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Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Hier liegt ein Antrag vor von einer ganz eminenten Tragweite in seinen Folgen, und ich bin daher natürlich als einziger Minister gar nicht in der Lage, mich über diesen Antrag zu äußern, das wird lediglich Sache des Staats⸗-Ministeriums sein. Ich möchte nur das hohe Haus, von dem ich ja nicht zweifle, nach der Haltung der verschiedenen Parteien in der Kommission, daß es den Antrag annehmen wird, auf die Natur und Konsequenzen dieses Vorganges aufmerksam machen.
Meine Herren, die zwei Millionen sind entweder eine Begünstigung unberechtigter Weise für eine einzelne Stelle, beispielsweise für Bielefeld, oder aber sie werden sich verwandeln in Milliarden. So ist die Lage. Ich stehe doch nicht in dem Rufe, daß mir die Wohnungsfrage gleichgültig ist; aber ich muß doch sagen, wie viel auch noch auf dem Gebiete des Wohnungswesens zu geschehen hat, daß wir in der vollen Bewegung sind, durch ein Zusammenwirken privater Kräfte, der Arbeitgeber, der Kommunen, des Staates, wenigstens für seine eigenen Arbeiter, der Ver⸗ wendung großer Mittel der Versicherungsgesellschaften für die Be⸗ friedigung des Wohnungsbedürfnisses vorwärts zu kommen, daß wir immer mehr diese große Aufgabe auf der Tagesordnung haben, und daß man sich fragen muß, ob es in dieser Richtung und in diesem Augenblick absolut nothwendig ist, den Staat für das Wohnen der Menschen verantwortlich zu machen. Denn das ist nach meiner Mei⸗ nung die Entscheidung.
Wenn sich überall Genossenschaften — das ist ja heutzutage nach dem Genossenschaftsgesetz sehr leicht — zusammenthun, einen Bau—⸗ verein bilden — die Vermehrung der Wohnungen ist sast überall ein Bedürfniß, jedenfalls die Verbesserung der bestehenden Wohnungen, Neubau an die Stelle der alten, ungeeigneten Wohnungen —, so werden die Anforderungen an den Staat ins ganz Ungemessene wachsen. Das kann garnicht ausbleiben, man kann sich da garnicht beschränken, wie der Herr Vorredner meint, denn sonst ist dieses Ein⸗ treten des Staats eine Ungerechtigkeit für den einen und eine Be— günstigung für den anderen. Die Frage steht wirklich so, daß Sie hiermit die Verantwortlichkeit für das Wohnen der Menschen auf den Staat abwäljen. Ich will das noch garnicht kritisieren; man könnte ja sagen: die sozialen Entwickelungen sind so beschaffen, daß der Staat das übernehmen muß. Ich will die Frage garnicht entscheiden, ich habe die Befugniß auch garnicht dazu, aber daß diese Konsequenz aus dieser Frage hergeleitet werden kann und aller Wahrscheinlichkeit nach hergeleitet wird, das ist garnicht jweifelhaft.
Meine Herren, in den Städten — das hat der Herr Vorredner selbst gewissermaßen zugestanden — ist das, was hier gefordert wird, ein Haus und ein Garten, überhaupt nicht möglich. Das allein würde schon eine ganz bedenkliche Wirkung des Antrages sein. Nun aber auf dem Lande! Ich will mal sagen, zehn Gatsbesitzer thun sich jusammen zu einer Genossenschaft, bauen ihren Arbeitern Häuser, das sollen ja nun Rentengutteigenthümer werden. Glauben Sie, daß Sie die Leute dadurch halten, daß Sie Ihnen eine Wohnung geben mit Renten belastet und einen Garten? Sie müssen ihnen Land geben! Dann werden die Leute wirklich bleiben, weil sie dann das Gefühl einer gewissen Selbständigkeit bekommen. Und welches Risiko für die Leute, ein solches Eigenthum zu nehmen, was sie nicht verwerthen können, wenn ihre wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse den Abzug erzwingen! Sie machen gerade durch eine solche Methode die Leute von der Scholle abhängig, und darauf werden sich diese größtentbeils nicht einlassen. Auf dem Lande scheint mir danach die Sache noch viel zweifelhafter zu sein.
Wir haben immer mittlere und kleinere Besitzer durch unsere Gesetzgebung gründen wollen. Hier sollen wir Leute ansiedeln bloß mit einer Wohnung (Abg. Im Walle: Und Garten!) — und Garten: ja, der entscheidet aber nicht, verehrter Herr, absolut nicht; sondern die Abhängigkeit bleibt von dem Garten ganz unberührt.
Ich will tiefer auf die Sache gar nicht eingehen.
Ich möchte nur das hobe Haus aufmerksam gemacht haben, zu welchen Konsequenzen Sie mit diesem Antrage kommen.
Nun haben eine große Menge Arbeitgeber mit eigenen Kosten, mit eigenen Mitteln sowohl in der Stadt wie auf dem Lande für die Wohnungsbedürfnisse selbst gesorgt. Diejenigen, die zurückgeblieben sind, bekommen nun hier die Staatshilfe. Die Verwendbarkeit in Stadt und Land wird ganz verschieden sein. Was soll alles aus solchen Interessenkonflikten werden? Davon bin ich überzeugt: wenn
wir zwei Millionen hier für diesen Zweck bewilligen, so muß der
Staat weiter gehen; denn er kann nicht einzelne Fälle, die ihm be⸗ sonders am Herzen liegen, heraussuchen; dann kommt Las grohe Gebiet der Berufungen, der eine beruft sich auf den andern, was dem einen recht ist — tritt dann hervor — das ist dem andern billig.
Also so sehr ich von der wohlwollenden Absicht der Antrag—⸗ steller überzeugt bin, möchte ich doch bitten, meine Herren, nüchtern diese große Frage in Erwägung zu zieben. Jedenfalls wird die Staatsregierung das thun und sich alle Konsequenzen vergegen—⸗ wärtigen müssen. Wir schiffen da allmählich in ein Gebiet der Erweiterung der Staats verantwortlichkeit und der staatlichen Auf— gaben, das, glaube ich, vielen von Ihnen, wenn Sie es recht durch⸗ denken, recht bedenklich werden muß. Wir kommen auf ein sozialistisches Gebiet, was in dieser Beziehung doch zu betreten, man sich zehnmal besinnen sollte.
Ich kann es mir lebhaft denken, daß ein Freund unserer Arbeiter⸗ wohnungen gern die Sache erleichtern würde. Ich verkenne die guten Absichten der Herren garnicht; aber ich warne davor, in dieser Be⸗ ziehung so leicht vorzugeben. Wenn Sie der Staatsregierung einen Antrag unterbreiten wollen, diese Frage nochmals in eingehende Er⸗ wägung zu ziehen und nach allen Richtungen ju prüfen, so wäre das ja viel unbedenklicher. Aber gleich einen Gesetzentwurf formuliert hier als Initiativantrag der Staatsregierung vorzulegen, davon möchte ich doch abrathen.
Wie gesagt, eine entscheidende Meinung kann ich über die Sache nicht abgeben; ich bin dazu nicht berechtigt, da alle Ressorts obendrein bei der Frage betheiligt sind. Ich muß mir daher vollsländige Freiheit vorbehalten, wie die Staatsregierung demnächst beschließen wird.
Abg. von Riepenbausen (kons): Wir wissen alle, welchen Einfluß der Vize⸗Präsident des Staats. Ministexiums in Preußen und im Reiche hat; ich hätte deshalb gewünscht, daß wir seine Ansichten bierüber kennen gelernt hätten. Wir erwarteten gerade von seiner Erfahrung und seinem großen Können in dieser Frage viel, aber schon
im vorigen Jahre sagte er, er lönne sich darüber nicht aussprechen. Gine eminente Tragweite hat der Gesetzentwurf allerdings, aber ich
würde mich freuen, wenn hier aus kleinen Anfängen etwas Großes und Tüchtiges würde, das sich zum Segen für die Bevölkerung erweist. Ich weiß zu schätzen, was eg heißt, ein eigenes eim ju haben. Leider war es nicht möalich, für die Kommisstons⸗ verhandlungen einen Vertreter des Landwirthschafts-⸗Ministers zu be⸗ kommen, trotzdem diesem mitgetheilt war, daß deswegen noch eine jweite Lesung in Aussicht genommen sei. Ich freue mich deshalb, heute den Landwirthschafts⸗Minister hier zu sehen. Wenn der Minister fagt, wir machten mit diesem Gesetz den Staat für das Wohnen der Menschen verantwortlich, so ist das doch zu weit gegangen, oder es paßt auch ebenso gut auf die alte Rentengutsgesetzgebung. Ich hoffe, daß, wenn das Haus den Antrag annimmt — in der Kommission ist er mit allen gegen eine Stimme angenommen worden — wir mit der Regierung gemeinsam auf diesem Gebiete vorwärts kommen werden.
Geheimer Ober Regierungsrath Sachs: Nachdem der Finanz= Minister seine Stellung dahin präzisiert hatte, daß damit die ganze Wohnungsfrage aufgerollt werde und diese nicht im Rahmen der Rentengutggefetzgebung geregelt werden könne, erklärte sich trotzdem der Landwirthschafis⸗Minister zur Theilnahme an Verhandlungen darüber bereit. Da nun aber in diesem Jahre neue Gesichtspunkte nicht mehr zu erwarten waren, so war eine weitere Betheiligung des Ministeriums überflüssig. Damit hat das landwirthschaftliche Ressort nicht mangelndes Interesse bekundet, sondern nur die Ansicht vertreten, daß sich die Materie auf diesem Wege nicht regeln lasse. Eine Mit⸗ theilung, daß eine zweite Lesung abgehalten werden solle, in der er vertreten sein könne, ist dem Landwirthschafts. Minister nicht zu
, Im Walle Gentr.): Die Einwendungen des Vize— Präsidenten des Staats. Miisteriums können uns nicht von dem Boden des Antrags abbringen. Der Finanz Minister sieht aber doch wohl zu schwarz, nachdem er ung erst einmal auf die Sprünge gebracht hat. Gelingt unser Versuch, so wird der Finanz⸗Minister hoffentlich diesen Weg weiter verfolgen.
Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Dr. von Miquel:
Meine Herren! Ich habe mich bisher — und werde es auch in Zukunft thun — enthalten, die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes zu kritisieren. Früher ist das bereits geschehen. Da würden sich die Herren erst recht überjeugen, wenn man die einzelnen Paragraphen behandelt, daß der Gesetzentwurf als solcher so überhaupt garnicht bleiben kann. Da wäre jedenfalls die Form einer Aufforderung an die Königliche Staatsregierung, diese Frage in eingehende Prüfung zu nehmen, die angemessenste gewesen.
Meine Herren, diese Frage ist allerdings auch eine so hoch wichtige Finanzfrage. Der preußische Staat hat so viele Noth⸗ wendigkeiten, seine Schuld permanent zu vermehren, wie kaum irgend ein anderer Staat. Wir bauen jährlich prasëter propter für 160 Millionen Eisenbahnen; jährlich müssen wir neue Schulden machen. Frankreich läßt diese Aufgaben durch andere Organe erfüllen; es braucht hierfür keinen Pfennig Schulden zu machen. Frankreich bat seit 10 Jahren keine Schulden gemacht, dagegen seine Schulden erheblich getilgt — ich habe schon früher gesagt, in fünf Jahren trotz der kolossalen Belastung der französischen Steuerzahler, die etwa das Fünffache von dem in Preußen beträgt, keine Anleiben gemacht, sondern sich lediglich aus den laufenden Mitteln geholfen. Wir bestreiten erhebliche Ausgaben durch Anleihen für andere Zwecke. Jahraus, jahrein haben wir für Wasserbauten, für Ansiedelungen in den östlichen Provinzen, für Arbeiterwohnungen wahrscheinlich in steigendem Maße Anleihen zu machen. Ja, die bloße Thatsache, daß ein Staat nicht bloß schon etwa 7 Milliarden Schulden hat, sondern durch seine ganze innere Organisation gezwungen ist, diese Schulden jahraus, jahrein zu vermehren, kann doch mal für den Staat in Krisen im höchsten Grade bedenklich werden. Daß eine solche ganz unbegrenzte Aufgabe, die wir hier übernehmen sollen, schließlich zu Milliarden anwachsen kann, sodaß man sich da auch vom Standpunkt der staatlich finanziellen Konsolidation aus besinnen muß, ist wohl ganz klar. Das ist nicht bloß eine Augenblicksfrage, sondern eine Frage von unübersehbarer Tragweite.
Ich bin immer in den Kemmunen dafür gewesen, das Wohnungs—⸗ wesen zu befördern, und billige, gute Wobnungen in genügender Menge zu schaffen. Ich bin aber nie auf den Gedanken gekommen, daß die Kommunen die Verantwortlichkeit und die Verpflichtung, für jeden, der sich in ihnen niederläßt, Wohnungen zu beschaffen, über nehmen können. Hier thun wir das aber mehr oder weniger in den Folgen für den ganzen Staat. (Widerspruch) Bei dem kommunalen Vorgehen giebt es keine Berufung Anderer, die Kommune handelt für sich; wenn sie mal weiter geht durch billige Zurdispositionsstellung von Grund und Boden, darch Darlehne, die sie Baugenossenschaften giebt, so hat das keine weiteren Folgen, die ganze Frage ist eine örtliche. Die Kommune ist reich, sie kann sich das erlauben; da braucht man noch lange nicht so ängstlich zu sein wie beim staatlichen Vorgehen. Was der Staat für die eine Ge⸗ nossenschaft, für den einen Bezick thut, muß er schließlich für alle thun, wenn er nicht im höchsten Grade ungerecht und unbillig ver⸗ fahren will.
Meine Herren, ich bin nicht allzu ängstlich, die staatlichen Auf gaben autzudehnen; da, wo der Satz gilt: diese Aufgaben können weder die Einzelnen, noch die Vereine, noch die Kommunen, große oder kleine, erfüllen, sie müssen aber erfüllt werden, muß der Staat eintreten. Auf dem Boden stehe ich, obwobl ich allerdings sagen kann, daß meine Neigung, Staatsbetriebe und Staatsverantwortlichkeit auszudehnen, sich in der Periode, wo ich Minister bin, nicht verstärkt, sondern sehr vermindert hat. Aber die Er⸗ füllung einer solchen Aufgabe wie diese, die absolut nicht be⸗ grenzt werden kann, so leichten Herzens und guten, freundlichen Sinnes im Interesse der Menschheit zu verlangen, würde ich doch sehr be⸗ denklich finden. Der Parlamentarismus muß sich hüten, Resolutionen leicht zu nehmen, etwas Gutes ins Auge zu fassen, bei den Wählern einen guten Eindruck bervorzurufen; faßt die Landesvertretung zu viel unausführbare Resolutionen, so werden seine Resolutionen auch in wichtigen Dingen an Bedeutung und Kraft verlieren. (Sehr richtigh
sei Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Ham mer⸗ tein:
Meine Herren! Ich habe das Gefühl, daß, wenn ich zu den Darlegungen des Herrn von Riepenhausen vollständig still schweigen uad mich mit den Erklärungen begnügen würde, die der Herr Vertreter der landwirthschaftlichen Verwaltung in meinem Namen abgegeben hat, der irrige Glaube sich vielleicht verbreiten könnte, als stände in diesen hier zur Verhandlung stehenden Fragen die landwirtlschaftliche Verwaltung giund“ sätzlich auf einem anderen Standpunkt als die Finanzverwaltung. Eine solche Annahme ist zwar schon dadurch widerlegt, daß ich bei der vor⸗ jährigen Berathung dieser Vorlage in der Kommission mich habe ver—⸗ treten und hierbei denselben Standpunkt habe einnehmen lassen, den
auch der Vertreter des Herrn Finanz ⸗Ministers eingenommen
Ich erkläre aber ausdrücklich und halte mich für veipflichtet, diese Gr. klärung abjugeben, daß in der Beurtbeilung der vorliegenden Fragen eine Divergenz der Ansichten jzwischen der landwirthschastlichen Verwaltung und dem Herrn Finanz Minister in keinem Punkt besteht. Ich gehe sogar vielleicht einen Schritt welter als der Herr Finanz ⸗Minister uad bin der Meinung, daß die Ueber. tragung der Fürsorge für die landwirthschaftlichen Wohnungen noch eine große Reihe von Bedenkea hat, die ich eingehend zwar nicht erörtern will, die zum theil aber auch der Herr Finanz⸗Minister bei der vorjährigen Berathung schon angedeutet hat.
Ich gestaite mir darauf hinzuwꝛisen, daß die Verhältnisse und Bedürfnisse der landwirthschaftlichen Arbeiter nach der geographischen Lage, nach den klimatischen Verhältnissen, nach der Gewohnheit der Bevölkerung im Osten und im Westen sehr verschiedenartig sind, daß ich es schon deshalb für hochbedenklich halten würde, in dieser Frage zu schablonisieren — und diese Gefahr würde vielleicht näher treten, wenn die Sache mehr oder weniger bureaukratisch geregelt würde. — Im Osten der Monarchie würde vielleicht ein großer Theil der land⸗ wirthschaftlichen Arbeiter, soweit ich augenblicklich die Verhältnisse übersehe, befriedigt sein, wenn sie Haus und Garten bekommen; Fie würden sich vielleicht auch dabei beruhigen, wenn sie erst mit der Zeit Eigenthümer würden. Dagegen bin ich darüber nicht zweifelhaft, daß die Gewährung eines solchen Hauses nur mit einem kleinen Garten den Ansprüchen und Gewohnheiten der westlichen Arbeiter nicht genügen würde, und daß das Verhältniß, wie es jetzt besteht, welches ihnen neben einer Miethswohnung aug⸗ giebiges Weide, ausgiebiges Wiesen⸗ und Ackerland in solchem Um⸗ fang gewährt, daß sie eine kleine Landwirthschaft, eine größere Vieh⸗ haltung für ihre Rechnung, eine Schweinemast und so weiter betreiben können, weit mehr zusagt, als wenn sie ein Haus nur mit einem kleinen Garten theuer zu Eigenthum erwerben können. Es würde das nicht zur Befriedigung der Arbeiter, sondern zur Un⸗ zufriedenheit beitragen.
Meine Herren, ich glaube mich auf diese Erklärungen beschränken zu dürfen und enthalte mich, auf prinzipielle Bedenken, welche meines Erachtens noch in der Fassung der Vorlage bezüglich der Rentengutg⸗ gesetzgebung liegen, näber einzugehen. Ich glaube übrigens, daß diese Bedenken, soweit solche mein Ressort betreffen, bei der vor jährigen Berathung ausgiebig dargelegt sind.
Abg. Dr. Weihe (kons.): Die Erklärung des Kommissars ver⸗ stehe ich nicht; er war uns zur Kommissienssitzung angemeldet, aber nicht erschienen. Die Arbeiter werden auch im Westen mit Haus und Garten zufrieden sein; das weiß ich aus eigener Kenntniß. Wir müssen mit Hilfe des Antragͥ in der Wohnungsfrage einen Schritt weiter kommen.
Abg. Schmitz ⸗Düsseldorf (Zentr.) erkennt an, daß der Staat nicht die Aufgabe habe, für die Wohnungen ju sorgen, daß aber in dem Gesetz immerhin eine Aufmunterung zu weiterem Vorgehen auf 6 ö liege, auf dem die Privatthätigkeit noch nicht genügend
ewesen sei.
; Geheimer Ober⸗Regierungsrath Sachs erwidert, daß er schon in der vorjährigen Kommission den prinzipiell ablehnenden Standpunkt der Landwirthschaftsverwaltung dargelegt und gesagt habe, daß aus seiner Theilnahme an der Berathung kein entgegengesetzter Schluß ge⸗ zogen werden dürfe.
Abg. von Riepenhausen: Der Kommissar sagt, er habe keine Nachricht von der Kommissionesitzung erhalten. Ich bedauere den geringen Zusammenhang zwischen den einzelnen Ministerien. In der ersten Kommissionssitzung waren Kommissare anderer Ressoris an⸗ wesend, und die zweite Sitzung wurde nur beschlossen, damit anch der landwirthschaftliche Kom missar da sein könne.
Der Gesetzentwurf wird nach dem Kommissionsantrag angenommen.
Es folgt die Berathung von Petitionen
Eine große Anzahl von Petitionen ron Eisen bahnbeamten verschiedener Kategorien um Verbesserung ihrer Besol— 1 2x. wird durch Urbergang zur Tages ordung erledigt
Eine Petition von Eisenbahn⸗Bureau⸗Diätaren aus Altona und anderen Orten um Vermehrung der Stellen für Gisen⸗ bahn ⸗Sekretäre wollen die Abgg. Broemel (fr. Vzg), Funck (fr. Volkep.), Dr. Göschen (nl.), entgegen dem auf Uebergang zur Tagesordnung lautenden Kommissiontzantrage, der Regierung zur Er⸗ wägung überwiesen wissen, weil zur Zeit die Zabl der diätarischen 2 im Verhältniß zu derjenigen der etatsmäßigen Stellen ju groß sei.
Abg. Broemel beantragt, die Petition der Regierung inso= weit zur Erwägung zu überweisen, als sie darauf gerschtet ist, die Bureau⸗Diätare, welche die Prüfung der Eisenbabn Sekretäre be⸗ standen haben, ebenso wie die diätarischen Anwärter für mittlere Beamtenstellen J. Klasse der anderen Staaisverwaltungszweige, nach esner der Billigkeit entsprechenden Dlätarienzeit in eine Eisenbabn⸗ Sekeetärstelle überzuführen, im übrigen aber über die Petition mii Tagesordnung überzugehen
Geheimer Regierungsrath Niehaus und Geheimer Regiernngs= ratb Hoff bestreiten, daß die Eisenbahnverwaltung aus Spar samtelts⸗ rücksichten die etatsmäßigen Stellen nicht vermehre, und empfehlen den Kommissionsantrag.
Abg. Dr. Goebel (Zertr.) tritt für die Wünsche der Diätare ein und erinnert daran, daß der Finaniminister 1893 versprochen habe, daß alle Diätare nach vier bis fünfjähriger Dienstzeit angestellt werden sollten.
Geheimer Ober⸗Finanzrath Belian bestreitet dies; es habe fich damals nur um einen Ausnahmefall gehandelt, nicht um eine Zasage für alle Zukunft. .
Der Antrag Broemel wird angenommen.
Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr. (Dritte Lesung der Gesetze über die Waarenhaussteuer, über die 6 und über die Errichtung von Renten⸗ gütern.
Nr. 13 des „Eisenbabn⸗Verordnungs blatts“, beraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 21. Mai, ent- hält einen Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom 7. Mai ,. . allgemeine Bedingungen für den Wagenübergang auf
einbahnen.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Die preußische Staats forst verwaltung benachtet es als eine ihrer Aufgaben, im Interesse der Landeskultur auf den Holzanbau in den Waldungen der Ge⸗ meinden, öffentlichen Anstalten, Privatgrund⸗ besitzer u. A. anregend und sördernd auch dadurch ein⸗ . daß sie gu tes Pflanzenmaterial zum Selbß⸗ ostenpreife denjenigen Waldbesitzern abgiebt, die nicht ,, haben, sich die erforderlichen Pflanzen selbst zu erziehen.
—
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der Zeit vom 1. April 1899 bis zum 31. März 1900
. sind äuf diese Weise an Holzpflanzen aus den Staatsforsten
abgegeben worden:
Laubholz nden Zusammen
in der Provinz
Sunderte
t . 0 Brandenburg. 6 724 46 8655 J 4423 19691 6 d 1076 14 543 JJ 934 12141 San len, J 3. 14 6. ö . J . 2 9 ; ö 1 I m sluffau J 877 17131 Rheinprovin .... 616 30813
21 517 319 936
20 886 59 987 53 579 24 114 15619 13 075 15 640
1023 82 89h
5198 18008 31429
341 453
Preußen
Rest . Preußen
Im ganzen Staate
Die Gartenbau⸗Ausstellung des Pankow⸗Schön⸗ bausener Gartenbauvereins (s. Nr 120 d. Bl.), die sich sortgesetzt des regsten Besuches erfreut, ist um drei Tage verlängert worden und wird bis einschließlich Sonntag, den 27. Mai, geöffnet bleiben.
Saatenstand in Oesterreich.
Bericht des österreichischen Ackerbau ⸗Ministeriums nach dem Stande um Mitte Mai.
In der jweiten Hälfte des April besserten sich die Witterungs. perhältnisse, und es trat in der mittleren Länderzone zumeist günstigeres, trockenes Wetter ein, welches das nach den bedeutenden Riederschlägen zu Ende März und anfangs April so nothwendige Austrocknen des Bodens sehr beförderte. Ende April stellten sich jedoch vielfach Niederschläge und eine solche Temperaturabnahme ein, daß oft Nachtfröste, Reif und in den höher gelegenen Gegenden auch Schneefälle zu verzeichnen waren. In den ersten Tagen des Monatz Mai fielen warme, befruchtende Regen, welchen schöne, trockene Frühlings tage folgten, sodaß die bis dahin noch stark zurückgebliebene Vegetation nunmehr rasche Forischritte machte. In Böhmen herrschte hingegen pon Mitte April bis in die erste Dekade des Mai nahezu vollständiger Regenmangel, und es führten heftige, austrockaende Winde infolge der vorangegangenen übermäßigen Nässe zu einer starken Verkrustung
des Bodens. Aach in Ostgalizien hatte das Ausbleiben von Nieder⸗
rofl Trockenheit und Dürre des Bodens zur Folge. Um 2i trat ein allgemeiner Wettersturz ein, welcher an⸗ nördlichen Länderzone, den Alpen⸗ ländern und den höher gelegenen Gegenden auch Schneefälle, eine bedeutende Temperaturabnahme und vielfach empfindliche Nachtfröste brachte, die zum theil erheblichen Schaden anrichteten. eber Hagelschäden liegen nur vereinzelte Meldungen vor. — Von den Wintersaaten hat sich in der verflossenen Berichtsperiode nur der Weizen erholt; er hat im allgemeinen durch die große Nässe in der ersten Hälfte des April weniger gelitlen als Roggen, sodaß sein Stand den des Roggens bedeutend übertrifft und Ausackerungen nur vereinzelt vorgenommen werden mußten. Nur in Ostgalizien und einigen Gegenden Böhmens hat besonders spätgebauter Weizen durch Trockenheit und kalte Witterung großen Schaden gelitten. Der Stand dez Roggens hat sich — mit wenigen Ausnahmen — nicht gekbessert. Die vielfachen Wetterunbilden, besonders der im Monat März ein⸗ getretene Nachwinter, haben die Roggensaaten dermaßen geschädigt, daß selbst die anfangs Mai eingetretene Wärme zu ihrer Erholung nicht mehr viel beitragen konnte und in Böhmen, Mähren und Galizien ein großer Theil der Bestände umgeackert werden mußte. Nut in den Alpenländern zeigen die Roggensaaten einen günstigeren Stand, obwohl auch aus diesen Gebieten Klagen über schüttere, un dichte Bestände eingelaufen sind. Raps hat sich in Böhmen und namentlich in Ost-Galizien infolge der großen Trockenheit vielfach verschlechtert und steht auch in einzelnen Gegenden Mährens und Schlesiens schwach und schütter. In Nieder-Desterreich und Ober⸗ Desterreich verlief die Blüthe des Rapfes zumeist bei günstiger Witterung, und es dürfte, soweit sie nicht durch die letzten Nacht— fröste Schaden gelitten hat, ein befriedigender Schotengnjatz zu er warten sein. In Schlesien und Galizien ist der Raveglanzkäfer siemlich stark aufgetreten. — Der Anbau der Sommersaaten, welcher wegen der ungünstigen Witterungsverbältnisse zu Ende März unterbrochen werden mußte, konnte vielfach erst Mitte April wieder aufgenommen werden und wurde giößtentheils in der ersten Maiwoche beendet. In Böhmen und in den Alpenländern ist man mit dem Anbau noch nicht überall zu Ende, und derselbe hat sich auch in Gegenden, welche durch Ueberschweramungen zu leiden hatten, sehr verspätet, da die übermäßige Feuchtigkeit die Bestellungs⸗ arbesten außerordentlich erschwerte. Die Sommerungen sind lnfolzd? der genügenden Bodenfeuchtigkeit schön und gleich- mäßig auz dem Boden gekommen; nur in einigen Gegenden Böhmzns und in Ostgalizien hat die hertschende Trockenheit ein ungleichmäßiges Aufgehen der Saaten bewirlt. Gerste zeigt gößtentheils einen günstigen Stand, und es haben auch die vor dem itterungs rückschlag im Monate März angebauten Saaten nur bereinzelt Schaden genommen. In Mähren hat die ftarke Boden feuchtigkeit vielfach eine Verunkrautung der Saaten zur Folge gehabt. uch der Stand des Hafers kann im allgemeinen als be- friedigend beieichnend werden. Der Anbau ven Mais hat sich sehr verspätet, ist jedoch gegenwärtig zum großen Theile beendet. Wo die Saat bereits im Aufgehen begriffen sst, steht sie ziemlich günstig. — Die Niederschläge der letzten Zeit haben die Entwickelung der Kleebestände und der Wiesen sehr be- sördert. Klee zeigt vielfach einen verschiedenen Stand, steht jedoch im allgemeinen, namentlich in der südlichen Länderzone und in den Alpen andern, günstig und zufriedenstellend; nur in Galinien ist er lum theil ausgewintert und hat durch kalte Witterung und durch Nächtfröste fehr gelitten. Die Feldmäuse baben in Böhmen, Mähren, esonders acer in Galizien derartigen Schaden in den Kleebeständen berursacht, daß Umackerungen in auggedehrterem Maße vor⸗ snommen werden mußten Die Wiesen sind in der egftation wobl noch im Rückstande, man hofft jedoch auf eine ßünstige Heuernte, nachdem sich die Graznarbe ziemlich dicht Mltwickelt hat. Falls warme Witterung eintritt, dürfte die erste deu nahd anfangs Junt erfolgen. Der Anbau der Spättartoffeln ute in Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien infolge des etzten Wettersturzes unterbrochen werden und wird in diesen Gebieten unte jezt i Ende geführt. Die Früh r ref feln find lgsch ahi aufgegangen und werden zum ersten Male behackt. Der An⸗ J der Zuckerrüben ist größtentbeils beendet, und die Saat geht it Ausnahme einiger, Distrikte Böhmens, in welchen sie durch rockenheit ju leiden hatte, gut und gleichmäßig auf. Früh angebaute aten jeigen sich meist fehr schön.
schlaͤgen den 9. baltende Regen, in der
Budapeft, 22. Mai. (W. T. B) Ein Bericht des Acher— ; M in iste iu ms über den Welterumschlag vom 21. d. M. stellt nl. ß in einzelnen Bertrken von 6 Komitaten Frost, in 4 Bezirken nan 4 Komitate starker Reif Schaden verursachte, der sich noch Rn seflstellen laffe. Am meisten litt der in den Halm gefchossene
en ferner die Rübe, der Wein steck. Mais, Kartoffel und der ᷣ . Seit gestern sst Frühjahrswetter bei normaler
⸗
Sandel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusamnengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“ .)
Bulgarien.
Komm unaglsteuergesetz. Nach einem bulzarischen Gesetz vom 19. Januar d. J. werden vom 20. Januar d. J. ab folgende Kom munnalsteuern erhoben:
a. Auflagen auf einbeimische und ausländische Waaren:
1) Von Spiritus, Branntwein. Rum und Kognak, nach dem Gay Lussac'schen Alkoholometer gemessen, bei 15 Grad C. (12 Grad R.) Normaltemperatur von jedem Liter und Grad.. . 4 Centimen
Anmerkung: Der zum Brennen, zur Beleuchtung und ju in⸗ dustriellen Zwecken verwendbare Spiritus wird nach Denaturierung J 8
on jedem Liter Bier in Fässern und Flaschen 4 Centimen
3) Von jedem Liter Wein in fen und . 4 ö
4) Von jedem Kilogrammm Zucker und Zuckerwaaren wie Lokum, Kompott, Bonbons und allen ver— ö
5) Von jedem Kilogramm geschnittenen Tahack, Zigarren, Zigaretten und Schnupftaback:
Von der Extra. Qualitt... .. . . 1 Franken J
ö JJ J
Anmerkung: Der Schnupftaback gehört zur II. Qualität und wird mit 30 Centimen für jedes Kilogramm befteuert.
b. Auflage auf nur ausländische Waaren:
1) Von jeder Art Wein in versiegelten Flaschen zu e t 1 für die Flascheẽ·ꝛ· . . 60 Gentimen Von jeder verstegelten Flasche Ligueur aller Art, wie Rum, Kognak, Absynth, Wermuth, Bitter, Curagao, Vanille, russischen Wodka u. a. zu je 41 30 Von jedem Kilogramm Kaffee und Zichorie . 16 Von jedem Kilogramm Thee, in Packeten und Büchsen ohne Unterschied. .. . .80 Von jedem Kilozramm Thee, in Kisten aus— J 669 Von jedem Kilogramm Maccaroni, Fadennudeln, Zwieback lin Fässern und Büchsen), Gries,
Stärkemehl, Stärke, Gerstengraupen, Sazo, Seife,
Graupen, Zitronen, Orangen, Granatäpfel, Rosinen, Feigen, Datteln, Mandeln, Pistazien, Olivenöl, Sesamöl, Anis und Kümmel... Von jedem Kilogramm Oliven oder gerösteten .
8) Von jedem Kilogramm Kaviar und Fischrogen
8) ö f Austern, Seespinnen, Hechte, Pechtkaviar, marinierter, getrockneter oder
k 10) Von jedem Kilogeamm Stearinkerzen. . Liter (Kilogr.) Petroleum... 3 . Kilogramm Schweijer⸗R, Holländer⸗ d 7 13) Von jedem Kilogramm frischer Fischeé. ... ö 14) Alle übrigen, oben nicht erwähnten ausländischen Waaren werden eine städtische Steuer in der Höhe von nur 20½ vom Werthe entrichten. Die Abgaben für die in Artikek 1 unter Litt. A erwähnten in⸗ ländischen Artikel, sind mit Ausnahme des Weins und des Brannt— weins, in den Fabriken durch Staatsbeamte, jene für ausländische Artikel in den Zollämtern zu erheben.
Die Oktrot-Gesetze vom 20. Dezember 1883 und vom 18. De⸗ zember 1895 (oöogl. ‚„Hand.⸗»Arch.“ 1895 1, S. 339) sammt den später erfolgten Aenderungen, sowie das Gesetz über die Wagengebühr werden gleichzeitig durch dieses Gesetz aufgehoben.
Patent steuer. Nach einem bulgarischen Gesetz vom 29. Januar 1900 bleiben die auf Grund des Patentsteuergesetzes vom 20. Januar 1895 (a. St.) (Hand. Arch.“ 1855 1, S. 632) für die erste Periode normierten Patentsteuersätze auch für das Jahr 1900 in Kraft.
Hanfbearbeitungsmaschinen in Mexiko.
Die unter dem Namen „raspador“ oder nach dem Grfinder „solis“ bekannte Maschine ist zur Bearbeitung von Henequen an— dauernd vorwiegend im Gebrauch Sie besteht aus einer mit großen Zähnen versehenen Wale, welche die Masse abschabt und die Fasern zurückläßt. Die Einfachheit der Maschine ermöglicht auch ihre Be⸗ dienung durch die eingeborenen Arbeiter. Man beginnt sogar, die Plantagen als solche mit einer, zwei oder einem Dutzend Walzen zu unterscheiden. Das stetig wachsende Ausfubrgeschäft erfordert immer bessere, schneller wirkende Maschinen zum Reinigen des Hanfs. Es sind auch swon verschiedene neue Maschinen gebaut worden. Zur Zeit sind in Jukatan die folgenden im Gebrauch:
ö Zahl der f, Be⸗ . dienungs⸗/
mannschaf
für jede Maschine
Zahl der im Gebrouch
befiadlichen Maschinen
Zahl der ir 10 Stun- den ge⸗ reinigten Blã iter
Preis einer Maschine
Pesos
6 090 6
/ 7000 90
11000 6 250 1200
Torroella. 5 000 20
Villamor. . 70 009 35 3 6 000 —
(Nach einem amerikanischen Konsulatsbericht, abgedruckt im British
Trade Journal.)
Namen der Maschinen
130 000 35 125 000 60
Lanaux / 150 000 70
Prieto. . Stephen Solis. 9000 6
S0 000 30
Wirthschaftliche und kommerzielle Lage der indischen Präsidentschaft Bengal, der Nordwestprovinzen und der Provinz Oudh im Jahre 1899.
Das Jahr 1899 ist für die Präsideatschaft Bengal, die Nord⸗ westprovinzen und die Provinz Oudh einschließlich der innerhalb dieser Gebiete liegenden Eingeborenenstaaten in Bejug auf Einteresultate, erzielte Preise und allgemeine Handelslage ein befriedigendes gewesen. Eine Ausnahme bildeten die westlichen Distrikte, welche durch un— genügenden Regea und die darauf folgende Hungerznoth großen . besonders durch den fast gänzlichen Verlust des Viehstandes, erlilten.
Der Einfuhrhandel hat sich im Jahre 1899 besonders auch für deutsche Fabrikate in erfreulicher Weise gehoben, zumal da die von der Hungerenoth betroffenen Provinzen den Kalkuttaer Handel nur schwach beeinflussen. Die Einfuhr von Wollwaaren aus Deutschland ist von 778 009 Rupien im Jahre 1898 auf 1 494 000 Rupien im Jahre 1899 gestiegen. Auch die Einfuhr von Baum⸗ wollwaaren hat sich von 125 009 Rapien im Jahre 1898 auf 405 000 Rupien im Jahre 1899, diejenige von Glaswaaren von 247 000 Rupien im Jahre 1898 auf 366 000 Rupten im Jahre 1899 und diejenige von Eisenwaaren und Maschinen von 340 000 Rupien 6 453 9000 Rupien gehoben. In diesen Zahlen sind die über Antwerpen, London a. s. w. nach Kalkutta eingeführten Waaren nicht mitenthalten, sodaß sie in Wirklichkeit kein richtiges Bild von der deutschen Einfuhr ergeben. Die Saljeinfuhr aus Deutschland bewerthete sich 1399 auf 533 0900 Rupien gegen 368 000 Rupien im Vorjahre, die Einfuhr von Metallen auf 330000 Rupien, von Zündhölzern auf 320 900 Rupien, von Bier, Wein und Spiri⸗ tuosen auf 180 000 Rupien, von Spielwaaren auf 157 000 Rupien, von Kleidungsstücken auf 130 000 Rupien, von
Instrumenten auf 100 000 Rupien, von Spiritus auf 68 000 Rupien, von denaturiertem Spiritus auf 34 000 Rupien, von Papier und Papier waaren auf 66 000 Rupien, von Maschinen und Theilen davon auf 65 000 Rupien, von Chemikalien auf 60 000 Rupien, von Arzneimitteln auf 54 000 Rupien und von Möheln und Tisch lerwaaren auf 53 009 Rupien.
Ginen sehr bedeutenden Rückgang zeigte die Einfuhr deutschen Röübenzuers. Dieselbe belief sich auf 496 900 Rupien gegen 464000900 Rupien im Jahre 1898. An die Stelle des deutschen ist der billigere österceichische Rübenzucker getreten, dessen Einfuhr durch die ., Frachtsätze des österreichischen Lloy? sehr begünstigt wurde.
Der Schiffsverkehr mit Kalkutta wurde im Jahre 1899 durch 1189 Schiffe von 2 395 741 Reg.⸗Tons gegen ebensobiele Schiffe von 2342070 Reg-Tons im Vorjahre vermittelt. Die deutsche Flagge war an dem Schiffsverkehr mit Kalkutta mit 34 Schiffen von 83 787 Reg.Tons gegen 40 Schiffe von 87 218 Reg.-Tons im Jahre 1898 betheiligt. An dem direkten Export nach Deutschland nahmen noch 26 englische Schiffe von 64 009 Reg.⸗-Tong theil, gegen 40 Schiffe von 99 660 Reg.⸗Tons im Vorjahre. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Konsuls in Kalkutta.)
Handel und Schiffsverkehr im Hafen von Alexandretta (Syrien) im Jahre 1899.
Der Außenhandel des Hafens von Alexandretta in Syrien bewerthete sich im Jahre 1899 auf 3 094745 Pfd. Sterl., wovon 2163 743 Pfd. Sterl. auf die Einfuhr und 931 6502 Pfd. Sterl. auf die Ausfuhr entfielen. Im Bergleich mit dem Vorjabr blieb die Ein⸗ ye, . 168 447 Pfd. Sterl. und die Ausfuhr um 27 958 Pfd. Sterl. zurück.
Dle hauptsächlichsten Gegenstände der Einfuhr bewertheten sich im Jahre 1899, wie folgt:
Antheil
18535 Den sschland in Pfund Sterling 1371340 26 000 10 640
Waaren
Wein und Spirituosen. ... Leder und Häute Pfeffer und Piment Proyisionen Papier und Papierwaaren a Blei, Zink, Weißblech, Stahl . Eisen und Eisenwaaren. ... Indigo ... Petroleum Glas und Krystall Drogen Taback und Tambeki Kurzwaaren u. s. w... Farben
67 770
zusammen einschlieglich anderer . 2163743
Außer Deulschland waren an der Einfuhr nach Alexandretta be⸗ theiligt: Großbritarnien mit 11898 393 Pfd. Ster. Frankreich mit 110 824 Pfd. Sterl, Italien mit 127 719 Pfd. Sterl., Desterreich mit 216 1090 Pfd. Sterl., Rußland mit 23 938 Pfd. Ster, Belgien mit 99 076 Pid. Sterl., die Türkei mit 338 144 Pfd. Sterl. und Egypten mit 77 893 Pfd. Sterl.
Da ein großer Theil der deutschen Einfuhr nach Alexandretta seinen Weg Über Triest und Antwerpen nimmt, so werden diese Waaren als österreichische oder belgische in der Einfuhrstatiftik von Alexandretta vermerkt. Nimmt man den Theil der deutschen Ein— fuhr über Triest zu g der österreichischen Einfuhr und über Antwerpen ju K der belgischen Einfuhr an, so erhöht sich die deutsche Gesammt⸗ einfuhr auf 137 498 Pfd. Sterl.
Die Rug fuhr Alexanbrettas gestaltete sich, wie felgt:
Deutschlande in Pfund Sterling 169 240 1920 89 600 —
1650 242 Wolle 360 Galläpfel und Gelbbeeren... 7390 Gelbes Wachs Gummi Sesam⸗, Mohn, Rieinus u. s. w.
.
Getreide
Piftazien
Rosinen und Feigen Mandeln und Aprikosenkerne Butter
Dlivenöl
Provisionen
Leder und Haute Opium... Scammoniumwurzeln Süßboljwurzeln
Gesaljene Därme
Albumin und Eigelb Kupfererz und altes Kupfer .. . und Zitronen
Waaren
Einheimische Wanufakturwaaren Kokonz
72313 8 450 1050
41984
13175
11390
70 540
12 962
18768
S6 569
zusammen einschließlich anderer Waaren 931 002
In der Einfuhr ergab sich ein Weniger dem Vorjahre gegen⸗
über bei folgenden Waaren: Manufakturwaaren (— 175 9590 Pfd.
Sterl.), Kupfer (— 11 650 Psd. Sterl), Eisen (— 10145 Pfd.
Sterl) und Petroleum. Ein Mehr in der Einfuhr hatten dagegen
aufjuweisen: Zucker (4 1881 Pfd. Sterl.), Reis (4 5373 Pfd.
gien Taback (4 25 680 Pfd. Sterl.) und Farben (4 2255 Pfd. erl..
In der Ausfuhr zeigte sich ein Weniger bei Cerealien, Manufakturwaaren — 24 0 Pfd. Sterl.), ölbaltigen Sämereien ( Slb8 Pfd. Sterl.). Rosinen und Feigen (— 6993 Pfd. Sterl.), Olivenöl ( — 3970 Pfd. Sterl.), Süßholswurzeln (— 40 996 Pfd. Sterl), Albumin und Eigelb (— 7809 Pfd. Sterl.), ein 36 dagegen bei Kokons, Wolle (4 30 475 Pfd. Sterl.) Pistazien und Aprikosenkernen. Butter (4 3465 Pfd. Sterl), Opium, Kupfer, Orangen ( 4697 Pfd. Sterl.) und Vieb.
Der Schiffsverkehr mit Alexandretta wurde durch 589 Schiffe von 397 038 Reg ⸗Tons vermittelt, von welchen 120 Schiffe von 76 460 Reg.⸗Tons die britische, 42 von 80 079 Reg. ⸗Tons die fran⸗ zösische, 12 von 6996 Reg.⸗-Tons die italienische, 79 von 121135 Reg. Tong die österreichische, 85 von 82 402 Reg. ⸗Tons die türkische, 18 von 17716 Reg -Tons die ägvptische, 31 von 10 307 Reg Tong die griechische, 1 Schiff von 1045 Reg. Tons die deutsche und 1 Schiff von 938 Reg. ⸗-Tong die russische Flagge führten. (Nach einem Bericht des Kalserlichen Vize⸗Konsuls in Alexandretta.)