1900 / 79 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Mar 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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(Bz. Münster)

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Wildungen Wilbelmeberg b. Berlin

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Wilhelmshaven

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Wilbelmsthal (Thũring. )

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Eller (B. Důsseldorß Berlin Charlotten⸗ burg Friedenau Friedrichsberg b. Berlin Grunew ald (Bꝛ. Berlin) ichtenber b. Berlin Neu Weißen

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b. Berlin Plötzensee Reinickendorf

(Ost) Reinickendorf (West) Rixdorf Rummelsburg b. Berlin Schmargen⸗ dorf (Bz. Berlin) Schöneberg b. Berlin Stralau Tempelhof

Treptow

b. Berlin Wilmersdorf

b. Berlin Herten Westf.)

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land) Mülfort Odenkirchen

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b. Berlin Lichtenberg

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b. Berlin Stralau

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Wittenberg (Bj. Halle) Wittenberge Wöolferdingen Woippy

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Würgsdorf Wüstegiersdorf

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(Ort) Zeulenroda 2

(Bhf.) Ziegelhausen Ziegenhals

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(Bz. Potsdam)

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Zwickau ũSachsen

Zwötzen ( Elster)

Plöoͤtzensee Reinickendorf (Ost) Reinickendorf (Wesh Rixdorf Rummelsburg b. Berlin Sch margen⸗ dorf Bi. Berlin) Schöneberg 46 ö eg Stralau Tempelhof Treptow b. Berlin Westend München⸗ Gladbach Heldenbergen

Winkel (Rheingau) Oestrich

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Minden Westf.) Porta WPestphalica Annen Bom mern Crengeldanz Heven RKlein⸗ Wittenberg Weisen Saargemũnd Devant les⸗

GCassel Herrn beim DHorchheim (Rhein⸗ bessen) Pffffligheim Döhren (Hannover) Hannover Linden Wald hausen Hannover) Bolkenhain Dberwũste⸗ geiersdorf Bremerbaven Geestemũnde Poremba . ZZaborze Freiburg (Breisgau) Domb (Kr. Kattowitz) Kattowitz (Oberschl.) Zebdenick = Damm hast Zehdenick

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Clausthal Zeulenroda 2 6b.) Zeulenroda 1 ( Ort) Heidelberg Langendorf (Kr. Neisse) Erdmanns orf Schles.)

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Niederrlanitz Oberhobndorf Oberplanitz Zwickau

(Sachsen) Gera (Reuß) Pforten

(Reuß j. L)

B. Grenzverkehr zwischen dem Reichs⸗ Postgebiet und Bayern.

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. Lltenwꝛld D. Greniverkehr

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rücken) Württemberg. Sulzbach (Kr. Schnappach Neuulm Ulm Donau) Saar brũcken)

(Schwaben) Werthꝛim 2 Ulm (Donau) m

Neuulm (Schwaben)

Prenßischer Landtag. Herrenhaus.

6. Sitzung vom 29. März 1900, 11 Uhr.

Zur Berathung steht der Staatshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1900. ö

Die Etats- und Finanzkommission hat den Etat genehmigt und folgende Resolution empfohlen:

a die Staatsregierung aufzufordern, baldigst auf eine erböhte Dotction der Provinzialverbände Bedacht zu nehmen, bei welcher den den einzelnen Verbänden durch die Gesetzgebung der letzten Jahr; ebnte auferlegten neuen Lasten und der Lesflungs fähigkeit dieser Verbände Rechnung getragen wird;

p. die Staatsregierung zu ersuchen, sie wolle darauf Bedacht nebmen, daß Neuanlagen, für welche erbeblich: Aufwendungen in mehrfachen Jahresbeträgzen erforderlich werden, nicht nur du Ein⸗ stellung in den Etat, sondern durch besondere Gesetzentwürfe dem Landtage der Monarchie vorgelegt werden. ;

Von Herrn von Levetzow ist beantragt, in der Reso⸗ lution B hinter „Staatsregierung, einzuschalten: in Wahrung der Etatsrechte des Herrenhauses“.

Der Resolution a will Graf von Mirbach folgende Fassung geben:

Hie Staatzregierung aufzufordern, in der nächsten Sessisn dem Landtage einen Gesetzentwurf vor julegen, betreffend eine erhöhte Dotation der Provinnalverbände, bei welchem den den einzelnen Verbänden durch die Gesetzgebung ꝛc. (wie in dem Texte des Kom⸗ missionsvorschlages), ö ö ;

Eine Generaldiskussion wird nicht beliebt.

Die Spezialdebatte beginnt mit dem Etat der land⸗ wirthschaftlichen Verwaltung.

Graf von Mirbach; Wir haben keine Generaldiskussion ge⸗ wünscht, weil unsere Anliegen ebenso gut im Laufe der Spezial diskufflon vorgetragen werden können. Wenn ich jetzt als erster Redner zum Etat über die Bahn gehe, so möchte ich den Herrn Land⸗ wirthschaftz. Minister ersuchen, im nächften Jahre einen Betrag von 300 605 Æ für Tiefbobrungen in Ostvreußen in den Gtat eimnustellen. Es lagern zweisellos noch ungeheure Bodenschätze in den östlichen Provinjen. Welche Bedeutung die Entdeckung großer Sali und , ,. für die Landwirthschaft haben würde, brauche ich nur an⸗ zudeuten.

t Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ tein:

Meine Herren! Der Antrag des Herrn Grafen Mirbach bezieht sich anscheinend auf zweierlei; einmal wünscht der Herr Antragsteller Untersuchungen im Tiefbau, die namentlich feststellen sollen, ob Kali⸗ salze oder andere werthvolle Mineralien im Boden sich finden, andererseits auf geologische Untersuchung nach der Richlung, ob fich Mergel oder Kalk u. s. w. vorfindet. (Graf Mirbach: Nein, das scheidet aus) Was den letzteren Pankt betrifft, so hat die Ockono⸗ mische Gesellschaft in Königsberg die Mittel für einen zweiten Geologen zur Verfügung gestellt. Die letzterwãhnten geologischen Untersuchungen sind in vollem Gange.

Waz den ersteren Antrag des Herrn Grafen von Mirbach auf Tiefbohrungen betrifft, so gebört diese Frage zum Ressort des Handels Ministeriums.

Vize⸗Präsident des Staats⸗-Ministeriums, Finan -Minister Dr. von Miquel:

Ich wollte Herrn Grafen von Mirbach nur sagen, daß das Handels. Ministerium einen Betrag von 400 000 M für derartige Versuchsbohrungen eingestellt hat. Ich erinnere daran, daß in Ost⸗ preußen auch schon früher an drei verschiedenen Stellen Tiefbohrungen ausgeführt worden sind, aber ohne Erfolg. Vielleicht ist der Herr Handels. Minister in der Lage, sich daju ju ãußern, ob aus diesen oo 000 M auch einmal solche Bohrungen wie in Inowrazlaw in den zftlichen Provinzen ausgeführt werden sollen und können.

Zar Zeit werden wobl die vorhandenen Mittel dadurch in An⸗ spruch genommen sein, daß an anderen Stellen, wo wir ja direkt wissen, daß Bodenschätze vorhanden sind, derartige Versuche gemacht werden.

Ob nun gerade in diesem nächsten Jahre solche Tiefbohrungen zwecks Herstellung von Bergwerken und Bergwerksbetrieben stattfinden kznnen, weiß ich natürlich nicht, aber ich halte es durchaus nicht für ausgeschlossen.

Herr von Below Saleske kommt auf den Arbeiter nangel ju sprechen. Nach den bestehenden Vorschriften sei es nur dem land— wirtbschaftlichen Gewerbe gestattet, ausländische Arbeiter von Osten her einzuführen. Man solle gestatten, die ausländischen Arbeiter nicht nur der Landwirsbschast, sondern auch der Industrie diensthar zu machen, es würde dies den Zujug derselben ganz erbeblich verstärken.

Graf von Mirbach erwidert dem Finanz⸗Minister, daß in Ost⸗ vreußen bisher bloß eine Tiefbohrung stattgefunden habe, bei der man auch nur biz 30d im vorgedrungen sei.

Freiherr von Durant geht auf die Fldeikommißgesetzgebung ein. Mit Freuden habe er rie Ankündigung gelesen, daß das versprochene Reformgesetz demnäͤchst an den Landtag gelangen werde und daß der ausgearbeitete Entwurf die Wünsche, welche in einem Artikel der „‚Kreuj-Zeitung! seiner Zeit niedergelegt seten, bereits berũcksichtige. Er könne der Regierung für ihr Vorgehen in dieser wichtigen Sache nur lebhaften Dank auesprechen. In den Gegenden, in denen das Anerbenrecht noch nicht durchgeführt werden känne, lasse sich der Zweck auch durch die Bildung von käuerlichen Fideikommissen erreichen. Auf diefe und nicht auf die Bildung von Latifundien komme es den Freunden dieser Reform an.

Weitere Bemerkungen werden zum Landwirthschafts⸗Etat n n, An den Etat der Domänen verwaltung knüpft sich überhaupt keine Debatte.

Beim Etat der Forstverwaltung spricht

von Sperber seine Freude darüber aus, daß die Reglerung im anderen Haufe einen Gesetzentwurf zum Schutze der pritaten und Kommunal. Waldungen verspröchen habe; er wünsche, daß diese Vor⸗ lage in dieser Session erscheinen möge, sonst gingen auch die letzten

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größeren Prlvatwälder injzwischen durch Devastation ju Grunde, . wenn sich Gesellschaften zur Ausnutzung derselben zisammen⸗· Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗

Meine Herren! Das Zurückgehen der Waldungen in den oͤst⸗ lichn Pisvinzjen, namentlich in der Provinz Ostpreußen ist der Staatsregierung bekannt. Die Königliche Staats regierung ist zewillt, durch Ecwerb voa Oedländereien u. s. w. in dieser Prorirz den Staalswald zu vermehren. Auch ist der Königlichen Staatsregerung bekannt, daß vielfach bedenkliche Entwaldungen in den östlichen Pro⸗ vinzen durch private Erwerbsgenossenschaften eintreten, daß lãufiz

größere Forstabtriebeflächen im Privatbesitz nicht wieder aufgeorstet

werden und der Verödung entgegengehen. Eine eingehende Prifung dieser Verbältnisse, auch rücksichtlich der durch diese Erwerbs genssen⸗ schaften vorgenommenen Kolonisation wird in die Wege geleitet. An dieser Untersuchung wird sich sowohl das Finanz · Ministerium wie das Landwirthschaftz⸗Ministerium betheiligen. Die Königliche Stats⸗ regierung wird sorgsam erwägen, ob es geboten ist, gegen diese be⸗ denklichen Vorgänge, so weit nötbig, im Wege der Gesetzgebing einzuschr eiten. Diese Untersuchungen sind noch nicht ahe⸗ schlessen. Daß schon dem gegenwärtigen Landtage noch in dieer Session eia Gesetzentwurf vorzulegen ist, erachte ich für ausgeschlossn. Andererseits ist schon im Abgeordneten hause larauf hingewiesen, sich die Staat: r glerung darüber wird vergewissern müssen, ob in solcher Gesetzentwurf auch Autsicht auf Annahme im Landtage hat, a derselbe einen Eingriff in die Befugnisse der Privatforstbesitzer en⸗ halten muß. Die Staatsregierung wird, wie ich boffe, bereit sein. für die Aufferstung größerer Dedländereien im Prlvatbesitz erbeblich. Beihilfsmittel zur Verfügung zu stellen, muß dann aber auch ver⸗ langen, daß das, was mit Beihilfe des Staats geschaffen wird, auch dauernd erhalten und rfleglich behandelt wird. Jedenfalls darf ich die Zusicherung wiederholen, daß die Königliche Staatsregierung den be⸗ regten Gefahren volle Beachtung zuwenden wird und gewillt ist, auf finanziellem und legislativem Gebiet geeignete Maßregeln zu ergreifen. Daß dem Landtage schon in dieser Session eine Vorlage zugehen werde, vermag ich nicht in Aussicht ju stellen.

Graf von Mirbach: Lediglich der Staat ist in der Lage, durch seine Organe den Schutz der Landeskultur auf diesem Gebiete ersprießlich wahrzunebmen; der Prlyatbesitzer kann es nicht. Nach der „Schlesischen Zeitung“ sind die Landräthe mit einer schleunigen Diatiftik über den Umfang der Abholzung befatzt; es wäre sehr er wünscht. wenn diese Aufnahm? auch auf den äbrigen Osten der Monarchie ausgedehnt würde. .

Der, Land orstmeister Don ner; Die gleiche Aufforderung wie an den Ober, Praͤsidenten von Schlesien ist auch an die übrigen Ober⸗Präsidenten ergangen.

Zum Etat der Gestüt verwaltung bemerkt

Graf von Arnim -⸗Boitzenburg: Die Einfuhr amerikanischer Pferde hat erbeblich zugenommen; es ist auch kein schlechtes Material. Mit den billigen Preisen dieser Pferde kann die heimische Zucht schwerer Pferde nicht konkurrieren. Soll letztere aber existenzfäbig bleiben, so muß sie gegen diese amerikanische Konkurrenz geschützt werden! Die Einfuhr der amerikanischen Pferde ist bei uns nur an einen Ginfubrioll von 20 4 und eine dreitägige Untersuchung ge⸗ bunden; in Amerika dagegen beträgt der Zoll 170 1M und gilt eine neunziglägige Quarantäne. .

oer Landstallmeister Graf von Lehndorff: Die Angaben des Grafen Arnim sind vollständig richtig; solange aber die Zoll⸗ konventionen mit Amerika besteben, ist nichts daran zu andern. In allen landwirthfchaftlichen Körperschaften sind ja jetzt Verhandlungen darüber im Gaage, wie hoch der Zoll nach 1903 festjusetzen sein wird.

Graf voa Mirbach verbreitet sich über die Vorzüge des Georgen⸗ burger Gestüts, dessen Wiesen besonders werthvoll seien; es sei außer⸗ ordentlich erfreulich, daß dieser Besitz erbalten geblieben sei und der osspreußlschen Pferdezucht weitere Dlenste leifien werde. Alle Ost—⸗ preußen, welche sich für die Pferdezucht interessterten, müßten der Regierung dafür ihren Dank aus sprechen. . ö

BVeuͤn Etat des Finanz⸗-⸗Ministeriums wird über die von der Kommilsion vorgeschlagene zweite Resolution und das dazu eingebrachte Amendement des Herrn von Levetzow

verhandelt.

Referent Graf von Kön igsmaxrck weist auf die mehrfachen großen, sich auf mehrere Jahre erstreckenden Bewilligungen hin, welche neuerdings im Etat flüssig gemacht würden, sodaß das Herren haus vor die Zwangslage gestell! werde, diesen Forderungen einfach zujustimmen, obwohl dadurch feine Gtatgrechte beschraͤnkt würden. Irsbesondere erinnert der Redner an die Ausgaben für den Bau des Emdener Hafens.

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:

Ja, meine Herren, die Resolntlon berührt eine sehr schwierige Frage, nach meiner Meinung auch eine Verfassungsfrage. Unsere Verfassung schreibt vor, daß das Herrenhaus den Etat nur im Ganzen annehmen oder verwerfen kann, entzieht also der Beschlußfassung des Herrenhauses die einzelnen Positionen des Etats. Ob das richtig war, ob es sich in der Praxis bewährt hat, ob man nicht wünschen kann, daß bier Modifikationen verfassungsmäßig durch Aenderung der Verfassung eintreten können, das ist eine Frage, die nicht hierher ge⸗ bört. Wir haben hier nur zu fragen: Was ist Verfassung? In diesem eben bezeichneten klaren und unzweifelhaften Sinn ist nun seit Emanation der Verfassung verfahren. Der Herr Berichterstatter sagt: wir wollen nicht mehr haben, aber auch nicht weniger, aber er ver⸗ langt ein Mehr. Niemals sind über außerordentliche Ausgaben, die in den Etat gehören, die nicht durch Anleihen gemacht werden, besondere Gesetze eilassen. So ein Gesetz, wenn es eine Etatsposition begleitet, oder wenn eine Etatsposition von dem Zuftandekommen des Gesetz : abhängig gemacht wird, wie das in diesem Falle jetzt in Schlesien und bei der Weichsel jutrifft, ist nur dann erlassen oder vorgeschlagen, wenn Rechtsderhältnisse außerhalb dꝛr EGtatspositionen zu ordnen waren, 1. B. wenn es sich um Rechte Dritter handelt, und wenn die Etats positloa also nur die Begleiterin des Gesetzes war. Das werden Sie finden, wenn Sie das schlesische Gesetz bekommen, das eine große An⸗ zabl gesetzlicher Anordnungen enthält, die nur duich Gesetz und nicht durch den Etat getroffen werden können und von deren Vereinbarung jwischen der Regierung und dem Landtage das Recht der Veraut⸗ gebung der Etatspositionen abhängig ist. Genau so ist es bei der Weichsel, denn da wird ja in diesem Gesetz nicht nur über Geld dez Staatz verfüct, sondern auch über Mittel derjenigen, die in einer bestimmten Höhe herangezogen sind. Da ist natürlich ein Gesetz noth⸗ wendig. Aber eine bloße extraordinäre Ausgabe, die naturgemäß in den Etat gehört, die einen Theil des Ganen des Ctats bildet, kann man nicht durch Gesetz beschließen lassen. Es heißt in der Resolution die Königliche Staatsregierung wolle darauf Bedacht nehmen, dah Neu⸗ anlagen, für welche erhebliche Aufwendungen in mehreren Jahresraten erforderlich werden u. . w. Erheblich, la, meine Herren, was ist

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denn erheblich? Wie kann man da irgend mil Bestimmtheit unter · scheiden? Das hohe Herrenhaus versteht vlellticht unter erheblich etwaz gan Anderes als die Staatgreglerung. Wir würden vielleicht dahin kommen, daß wir im Justij · Etat jedes Amtagerichtsgebãude für erheblich halten. Damit ist nach meiner Ansicht schon praktisch geboten, um Differenzen auzzuschließen, die Resolution abzulehnen. Der Herr Berichterftatter sagt: wenn wir die erste Rate von solchen größeren Auggaben, wie sie auf mehrere Jahre vertheilt werden, bewilligen, dann sind wir ja gebunden für die folgenden Jahre. Ganz dasselbe ist aber im Abgeordnetenbause der Fall. Jede erste Rate enthält für verständige Menschen die Genehmigung des ganzen Projekts, nur werden die Ausgaben auf verschiedene Jahre vertheilt. Es kann jr vorkommen, daß man hinterher erkennt: das Projekt war so unvernünftig, daß man cg lieber als Ruine stehen lassen will. Mir ist das aber in der Praxis noch nicht vorgekommen. Sollte es aber vorkommen, meine Herren, so kommt es ebenso gut für das Abgeordnetenhaus vor, wie für das Herrenhaus. Also darauf kann gar kein Gewicht gelegt werden, daß die Stellung des Herrenbauses in dieser Beziehung eine andere ist. Meine Herren, ich kann mir allerdings Fälle denken, wo es erwünscht ist, auch für die Regierung, ein spezielles Votum über die bestimmte Sache von beiden Häusern des Landtages zu erhalten. Ich kann mir das sehr wohl denken, und man kann ja in solchen Fällen vielleicht Wege finden, diese Ausgaben durch ein besonderes Gesetz ju sordern. Ich will auch garnicht sagen, ob in dem Falle, der hier vorliegt und der die Kommission des Herrenhauses besonders zu dieser Resolution geführt bat, nämlich die Erweiterung des Baues des Hafens von Emden und die Vertiefung der unteren Weser, ob nicht da vielleicht die Form des Gesetzes von der Königlichen Staaatsregierung bätie gewählt werden können. Es ist aber von der Regierung so angesehen worden und namentlich im Miniflerium der öffentlichen Arbeiten —, daß es sich doch nur um die Ergänjung und Vollendung eines bereits beschlossenen Baues handelt. Od man damals bei der Beschluß—⸗ fassung Über die Herstellung des Dortmund · Ems ⸗Kanals sich den Hafen von der Größe und Bedeutung gedacht bat, wie er jetzt hergestellt werden soll, ift allerdings zweifelhaft. Ich glaube es nicht, daß man an einen so umfangreichen Hafen gedacht hat. Nun ist aber in den 10 Jahren, in denen der Bau fortgeschritten ist, die Schiffabrt, die Größe der Schiffe geändert, und daher ist es doch schließlich nur eine Ausgabe, die den Zweck wirklich möglich machen soll, der bei der Bewilligung des ganzen Kanals den beiden Häusern des Landtages vorgeschwebt hat. Meine Herren, ich kann also nur sagen, in jedem Falle wird es möglich sein, ohne die Verfassung irgendwie zu tangieren, jährlich Ausgaben durch Gesetz sich bewilligen zu lassen, aber das kann die Frage jedenfallz nicht treffen, ob man die Ausgaben durch eine Anleihe decken oder aus den laufenden Mitteln des Etats machen soll. Man würde in diesem Falle also, damit das Haus im einzelnen mit⸗ wirkt, ein Gesetz machen müssen, in dem es beißt: es wird beschlossen, den Hafen in Emden nach dem vorliegenden Plane auszubauen, und es kommt das Gesetz zu stande, wenn die betreffende Position, welche aus den laufenden Mitteln des Etats gedeckt werden soll, zur Bewilligung kommt; oder umgekehrt: die Position ist nur dann bewilligt, wenn das Gesetz zu stande gekommen ist. Das ist ein Verfahren, was wir bisher allerdings in dieser Weise noch nicht gehabt haben. Die gesetzliche Möglichkeit liegt ja vor, und wenn dies hohe Haus diesen Antrag beschließt, so wird man ja um so mehr die Aufmerksamkeit darauf richten, ob im einzelnen Falle eine solche Form angebracht ist, die aber nur den Zweck baben kann, die Mitwirkung des Herrenhauses, die in vielen Fällen auch erwünscht ist, erst möglich zu machen. Es ist aber ein böchst künstliches Verfahren. Aber diese allgemeine Resolution, sogar mit dem Bemerken zur Wahrung unserer verfassungsmäßigen Rechte“, kann nach meiner Meinungzunmöglich in der Praxis durch⸗ geführt werden, und wir werden auch fortwährend auf die größten Uneinigleiten stoßen, wenn in einem einzelnen Falle das Wort erheblich“ interpretiert werden soll. Nennen Sie mir die Fälle, wo Sie be⸗ sonders wünschen, daß durch eine Verbindung mit einer Gesetzesform die Mitwirkung des Harrenbauses erst ermöglicht werde. Können Sie mir durch eine solche Definition vollständig Klarheit geben, dann wäre ja die Frage für die Regierung viel eher zu erledigen. Wie sich die Sache in der Praxis verhalten wird, kann ich nicht sagen, aber ich muß das bestimmt zurückweisen, daß es sich hier um Wahrung verfassungs mäßiger Rechte handelt. Die Staatsregierung ist berechtigt, alle Ausgaben und Ein nahmen in den Etat zu bringen, und ist das geschehen, ist der Etat vom Landtag genehmigt, so nitt die Bestimmung der Verfassung von selbst ein: das Herrenhaus kann nur im Ganzen annehmen oder verwerfen. Wenn also in dieser Beziehung behauptet wird, das bisherige, seit dem Jahre der Emanation der Verfassung beobachtete Verfahren wäre eigentlich nicht verfassungsgemäß gewesen, so kann ich mich auf diesen Standpunkt in keiner Weise ftellen. Ich glaube, meine Herren, es wäre genügend, wenn Sie durch diese Diskussion klargestellt haben, daß Sie in wichtigen Fragen, auch bei Einzelbewilligungen, gern eine Form bätten, die Ihre Mitwirtung für den einzelnen Fall ermöglicht. Aber eine solche Resolution zu beschließen, die so, wie sie da ist, nach ihrer Genehmigung eber schaden als nützen kann, und innerlich voll⸗ ständig unklar ist damit ist nichts gewonnen. err von Levetzow: In der Regel wurden bisher Neuanlagen auz Änleihen beftritten. Früber hatten wir ein sehr kleines Extra⸗ ordinariura; jetzt baben wir ein sehr großes. Das Abgeordnetenhaus kann jetzt die groß utigften Neuanlagen beschließen, und das Herren⸗ baus dat das Nachseben. Die Regierung soll ja auch bloß Bedacht darauf nehmen, daß das Herrenhaus nicht mehr durch solche großen Inanfpruchnahmen mundtodt gemacht wird, Wir bewilligen ja dlese gz Millionen für den Emdener 6 ohne Murren; bei gegenseitigem äten Willen muß sich eine Einigung herstellen lassen. Nach der beorie der Regierung könnte auch der Mittelland · Kanal ohne

, n werden, wenn es sich nicht dabei um Beitrge Dꝛiitter andelte. Dr. Freibert Lucius von Ballhausen: Die Resolution hat keinen aggressiden Charakter. Die Königliche Staatsregierung soll nur in jedem einzelnen Fall in eine Prüfung eintreten. Wir haben den Wunsch, daß es bei, dem bestebenden Etats recht bleiben möge; pon cinem Eingriff in die Rechte der Krone kann nicht die Rede sein. Ich bitte um die Annahme der Resolution in der Form, welche ihr Herr von Levetzow gegeben hat.

Die Resolution wird in der Fassung des Antrags von Levetzow mit beträchtlicher Mehrheit angenommen.

Zum Etat de allgemeinen Finanzverwaltung liegt die zwecks Erhöhung der Provinzialdotationen von der Kommission vorgeschlagene Resolution vor.

Referent Ober ⸗Bürgermeister Dr. Giese verweist auf die große nebereinftimmung, welche sich in der gestrigen Debatte über die Zwangserfiebung bezuglich dieser Frage herausgestellt und ihren

. in der einstimmigen Annahme des Antrags deg Grafen

trbach gefunden babe. Mit der gestrigen Beschl fassung sei die

Beim Etat der Verwaltung der direkten Steuern erklärt auf eine Anregung des Generalberichterstatters Grafen von König smarck der .

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz Minister Dr. von Miquel:

Beide Interpretationen kann ich nicht als richtig anerkennen. Meine Aeuherung hatte gar keine bestimmte Tendem, weder die Steuer⸗ pflichtigen ju entlasten oder mildere Bestimmungen zu erlassen, noch die Bestimmungen zu verschärfen, die Steuenpflichtigen stärker heran zuziehen. Es sind einzelne Punkte hervorgetreten, wo wir eine Revision der Bestimmungen für zweckmäßig erachten; aber wir halten es nicht für zweckmäßig, jetzt schon zu einer solchen Revision überzugehen. Sie ist verfrüht und führt leicht zu Aenderungen, die man nachher wieder ändern muß. Deshalb haben wir gesagt, es ist nicht erwũnscht, einzelne Punkte berauzzugreifen und darüber große aufregende Steuer⸗ debatten hervorzurufen, sondern, wenn wir revidieren, so müssen wir nach längerer Zeit revidieren, wo wir gam sichere Erfahrungen haben und wo wir alle diese verschiedenen Punkte zusammenfassen, namentlich auch die verschiedenen Entscheidungen des Oberverwaltungẽgerichts über zweifelhafte Fragen berücksichtigen, sodaß wir dann eine bestimmte Gesetzgebung haben. Weiter habe ich nichts sagen wollen; weder nach der einen noch nach der anderen Richtung hin sollte es eine be⸗

stimmte Tendem sein.

Freiherr von Durant weist auf die aus der Statistik der Steuerveranlagung sich ergebende Thatsache hin, daß die Lage der lãndlichen Arbeiter keine unbefriedigende ist, während das Proletariat in den Städten junimmt, daß andererseits aber auch die Zahl der Höchstbefteuerten und deren Einkommen selbst in rapider Steigerung begriffen sind. Für die bevorstehenden statistischen Aufnahmen wunscht der Redner einen befonderen Nachweis darüber, wie piele nicht physische Personen bei der Veraalagung neu hin zugekommen, wie viele dagegen verschwunden sind. Ferner müßien die Zahlen der Zensiten nach den einzelnen Steuerstufen genauer angegeben Derden. Der Kapitalismus setze seine den Mittelsftand aufsaugende Wirkfamkelt leider in uneingeschränktem Maße fort; es komme darauf an, die wirtbschaftliche Entwickelung gerade in umgekehrter Richtung zu fördern. Es sei in hohem Maße zu beklagen, daß bei dem sonstigen Auffchwung der wirthschaftlichen Verhältnisse der Mittelstand, leer auzgebe, sowobl auf dem Lande, wie in den kleinen Städten.

Geheimer Ober Finanjrath Wallach: Die umfangreichen Aus arbeitungen des Statistischen Bureaus, von welchen die dem anderen Hause zugegangene Drucksache nur ein gedrängter Extrakt ist, ent⸗ halten berelte, abgefehen von den nicht physischen Prsozen, dasjenige, wag der Vorredner kennen zu lernen wünscht. Sowohl in der unteren, wie in den mittleren Einkommensteuerstujen ist ein erfreuliches Auf⸗ rücken, und zwar sowohl auf dem flachen Lande, wie in den kleinen Städten, wahrjunehmen. Der Nachweis über den Zu⸗ und Abgang von nicht physischen Personen in jedem Jahre wird nicht gegeben werden können. .

Graf von Kleist ⸗Schmenzin kommt auf die von ihm schon vor drei Jahren vorgetragenen Beschwer den über die angebliche Härte bei der Steuereinschätzung jurück. Damalt habe der Finanz Minister Abhilfe versprochen; es sei aber noch jetzt, neun Jahre nach dem Jakrafttreten des Einkommensteuergesetzes, nicht das Mindeste geschehen. Man kabe den Eindruck, als solle absolut nichts an dern Gesetz geändert werden. Man wolle nicht etwa eine Herabsetzung der Steuer, sondern die Klage richte sich nur gegen die Belästigungen, denen die Zensiten ausgesetzt seien und blieben. Der Redner fragt den Finanz⸗ Minifter, wann derselbe eine Novelle zu dem Gesetz vorzulegen ge⸗ denke. Sodann betont der Redner die Unzulänglichkeit der Besetzung der Einschätzungskommissionen, die die ihnen obliegende Arbeit bei der anschwellenden Waffe der Reklamationen absolut nicht mehr bewältigen könnten. Die Fragebogen der Einschätzung seien die reine Inquisition; es gebe iahlreiche Zensiten, auch Mitglieder des Herrenhaufts, welche lieber mehr Steuern bezahlten, als sie nötbig bkätten, bloß um dieser Inquisition zu entgehen. Man möge also nicht

Refolution wohl als erledigt anzusehen.

glauben, daß die Mehrbeträge der Veranlagung lediglich durch

kie Beanstandungen der Steuererklärungen berauggeschlagen seien. Die genauen Angaben der Denkschrift über die Hinterziehung von Steuern beleuchteten ein trauriges Kapitel, da anscheinend diese Hinter⸗ ziehungen, 164 900 M, in der Hauptsache von begüterten 3mnsiten be⸗ gangen seien. Nicht umsonst weise doch auch der Etat zur Erstattung zu viel erhobener Steuern die enorme Summe von 800 000 4 auf; diese Summen bätten die Zensiten erst auf dem Wege des Prozesses vom Fiskus zurückluerlangen suchen müssen. Das sei ein vollgültiger Bewelg für die byperfizlalische Ausführung des Einkommensteuer⸗ gefetzes. Eine ganze Anzahl boher Beamten habe ihm versichert, daß hre ganz ehrlichen, strupulösen Steuererklärungen beanstandel worden seien. Der Redner ersucht um eine Statistik der zurück Jezahlten Be⸗ träge überbobener Steuern.

Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:

Meine Herren! Ich kann heute unmöglich sagen, wann eine Re⸗ vision einzelner Bestimmungen des Ginkommensteuergesetzes nach den gemachten Erfahrungen vorgenommen wird. Ich will nur daran er⸗ innern, daß das Gesetz nicht allein von der Regierung, sondern auch hier von diesem bohen Hause wenn ich nicht irre, sogar einstimmig, jedenfalls aber obne wesentliche Opposition angenommen worden ist. Meine Herren, ich kenne wohl einlielne Punkte, die der Revlsion bedürfen; machen Sie sich aber keine Hoffnung darauf, daß die Revision eine Abschwächung der Bestimmungen über die Prüfung der Steuererklärungen bringen wird. Solange man die Ginkommensteuer beibehält und sie nicht gänilich aufbebt, kann die Deklaration allein nicht entscheidend sein, sondern eine Nachkontrole ist unbedingt nothwendig, wenn wir nicht in schlimmere Zustände gerathen wollen, als zur Zeit des alten Einkommensteuer⸗ gesetzes. Ganze Millionen, meine Herren, die, leider muß ich sagen, zum großen Theil absichtlich hinterzogen wurden, ohne daß wir die Dinge verfolgt baben, sind durch diese Nachprüfung zum Vorschein gekommen, die dem Steuerfiskus entgangen sind. Wenn man ein so feines Steuersystem hat, wie wir es letzt allerdings haben, welches die große Aufgabe sich stellt, gleichmäßig nach Maßgabe des wirklichen Reineinkommeng und der Leistungsfähigkeit die Menschen ju besteuern im Staat, so wird man immer genöthigt sein, eine scharfe Kontrole zu handhaben, denn es wäre eine große Illusion, zu glauben, daß eine verschwindende, garnicht in Betracht kommende Minorität nur sich verrechnete zu Gunsten des Fiekus und die Verrechnung zu Gunsten des Zensiten unterbleiben würde, so etwas giebt es nicht! (Heiterkeit h Also eine Revision wird in diesen Garantien, die wir haben, keine Abschwächung eintreten lassen, eher eine Verschärfung (Heiterkeit), sonst kommt es dahin, wie im Jahre 1890/91, wo plötzlich 40 000 00 Steuern mehr einkamen von bis dahin verborgen ge⸗ bliebenen Einkommen. Wer irgend ein Verständniß bat von dem, was das bedeutet, der wird sich nicht wundern, daß es gerade die reichsten Leute waren, die nicht nach ihrem Einkommen versteuert wurden, well ihre Verhältnisse schwerer zu übersehen find, während man bei den kleineren und mittleren Leuten sich wohl ein biechen irren kann,

im großen Ganzen läßt fich aber viel leichter festftellen, was sie haben. Wer diese Verhältnisse richtig beurtheilt, der wird verstehen, was es bedeutet, daß um diese 10 O00 oo nicht versteuerten Einkommens die Einnahmen des Staats sich vermehrten.

Gewiß sind damit Belästigungen verbunden, und wir werden sie nie ganz los werden, unter keinen Umständen. Das Gesetz profla⸗ miert eben die Bürgerpflicht, daß der Steuerpflichtige mitwirken soll bel der richtigen Veranlagung der Steuer bezüglich seines eigenen Ein⸗ kommentz. Wenn Sie daä aufheben, dann heben Sie die Einkommen steuer auf oder machen die Einkommensteuer zu einem Schein, der das Rechtsgefübl im Lande aufs äußerste verletzen wird.

Ich habe vom Herrn Grafen Kleist Vorschläge, wie er es nun machen will, eine korrekte und richtige Veranlagung herbezuführen, ohne, wie er es nennt, „Belästigung der Einzelnen“ nicht gehört. Nur zwei Vorschläge, die sich direkt widersprechen, sind gemacht. Er sagt, die Berufungekommissionen prüfen garnicht gründlich, können das auch garnicht, weil die Sachen zu massenhaft sind, und dann sagte er gleichjeitig: Nicht der Vorsitzende müsse die wesentliche Prü⸗ fung machen, sondern die ganze Kommission.! Ja, meine Herren, wie lange wollen Sie denn die Kommission zusammenhalten? Dann müßte sie das ganze Jahr hindurch sitzen.

Meine Herren, wir haben früher im Finanz ⸗Ministerium an Be⸗ schwerden lediglich über die Klassensteuer die Einkommensteuer kam nicht in Frage im letzten Jahre vor der Steuerreform über 18 000 Beschwerden gehabt, und jetzt sind nur noch eingekommen 6000 bis 7000 Beschwerden. Daß früher also viel mehr cavalièrsment diese Dinge behandelt wurden, das ergiebt sich aus diesen Zahlen ganz von selbst, heute werden die Dinge viel genauer geprüft als früher. Wenn auf daz Finanz ⸗Ministerium, was soast doch schon genügend beschäftigt ist, auf einmal 18 000 Beschwerden aus dem Lande herabstürzen, ja, meine Herren, wie da verfahren ist und auch verfahren werden mußte, das brauche ich garnicht auseinander zu setzen immer vorausgesetzt, daß dabei mit derjenigen Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit verfahren sein soll, die überhaupt mözlich ist.

Meine Herren, Herr Graf von Kleist will nun die Ergebnisse der Berufungen kennen. Ja, die sind gedruckt, die sind auch im Buch⸗ handel, die kann der verehrte Herr Graf sich jeden Tag im Buch⸗ handel erwerben. Wir können sie aber auch hier mittheilen; sowie in dieser Besiehung ein Wunsch ausgesprochen wird, sind wir voll kommen bereit, sie mitjzutheilen. Sie werden daraus ersehen, daß die Berufungen fortwährend abnehmen, obwohl in vielen Kreisen die Zabl der Berufungen, denen stattgegeben wird, wachsen. Daraus geht erst recht hervor, daß die Abnahme der Berufungen nicht darauf beruht, daß, was gewiß bei Einzel nen vor⸗ kommt, man die Weiterungen, die mit der Berufung verbunden sind, scheut, sondern daß, wie wir behaupten, die Richtigkeit der Ver⸗ anlagung von Jahr zu Jahr wächft mit der größeren Erfahrung der Behörden und der größeren Sachkenntniß der Zensiten, die früher auch unwissend und wider ihren Willen große Fehler bei der Ver⸗ anlagung gemacht haben.

Andererseits meine Herren, ist die Klugheit der Zensiten, ihre Steuern möglichst herabzudrücken, wenn auch mit gesetzlichen Rechts⸗ behelfen, da Absichten nicht verboten sind und auch nicht verboten werden können, auch eminent gewachsen. (Hört! hört h) Es wird an erwachsene Kinder, ohne jeden anderen Grund als um die Steuern zu vermindern, das Vermögen unter Lebenden vertheilt, und viele Kinder und Söhne, wenn sie davon unterrichtet sind, schließen schriftliche Alimentation verträge mit den Eltern ab, die abgejogen werden können, während andere, die ohne Kenntniß davon sind, die Benevolenz des Gesetzes nicht genießen. Es giebt hier aber eine gewisse Grenze, und es entsteht eine Art permanenter kleiner Krieg zwischen den Zensiten und den Behörden, die sich verpflichtet halten, solche Kunst⸗ stücke möglichst zu bekämpfen.

Meine Herren, das weiß nicht bloß der eigentliche Fiskus und dessen Vertreter, die Staatsbehörden, sondern die Kommunen klagen ebenfalls darüber. Mit wieviel Vertretern von Kommunen habe ich nicht darüber gesprochen und die Klagen gehört; denn eine Steuer— entziehung, auch eine gesetzlich nicht verbotene Verringerung der Steuern, trifft keineswegs bloß den Staat, sondern auch alle Kom⸗ munalverbãnde.

Meine Herren, es ist vorgeschlagen, man solle die Steuern ver⸗ anlagen nicht nach dreijährigem Durchschnitt bei schwankender Ein⸗ nahme, sondern nach einem Jahresergebniß. Meine Herren, der Fiskus würde dagegen nichts zu erinnern haben, und wir werden ja bei einer Revision diese Frage prüfen. Wie die Kommunen aber dabei zu stehen kommen, in welche schwankenden Verhältnisse die Kommunen dabei gelangen können, das werden Sie schon ernst erwägen, nament⸗ lich die verehrten Vertreter der Städte, wenn ein solcher Vorschlag gemacht ist. Da kann es leicht vorkommen, daß ein Jahretzergebniß einer großen Industrie so ungünstig ist, daß eine mäßig große Stadt mebr als ; ihrer ganzen Einnahme verliert. Ich glaube nicht, da wir solche Gesetze machen können, aus Rücksicht auf die

Bequemlichkeit der Zensiten, wenn wir so große Rücksicht auf die gesammten Kommunen zu nehmen haben.

Meine Herren, kritisieren, das wird mir Herr Graf Kleist zu⸗ geben, sagt ein altes Sprichwort, ist leicht, besser machen ist schwer. Er hat aber zugegeben, daß, was in der Ausführung, in der Be⸗ kämpfung unnöthigen, kleinlichen Verhaltens, taktlosen Vor⸗ geheng u. s. w. gescheben kann, von mir nicht bloß jetzt durch die eben erlassene allgemeine Aueführungzbestimmung, sondern durch eine Reibe derartiger publizierter allgemeiner Zirkulare und ohne Publikation noch viel mehr gescheben ist. Also in der Ausführung wird es nicht mangeln. Wenn die Klagen nur gegen mich gerichtet wären, so würde man die Hoffnung haben, daß mein Nachfolger etz besser macht. Aber diese Klagen sind ja garnicht erhoben. Was geschehen kann, um unnütze Belästigungen zu verhindern, ist von der Zentralstelle aus ge⸗ schehen, und ich bin überzeugt, daß in dieser Beziehung die Behörden sich immer besser einarbeiten werden und Kleines unterscheiden vom Großen. Aber, meine Herren, die Grenze ist sehr schwer zu ziehen; dazu gehört eine große Einsicht, nicht bloß der einzelnen Vorsitzenden, und deren Personen sind zahlreich, sondern auch der Kommissionen, die kaufig viel weiter geben als die Vorsitzenden. Aber es gehört noch viel mehr dazu: daß man nlcht bloß nach oben, sondern auch nach unten versteht, eine richtige Grenze zu balten. Ermahnungen an die Behörden, daß sie lax sein, überhaupt nicht mehr zuseben sollen, würde uns bald in die alten Zustände führen. Glauben Sle, daß die treuen und ge— wissenhaften Männer, die diese Sache auszuführen baben, nicht es be⸗ quemer fänden, die Sache laufen zu lassen, einfach die Deklarationen