1900 / 76 p. 9 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister Dr. Graf von Posadowsky⸗Wehner: Meine Herren! Ich will mir auf die Ausführungen, die im Laufe der Debatte gemacht sind, nur einige kurze Gegenbemerkungen gestatten. Einer der Herren Vorredner hat geglaubt, man solle die Strafjustij gegenüber Seeleuten, statt wie jetzt in erster Instanz den Seeãmtern, Seeschoffengerichten übertragen. Ich halte es an und für sich schon für einen bedenklichen Weg, den unsere Rechtspflege nehmen würde, wenn man immer mehr ju Standesgerichten überginge. Wir baben durch die moderne Rechtsentwickelung einheitliche Rechts⸗ institutionen für die Mitglieder aller bürgerlichen Stände ge⸗ schaffen, und ich würde es deshalb jetzt für keine wünscheng⸗ werthe Entwickelung halten, wieder ju neuen Standesgerichten überzugehen. Daß an und für sich die jetzigen Seeämter nicht geeignet wären, diese Disziplinarjustiz und Strafjustiz zu üben, dafür ist ein Beweis nicht erbracht worden, und ebenso wenig ist der Nachweis erbracht, daß in zweiter Instanz nicht die Schöffengerichte oder Land⸗ gerichte hierzu geeignet sind, um so weniger, als in schwierigen Fällen beide gerichtlichen Instanzen jeden Augenblick in der Lage sind, vor Fällung des Urtheils Sachverständige zu hören. Wenn man aber selbst den Weg gehen wollte, besondere Seeschöffengerichte zu errichten, so würde meines Erachtens dieser Plan daran scheitern, daß die See⸗ schöffengerichte absolut keine ausreichende Beschäftigung baben würden. Ich habe hier die Statistik, die einer der Herren Vorrdner, der Herr Abg. Dr. Spahn, wünschte, vor mir, und daraus geht u. a. hervor, daß in einer Anzahl von Häfen, wo sich Seemantämter befinden, bei denselben überhaupt keine Straffälle anhängig gemacht warden sind, und wieder bei anderen Seemanngsämtern nur 1, 4,7 Straffälle im Jahre anhängig geworden waren, und daß selbst in großen Häfen, wie in Hamburg, im Jabre 1898 nur 368 Straffälle und in Bremen einschließlich Bremerhaven und Vegesack in demselben Jahre nur 202 Straffälle anhängig geworden sind Also in den meisten Orten, wo jetzt Seemannsämter sich befinden, warden die besonderen See⸗ schöffengerichte überhaupt keine ausreichende Beschäftigung finden. Ich gestatte mir, auch darauf hin juweisen, daß sich in keinem aus ländischen Staat eine ähnliche Einrichtung befindet, wie sie von einem der Herren Vorredner gefordert wurde.

Der Herr Vorredner hat ferner behauptet, es würde die Sonntage⸗ ruhe den Seeleuten dadurch verkümmert werden können, das durch Vereinbarung die Vorschriften für die Sonntagsrube ausgeschlossen werden könnten. Wenn ich recht verstanden babe, daß so die Aus— führungen des Herin Abg. Metzger waren, so befiadet er sich im Irrthum; denn Vereinbarungen können nur getroffen werden auf Grund des § 33 Abs 1 für gewöhnliche Wochentazsarbeit; dagegen geht aus den Motiven hervor und ich verweise ihn in dieser Be— ziehung besonders auf die Ausführungen auf Seite ö5ß, letzter Absatz zu 5 33 der Motive daß Vereinbarungen zur Schmäle— rung der Sonntagsruhe ganz ausdrücklich ausge— schlossen sind.

Es ist von dem Herrn Abg. Metzger auch wieder auf die Ver⸗ stärkung des Koalitionsrechts hingewiesen worden. Meine Herren, daß in dieser Besiehung die verbündeten Regierungen geneigt sein werden, weiter zu gehen, als der Gesetzent wurf das vorsieht, kann ich ihm nicht in Aussicht siellen. Der Seemann bat einen Beruf, der ähnlich ist dem Beruf eines Soldaten. (Sehr richtig! rechts) Er steht sozusagen jeden Angenblick dem Feinde gegenäber, und da ist eine ganz andere, straffere Diszivlin, im Interesse von Mannschaft und Schiff, nothwendig als in irgend einem anderen Gewerbe. (Sehr wahr! rechts Sobald der Seemann nicht unter Heuerkontrakt steht, sobald er an Land ift, finden die allgemeinen Vorschriften der Gewerbe ordnung auch auf ihn Anwendung; sobald er aber unter Heuerkontrak stebt, sobald er zu Schiff und namertlich außerhalb des Hafens ist, muß eine straffe Disziplin vorhanden sein, um Schiff und Mann— schaft vor Schaden zu bewahren.

Der Herr Abgeordnete hat auch auf die Tratsache hin gewiesen, daß schlechte Schiffe hinausgeschickt würden, die eine erhebliche Gefahr für die Mannschaft mit sich brachten, und daß dagegen kein genügender Schutz gegeben sei. Ich sehe mit Interesse den Vorschlägen entgegen, die die Herren datũ zer machen werden, wie man das in auslaändischen Häfen ändern soll. In ausländischen Häfen ist man häufig nur auf den einzigen Mann, den deutschen Konsul, angewiesen, der vielleicht selbst Rhederei treibt. Aus dem Fall, den der Herr Abgeordnete angeführt hat, daß der Konsul drei deutsche Schiffskapitäne, die mit ibren Schiffen im Hafen lagen, ersuchte, das verdächtige Schiff zu besichtigen, und daß diese nur um das Schiff herumgefahren wäten, um ihr Gutachten abzugeben, folgt gegen die Einrichtung an sich noch nichts; daraus folgt vielmehr nur, daß entweder die drei Schiffskapitäne nicht ihre Pflicht gethan haben, oder daß sie ein irrthümlichs Gutachten abgeßeben haben.

Meine Herren, daß es vorkommen mag, daß solch schlechte Schiffe gewissenloserweise auf See geschickt werden, das will ich nicht be—⸗ streiten, und ich selbst habe einen ähnlichen Fall, der mir sehr be— denklich schien, amtlich festgestellt. Aber einerseits bieten doch jetzt gegen solche Vorgänge die Klassifikations Institute einen erheblichen Schutz, und dann kann ich auch sagen, daß die Seeberufsgenossenschaft sich die größte Mühe giebt, solchen Mißständen, wie sie der Herr Vorredner angedeutet hatte, in ihrem eigenen Interesse entgegenzutreten.

Außerdem spricht die Statistik, soweit sie uns vorliegt, in jener Beziehung keineswegs zu Ungunsten der deutschen Rlederei. Es liegt mir bier eine Statiflik vor über die Totalverluste von Schiffen ver⸗ schiedener Länder, aufgestellt nach dem Generalregister des bekannten Klassifikations⸗Instituts, der Veritas‘. Danach steht Deutschland in Bezug auf den Verlust an Schiffen im Jabre 1898 89 erheblich besser wie die britische, französische, niederländische, norwegische, schwe⸗ dische, dänische, österreichische und nordamerikanische Rhederei; denn von je 100 Registertons Raumgebalt der in das Register eingetragenen Schiff! gingen 3. B. im Jahre 1898 / 99 in Deutsckland nur verloren 1,833 Dampfschiffe und 4,57 Segelschiffe, während verloren gingen britische Dampfschiffe 218 und Segelschiffe 3,23, framoͤsische Dampfschiffe 3,14 und Segelschiffe 6,10, niederländische Dampfschiffe 224 und Segelschiffe 8, u. s. w. Also das Zahlenverhältniß der verloren gezangenen Schiffe ist erheblich günstiger in Deutschland wie bei dem größten Theil der anderen see⸗ fahrenden Nationen, und auch das Verhältniß der verschollenen Schiffe bat sich in den letzten Jahren erheblich gebessert. So hatten wir

Jahre 1836 von nut 12, und im Jahre 1897 find auch nur 12 Schiffe verschollen. Der Herr Abgeordnete hat sich auch dagegen gewendet, daß die Schiff disziplin nach den Vorschlägen des Gesetzentwurfs den Schifft⸗ offtzieren übertragen sei. Meine Herren, ich glaube, etwas Anderes wird garnicht übrig bleiben. Wie kann denn der Kapitän eines großen PVersonendampfers, auf dem ein Schiffspersonal von 400 oder mehr Personen ist, in allen Einzelbeiten immer selbst die Schiffedisziplin üben, der Mann, der unter Umständen zwei bis drei Tage oben auf der Brücke sein muß in schwerem Wetter oder gefährlichem Fahrwasser? Wie kann dieser Mann die Disziplin üben beispielsweise über das Personal in den großen Maschinenräumen und Verfehlungen dort selbst untersuchen und beftrafen? Das ist unausfübrbar. Die einzelnen Fälle aber, die der Herr Abg. Metzger angefübrt hat, haben mit der Schiffsdisiplin überhaupt nichts ju thun. Das sind grobe Mißbandlungen, nicht dieziplinare Akte. Wenn der Vorheizer einem unglücklichen Trimmer, der krank zusammenbricht, eine Schaufel mit glühenden Kehlen vor die Nase oder unter die Füße hält, fo ist das ein Akt brutaler Bestialität, der mit Disziplin garnichts zu thun hat. Außerdem aber kann ich Ihnen versichern, daß wir alles geiban baben, was möglich war, um solche Fälle zu verhüten. Es giebt eben hierzu nur zwei Wege: entweder hat der Schiffer mittelbar Schuld, well er keine genügende Aufsicht über sein Anteipersonal ausübt, dann wird ihm unter Umständen das Patent entzogen werden, oder er muß unmittelbar ftrafrechtlich verfolgt werden. Daß daneben aber immer noch Akte der Brutalität vorkommen in den verschiedenen ver— schwiegenen Schiffstänmen, auf bober See, ich fürchte, das wird sich durch keine Gesetzgebung verhindern lassen. Die Regierung und namentlich die Aufsichtsorgane würden nur dann schuldig sein, wenn solche Fälle zu ibrer Kenntniß kommen und sie schritten nicht sofort energisch dagegen ein.

Es ist auch heute wieder von den Selbstmorden der Heizer und

Trimmer gesprochen. Meine Herren, ich habe, glaube ich, schon einmal bei Gelegenheit der Erörterung meines Etats darauf hingewiesen, daß die technische Kommission für Seeschiffahrt eine große Anzahl ven Grundsätzen feftgestellt hat, die beobachtet werden sollen, um solche Selbstmordfälle anf ein möglichst geringes Maß herunterzusetzen. Wir haben uns dieserhalb auch an die einzelnen Regierungen der Seeufer staaten gewendet. Ich glaube, einerseits liegt die Ursache der Selbst⸗ morde allerdings bisweilen an einer falschen Behandlung der Leute oder kann wenigstens daran liegen dann kann nur geholfen werden auf dem Wege, den ich vorbin angedeutet babe —, oder sie liegt in der schlechten Unterbringung, schlechten Ernährung der Leute und biermit zusammenhängenden Ursachen; gerade da werden wir auf Grund der Vorlage, wenn Sie sie zum Gesetz werden lassen, ein schreiten können, namentlich was die Unterbringung der Leute auf dem Schiffe betrifft. Meine Herren, das Gesetz stellt doch einen erheblichen Fortschritt dar gegenüber der bisherigen gesetzlichen Regelung der Sache, und ich kann deshalb nur dringend wünschen, daß die Berathungen in der Kommission einen derartigen Fortgang nehmen möchten, daß es mög⸗ lich wäre, noch in dieser Session die Vorlage zum Besten der Schifft⸗ bevölkerung zu erledigen. (Brano!)

Abg. Möller. Daisburg (ul.): Diesem Wunsche würde kaum entsprochen werden können, wenn die Kommission aus 21 Mitgliedern zusammengesetzt wird; je größer die Kommi ssion, desto schwieriger die Einigung Über eine technisch so eigenartige Materie. Unter allen Um— ständen bringt das Gesetz eine erhebliche Verbesserung gegen den bis— herigen Zustand. Die Wandlung aller sozialen Verhaltniffe bat auch auf den Seemannsstand derart zurückgewirkt, daß eine Korrektur der bald 30jäbrigen Seemannsordnung durchaus am Platze ist. Mit dem Abg. Frese bin ich über die meiften Einzel beiten einverstanden. Auch ich eikenne die Schaffung einer Zvischeninstanz wischen Kapitän und Mannschaft in den O fizieren als berechtigt an und verstehe andererseits sebr wobl den Widerstand, welchen der Abg. Metzger dieser Neuerung entzegenstellt. Die tägliche Arbeitszeit wird unbeschadet allgemeiner gesetzlicher Regelung bis auf weiterez der Regelung durch den Arbeiig vertrag unterworfen bleiben müssen. Die allge⸗ meinen Bestimmungen der Gewerbeordnung auf Soantagtarbeit und Ueberstundenarbeit lassen sich auch nicht ia dem Maße auf die Seemannsordnung übertragen, wie es von einzelnen Parteien gewünscht worden ist; in diesen Punkten bält die Verlage eine rich- tige Mittellinie inne. Selbstoerständlich sind auch wir dafür, daß Ueberanstrengung der Leute vermieden werden muß. Ich erinnere nur an den großen Unfall der „Elder, welcher dadurch enistand, daß die Crathie“ mit ihrer völlig übermüdeten Mannschast vor den Bug der Elbe“ gerieith. Auch die Vorschrift, daß die Auzjablung der Heuer in Gast⸗ und Schar kwirthschasten nicht erfolgen soll, ist im Inter⸗ esse der Seeleute nur zu billigen. Wenn eine Reihe Bremer und Hamburger Rhedereien, die ibre Schiffe durchs Rothe Meer schicken, txotische Arbeiter verwenden, so ist das doch der einzige Weg, die Verwendung heimischer Seeleute in diesen trobischen Gegenden zu vermeiden. Immerhin sind auf unseren Dampsschfffen die Verhältnisse noch erheblich besser als auf den Dampfern anderer Nationen; die großen deutschen Rhedereien erneuern auch in unvergleichlich schnellerem Tempo ibr Schiffsmaterial. Die starken Mißbräuche auf dem Gebiete der Stellenvermittelung durch die Heuerbaase! werden auf Grund der Vorschläge der Vorlage boffentlich ausgerottet werden

Abg. Dr. Singens (entr) erklärt sich auf Grund seiner per— sönlichen Erfohrung für die thunlichste Verkürzung der Arbeitszeit auf dem Schiff und für möglichst schleunige Durchberathung der Vor⸗ lage in der Kommission, damit sie noch in dieser Sesston verabschiedet werden könne. ;

Abg. Raab (Reformp.): Im großen Ganzen kann ich aus meinen und meiner Familie Erfahrungen das bestätigen, was von der linken Seite ds Hauses zu dieser Vorlage vorgettagen worden ist. Die Seemannsordnung soll doch eine Schutzgesetzgebung sein. Wir würden es daber mit Freude begrüßt baben, wenn wan die Aus- künste etwas zweckmäßiger zu erlangen, gesucht bätte. Von den sechs Aueëkunftepersonen, welche die technische Kommission für Seeschiff ßhrt vernommen bat, waren indessen fünf von den Rhedereien ausgewählt; nur eine gehörte einem organisierten Verein an. Die Roedereien dürfen im Großen und Ganjen nicht das unbedingte Vertrauen beanspruchen, welches ihnen die Regierung entgegenbringt. Noch im Jabre 1897 baben sie von Mißständen nicht viel wifsen wollen; ginge es nach ihnen, so käme die Revision der Seemanntzordnung noch lange nicht. Eine Reihe wichtiger Forde⸗ rungen bleibt unerfüllt, so vor allem die Forderung der Schiiftlichkeit des Heuervertrages. Bis beute besteht der Abschluß des Vertrages eigentlich nur in dem Wechseln weniger Worte. Da wird die animierte Stimmung des Seemanns benutzt, es wird von möglichst viel deutigen Redensarten Gebrauch gemacht, wabei der Heuerbaas nach Kräften mitwirkt, und das Ende vom Liede ist, daß der Mann um seine be⸗ rechtigten Anspräche gebracht wird. Dem kann nur die Schriftlichkeit des Heuervertrages abbelfen. Ein zweiter berechtigter Anspruch ift der Ausschluß der freien Bereinbarung. Ganz so absolut wie bisher wird ja in Zukunft die Geltung der Seemanngordnung nicht ausgeschlossen werden können; aber in wesentlichen Punkten, so im Pankte der Arbeits jeit, der Ueberstunden ꝛc. soll der freie Vertrag nach

eine Gesammtzahl verschollener Schiffe im Jahre 18985 von 23, im

Chin bat der Rheder kein ter daran, 42 Ar ö des deutschen e 6. ju bejahlen; man behält fich vor in dem

mindestens vorgeschrieben werden und d illusorisch gemacht werden können, daß der Betreffende n Anheuerungghafen zurückzuschaffen ist. Die Beftimmungen über di Arbeitsruhe der Offinere sind außerordentlich dehnbar. Die Uebertragung der Disziplinargewalt von dem Kapitän auf die DOffiztere soll generell ftatthaft sein. Wir halten das für zu wel. gehend. Wie auch beim Milttär nicht den Kompagnie - Offfferen die Diesziplinargewalt eingeräumt ift, ebensowenig ist eine solche U bertraqung auf dem Schiff nötbig; eine Ausnahme wäre höchstenz zulässig für den Ober⸗Maschinisten bemglich der ihm unterftellten Leute. Es ist ein ganz eigentbümlicher Fortschritt, daß wir dreißig Jahre nach der alten Seemannsordnung, die keine ine, kannte, jetzt eine solche gesetzlich eiafübren. Ginsichtige iffz. offijtere wissen, daß sie mit dem brutalen Mittel der Prügelstrafe keine Disziplin erjwingen können. Es kommt hinzu, daß ein Handwerk⸗meifter für Mißbrauch des Zächtigungsrechts ur Verantwortung gejogen werden kann; daß ist bei Mißhandlungen auf Schiffen, die erst nach Monaten in einem Hafen einlaufen, einfach unmöglich Den Seeleuten ist der Zug zur Härte ohnehin in einigem Grade eigen; durch solche gesetzlichen Bestimmungen wird diesem Hange, der sich aus dem ganzen Seeleben mit seiner Rüäcksichtz losigkeit erklärt, geradejn Vorschub geleistet. Die Schiffz. jungen werden vielfach zu 3 mit Arbeiten überlastet, und es sind Fälle nachgewiesen, daß ein solcher kaum 14 oder 15 Jahre alt ge wordener Junge aus fiesem Grunde über Bord springt. Die Zahl der Desertionen ift denn auch von 811 auf 901 Fälle in einem Jahre gestiegen. Die Disziplinargewalt soll der Schiffsführer nicht generell anderen übertragen dürfen See— schöffengerichte sind durchaus nothwendig; wir befürchten keineswegs, daß ein solches in Hamburg nicht genügend zu thun haben würde. In Hamburg sind 185 Straffälle in einem Jahre mm Kenntniß gekommen; das möchte doch für ein solches Gericht aus, reichende Beschäftigung garantieren. Die Begründung beläßt es bei den Seemannsämtern, die sich sonft allgemeiner Beliebtheit erfreuten, nur in Strafsachen weniger Vertrauen genössen. Das deutsche Schiffe. material ist ja im Großen und Ganzen vorjüglich; aber auch eine ganze Menge alter Kasten ist im Dienst, wo die Seeleute für ihr Leben zitiern, wenn sie den Hafen verlassen. Die Taxation der Serberufsgenossenschaft bietet keine Gewähr, da sie eine Einrichtung der Rhederei selbst ist und eine Krähe der anderen die Augen nicht aushackt. Man hat Schiffe, die ganz falsch und gefährlich geftaut waren, hinausgehen lassen, und sie sind verloren gegangen, weil sich die Taxatoren natürlich nicht um die Art der Stauung gekümmert hatten. Das Recht, sich mit Berufsgenossen zur Befferung der Lohn⸗ und Arbeitsbedingungen zu vereinigen, muß auch den See⸗ leuten zugestanden werden. Die Arbeit niederzulegen und Ver⸗ sammlungen abzuhalten, kann natüclich auf den Schiffen nicht gestattet sein; aber im übrigen muß das Koalitionsrecht unverkürjt bleiben. Wie nervös aber die Rheder in diesem Pankte sind, erkennt man ja aus der Maßregelung der O fiziere der Damburg ˖ Amerika. Linie, die dem Hamburger Verein angehörten. Die Gehälter und Löhne unserer Schiff sleute aller Art sind beute niedriger als die des Auslands, namentlich Englands. Die englischen Rhedereien bemannen auch duchschnittlich ihre Schiffe stärker, als die unsrigen bemannt sind. Die englische Rubezeit beträgt unter allen Umständen 24 Stunden nach 24 stündiger Thätigkeit; davon ift bei uns keine Rede. Unseren Schiffen feblt ferner die englische Tiefladelinie. Alle diese Beschränkungen drücken den deutschen Rheder nicht, der somit dem englischen gegenüber fehr im Vortheil ist; wir önnen also mit unseren Reiormen fehr wohl ein wenig kräftiger jn greifen, obne dem Rheder Schaden zuzufügen. Den Landes Zentral⸗ behörden soll beiüglich der Stellenvermittelung die Befagniß zusteben, aut nahms weise auch Leute zuzulafsen, die nach den allgemeinen Be— stimmungen des Gesetzes nicht zugelassen werden könnten; wir sollten dech hier reinen Tisch machen und nicht noch der Meinung Vorschub leisten, als ob unsere großen Rbedereien diese Landes. Zentral behörden und überhaupt diejenigen find, welche dieses Gesetz erlassen. Die Be⸗ zeichnung „Schiffer“ für den Kapitän ift nach unserer Meinung ein Mißgriff; unter Schiffer wird bei der feemännischen Bevölkerung nie der Kapitän verstanden, auch bat das Wort im allgemeinen einen ironischen Beigeschm eck. Lebhafte Anerkennung empfinden wir über die Art, wie die Frage des Bergelohns geregelt ist. Geheimer Ober ⸗Regierungerath im Reichsamt des Innern von Jongutsres; Die Hamburg- Amerika Linie soll ibren O fijictnn die Mitgliedschaft bei dem genannten Verein verboten haben. Wir haben eine Aeußerung darüber eingefordert, welche bis jetz noch nicht eingegangen ist. Nach dem eigenen Bericht des Vereint hat aber die Gesellschaft nur ausgesprochen: wenn sich derartige Vorgärge wiederholen möchten, müßte sie in Eiwägung nehmen, ob nicht der Austritt verlangt werden müßte. Von den Rhbederelen ist keine der Vertrauen versonen genannt worden, sondern es sind die Seeufer Staatsregierungen erfucht worden, folche Leute zu bejrichnen. Wir baben auch sehr brauchbare Leute bekommen. Im Jahre 1896 gab et übrigens eine allgemeine Organifation der Seeleute noch nicht. Bei der vorgerückten Stunde behalte ich mir vor, auf die übrigen Ein⸗ wärse gegen die Vorlage in der Kommission einzugehen. Den Ver— letzten ist jeßt im Gesetze des direkte Recht gegeben, die Bestrafung zu beantragen, und das muß auch ins Journal eingetragen werden. Was die Regierung für darchführrar Fält, hat fie also in die Vorlage bineingebracht. Es ist auch lein wünschenswertber wenn Konfuln im Auslande, die selbst an Rbeder ien be. stãnde e f

in Anwendung iu Schiffer nur wird

wie bei

auf den and g g h.

der Vorlage noch bis Strafen im brauch, ister Weise 2 . ag ti 966 . ; de auch dur e Vorlage nichts geändert werden.

neu ein gesetzliches Züchtigungsrecht gegenüber den Schiffe jungen ö. i Es gebe heute verbeirathete Schiffsjungen, sollten die auch * . werden? Andererfesis fei jwesfelbaft, ob nicht gegenüber ang. 2 ausländischen Schiffe jungen eia unbeschränktes Zůchtigunge rech uf den gegeben sel. Redner sommt dann auf die Arbe ieee bs in ren, 86 Schiffen zu sprechen und geht ausführlich auf das Koalition Seeleute ein.

gegen

falt sch

(Schluß in der Vlerten Beilage]

wie vor zulässig sein. Wenn ein Schliff auf jwei Jahre

entlassen, und er wird drüben einfach ans Land 2 Es 2 4

* t ·ᷣ¶Quy,

Mr. 76.

K Vierte Beilage zum Dentschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 27. März

1200.

(Schluß aus der Dritten Beilage)

bg. Dr. Hahn verzichtet angesichts der vorgerũckten Stunde ' 8 rec, der Vorlage im Detail. Er bemerkt, daß die Hamburg Amerilg⸗ Linie thatfächlich ihren Offisieren angedroht habe im Falle der Wiederbolung solcher Vorfälle sie er die Wahl u stellen, entweder aus dem Verein aus⸗ utreten oder den Dienst der Gesellschaft zu verlass⸗n. Giner ener Offißtere habe allerdings von dem glänzenden Elend der Offiziere in der betreffenden Vereinsversammlung gesprochen. Redner richtet indeffen an die Gesellschaft die Aufforderung, diesen all nicht so tragisch ju nebmen, er boffe, die Differenz werde ütig beigelegt werden. Der Seemannsverband scheine doch nicht ganz . der Nothwendigkeit der Disziplin an Bord und im Hafen durch⸗ rungen zu sein. Für die Sꝑeeleute könnte kein Matrosen · Kaxitãn dem Schiffsführer an die Seite gestellt werden. Redner tritt auch für die schriftliche Firierung des Heuervertrags ein und bekämpft die Luheuerung aaf unbeftimmte Zeit, welche direkt in chinesische Ver⸗ zilinisse führen würde.

Damit schließt die Diskussion. gommission von 21. Mitgliedern.

Schluß 3/4 Uhr. Nächste Sitzung Dritte Lesung des Etats.)

Die Vorlage geht an eine

Dienstag 1 Uhr.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten.

54. Sitzung vom 26. März 1900, 11 Uhr. Ueber den ö Theil . Sitzung ist in der gestrigen

mmer d. Bl. berichtet worden. . ur zweiten Berathung gelangt der Gesetzentwurf, betreffend die Vermeidung der Doppel besteu erung. Nach S 1 sollen auf Grund des mit Oesterreich abgeschlossenen Vertrages vom 21. Juni 1899 Doppelbesteuerungen in An⸗ wendung der in beiden Ländern geltenden Steuergesetze ver⸗ mieden werden.

Berichterstatter Abg. von Pappenheim beantragt namen der Budgetkommission die unveränderte Annahme der Vorlage. * 1

Abg. Saenger (fr. Volkzp.) bringt einen Fall aus Offenbach . M. zur Sprache, in welchem eine Doppelbesteuerung seitens Preußen und Hessens vorgekommen sei, bittet die Regierung, darauf finjuwirken, daß solche Doppelbefteuerungen innerhalb der Grenzen ! Heutschen Reichs aus der Welt geschafft werden, und fragt an, wie die ö . re. zwischen preußischen

zsterreichischen Unterthanen geregelt werden. . 2 , Wallach: Ein solcher Fall, wie ibn der Vorredner erwähnte, kann wobl vorkommen, da die Zeit zu welcher die Steuerpflicht beginnt und endet, nach den Steuergesetzen n den Bundesstas kea derschieden ist. Daher kann bei einem Ueber nitt aus einem Bundesstaat in den anderen leicht zeitwelse eine Doppelbesteuerung eintreten. Aber diese Unbilligkeit wird immer darch Vereinbarungen abzuwenden gesucht. Sollte auenahmẽweise jwischen Preußen und Oesterreich eine Doppelbesteuerung vorkommen, so wird auch da im Wege der Vereinbarung Abhilfe geschaffen werden.

Aba. von Strombeck (Zentr.) fragt an, ob im Ausland er⸗ zobene Steuern und Abgaben bet der Besteuerung im Inlande abzugs⸗ ähig seien. . ; wagen , Ober ⸗Finanzrath Wallach erwidert, daß diese Frage mit der Vorlage in keinem Zusammenhange stehe. und daß sie nur durch gesetzliche Aenderung gelöst werden könne. Die einzelnen Fälle müßten im geordneten Instanzenzuge erledigt werden.

Abg Saenger bittet darum, daß die Steuergesetze der deutschen Bundes staaten so formuliert werden, daß Doppelbestenerungen zwischen deutschen Bundesstaaten ebenso wenig vorkommen wie jwischen Preußen und Desterreich.

31 wird angenommen. . Nach S8 2 soll der Finanz ⸗Minister die Vereinbarungen treffen, nach denen unter Wahrung des Grundsatzes der degenseitigkelt von den preußischen Steuergesetzen abgewichen werden kann. R

Berichterstatter Abg. von Pappenbeim bemeckt, daß, in der gene ff gewünscht worden sel, daß der Finanz- Minister dem Hause Nachwelsungen darüber zukommen lasse; die Kommission babe diefe jedoch nicht für erforderlich angesehen und beantrage die under⸗ änderse Annahme des 5 2. ; u Abg. von Strom beck macht darauf aufmerksam, daß der Finanj⸗ Minister hier eine sehr weitgehende Vollmacht erhalte, ohne daß der Landtag mitsprechen könne, und beantragt, binter Vereinbarungen einjuschleben? zur Beseitigung der Doppelbesteuerung '.

Geheimer Ober Finanzrath Wallach bittet um Ablehnung des Antrages, da er die Regierung bei den Vereinbarungen mit Dester⸗ reich zu fehr beschränken würde, zumal wenn erst der Landtag befragt werden solle. .

Abz. Br. Rewoldt (fr. kens) ist gleichfalls gegen den Antrag, weil sonst für jeden einzelnen Fall eine besondere Vereinbarung ge⸗ troffen werden müßte, während obne solche Beschränkung allgemein gültige Vereinbarungen möglich seien. . 4

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz ⸗Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich möchte, zu beruhigen, ihm einmal sagen,

um den Abg. von Strombeck mebr

wie sich die Sache in der Praxis ge⸗ staltet hat. Beispielsweise bat ein Arjt, der in Altona wobnt, noch eine sehr bedeutende Praxis in Hamburg. Jetzt ziehen ibn die Ham⸗ burger heran mit dem Gesammtbetrage derjenigen Bezüge, die er aus Damburg hat. Aber wir in Preußen ziehen, da er hier wohnt, ihn mit dem vollen Betrage seiner gesammten Einnahmen beran. Da haben wir also einen Fall einer höchst lästigen und ungerechten Dor pel⸗ besteuerung. Jetzt vereinbaren wir uns auf einen Modus ausschließlich in diesem einzelnen Fall mit Hamburg, und dadurch wird der Mann don dieser offenbar ungerechtea Belastung befreit. Jett kommt ein zweiter Fall vor. Ein preußischer Arzt wohnt

in Preußen, ist regelmäßig im Sommer Badearit in einem sãchsischen Bade. Der Mann wird doppelt besteuert, weil die Steuergesetzgebuns sowobl in Sachsen wie bei uns das nicht ausschließt. Jetzt vereinbaren wit unz mit dem Königreich Sachsen, in welcher Weise wir uns in einem solchen Fall verhalten wollen, um die Doppel · besteuerung zu beseltigen. Es ist in natãrlich, meine Herren, wenn wir in einem Fall mit dem Königreich Sachsen uns verständigen, so werden in anderen gleichen

Bedeutung, daß man nicht immer in jedem einzelnen Falle besondere Vereinbarungen zu beschließen braucht und din betreffenden Steuer⸗ pflichtigen daoor bewahrt, erst alle Instanzen anzurufen, um endlich ju seinem Rechte zu kommen. Weiter bedeutet die ganze Sach: nichts. Wir haben eben gesehen, daß bei der Verschiedenheit der Steuerfätze innerbalꝰ Deutschlands selbst, und da diese Fälle nicht unter das Reichsgesetz fallen, eine solche Vereinbarung genereller Natur, wie si⸗ aus dem einzelnen Fall, welcher aufgetaucht ist, sich ergiebt, geradezu nothwendig ist, um nicht die allergrößten Ungerechtigkeiten, jedenfalls aber große Belästigungen für den einzelnen Steuerzahler hervor zurufen. Meine Herren, ich welse nochmals darauf hin, wie das bereits meine Herren Kommissare gethan haben, daß die eigentliche Grenze und die Sicherheit, damit mit dieser Ermächtigung kein Miß⸗ brauch getrieben werden kann, in dem Grundsatze der Gegen · seitigteit liegt; wenn beide Staaten es in ihrem Jateresse halten, solche kleinen Abweichungen von ihren generellen gesetzlichen Bestimmungen eintreten zu lassen, so kann schon aller Wahrscheinlichkeit nach diese Ermächtigung nicht mißbraucht werden. Dies ist ein Fall, wo wir lediglich eine Ermächtigung haben wollen im Jateresse des Steuerpflichtigen. Wir haben uns oft gesagt: ja, bier muß doch Abhilfe getroffen werden, und haben wir nun eine generelle Ermãchtigung dafür? Um diesen Zweifel zu beseitigen, wünschen wir den § 2.

Ich möchte im Interesse der Steuerpflichtigen gerade in Deutschland, wo doch solche Unzutrãglichkeiten erst recht vermieden werden müssen, drin⸗ gend bitten, an dieser Ermächtigung nichts zu ändern. Wir sind ja voll stãndig bereit, meine Herren, wenn die Budgetkommission wänscht, die Art und Weise kennen zu lernen, wie von dieser Ecmächtigung Ge⸗ brauch gemacht wird, der Budgetkommission jederzeit Auskunft zu geben. Sollten wir da also von den Grundsätzen abweichen, die uns bier gesteckt sind, oder sollten wir Grundsätze aufstellen, welche dem bohen Hause nicht richtig erscheinen, so bat das hohe Haus ja immer die volle Möglichteit, die Sache hier zur Diskussion zu bringen und von der Regierung eine andere Praxis zu derlangen.

Ich glaube daher, meine Herren, daß es doch xichtig ist, in dieser Beziehung keinerlei Aenderungen in der Fassung des Paragraphen vor junehmen. Abg. von zurũck.

S 2 und der Rest des Gesetzes werden unverändert an⸗ genommen.

Es folgt die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bestrafung von Zuwiderhandlungen heben die Vorschriften über die Erhebung von Ver⸗

. aben. . 8 L und 2 werden ohne Debatte angenommen.

Rach 3 3 soll, wer zu hohe Verkehrsabgaben einzieht, mit dem 16 bis 20 fachen Betrage des zuviel Erhobenen als Geldstrafe bestraft werden; wenn nur eine Fahrlässigkeit vor⸗ liegt, soll die Strafe nur halb so hoch sein. . Nach s 4 soll diese Strafe auch die Privatberechtigten und die BVorstände nicht öffentlich rechtlicher juristischer Per⸗ sonen treffen, welche die mit Strafe bedrohten Handlungen von ihren Einnehmern wissentlich geschehen lassen. Abg. Reichardt (ul.) bemängelt die Fassung dieser mungen. = .

HGebeim⸗-t Ober ⸗Regierungsrath Peters bemerkt, daß diese e ,. kein ser a gta schafften, sondern schon längst in Geltung seien.

Die 88 3 6h 2 n n. Rest des Gesetzes in der Kommissionsfassung. Es ee, 23 zweite Berathung des Gesetzentwur fs, betreffend die Gewährung von Zwischenkredit bei Rentengutsgründungen. Ss 1Llautet nach der Vorlage: 5 ! Soweit für die Errichtung von Rentengülern die Vermittlung der General. Fommission eintritt, kann der zur Abstoßung der Schulden und Lasten der aufzutheilenden oder abzutrennenden Grund⸗ stücke und zur erstmaligen Besetzung der Rentengüter mit den nolh⸗· wendigen Wohn · und Wirthschafts ge bäuden erforderliche Zr schenkredit aus den Bestän den dez Reserdefondz der Rzntenbanken gewährt werden, hierfür ein Betrag bis iu 10 Millionen Mark

Strom beck ziebt nach dieser Erllůrung seinen Antrag

Bestim

ebenso der

Dem Fonds darf entnommen werden . Die Abgg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons.), Dr. Porsch (3entr), Freiherr von Wangen⸗ heim (kons.) und Genossen beantragen: 1) die Worte von „zur Abstoßung“ bis . zu streichen und 2) die Regierung zu ersuchen, . . 2 die Ci n neuer Ansiedlungen gesetzliche Bestimmungen zu freffen, welche eine einbeitliche und zweckmãßige Regelung des Ver⸗ sabrens unter entsprechender Betheiligung der lokalen Verwaltungs behörden berbeifũhren; daher alsbald in eine Redision der Geb pon 25. August 1876, 4. Juli 1887, 13. Juni 1888, 11. Juni 1550 and 7. Fuli 1591 einzutreien und dem Landtage der Monarchie bei seinem Wlederjusammentritt eine entsptechende Vorlage zu en.“ ,

n von Glasenapp (koa): Der Antrag will die private Thätigkeit auf diesem Gebiet nicht beseitigen, sondern auf da? rechte Maß zurückführen, indem er ihr durch die genossenschaftlichen Organ. fattonen eine segensreiche Konkurrenz schaffen will. Saut blich aber soll der Gewinn, der bisher den Prwaten Gũuterschlãchtern mäheloz in die Tasche fällt, dem kleinen Besitzer zu gute kommen. An dieser Stelle sollten die gemeinnützigen Gesellschaften ein. setzen, wie es schon jetzt die Deutsche Ansie dluags c ellschaft thut. Der Antrag will ferner die Seßbaftmachung der lan lichen Arbeite? derbeiführen. Dieser Zweck ist durch die bisherige Renten. gutsgesetzzebung noch nicht in dem wänschenswerthen Maßg erreicht , eus bg. Richter meinte im vorigen Jahre, dat der Nothstand n Ostelbien daher rübre, daß viele Besitzer zuviel Land und nicht entfhiechend Geld hätten. So einfach liegt die Sache nicht. Die schwolerige Lage der Landwirtbschaft in Sst⸗ und Westelbien beruht bauptfächlich Larauf, daß die Einnahmen unberbãlinißmã ßig lurch gegangen und die Ausgaben unve hältnißmäßig gestiegen sind. 5 kreoerkermangel! bat die Notblage nech gesteiget; ich wi aber heute hierauf nicht zurũckkommen. Der zweite Theil ent pricht einem im vorigen Jahre mit großer Mehrheit angenommenen Antraz Wangenheim, der eine Aaregung für die Regierung ein allt dahin ju wirken, daß ein einbeinlichez. praktisches Verfahren für die Regelung Frage g schaffen wer ge. Die heutige Organisation der General⸗

dale gan; dieselben Grundsätze von beiden Staaten befolgt; und eine Vereinbarung über die Behandlung solcher Falle hat bloß die

dieser Frage geschagnen, Ne h5srn cht ihnen Römmk sionen enispricht den Verhältmissen uchi mehr, da ihr

der Zusammenhang mit den übrigen Behörden fehlt. Es wird Ynicht anders geben, als das Lalenelement mitsprechen ju lassen. Durch Erlaß des Landwirthschafts Ministers von 1895 find die General, Ko amisstonen, angewiesen, Pberüglich der Rentengutebildung direkt mit den Keeisausschüssen in Verband⸗ lungen zu treten. Das wird auf die Dauer nicht genägen. Wir därfen hoffen, daß durch den Antrag ein Weg gefunden wird, der jum Ziele führt. Das Prinzip des Antrags hat schona bei der ersten Lesung Don allen Seiten eine wohlwollende Aufnahme gefunden; nur der Abg. Hirsch hat ihn schon im voraus bekämpft, indem er sagte, das wir vorläufig mit der NRentengutsbildung allein dasteben. Aber wir haben doch auf allen möglichen Gebieten, 4. B. der allgemeinen Wehrpflicht. allgemeinen Schuspflicht, vorbildlich für das . gewirkt. und wir wollen wünschen, daß diese Vorlage dazu den ersten Schritt bedeute. ö . Geheimer Ober⸗Regierungsrath Sachs: Nachdem das Haus im vorigen Jahre den Antrag Wangenheim angenommen batte, ist eine Verfügung an die Ober Präsidenten erlassen worden, in der sie auf- gefordert werden, sich dahin zu äußern, ob nach den gemachten Er; fahrungen eine Aenderung oder Ergänzung des Gesetzes von 1876 nothwendig erscheint. Die Berichte der Ober- Präsidenten, denen um- fangreiche Rückfragen bei den Orts und Kreis behörden vorausgehen, sind bald zu erwarten, und nich ihrem Eingang wird geprüft werden, ob eine Aenderung des Gesetzes von 1876 ins Auge zu fassen ist. Was also mit dem Antrage T gesagt ift, hat die Regierung schon er⸗ wogen, und ich kann erklären, daß sie gegen Mißbräuche in der Kolonisation energisch einschreitet.

Abg. Dr. Hirsch (fr. Vollsp): Ich habe mich schon bei der ersten Lesung gegen die Fortlaffung der Zweckbestimmung des Zwischen kreditz erklärt? Die Herren von der Rechten bezeichnen jeden, der sich mit der Güteraufiheilung beschäftigt, als Güterschlãchter. Vol ke⸗ wirthschaftlich ist es aber nicht richtig, daß der Staat sich in diese Verhälin (fe ein mnischt. Der Minister von Miquel sagte neulich, daß der römtsche judex der Begründer der freien Theilbarkeit., der Naturalthrilung, sei, daß also diese Dinge ursprũnglich nicht im deutschen Rechtsbewußtsein gelegen hätten. Verschiedene Rechts lehrer sind darüber anderer Ansicht, 1. B. Profefsor Meitzen, und stellen sest. daß schon in der deutschen Urzeit die freie Tbeilbarkeit des Grund⸗ befiges anerkannt war. Wir, brauchen uns allo nicht dadurch beein- flussen zu lassen, daß das freie Eigenthum und die freie Theilbatkeit nur det 15mischen Zwangsgesetzgebung anstammen solle. Man sagt. daß die Stein⸗Hardenberg ' sche Gesetzgebung sich nicht bewährt babe, aber der richtigen Durchfübrang dirser Gesetz gebung wurden mancherlei Hindernisse in den Weg gelegt. Daß in 16 Jahren nur 8000 Renten⸗ gäter gebildet find, sst doch nur ein geringer Erfolg. Die Zahl der ben Rentengütern gleichstehenden Betriebe bat sich dagegen in freiem Verkehr in zehnfacher Zabl vermehrt. Ueber eine gewisse gesetzliche Regelung des Ansi:delungtwesens läßt sich reden. aber es geht zu wei und ist ein überschwängliches Ziel, wenn der Staat das ganie An⸗ siedlungswesen in seine Hand nimmt. Der Finanz Minister hat neulich wieder die Schulze · Delitzsch'schen mit den Raiffeisen'schen Genossenschaften verglichen, wie mir schien, auf Kosten der ersteren. Im stenograyhischen Bericht hat der Minister aber entweder seine Aeußerung einge schrãnkt. Rer * das Mißberständniß ist durch die Atustit des Hauses bervorgerufen worden. Herr von Wanzenheim hat neulich den Frei⸗ sinnigen vorgeworfen, sie hätten nur Worte, nicht Thaten für die leinen Leute“ Solche Vorwärfe soll man nicht erheben, wenn man mit seinen Freunden selbst im Glasbhause ist. Es wird sich ja noch zeigen, wie die Agracier Freunde des kleinen Mannes find Die Durchführung der Rentengüterge tze wird besonders durch die Ein⸗ führung des Anerbenrechts für Rentengüter beeintrãcht igt. .

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Pr., von Miquel: ;

Meine Herren! Ich bin erfreut über die Erklärung des Herrn Abg. Dr. Hirsch, daß er und seine Freunde heute gegen die Renten · gutsgesetzgebung an und für sich nicht mehr seien; ibre Stellung würde eine andere sein, wenn nicht zugleich die Gesetzgebung über das Anerbenrecht herausgekommen wäre. Er bezeichnet dieses als eine Schranke der Freiheit, der freien Verfügung über das Gigenthum. Wenn Herr Dr. Hirsch schon früher im Hause gewesen wäre, so würde er wahr scheinlich doch erkannt haben, daß das Anerbenrecht keinen Gigenthũmer mebr beschränkt, als er es vorher war. (Sehr richtig! im Zentrum.) Man kann als Besitzer eines Anerbenguts von Todes wegen und unter Lebenden absolut ftei verfügen, und die einzige Bedeutung des An erbenrechts ist die, daß, wenn nicht verfügt ift, wenn der Eienthümer nicht einen anderen Erbgang will, nicht nach den Prinzipien des zmischen Rechts der Grund und Boden getheilt wird, sondern auf einen bestimmten Anerben vererbt wird, den übrigens auch der Eigen. thümer selbst bestimmen kann. Wo ift da also von einer Beschrãnkang des Eigenthums die Rede, der Wiedereinführung eines feudalen Dber⸗ eigenthumz, wie es Herr Professor Brentano bezeichnet? Alle diese verkehrten Anschauungen haben ja gar keinen Boden .

Aber, meine Herren, nun ist das doch auch nicht richtig, wenn Herr Dr. Hirsch sagt, daß die Freisinnigen Gegner des Renten guts erst geworden wären durch die Einführung des Anerbenrechts. 3n Gegentheil, lange vor Einführung des Anerbenrechts für die An siedlungsgũter, die obendrein noch eine besondere national politische Seite hatte, war gegen die Einführung der ablõsbaren Rente von Anfang an die ftelsinnige Partei in der unbedingtesten Weise; sie hielt die bloße Hypothek für die einzig pernũnft ige Verschuldunge form.

Nun bat sich gestern oder vorgeftern Herr Dr. Hirsch gegen mich berufen auf eine allerdings sebr bedeutende Autoritãt in der Agrarpolitik, nämlich auf den Finan/Minifter Buchenberger, und bat dargelegt, derselbe wäre eigentlich auch ein Gegner der Renten. Das ist allerdings schon vorgestern zur Aufklärung gelommen; aber es wird Herrn Dr. Hirsch doch interessant sein, daß der Minifter Buchenberger seine Aeußerungen über ibn gelesen hat. Ich kann den Brief nicht wörtlich vorlesen, weil ich dazu keine besondere Erlaubniß habe; aber ich kann doch sagen, daß der Minister in seinem Briefe sich dahin ausdrückt, daß die Behauptungen des Herrn Dr. Hirsch mehr als kühn genannt werden müssen. (Große Heiterkeit rechte.) Die ganze Rentengutegesetzgebung, sagt er, kennt keinen wärme ren Verehrer als mich. (Hört, bort! in. Zentrum.) Ich will nicht welter vorlesen; denn dazu würde ich mich kaum für ermächtigt halten. Aber der Minister fügt hinzu, das sei allerdings richtig, daß er die Rentengutsgeletzgebang nicht als die eintig zul ssige Form der Verschuldung ansehe. Das thun wir alle auch ; nicht, und ich habe es gestern noch ausdrücklich erklärt: Wir haben viele Landes theile, fär die diese Rentengutszesetzzebung nicht paßt; da wird man sich allerdings mit der Hypothek begnügen müssen. Aber so viel ist

klar, daß die Bezugnahme auf diese Autorltät sehr verfehlt war.