1900 / 260 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 Oct 1900 18:00:01 GMT) scan diff

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Die Vereinbarung, welche vor kurzem n der medi⸗ , Doktorpromotion zwischen den betheiligten eutschen Bundesregierungen getroffen worden ist und mit dem 1. Oktober dieses Jahres zu einer Aenderung der einzelnen Promotionsordnungen geführt hat, lautet, wie folgt: 1) Die unterzeichneten Unterrichts⸗Ministerien haben sich dahin verständigt, daß eine Neuregelung der medizinischen Doktorpromotion nach Maßgabe der anliegenden Grundzüge erfolgen soll.

2) Die Grundzüge sind in die Promotiongordnungen der einzelnen medizinischen Fakultäten vollinhaltlich aufzunehmen. Dabei ist jedoch davon auszugehen, daß es sich nur um Minimalerfordernisse handelt und es den einzelnen Pro⸗ motionsordnungen überlassen bleibt, die Anforderungen an die Promotion zu verschärfen.

3) Die erfolgten Promotionen sollen halbjährlich im „Reichs-Anzeiger“ nach dem beigefügten Formular in tabella— rischer Form veröffentlicht werden. Zu diesem Zwecke werden die betheiligten Ministerien die ausgefüllten Formulare bezüg— lich des Sommer⸗Halbjahres bis zum 1. Dezember, bezüglich des Winter-Halbjahres bis zum 1. Juni jedes Jahres an die Redaktion des „Reichs-Anzeigers“ einsenden, welche dieselben sammelt und baldigst zum Abdruck bringt.

) Die Durchführung der Neuordnung ist so zu beschleu⸗ nigen, daß sie auf alle sich nach dem 1. Oktober d. J. zur Promotion meldenden Kandidaten zur Anwendung gelangt.

(Folgen Datum und Unterschriften.)

Grund züge.

A. Allgemeines.

J. Der medizinische Doktorgrad darf nur verliehen werden auf Grund einer durch den Druck veröffentlichten Dissertation und einer mündlichen Prüfung.

Eine Promotio in abséntia findet unter keinen Um— ständen statt.

II. Durch die Dissertation soll der Kandidat sich darüber ausweisen, daß er die Befähigung erlangt hat, selbständig wissenschaftlich zu arbeiten.

Die Dissertation ist in deutscher Sprache abzufassen; die Anwendung einer anderen Sprache ist mit Genehmigung der Fakultät zulässig. Am Schlusse der Dissertation ist der Lebens— lauf des Kandidaten anzufügen.

Bei Vorlage der Dissertation hat der Kandidat an— zugeben, ob und in welcher wissenschaftlichen oder Kranken⸗ anstalt er die Dissertation ausgearbeitet und inwieweit er sich bei Ausarbeitung derselben etwa noch sonst fremden Raths bedient hat. Dieser Angabe ist die eidesstattliche Versicherung hinzu⸗ zufügen, daß darüber hinaus keine weitere Beihilfe statt— gefunden habe.

Nach Annahme der Dissertation durch die Fakultät hat der Kandidat die Drucklegung auf eigene Kosten zu besorgen. Dabei ist auf der Rückseite des Titelblatts die Genehmigung der Fakultät unter namentlicher Bezeichnung des oder der Referenten etwa in folgender Art zu erwähnen:

„Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität .... (Name). Referent: Professor (Name).“

III. Die mündliche Prüfung besteht nach Verschiedenheit

der Fälle (vergl. unten Vl, VII, XII, XIII) entweder in

inem einfachen Colloquium oder in einem Examen rigorosum.

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B. Die Promotion von Inländern. (Angehörige des Deutschen Reiches.)

IV. Die Zulassung von Inländern darf in der Regel erst erfolgen, nachdem sie die Approbation als Arzt für das Reichsgebiet beigebracht haben.

V. Ausnahmen können in besonderen Fällen durch ein⸗ stimmigen Beschluß der Fakultät mit Genehmigung der Auf— sichtsbehörde zugelassen werden, wo die Erfüllung jener Vor⸗ bedingung dem Kandidaten aus gewichtigen Gründen nicht zuzumuthen ist.

Dabei darf jedoch hinsichtlich der Vorbildung unter die Anforderungen des Zeugnisses der Reife von einem deutschen Realgymnasium, hinsichtlich der sonstigen beizubringenden Ausweise unter das in Nr. XIII X festgesetzte Miaß vor—⸗ behaltlich des zu b daselbst zugelassenen Dispenses in keinem Falle herabgegangen werden.

VI. Die mündliche Prüfung beschränkt sich in den regel⸗ mäßigen Fällen der Nr. IV auf ein Colloquium vor dem Dekan oder seinem Vertreter als Vorsitzenden und zwei ge⸗ wählten Mitgliedern der Fakullät. Jeder der drei Examinatoren hat den einzelnen Kandidaten in der Regel eine Viertelstunde zu prüfen. Dabei soll die wissenschaftliche mehr als die praktische Seite der Medizin betont werden.

VII. In den Ausnahmefällen der Nr. V ist das Examen rigorosum abzulegen. Die Prüfungskommission besteht aus dem Dekan oder seinem Vertreter als Vorsitzendem und mindestens sieben weiteren, von der Fakultät gewählten Examinatoren. Die Prüfung zerfällt in einen theoretischen

und einen praktisch⸗klinischen Theil.

Die theoretische Prüfung hat sich auf folgende Fächer zu erstrecken:

I) Anatomie,

2) Physiologie, .

3) pathologische Anatomie mit Einschluß der allgemeinen Pathologie,

4) Hygiene.

In jedem der Fächer zu 1 und 2 wird der einzelne Kandidat mindestens eine Stunde, in jedem der Fächer zu 3 und 4 mindestens eine halbe Stunde geprüft, und es muß dabei außer dem Examinator noch der Vorsitzende oder im Behinderungsfall ein anderes Mitglied der Prüfungskommission zugegen sein. Die Prüfung ist insoweit öffentlich, daß jedem medizinischen Lehrer an einer deutschen Universität und jedem für das Deutsche Reich approbierten Arzte der Zutritt freisteht.

In der Woche vorher findet die praktisch⸗klinische Prüfung in der Inneren Medizin, in der Chirurgie und in der Ge— burtshilfe und Gynäkologie am Krankenbette statt. Die Prüfung umfaßt die Stellung einer oder, nach Befinden des Examinators, zweier Diagnosen, an welche sich ein weiteres Examen, wie es bei der ärztlichen Prüfung vorzunehmen ist, anschließt.

VIII. Sowohl bei dem Colloquium wie bei dem Rigorosum erfolgt die Feststellung des Ergebnisses durch mündliche oder schriftliche Abstimmung. Jedes Mitglied der Prüfungs— kommission stimmt mit „bestanden“ oder „nicht bestanden“ ab. Im Colloquium genügt, um die Gesammtzensur „bestanden“ (riteé) zu erhalten, die einfache Majorität, im Rigorosum muß der Kandidat zur Erlangung derselben Zensur mindestens drei Viertel der Gesammtstimmenzahl und darunter die Stimmen der praktisch⸗klinischen Examinatoren in den zu VII Absatz 4 genannten Fächern für sich haben.

ella r e ne erich dee w d n rt gn

; Eine höhere Zensur, als welche „gut“ (eum laude) und „sehr gut“ (inagna cum laude) zugelassen sind, darf nur ertheilt werden, wenn die Dissertatlom als besonders tüchtige Leistung anzuerkennen ist; die Kommission enischeidet darüber mit einfacher Majorität. Ausnahmsweise kann auch, aber nur durch einstimmigen und von der Fakultät genehmigten Beschluß der Kommission, die Zensur „ausgezeichnet“ (summa cum laude) ertheilt werden.

IX. Hat der Kandidat die mündliche Prüfung nicht be⸗ standen, so muß er sie ganz wiederholen. Das kann frühestens . m, (Colloquium) oder nach 6 Monaten (Rigorosum) geschehen.

X. Der Promotionsakt darf erst nach der durch den Druck erfolgten Veröffentlichung der Dissertation und nach bestandener mündlicher Prüfung erfolgen.

XI. Die Gebühren sollen in den Ausnahmefällen der Nr. V, also in allen Fällen, in welchen das Examen rigorosum stattzufinden hat, 50 o mehr als in den regelmäßigen Fällen der Nr. IV, jedenfalls aber nicht weniger als 450 betragen.

C. Die Promotion von Ausländern. (Nichtangehörige des Deutschen Reichs.)

XII. Auf Ausländer, welche die ärztliche Approbation für das Deutsche Reich erlangt haben, finden bezüglich der Pro— motion dieselben Vorschriften Anwendung, wie auf die in gleicher Lage befindlichen Inländer.

XIII. Ausländer, welche die ärztliche Approbation für das Deutsche Reich nicht besitzen, haben sich bei der Fakultät behufs ihrer Zulassung zur Promotion darüber auszuweisen:

1) daß ihnen eine Vorbildung zu theil geworden ist, welche in dem Staate, dessen Angehörige sie sind, für die Erwerbung des medizinischen Doktorgrades und die Ablegung der ärztlichen Prüfung erfordert wird; fehlt es in dieser Be— iehung in ihrem Heimathsstaate an bestimmten Festsetzungen, z haben sie durch vorgelegte Reifezeugnisse (nöthigenfalls unter Beifügung inländischer Ergänzungszeugnisse) mindestens eine Vorbildung nachzuweisen, welche den Ansorderungen für das Zeugniß der Reife an deutschen Realgymnasien enispricht;

2) daß sie nach Erlangung dieser Vorbildung

a. so viel Semester, wie in Deutschland für die Zulassung zur ärztlichen Prüfung vorgeschrieben sind, an einer gut ein— gerichteten Medizinischen Fakultät ein geordnetes medizin sches Stu dium, ähnlich wie es in Deutschland üblich ist, geführt und

b. mindestens eines dieser Semester an derjenigen deutschen Universität, bei welcher sie promovieren wollen, studiert haben.

Von letzterem Erforderniß kann, wenn der Kandidat der Fakultät genauer bekannt ist, mit Genehmigung der Aussichts— behörde ausnahmsweise abgesehen werden.

Im übrigen und abgesehen von Nr. V finden auf diese Ausländer bezüglich ihrer Promotion diejenigen Vorschriften Anwendung, welche für die in gleicher Lage befindlichen In⸗ länder gelten.

D. Schlußbestimm ungen.

XIV. An Stelle der zur Genehmigung ungedruckt vor— zulegenden Dissertation kann nach Ermessen der Fakultät auch eine bereits durch den Druck veröffentlichte wissenschaftliche Arbeit des Kandidaten treten. Die Vorschriften zu L sinden in diesem Falle entsprechende Anwendung.

XV. Die Ehrenpromotion, promGtio honoris causa,

wird durch vorstehende Bestimmungen nicht berührt.

Name geit Promo⸗ des 3e .

4. P und Ort Staatt⸗

vierende Uni⸗ Promovenden 2 ö

versitãt und Geburt angehörigleit

Vorname .

6. 72. 8.

Vorbildung (also bei Inländern: Reifezeugniß mit An⸗ gabe der Anstalt und

des Datums,

bei Aue ländern: dasselbe oder nach XIII, I)

Studiengang. (Angabe der Studienorte und der Studienzeiten an jedem derselben)

Titel der Dissertation mit Angabe des Druckorts und gegebenenfalls des Verlegers

10. 1

Im ersten Falle zu Datum Spalte 10: 65 Datum der Approbation als Arzt

Ob Collo⸗ quium oder Rigorosum (mit Angabe des Datums)

Referent der

Promotion

Nachdem der bisherige Königlich serbische Geschäftsträ ger Papacostopoulos zum Legations⸗Sekretäͤr bei der Königlich serbischen Gesandtschaft in Wien ernannt worden ist und sich auf seinen neuen Posten begeben hat, fungiert der Legations— Sekretär Dr. Radulovitch bis auf weiteres als interimisti⸗ scher Geschäftsträger.

Württemberg.

Die Kammer der Abgeordneten beschäftigte sich gestern, wie der „St.⸗A. f. W.“ meldet, mit dem Bericht der siaats rechtlichen Kommission über die Handhabung der Militärkonvention, und zwar zunächst mit dem ersten Theil des Berichts, der das Verhältniß des Königlichen Befehls vom 1. Dezember 1893 zu Art. 8 der Militär— konvention betrifft. Der Berichterstatter Abg. K. Haußmann erläuterte in freier Umschreibung des gedruckten Berichts den Antrag der Kommission, der in AÄbs. I anerkennt, daß der Befehl ein neues Staatsvertragsverhältniß nicht geschaffen habe, viel⸗ mehr innerhalb der Befugnisse des Trägers der Kommando⸗ gewalt sich bewege, während dann in Abs. 2 bezüglich der Kommandierungen von Offizieren nach und von Preußen gewisse, auf eine Einschränkung der bisherigen Praxis abzielende Wünsche an die Regierung gerichtet werden. Bezüglich dieser Wünsche betonte der Berichterstatter, daß dieselben nicht etwa von einem engherzig partikularistischen Standpunkt ausgingen, sondern Gefühlen eines berechtigten Ehr⸗ eizes des Landes entsprängen. Der Abg. von Geß führte aus, der Kommissiongantrog nach keiner Richtung hin einen Vorwurf gegen die Regierung enthalte und daß auch Abs. 2 den unbestimmt gehaltenen Bestimmungen des Art. 8 der Militärkonvention eine durchaus wohlwollende Auslegung ehe. Solange aber die Militärkonvention mit ihrem . Inhalt bestehe, müsse man sich auf den Boden der⸗ elben stellen; die Vorwürfe, die in einigen Blättern

gegen die Kommission gerichtet worden, seien daher ganz

unbegründet. Sodann nahm der Kriegs⸗Minister Freiherr Schott von Schottenstein das Wort, um die Noth— wendigkeit und Nützlichkeit der durch den Königlichen Befehl getroffenen Regelung vom militärisch⸗technischen Stand- punkt aus zu beleuchten. Der Minister⸗Präsident Dr. Frei⸗ herr von Mittnacht legte hierauf die rechtliche Seite der Frage und den ganzen Standpunkt der Regierung im Zu⸗ sammenhang dar. Die weitere Berathung wurde bis 5 Ühr Nachmittags vertagt. In der Abendsitzung wurde Abs. 1 des Kommissionsantrags mit allen gegen 3 Stimmen, Abs. 2 mit 74 gegen 5 Stimmen angenommen.

Oefterreich⸗ Ungarn.

Der König von Griechenland ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend von Paris in Wien eingetroffen.

Auf dem gestern in Wien eröffneten Industriellentage hielt der Minister⸗Präsident von Körber eine Ansprache, in welcher er zunächst auf das wirthschaftliche Programm der Re— gierung hinwies und die Hoffnung aussprach, die Zustimmung der industriellen Kreise zu finden, wenn durch eine den Wohlstand verheißende Entwickelung der 6konomischen Kräfte der politische Streit gemildert werden sollte. Ein der— artiges Streben bezwecke nicht die Zurückdrängung des natio⸗ nalen Empfindens, doch man müsse an die unmittelbar bevor— stehende Aufstellung des neuen Zolltarifs und an die Erneue⸗ rung der Handelsverträge denken. Die Bereitwilligkeit der Regierung, den nationalen Gefühlen, allerdings unter Wahrung der Interessen des Staates und seiner Rechts— einheit, Rechnung zu tragen, bewiesen ihre Shrnchen Gr entwürfe. Die Regierung, welche die Verwaltung mit fester Hand und größter Unparteilichkeit auszuüben wünsche, habe es für 2 ehalten, sich den Parteikämpfen fernzu⸗ halten und die durch diese Parteikämpfe bedrohte Verfassung zu vertheidigen. Der Minister⸗Präsident schloß mit der Ver⸗ sicherung, daß die Regierung bei der Aufstellung des Zolltarifs

und bei der Erneuerung der Handelsverträge die Bedürfnisse der gesammten heimischen Produktion entschieden wahrnehmen werde.

Im ungarischen Unterhause begann gestern die Verhandlung über die Vorlage, betreffend die Eheschließung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich⸗ Este. Der Abg. Kossuth sprach sich gegen die Vorlage aus, weil das ungarische Staatsrecht die morganatische Ehe nicht kenne. Der Abg. Ludwig Hollo (Ugronpartei) forderte, mit Rücksicht darauf, daß die Deklaratien des Erzherzogs eine Berufung auf das Hausgesetz enthalte, die Publikation des letzteren.

Grosbbritannien und Irland.

Der „Daily Telegraph“ vernimmt, der Marquis of Salisbury sei entschlossen, von seinem Posten als Staats⸗ sekretär des Aeußern zurückzutreten, dagegen den Posten als Premier-Minister beizubehalten. Er sei zu diesem Entschluß auf den Rath der Aerzte gekommen, ob⸗ wohl seine Gesundheit zu keinerlei Besorgniß Anlaß gebe. Der jetzige Staatssekretär des Kriegsamis. Marquis of Lansdowne, werde sein Nachfolger im Ministerium des Auswärtigen sein.

Bei der Wahl eines Mitgliedes des Unterhauses für die Orkney⸗ und Shetlandsinseln wurde der Unionist Wa son mit 2057 Stimmen gewählt. Der liberale Gegen⸗ kandidat Lyell, welcher die Inseln bisher vertrat, erhielt 2017 Stimmen. Die Parlamentswahlen sind damit beendet.

Es ist Befehl ertheilt worden, eine Batterie ein⸗ zfündiger Vickers⸗MMaxim-Schnellfeuergeschütze zum Abgang nach China bereitzustellen.

Frankreich.

In dem gestern abgehaltenen Ministerrath machte der Minister des Auswärtigen Delcassé, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet. Mittheilung über die Lage in China und übermittelte den Dank der auswärtigen Staatsoberhäupter und Regie⸗ rungen für die Aufnahme, welche ihre Staatsangehörigen

und die Aussteller ihrer Länder in Paris gefunden hätten. Der Minister theilte ferner mit, daß ein Gelbbuch, welches die Entwickelung der chinesischen Angelegenheiten seit dem März d. J. umfasse, unverzüglich zur Vertheilung gelangen werde. Der Präsident Loubet unterzeichnete ein Dekret, eh welches die Ausstellung bis zum 19. November einschließli verlängert und bestimmt wird, daß am 7. November der Gintritt in die Ausstellung unentgeltlich sein solle.

Spanien.

Pidal hat, wie dem W. T. B.“ aus Madrid be— richtet wird, den Posten des Botschafters beim Vatikan über⸗ nommen. .

. Die carlistische Bewegung hält, dem „W. T. B.“ zufolge, an; die Truppen von. Madrid, Saragossa, Burgos und Valladolid sind marschbereit. Das Kriegsschiff „Pelayo ist nach Barcelona entsandt worden. Wie aus Barcelona gemeldet wird, sind daselbst drei Geistliche verhaftet werden, bei denen wichtige, auf die carlistische Bewegung hezügliche Schriftstuůcke beschlagnahmt wurden. Eine 30 Mann starke, mit Gewehren bewaffnete Carlistenbande ist bei Berga aufgetreten. Bei einer Haussuchung, welche die Polizei auf einer Besitzung vor⸗ nahm, wurden ein Mönch sowie eine Dame mit ihren Söhnen verhaftet. Dem Vernehmen nach sind noch andere Verhaftungen vorgenommen worden.

Türkei.

Das Wiener „Telegr.⸗Korresp.⸗Bureau“ meldet aus Konstantinopel vom gestrigen Tage, daß dort mehrere Bulgaren verhaftet worden seien, welche nach Angabe der Pelizei zum macedonischen Comité in K ständen. Der bulgarische diplomatische Agent habe entsprechende Schritte unternommen.

Amerika.

Wie dem „W. T. B.“ aus New York berichtet wird, hielt Bryan gestern an verschiedenen Orten im Staate New York insgesammt 31 Ansprachen. 4 Eine in New York eingetroffene Privatdepesche meldet, dem „Reuter'schen Bureau“ zufolge, den plötzlichen Tod des Präsidenten von Haiti Simon Sam. ;

Nach einer Meldung desselben Bureaus aus Valparaiso vom gestrigen Tage ist das chilenische Kabinet wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Präsidenten zurück⸗ getreten

Asien.

Wie „W. T. B.“ aus Peking berichtet, hatte ein Berichterstatter des „Reuter'schen Bureaus“ eine Unterredung mit dem Prinzen Su, welcher den Kaiserlichen Hof auf der Flucht nach Taijüenfu begleitet hatte und später nach Peking zurückgekehrt ist. Nach der Erzählung desselben habe der Hof Peking in Reisewagen verlassen und sich nach Kuanschi, 20 Meilen nördlich von Peking, begeben, eskortiert von 3000 Soldaten, welche auf dem ganzen Wege geraubt, gemordet und andere Gewaltthätigkeiten verübt hätten. Von dort habe der Hof seine Flucht nach dem 120 Meilen von Peking entfernten Hsüenhwafu in Tage⸗ märschen von je 20 Meilen fortgesetzt. Die Ueberwachung der Soldaten sei äußerst schwer gewesen. Dieselben hätten sogar die für den Kaiser und die Kaiserin bereiteten Speisen gestohlen. Viele Rathgeber des Kaiserlichen Hofes seien dafür gewesen, daß der Hof in Hsüenhwafu bleibe, aber die Mehrzahl derselben habe eine Verfolgung durch die fremden Truppen befürchtet. So sei die Flucht wieder aufge⸗ nommen und in der Richtung auf Taijüenfu fortgesetzt worden. Zehntausend Mann unter Tungfuhsiang seien zu der Kaiserlichen Eskorte gestoßen. Allein dies habe nur die Unzuträglich⸗ keiten erhöht. Die Kaiserin habe unablässig geweint und auf diejenigen gescholten, deren Rathschläge sie in diese Lage ge⸗ bracht hätten. Der Kaiser habe jedermann geschmäht. Bei der Ankunft in Taijüenfu sei die Bildung einer Art von Regierung versucht worden, dies habe sich aber infolge der Un— ordnung zunächst als unmöglich erwiesen. Die erlassenen Edikte hätten nicht durchgeführt werden können, und es habe ein völliges Chaos geherrscht. Der Prinz Su habe hinzuge⸗ fügt, der Kaiser habe Peking nicht verlassen wollen und würde es vorgezogen haben, sich auf die Verbündeten zu stützen, allein seine Einwendungen seien nicht durchgedrungen. Der Kaiser und die Kaiserin würden zwar gern nach Peking zu⸗ rückgekehrt sein, aber sie hätten wenig Vertrauen in die Ver— sicherungen der Verbündeten, betreffend ihre Sicherheit, gehabt. In dieser Meinung seien sie durch den Prinzen Tuan und die Anderen bestärkt worden.

Nach einem Telegramm der „Times“ aus Peking vom

28. d. M. besagt eine Meldung aus chinesischer Quelle, der Prinz Ji, dessen Hinrichtung die Mächte verlangten, sei todt. Die Gesandten ständen dieser Meldung skeptisch gegenüber. „„ Aus Tientsin berichtet das „Reuter'sche Bureau“, es seien Vorkehrungen für Einrichtung eines Polizeidienstes in Paoting⸗-fu getroffen worden. Die Sitzungen der inter— nationalen Kommission, welche unter dem Vorsitz des Generals Bailloud gebildet sei, um zu ermitteln, inwieweit die einzelnen chinesischen Beamten an der Niedermetzelung der Fremden in Faoting-fu betheiligt seien, fänden im Geheimen statt, auch die Ergebnisse der Verhandlungen seien nicht veröffentlicht worden. Indessen sei bekannt geworden, daß die Kommission den Gouverneur, den Provinzialrichter und zwei andere Beamte habe verhaften lassen.

Eine Kavallerie⸗Aufklärungstruppe, welche am 21. d. M. Paoting⸗fu verlassen habe, sei in der Nacht zum 29. d. M. zurückgekehrt. Sie habe einen Zusammenstoß mit den Doxern bei Ku⸗tschang gehabt, wobei 20 Boxer ge⸗ tödtet worden seien. Die europäischen Truppen hätten 2 Verwundete verloren. Eine italienische Aufklärungs⸗ truppe, bestehend aus einem Offizier und 16 Mann, sei am 28. d. M, nach Itschou aufgebrochen. Sie habe Be⸗ fehl gehabt, die Berge auf Umwegen zu umgehen. Wie ver— laute, sei die Truppe von den Boxern eingeschlossen worden. Eine Entsatzkolonne in Stärke von 150 Italienern und 66

englischen Kavalleristen sei am 29. d. M. dorthin abgegangen.

Dem „Standard“ wird aus S eng n. vom 29. d. M., telegraphiert: Ein dortiges chinesisches Blatt veröffentliche ein angebliches Edikt des Kaisers an den Prinzen Tsching, welches besage, er, der Kaiser, wünsche durchaus, daß alle An⸗ stifter der Wirren ohne Parteilichkeit bestraft würden; er habe aus seiner persönlichen Kenntniß heraus selbst solch' einen Schuldigen bestraft, den bisher Niemand als solchen bezeichnet habe. Solcher bisher nicht namhaft gemachten . müsse es noch verschledene geben, der Prinz Tsching solle da⸗ her rasch, aber nichtöffentlich alle Schul igen angeben.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Schanghai vom 30. d. M. habe dort eine Versamm lung der Konsuln stattgefunden. Einer von ihnen habe mitgetheilt, er habe ein Telegramm von Tschang-tschi⸗tung erhalten, welches besage, daß die Lage im Yangtsethale kritisch hleiben werde, solange die europäischen Truppen in Peking blieben. Das Telegramm besage ferner: da der Boxeranführer, der zum Gouverneur von Hupe ernannt worden sei, wegen Krank⸗ heit den Posten nicht übernehmen könne, sei der frühere Taotai von Hankau, welcher fremdenfreundlich sei, zum Gouverneur ernannt worden. Die Konsuln mißtrauten Tschang⸗tschi⸗tung, da sie glaubten, er habe dem Hofe gerathen, Peking zu verlassen.

Aus Schanghai erfährt die „Times“, Li⸗Hu ng⸗ Tschang habe an Tschang-tschi⸗tung telegraphiert, die Friedensverhandlungen nähmen einen befriedigenden Fortgang, anderen leitenden Persönlichkeiten habe Li⸗Hung⸗Tschang aber genau das Gegentheil mitgetheilt und gesagt, es sei besser, für alle Fälle Vorkehrungen zu treffen. ö. . .

Die „Daily News“ berichten aus Schanghai, die dortigen chinesischen Blätter meldeten aus Hongkong, daß die Aufständischen im Süden bei Samtschuk einige ernste Mißerfolge gehabt hätten. Sie seien von den Reglerungstruppen in einer regelrechten Schlacht geschlagen worden, 400 seien getödtet, 100 gefangen genommen worden, und der Rest sei nach dem Iing⸗on⸗Distrikt geflüchtet. Die Stadt Hou⸗in (E)), welche seit dem August in den Händen der Aufständischen gewesen sei, sei von den Regierungs⸗ kruppen wiedergenommen worden, wobei 500 Aufständische gefallen seien. Der Distrikt Kwei⸗sin sei nunmehr röllig von Aufständischen gesäubert, und ein rascher Zusammenbruch der Bewegung werde für sicher gehalten, da die Aufrührer nicht mehr genügend Waffen und Munition hätten.

Aus Schanghai vom 29. d. M. wird der „Times“ ferner berichtet, daß Jütschijuan, der Sohn des fremder— feindlichen Gouverneurs von Hupe, zum Miliz⸗Kommissar der Yangtsegegend mit dem Auftrag ernannt worden sei, eine neue, der Boxerorganisation ähnliche Armee in Hunan auszuheben.

Aus Hongkong vom 30. d. M. wird dem „Reuter'schen Bureau“ berichtet, daß sich in Canton am Sonntag früh, vier Häuser vom JYJamen des Gouverneurs entfernt, eine Explosion ereignet habe, durch welche 14 Personen ums Leben gekommen seien. Es heiße, daß die Explosion in einem von den Reformern als Waffenplatz benutzten Gebäude erfolgt sei, welches sie mit Pulver und Schießbaumwolle angefüllt hätten, um den Jamen in die Luft zu sprengen. Da die Be⸗ hörden von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt seien, werde der Vorfall wahrscheinlich zu scharfem Vorgehen gegen die Reformer führen. Gerüchtweise verlaute, die Franzosen seien vorbereitet, für den Fall von Unruhen in Canton 1000 Mann aus Saigon zu Schiff dorthin zu schaffen. Die Reformer be⸗ haupteten, wenn französische Truppen zur Besetzung Cantons schritten, würde die Stadt von den Bewohnern selbst in Trümmer gelegt werden.

Afrika.

Aus Vryburg vom 27. d. M. meldet das „Reuter'sche Bureau“, daß die Buren in dem dortigen Distrikt immer kühner aufträten; anscheinend beabsichtigten sie, die Stadt ein⸗ zuschließen. Da keine Polizeimannschaften zur Verfügung ständen, seien die von der Verbindungslinie ent⸗ fernter wohnenden Farmer ohne Schutz. Vier stark verschanzte Burenlager seien zwanzig Meilen öst— lich von Vyyburg auf dem Marikani-Rand errichtet Das Fortschaffen von Vorräthen aus der Stadt sei verboten, ebenso sei den Bürgern nicht gestattet, sich nach neun Uhr Abends auf der Straße aufzuhalten. Infolge der ungewöhnlich trockenen Witterung sei das Getreide in traurigem Zustande. Die Bahn⸗ linie sei noch nicht zerstört.

Dasselbe Bureau berichtet aus Bloemfontein vom 26. d. M., daß alle über 14 Jahre alten männlichen Buren, die in einem Umkreise von 10 Meilen von Bloemfontein wohnten, nach der Stadt gebracht würden, um sie zu ver⸗ hindern, sich den noch kämpfenden Kommandos anzuschließen.

Die „Daily Mail“ meldet aus Tanger, daß in Marokko eine weitverzweigte Erhebung der Eingeborenen⸗ Stämme gegen die Provinzial⸗Gouverneure ausgebrochen sei. Der Kaid Giluly bereite mit 1200 Mann, einschließlich Kavallerie, einen Angriff auf die Bergbewohner von Maknaffa, zwanzig Meilen von Mogador, vor. Ein ernstes Gefecht werde erwartet. Die Stabt Sus sei neuerdings von den Truppen des Sultans geräumt worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der am 26. d. M. im 6. Magdeburger Wahl⸗ kreise (Wanzleben) vorgenommenen Stichwahl zum Reichstage wurde nach der amtlichen Zählung der Guts⸗ und Fabrikbesitzer Schmidt in Westerhüsen (nl. ) mit 8875 von 15395 abgegebenen gültigen Stimmen gewählt. Der Tischlermeister Gerlach in Halberstadt (Soz.) erhielt 6520 Stimmen.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika.

Wie W. T. B.“ aus Washington meldet, betrug die Ein⸗ wohnerzahl der Vereinigten Staaten von Amerika an dem Taze der in diesem Jahre vorgenommenen Volkszählung nach der vorläufigen Fest⸗ stellung 76 295 220; seit der Zählung von 1890 ist sie um 13 225 464 gestiegen.

Zur Arbeiterbewegung.

In Lens (Departement Pas de Calais) dehnt sich, wie W. T. B. meldet, der Ausstand der Kohblengrubenarbeiter (vgl. Nr. 259 d. Bl.) weiter aus; in Carvin ruht die Arbeit voll⸗ ständig. In Courrisres und Livin sind Dragoner und Jäger eingetroffen; dieselben trieben in der Nacht von Montag zu Diengtag in der Nähen von Courriòres eine Schar Ausständiger auseinander, wobei mehrere der letzteren leicht verwundet wurden.

In Antwerpen haben, der Köln. Itg.“ zufolge, die wenigen Diamantschleifereien, die noch thätig waren, am Montag ihren Betrieb eingestellt. Die Zabl der Ausständigen beläuft sich auf 5000. Nur die Betriebe von zwei Firmen, deren Inhaber den Achtstunden⸗ tag bewilligt baben, sind in Thätigkeit.

Kunst und Wissenschaft.

Nach fünfjährigen Vorbereitungen tritt jetzt ein Unternehmen ins Leben, das daß allgemeine Interesse der ganzen gebildeten Welt in Anspruch nehmen darf, das große Wörterbuch der lateinischen

Sprache der Thesaurus ling uas 14 tinas, herausgegeben unter der Leitung consilio et auctoritatèe der fünf deutschen Akademien ber gelehrten Gesellschaften, der zu Berlin Göttingen, Leiprig, München und Wien. ; Die erfte Lieferung des Wer ke⸗ erscheirt Mitte des Monats im Verlage von B. G. Teubner in Leipzig, in dem gäach berests die von den Akademien in Göttingen, München und Wien herautzgegehene Encyhlopädie der mathematischen Wissenschaften erscheint. 3

Die wissenschaftlich Bedeutung des Werke geht weit über die Grenjen der klassischen Philologie hinaus, der eg jn natürlich zunächst dient. Zum ersten Male wird etz eine auf möglichst voll⸗ ständigem, wissenschaftlich durchgeprüftem Materia beruhende Geschichte eines jeden lateinischen Wortes big ins sechste nachchristliche Jahr hundert geben. Daraus erhellt zunächst die Bedeutung für die lateinische Sprachwissenschaft, wie fär die Schriftstellererklärung und. damit für die Alterthumewissenschaft üherhaupt, namentlich wird sich auch erst jetzt die sprachgeschichtliche Methode bei literarischen Problemen“ mit größerer Sicherheit zur Anwendung bringen lassen.

5E. ergiebt sich aber daraus auch weiter die Wichtigkeit fär alle die Wissenschaften, für welche die lateinische Sprache oder die lateinische Literatur von Bedeutung ist. Die Sprachforschung im weiteren Sinne zuerst erhält für eine der wichtigsten Kultursprachen eine geordnete, zu ihrem Gebrauch bereitliegende Materialsammlung, die allgemelne Erscheinungen des Sprachlebens zu beleuchten vermag. Dem Indo⸗ germanisten und dem Romanisten insbesondere' bielet das neue Werk eine Darstellung der für beide gleich wichtigen Sprache, von der aus sie rückwärts und vorwärts die Entwickelung verfolgen können. Vor allem der Erxforschung der romanischen Sprachen wird das Wer: durch die Berücsichtigung des späteren Lateins wesentliche Dienste leisten können. Das gleiche gilt fuͤr den mittelalterlichen Hist oriker den das Werk als Führer auch durch daz Gestrüpp verwildernden Lateins geleitet oder dem ez doch die Warzeln weist, aus denen spätere Mißbildungen erwachsen sind.

Nicht minder wird die Theologie aus dem großen Werke Nutzen gewinnen können. Soweit sie sich mit der Erforschung der frühchristlichen Zeiten beschäftigt, wie dies jetzt mit besonderem Eifer geschieht, wird sie des Werkeß zum Studium der Quellen, deren wichtigste vollständig berücksichtigt sind, nicht entbehren können, Darüber hinaus wird die Erhellung der für die Geschichte der Kirche wie des Dogmas fundamentale Bedeutung besitzenden lateinischen Sprache reiches Licht für die Gatwickelung und die Geschichte theologischer Begriffe bringen. Das letztere gilt in gleichem Maße für die Philosophie; es braucht hier nur auf die Behandlung des Wortes elementum durch den Berliner Philologen Diels hin gewiesen zu werden, um die Bedeutung zu erkennen, die das Werk für die Geschichte philosophischer Begriffe zu gewinnen verspricht.

Aber auch nach anderer Richtung darf das Werk auf allgemeine Bedeutung Anspruch erheben. Es ist das erste, das durch die Vereinigung der fünf deutschen Akademien zu stande kommt. Seit mehr denn 100 Jahren hat das Bedürfniß, ein erschöpfendes und zuverlässiges lateinlschez Wörterbuch zu besitzen, zu immer er— neuten Versuchen geführt, den Plan zur Verwirklichung zu bringen. Aber erst der Zusammenschluß der fünf deutschen gelehrten Körper⸗ schaften hat die für das große Unternehmen ausreichende Organisation zu schaffen vermocht. Denn gewaltig ist die Aufgabe, die es hier zu bewältigen gilt. Man bedenke, daß für die gesammte römische Literatur bis zum 2. nachchristlichen Jahrhundert daz Material vol l ständig vorhanden sein sollte, ehe an die Bearbeitung gegangen werden fonnte. Für jedes Wort ist für jede einzelne Belegstelle durch ein sinnreiches Berzettelungspverfahren ein Zettel vorhanden, der die unmittelbare Einreichung und Benutzung bei der Ausarbeitung der einzelnen Artikel ermöglicht. In zahllosen Kartonschachteln stehen jetzt diese Sammlungen, chronologisch geordnet, im Bureau dez Thesaurus in München; z. B. nimmt das Spezialwörterbuch zu Livius allein eine große Wand ein. Daju kommt das Material für die späteren Scriftsteller, die bis zum Ausgang des 6. Jahrhunderts zum kleineren Theil „verzettelt“, zum größeren Theil excecpiert, d. h. von Spezialforschern für die Zwecke des Thesaurus wieder unter möglichstem Zurückgehen auf die beste Ueberlieferung durchgearbeitet wurden, wobei das lexikographisch Wichtige auf besondere Zetiel notiert wurde. Natürlich fehlen auch Inschriften, Münzen u. s. w nicht.

Nach Abschluß dieser Vorarbeiten hat nun im Oktober 1899 die eigentliche Arbeit am Thesaurus, d. h. die Abfassung der Artikel, be⸗ gonnen. Zu München, wo im Gebäude der Atademie der Wissen⸗ schaften alles Zettel material vereinigt liegt, ist unter Leitung eines General ⸗Redattors ein Bureau von einem Dutzend jüngerer Gelehrten eingesetzt worden. Dessen Mitglieder schreiben die Artikel auf Grund der nun aus allen jenen Spezialwörterbüchern und Excerpten zu⸗ sammengeordneten Zeitel. Des Bearbeiters Aufgabe ist es, auf Grund des ihm gelieferten Stoffes, der den in den bisherigen Wörter⸗ büchern verarbeiteten immer an kritischer Sicherheit, fast immer auch an Vollständigkeit weit übertrifft, die Geschichte des Wortez zu scheeiben, indem er für seltenere Wörter das Material mönglichst vollständig giebt, bei häufigeren Wörtern die Bedeutungsdifferenzen und -Ent⸗ wickelungen klarlegt, alles ohne viel eigene Worte, möglichst nur durch klare, übersichtliche Anordnung der Zitate. Aber auch als buch⸗ händlerisches Verlagsunternehmen darf das Werk als ein großes be⸗ zeichnet werden, dem sich nicht viele an die Seite stellen können. Denn ganz beträchtliche Aufwendungen hat der Verleger zu machen,

ie er nur in der Erwartung übernehmen koennte, daß für dieses monumentale Unternehmen Absatz in den weitesten wissenschaftlichen Kreisen aller Nationen ju finden ist. Vas Werk soll vollendet in 15 Jabren in 12 Bänden zu 125 Bogen oder zu 1000 Seiten großen Quartformats vorliegen. Jeder Bogen aber wird über 83 000 Buch⸗ staben enthalten daraus läßt sich ermessen, welche Bedeutung das Werk auch von diesem Gesichtspunkt aus hat.

Endlich darf das Werk aber auch als ein nationales Unternehmen von internationaler Bedeutung das Jateresse weiterer Kreise be⸗ anspruchen. Ein deutsches Unternehmen im wahrhaft großdeutschen Sinne durch die Vereinigung der gelehrten Kräfte des Reichs und Oesterreichs, ehrenvoll für uns, wenn man erwägt, daß ein so bereites Heer von Mitarbeitern vielleicht keine andere Nation gestellt hätte, nimmt der Thesaurus internationale Bedeutung in Anspruch einmal durch seinen Gegenstand denn das Kulturleben aller Völker hat an dem Leben der lateinischen Sprache tbeil —, sodann durch die Art seiner Entstehung; denn der Zusammenschluß der deutschen Akademien,

worden ist, wird für äbnliche Unternehmungen der soeben begründeten Assoziation der Akademien der Welt zugleich vorbedentend und vorbildlich sein.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

In der am Montag mit der Götterdämmerung“ abgeschlossenen Gesammtaufführung von Richard Wagner gz Bübnenfeftspiel Der Ring des Rib sang Frau Gulbranson die Rolle der Brünnhilde. Die Künstlerin bot wie schon früber in dieser Aufgabe gesanglich wie schauspielerisch eine treffliche Leistung; ibren Höbepunkt hatte sie im „Siegfried. Gewisse Schären des Tons bei schnelleren Stellen könnten noch beseitigt werden. Neu war ferner Fräulein Destinn als Freia und Gutrune. Die bochbegabte Sängerin fübrte beide Rollen durchaus zufriedenstellend durch. Den Alberich gab Herr Nebe, welcher im Rheingold“ besonderg in der ersten Scene mehr Temperament hätte entwickeln können; beffer war er in Sieg ried und Götterdämmerung‘. Die übrige Besetzung stand auf einer der Königlichen Bübne würdigen Höhe. Ganz besondere Anerkennung für vollkommen einwandfreie Leistungen verdienen die Derren ma Loge) und Lieban (Mime) sowie Frau Göge alg Erda und namen lich al 83 in der Walküre. Derr Kraus sst alz Siegmund dortrefflich und namentlich am erften Abend auch als Siegfried. Stimm lich dar er wohl keinen Rivalen, darstellerisch wäre vielleicht dag Rnaben- hafte im ersten Akt noch mehr erauzzuarbeiten. Den Wotan Derr Bachmann bei sehr guter sftimmlicher Dia de sitien. Derr Med Unger befriedigte ͤ ü als Donner. Dundiag gad Dagen.

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