1900 / 136 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 Jun 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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würden. Bei den Reichsstempelabgaben 1 ganje 4009 * in einem ihre hinterjogen worden, die . bei den Zöllen und der rranntwesnsteuer sind ganz unverhälinißmäßtg viel größer. Abg. Singer; Wenn sich alle Partelen des Hauses so rein von . Bör sengeschãften wüßten wie wir, könnten sie sich gratulieren. Wir Ind 5 als „Schutztruppe der Börsen hingestellt worden; dag ist ein Märchen. Das Kundenregister der großen Banken ergiebt, daß es gerade die Edelsten der Nation sind, die zu den , r ,. gehören. Der wahre Junkersmann mag keine Börse leiden, doch an ihr sptelen thut er gern. Gerade die Herren von der Rechten haben der Börse stets ihren Schutz ange⸗ deihen lassen. Graf Arnim und andere haben sich hier mit Entrüstung gegen den Vorwurf. Gegner der Börse zu sein, verwahrt. Die beutige Gesellschaft kann die Börse garnicht entbehren; sie ist eine Sumpfpflanze, die eben nur auf dem Boden der heutigen Gesellschaft gedeiben kann. Daß wir als Gegner der Flottenvorlage nun plötzlich die Börsensteuern erhöhen werden, nur um ung nicht in den Arheiterkreisen den Vorwurf zuzuziehen, wir hätten wieder einmal die Bötse, geschützt, ist doch eine sonderbare Zumuthung an uns. Auf die Glogen, welche Herr Heim meinen bayerischen Parteigenossen gemacht hat, werden diese wohl die richtige Antwort zu finden wifsen. Wenn er sich gegen die Möglichkeit eines Kuhhandels“ so energisch verwahrt, so steht doch fest, daß alle parlamentarischen ‚Kuhhändel der letzten Zeit unter der Aegide des Zentrums zu stande gebracht worden sind. Wenn Heer Heim endlich auf die Kontrole der Makler 2c. hinweist, so stimmt das doch sehr schlecht zu der Haltung, welche das Zentrum bel der analogen Frage der Kontrole der Hausschlachtungen beobachtet bat. Wir stimmen gegen die Anträge und gegen die Kommissionsvorschläge.

Abg. Lucke (b. F. FJ: Im Jahre 1873 hat Lasker den Stein ins Rollen gebracht, das wird jetzt fortgesetzt. Der Abg. Richter hat die Unterzeichner des Antrags die Elite der Agrarier genannt. Wir acceptieren diesen Ausdruck. Elitemenschen sind solche, welche einen allgemeinen Ueberblick über das Ganse haben. Den nationalen Standpunkt hat die Börse im Jahre 1870 nicht eingenommen; jetzt hätte sie eine gute Gelegenheit, ihn zu zeigen. Gewiß giebt es eine ganze Anzahl sehr anständiger kleiner Banquiers, aber eine große Zahl von ihnen sind nur die Schlepper der großen Banquiers. Die Börse kann sehr gut vier Zehntel bezahlen. Im Jahre 1894 wollte man auch die Börse aufgeben, und es ist doch weiter getanzt worden um das goldene Kalb. Ich bitte den Antrag Heim anzunehmen und beantrage die namentliche Abstim mung.

Abg. Müller Fulda tritt den Ausführungen der Abgg. Singer und Dr. von Siemens entgegen, vermag sich aber bei der Unruhe des . nur schwer Gehör zu verschaffen, obwohl der Pra sident um

uhe bittet. Er hält es für das Beste, an dem Beschluß der Kom⸗ misston festzuhalten. n Abg. Dr. Heim bestreitet, daß er seinen Antrag nicht materiell begründet habe. Er habe nur von kleinen Banquiers der Provinz esprochen, welche die kleinen Leute zu Differenzgeschäften verleiteten. ollte man das näber begründen, so müßte man den ganzen Thler⸗ garten abgrasen. Wenn sich das bayerische Geschäft nach Berlin ziehe, so liege das nicht an der Stempelabgabe. Auch das Frankfurter Geschäft habe sich nach Berlin geiogen. Durch den Hin— weis auf die Konzentration des Geschäfts ließe er sich nicht bange machen. Hinter ihm stände eine ganze Zahl seiner Lanes, leute, und wenn es auch nur zehn wären, so müßte das für den Abg. Richter bei seiner Anhängerschaft eine ganze Menge sein. Daß die bayerischen Sozialdemokraten sih noch als Bayern fühlten, rechne er ihnen als Vorzug an.

Der Antrag auf namentliche Abstimmung wird von ungefähr zehn Mitgliedern der äußersten Rechten, im übrigen aber von den Sozialdemokraten und Freisinnigen unterstützt. .

Der Antrag Heim wegen Erhöhung des Aktienumsatz— stempels auf 49 pro Mille wird mit 153 gegen 121 Stimmen abgelehnt. 2 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung. Der Kommissionsantrag (⁊519 pro Mille) wird mit großer Mehr— heit angenommen.

Um 7 Uhr vertagt das Haus die weitere Berathung auf Sonnahend 1 Uhr. (Außerdem Reichs⸗Seuchengesetz, Han⸗ delsprovisorium mit England und kleinere Vorlagen.)

Prenßischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 76. Sitzung vom 8. Juni 1900, 11 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweite ,,, des Gesetzentwurfs, betreffend Maßnahmen zur Ver⸗ hütung von Hochwassergefahren Provinz Schlesien.

Ueber den ersten Theil der Verhandlungen ist in der gestrigen Nummer d. Bl, berichtet worden.

Nach 5 26 soll die Wasserpolizeibehörde der Landrath, in Stadtkreisen die Ortspolizeihehörde sein. Der Landrath soll als Wasserpolizeibehörde Polizeiverordnungen erlassen können, edoch vorher die Interessentenvertretung hören. Auch vor

em Erlaß sonstiger Anordnungen von allgemeiner Bedeutung soll die Wasserpolizeibehörde die Interessenten vertretung hören. Stimmt diese nicht zu, so steht ihr innerhalb vier Wochen die Beschwerde bei dem Regierungs⸗Präsidenten zu. (In der Re⸗ gierungsvorlage befand sich nur der erste Satz; die übrigen hat die Kommission hinzugesetzt)

Abg. Freiherr von Richthofen (kons.) ändert in einem von ihm gestellten Antrage, den letzten Satz folgendermaßen zu fassen: „Vor dem Erlaß sonstiger Anordnungen von allgemeiner Bedeutung soll die Wasserpolizeibehörde abgesehen von Fällen, die keinen Auf= schub zulassen die Interessenten vertretung hören. Stimmt diese nicht zu, so entscheidet auf ihren Antrag der Reglerungs, Präsident“, die Worte Erlaß sonstiger Anordnungen von allgemeiner Bedeutong“ in Erlaß allgemeiner Anordnungen anderer Art“ und bittet, den F 36 in dieser Fassung anzunehmen.

Geheimer Ober Regierungsrath Freiherr von Seherr-⸗Thoß: Der Gedanke, der der Interessentenvertretung zu Grunde liegt, ißt richtig und verdient Sympathie. Man will die Interessenten, d. h. Diejenigen, die den größten Vortheil, aber auch die größten Lasten haben, anhören, ehe entscheidende Maßregeln getrofftn werden. Diesem Gedanken hatte, die Regierung in ihrer Vorlage Rechnung getragen. Aber wenn man nun neben der An hörung der Interessenten noch eine Art Wasserparlament ein⸗ . will, so kann dadurch eine Verschleppung entstehen, die unter Um⸗

tänden wenig förderlich ist. Trotzdem haben wir ung entschlossen, die Interessenten vertretung anzunehmen. Die Kommissiongfaffung erscheint als bedenklich, da darin für ein Majus nur eine Anhörung der Interessenten⸗ vertretung stattfinden und bei einem Minus deren Zustimmung er forderlich sein oll. Der Antrag Richthofen mildert die Bedenken , und deshalb bitte ich, den 5 26 in dieser Faffung an⸗ zunehmen.

S 2B wird unter Abänderung nach dem Antrag von Richthofen ga mn 5 (Beschwerde bei den zuständigen Ministern gegen Verfügungen des Ober⸗Präsidenten) wird nach einer kurzen Er⸗ läuterung durch den Berichterstatter Abg. von Kölichen ebenfalls in der Fassung eines Antrags von Richthofen an⸗ genommen.

in der

8 28 bestimmt: Zu den F des erstmaligen Ausbaues

trãͤgt der Staat vier Fünftel bis zum Höchstbetrage von

31 3123 000 S6, der Provinzialverband ein Fünftel bis zum Höchstbetrage von 7 828 000 9 bei.

Die Kommission hat . Zusatz gemacht; Von diesen Beträgen sind nicht mehr als 13 506 060 ½6 für Her⸗ stellung von Hoch- und Nutzwasserbecken zu verwenden.

Abg. Freiherr von Richthofen: Die Kommission beschloß in erster Lesung, daß nicht mehr als 160100900 Æé für Sammelbecken verwendet werden sollen. Bei der zweiten Lesung aber hielt man es für wichtig, gerade für Stauweiher zu sorgen, und man beschloß, daß nicht mehr als 127 Millionen für die Herstellung von Hoch. und Nutzwasserbecken perwendet werden sollten, was nach Ansicht von Ptofessor Intze völlig ausreichend für die Sammelbecken ist. Wie stellt sich die Regierung zu diesem Beschlusse?

Geheimer Ober⸗Regierungsrath Freiherr von Sehberr⸗-Thoß: Ich kann nur erklären, wie ich die Beschlüsse der Kommission ver standen habe. Ich meige, daß die Summe nur für die drei großen Thalsperren verwendet werden soll, nicht aber für Stauweiher. Bei allen betheilfaten Ressorts besteht in keiner Weise der Wunsch, mehr auf dle Thalsperren zu verwenden, als in der Denkschrift festaelegt ist. Allerdings können sich ja bei der näberen Ausgestaltung Ueber— schreitungen als nothwendig ergeben, man will aber durch den Bau der Thalsperre bei Marklissa technische und finanzielle Erfahrungen sammeln, um diese bei dem Bau der übrigen zu verwenden. Daher bitte ich, den zweiten Absatz abzulehnen. r

Abg. Seydel Hirschberg (nl. Die Kommission hat den Zusatz gemacht, um klar zum Ausdruck zu bringen, was für die Sammel⸗⸗ becken verwendet werden darf, und ich bitte, an dem Kommissionszusatz festzubalten. Zunächst ist allerdings nur die Thalsperre bei Marklissa versuchsweise in Aussicht genommen. Ohne den Zusatz der Kommissioa würde aber die Befürchtung bestehen. daß, wenn die Mittel der Vor⸗ lage nicht ausreichen sollten, die Mittel für den weiteren Bau der Thalsperren, aber nicht zum Ausbau der Flüsse verwendet werden.

Abg. Kop sch (frs. Velksp.) bittet gleichfalls den Zusatz der Kommifsion aufrechterhalten, damit nicht die Mittel bloß für die Thalsperren verwendet würden, die als große Bauwerke nach außen reyräsentieren und den Kulturfortschritt markieren sollten, während die anderen wichtigen Bauten an den Flüssen vernachlässigt würden.

Abg. Graf von Strachwitz (Zentr.) erklärt, daß auch seine Freunde an dem Kommissionszusatz festhalten.

Geheimer Ober⸗Finanzrath Bombois erklärt, e. die Finanz⸗ verwaltung dringend bitten müsse, den Kommissionszusatz wieder zu streichen.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer⸗ tein:

Meine Herren! Nach den Erklärungen, wie sie hier in dem hohen Hause abgegeben worden sind, muß ich annehmen, daß Mißtrauen gegen die Handhabung des Gesetzes durch die Staatsreglerung insofern besteht, als man anzunehmen scheint, daß vielleicht die Staatsregierung aus Vorliebe für den Bau von Thalsperren mehr für diese Zwecke ausgeben könnte, als die Betheiligten wünschen. Ih möchte aber darauf hinweisen, daß die Köaigliche Staatsregierung nicht allein darüber zu befinden hat, welche Bauten vorzunehmen sind. Es heißt hier in S 3:

Der erstmalige Ausbau erfolgt durch den Provinzialverband nach einem jwischen ihm und dem Staat für jeden Flußlauf zu vereinbarenden Plane.

Alfo die Staatsregierung allein hat nicht darüber zu beftimmen, ob, wie und wo Thalsperren auszuführen sind, sondern das wird fest⸗ gelegt durch eine Vereinbarung, die auf Grund des 83 dieses Gesetzes zwischen dem Provinzialverband und der Regierung stattzufinden hat. Wenn also meine Annahme richtig ist, daß Sie die Befürchtung hegen, die Staatsregierung allein könnte aus Vorliebe für den Bau von Thalsperren das Maß dessen überschreiten, was in diesen Plänen dafür in Aussicht gestellt ist, so ist, glaube ich, dieses Mißtrauen ebenso sehr zu richten gegen den Provinzialverband, der dabei mit⸗ zuwirken hat, als gegen die Staatsregierung. Diese beiden müssen sich darüber verständigen, was geschehen soll, und in dem Provinzial⸗ verbande werden natürlich alle diejenigen Ansichten vertreten werden, die Herr Graf Strachwitz, wie ich annehme, alt Schlesier hier hervor⸗ gehoben hat.

Tagegen muß ich doch erneut darauf hinweisen, daß die Fest⸗ legung dieser Summe bei der Ausführung des Gesetzes unter Um⸗ ständen erhebliche Schwierigkeiten herbeiführen kann, weil es möglich ist, daß, wenn eine auch nech so geringe Ueberschreitung nothwendig wird, die Klinke der Gesetzgebung in die Hand genommen werden muß. Ich kann mich daher den Darlegungen der Herren Regierungs⸗ vertreter und dem Wunsche, diese die Ausführung des Gesetzes be—⸗ schwerende Bestimmung zu streichen, nur anschließen.

Abg. Freiherr von Richthofen bestreitet, daß in dem Zisatz ein Mißtrauensvotum gegen die Regierung liege. Man müsse aber bedenken, daß der Staat */ die Provinz nur 13 der Kosten trage. Er hoffe, daß die Regierung ihren Widerspruch zurückziehen werde. . . Kop sch tritt nochmals für die Aufrechterhaltung des Zu⸗— atzes ein.

8s 28 wird mit dem Kommissionszusatz mit großer Mehr⸗ heit angenommen.

Die Debatte über die S8§ 29, 30 und 41 wird auf An⸗ trag des Abg. Baensch-Schmidtlein (fr. kons.) so lange an gseht. bis ein von ihm dazu gestellter Antrag gedruckt vorliegt.

Nach § 31 ist zur Festsetzung des Vertheilungsmaßstabes für die Unterhaltungspflicht der Interessenten für jeden Wasser⸗ lauf ein Kataster aufzustellen. Die Einschätzung in die Beitrags⸗ klasse soll nach dem Maß des Interesses erfolgen.

Abg. Letecha (g3entr.) beantragt, auch die bisherlge Unter- Salt e nr dabei zu berücksichtigen.

Ministertal · Direktor Dr. Herm es spricht sich gegen den Antrag aus, . n. Veranlassung vorliege, diese Interessenten anders zu be⸗

andeln.

Abg. Freiberr von Richthofen ist mit der Tendenz des An trags einverstanden, hält ihn aber in der Prax 's für außerordentlich schwer durchführbar und will deshalb gegen denselben stimmen.

Abg. Kirsch (Zentr) hält gerade nach der heutigen Erklärung des Regterungs⸗Kommissarg den Antrag für nothwendig, da sonst das Gesttz falsch ausgelegt werden könne.

Abg. Graf von Strachwitz spricht sich gegen den Antrag aus.

Der Antrag Letocha wird abgelehnt, 8 31 wird unver⸗ ändert angenommen, ebenso die S5 327.

Nach 5 38 wird für jeden Wasserlauf ein Sicherheits⸗ fonds zur Bestreitung außergewöhnlicher Kosten der Unter⸗ haltung aus Beiträgen der Interessenten gebildet. Ueber die Verwendung des Fonds beschließt der Provinzialausschuß nach Anhörung der Interessentenvertretung.

Abg. Graf von Strachwitz äußert Bedenken gegen die Ver⸗ wendung des Fondg und will festgestellt wissen, daß er zu den ge⸗ wöhnlichen Unterhaltungskosten nicht verwendet werde.

6 Freiherr von Richthofen: Der Fonds soll nicht zu ge⸗ wöhnlichen, laufenden n, ,,, . verwendet werden; dagegen könnte er z. B. für solche Kalgmitäten, wie sie jetzt in Gold erg⸗ Hainau eingetreten sind, berwendet werden. enn ein großes Bau⸗ werk durch eine Kalamltät zerstört würde und der Fonds nicht aug⸗ reicht, so dürfen jur Wilederherstellung die Interessenten nicht heran⸗

erg, werden.

In der Praxis wird sich die richtige Verwend er Fonds herausstellen, und wir können uns beim Etat in an.

Jahre darüber unterhalten.

Geheimer Ober, Regierungzgrath Frelherr von Seherr⸗Thoß:

Diese Ausführungen sind im großen Ganzen zutreffend. Der Sicherbeilz⸗

fonds soll nicht zu den gewöhnlichen Unterhaltungskosteg, soadern nur zur Bestreitung außergewöhnlicher Kosten verwendet werden. Ob er

zur Ausbesserung einer Thalsperre verwendet werden kann, ist eine

Doktorfrage.

546 wird angenommen, ebenso 8 39.

Nach f 40 hat der w durch Statut für jeden Wasserlauf, erforderlichenfalls auch für einzelne Zu— flüsse, eine Vertretung der Interessenten einzusetzen, welche bei dem Ausbau und der Unterhaltung des Wasserlaufs mit⸗ zuwirken hat.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (fr. kons. ): Ich will dahingestellt sein lassen, ob es nicht richtiger wäre, elne Gruppen⸗ eintheilung nach Maßgabe ihrer Geschäfte in dem Gesttz festzulegen. Welche Rechte sollen denn die Gruppen von den Rechten der Inter⸗ essentenvertretung haben? Bei den Aufgaben der Interessenten⸗ vertretung hat oft die Gruppe an die Stelle der Gesammtvertretung zu treten, und ich meine, daß sie in den Fällen auch als Interessenten⸗ vertretung im Sinne des Gesetzes anzusehen ist.

Abg. Kirsch theilt die Bedenken hinsichtlich der Gruppen eintheilung und fragt, ob noch außerhalb des Gesetzes Befugnisse für die Interessenter vertretung in Aussicht genommen seien.

Geheimer Ober ⸗Regierungsrath Freiberr von Seherr⸗Thoß: Ich möchte diese Frage bejahen. Diese Befugnisse werden statutarisch sestgesetzt werden müssen, namentlich wann die Gesammtvertretung und wann die einzelnen Gruppen zu befragen sind. Die Bestimmungen des Gesetzes sollen bezüglich der Interessentenvertretung nur einen allgemeinen Anhalt bieten.

Abg. Freiherr von Richthofen: Contra legem kann daz Provinztalstatut natürlich keine Bestimmungen treffen, wohl aber prasSter legem. Der Wunsch der Mehrheit der Kommission ging dahin, daß in möglichst vielen Fällen die Gruppen gehört werden sollen, und zwar, soweit es nicht absolut nothwendig ist, die Gesammt⸗ vertretung für den ganzen Fiußlauf zusammenzuberufen, well sost der Apparat zu schwersällig wird.

Abg Seydel Hirschberg schließt sich diesen Ausführungen an.

49 wird in der Kommissionsfassung angenommen.

ach 8 29 sind die Kosten der Unterhaltung der Wasser⸗ läufe von den Interessenten zu tragen. Nach 8 50 sollen diese Kosten nach Maßgabe des Vortheils der einzelnen Interessenten vertheilt werden. Nach § 41 sollen die Adsazenten, deren bis⸗ herige öffentlich rechtliche Unterhaltungspflicht fortfällt, eine Entschädigung leisten.

Abg. Bagensch-Schmidtlein (fr. kons beantragt, daß diese Entschädigung den Höchstbetrag von 20 6 Geldrente für den laufenden Kilometer zu unterhaltender Wasserläufe nicht übersteigen darf.

Abg. Ba ensch⸗Schmidtlein: Durch die Entschädigung kann der wirthschaftliche Ruin der Betheiligten herbeigefübrt werden. Es werden sich gleich eine Unmenge Projesse nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ergeben. Ich würde mit der Eatschädigungspflicht einverstar den sein, wenn ein Höchstbetrag festgelegt wird, über den auf keinen Fall hinausgegangen werden darf,. Die Räumungepflicht ist eigentlich gar nicht mebr nachzuweisen. Nimmt man 500 4 Räumungskosten für den laufenden Kilometer an, so werden für eine Gemeinde sich 5000 M durchschnittlich ergeben. Die Staatsregierung hat erklart, darauf nicht eingehen zu können. Daher besteht die Gefahr, daß die Anforderung an die Gemeinde nech höher wird, und dagegen müssen die Anlieger geschützt werden. Ich müßte gegen den Paragraphen stimmen, wenn mein Antrag nicht angenommen wird.

Ministerial⸗Direktor Or. Herm es: Die bisherigen Unterhaltunge⸗ pflichtigen sollen von dieser Pflicht nicht ohne Eatschädigung entlastet werden. Das entspricht der Billigkeit Eine übermäßige Belastung wird dadurch nicht eintreten. Der Antrag ist ungeeignet, und ich bitte, ihn abzulehnen.

Abg. Kopsch ist gegen den Antrag Baensch⸗Schmidtlein, weil man nicht übersehen könne, ob die darin festgesetzte Grenze richtig sei; 3 . sei nur im Interesse eines einzelnen Großgrundbesitzers gestellt.

Abg. Dr. Heisig (Zentr.) spricht sich ebenfalls gegen den Antrag aus. Wenn besonders hohe Kosten entstaͤnden, wie z. B. durch den Bruch einer Thalsperre, so werde niemand diese Wiederheirstellungskosten den Interessenten auferlegen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch: Der Antrag will eine Schwierigkeit des 5 41 beseitigen; ich erkenne an, daß seine Form nicht einwandfret ist, weil eine solche mechanische Bestimmung immer hin bedenklich ist. Es ist aber doch erwünscht, daß ir lend eine Be⸗ grenzung festgesetzt wird. Die bestehende Räumungsvpflicht ist sehr schwer mit Zihlen meßbar, und es muß eine gewisse Sicherheit gegen eine Ueberlastung gegeben werden. Die Entschädigung darf nicht höher sein als der Btrtag, um den die bisherige Pflicht die neue Pflicht auf Grund dieses Gesetzes übersteigt. Ich bitte, vorläufiJ den Antrag . vorbehaltlich einer besseren Redaktion in dritter Lesung an⸗ zunehmen.

Geheimer Ober Regierungsrath Freiherr von Seherr-⸗Thoß bemerkt, daß die Räumungspflicht nach wie vor bestehe, wenn auch die Pflichtigen in längerer Zeit nicht mehr herangezogen worden seien. Es sei nicht zu befürchten, daß die Provinz in der Erhebung der Ent schädigung ju weit gehen werde. Daß nur für das Plus der bisherigen Verpflichtung über die neue eine Entschädigung geleistet werde, sei ein annehmbarer Gedanke, aber er sei schwer zu formulieren. Hoffentlich sei bis zur dritten Lesung eine Verständigung möglich; er bitte, jetzt den Antrag abzulehnen.

Abg Hornig (kons.) spricht sich gegen den Antrag aus.

Abg. Freiherr von Richthofen stellt fest, schädigung nur dann gefordert werden könne, wenn es sich bisher um eine dauernde Pflicht gehandelt habe. Er würde es mit Freuden be⸗ grüßen, wenn über diesen Paragraphen bis zur dritten Lesung eine größere Klarheit geschaffen werden könnte. Die Sache sei außerordentlich schwierig, aber eine feste Grenze, wie nach dem Antrage Baensch, lönne für manchen zu niedrig, für andere ju hoch sein. Es müsse bis zur dritten Lesung ein besserer Ausweg gefunden werden. Solche Kosten, wie die der Wileder⸗ herstellung eines großen Bauwerks, könnten natürlich nicht als Unter⸗ haltungskosten angesehen werden. Dieser Auffassung habe auch der Regierungs⸗Kommiss ar zugestimmt. Eine Petition der Schaffgotsch'schen Herrschaft mache einen ähnlichen Vorschlag wie der Antrag; dieser Vorschlag empfehle sich aber nicht; vielleicht könne man sagen, daß eine Entschädigung „nach billigem Ermessen“ geleistet werden solle oder: soweit eine Ueberbürdung nicht eintreten würde“.

Abg. Graf von Strachwitz beantragt, die Entschädigung nach billigem Ermessen“ festzusetzen.

Abg. Baensch⸗Schmidtlein: Der Abg. Kopsch behauptet, 1 ich meinen Anteag nur im Interesse eines einzelnen Großgrund⸗ besitzers gestellt habe. Diesen Vorwurs weise ich mit aller Ent— schiedenheit zurück. Ich selbst habe en die Schaffgotsch'sche Herr⸗ schaft einen Prozeß wegen der Raͤumungepflicht angestrengt und gewonnen. Die Interessen dieser Herrschaft tangieren mich also in keiner Wise, ich betone nur die Interessen der ländlichen Gemeinden. Da die Verhälmnisse durch meinen Antrag geklärt sind und Hoffnung 91 gn bit zur dritten Lesung besteht, so ziehe ich meinen An— rag zurück.

Abg. Seydel = Hirschberg: Früber sind die Adjazenten garnicht herangezogen worden, und jetzt sind die Kosten natürlich ungewöhnlich

hoch. Daher ist es nöthig, die Entschädigung nach billigem Grmessen

festzusetzen. (Schluß in der Zweiten Beilage.)

daß eine Ent⸗

M 136.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Abg. Kopsch: Ich habe nur gesagt, daß durch den Antrag in erster Linie das Interesse der Schaffgotsch'ichen Herrschaft gewahrt wird. Es widerspricht dem Gerechtigkeitsgefühl, daß diejenigen, die fräber ihre Pflicht versäumt. haben, jetzt geschont werden. Deshalb muß die Entschädigung nach Maßgabe der bisherigen Verpflichtung gezahlt werden.

Die * 29, 30 und 41 werden angenommen, der letztere mit dem Antrage des Abg. Grafen Strachwitz.

Nach 8 43 sollen Unternehmer, welche ein für den Hoch⸗ wasserschutz bestimmtes Sammelbecken durch Wasserentnahme für ihre Zwecke nutzbar machen, zu den Herstellungskosten bei⸗ tragen. Bei der Bemessung ihres Beitrags soll nach der Koinmissionsfassung eine Verzinsung des Baukapitals mit 4 Proz. zu Grunde gelegt werden. Die Regierungsvorlage sah 31a ö vor.

Abg. Feeiherr von Richthofen wünscht die Wiederherstellung der Fassung der Regierung vorlage.

Sz 43 wird in der Fassung der Kommission angenommen, ebenso die 8 14 - 47 a. t

Nach 3 48 sollen die Bestimmungen dieses Gesetzes durch Königliche Verordnung auf andere Wasserläufe in der Provinz Schlesien ausgedehnt werden.

Abg. Dr. Heisig bemerkt, daß er in der Fommission beantragt habe, daß das Gesetz auf die Klodnitz und ihre Zuflüsse ausgedehnt werden könne. Er wolle den Antrag nicht wiederholen, mache aber darauf aufmerksam, daß ein einheitlicher Plan süe den Ausbau der Klodnitz fast fertig sei. Es solle überhaupt für die ganze Provinz Schlesien ein einheitlicher Plan aufgestellt werden, denn es komme vor, daß die Bewohner am Unterlaufe eines Flusses garnicht erfahren, was am Oberlauf gemacht werde. ö ;

48 wird angenommen. Damit ist das Gesetz erledigt.

Die Abgg. von Arnim, von Neumann (kons.) und Genossen beantragen, folgenden 3 49 hinzuzufügen: Der planmäßige Ausbau der im 3 1 aufgeführten Flußläufe darf vor dem Inkrafttreten eines Gesetzes, betreffend Maßnahmen zur Verhuͤtung von Ueberschwemmungen im Laufe der unteren Oder, nicht in Angriff genommen werden.

Die Abgg. Freiherr von Willisen (kons.) und Genossen beantragen, in diesem Antrage hinter dem Worte „Oder“ die Worte „Spree, Havel und Elbe“ hinzuzufügen. ; Abg. Brauer⸗Forst (fr. kons) beantragt, auch die Lausitzer Neisse noch hinzuzufügen.

Abg. von Arnim (sehr schwer verständlich, zumal er fortgesetzt nach rechts abgewendet spricht): Der Kommission hat mein Antrag in einer etwas weiter gehenden Fassung, unter Ausdehnung auf die Spree und Havel, vorgelegen. Wir sind der Ansicht, daß der Antrag in der jetzigen Fassung eher Aussicht auf Annahme hat, zumal die untere Oder mit dieser Borlage am engsten in Verbindung steht. Der Minister hat gestern erklärt, die untere Oder könne nicht wohl reguliert werden ohne die gleichjeitige Annahme des Großschiffahrtsweges. Ich glaube, den Minister mit seinen eigenen Worten schlagen zu lönnen. Am 8. März 1899 erklärte er nämlich, dieses Projekt stehe in unlös barem Zusammenhange mit den Regulierungsarbeiten der schlesischen Gebirgs⸗ flüsse; es sei aber mit Sicherheit zu erwarten, daß die Frage dem nächst in Verbindung mit der Regulierung der oberen Flußläufe gelöst werde. Nun ist an dieser Stelle mit keinem Worte davon die Rede, daß die Regulierung der unteren Oder in Verbindung gebracht werden solle mit dem Großschiffahrtswege Berlin Steitin, sondern nur, wie es auch der alten Regel entspricht, mit der (leich—⸗ zeitigen Regulierung der oberen Oder. Man muß also annehmen, daß das Projekt für die untere Oder ganz selbständig ausgeführt werden kann. Die Regierung muß nach unserer Ansicht Gelegen⸗ heit bekommen, diese offenbare Bivergenz zwischen ihrer früheren und jetzigen Stellung zu erklären. Wir müssen uns auf das Entschiedenste dagegen wehren, daß die Regulierung der unteren Oder mit dem Großschiffahrtswege und dadurch mit der Kanal⸗ vorlage verbunden wird. Der Landwirthschafts⸗-Minister stellte schon 1898 eine Vorlage für die damalige Session in Aus⸗ sicht. Da sie nunmehr erst in der nächsten Session mit dem Kanal zusammen kommen soll, so herrscht natürlich eine scharfe Mißstimmung in der Bevölkerung. In der Sitzung vom 23. März 1900 erklärten der Landwirthschafts⸗Minister und der Finanz ⸗Minister, die Vorlage solle noch in der gegenwärtigen Session kommen. Allerdings bestehen Verschiedenbeiten zwischen dem, was darüber im gedruckten Bericht steht, und dem, was verschiedene Mitglieder des Hauses gehört zu haben glauben. Da meine Heimath im Laufe von 21 Jahren jedes Jahr Hochwasser gehabt hat, so habe ich ein ernstes Wort reden zu müssen geglaubt. Es wird uns immer ent- gegengehalten, die untere Oder leide garnicht durch den Aus bau der oberen Oder. Aber durch die Regulierung wird der Wasserzufluß zur unteren Oder noch beschleunigt werden. Die Thal⸗ sperren könnten dagegen zwar etwas schüͤtzen, aber es soll ja vor—⸗ läufig nur eine einzige gebaut werden. Est ist wirklich etwas naiv, zu verlangen, daß die Anwohner der unteren Oder sich auf die eine Thalsperre verlassen sollen. Wir beabsichtigen mit diesem Antrage nicht, das Gesetz zu Falle bringen, aber man soll nicht ebenso noth⸗ wendige Regulierungen an demselben Flusse unterlassen. Eine große Reihe von technischen Vorarbeiten, die aus diesem Gesetz sich ergeben, kann auch bei Annabme meines Antrages ausgeführt werden.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Thielen:

Der Heir Abg. von Arnim hat in sehr scharfen Worten seinem und seiner Parteigenossen Unmuth darüber Ausdruck gegeben, in welcher Weise die Staattregierung die Regulierung der unteren Oder hinzöge, und hat in Autsicht gestellt, daß von seinen Freunden aus der Partei diesem Unmuth noch in weit schärferer Weise heute wahr—⸗ scheinlich Ausdruck gegeben werden würde. Und doch beruht nach meiner Meinung der Grund seines ganzen Unmuths auf Mißverständ⸗ nissen und Irrthümern. (Heiterkeit rechts.)

Herr von Arnim hat mir vorgehalten, daß ich 1898 in klarer und deutllcher Weise überzeugend nachgewiesen habe, daß man die Regulierung der Gehirgeflüsse der Oder nicht eher vornehmen dürfe, bis man auch die untere Oder reguliere. Meine Herren, diese meine Auffassung wird auch heute noch von mir getheilt. Das Projekt, das damals überhaupt in Rede stand und ausgearbeitet war, war ein ganz anderes wie datjenige, über das Sle heute in zweiter Lesung berathen. Schon die Ueberschrift beweist das. Das Gesetz hieß damals „Regulierung der Flüssen; heute heißt es „Beseitigung der Hochwassergefahren '. Eine planmäßige Regu⸗ lierung der Zuflüsse der Oder vorjunehmen, ohne zu gleicher Zeit die untere Oder auch zu regulieren, war und ist ein unzweckmäßiges Vor- gehen. Heute sollen aber nur die Hochwassergefahren durch das vor—⸗

zum Deutschen Reichs⸗A

Zweite Beilage nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 9. Juni

liegende Gesetz verhütet werden, und zwar einerseits dadurch, daß man durch Thalsperren und kleinere Stauweiher Wasser zurückhält, und nach der anderen Richtung, daß man die Flüsse rerhindert, ihre Geschiebe den unterhalb liegenden Strecken zuzuführen. Dag sind die beiden havptsächlichen großen Aufgaben, die das Gesetz, das wir heute berathen, verfolgt, während das Gesetz von 1898 ein ganz anderes war, mit einem viel weiteren Rabmen, der allerdings, wenn er zur Ausführung kam, die Nothwendigkeit mit sich brachte, sofort mit der Regulierung der unteren Oder vorzugehen. Das ist das erste Mißverständniß.

Das zweite Mißverständniß besteht darin, daß ich meinerseits in meiner gestrigen Erklärung durchaus nicht gesagt habe: Die Regu—⸗ lierung der unteren Oder könne nur mit dem Großschiffahrtswege zu⸗ sammen ausgeführt werden. Ich habe umgekehrt den Vertretern der Stettiner Interessen in der Interpellation Broemel und Genossen ge—⸗ sagt: Ihr könnt Euren Großschiffahrtsweg Berlin Stettin nicht eher bekommen, bis die Frage der Regulierung der unteren Oder, die gleichzeitig mit in Angriff genommen werden muß, zur Ausführung klargestellt ist. In einer Beziehung hängt allerdings die Regulierung der Oder mit dem Großschiffahrtswege zusammen und ist in das be⸗ zügliche Projekt aufgenommen, sowie die Garantieverpflichtung von Berlin, Stettin und anderen Interessenten darauf ausgedehnt worden, daß nämlich gleichzeitig ein Vorfluthkanal aus dem Oderbruch gebaut wird. Die weitere Regulierung der unteren Oder ist an und für sich technisch unabhängig von dem Großschiffabrtzweg, kann ohne den Großschiffahrtsweg ausgeführt werden. Mit keinem Wort ist das Gegentheil von mir behauptet worden. Es ist das also ein zweites Mißverständniß des Herrn von Arnim.

Ein drittes Mißverständniß oder ein Irrthum ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll, besteht darin, daß Herr von Arnim der Staatsregierung ohne weiteres die Absicht und mir die Erklärung zu⸗ schreibt: wenn der Mittelland⸗Kanal fiele, dann wären damit auch alle übrigen Projekte gefallen. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, wo ist das seitens der Staatsregierung erklärt worden? (Zurufe rechts) Bitte, ich muß das auedrücklich in Abrede stellen. Ich habe zwar nicht den stenographischen Bericht hier, weil er mir gedruckt noch nicht hat vorgelegt werden können, ich habe aber hier den Text meiner Rede, der unzweifelhaft genau bis auf das Komma mit dem stenographischen Bericht übereinstimmt, und in diesem Text steht nicht ein Wort davon. Ich habe immer nur betont: der Großschiffahrtsweg kann nicht ausgeführt werden, ohne daß gleich zeitig die untere Oder reguliert wird, und der Großschiffahrtsweg steht allerdings, wie bereits in der Thronrede vom 9. Januar aus— geführt ist, in dem großen Wasserbau⸗Programm, welches die er— weiterte Kanalvorlage umschließt. Es ist aber nirgendwo seitens der Regierung erklärt worden, daß sie das Schicksal des einen Projekts an das der anderen unbedingt bindet. Ich kann in der Be⸗ ziehung weder positiv noch negativ namens der Staats— regierung irgend eine Erklärung abgeben. Die Staatzregierung muß sich ihre Stellung vollständig offen hallen, was sie thun will, wenn das eine oder andere dieser Projekte abgelehnt werden sollte. Sie werden auch von der Staatsregierung heute nicht verlangen können, daß sie Ihnen bereits sagt: wenn ihr den Großschiffahrtsweg ablehnt, bekommt ihr nicht die untere Oder, oder wenn ihr den Rhein⸗Elbe⸗ Kanal ablehnt, dann bekommt ihr dieses oder jenes andere Projekt, welches in der Vorlage enthalten ist, nicht, oder ihr bekommt es doch. Es wäre unrichtig und zwecklos, schon jetzt der Staatsregierung eine bestimmte Entscheidung in dieser Frage zumuthen zu wollen, wie das Herr von Arnim vorhin gethan hat. Alle derartigen Zumuthungen muß die Staatsregierung entschieden ablehnen. Solche zu konstruieren, dazu bietet weder meine Erklärung noch eine andere Erklärung, die seitens der Staatsregierung abgegeben worden ist, irgend einen Anbalt.

Meine Herren, hat denn die Staatsregierung nicht deutlich ihre Absicht kundgegeben, die Regulierung der unteren Oder unter An⸗ erkennung ihrer Dringlichkeit demnächst vorzunehmen? Hat sie nicht mit thunlichster Beschleunigung das sehr schwierige Projekt aufgestellt? Ist sie nicht bezüglich dieses Projekts mit allen Interessenten bis in die letzten Tage hinein in Verhandlung getreten? Habe ich nicht selbst gestern Ihnen die Anstände mitgetheilt, die die Regulierung der unteren Oder nach dem aufgestellten Scheck'schen Projekt gefunden hat, und daß wir bemüht seien, diese Anstände so bald als möglich zu be⸗ seitigen, daß das aber nicht so rasch geschehen könne, um die Vorlage noch in der laufenden Session einbringen zu können? Ich kann daher sowohl die Vorwürfe, die der Staatsregierung im allgemeinen gemacht worden sind, als auch den Vorwurf, den Herr von Arnim mir persönlich ge⸗ macht hat, daß ich meine Meinung vollständig geändert habe, nur alt unberechtigt zurückweisen.

t Minister für Landwirthschaft ꝛc. Freiherr von Hammer⸗ tein:

Meine Herren! Als ich den Antrag der Herren Abgg. von Arnim und von Neumann las, habe ich schon angenommen, daß eine irrthümliche Auffassung über die Folgen des Antrags bei den Herren Antragstellern vorläge. Aus den Darlegungen des Herrn von Arnim habe ich heute mich überzeugt, daß diese Muthmaßung richtig ist. Der Antrag sagt:

Der planmäßige Aus bau der in § 1 aufgeführten Flußläufe darf vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes u. s. w. nicht in Angriff genommen werden.

Aus der Begründung des Antrags habe ich heute entnommen, daß Herr von Arnim und mithin wahrscheinlich alle Antragsteller glauben, wenn der Antrag angenommen werde, so sei es möglich, vorbereitende Schritte für die Ausführung des schlesischen Hochwasser⸗ gesetzes in Angriff zu nehmen, also beispielsweise die Verständigung zwischen Provinzialverband und Staatzregierung über die auszu führenden Bauten herbeizuführen, Techniker anzunehmen und vor⸗ bereltende Arbeiten für die Aufstellung von Spezialprojekten u. s. w. in Angriff zu nehmen. Diese Auffassung hat Herr von Arnim als die seinige noch in seiner heutigen Rede ausdrücklich

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hingestellt, es solle nach der Fassung des Antrags nur mit dem wirklichen Ausbau nicht begonnen werden. Diese Auffassung des Herrn von Arnim ist aber eine irrige. Die Kosten der Vorarbeiten sind zu / von der Staatskasse, zu 1½ς von der Propinzialverwaltung zu bestreiten, und die Mittel, die dafür verwendet werden sollen, werden erst durch dieses Gesetz zur Verfügung gestellt. Weder die Staatsregierung, noch die Prooinzlalverwaltung sind berechtigt, vor Inkrafttreten des Gesetzes Mittel zu verwenden, welche erst mit Inkrafttreten des Gesetzes verfügbar werden. Das Inkraft⸗ treten des Gesetzes soll nach dem vorliegenden Antrage vom Inkrafttreten eines anderen, mit dem gegenwärtigen Gesetz nicht in Verbindung stehenden Gesetzes abhängig gemacht werden. Ich bin der Ansicht, daß Sie mit Annahme des Antrages Neumann wenigstens pro tempore das ganze Gesetz ablehnen. (Sehr richtig! links).

Ich halte mich aber auch für verpflichtet, wie ich das auch bereits in der Kommission dargelegt habe, und aus denjenigen Gründen, die in Uebereinstimmung mit den Vertretern aller übrigen Ressorts meine Kommissare in der Kommission dargelegt haben, darauf hinzuweisen, daß ihre Absicht, das Inkrafttreten des schlesischen Gesetzes abhängig zu machen von der Verabschiedung eines anderen, auf einem völlig anderen Gebiete liegenden Gesetzes, allem parlamentarischen Brauch widerspricht, daß das Vorgehen völlig unzulässig ist, daß die Staatsregierung schon grundsätzlich aus diesem formellen Grunde das Gesetz mit diesem Antrage als unannehmbar ablehnen muß. Den entsprechenden Beschluß wird die Königliche Staats⸗ regierung erst fassen können, falls der Landtag ihren Antrag an⸗ genommen haben wird. Also aus dem von mir hervorgehobenen formellen und materiellen Grunde wird im Falle der Aufnahme des von ihnen beantragten § 49 des vorliegenden Gesetzentwurfs nach meiner Ueberzeugung eine Ablehnung des Gesetzes die nothwendige Folge sein.

Meine Herren, auf einen anderen Punkt gestatte ich mir hin⸗ zuweisen. Die Königliche Staatsregierung bekundet durch Vorlegung dieses Gesetzentwurfs, daß sie nicht beabsichtigt, alle diejenigen Gesetzes⸗ und Meliorationsvorlagen, welche man mit dem Mittelland⸗Kanal in Verbindung bringen könnte, von der Annahme des Mittelland Kanals abhängig zu machen. Aus der Vorlegung dieses Gesetzentwurfs ist eher das Gegentheil zu entnehmen. Daß noch sämmtliche in der Thronrede angekündigten Vorlagen noch nicht ein⸗ gebracht sind, erklärt sich aus dem einfachen Grunde, daß dieselben, wie das der Herr Arbeits- Minister bereits dargelegt hat, noch nicht haben fertiggestellt werden können.

Im übrigen kann ich mich vollständig mit den Ausführungen des Herrn Arbeits⸗Ministers einverstanden erklären. Ich kann Ihnen die Befugniß nicht zugestehen, die Königliche Staatsregierung in ihrem Recht zu beschränken, lediglich nach eigenem Ermessen darüber zu ent⸗ scheiden, ob, wann und in welcher Form sie ihre Vorlagen und Anträge dem Landtage zur Beschlußnahme unterbreiten will. Daß Sie darauf durch Beschlüsse einen zwingenden Einfluß ausüben wollen, widerspricht allem bisherigen parlamentarischen Brauch. (Widerspruch rechts) In der Beziehung ist die Staatsregierung absolut unabhängig und wird sich ihr Recht nicht einschränken lafssen. Daß die noch ausstehenden wasserwirthschaftlichen Vor⸗ lagen als ein Ganzes vorgelegt werden, dafür kann man mit Recht als Grund anführen, daß die Gesammtheit dieser Vorlagen sich als ein einheitliches wasserwirthschaftliches Pro⸗ gramm der Königlichen Staatsregierung von eminenter wirthschaftlicher und finanzieller Bedeutung darstellt. Der Ueberblick ist nur aus der Gesammtheit der Vorlagen zu gewinnen. Finanziell steht eine Verwendung von etwa 400 Millionen in Frage. Welche Stellung die Königliche Staatsregierung einnehmen wird, wenn der Landtag die Vorlage zum theil ablehnen würde, darüber kann naturgemäß doch ein Beschluß der Königlichen Staatsregierung nach erfolgtem Landtags⸗ beschluß erfolgen.

Meine Herren, nehmen Sie es mir nicht übel, Sie haben in Ihren Köpfen ohne zede Unterlage sich zurechtgelegt, wie solcher Beschluß der Königlichen Staatsregierung ausfallen wird. (Sehr gut!) An einem positiven Anhalt für eine solche Annahme fehlt es vollständig; ich be⸗ streite auch, daß eine solche Absicht bei der Staatsregierung besteht, umsomehr, als die Staatsregierung mit dieser Vorlage einen anderen Weg betreten hat.

Im übrigen sind bereits in Anlaß der Kommissionsverhandlungen die heute von Herrn von Arnim erneut vorgebrachten Behauptungen, daß in den Erklärungen, welche ich im Landtage abgegeben habe, Widersprüche sich befinden, von mir widerlegt worden. Ich habe keinen Anlaß, erneut auf diese Behauptungen einzugehen. In dem Kom⸗ missionsbericht sind diese Erklärungen in extenso gedruckt die Richtigkeit dieser Darlegungen ist meines Erachtens auch heute nicht widerlegt.

Ich will mich kurz resümieren: Ueber die Tragweite ihres An⸗ trags müssen sich die Herren klar sein. Nehmen Sie den § 49, wie solchen Ihr Antrag fordert, an, so muß meines Erachtens das schlesische Hochwassergesetz von der Königlichen Staatsregierung ab- gelehnt werden, und zwar aus den von mir dargelegten prinzipiellen und sachlichen Gründen. (Hört, hört! rechts.) Ob das im Interesse der Provinz Schlesien liegt, meine Herren, das möchte ich doch sehr bezweifeln.

Ich möchte auch darauf hinweisen, daß schon einmal die Staats⸗ regierung bemüht gewesen ist, wegen der Abwendung der Hochwasser⸗ gefahren in der Provinz Schlesien auf dem Wege der Gesetzgebung und Verwaltung vorzugehen, daß damals auch durch eine Ablehnung seitens des Landtages die Ausführung dieser Pläne der Staatsregierung verhindert wurde. Es handelte sich damals um die Unterhaltungg⸗ pflicht der zu regulierenden schlesischen Flußläufe. Inzwischen haben wir wiederholt erfahren, was eg bedeutet, wenn der bestehende Zustand bleibt. Wie große Kalamitäten eintreten, trotzdem Staats. und Privatwohlthätigkeit sich bemüht haben, die traurigen Folgen der