1900 / 257 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Oct 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Per sonal⸗ Veränderungen.

Königlich Breußische Armee.

Beamte der Militär⸗Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministerium g. 14. Sep— tember. Grimm, Lazareth⸗Insp. auf Probe in Graudenz, zum Lazareth⸗Insp. einannt.

1. Dktober. Dr. Holz, Korps. Stabzapotheker vom III. Armee- Korpt, um Ober. Stabsapotheker im Kriegs- Ministerium, Wünnen⸗ berg, Meier, Lazareth⸗Inspektoren in Rendsburg bezw. Görlitz, zu Lajareth. Verwalt. Inspektoren, ernannt.

4. Oktober. Heberer, Zapp, Schütze, Stenjel, Berg⸗ mann, Intend. Bureau ⸗Diätare von den Intendanturen der 8. bezw. 37., 21., 9. und 2. Div., Schröter, Leidreiter, Gieß, Jacques, Hoppe, Intend. Bureau. Diätare von den Intendanturen der 3. bezw. 35., 28. Div., deg XV. Armee-Korps und der 4. Div., Nicolaus, Raschke, Klinner, Intend. Bureau ⸗Diätare von den Intendanturen des 1II. Armee⸗Korps bezw. der 6. Div. und des VI. Armee⸗ Korps, Höh, Scholj, Schönfelder, Becker, Stephen, Stockmann, Intend. Bureau⸗Diätare von den Inten⸗ danturen des VI. Armee Korps bezw. der 30, 11. Div., des XVI. Armee Korps, der 38. Div. und des 1V. Armee-Korps, zu Intend. Sekretären, Luther, Reichardt, Intend. Bureau ⸗iätare von den Intendanturen des V. bezw. IX. Armee Korps, zu Intend. Registratoren, Arnold, Scheer, Briel, Zahlmstr. Asplranten, zu Zahlmeistern beim XV. Armee-Korps bezw. Garde⸗Korps und XVII. Armee⸗Korps, ernannt.

5. Oktober. Bartsch, Proviantmeister in Saarbeuis, auf seinen Antrag zum 1. November 1900 mit der gesetzlichen Peaston in den Ruhestand versetzt.

9. Oktober. Koschorreck, Proviantamts⸗Assistent in Neisse, ö. ö Antrag mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt.

10. Oktober. Schur wanz, Winkler, Kanzlei Diätare, zu Geheimen Kanzlei, Sekretären im Kriegs⸗Ministerium, Willing, Schulz, Neß, Henning, Proviantamts-Kontroleure auf Probe in Gnesen bezw. Itzehoe, Minden und Dt. Eylau, zu Proviantamts—⸗ Kontroleuren, ernannt. Scholle, Witte, Proviantamts⸗ Aspiranten, als Proviantamts-⸗Assistenten in Cassel bejw. Thorn angestellt.

11. Oktober. Krause, Intend. Sekretär von der Intend. des VII. Armee-Korps, zu der Intend. des III. Armee-Korps versetzt. Wichterich, Intend. Bureau⸗Diätar von der Intend. der 15. Dww., zum Intend. Sekretär, Schild, Kanzlei⸗Diätar, zum Intend. Kanzlisten bei der Intend. des J. Armee-Korps, ernannt.

13. Oktober. Wendt, charakteris. Proviantamts⸗Direktor in Hannover, zum Proviantamts⸗Direktor ernannt.

Königlich Sächsische Armee.

Offiziere ꝛc. 5. Oktober. Bram sch, Oberlt. im 2. Ulan. Regt. Nr. 18, vom 1. Dezember 1900 ab auf ein Jahr zum Kaiser—⸗ lichen General⸗Konsulat in Calcutta kommandiert.

Beamte der Militär⸗Verwaltung.

Durch Verfügung des Kriegs-⸗Ministerium s. 11. Ok— tober. Schlien, Kanzlist beim bisherigen Ober⸗Kriegsgericht, unterm 1. November 1900 in gleicher Eigenschaft zur Intend. XIX. (2. K. S.) Armee⸗Korps versetzt.

Militär⸗Geistliche.

Durch Verfügung des Kriegs-⸗Ministerium s. 4. Ok⸗ tober. Schulze, Pfarrer in Cunewalde, als evangelisch lutherischer Div. Pfarrer in Dresden unterm 4. November 1900 angestellt.

XIII. (stöniglich Württembergisches) Armee Korps.

Offiziere, Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförde⸗ rungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 18. Ok- tober. Prinz Ernst von Sachsen⸗Wei mar, Herzog zu Sachsen Hoheit, Major aggreg. dem 2. Garde⸗Drag. Regt. Kaiserin Alexandra von Rußland, in dem Kommando nach Preußen behufs Uebertritts zum Stabe dieses Regte. belassen. Heinrich XIX., Prinz Reuß Durchlaucht, Königlich preuß. Gen. Lt., bisher Gen. Maßor, von der Stellung als Kommandeur der 26. Kavallerie ⸗Brigade (1. K. W) behufs Verwendung als Kommandeur der 34. Div. enthoben. v. Alten, Königl. preuß. Oberst, bisher Kommandeur des Huf. Regtg. König Humbert von Italien (1. Hess) Nr. 13 kom- mandiert nach Württemberg, mit der Führung der 26. Kab. Brig. (1. K. W.) beauftragt. Sixt v. Armin, Köoͤnigl. preuß. Oberst, pon der Stellung als Chef des Generalstabes des Armee⸗Korps behufs Verwendung als Kommandeur des Inf. Regts. Graf Bülow von Dennewitz (6 Westfäl.) Nr. 55 enthoben. v. Unger, Königl. preuß. DOberstlt,, bisher Kommandeur des 1. Bad. Leih-⸗Drag. Regts. Nr. 20, kommandiert nach Württemberg, zum Chef des Generalstabs des Armee⸗Korpz ernannt. Drimborn, Königl. preuß. Major, von der Stellung als Batz. Kommandeur im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn behufs Verwendung als inaktiver Stabsoffizier bei dem General Kommando des IV. Armee-Korps enthoben. Ferling, überzähl. Major aggreg. dem Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr. 125, als Bats. Kommandeur in das 4. Inf. Regt.

tr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn versetzt. Werner, überiähl. Major aggreg. dem Inf. Regt. König Wilbelm J. Nr. 124, zum Bats. Kommandeur im Regt. er⸗ nannt. Feyerabend, Hauptm. und Komp. Chef im Eisenbahn— Regt. Nr. 2. unter Enthebung von dem Kommando nach Preußen, als Komp. Chef in das Inf. Regt. Kaiser Friedrich, König von Preußen Nr 125 eingetheilt. Arnold, Hauptm. im 10. Inf. Regt. Nr. 180, unter Enthebung von dem Kommando als Adjatant bei der 53. Inf. Brig. (3. K. W.), als Komp. Chef in das Gren. Regt. König Karl Nr. 123 versegtzt. v. Hoff, Oberlt. im Inf. Regt. König Wilhelm J. Nr. 124, n, zur 53. Inf. Brig. (3. K. W.) kommandiert. v. Han ein. Königl. preuß. Oberst, beauftragt mit der Führung der 27. Feld Art. Brig. (2. K. W.) zum Kommandeur dieser Brig. ernannt. Erpf, Hauptm. in der 2. Ingen. Insp. und Ingen. Offizier vom Platz in Glogau, zum Major be— fördert. Köster, Königl. vreuß. Hauptm. ohne Patent, bisher Oberlt. im Pion. Bat. Nr. 13, von dem Kommando nach Württem⸗ berg behufs Verwendung als Komp. Chef im Pion. Bat. von Rauch (Brandenburg.) Nr. 3 enthoben. Weber, Oberlt. in der 2. Inden. Insp., Heinrichsen, Oberlt. in der 3. Ingen. Insp., unter Enthebung von dem Kommando nach Preußen, in das Pton. Bat. Nr. 13 eingetheilt. Die Fähnriche: Leibrock im Inf. Regt. Alt⸗Württemberg Rr. 121, Jörling im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Muff (Friedrich), Muff (Wolfgang) im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, diese betden mit einem Patent vom 31. Januar 19006, Glümann, Hinrichs im 9 Inf. Regt. Nr. 127, Tscherning, v. Marchtaler im Feld, Art, Regt. König Karl Nr. 13, diese beiden mit einem Patent vJm 31. Januar 1900, zu Lts., v. Raben, Unteroff. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, Most, Unteroff. im 4. Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Schulz, Unteroff. im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, Frhr. Geyr v. Schweppen burg charakteris. Fähnr, Frhr. v. Graven⸗ reuih, Unteroffi. im Drag. Regt. König Nr. 26, Grüner, Unteroff., im 2. Feld Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Laitpold von Bayern, Heidemann, Unteroff, im 3. Feld⸗Art. Regt. Nr. 49,

zu Fähnrichen, befördert.

Im Beurlaubtenstande. 18. Oktober. Befördert sind: Obermüller, Lt. von der Fuß-⸗Art. 1 Aufget ots des Landw. Be zufks Ehingen, zum Oberlt.; vom Landw. Bezirk Stuttgart: Grauer, Vize⸗Feldw., zum Lt. der Res. des Inf. Regts. Alt. Württemberg Nr. 121, Hartmann, Vize⸗Feldw., zum Lt. der Res. des Inf Regts. König Wilhelm J. Nr. 124, Köst lin, Vize⸗Feltw, zum Lt, der Res. des Inf. Regts. Kaiser Friedrich, König von Preußen Ne. 125, Leib⸗ brand, Stein, Vize⸗Wachtm, zu Lis der Res. des Drag. Regts. König Nr. 26, Stälin, Vize⸗Wachtm., zum Lt. der Res. des Felo⸗Ärt. Regtt. König Karl Nr. 13; vom Landw. Beziik Reutlingen: Brill,

Vije⸗Feldw., zum Lt. der Res. des Inf. Regts. Alt. Württemberg Nr. 121, Kirn, Vize⸗Feldw., zum Leut. der Res. des 4. Inf. Regts. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Burkhardt, Vüie⸗Wachtm., zum Lt. der Res. des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13; vom Landw. Bezirk Ludwigsburg: Jakob, Vize Feldw., zum Lt, der Res. des Gren. Regts. Königin Aga Nr. II9, Heyd, Vize⸗Feldw., zum Lt. der Res. des 4. Inf. Regts. Nr. 122 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Schlüter, Büren, Vtze⸗Wachtm., zu Lts. der Res. des Drag. Regts. Königin Olga Nr. 25, Ah rens, Vize⸗Wachtm., zum Lt. der Res. des Train⸗Bats Nr. 13. Schwend, Vize Feldw. vom Landw. Bezirk Hall, zum Lt. der Res. des Inf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, Baun, Vize⸗Wachtm. vom Landw. Bezirk Ellwangen, zum Lt. der Res. des Feld⸗Art. Regts. König Karl Nr. 13; vom Landw. Bezirk Um: Zoller, Vlze— Feldw.f, zum Lt. der Res. des 9. Inf. Regts. Nr. 127, Mangold, Vize⸗Feldw, zum Lt. der Res. des Pion. Bats. Nr. 13, Bürglen, Vize Wachtm, zum Lt. der Res. des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19, Maeßen, VijeWachtm., zum Lt. der Res. des Feld⸗ Art. Regts. König Karl Nr. 13, Henle, Bülow, Vizt⸗Feldw. vom Landw. Bezirk Rapensburg, zu Lts. der Res. des Gren. Regts. König Karl Nr. 123, Bühner, Vize Feldw. von demselben Landw. Bezirk, zum Lt. der Res. des 9. Inf. Regts. Nr. 127, Ot to, Vöije⸗Wachtm. vom Landw. Bezirk Eßlingen, zum Lt. der Res. des Train-Bats. Nr. 13, Carl, Vhe⸗Feldw. vom Landw. Bezirk Straßburg, Wolf, Vije⸗Feldw. vom Landw. Bezirk Hagenau, zu Lts. der Res. des 8. Inf. Regtg. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 18. Ok tober. Wöllhaf, Major und Bats. Kommandeur im Inf. Regt. König Wilhelm J. Nr. 124, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Inf. Regis. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, Nopper, Hauptm. und Komp. Chef im Gren. Regt. König Karl Nr 123, mit Pension und der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform, Picht, Lt, im 4 Inf. Regt. Nr. 122 Kaiser Franz Josepnh von Oesterreich, König von Ungarn, mit Pension, vorbehaltlich der Wiederanstellung bei den Offizieren des Beurlaubtenstandes für den Fall seiner Wiederheistellung zur Garn. Dienstfähigkeit innerhalb der allgemeinen Wehrpflicht, der Abschied bewilligt. Frbr. v. Berlichingen, Lt. im Drag. Regt. König Nr. 26, ausgeschieden und zu den Res. Offizieren des Regts., Thoma, Oberlt. im Pion. Bat. Nr. 13, als halbinvalide mit Pension ausgeschieden und zu den Offizieren der Landw. Pioniere 2. Aufgebots, Übergetreten.

Im Beurlaubrenstande. 18 Oktober. Linck, Oberlt. a , 2. Aufgebots des Landw. Bezrks Leonberg, der Abschied ewilligt.

Literatur.

Württemberg in der deutschen Geschichte. Von Karl Weller. Stuttgart. Verlag von W. Kohlhammer 65 S. 1 1 Der feinsinnige Verfasser der vorliegenden Schrift geht von dem Ranke⸗ schen Gedanken aus, daß keine Nation sich rein isoliert entwickle, daß jedes Volk vielmehr unter der Einwirkung der großen Weltverhältnisse, das innere Leben der Staaten zum guten Theil in Abbängigkeit von den auswärtigen Beziehungen stehe. Indem er den Satz über die Geschichte der Nationen auf ein Territorium wie Württemberg an⸗ wendet, unternimmt er es, ein Bild der württembergischen Landes geschichte in dem Rahmen der allgemeinen deutschen Geschicht: zu ent- werfen. Die Geschichte Württembergs hebt an mit dem Fall der Hohenstaufen, „auf den Trümmern des deutschen Herzogthumg Schwaben hat die württembergische Grafschast seinerzeit sich erboben und ist mehr und mehr zum Hauptland des einstigen Schwabensftammes aug— gewachsen . Graf Eberhard im Bart, der Gründer der Universität Tübingen, erhob im Jahre 1495 sein Land zum Hersogthum. Das Reformationzeitalter wurde für Württemberg in doppelter Hin sicht bedeutungsvoll: durch den Uebertritt des Herzogs Ulrich zur evangelischen Lehre (1534) wurde eg das größte protestantische Staats⸗ wesen im Süden Deutschlands, und in dem jwanzig Jahre früher abgeschlossenen Tübinger Vertrag, der die Rechte des Landes gegen das Fürstenthum sicherstellte, vereinigten sich Landesherr und Städte, ohne Betheiliaung des Adels, der die Reichsunmittelbarkeit be— anspruchte. ‚Nirgends fand sich in Deutschland ein zweites größeres Staatswesen, dem wie Württemberg eine lebendig sich bethätigende ständische Verfassung mit ausschließlich bürgerlicher Landesvertretung zu eigen war.“ Zu beiden Erscheinungen bemerkt der Verfasser weiter: „Der beherrschende Einfluß der evangelischen Konfession und diese eigenthümliche Verfassung gaben der weiteren Geschichte des württembergischen Landes ihre Besonderheit; jetzt erst tritt es so recht eigentlich aus seiner Umgebung heraug, um fernerhin eine selbständige innere Entwickelung durchzumachen. Die Reformationszeit, welche die deutsche Nation so mächtig erregt und ihre ganze Kultur verwandelt hat, giebt auch dem altwürttembergischen Land, das zuvor noch keine Merkmale einer stärkeren Verschiedenheit von den übrigen deutschen Landschaften aufweist, die Grundlage einer immer mebr zu Tage tretenden Eigenart.“ Zu einem geistigen Mittelpunkt des Landes wurde das von dem Sohne Ulrich's, dem Herzog Christoph, gegründete Tübinger Stift, „die Bildangsstätte der Theologen, die den Württembergern als das edelste Kleinod ihres Landes galt. Der

Schöpfung des Herzogs Christoph stillt der Verfasser die

Gründung des Herzogs Karl Eugen, die Karlsschule, zur Seite. Er bemerkt über ihre Bedeutung und besondert über ihre Einwirkung auf Schiller: „Galt es schon als ein Ruhm des Tübinger Stifts, dieser im Lande altgegründeten Anstalt, daß sie ihren Angehörigen eine tüchtige allgemeine Bildung mit ins Leben hinaus gab, so war die

junge Karlsschule noch weit mehr bestrebt, in der ihr an—

vertrauten Jugend alle Richtungen des Geistes anzuregen und aus⸗ zubilden. Württemberg bolt mit der Karleschule die seither

zurückgewiesene Bildung des Aufklärungkzeitalters, das sich da— mals bereits seinem Niedergang zuneigte, rasch nach, schreitet aber sofort bedeutend über sie hinaus. In der Karls⸗Akademie hat der geistesgewaltigste Scha des Lander, Friedrich Schiller, seine haupt⸗ sächlichste Schulung erbalten. Freilich ist ihm bald das Heimathland zu eng geworden, aber doch wurzelt er auch tief im Heimaihboden de württembergischen Landes. In zwei Beziehungen vor allem tritt ein dauerndes Nachwirken heimathlicher Anregungen bei Schiller stärker hervor: in seinem philosephischen Interesse, das er der Karlsschule verdankt, und in selner bürgerlichen Gesinnung, die aus dem Eltern— haus und der altwürttembergischen Gesellschaft hervorgewachsen und in der Akademie genährt worden ist. Dichtung und Philosophie stehen bei Schiller im engsten Zusammenhang, sie befruchten sich gegenseitig.

Seine Dichtung aber ist nicht nur für einge aristotratische Oberschicht

der Deutschen, für einen vornehmen Kreis auserwäblter Menschen, für wenige edle Seelen, sie hat ibre Wnkung auf dag ganze bildunge— fähige Volk; so ist Schiller besonders der Lieblingsdichter der empor strebenden bürgerlichen Gesellschast geworden. So wenig wie Schiller fanden Hegel, Hölderlin und Schelling, die in dem Tübinger Stift berangebildet wurden, in ihrem engeren Heimathland eine Wirkungs— stätte. Dagegen haben sich Kerner und Uhland in ihrem Vaterland zu behaupten vermocht. Denn in der Napoleonischen Zeit war das württembergische Gebiet um mehr als das Doppelte vermehrt worden, aus dem Herzogthum ein Kurfürstenthum und dann ein Königreich herrorgegangen. Nachdem König Friedrich ein Jahrzehnt lang (1806 bis 1816) eine absolute Regierung geführt harte, wurde unter seinem Nachfolger eine neue Verfassung vereinbart (1819) auf der Grundlage des alten Vertrags, denn das alte, gute Recht“ wollten sich Männer wie Uhland nicht nehmen lassen. Der Antheil Württembergs an der deutschen Einheitebewegung ist durch zwei Namen bezeichnet: Friedrich List und Paul Pfizer. Der erstgenannte, von Geburt ein Reutlinger, war der unermüdliche Vorkämpfer der handels polittschen Ginheit der Deutschen, die durch den Zollverein von 1833 geschaffen wurde; Paul

Pfizer hat in seinem 1831 veröffentlichten ‚Beiefwechsel zweier Beut⸗

schen den Gedanken der Einheit Deutschlandg unter preußlscher Führung

zum ersten Mal eingehend begründet. „Durch die Anregung, die Pfizer gegeben hat, ist der deutsche Beruf des preußischen Staatz allmählich weiten Krelsen der Gebildeten in Deutschland zur polltischen Grund. überzeugung geworden; bald konnten sich auch die Staats manner diesen Anschauungen nicht mehr entziehen, und kaum 40 Jahre nach dem Erscheinen des Buches hat die Staatékunst Bismarck's eg ver! standen, den Zielen Pfizer'g ihre Verwirklichung iu schaffen. Ueber die zukünftigen Aufgaben Württembergs bemerkt der Verfasser: ie Arbeit seiner Geschichte scheint dem württembergischen Lande besonderg nach zwei Richtungen hin die fernere Aufgabe anzuweisen. Nach seiner ganzen Entwickelung mag es sich vorzugsweise berufen fühlen, dem Auseinanderfallen des deutschen Volkes in einander fremd und ver— ständnißlos gegenüberstehende Klassen entgegenzuwirken und dadurch die innere Cinheit des deutschen Volksthums und der deutschen Bildung zu wahren oder vielmehr neu ju begründen. Und ein Zweites, was dem Land nach seiner ganzen Vorgeschichte nahe liegt, die Pflege einer tieferen Innerlichkeit, mag sestgehalten werden gegenüber allen Strömungen, die das deutsche Wesen in eine Ueberschätzung der rein realen Mächte, in eine allzustarke Betonung der materiellen Interessen hineinzudrängen suchen. Den Schluß der gehaltvollen Schrift bildet folgender Hinweis: „Ein leuchtendes Vor— bild mag seinem engeren Heimathland der größte Sohn Württem— bergs, unser Schiller, sein; je mehr die heilige Begeisterung, die rast⸗ lose Beharrlichkeit und der unbeugsame Muth, die sein Leben zu einem so erhebenden machen, in unserem Lande sich finden, umsomehr wird diesem auch eine stets sich erneuende Jugendfrische und fröhliche Schöpferkraft zum Frommen des gesammten deutschen Vaterlandez erhalten bleiben.“

Das Deutschthum und sein öffentliches Recht. Kritische Betrachtungen von L. Trampe, Staatsanwalt a. D. Berlin, Verlag von Puttkammer u. Mühlbrecht. Elegant gebunden 8 M Der Verfasser des vorliegenden Werkes hat es unternommen, die deutsche Verfassungsgeschichte vom Gesichtspunkt des Indipi⸗ dualißmus aus, mit psychologischer Vertiefung in das innerste Wesen der Volksseele, zu betrachten. Seine Darstellung zerfällt in acht Atschnitte, von denen jeder einer der großen Perioden unserer Volksgeschichte entspricht. Die Kapitelüberschriften lauten: Das Deutschthum vor Luther; Das Lutherthum; Das Verfassungz⸗ werk Friedrich Wilhelm's J.; Die Verbildung des Fridrrieianis mus; Ber Indibidualismus im Auslande; Das Wiedererstehen des Preußenthums; Der neudeutsche Reichsgedanke und 1843; Die wilhelminische Staatg— ordnung. Das ist die Etappenstraße, auf der sich die verfassungsrecht⸗ liche Entwickelung des deutschen Volksthums gleich einer Zickzacklinie bald aufwärts, bald abwärts bewegte, je nachdem die führenden Geister mehr oder minder ausgeprägte Persönlichkeiten waren, die ihm ihren Geist ausdrückten. Zu diesen führenden Geistern zählt der Verfasser Hermann, Karl den Großen, Konrad II., Friedrich J., Luther, den Großen Kurfürsten, König Friedrich Wilhelm J., Friedrich den Großen, Stein, Jork, Kant, Fichte, Schleier macher u. A. Ihre Urwüchsigkeit, ihr tief innerlich nationales Empfinden ihre Kraft, deutsche Art in ihrer Umgebung zum reinsten Ausdruck zu bringen, seien die Inponderabilien, welche dem deutschen Volk, wie die spezifische Eigenart überhaupt, so auch insbesondere die allein seinem Wesen entsprechende Ausgestaltung seines öffentlichen Rechts verliehen haben. Vor allem wird Luther's individuelles Wesen im Ringen nach gerechter Herausarbeitung seines eigensten Seins mit Nachdruck hervorgehoben. Das Lutherthum ist nach dem Verfasser selbstbewußtes Deutschthum an sich. Im Mittelpunkte der kritischen Betrachtungen steht die Darstellung des Verfassungswerkes Friedrich Wilhelm's L, dessen kräftig entwickelter Individualismus nicht allein dem preußischen Staate Halt, Kraft und Eigenform gab, sondern auch dem ganzen deutschen Voltethum einen neuen Inhalt verlieh, indem seine Staatseinrichtungen neue Wege gingen, neue Ziele verfolgten und seine ausgeprägte Natur auch auf andere Staatswesen bestimmend wirkte. Trampe schildert diese meist nur von der rauhen Soldatenseite betrachtete Königsgestalt als eine säkulare Erscheinung, als den „großen Meister alles richtigen deutschthümlichen Verfassungswesens“. Die individuell. Kraft des großen Friedrich habe selbst befreiend auf die gedrück— Seelenstimmung der alten Kaiserlande gewirkt. In ihm habe der Deutsche den großen Begriff des Werthes seiner Art erkannt, durch

ihn sei er stolz auf seine Volksart geworden, er habe Selbst—

bewußtsein erlangt. Vie „Verbildung des Fridericianismus“ habe dann gegen das erwachte Nationalitätsgefühl und Volksthum den empfindlichsten Schlag geführt Unter Verkennung der wirklichen Lebensbedingungen des Staats hätten die Männer, die nach Friedrich an das Staatsruder getommen sind, den Schein für das Sein genommen. Die Namen Woöllner, Gentz, Bischoffwerder, Haugwitz u. A. bewiesen dies. Nach einem Seitenblick auf den „Individualismus im Auslande“ kehrt der Verfesser wieder zum Preußenthum zurück, das unter dem Einfluß der Ideen Forderungen Schleiermacher's und Fichte's, unter der Einwirkung der Stein⸗Hardenberg'schen Gesetze zu einer neuen Babn freier Wirth— schaftzsphäre geführt worden sei. In der weiteren Darstellung wird der neudeutsche Reichsgedanke“ entwick lt. Nach schweren Kämpfen babe der Volkslörper in der Darbietunz der Verfassung seine Gesundung und Kraft wiedererlangt. In ihr wurzele die wilhelmintsche Staats— ordnung, der Fürst Bismarck seine individuelle Kraft eingeimpf habe, wodurch das Staatswesen gegen die mannigfachen Stöße und Angriffe von außen und innen immun gemacht worden „Der Kaiser und sein treuer Diener haben in echtem und rechtem Königthum nach Friedrich Wilhelm's J. Verfassungswerke alle zerrissenen Fäden des Deutschthums wieder zusammengekanüpft zur Kette vereinigt, mit ihrer deutschen Empfindung dDurch— schossen und daraus das feste Tuch zur Reich⸗ Kaiserstandarte gewebt. So erscheint das Werk Trampe's als eine Erörterung des deutschen Individualismus im deutschen öffentlichen Rechte. Aus der Liebe zum deutschen Volksthum hervorgegangen, wendet sich das eigenartige, fesselnde Buch an alle Gebildeten der Nation, mit der stillen Bitte, allezeit zu des Reiches Herrlichkeit, für un— verfälschtes Volksthum und volksthümliches Verfassungsrecht ein— zutreten.

Gesellschaft und Einzelwesen. Eine methodologische Studie von Dr. Th. Kistiakow ski. Berlin. Verlag von Otto Liebmann. Geh 4 M Gegenstand dieser Studie sind die Kollektip⸗ begriffe der Gesellschaftswissenschaften, wie Staat, Gesellschafts— organiKßmuz, Voltsgeist u. s. w. In den ersten drei Kapiteln, welch: die Ueberschrifien „Staat und Mensch“, „Gesellschaft und Organismus“ „Staat und Gesellschast‘ führen, legt der Verfasser dar, daß alle derartigen Begriffe auf einer durchgreifenden Abstraktlon beruhen, die für bestimmte Forschungs., und Erkenntnißzwecke in systematischer Weise durchgeführt ist; demgemäß wollen sie auch verstanden sein, und eine Fülle von Irrthümern entsteht, wenn man diesen Vorgang der Abstraktion außer Acht läßt und ihnen

M

einen über die dadurch gezogenen Grenzen hinausgehenden In— halt beilegt. Diese Thatsache wird an dem Beispiel des Begriffs der Stadt erläutert: Der Historiker, Ju ist, Polinker, Nationalökonom, Statistiker, Geograph jeder verbindet mit diesem Ausdruck eine verschiedene Vorstellung; jeder abstrahiert dabei von gewissen Ele— menten und beschränkt sich dabei auf bestimmte andere, während tein einziger dleser Begriffe die gesammte Fülle des Anschauungsbildes einer Stadt in sich entbält. Aehnlich beruht z. B. der Begriff des Staats auf einer Abstraktion von der Fülle der einzelnen Individuen und ihrer Bewußtseinsvorgänge, während umgekehrt der Begriff der Gesellschast lediglich die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Indipiduen ins Äuge faßt. Diesen Vorgang der ÄÜbstraktton übersab man, wenn bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts die hervorragendsten Slaatstheorien den Staat als eine Person im realen Sinne auffaßten; und noch heuie übersieht ihn die konsequente organische Gesellschafts, theorie, welche den Begriff des gesellschaftlichen Organismus ebenfalls mit viel zu großer Realität ausstattet. Dag vierte Kapitel handelt von den Kollektipdingen, zu denen der Verfgffer fowohl physische als auch soziale Gebild⸗, wie Gesellschaft und Familie, rechnet; das fünfte von dem Unterschtede der realen und der logischen Kollekriwein heiten, und ein fechstes Kapitel ist dem allgemeinen und dem individuellen Geist gewidmet, dem allgemeinen in seiner doppelten Bedeutung als

sscher Gesammtheit der sozlalen Kefühle und Bestrebungen und e f , , Norm. Das Buch ist sehr lesenswertb; die Untersuchungen des Verfassers zeichnen sich durch Gründlichkeit, die Darstellung durch Klarheit aus.

= Arbeirspertragsgeseßßgebung. Positive Politik egen die rothen Gewerkvereine. Von Adolph von

58 S. Berlin, Verlag von Puttkammer u. Mühl⸗

Der Verfasser dieser Schrift, welche zum

gegen Brentano besteht, begründet in der⸗

„Daß ungleiche Recht, das darin für den

Vehmgericht seiner Arbeiter unter⸗

Nicht eine Befreiung der Gewerk⸗

,, . .

esetzgebun gt geboten. uf der anderen Seite

3. . gleiche Recht für Unternehmer und Arbeiter dadurch gewahrt

werden, daß beide in der Lage sind, in öffentlich kontrollerbarer

Form die in Frage stehenden Beschwerdepun tte zur allgemeinen

Kenntniß zu bringen. Das würde heißen: es soll Arbeitgebern so gut

vie Arbeilern fressteben, von den gegenseitigen schlechten Praktiten in

offtztcller Weise Kenntniß zu geben. Ein gemäß Diesen Forderungen

die Prinzipien festlegender Gesetzentwurf wird vom Verfasser vorgelegt;

er enthält außer Vorschriften für Strikes die Bestimmung, daß die⸗

jenigen Arbeilervereine Rechtsfähigkeit erlangen können, welche statuten⸗

gemäß auf dem Boden der Anerkennung der heutigen Produktiong⸗

weise und des Staats nach der Verfassung des Deutschen Reichg und der einzelnen Bundesstaaten stehen. r

Wiffenschaft, Glaube und Sozialpolitik. Eine pfychologlsche und rechtspbilosophische Studie von Karl Günther, Rechtsanwalt beim Landgericht in Arnsberg. 36 S. Berlin, Verlag von Georg Wattenbach. Preis 1,50 Der Verfasser versucht in diefer Abhandlung, eine Vereinigung von Wissenschaft und Glauben anjubahnen. Die gemeinverständlichen und klaren Aus⸗ fübrungen sind auch von soꝛialpolitischem Interesse. Einen befonderen Werth erhält jedoch die Schrift dadurch, daß ihr Verfasser aus rechterhilosephischen und staatsrechtlichen Gründen die Gefährlich⸗ keit und Unhaltbarkeit mancher Lehren Friedrich Nietzsche's darjulegen sucht. Die in dieser Hinsicht gemachten Ausführungen jeichnen sich durch Sachlichkeit aus und bieten insofern ein besonderes Interesse, als es unseres Wissens zum ersten Mal ein Jurist für geboten er⸗ achtet, vom Stankpunkt der Rechtsphilosophie und des Staatsrechts gegen die Lehren Friedrich Nietzsche's Stellung zu nehmen.

Die deutschen Getreidezölle der Zukunft. Von Dr. Max Grabein. 98 S. Berlin, Verlag von Puttkammer u. Mühlbrecht. Preis 1,ů50 S Der Verfasser dieser Schrift befür⸗ wortet die Einführung veränderlicher Getreidezölle, welche sich im um⸗ gelehrten Verhältniß wie die Preise bewegen. Solche Zölle seien geeignet, die Preisschwankungen auszugleichen, den Getreidepreis auf mittlerer Höhe zu befestigen.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Aug den ‚Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 43 vom 24. Oktober 1900.)

Pest.

Großbritannien. Zufolge einer Mittheilung vom 13. Ok— tober waren in Glasgow seit dem 4. Oktober neue Erkrankungen an der Pest nicht beobachtet, die Genesung der im Hospital noch befind⸗ lichen 20 Kranken machte befriedigende Fortschritte; die in den Beobachtunge häusern untergebrachten Personen waren entlassen. Der aus der Nachbargemeinde Gowan zugegangene Pestkranke ist in der Woche vom 4. bis 11. Oktober gestorben.

Zu Cardiff, in dessen unmittelbarer Nähe im Landbezirke von Llandaff und Dinas Powis ein auf dem britischen Dampfer „South Garth! vom La Plata angekommener Seemann (Maschinift) im Krankenhause an der PVest gestorben war, sind weitere Pestfälle nicht beobachtet. Am 15 Oktober konnte die dortige Gesundheitsbehörde Cardiff für seuchenfrei erklären.

Unter pestverdäcktigen Erscheinungen war in London am Schluß der zweiten Oktoberwoche ein Fuhrmann, welcher in der Nähe der Docks wohnte, erkrankt und in ein zur Aufnahme etwaiger Pest— kranker bereit gestelltes Gebäude gebracht worden. Bis zum 17. Ok. tober konnte indessen ärztlicherseits festgestellt werden, daß ein Pestfall nicht vorliege.

Egypten. Am 6. Oktober wurde in Alexandrien ein neuer Pestfall sestgestellt; der Kranke starb am 10. d. M.

Madagaskar. In der Stadt Tamatavpe, welche seit Ende vorigen Jahres als pestfrei galt, ist zufolge einer Mittheilung vom 15. Oktober wieder die Pest amtlich festgestellt.

Mauritius. Nach dem in Alexandrien erscheinenden bulletin suarantenaire herrschte zu Beginn ves Monats September auf der Jasel Mauritius noch immer die Pest; in der am 5. September ab— gelaufenen Woche waren dort angeblich 8 neue Eikrankungen (6 Todes fälle in den Wochen vorher 6 (5) und 7 (5) vorgekommen.

Queensland. Während der am 8. September endenden Woche sind nach einer vorläufigen Mittheilung in Brisbane 2 Eikran— kungen (und Todesfall) an der Pest vorgekommen, in Tor

vil .

vngs⸗

Cholera. zritisch-Ostindien. In Kalkutta sind in der Zeit vom 15. September 5 Personen an der Cholera gestorben. Gelbfieber. Es gelangten zur Anzeige in Panama in der Zeit vom 2 bis September 2 Eikrankungen, in Cienfuegos September 1, in Havanna vom g. his 1 nber g, in Vera Cruz zu derselben Zeit 15 sälle; außerdem wurden in der Gulf Quarantänestation Ship Island vom 9. bis 15. September 3 Fälle von Gelbfieber und in der Reedy Island Quarantänestation vom 16. bis 22 . mber 2 verdächtige Fälle festgestellt. Verschiedene Krankheiten.

Pocken: Glasgow 2, Paris 6, Warschau 15, Kalkutta 8 Todes⸗ sälle; Paris 60, St. Petersburg 42, Warschau (Rrankenhäuser) 14 Eckrankungen; Flecktyphus: Warschau 3 Todesfälle; Rückfall fieber: St. Petersburg 2 Erkrankungen; Genickstarre: New Vork 6 Todesfälle; Milzbrand: Moskau, New Jock je 1 Todesfall; Varijellen: Budapest 25, Wien 34 Erkrankungen; Brech durchfall: München 82, Nürnberg 75, Hamburg 40 Erkrankungen; Influenza: Berlin 2, Breslau 3, London 5, Paris, St. Petersburg je 2 Todesfälle; Keuchhusten: London 27 Todesfälle; Lungenentzündung: Warschau (Krankenhäuser) 30 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach (Duichschnitt aller deutschen Berichtsorte 1886 95: 091 6): in Duisburg, Elbing, Essen Ei— krankungen kamen jur Meldung in den Reg. Bejirken Düssel⸗ dorf 146, Königsberg 10999, in Hamburg 92, Budapest 47, Christianta 21 Edinburg 22, Kopenhagen 48, London (Kranken—= häuser) 322, New York 45, Paris 52, St. Pe tere burg 80. Stock. holm 25, Wien 5 desgl. an Diphrherie und Croup (1886.'95: 427 ososß: in Offenbach Eikrankungen wurden angezeigt in München 23, Hamburg 36 Budapest 21, London (Kranken häuser) 188. New Jork 114, Paris 39, St. Petersburg 106, Stockholm 34, Wien 37 desgl. an Unterleibstyphus (1886,96: 0,75 0½ν): in Koblenz Er⸗ krankungen wurden gemeldet in London (*rankenhäaser) 71, New Vork 116 Pariz 88, St. Petersburg 127. Warschau (Kranken⸗ häuser) 20; ferner kamen Erkrankungen an Malern zur Anzeige im Reg. Bej. Köniasberg 140, in Hamburg 63, Budapest 66, Edin⸗ burg 36, New York 26, St. Peterzburg 74, Wilen 122.

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Argentinien.

Am 19. September d. J. ist zwischen dem argentinischen und dem uruguayschen Gesundheitsamtein neues Sanitäts⸗ abkommen getroffen worden, das durch ein im, Boletin ofielal, vom 26. dess. Mtg. veröffentlichtes Dekret des Präsidenten der Republik vom 22. dess. Mis. in Kraft gesetzt worden ist. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 303 vom 23. Dezember v. J.).

Das Abkommen lautet in Uebersetzung, wie folgt:

1) Die beiderseitigen Regierungen sind um Aufhebung der Be⸗ stimmungen zu ersuchen, die in Gemäßheit der Uebereinkunft vom 15. November 1899 in Kraft bestehen.

2) Die sanitätspoltjeiliche Beobachtung von Schiffen, die aus pestoerseuchten oder vestverdächtigen Häfen kommen, beginnt mit dem Zeimunkt der Abreise auz diesen Häfen, wenn die Schiffe einen Sanitätsinspektor an Bord haben und dieser die medizinische Unter⸗ suchung der Passagiere und der Besatzung, sowie die Desinfektion des eingeschifften Gepäcks vornimmt, Operationen, die bei Gelegenheit der Desinfektion des gesammten Schiffez nach dessen Ankunft im Be— stimmungsbafen wiederholt werden müssen. Die Beobachtung dauert 5 oder 4 Tage, je nachdem die Schiffe aus einem pestverseuchten oder pestoerdächtigen Hafen kommen.

3) Schiffe, die keinen Sanitätsbeamten an Bord haben, werden je nach ihrem Herkunftsort einer fünf oder viertägigen Beobachtung unterworfen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt der erfolgten ärztlichen Untersuchung und der Vesinfektion nach Ankunft am Be⸗ stimmungsort.

4) Schiffe, die verseucht sind, weil sir unter den Passagleren oder der Besatzung Kranke gehabt haben oder haben, oder weil eine Seuche unter den Ratten an Bord festgestellt ist, unterliegen einer sanitären Beobachtung von 10 Tagen, die Frist gerechnet von dem Zeitpunkt der Desinfektion nach erfolgter Ankunft.

5) Desinftjtert werden das Gepäck der Reisenden und der Be⸗— satzung, die Postpackete. die zum persönlichen oder zum häuslichen Gebrauch bestimmten Sachen und dir Lappen jeder Art.

6) Nicht zugelassen werden Artikel oder zum Gepäck der Passagiere gehörende Gegenstände, die nach Ansicht der Sanitätsbehörden Krankheitsträger sein können und deren Desinfektion unmöglich ist.

7) Briefschaften und Ladung werden ohne Beschränkang zugelassen.

83) Wenn im Hafen ein Schiff ankommt, das zwar während der Reise in sanitärer Beziehung in Ordnung gewesen sein will, das aber aus besonderen Gründen als verdächtig betrachtet werden muß, so wird es der sanitären Behandlung unterworfen, die die beiden Sanitätsbehörden nach Lage des Einzelfalls für erforderlich erachten.

9) Die Bestimmungen dieses Uebereinkommens können abgeändert werden, wenn sich die Gesundheitsverhältnisse irgend eines Staats, auf dessen Heikünfte das Abkommen Anwendung findet, wesentlich andern.

10) Die sanltätspolizeilichen Maßnahmen gelangen zur An— wendung von dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Reglements, die die beiden Sanitätsbehörden gemeinschaftlich erlassen werden.

11) Diese Uebereinkunft soll der Genehmigung der beiderseitigen Regierungen unterliegen.

In (einem Zusatzartikel ist noch Folgendes vereinbart worden:

Bricht in irgend einem der beiden vertragschließenden Länder eine exotische Krankhelt (Pest, gelbes Fieber oder Cholera) aus, so werden die argentinischen und die uruguayischen Sanitätsbehörden in den ver— seuchten oder feuchenverdächtigen Häfen die Desinfektion der nach dem seuchenfreien Lande bestimmten Schiffe einschließlich des Geväcks der Paffagiere und der Besatzung vornehmen lassen. Diese Operation, die unter Kontrole der Sanitäͤts⸗Delegirten des Staats, der sich gegen die Verschleppung der Seuche schützen will, vorgenommen wird, bildet die Grundlage für die sanitäre Bebandlung durch das seuchenfreie Land unbeschadet der ergänzenden, sanitären Beobachtung, die für jede der genannten Krankheiten festgesetzt wird, wobei jedoch im Falle des Ausbruchs der Pest die Bestimmungen des vorstehenden Ueberein— kommens zur Anwendung gelangen mussen.

Malbran. Espiro.

Unter dem 27. September, veroffentlicht im Boletin oficial“ vom 27. dess. Mts, ist ein weiteres Dekret des Präsidenten der argen⸗ tinischen Republik ergangen, worin der Hafen von Glasgow für pestverseucht und die übrigen schottischen Häfen für pest⸗ verdächtig erklärt werden und wonach auf Herkünfte aus diesen Häfen die Bestimmungen des Sanitätsabkommens zur Anwendung gelangen sollen.

Uruguay

In Uebereinstimmung mit den argentinischen Gesundheitsbebörden hat der National⸗Gesundheitsrath in Montevideo unter dem 25. Sep⸗ tember d. J. folgende Verordnung erlassen:

National ⸗Gesundheitsrath Verordnung Nr. 64. Montevideo, den 25. September 1900.

In Gemäßheit des mit dem argentinischen Hygiene Departement etroffenen Abkommens über die Behandlung der Schiffe, die aus von der Beulenpest verseuchten oder derselben verdächtigen Häfen kommen, beschließt der National ˖ Gesundheitsrath:

Art. 1 Schiffe, die aus verseuchten oder verdächtigen Häfen kommen, unterliegen einer fünf⸗ bezw. viertägigen sanitären Beobachtung. Diese Beobachtung soll für die Schiffe, die einen Sanitäts. Inspektor führen. mit ihrer Abreise beginnen, sofein jener die Vezinfeftion des Gepäcks und die ätztliche Untersuchung der Reisenden und Mannschaft bewirkt hat.

Art. 2. Die Schlffe, die einen Sanitäts⸗Inspektor nicht fübren, sollen der Beobachtung von, je nach ihrer Herkunft, fünf bezw. vier Tagen unterworfen sein, die ron der bei ihrer Ankäanft zu bewirkenden arzlichen Besichtigung und Desinfektion an zu zählen sind.

Art. 3. Die verseuchten (infestados) Schiffe haben zehn Beobachtung, die von der Desinfektion an zu zählen sind, zumachen.

Art. 4. Es sind zu desinfizieren das Gepäck der Reisenden und der Schiffsmannschast, die Postvackete, die Gegenstände persöalichen Eder häuslichen Gebrauchs und Zeuge in irgend welcher Beschaffenheit.

Die Korrespondenz un? Ladung werden ohne Beschränkung zu⸗ gelassen.

Art. 5. Es werden nicht zugelassen Artilel oder Gegenstände, die zum Gepäck der Reisenden gebören, die nach der Ansicht der Sanitäte⸗ bebörde den Keim übertragen können und nicht zu desinfißsieren sind.

Art. 6. In Ansehung dieser Verordnung werden die Häfen von Glasgow und Rio de Janeiro für verseucht und die übrigen Häfen Schottlands sowie der ven Santos für verdächtig ertlärt

Art. 7. Die Verordnung Nr. HJ vom 23. Mai d. J. wird auf⸗

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gehoben. (Vergl. Reichs Anzeiger Nr. 150 vom 26. Juni d. I)

Handel und Gewerbe.

Venezuela.

Die für gewisse Artikel der Ein⸗ und Ausfuhr beibehaltene Krieqgssteuer (vergl. die in Nr. 61 des Reichs⸗-Anzeigers“ vom 9g. März d. J. veröffentlichte Notiz) ist durch ein Dekret vom 3. d. M. völlig beseitigt worden. Es gelten hiernach für die Einfuhr von Mehl und für die Ausfuhr von Kaffee, Kakao und Haͤuten die Sätze des Zolltarifs vom 21. Mai 1897. Das Dekret trat für die Einfuhr aus den Vereinigten Staaten von Amerika zehn Tage nach dem 3. Oktober, für die Einfuhr aus Europa zwanzig Tage nach diesem Datum in Kraft.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestel Nachrichten für Handel und irn cn gf ellten

Deutschest Reich.

Zolltarifierung von Waaren. Mit Wachs ab geriebene Holzwagr en. Grobe, rohe, ungefärbte Werkzeugstiele aus Hickory, Holi, welche durch Abreiben mit Wachs oder einer wachtz. ähnlichen Masse eine mattglänzende, glatte Oberfläche erhalten haben sind künftig nach Tarifnummer 134 mit biutto 3 M zu verzollen, weil jene Behandlung nicht als eine Art des Polterens an— gesehen werden kann, sondern sich als eine Weiterbearbestung von ebenso geringer Bedeutung darstellt, wie das Abreiben mit Oel welcheg nach der Anmerkung 2 zu „Holwaaren' auf S. 188 vez Amtlichen Waarenverzeichnisses auf die Tarifierung von Holjwaaren ohne Einfluß ist.

Behobelte und später wieder zerkratzte Holzblöcke. Holzblöcke, deren Oberfläche zunächst mit einem Hobel oder einem ähnlich wirkenden Werkzeuge in nicht unerheblicher Ausdehnung ge— glättet, später aber, um die Verzollung als gehobelteg Nutzholz zu vermeiden, unter Zurücklassung von deutlichen Spuren der Behobelung mit einem gejahnten Werkzeuge zerkratzt worden ist, sind ungeachtet dessen als gehobeltes Nutzholz nach Tarifnummer 134 mit 3 für den Doppel⸗‚ Zentner zu verzollen. Diese Tarifierung würde nur dann nicht gerechtfertigt erscheinen, wenn das Aufkratzen zu einer völligen Beseitigung der Hobelspuren geführt hat. (Verfügungen det Hamb. General Zolldirektorß. Amtl. Nachrichten der General Zoll⸗ direktion.)

Zolltarifauskünfte.“) Nähmaschinen Gestell- theile. Es liegen rechtwinklige fournierte Holzplatten von etwa 1,866 m Länge, 41“ em Breite und 4.5 em Dicke vor, welche durch Zusammenlelmen von etwa 4 em im Quadrat starken Stäben aus hartem Holze, deren Adern in verschiedenen Richtungen laufen, ber— gestellt sind. Die oberen Plattenflächen und die Längsseiten sind lackiert; die unteren Plattenflächen sind mit Einschnitten und Löchern für Befestigungszwecke versehen.

Die Platten sollen nach Angabe des Frazstellers als Tischplatten für Nähmaschinen mit Gestell in Fabrikbetrieben dienen und) theils ohne, theils mit einem 54 em langen und 18 em breiten Ausschnitt für die einzubauenden Maschinen, wie solchen die eine Probe zeigt, zur Einfuhr gelangen.

Der angegebene Verwendungszweck der Waare ist aber nicht mit Sicherheit erkennbar.

Die Behandlung als Maschinentbeile ist daher nach der An— merkung 2b ju 2 bei ‚Maschinen' auf S 283 des Amtlichen Waaren⸗ verzeichnisses ausgeschlossen; es hat vielmehr gemätz der Voischrift in Ziffer 8 des Artikels „Holzwaaren! auf S. 1856 die Tarifierung als lackierte nicht feine Tischlerarbeit (Nr. 13f Zollsatz 10 4) einzutreten.

Stahlwellen für Transmissionen. Die bemusterte Waare besteht aus 16 bis 19 mm starkem gejogenen Stahl mit kreis— rundem Querschnitt, welcher nach der Angabe des Fragstellers zu Trans⸗ missionzwellen Verwendung findet, und welcher von einem Sachver⸗ ständigen als starker Stahldraht bezeichnet wird. Die ziemlich glatte Oberfläche der Waare ist nach sachverständigem Gutachten nicht durch eine auf Verfeinerung der Waare gerichtete nachträgliche Bearbeitung hervorgebracht, sondern bei der Herstellung der Waare mittels Ziehens selbst entftanden, wag auch die vorhandenen, mit der Längsachse parallel laufenden Linien bezeugen. Die Waare ist daher, sofern sie, wie es nach der Angabe des Fragstellers geschehen soll, in Stabform eingeht, der Tarifnummer 6b (DZollsatz brutto 2,50 AM) zu unterstellen. In gleicher Weise hergestellter und ebenso beschaffener Stahl in Stabform mit anderem Querschnitt würde derselben Zoll⸗ behandlung unterliegen.

Fußbodenplatten aus Asphalt. Es liegen Platten vor welche aus robem, gemahlenen Asphalt ohne Zasetzung von Binde⸗ mitteln unter Crwärmung durch seht hohen Druck gepreßt sind.

Der Umstand, daß die Platten an den Kanten der Oberseite eine Kehlung zeigen, hat auf die Tarifierung keinen Einfluß, weil die Kehlung zweifellos schon durch die Pressung erzeugt ist (Nr. 334 zollfrei). (Amtliche Nachrichten der General-⸗Zolldirektion Hamburg.)

zwischen der Kaiserlichen Regierung 1tsch⸗Ostafrikanischen Gesellschaft, be⸗

das Bergwesen in Deutsch-⸗Ostafrika. Zwischen

der Kaiserlichen Regierung und dem Landessfiekus von Deutsch⸗Ostafttka

ist unterm 25. September d. lgendes vereinbart worden

ö s 98st ant s * ,, . 11 9

Die Deutsch⸗Ostafcikanische Gesellschaft verzichtet mit der

. 591 4 * 24 82 ö 666.

punkt der Einführung der Allerhöchsten V

Bergwesen

ror hdr 1 DrDIln

—— 646 * R VII 1a46r 195n .

Deutsch⸗Ostaftika auf alle Rechte winnung von Mineralien in Kaiserlichen Regierung in 5 Regierung und der Gesellschaft

geräumt sind.

Als Entgelt für d . von Deutsch⸗Ostafrika, Hälfte der Feldersteuern

Einsicht in

nicht zu.

urkunden, dem Uebereinkunft,

ift, genießen ei vertragschließenden marken, Etiketts, V Fabrif. Muster un sprungs⸗Orte un Uebereinkunft

4. Ottober d.

Reichthum Sibiriens. (Nach einem amerikanischen Konsulatgbericht.)

Nach Sibirien wandern jährlich ungesähr 200 000 Farmer ein, welche von der russischen Regierung freien Transport und freie Be⸗ nutzung von 15 ha Land vo Familie auf eine bertimmte Zeit er- halten. Die Gesammtbevsölkerung beläuft sich gegenwärtig auf 8 000 000 Einwobner Wenn rt er Grundlage der Be⸗ völkerung des eure vätschen Rußlands eine tzan aufstellt., so er⸗ giebt sich, daß Sibirlen eine Bevölkerung von 80 000 090 Ein⸗ wobnern aufnehmen kann.

) Gemäß dem Bundesrathsbeschlusse vem 20. Januar 1898. Deutsches Handelsarchiv 1898 1. S. 213.

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