Polizei. Präsident die Nachforschungen eingestellt. Herr Bebel soll die Ramen privatim nennen wollen. Tas hilft garnichts. Entweder weiß er etwas Gewisses. dann soll er es anzeigen, oder er weiß nichts Be⸗ flimmtes, dann soll er nicht mit solchen Vermuthungen kommen, die, wie sich schon so oft beim Militär- Etat gezeigt bat, unrichtig sind.
Abg. Bebel: Ich babe solche Bereitwilligkeit garnicht geäußert, noch äußern können. Ich habe nicht gesagt, daß ich die Personen kenne (Aha! rechts); unterstellen Sie mir doch nicht, was ich nicht gefagt habe. (Zarufe rechts: Ganz Berlin soll es doch wissen In Berkin wird Überall berumgesprochen, aus welchen Kreisen die Thäter stammen. Auch habe ich nicht einmal angedeutet, als sei ich ür die Prügelstrafe, wenn sie auf die böͤheren Stände beschränkt wüärd?; wird sie eingefübrt, dawn muß sie fär alle Stände gelten. Wir wissen aber bestimmt, würde sie eingefübrt, so würde sie nur gegen die unteren Stände angewender werden. habe an die Behauptung im Abgeordnetenbause erinnert, daß an der zunehmenden Verrohung die Sozlaldemokratie in erster Reihe Schuld wäre. Dagegen habe sch mich gewendet, und auch die Ausführungen dez Abg. Gröber bestätigen indirekt nur meine Ausführungen.
Abg. Dr. Graf Udo zu Stolberg ⸗Wernigero der Herr Bebel sagt also, gan Berlin wisse, in welchen Kreisen die Thäter zu suchen selen. Ich weiß wirklich nichts davon, meine Freunde ebenso wenig. Ich habe lediglich das Wort ergriffen, weil ich glaubte, er bätte seine Erklärung, es uns privatim ju sagen, direkt an meine Adresse gerichtet. . .
Abg. von Kardorff: Herr Bebel hätte nach solcher Eckläcung die Pflicht, seine Wissenschaft öffentlich kund zu geben. Im Jahre 1897 hat sich Heir Bebel bei Gelegenheit der lex Heinze“ bedingt für die Prügelstrafe ausgesprochen.
Rach einer mehr persönlichen Auzeinandersetzung zwischen den Abgg. Bebel und von Kardorff schließt die Diekussien.
Der Antrag Oertel auf, Ueberweisung der Petition an den Reichskanzler als Material wird abgelehnt. Das Haus geht über die Petition zur Tagesordnung über,
Eine Reihe von Petitionen aus München, Frankfurt, Stuttgart, die Abrüstungsfrage, das Zaren-Manifest und die Sicherung des Weltfriedens betreffend, wird dem Reichs⸗ kanzler zur Kenntnißnahme überwiesen.
Die Petitionen, welche die Verschärfung der Vogel—⸗ schutzgesetzgebung fordern, sollen nach dem Antrage der Petitionskommission dem Reichskanzler zur Berücksichtigung überwiesen werden.
Abg. Beckh-⸗Coburg verwendet sich nachdrücklich für den Kom missionsantrag Der von den Italienern betriebene Wachtel⸗ und Schwalbenmord schreie zum Himmel. Dem unsinnigen Massenmord unserer wichtigsten und unentbehrlichsten Zugvögel, besonders in Italien und Südösterreich, müsse endlich Einbalt geihan werden. Die Abänderung des Vogelschutzgesetzes von 1888 würde die beste Vorberestung auf die immer noch ausstehende internationale Konvention über den Vogelschutz sein. Deutschland müsse ferner ein Durchfuhrverbot für gefangene Vögel erlassen. Die barbarische Fangart des Dohnenstieges werde in Deutschland noch immer betrieben. Das Verbot des Fangens und Erlegens von land⸗ wirthschaftlich nützlichen und von Singvözeln müsse ausgsprochen, die Strafbestimmungen gegen gewerbsmäßige Vogelfänger müßten ver⸗ schärst werden. Die Vertheuerung der Leckerbissen für die Epikuräer, 2 Leckereien nicht entbehren möchten, komme nicht in
etracht.
Abg. Graf von Oriola (nl.) spricht fich in demselben Sinne aug. Gr habe eine große Sympathie für das italienische Volk, aber unbegreiflich scheine dem Deutschen das barbarische Verfabten der Italiener und der Südösterreicher gegen die deutschen Zagvögel. Ünsere Herren Verbündeten hätten doch alle Vzranlassung, den be⸗ e, e. Wünschen Deutschlandz etwas mehr Geneigtheit entgegen zubringen.
Abg. von Salisch (d. kons.): Zur Hebung der Landwirtbschaft käme der Vogelschutz doch nur als ein alleikleinstes Mittel in Betracht. Für die Abschaffung des Drosselfanges müßten jedenfalls Eatschädigungen gewährt werden. .
Der Kommissionsantrag wird angenommen. Darauf ver⸗
tagt sich das Haus. Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr.
(Erste Lesung der Seemannsordnung; dritte Lesung des Etats.)
Prenußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 53. Sitzung vom 23. März 1900, 11 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die erste Berathung des Gesetzentwur fs, betreffen Maßnahmen zur Verhütung von Hochwassergefahren in der Provinz Schlesien.
Abg. Freiherr von Richthofen (kons.): Meine Freunde sind der Ansicht, daß die Tragwelte dieses Gesetzentwurfes in technischer und verwaltungsrechtlicher Beziebung über den Rahmen eines lokalen Gesetzes hinausgeht. Es fragt sich, ob die Vorlage eine geeignete Grundlage dafür ist, die Hochwassergefahr wirklich zu beseitigen, und wie z die Anlieger der unteren Oder dazu stellen. Es giebt. Leute, welche glauben, daß die Vorlage die Gefahren nicht beseitigen wird. Wir sind anderer Ansicht. Wir meinen, daß die bisherigen Einrichtungen nicht ausreichen, und nehmen die Vorlage als einen Versuch an. Sonst könnte die Regierung auf die Regulierung der anderen schlesischen Flüsse verzichten. Manche meiner Freunde meinen zwar, daß durch die vorgeschlagenen Maß⸗
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avon werden die An Das erste Projekt, e . 120 Milllonen, und das weite, welches 80 Millionen kosten sollte, bielten sich nicht im Rahmen der Wirklichken sh die Provinz Schlesien. Die Regierung har nug ein nere Projett aufgestellt und dem schlesischen Provinzial. Landtage bo. gelegt, welches die Frage entscheidet, was geschehen und wie inen, halten werden soll In dieser Vorlage, welcher der Prodin al. dan dia zugestimmt hat, liegt ein dert er n Sind wir so im Ganjen mi der Vorlage einverstanden, so haben wir allerdings gegen Einzelbenn Bedenken. Wat die Konstruktion der Vorlage betrifft, so soll die Ünte. haltungslast für diese Flüsse der Provinz zufallen. Es wird somtt ein wich izes Zvischenglied zwischen der Unterhaltungspflicht durch die Wassergenossenschaften und der Unterhaltangspflicht des Staatz g. bildet. Die Provinz kann, nach einem bestimmten Kataste die Inte essenlen zur Untechaltungepflicht heranziehen; aber eg ist ein aroßer Fehler, daß die Befugnisse der Inte, essentenvertretunz nicht in der Vorlage. sestgelegt sind Bedenken habn wie ferner gegen das ee. Maß von Befugnlfen, welches der Ober. Praͤstdent nach der Vorlage erbält. Wir haben nitztz gegen den Ober Präsidenten an sich ein uwen den, aber diese Vorlag, fann vorbildlich sein, und wir bezweifeln, daß ihm hier die richt, Stellung gegeben ist. Das größte Bedenken gegen die Por, lage von 1839390 bezog sich auf die Unterhaltung durch Ri Kreise, und das ist auch noch bei dieser Vorlage im Propsnnal, Landtag das punctum saliens gewesen. Das Bedenklichste ist, daß niemals mit sesten Summen gerechnet werden kann. Im Provinzial, Landtag hat Professo6! Intze im Januar 1899 die Kosten der drei großen Thalsperren auf 5 Millionen Mark geschätzt, und jezt sollen sie 18 Millionen Mark kosten. Wenn schon die Arlage, kosten fo unsicher sind, was soll man da erst von den Unterhaltung, fofsten sagen? Die frühere Annahme, daß sie 4 60 dez Anlagekapitals betragen werden, läßt sich nicht mehr aufrecht erhalten. Deshalb befürchtet man noch immer, daß die Belastunz dieser Vorlage höher werden könnte, als die für einen Durch, schnitt von 10 Jahren berechneten Ueberschwemmungsschäden. Wenn auch die Provinz Bauherrin ist, so sollen dech die Interessenten ju Unterhaltung beitragen, und deshalb ist die Befürchtung nicht von der Hand ju weisen, daß die Sache diesen zu theuer wird. Es muß sit eine Speisung des vorgesehenen Sicherheitsfonds auch durch die Probinj geforgt werden. Daß im schlesischen Gebirge ein Versuch mit den Thalsperren in Mauer, Marklissa und Buchwald gemacht werden foll, dam't sind wir einverstanden; aber die Interessenten fürchten, daß die Projekte für diese Octe nicht richtig entworfen sind. Daz Hauptgewicht bei den Thalsperren muß auf den Hochwasserschutz geleg werden und nicht darauf, daß diese Wasserbecken für die Industtle nutzbar gemacht werten lönnen. Die Hauptsache ist, daß diese Sammelbecken das Hochwasser fassen können. Die Vorlage regelt schon manche Materien der geplanten Wasserrechtsgesetzgebung; nun sollte man mit der Regelung des gesammten Wasserrechts erst warten, bit Erfahrungen mit dieser Verlage vorliegen. In der Kommission werden wir persuchen, alle Bedenken zu zeistreuen. Gelingt dies, so wird die Vorlage allerdings ein Kalturweik allerersten Ranges schaffen.
Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ tein: —
Meine Herren! Zu meinem Bedauern war ich nicht in der Lax, den Darlegungen des geehrten Herrn Vorredners von Anfanz an zu folgen, weil ich an einer Budgetkommissionssitzung im Herrenhause theilnehmen mußte. Ich muß mich daher darauf beschränken, eine Er⸗ widerung auf diejenigen Darle zungen zu geben, die ich persöͤnlich ent⸗ gegenzunehmen die Ehre hatte.
Ich will vorab bemerken, daß der Abg Freiherr von Richtbofen das einige Mitglied des hohen Hauses ist, das gleichzeitig Mitglied del Provinzial ⸗ Landtages in Schlesien war und an den Verhandlungen dort eingehend sich betheiligt hat, daß derselbe dort im Großen und Ganzen nach den Mittheilungen meiner Kommissarien dieselben Be denken wie hier hervorgehoben bat, daß sie im Provinzial Landtage sowohl seitens der Betheiligten wie seitens der Kommissarien der landwirthschaftlichen Vrrwaltunz einer eingehenden Prüfung unter worfen worden sind, daß das Schlußresultat aber war, daß der Provinzial · Landtag einstimmig diejenige Unterlage geschaffen hat, welche den Gegenstand der heuligen Berathung bildet. Daß die Vorlage im schlesischen Provinzial Landtag einstimmig an ⸗ genommen wurde, ist in der Begründung der Vorlage berborgehoben. Ein Theil der oben vorgetragenen Bedenken ist bereits Gegenstand der Erörterung in der Presse gewesen. Die „Kreuzjeitung' brachte bor wenigen Tagen einen ausführlichen Artikel in dieser Richtang, der, wie ich aus den Darlegungen des Herrn Abg. von Richthofen schließen darf, aus der Feder des Herrn von Richthofen herrührt, jedenfalls er⸗ zrtert der Artikel dieselben Bedenken, welche heute hier vorgetragen wurden.
Interessant ist, daß aus den Kreisen der Betheiligten, und iwnr von dem Grafen Stosch bereitz elne Widerlegung dieser Anschauungen erfolgt ist, woraus hervorgeht, daß der Voisitzende des Prodinjal· Ausschusses und des Provinzial-⸗Landtages in dieser Beniehung anderer Meinung ist wie Herr von Richthofen.
Im übrigen kann ich mich mit einem großen Theil der theort tischen Darlezungen des Herrn von Richthofen grandsätzlich wobl ein verstanden erklären. Ich erkenne an, daß es sich bier um einen gtoh⸗ artigen Versuch handelt, der zum ersten Mal für die in wasserwirtb· schastlicher Hinsicht am meisten gefährdete Probin; Schlesien gematt werden soll. Zweifelloz wird bei solchem Versuche dieser oder jener Fehlgriff vorkommen. Im übrigen möchte ich doch glauben, daß die gegenwärtige Vorlage sowohl in legislativer wie in technischer Se ziehung einer so gründlichen Prüfung und Bearbeitung unterlegen bat daß die Grundgedanken, von denen die Vorlage ausgeht, ene innere sachliche Berechtigung haben. Ueber Bedenken rein tbeoretischer Natur kann man füglich hinweggehen und erhoffen, daß der Gtfola im Ganzen sich als günftig erweisen wird.
( Schluß in der Zweiten Beilage
zun Deutschen Reichs⸗A
n 74.
Zweite Beilage
Berlin, Sonnabend, den 24. März
nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.
1900.
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(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Der Herr Abgeordnete hat ausgeführt, die Anlage von Thal sperren sei außerordentlich schwierig, die Kostenanschläge seien zu niedrig bemessen, bei gründlicher Durcharbeitung werden sie muthmaßlich sich noch böber gestalten, obgleich jetzt dafür 15 Millionen gegen anfänglich einma 7 Millionen dafür beansprucht werden. Die Herstellung pon Thalsperten ist wesentlich abhängig von geognostischen und geologischen Verhältnissen, die bei Prüfung der Spezial— prajelte sehr sorgfältig untersucht werden müssen. Es kann sich dabei herausstellen, daß man die Thalsperren tiefer fundieren muß, als das bei den generellen Voranschlägen angenommen wurde. Jeder, der in Wasserbauten Erfahrung besitzt, weiß aber, daß das, was unter der Erde gebaut wird, in der Regel viel mehr Geld kostet als das, was über der Erde gebaut wird. Ueber den Bau von Thal sperren liegen bereits eigene und die Erfahrungen anderer Länder, sogar aus China vor. Unter Führung des Professors Intze sind in Westfalen und Rheinland bereits reichhaltige Erfahrungen mit dem Bau von Thalsperren gemacht, welche eine Gewähr dafür bieten, daß dat, was der leitende Techniker Herr Professor Intze unter Mitwirkung der staatlichen Techniker projektiert und ausführt, nach menschlichem Ermessen zuverlässig und zweckmäßig sein wird. (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, der Herr Abg. Freiherr von Richthofen meinte, es sei nicht zu übersehen, ob Thalsperren in Schlesien ebenso wie im Westen für die Wasserversorgung der Städte, ür die Beschaffung der Triebkraft für eine größere Industrie, insbesondere für die Kleinindustrie, sich als nützlich und Gewinn versprechend erweisen werden. Die Zukunft muß das lehren, indessen möchte ich glauben, daß zwischen dem industriellen Westen und dem industriellen Schlesien kein so wesentlicher Unterschied besteht, daß daher, was im Westen als segenzteich sich erwies, gleiches auch in Schlesien thun wird. Jedenfalls ist eiwiesen, daß aller Anlaß vorliegt, der großen Ge⸗ fähdung Schlesiens, dem stets in Schlesien wiederkehrenden Nothstand einstlich entgegenzutreten, daß als Mittel zur Bekämpfung des Noth— stands neben den übrigen Maßnahmen auch die Herstellung von Thal sperren sehr ernstlicher Erwägung bedarf, weil man dadurch große
Wassermassen zurückhalten kann, die man wirthschaftlich auch für die
Landwirthschaft wahrscheinlich nutzbringend verwerthen kann, und weil dadurch schädliche Ueberschwemmungen im ganzen Odergebiet, wenn nicht völlig verhindert, doch wesentlich gemindert werden können. Der Eifolg des Versuchs ist so vielversprechend, daß man den Versuch meines Erachtens ausführen muß.
Soweit ich den Darlegungen des Herrn Abg. von Richthofen gefolgt bin, entnimmt Herr von Richthofen ein wesentliches Bedenken aus der Uebertragung der Pflicht der Unterhaltung auf die Provinz, auch daraus, daß die Provinzialverwaltung und ihre Organe Neubau und Unterhaltung technisch leiten und ausführen sollen. Ich kann nicht leugnen, befremdend ist mir bei diesen Darlegungen gewesen, daß der Herr Abg. von Richtbofen anscheinend behaupten will, daß die Selbstverwaltungsorgane unter Mitwirkung von Technikern dafür ungeeignete Organe seien. (Abg. Freiherr von Richthofen: Das habe ich nicht gesagt)) Ich bin diametral der gegentheiligen Meinung. Die Organe der Selbstverwaltung, welche vielfach selbst direkt in der Frage mit betheiligt sind, die realen Verhältnisse und Bedürfnisse genau kennen, das unbedingte Vertrauen aller Betheiligten besitzen, sind meines Erachtens der Aufgabe weit besser gewachsen wie die Organe der Königlichen Staatsregierung, welche auf Kosten Anderer wirthschaften. Den Organen der Staats⸗ verwaltung wirft man und mitunter vielleicht mit Recht vor, daß sie zu sehr vom grünen Tische aus arbeiten. Ich möchte daher das Gegentheil von dem folgern, was der Herr Abg. von Richthofen dar⸗ gelegt hat. (Widerspruch rechts.)
Meine Herren, die Staatsregierung beabsichtigte schon vor Dejennien, eine Besserung in den schlesischen Nothstandeverhältnissen herbeizuführen. Die Staatsregierung legte ein Gesetz vor, durch welches die Unterhaltung der schlesischen Gebirgeflüsse auf leistungs⸗ sibige Verbände übergehen sollte. Das Gesetz wurde zur Zit abgelehnt, weil der Landtag zunächst Herstellung normaler Zu⸗ stände verlangte, bevor deren Er und Unterhaltung geregelt werde. Nan lehnte daher ab, die Unterhaltung der Flüsse zu regeln, bevor nickt die vorli gende absolute Verwilderung beseitigt sei. (Sehr richtigh Dieser Anforderung soll die gegenwärtige Vorlage mit Mitteln des Staats und der Provinz entsprechen, und dabei, bei dieser Schaffung normaler Verhältnisse, sollen die Erfahrungen genutzt werden, die man in Oesterreich, in Bavern, in der Schweiz und in Frankreich mit der Verbauung der Wildbäche gemacht hat. Nach- dem aber ein normaler Zustand hergestellt ist, soll ein leistungs« sibiger Tiäger für Er. und Unterhaltung geschaffen werden. Dieser Gedanke ist nicht dem in der Bearbeitung sich befindenden
ö serrechts eniwurf entnommen, er entspricht der Natur der Ver⸗ bältnisse, und vermeidet in der Vergangenheit begangene Fehler.
Meine Herren, darüber sind wir uns doch alle klar: der so mnie Zestand, wie er in den schlesischen Gebirgeflüssen zur Zeit 296. ist im wesentlichen dadurch verschuldet, daß, trotzdem durch val l lo Partikulargesetzgebung gewisse Verpflichtungen den Fluß⸗ a g. oblagen, trotzdem die sogenannten Auberechtigten verpflichtet neg. einen wesentlichen Theil der Unterhaltungslast zu tragen, daß . seit einer langen Reihe von Dezennien garnichts geschehen bei und daß infolge dieser Vernachlässizung der Pflichten der bis— 2 Unterhaltungerflichttrãger, welche auf seiten der Behörden
1 zur Pflichterfüllung angebalten sind, Zustände entstanden ne . nun allerdings zu einer allgemeinen Provinzial“, ja ; 62 dreist sagen, zu einer Landeskalamität angewachsen sind. n n Das lehrt aber, daß man die früheren Fehler ver— 4 . und daß man mit Sorgfalt suchen muß, einen Träger ö. ,. zu finden, der im stande ist und selbst dabei inter lit. st, die Unterhaltungslast rechtjeitig und in vollem Maße zu
Meine Herren, der Herr Abg. von Richthofen hat mit einzelnen Spezialbestimmangen der Vorlage sich befaßt, insbesondere aub mit den Bestimmungen des § 38 des Gesetzes über den Sicher heitsfonds. Ich will auf diese Frage nicht weiter eingehen. Wenn ich den Dar— legungen richtig gefolgt bin, so glaube ich, daraus entnehmen zu müssen, daß Herr von Richthofen wünscht, daß der Staat an der Speisung des Sicherheitefonds theilnehme. Es ist z. B. angeregt, etwaige Einnahmen aus den Thalsperren daran zu betheiligen. Zu „/5 fließen die etwaigen Einnahmen in die Kasse des Staats, zu 1/5 in die Kasse des Provinzial. Verbandes. Herr von Richthofen hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß wohl erwogen werden könne, ob etwaige Revenuen aus den Thalsperren nicht dem Sicherheits fonds zufallen könnten. (Zuruf: Ueberschüsse) Meine Herren, ich möchte glauben, daß ebenso wie der Provinzial⸗Landtag in Schlesien dieser Anregung des Herrn von Richthofen keine Folge gegeben hat (Zuruf: Daz ist nicht richtig), daß so auch hier im Hause derselbe Gedanke keinen Anklang finden wird. Will man die Sache nicht gefährden, so muß man sich mit gewissen Leistungen des Staats begnügen, und ich glaube, daß der Staat an den Kosten dieses Unternehmens, die er zu „3 tragen will, sich in recht ausgiebiger Weise betheiligt. (Sehr richtig! links.)
Im übrigen mache ich darauf aufmerksam, daß in der Begrün⸗ dung des Gesetzes ausdrücklich darauf hingewiesen ist, daß das Vor— gehen des Staates im konkreten Fall nicht bindend sein solle für ein gleiches Vorgehen in anderen Theilen der Monarchie. Die Unter— haltungslast der nicht schiffbaren Flüsse auf Staateschultern zu über⸗ nehmen, erscheint weder berechtigt, noch durchführbar. Die Unter⸗ haltungelast müssen diejenigen tragen, welche davon den Nutzen haben, und der Nutzen muß den Maßstab für Vertheilung der Last bilden. (Sehr richtig! links.)
Meine Herren, ich wünsche und hoffe dringend, daß, nachdem es gelungen ist, dieses schwierige Werk, das sowohl in technischer wie in legislativer Richtung außerordentliche Schwierigkeiten bot, im Provinzial Landtag, dessen Mitglieder den Verhältnissen am nächsten stehen, zu einer einstimmigen Annahme zu bringen (Rufe rechts: Ist ja nicht einstimmig gewesen)h, daß nun nicht hier im Landtage viellecht aus mehr oder weniger doktrinären Gründen das Zustandekcemmen der Vorlage gefährdet wird. Ich empfehle die Prüfung der Vorlage der Loyalität der Kommission und gebe mich der Heffnung hin, daß es gelingen wird, auch hier im Hause ein Werk zu stande zu bringen, das ich mit dem Herrn Abg. von Richthofen als ein Kulturwerk ersten Ranges bezeichne. Ich hoffe, die Ausführung der Vorlage bietet Gewähr dafür, daß in ab— sehbarer Zeit die unhaltbaren wasserwirthschaftlichen Verhältnisse in der Provinz Schlesien, daß der regelmäßig wiederkehrende Nothstand, wenn nicht dauernd gänzlich beseitigt — denn alles Menschenwerk ist ja Flickwerk —, so doch wesentlich gemindert werde.
Ich bitte also das hohe Haus, sich der Vorlage möglichst günstig gege nüberzustellen. (Bravo! links.)
Abg. Seydel⸗Hirschberg (nl.): Auch wir meinen, daß die Be⸗ deutung der Vorlage über die eines Probinzialgesetzes hinausgeht, und wollen daran mitwirken, daß sie Gesetz wird. Sie regelt die Frage, wer die Unterhaltungskosten tragen soll. Ich sebe den Gesetz. entwurf als einen Kompromiß jwischen der Staatsregierung und der Provinz Schlesien an. Der Provinzial-Landtag von Schlesien hat die Vorlage einstimmig angenommen, und damit müssen wir rechnen und uns grundsätzlicher Aenderungen enthalten. Hier heißt es: „Wer nicht für mich ist, der ist wider mich. Ein glücklicher Ge— danke der Vorlage ist die Schaffung einer Interessentenpertretung für jeden einzelnen Flußlauf, indessen müssen die Befugnisse dieser Ver—⸗ tretung genauer festgestellt werden. Der vorgesehene Reservefonds muß auf eine hinreichende Höhe gebracht werden. Eine sehr wichtige Frage ist die Einwirkung dieser Vorlage auf die Anwohner der unteren Oder. Der Schutz für diese muß Hand in Hand gehen mit der Ausführung der Vorlage. Die Regierung ver— kennt ja auch nicht die Wichtigkeit dieser Forderung. Schon die jetzigen Regulierungsarbtiten an den Oberläufen der schlesischen Ge— birgéflüsse haben gute Folgen gehabt; die Maßnahmen, welche der Gesetzentwurf vorschlägt., siad so othwendig, daß wir sie im Interesse der Flußanwohner ausführen müssen. Meine Freunde erkennen an, daß es sich um einen Nothstand der Provinz handelt und daß es eine Ehrenpflicht für den Staat ist, mit seinen Mitteln der nothleidenden Provin; zu Hilfe zu kommen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich freue mich, aus dem Munde eines Ab— geordneten, dessen Wahlkeeis an der Sache sehr betheiligt ist, einmal eine Bemerkung der wohlwollenden Behandlung der ganzen Frage durch den Staat zu bören. Man ist ja sonst daran gewöhnt, daß das, was auch der Staat thut, nie genug ist.
Meine Herren, wenn wir hier auf eine Mitwirkung des Staats bei Herstellung der ersten Bauten in der Höhe von „3 der Gesammt⸗ kosten uns eingelassen haben, was ja bei den eigentlichen Meliorations⸗ arbeiten im Lande ganz ungewöhnlich ist, so ist es allerdings aus dem Grunde, den der Herr Vorredner angegeben hat, geschehen, weil es sich hier um eine so schwere Landeskalamität handelt, wo das Unheil, das aus der ungenügenden Ableitung des Wassers vom Gebirge in die Ebene herab hervorgegangen ist, deutlich genug klar geworden ist, — so ist es geschehen mit Rücksicht auf diese ausnahmsweisen Ver— hältnisse, und es kann eine solche Mitwirkung des Staates bei derartigen Landesmeliorationen in Zukunft nicht zu Kon⸗ sequenzen auf anderen Stellen führen. Wir werden ja noch wahrscheinlich eine Reihe von anderen Vorlagen ähnlicher Art, namentlich für die untere Oder, für die Spree und für die Havel, bekommen, wo wir das Vorhandensein ähnlicher ausnahmsweiser Zu— stände anerkennen und daher in der Mitwirkung des Staates auch weiter gehen, als das, wie gesagt, im allgemeinen möglich wäre.
Der Herr Vorredner hat auch sehr richtig die Vorlage als eine Art Kompromiß bezeichnet zwischen Staat und der Provinz. Beide wesentlich betheiligten Verbände, die ja die Gesammtkosten sür die erste Herstellung der Flußläufe übernommen haben, haben sich voll—⸗ ständig verständigt, und es ift daher an und für sich schon sehr
gefährlich, wenn bier an den Grundlagen Aenderungen beschlossen
werden sollten durch das Drängen von noch näheren Interessenten. Denn, meine Herren, in der Provinz Schlesien giebt es auch sehr ver⸗ schiedene Meinungen über die Behandlung der verschiedenen Interessen der Nächstbetheiligten. Ich kenne manche sehr einflußreiche Herren aus Schlesien, die sagen: wir sind aus Gegenden, die mit dem ganzen Wasser nichis zu thun haben; wir haben auch nicht die Vortheile von den fließenden Strömen, und wir werden eigentlich in einem viel zu starken Maße mitherangezogen. Wenn daher hier Abgeordnete aus Schlesien auftreten, denen diese Ar jazenteninteressen sehr nahe liegen, so müssen deren Wünsche doch mit Vorsicht behandelt werden; denn wir können uns doch im wesentlichen nur auf die allgemein im Provinzial Landtag zum Ausdruck gekommenen Meinungen der Provinz verlassen. In Bezug auf die besonderen Wünsche von Herren, die ganz besonders sich berufen fühlen, die Adja⸗ zenten ju vertreten, hat der Herr Landwirthschafts⸗Minister schon mit vollem Recht ausgeführt, wie die Unterhaltungèskosten billigerweise in Zakunft vertheilt werden müssen, und in welchen Fällen die Provinz den Nächstinteressenten, die in Zukunft zur Unter haltung veipflichtet sind, Erleichterungen bewilligen kann. Ich glaube, daß das nur von der Provinz beurtheilt werden kann, und ich meine, daß die Herren aus Schlesien zu ihrer eigenen Pro⸗ vinzialverwaltung und zum Provinzial⸗Landtag das Vertrauen haben werden, daß die Entscheidungen derselben nach Billigkeit und Gerechtig⸗ keit stattfinden werden. Der Grundsatz, der hier in Bezug auf die Unterhaltung ausgesprochen ist, daß nicht bloß die Adjazenten, wie bisher, die zur Unterhaltung Verpflichteten sein sollen, sondern alle diejenigen, welche an dem Schutz gegen Hochwasser interessiert sind, entspricht ganz dem Prinzip, welches wir bei allen Deichgenossen⸗ schasten haben. Wer von dem Werke Vortheile besonderer Art hat und direkt getroffen ist, soll über den Kreis der bisherigen Adjazenten hinaus zur Unterhaltungslast mit herangezogen werden. Darin liegt schon eine bedeutende Eatlastung der bisher allein verpflichteten Adjazenten. Man kann ihnen das übrigens um so mehr gönnen, als die Behörden leider seit vielen Jahren in Schlesinn es gestattet haben, daß diese Adj zenten ihre Pflicht voll ständig vernachlässigt haben (sehr richtig!, und daher wird es ihnen sehr schwer werden, jetzt vielleicht eine größere Last plötzlich zu über⸗ nehmen.
Ich bin nach allem, was ich über die Sache gelesen und gehört habe, auch von den von Hochfluthen stärker betroffenen Kreisen, der Ueberzeugung: wenn man stets darauf geachtet hätte, daß die kleinen Schäden in den herunterströmenden Flüssen und der freie Abfluß des Wassers keine Störungen kleinerer Art er⸗ litten hätte, dann würden wir diese Kalamität in viel geringerem Maße gehabt haben. Bei solchen Flüssen wächst ein kleiner Schaden leicht zu großen Schäden aus. Regelmäßig die kleinen Mängel be⸗ seitigen, heißt große Schäden verhüten. Ich glaube allerdings, daß die Staatsregierung in dieser Beziehung wegen eines ungenügenden Einschreitens gegen widerwillige und säumige Verpflichtete eine Art moralischer Veipflichtung nicht von sich weisen kann, hier einigermaßen Zustände zu schaffen, welche die Wiederentstehung solcher Gefahr ver⸗ hindern.
Meine Herren, ich würde dringend rathen, an diesem Gesetz entwurf mözlichst wenig zu ändern. Das würde auch der Uebung dieses Hauses entsprechen. Wenn in einem Provinzialgesetz der Provinzial⸗Landtag in voller Uebereinstimmung mit der Staats⸗ regierung ist, so ist es hier im Hause immer üblich gewesen, eine solche stattgefundene Uebereinstimmung mit großer Vorsicht zu behandeln. In der Vertheilung der Lasten eine Aenderung vorzunehmen, würde vollständig ausgeschlossen sein; dann müßte das Gesetz schon deswegen fallen, weil man den Provinzial Landtng neu hören müßte, und es würde nicht die Rede davon sein können, das Gesetz noch in diesem Jahre zur Verabschiedung zu bringen.
Meine Herren, es sind ja Finanzmänner vorhanden, welche sagen: alle diese großen Ausgaben sind falsch. Diese großen Wassernöthe kommen alle 10, 20 Jahre; vergleichen wir die Kosten, die durch diese großen Bauten und deren dauernde Unterhaltung entstehen, mit den Ausgaben, welche durch die Bildung von Sicherheitsfonds zur Deckung der zeitweilig kommenden Schäden erwachsen, so wäre es, rein finanziell betrachtet, rationell, nichts zu thun, und man kann das auch in vielen Fällen rechnerisch nachweisen. Ich habe noch vor kurzem einen Ausspruch Friedrich's des Großen gelesen, wo er einen Amtmann fragte: hast Du auch ge— rechnet, was diese Melioration einmalig und jährlich gekostet hat und kosten wird, und ob die Wirkung, der Erfolg, mit den Kosten in einem richtigen Verhältniß steht? Da sagt der Amtmann, daz habe er nicht genauer berechnet. Dann versteht Er von der Sache nichts, antwortet der König, und zwar mit vollem Recht. Aber, meine Herren, wie die Dinge hier liegen, wo wir doch wohl einen ziemlich sicheren Erfolg baben werden, wo es sich um die Existenz großer Landestheile handelt, kann man solche Rechnungen überhaupt nicht machen; wir werden noch Gelegenheit haben, bei den anderen Fällen, die das hohe Haus noch beschäftigen werden, darauf zurückjukommen. Deswegen hat der Staat sich entschlossen, von vorn herein 30 Millionen zur Disposition zu stellen, welche ein Verhält⸗ niß von 8 zu 1 /z der Kosten darstellen.
Es kann nun wohl sein, daß diese jetzt veranschlagten Kosten — sowohl der Staat als auch die Provinz haben nur eine feste Summe bewilligt — vielleicht überschritten werden; dann würde ju versuchen sein, diese Ueberschreitung durch eine etwas reduzierte Erfüllung der Aufgabe zu verhindern; denn der Ausbau ist ja immer arbiträr. Diese Gesammtsumme wird den Technikern als ein nicht zu über schreitendes Limitum vorgeschrieben werden müssen; dennoch wäre es denkbar, daß diese Wasserbauten erheblich mehr kosten. Alsdann würde allerdings nichts übrig bleiben, als ein neues Gesetz zu machen (Zuruf; Bravol), über welches das Haus dann entscheiden würde. Was der Inhalt eines solchen Gesetzes sein würde, ist aber gegenwärtig noch garnicht zu sagen, und namentlich nicht, wie die Kosten
dann vertheilt werden müssen. Ich hoffe aber, daß nach der gründ