1900 / 75 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Baden. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin ist, wie die

Karlsr. Ztg. meldet, seit Beginn der vergangenen Woche den größten Theil dez Tages außer Bett gewesen und befindet

sich in gut fortschreitender Reconvalescenz. Doch ist noch für die nächste Zeit große Vorsicht und Schonung erforderlich. Oldenburg.

Ihre Königlich: Hoheit die Erogroßherzogin ist, wie „W. T B.“ meldet, gestern Mittag von einem Prinzen und einer Prinzessin enibunden worden. Die Peinzessin starb indessen gleich nach der Geburt und der Prinz in der vergangenen Nacht.

Bremen.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen traf, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Abend 8 Uhr auf dem Zentralbahnhofe in Bremen ein und wurde von den Spitzen der Zivil- und Militär— behörden empfangen. Höchstderselbe lesstete alsbald einer Einladung des Senats zu einem Mahl im Rathskeller Folge. Gestern früh begab sich der Prinz zur Besichtigung der Hafenanlagen, des Kaiserdocks und der Modellversuchs— station des „Norddeutschen Lloyn“ sowie des im Kaiserhafen liegenden Dampfers „Kaiser Withelm der Große“ nach Bremer⸗ haven. Auf letzterem fand ein Frühstück von 90 Gedecken statt. Der Präsident des Verwaltungsraths des „Norddeutschen Lloyd“ Geo Plate dankte in einem Toast Seiner Königlichen Hoheit für das hohe Interesse, welches Höchstderselbe dem „Norddeutschen Lloyd“ entgegenbringe. Dem persönlichen Auftreten Seiner Königlichen Hoheit in Ost-Asien sei der gewaltige Aufschwung ds deutschen Handels dort mit zu danken. Bianen Jahresfrist werde der Lloyd dort 40 Küstendampfer in Betrieb haben. Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich antwortete mit einem Hoch auf den „Norddeutschen Lloyd“ und versicherte diesen seiner dauernden Sympathie. Um Aa Uhr erfolgte die Rück— fahrt nach Bremen, wo der Prinz gegen 4 Uhr eintraf. Nach der Besichtigung des Handels-Museums fand eine Rundfahrt durch die reich beflaggten Straßen statt, bei welcher Seine Königliche Hoheit von der Spalier bildenden Volksmenge mit begeisterten Zurufen begrüßt wurde. Um 51 Uhr folgte der Prin; Heinrich der Einladung des Senats zu einem Festmahl im oberen Rathhaussaale und trat kurz nach 8 Uhr die Räck— reise nach Kiel an.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Wie die „Politische Correspondenz“ erfährt, ist die Ant— wort der österreichischungarischen Regierung auf das ihr durch das Berliner Kabinet zugegangene Ersuchen der südafrikanischen Republiken um Vermittelung zur Herstellung des Friedens der Regierung dieser Frei— staaten auf dem gleichen Wege ertheilt worden. Die Antwort besagt im wesentlichen Folgendes: Orsterreich— Ungarn würde lebhaft wünschen, daß dem Blutvergießen in Süd-Afrika ein Ende gesetzt und der Friede hergestellt werde, und würde gern bereit sein, zur Erreichung dieses Zieles beizutragen. Für eine Vermittelungsaktion sei aber nur in dem Falle eine Möglichkeit geboten, wenn bei beiden krieg⸗ führenden Parteien die Geneigtheit zur Zulassung einer Ver— mittelung bestände; da jedoch diese Bedingungen nicht gegeben seien, sei die österreichischungarische Regierung nicht in der Lage, dem Ansuchen der südafrikanischen Republiken zu ent— sprechen.

Großbritannien und Irland.

Bei einem Festmahl der Municipal-Verbände, welches am Sonnabend in London stattfand, hielt der Präsident des Handelsamts Ritchie eine Rede, in welcher er, dem, W. T. B.“ zufolge, auf die Angaben einiger französischer Blätter zu sprechen kam, daß Großbritannien nach glücklicher Beendigung des Krieges mit Transvaal Frankreich angreifen wolle. Der Redner bezeichnete diese Meldungen als großen Irrthum. Jeder Engländer wünsche mit den Nachbarn jenseits des Kanals auf gutem Fuße zu stehen, und keine Regierung werde auch nur einen einzigen Tag am Ruder bleiben können, wenn ihre Absichten in dieser Hinsicht den Wünschen des Volks zu⸗ widerliefen. Der Friede sei das höchste Interesse En glanbs, welches wünsche, daß die Beziehungen zu seinen Freunden im Auslande niemals andere sein möchten als durchaus herzliche.

Fraukreich.

Der „Matin“ theilt mit, er sei zu der Erklärung ermäch⸗ tigt, daß der Protest des Sultans von Marokks in der Angelegenheit der Besetzung Insalah's seitens Frankreichs eine reine Formalität gewesen und nicht derart sei, daß dadurch irgend welche Schwierigkeiten zwischen Frankreich und Marokko geschaffen würden.

Gestern fand, wie „W. T. B.“ meldet, in Dijon die feierliche Eathüllung eines Denkmals für Garibaldi statt. Der Unterrichts⸗Minister Leygues hielt eine Ansprache, in welchec er darauf hinwies, daß die Thätigkeit Garibaldi's das Band zwischen Frankreich und Italien enger geknüpft habe, und das Denkmal als ein Symbol der Brüderlichkeit bezeichnete, welche beide Völker vereine.

Der Graf Christiani, welcher wegen seines thätlichen Angriffs auf den Präsidenten Loubet bei dem Rennen in Auteuil zu langerer Gefängnißstrafe verurtheilt worden war, ist am Sonnabend begnadigt worden.

Nuszland.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peter s⸗ burg ist der Gehilse des Staatssekretärs für Finland, General— leutnant Procope auf seine Bitte unter Beförderung zum General der Infanterie seines Postens enthoben worden.

Die amtliche „Finlandazkaja Gazeta“ meldet, daß der bie⸗ herige Geschäftsführer der finländischen Kanzlei des Kaisers Graf Armfeld zum stellvertretenden Gehilfen des Staats—⸗ sekretärs des Fhroßhfurstenthumʒ Finland ernannt worden sei.

Italien.

In der ,, Sitzung der Deputirten kammer erklärte, wie ‚W. T. B.“ meldet, in Erwiderung auf eine An⸗ frage des Deputirten Pais, welcher zu wissen wünschte, ob der Minister des Auswärtigen jetzt, wo England sein militäri⸗ sches Prestige in Südo⸗-Afcika endlich habe wiederherstellen können. nicht der Ansicht sei, daß Italien seine Vermittlung den Kriegführenden anbieten müsse, der Minister des Auswärtigen Visconti Venosta, er könne nur die

bereits in der Kammer abgegebenen Erklärungen wieder⸗ holen, und fügte hinzu, die

der Lage sei, eine

Erfolg haben würde. Hierauf wurde die Berathung über den Antrag Cambray-Digny wieder aufgenommen. Der Antrag des Deputirten Pantano auf Zurückstellung der Vor⸗ lage wurde in namentlicher Abstimmung mit 283 gegen 71 Stimmen abgelehnt. Der Präsident erklärte sodann die Generaldiskussion für eröffnet. In weiteren Verlauf der Sitzung b gründete der Depatirte antano eine Tagesordnung, welche ih im wesentlichen für die Enberufung der Constituante aue⸗ sprach. Der Präsident erklärte, diese Tagesordnung sei ein neuer Antrag; er könne Pantano daher nicht dag Wort zur Begründung derselben lassen. Das Haus billigte auf Verlangen des Präsidenten durch Echeben von den Sitzen das Verfahren desselben. (Großer Lärm; die äuaßerste Linke rief: „Es lebe die Constituante!“; das ganze übcige, sehr stark b setzte 9 von der Rechten bis einschließlich der Linken, brach in die begeisterten Rufe aus: „Es lebe der König!“ „Es lebe die Monarchie!“ Der Präsident suspendierte die Sitzung. Nach deren Wieder⸗ aufnahme gad der Präsiden dem Deputirten Venturi das Wort. Die äußerste Linke protestierte heftig und verlangte, daß dem Deputirten Pantang gestattet werde, seinen Antrag welter zu begründen. Es entstand ein gewaltiger Tumult, und der Präsident hob die Sitzung auf. Spanien.

Der Senat hat, dem „W. T. B.“ zufolge, vorgestern die Vorlage, betreffend die Konvertierung der Schuld, an— genommen.

Portugal.

Die Pairskammer beschäftigte sich, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern mit der heute erfolgenden Abreise der aus 750 Mann bestehenhen milifärischen Expedition, welche nach Mogambigue bestimmt ist. Der Kriegs-Minister er— klärte, die Mannschaften seien zur Verstärkung der Eingeborenen⸗ Garnison von Mogambique und zum Ersaß der europäischen Mannschaften bestimmt, welche in die Heimath zurückkehrten.

Schweiz.

Der Nationalrath hat in seiner vorgestrigen Sitzung die Novelle zum Bundesgesetz, betreffend die gewerblichen Muster und Modelle, angenommen. Neueingeführt ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Hinterlegung in ver⸗ siegelten Packeten. Das Ausland wird von folgender Bestimmung betroffen: „Die Angehörigen der Länder, die mit der Schweiz bezügliche Konventionen abgeschlossen haben, können ihre gewerblichen Muster und Modelle inner⸗ halb der vertraglich festgesetzten Frist vom Datum ihrer ersten Hinterlegung ab, sofern dieselbe in einem der in der bezüglichen Konvention genannten Länder siattgefunden hat, und unter Vorbehalt der Rechte Dritter in der Schweiz hinterlegen, ohne daß durch inzwischen eingetretene Thatsachen, wie durch eine Hinterlegung Anderer oder durch Veroffentlichung, die Gültigkeit ihrer Hinterlegung beeinträchtigt werden könnte.“

Die „Schweizerische Depeschen⸗Agentur“ meldet aus Bern vom gestrigen Tage, daß die Mittheilung des Schiedsspruchs in der Delagoa⸗Angelegen heit, welcher heute den Parteien zugestellt werden sollte, um einige Tage hinausgeschoben worden sei, und zwar wegen gewisser, im Augenblick der Unterzeichnung durch die Schiedsrichter zu Tage getretener Schwierigkeiten. Letztere beträfen nicht die e chen des Entschädigungsbetrages, welcher ein für alle Mal bestimmt sei, sondern die Vertheilung desselben unter die neun verschiedenen, im Grunde derselben Gesellschaft angehörenden, durch Großbritannien und die Vereinigten Staaten vertretenen entschädigungsberechtigten Gruppen. Wahrscheinlich werde das Schiedzgericht den betreffenden Parteien die Vertheilung der zugesprochenen Entschädigung überlassen, und die obwaltenden Schwierigkeiten, welche übrigens untergeordneter Art seien, durften demnächst be⸗ hoben sein.

Der türkische Gesandte in Brüssel Karatheodori Pascha hatte, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Nach⸗ mittag in Genf eine längere Zusammenkunft mit dem Schwager des Sultans Mahmud Pascha. In der Umgebung Mahmud's werde versichert, Karatheodori Pascha sei schön vor Mahmud in Genf eingetroffen und habe bereits durch die Zusicherung glänzender Staatsstellen in der Türkei die frei— willige Abreise zweier einflußreichen Jungtücken erreicht.

Türkei.

Wie das Wiener „Telegr.⸗Korresp⸗Bureau“ aus Kon⸗ stantinopel meldet, erklärte die Pforte in ihrer Antwort auf die Kollektionote der Botschafter wegen der beabsichtigten Zollerhöhung, daß sie in Ermangelung von Handelsvertraͤgen und mit Rucksicht auf die Finanzlage beschlossen habe, vom 13. März 1901 ab den Konventionstarif anzuwenden und am 13 Mai d. J. eine dreiprozentige Zollerhöhung eintreten zu lassen.

Einer amtlichen Mittheilung zufolge werden auf An⸗ ordnung des Sultans zur Deckung militärischer Bedürfnisse vom Mäcz des laufenden Jahres an bis auf weiteres ein Auf⸗ schlag zur Grundsteuer von 6 Prozent, Zehnttaxen für Schafe, Ziegen, Kameele, Militär-Gewerbetaxen u. s. w. in Kon⸗ stantinopel und in der Provinz erhoben. Der Aufschlag ist zur Hälfte im April und Mai, zur anderen Hälfte im Oktober und November zahlbar.

Griecheuland.

Wie „W. T. B.“ aus Athen erfährt, hat der Minister des öffentlichen Unterrichts Eftaxias seine Entlassung ein— gereicht

Der Gesetzentwurf, durch welchen der Oberbefehl über das Heer dem Kronprinzen übertragen wird, ist nach lebhaster Erörterung von der Deputirtenkammer in dritter Lesung angenommen worden.

Rumänien.

Die Budgetkommission hat, wie dem „W. T. B.“ aus Bukarest berichtet wird, die Berathung des Vor⸗ anschlags für 1900/1901 beendigt. Das Budget weist einen Ueberschuß von 7 Millionen auf. Die Einnahmen sind auf 25 220 0600 Fr, beziffert, wovon 28 Millionen aus neuen Steuern und Hilfsquellen im Budget sich ergeben. In dem Voranschlage des vorigen Jahres waren die Einnahmen mit 28 800 00 Fr. eingestellt. Das Ergebniß aus den bis⸗ herigen Steuern und Hilfsquellen ist im Vergleich zum Vor⸗

letzten Erklärungen der britischen Regierung die dahin gingen, daß dieselbe nichl in Vermittelung anzunehmen, bestätigten, daß ein diplomatisches Vorgehen in dieser Hinsicht keinen praktischen

Thätigkeit

6 um 12 Millionen niedriger veranschlagt, die Ausgaben ind auf 233 159 000 Fr. gegen 228 800 000 Fr. im Vorjahr: berechnet. Die Vermehrung der Ausgaben hat ihren Grund in dem Mehraufwande von nahezu 7 Millionen für den Dien der öffentlichen Schuld, in dem Aufwande hir Förderung der einheimischen Industrie und in den Mehrausgaben in verschiedenen k einschließlich der Verwaltung der Eisen, bahnen. Verschiedene Ausgaheposten, die bisher durch Nach⸗ tragskredite gedeckt wurden, sind diesmal in das ordentlich Ausgabebudget eingestellt worden.

Die „Agence Roumagine“ meldet: Die Verhandlungen vor dem Schiedsgerichtshofe in der Angelegenheit des Er— bauers des Hafens Constanza Hallier nehmen ihren Fort— ang Alle von der liberalen Opposition unternommenen Versuche, die Ordnung zu stören, sind endgültig gescheitert da sie keine Unterstüßung fanden. Die Jiuhe ist in keit Weise gestört worden. Die Anwälte der rumänischen Regierun haben die von dem Anwalte Hallier's Poincars vorge— brachten Einwendungen widerlegt, indem sie sich nach— zuweisen bemühten, daß der rumänische Staat vollkommen in gutem Glauben gehandelt habe, und die ausgezeichnete der rumänischen Verwaltungsorgane darlegten welchen die Leitung der Hafenarbeiten in Constanza oblag. Aus den Verhandlungen gehe hervor, daß nur der Mangel an dem nothwendigen Kapital den Erfolg der Unternehmung Hallier's verhindert habe. Die rumänische Presse weist auf den vollständigen Erfolg hin, welcher bei dem Bau der Donau— brücke durch andere ausländische Unternehmer erzielt worden sei, deren Arbelten unter derselben techaischen Leitung ausgeführt worden seien wie diejenigen, welche die Hafenarbeifen in Constanza überwacht habe.

Afrika.

Wie der Feldmarschall Lord Roberts aus Bloem— fontein vom gestrigen Tage meldet, wurden am 23. d. M. zwei Obersten, ein Kapitän und ein Leutnant der Garde, als sie si auf einem Ritt ohne Begleitung acht Meilen vom Modder River—⸗ Lager entfernt halten, von den Buren angegriffen. Der Leutnant wurde getödtet, die anderen wurden schwer verwundet. Einer der verwundeten Offiziere winkte mit dem Taschentuch, worauf die Buren zur fei fele eng kamen und die Verwundeten in eine Farm . ten. Die verwundeten Offiziere befänden sich zur Zeit in Bloemfontein, und ihr Befinden sei ein gutes.

Ein weiteres Telegramm des Feldmarschalls besagt: Den über Bulawayo eingegangenen Nachrichten vom DObersten Baden⸗Powell zufolge befand sich am 13. März in Mafe⸗ king alles wohl. In den letzten Tagen vorher habe die Ein— schließung seitens des Feindes bedeutend nachgelassen.

Der „Morning Post“ wird aus Crocodile Pools vom 19. d. M gemeldet; Mafeking sei am 13. und 14. März von den Buren heftig beschossen worden; eine kleine Abtheilung, die einen Streifzug ausführte, habe mehrere Buren getödtet und deren Pferde und Gewehre erbeutet. Die britischen Ver⸗ luste betrügen etwa 12 Mann.

Aus Barkly West meldet das „Reuter sche Bureau“, am Donnerstag sei daselbst die amtliche Nachricht eingetroffen, daß Griquatown von 400 Buren wieder besetzt orden sei. Am Freitag sei von Kimberley eine Abtheilung abgegangen, um sie wieder zu vertreiben. Die Buren hätten alle loyal gesinnten Einwohner Griquatowns, einschließlich der Frauen, in das Gefängniß gesetzt.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Carnarvon vom 23. März berichtet,. Von Upington kommende Flüchtlinge theilten mit, daß die Aufständischen sich zwischen Kenhardt und Van Wyks Vley verschanzt hätten, um den vorrückenden britischen Truppen Widerstand zu leisten.

Dasselbe Bureau erfährt aus Warrenton, daß sich am Sonnabend eine Abtheilung Buren an das Ufer des Flusses geschlichen habe, um die Engländer zu überfallen; die Abthei⸗ lung sei aber entdeckt und vertrieben worden.

Nach einer dem „Reuter'schen Bureau“ zugegangenen Nachricht aus Norwals Pont ist der General Clementtz am Donnerstag Morgen in Philippolis eingetroffen und hat mehrere Verhaftungen von Aufständischen aus dem Coles— berg⸗Distrikt vorgenommen. An die Burgher wurde die Aufforde⸗ rung gerichtet, die Waffen auszuliefern, was auch viele thaten. Am Freitag verlas der General Clements in einer . der Burgher in englischer und holländischer Sprache die von Lor Roberts und ihm selbst erlassenen Proklamationen, in welchen die Burgher zur Ableistung eines Eides aufgefordert werden, daß sie sich nicht mehr am Kampfe betheiligen würden. Die= jenigen, welche dies thäten und welche keine führende Rolle in der feindseligen Politik gespielt hätten, würden die Erlaubniß erhalten, auf ihre Farmen zurückzukehren. Die Burgher hätten aufmerksam zugehört und begännen, den Eid zu leisten.

Aus Springfontein vom 25. d. M. wird gemeldet, daß nach den daseibst eingetroffenen Nachrichten ein Kom— mando von 500 Buren unter Vanderpost, welches bei Fauresmith stehe, entschlossen sei, bis zum Aeußersten zu kämpfen.

Nach einer Depesche der „Times“ aus Rouxville vom 24. d. M. rückt der Kommandant Olivier mit einer starken

Buren⸗-Streitmacht und 15 Geschützen von Ladybrand nach

Norden vor. Von Basutoland aus sei ein großer Wagenzug der Buren gesehen worden, der sich nach Clocolan zu be— . es bestehe die Möglichkeit, daß General French denselben abfange.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (176.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowskn beiwohnte, stand zur ersten Lesung der Entwurf einer Seemannsordnung in Ver— bindung mit den Gesetzentwürfen, betreffend die ern fitter, der Kauffahrteischiffe zur Mitnahme heimzu⸗ schaffender Seeleute, die Stellenvermittelung für Schiffskleute und die. Abänderung seerechtlicher Vorschriften des Handelsgesetzbuchs.

An der Debatte betheiligten sich bis zum Schluß des

Blattes die Abgg. Frese (fr. Vgg), Rettich (d. kons J, Dr. Hahn (b. k. uh 2 ö

Das Haus der Abgeordneten ehrte in der heutigen (64) Sitzung, welcher der Vize⸗Präsident des Staate⸗ Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel und der Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben beiwohnten, zunächst das Andenken des verstorbenen Abg. We idenhoͤfer (nl) in der üblichen Weise und ging dann zur Berathung des

. ö

gelegten bur e ben ef die Erweiterung des Stadt⸗ lrelses Fl ens burg, uber . Nach kurzer Befürwortung durch die Abgg. Metger (al.) und von Bülow⸗Bothkamp (kons. wird derselbe in erster und zweiter Lesung angenommen.

Hierauf folgt die erste Berathung des Ges. . euch die Erweiterung des Stadtkreises Frank⸗

a. M.

ö Saenger (frs. Volkss.) empfiehlt die Vorlage zur An

nahm obne Kommissionsberathung. ; .

Abg. Cab en gly (entt) beantragt die Verweisung derselben an eite Kemmission. 2

Abg. Dr. Endemann (nl) spricht sich für die Vorlage aus, da in den Verträgen zwischen Frankfurt a M. und den einjuverl eibenden Orten nichts entbalien sei, was diese schädigen könnte.

Abg. Fieiberr von Erffa (kons.) schlägt vor, die Vorlage an eine Konmission von 14 Mitgliedern zu verweisen.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Kirsch

(ente), Saenger und Pr. Endemann wird die Vorlage einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen. Sodann folgt die zweite Berathung des Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Vermeidung der Doppel⸗ besteuerung. ; . Berichterstatter Abg. von Pappenheim beantragt namens der Budgetkommission die unveränderte Annahme der

orlage.

. . der Debatte über dieselbe betheiligen sich bis zum Schluß des Blattes der Abg. Saenger, der Geheime Ober⸗ inanzrath Wallach sowie die Abgg. von Str ombeck ö und Dr. Re woldt (fr. kons.).

Dem Reichstage ist der Geschäftsbericht des Reichs—

Versicherungsamts für das Jahr 1899 zugegangen.

Bei der am Sonnabend im 3. Wahlbezirk des Re⸗ gierungsbezirks Gumbinnen (Gumbinnen, Insterburg) borgenommenen Ersatzwahl zum Hause der Abge⸗ orhneten wurden nach amtlicher Feststellung 334 Stimmen abgegeben, die sämmtlich auf den Oberamtmann Hogrefe⸗ Koͤnigsberg (kons.) fielen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Tode ßzursachen der 1898 in Preußen gestorbenen Per sonen.

(Stat. Korr.) Bejüglich der Häufigkeit einzelner wichtiger Todes⸗ ursachen in Preußen sind für daz Jahr 1898 unter den S663 01S Tosdes⸗ fällen 12 an Pocken hervorzuheben. Unter diesen Gestorbenen waren fünf Kaaben weniger als 3 Jahre und ein Mädchen 5 bis 10 Jahre alt, jwei männliche Personen im Alter von 185 2) Jahren, eine maͤnnliche und eine welbliche von 30 40 Jahren, eine männliche von 50 50 und eine weibliche im Alter von 660 —70 Jahren.

Ez starben 1898 ferner von 10 0900 Einwohnern an Scharlach 236, an den Masern und Rötheln 2,7, an Diphtherie und Croup Hb, an Keuchhusten 399, an Typhus 1,14. an Rubr O26, an ein— heimischem Brechdurchfall 770, an Diarrhöe (der Rinder) 7.08, an Krämpfen 28 31. an alutem Gelenkrheumatismus 6,45, an den Strovbeln und der englischen Krankbeit 0,99, an Taberkulose 20,08, an Krebz M3, an Luftröhrenentjündung und Lungegkatarrh 5,22, an TLungen— und Brustfellentjündung 15,23, an anderen Lungenkrankbeiten 441, infolge Selbstmordes 195, durch Verunglückung 3,8368 und im Kind— hette 2.7 Personen. Schließt man die im ersten Lebene jahre ge⸗ stolbenen Kinder aus, so ergeben sich bei einzelnen in Betracht kam⸗ menden Todtgursachen ganz erbebliche Abweichungen. So starben von 10000 über ein Jahr alten Personen an einbeimischem Brech— durchfall nur 0, 93, an Viarrhöe (der Kinder) 1,18 und an Krämpfen 78 Personen. Von 10009 lebenden Kindern im ersten Lebens 6 . an diesen drei Todesursachen dagegen 222 24, 195,33 ejw. (96. 2. ö

Endlich ist das Auftreten der Influenza zu erwähnen. Nach⸗ dem diese Krankheit in den beiden letzten Monaten des Jabres 1859 nach den Angaben der Standesbeamten 314, im Jahre 1890 9576 J.20, 1891 8050 2.68, 1892 sogar 15 911 5,23. 1893 l0 C03 3,37, 1394 7336 2,25, 1895 6509 2, 05, 1896 3559 1,1 und 1897 5940 Personen 1,84 von 10 000 Ginwohnern dahingerafft bat, sind ihr im Jahre 1898 nur 2688 Personen 082 erlegen. Von letzterer Zahl sind 427 Personen in 114 Orten mit mehr als 20 000 Einwohnern gestorben.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Berliner Kupferschmiede haben nach der - Vofs. Ztg.“ beschlosen, vom J. Juni d. J. ab 471 3, vom 1. April 19801 ab big auf weiteres 50 3 Stundenlohn ju fordern und zur Durchsetzung dieser Forderung in eine Lohnbewegung einzutreten.

In Köln hat, wie die Köln. Ztg.“ berichtet, unter den Maler— und Anstreichergebilfen eine Lohnbepegung begonnen. Sie ver⸗ langen eine Arbeits zeit von neun Stunden im Sommer, einen Mindest⸗ stundenlohn hon 45 3 für Gehilfen, die noch nicht seit zwei Jahren die Lehrzeit beendet, von 50 3 für ältere Gehilfen und einen Aaf⸗ schlag von 5 3 für Gerüstarbeit, einen Lobnaufschlag von H50 Yo für Ueberstunden und einen solchen von 106 dM für Nacht- und Sonntagzarbeit. Auch die dortigen Handlanger haben ihren Irteltzebern Forderungen unterbreitet; sie verlangen eine 19 stündige Atbeittzeit und einen Mindestlohn von 45 pro Stunde. Fallag dies . Meistern nicht bewilligt wird, soll sofort die Arbeit ein gestellt

en.

Wie dasselbe Blatt aus Elberfeld mittheilt, ift im Wu pper⸗

al ein allgemeiner Färber⸗Ausstand ausgebrochen. Die Arbeiter baben folgende Forderungen gestellt: Mindestlohn von 24 1 wöchentlich ür simmtliche männlichen Färberei⸗ Arbeiter, von 16 * für weibliche; leigabe des 1. Mai unter Zablung des auf diesen Tag entfallenden ohne; Festlegung dez e , mer Arbeitstages für Sonnabend; Entlaßiung der Arb iizwill igen; Wäaerkennung des Fabrikauaschusses; beserr Behandlu n seitenß der Vorgesetzten; i . des Feiernz; aßregelungen sollen nicht stattfinden. (Vergl. Nr. 66 d. BI.).

Luz. dem böbmisch- mährischen Ausftandagebiet meldet 8. T. B. unterm 74. . M, daß der Betrieb im Karwiner Mtepier nahen normal ist. Die Lage in Ostrau ist nech nicht ganz nt dn Fesammntnhi ze. Rusständigen im. Sstlichen. Steve gin 2000, im westlichen 11900. In Aussig sind alle Werke im

Bttrlebe. (Vergl. Ii. I d. Bi)

*

hesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrings⸗ Maßregeln.

r Das Erlöschen der Maul und Klauen seuche unter en Ueberstände⸗ Rindern ist dem Kaiserlichen Gesundheitsamt ge⸗ meldet worden vom Jentral⸗Hießhofe zu Berkin am 24. März.

- Oesterreich. Zufolge Kundmachung der K. K. österreichlschen Seebehsrde in tiest vom 58. d. M. find die unter dem 6. Dezember v. J. für er lun fte aus Egypten angeordneten sanitären Maßnahmen tee. ulgzber worden. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 303 vom 23. De⸗

Niederlande.

Der Königlich niederländische Minister deg Innern hat seine Ver-

ordnung vom 9. November v. J., durch die Lourengo Marques

als von der Pest verseucht erklärt worden ist, unter dem 17. d. M.

wieder aufgehoben. ̃ Belgien.

Die Verordnungen des beigischen Ministeriums für

Landwirt hschaft vom 17. August 1899 und 17. November 1899, betreffend Maßnahmen zur Verhütung der Einschleppung der Beulenpest in Belgien aus Ggypten, Portugal, den Mazearenen⸗Inseln und aus den Gebieten von Mogambigage und Madagascar (Reichs Anzeiger Nr. ig9 vom 24 Auguft 1899 und Nr. 278 vom 24. November 1899), sind, insoweit sie sich auf Herkünfte aus den Gebieten von Egypten und von Mogambiqne berieben, durch Verfügung deß genannten Ministeriumg vom 19. März 1909 (. Moniteur Belge“ Nr. Sl, vom 22. März 1900) vom 22. März 19066 ab aufgehoben

worden. Griechenland.

Die griechlsche Regierung bat die elftägige Quarantäne gegen Portugal aufgehoben. Die seit dem 25. Februar von tort abgefahrenen Schiffe bahen sich nur noch einer stréngen Be— sichtigung seitens der griechischen Sanitätsbehöcde zu unterziehen.

Auch das Verbot der Waaren-⸗-Einfuhr aus Portugal ist aufgehoben worden. Nur dütfen alte und schmutzige Kleider, Wäsche, Säcke, Matratzen, sowie altes und schmutziges Papier und Zeitungen, als Waaren expediert, nicht eingefübrt werden. (Vergl. R- Anz. Nr. 208 vom 4. September v J.)

Die Einfuhr im Königreich Griechenland von Lumpen, gebrauchten und beschmutzten Kleidern, alten Säcken, Decken, alten oder beschmutzten Matratzen, Papier, alten und beschmutzten Zeitungen aus Egypten ist verboten worden. (Vergl. ‚Reichz Anzeiger“ Nr. 270 vom 14. November v. J.)

Handel und Gewerbe.

In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank wies der Vorsitzende, Präsident des Reichsbank⸗ Direktoriums, Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch im Anschluß an die neue Wochenübersicht vom 23. d. M. darauf hin, daß die Anlagen seit dem 7. . M. um 53 Millionen, das Metall um 25 Millionen, die fremden Gelder um 86 Millionen gewachsen seien. Die Anlagen seien also noch immer um 82 Millionen höher, das Metall um 69 Millionen geringer als im Vor⸗ jahre. Der Zinsfuß am offenen Markte sei auf 5 Proz. zurückgegangen. Auch die fremden Wechselkurse seien etwas gewichen. Eine Diskontermäßigung komme aber nicht in Be— tracht, zumal in der letzten Märzwoche wieder eine starke An⸗ spannung zu gewärtigen sei. Widerspruch gegen diese Ausführungen wurde nicht erhoben. Hierauf fanden die Neuwahlen von drei Deputirten des Zentralausschusses sowie von drei Stellvertretern und die Ergänzungswahlen von Mitgliedern der Bezirksausschüsse bei den Reichsbank⸗Hauptstellen, letztere behufs Vorschlags bei dem Herrn Reichskanzler, statt, welchem die definitive Auswahl bankgesetzlich zusteht. Endlich wurde

noch eine Gattung Hypothekenbank-Pfandbriefe zur Beleihung im Lombardverkehr der Reichsbank zugelassen.

Nach der Wochenübersicht der Reichshank vom 23. März 1900 betrug der agesammte Kassenbestand 895 309 000 (1899: 957 775 000; 1898: 1 008 796 000) M, d. i. der Vocwoche gegenüber mebr: 2299 000 (1899: 6 8220900; 1898 weniger 4 297 0900) M. Der Metallbestand von 858 927 0090 (1899: 922 476000; 1898: M4 933 000) allein hat zugenommen um 9590 000 M (895 um 12423 000; 18398 um 943 000 Æ). Der Bestand an Wechseln von 759 880 000 (1899: 685 002 000; 1893: 606612 000) S zeigt eine Vermehrung um 36 958 000 (1899 um 51 791 090; 1898 um 26 079 00) S und der Bestand an Lombardforderungen mit 76 558 000 (1899: 68 126 000; 1898: 76 851 000) q eine Berminderung um 1497 000 (1898 um 7447 0090; 1897 um 942 000) M Auf diesen beiden Anlagekonten zusammen ist also eine Zunahme um 35 461 000 (1899 um 44347 000; 1893 um 25 137 000, M erfolgt. Die Position Sonstige Aktivan weist einen Rückgang von 7 590 000 auf. Auf vassiver Seite zeigt der Betrag der umlaufenden Noten mit 1 034 593 000 (1899: 1 060 329 000; 1898: 1041 333 000) M der Vorwoche gegenüber einen Zufluß von 22413 000 (1899 um 30 249 000; 1895 um 13 479 0060) M, und die sonstigen täglich fälligen Verbindlichkeiten (Giroguthaben) erscheinen mit 600 688 000 (1889: 574 461 (00; 1898: 550 308 000) S um 39 463 000 (1899 um 19 074 000; 1393 um 16741 000) 1 höher.

(Weitere Nachrichten über „Handel und Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Dortmund hat die erste englische Post über Vlissingen vom 25. März den Anschluß an Zug 5 Köln Hannover wegen unterwegs durch Wagenaussetzen r , Aufenthalts nicht erreicht und wird mit Zug 11 weiter

efördert.

Bremen, 24. Märj. (W. T. B. Norddeutscher Lloyd. Dampfer Ems“ 23. März v. Neapel n. New JYJork, „Werra“, v. New Jork kommend, 23. März v. Neapel n. Genua abgeg. Gera“, n. Australien best, 23. März in Aden angek. Barbarossa. 22. Mär v. Fremantle n. Bremen abgeg. Roland“ 23. März v. Bremen in Baltimore angekommen. .

26. März. (W. T. B) Dampfer Rhein“, von New Jork kommend, 24. März Lijard passiert. ‚Crefeld“ 24. März Reise von Antwerpen nach Coruna fortgesetzt.

Rotterdam, 24. März. (W. T. B.) Holland ⸗Amerika⸗ Linie. Dampfer „Rotterdam“, v. Rotterdam n. New York, gestern

Lijard passiert.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Dle dritte der im Berliner Theater veranstalleten Sonder ⸗Vor⸗ stellungen brachte am Sonnabend Nachmittag zum ersten Male Hjörnstjerne Björnson's Schauspiel Ueber unsere Kraft;. Dieses ist im eigentlichen Sinne kein Drama, sondern eine dramatische Dichtung, in welcher der Autor die mystischen Seelenstimmungen seiner strengglaͤubigen Landsleute und die „Tragik des Wunderglaubenz. schlldert. Er versucht darin die Zweifel ringender Seelen, die sich um unbedingten Glauben an das Wunder nicht bekehren können, es aber aufs innigste wünschen, und den daraus entstehenden inneren Zwiespalt ju veranschaulichen. Den stimmungevollen 5 der Dichtung bildet die starre, karge Natur des

andes der Mitternachtssonne. Björnson's Pastor Adolf Sang sst im idealsten Sinne des Wortes ein Christ, der von Jejus das Geheimniß der Vollkommenheit gelernt hat und nach ihr in allem strebt“, wie der Dichter die Definition eines solchen den jungen Elias Sang so schön und feinsinnig aus sprechen läßt. Er besitzt den Glauben, der Berge versetzt, und da ihm wohl auch noch hypnolische Fähigkeiten zu eigen sind, so

elingt es ihm, durch Gebet und Berührung Wunder zu verrichten, die ke Verein mit steter selbstloser Hilfsbereitschaft ibm in seiner Ge— meinde und darüber hinaus Vertrauen und e,, gewinnen.

An Allen kann er seine Wunderkrast bethätigen, nur an seiner in hilf losem Slechthum hinslerbenden Gattin vermag er es nicht. Ihm fehlt es nicht an der Stärke des Glaubens, wohl aber ihr. Er hat seine

Paraguay,

Kinder Elias und Rahel heim kommen lassen, um mit ihnen gemeinsam am Krankenlager der Mutter für sie, die seit einem halben Jahre schlafloz war, Schlaf und Heilung zu erflehen. Die Kinder kommen, aber sie haben auch nicht mehr den bedingungs⸗ losen Glauben des Vaterz, sie jwelfeln, sie möchten an das Wunder glauben und vermögen es nicht. Während der Vater in seiner starken Glaubenskraft in der Kirche im Gebet allein ringt, geht ein Berg- sturj nieder, der wunderbarer Weise das Gott ⸗hauz ver⸗ schont. Die kranke Gattin schlief mit dem ersten Einlaäͤuten de Gebets ein und schläft fest, selbst während des Donners der nieder⸗ sausenden Gesteine, um späterhin sich zu erheben und dem Gatten scheinbar geheilt entgegenzugehen. Die Kinder, die anwesenden Amtzbrüder, die Gemeinde sinken andachtsdoll in die Knie und preisen Gett für die Rettung und Heilung. Doch es war über die Kraft der Gattin, sie stirbt in den Armen ihres Mannes, der mit den Worten: So war es nicht gemeint auch todt niedersinkt. Die Etftase hatte betde ber menschliche Kraft erboben; sie mußten beide mit ibrem Leben dafür zahlen. Bijörnson weiß die jzwischen Zweifel und Glauben schwankenden und die bedingungsloz gläubigen Menschen teeffend zu charakterisiren, und seine Dichtung ist ein Gewmälde feinster Seelenstimmung, die er freilich mit viel Myftik umgeben hat. Aber dieser hätte er auch nicht entbehren können, denn er vermag keinen klaren, erlösenden Aus leich der seelischen Widersprüche zu geben.

Eine weihevolle Stimmung lag über dem Hause, in der selbst der laute Beifall als Störung empfunden wurde. Etwa Großes, Gewaltiges, die Herten Gefangennehmendeg sprach zu Ten Zuhörern aus dem Werk, dem ein bexeutender Gtfolg beschieden war. Inseenierung und Darstellung verdienen besondere Anerkennung, jumal es bei letzterer vornehmlich darauf ankam, den mystisch gezeichneten Charakteren eine glaubwürdige Gestaltung ju geben. Vortrefflich gelang dies namentlich Herrn Plittschhau in der Rolle des von der göttlichen Wunderkraft tiefdurchdrungenen Pfarrers Sang, sowie dem Fräulein Frauendorfer als dessen kranker Gattin. Auch die Kinder beider wurden durch Fräulein Pahlen und Herrn Walden vortrefflich dargestellt; ebenso verstand es Herr Bassermann, die Rolle des nach Glaubensoffenbarung schmerzlich ringenden Pfarrers Bratt wirksam

zu gestalten. Lessing⸗Theater.

Nachdem das beliebte Lustspiel Oakar BlumenthaleTss und Gustav Kadelburg's „Im weißen Rößl' über 300 Aufführungen erlebt batte, ging gestern die Fortsetzung desselben, „Als ich wieder- kam, mit theilweise neuer Besetzung jum hundertsten Male über dieselbe Bühne. Auch dieses lustige Stück hatte von seiner Zugkraft nichts eingebüßt, wovon das nahezu ausver— kaufte Haus und die frohe Stimmung desselben Zeugniß ab legten. Lebhafte Beifallskundgebungen und Hervorrufe wurden den Autoren und Darstellarn wiederbolt ju theil, und der urwüchsige Dumor des Lustspiels erregte immer von neuem die Heiterkeit des Publikums, sodaß der Grfolg desselben auch in der neuen Rollenbesetzung nicht binter dem der früheren Vorftellungen zurückblieb. Als Vertreter der Hauptrollen wirkten die Herren Schirmer (als Gisecke); Pablau (als Dr. Siedler); Kober lals Hinzelmann); Martin (alt Brandmeyer) und Steffter (als Ober⸗ leutnant von Zeckj, sowie die Damen Zipfer (als Ottilie) und Glümer lals Josepha) mit. Von nenen Kräften traten ferner noch Fraͤulein Oser, sowjg die Herren Jacques Morvay, Pauly und Walter auf. Sämmtlichk boten durchaus befriedigende Leistungen.

Neues Theater.

Am Sonnabend 9p. W. ging jum ersten Male der dreiaktige Schwank Im Exil“ von H. v. Anderten und W. Wolff in Seene. Die Handlung gruppiert sich um einen jungen lebenglustigen Referendar, den Liebling aller Damen, der den Bewerbungen seines vorgesetzten Präsidenten um eine junge Wittwe im Wege ist. Durch seine tollen Streiche giebt er diesem endlich die erwünschte Gelegenheit, sich seiner durch Versetzung in ein abgelegenes Provinzstädtchen zu entledigen. Die schöne Wittwe reist, sich von dem ihr den Hof machenden Referendar geliebt wähnend, demselben auf ein nahe dem „Gxilorte“

gelegenez Schloß nach, wohin sich auch der Präͤsident, ohne davon zu

wissen, zu einem Famllienfeste begeben will. Eingeiretenes Schnee- treiben hemmt jedoch Beider Reise in dem erwähnten Städtchen, und im Gasthofe desselben, woselbst inzwischen auch der dorthin versetzte Referendar angelangt ist, trifft die ganze Gesellschaft wieder zufällig jusammen. Auch die naben Schloßbewohner suchen dort unerwartet Unterkunft. Hiermit ist nun reich! Gelegenheit für allerlei höchst belustigende Verwickelungen gegeben, welche, geschickt ausgenutzt, diesem zweiten Akt und zugleich dem ganzen Stück zu einem durchschlagen den Erfolg verhelfen. Der letzte Akt, welcher in dem Schloß spielt, führt dann die Lösung herbei. Hierbei entdeckt der Referendar seine Liebe zum Schloßfräulein und bewahrt dirse dadurch vor der ihr nicht genehmen Heirath mit einem ihr zugedachten gelehrten Privatdozenten, und dieser findet wiederum in seiner plötzlich zu ihrer Cousine erwachten Neigung Gatschädigung. Auch die Wittwe erkennt endlich ihren Irtthum und jeigt sich der Werbung des Präsidenten geneigt. Infolge dieses etwas unvermittelten Ausgangeg und der nur wenigen originellen Scenen, welche der Schlußakt enthält, fällt er auch etwas gegen den vorhergegangenen ab. Ir fr hielt die beifalls freudige Stimmung des zahlreich erschienenen Publikums an und kennzeichnete die Aufnahme des Stückes als eine außerordentlich warme. Hierzu trug die Darstellung das Ihrige bei; Frau Nuscha Butze spielte die junge Wittwe mit der ibr eigenen Natürlichkeit; Fräulein Grete Lorma bot alt Debüt in, der Rolle des Schloßfräuleins Elisabeth durch ihr fröhlich ⸗frisches, unbefangenes Spiel eine recht aanehmbare Leistung. Auch die Damen Grüning und Carlsen, sowie die Herren Kubnert, Lebius, Claudius, Benemann. Holthaus und Peter lösten ihre Aufgaben mit gutem Humor; nur hätte letzterer die Rolle det von ihm verkörperten Gastwirths etwas weniger drastisch geben können. Herr Flink, der in einer Ballseene des ersten Akts als Offijter auftrat, muß sich in der Darstellung solcher typischer Figuren vor Uebertreibungen hüten; nebenbet sei auch bemerkt, daß zum Gesellschaftsanzug Epaulettz gehören. Zusammenspiel und Inscenierung n. gat; namentlich trat dies in dem wechselvollen zweiten Akt ervor.

Im Königlichen Overnhause wird morgen Gugen d'Albert's Musikdrama „Kain“ in folgender Besetzung gegeben: Adam: Herr Wittekopf; Eva; Fräulein Reinl; Abel: Herr Grüning; Kain: Herr Hoff nann; Adah: Fräulein Rot- hauser; Hanoch: Frau. Gradl; Lucifer: Herr Mödlinger; Kapellmeister Dr. Muck dirigiert. Hierauf folgt Leoncavallo's Oper „Bajazzi“. Den Canio singt Herr Sylva, die Nedda Frau Herzog, den Tonio Herr Bulß, den Beppo Herr Lieban, den Silvio Derr Berger., Vom Bären häuter von Siegsried Wagner kann in dieser Woche nur noch eine Vorftellung stattfinden, da Herr Grüning, wie bereits gemeldet, am 30. d. M. sich nach Brüssel begiebt, um dort den Siegfried ju singen, und erst am 3. April wieder hier eintrifft. .

Im Königlichen Schauspielhause gebt morgen Otto Ernst's deutsche Komödie Jugend von heute“ in der bekannten Besetzung in Scene. Die nächste Auf⸗ sührung des Stückegß kann erst am Dienstag, den 3. April, stattfinden, da Herr Arthur Vollmer einer Einladung deg Königlichen Theaterß in Hannover zu einem hren ⸗Gastspiel in dieser Woche Folge leistet und dort in mehreren seiner Glanzrollen auftritt.

Im Berliner Theater wird Björnson's mit so großem Er⸗ gi aufgefübrtes Schauspiel „Ueber unsere Kraft am Mittwoch,

reitag (29. Abonnementg⸗Vorstellung) und nächsten Sonntag Abend egeben. Morgen, Dienstag, gelangt Wildenbruch's „Harold“ zur ufführung.

Das im Schiller⸗Theater am Donnerstag zur ersten Aufführung kommende Werk Grich Schlaikser's „Hinrich Lornsen“ ist Herrn Professor Erich Schmidt zugeeignet.

Am Lessing Theater bereitet Frau Agnes Sorma ein Gast⸗ spriel vor, dessen Anfang auf den 4. April festgesetzt ist, an welchem