Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Kaufleuten Gebrüdern Heinrich C. und Emil
Engel, Inhabern der Firma „August Engel“, zu Wiesbaden das Prädikat als Königliche Hoflieferanten zu verleihen.
Auf Ihren Bericht vom 12. Oktober d. J. will Ih der Salzwedeler Kleinbahngesellschaft, G. m. b. H. zu Salzwedel im Regierungsbezirk Magdeburg, das Ent⸗ eignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für den Bau einer Kleinbahn von Salzwedel nach Dülse— berg mit Abzweigung nach der Zuckerfabrik in Salzwedel in Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums verleihen. Die eingereichte Karte folgt zurück.
Homburg v. d. H., den 19. Oktober 1900.
Wilhelm R. von Thielen. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Finanz⸗Ministerium.
Die infolge Ernennung ihres bisherigen Inhabers zum Landrentmeister und Rendanten der Regierungs-Hauptkasse in Erfurt frei gewordene Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Worbis ist dem früheren Rentmeister, jetzigen Steuer⸗Sckretär Dorau in Siegburg verliehen worden.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Bei dem Mnisterium für Handel und Gewerbe ist der Bureau⸗Diätar Brüggemann zum Geheimen Registrator und der Kanzlei⸗Diäsat Groth zum Geheimen Kanzlei⸗ Sekretär ernannt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- ünd Medizinal-Angelegenheiten.
Der bisherige Kreis-Wundarzt Dr. Bekker in Schokken ist zum Kreisphysikus des Keeises Wongrowitz und
der Arzt Dr. Balzar in Heddesdorf zum Kreisphysikus des Kreises Neuwied ernannt worden.
Dem Oberlehrer am Real-Progymnasium in Nauen Lr. Ernst Georg Friedrich Joachim Bardey ist das Prädikat „Professor“ beigelegt worden.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 39 der „Gesetz⸗ Sammlung“ enthält unter
Nr. 10 234 die Verfügung des Justiz-Ministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks des Amtsgerichts Biedenkopf, vom 23. Oktober 1900; unter
Nr. 10 235 die Verfügung des Justiz-Ministers, betreffend die Anleguag des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks des Amtsgerichts Saarlouis, vom 24. Oktober 1900; und unter
Nr. 10 236 die Verfügung des Justiz-Ministers, betreffend anderweitige Bestimmungen über die Bildung von Ortsgerichts— bezirken und über den Sitz von Ortsgerichten im Oberlandes— gerichtsbezirk Frankfurt, vom 28. Oktober 1900.
Berlin W., den 1. Novemher 1900.
Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Weberstedt.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 1. November.
Seine Majestät der Kaiser und König sind, von Hildesheim kommend, gestern Abend Gi, Uhr in Wernigerode eingetroffen, von dem Fürsten zu Slolberg⸗Wernigerode am Bahnhof empfangen und nach dem Schlosse geleitet worden.
Aus Hildesheim, vom 31. Oktober, berichtet n :
Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin trafen heute Nachmittag um 1 Uhr hier ein. Nachdem die Tochter des Ober⸗Bürgermeisters Struckmann einen prachtvollen Strauß überreicht und ein kurzes Gedicht vorgetragen hatte, begaben Sich Ihre Majestäten, Seine Majestät? der Kaiser zu Pferde, nach dem Denkmalsplatz. Auf dem Wege dorthin wurden Allerhöchstdieselben von der Bevölkerung jubelnd begrüßt. Bei dem Denkmal hatten eine Ehrenkompagnie vom 79. Infanterie⸗ Regiment sowie Vertreter zahlreicher Kriegervereine Aufstellung genommen. Nach einer Ansprache des Regierungs⸗Präsidenten von Philipsborn fiel auf ein Zeichen Seiner Majestät des Kaisers, unter, den Klängen der Musik die Hülle. Ihre Majestäten besichtigten hierauf unter Führung des Bildhauers, Professors Lessing das Denkmal, über welchez Seine Majestät der Kaiser Seine vollste Anerkennung aussprach.
Nach der Denkmalsenthüllung begaben Ihre Mo jestäten Sich nach dem Rathhause. Im großen Saale desselben waren an— wesend die Mitglieder des Magistrats und des Bürgervorsteher⸗ Kollegiums, der Vize⸗Präsident des Staate⸗Ministeriums, Finanz⸗ Minister Dr. von Miquel, der Minister des Innern Frei— herr von Rheinbaben, der Ober⸗-Präsidialrath Graf von der Schulenburg, der Regierungs⸗Präsident von Philipsborn, der Vor⸗ sitzende des Provinzial⸗Ausschusses Fürst zu Inn- und Knyp⸗ hausen, der kommandierende General des X. Armer⸗Korps, General von Stünzner, der Divisions-Kommandeur, General? leutnant Freiherr von Gayl sowie der Bildhauer, Professor Lessing und der Maler, Professor Prell. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wurden von dem Ooer⸗Bürgermeister Struck⸗ mann und dem Bürgervorsteher⸗Wortführer Stoelter vor dem Rathhause empfangen und nach dm großen Saale geleitet. Als Ihre Majestäten auf der Teeppe vor dem Saal— eingang angekommen waren, stimmte ein Sängerchor die Kaiserhymne von Schoppe an. Hierauf richtete der Ober— Bürgermeister Struckmann eine Ansprache an Ihre Majestäten, in welcher er der hohen Freude Ausdruck gab, die ga nm. Majestäten hier begrüßen zu dürfen in einem Saale, der von Künstlerhand geschaffen und vem heute ein neues, unvergeßliches Bild hinzugefügt werde. Nachdem der Redner ein begeistert aufgenommenes Hoch auf Ihre Majestäten ausgebracht hatte, kredenzte er Seiner Majeslät dem Kaiser im „Maigrafen—
becher“ den Ehrentrunk der Stadt. Seine Majestät der Kaiser nahm den Ehrentrunk und erwiderte, daß, wenn Er auf so historischem Boden wie auf dem der Stadt Hildesheim stehe, Sein Herz höher schlagen müsse. Seine Majestät sprach sodann zugleich im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin den herz— lichsten Dank aus für die freundliche Einladung und hat, den⸗ selben der Bürgerschaft mitzutheilen. Sodann besichtigten Ihre Majestäten die von dem Professor Prell geschaffenen Fresco⸗Geinälde im Rathhaussaale und begaben Sich mit dem Gefolge und den Vertrelern der Stadt in die anstoßenden Sitzungszimmer und das Bürgermeisterzimmer. Hier überreichte der Ober-Bürgermeister Seiner Majestät das erste Exemplar einer großen Reproduktion der sechs Fresco⸗Gemälde von Prell mit einem von dem Geheimen Ober⸗Regierungsrath Dr. Jordan geschaffenen Widmungsblatt und Ihrer Majestãt der Kaiserin einen auf weißer Seide in der alten Schrift aus⸗ geführten Abdruck des in der hiesigen Stadtbibliothek vor⸗ handenen, im Jahre 18206 der Königin Luise bei ihrer An⸗ wesenheit in Hildesheim von hiesigen Jungfrauen über⸗ reichten Gedichts. Seine Majestät der Kaiser sprach Sich dann noch lobend über das G.sehene und über die großartige Ausschmückung aus und sagte: Er hoffe, daß der Geist, der in der Bürgerschaft wohne, auch ferner erhalten bleiben möge.
Vom Rathhause begaben Ihre Masjestäten Sich nach dem Dom, wo Allerhöchstdieselben im Westportal von dem Bischof und dem Domkapitel empfangen und in das Innere geleitet wurden. Ihre Majestäten nf igt hier den Domschaßtz, die Domgruft, den St. Annen⸗-Friedhof und den tausend jährigen Rosenstock und verabschiedeten Sich hierauf von dem Bischof. Sodann fuhren Ihre Majestäten nach der Michaelskirche, wo Allerhöchstdieselben von dem General ⸗Superintendenten Dr. Hahn, umgeben von der protestantischen Geistlichkeit, be—⸗ grüßt wurden. Nach eingehender Besichtigung der Kirche begaben Sich Ihre Majestäten unter dem Jube der Bevölkerung nach dem Bahnhofe. Ihre Majestät die Kaiserin fuhr um 416 Uhr nach Wildpark und dem Neuen Palais zurück, während Seine Majestät der Kaiser fünf Minuten später die Fahrt nach Wernigerode antrat. .
Nach der Abreise Ihrer Majestäten fand ein Festmahl statt, an welchem der Vize⸗-Präsident des Staats⸗Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel und der Minister des Innern Freiherr von Rheinbaben theilnahmen. Der Regierungs-Präsident von Philipsborn brachte während der Tafel ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus. Der Ober⸗-Bürgermeister Struckmann feierte die Gäste, und der Staats-Minister Dr. von Miquel toastete auf die Stadt Hildesheim.
Entgegen den von mehreren Blättern verbreiteten An— gaben, wonach zu dem deutsch-englischen Noten— austausch vom 16. v. Mts. noch irgendwelche bisher nicht ver⸗ öffentlichte Zusatzbestimmungen vereinbart sein sollen, sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß außer der am 20. v. Mts. in Berlin und London gleichzeitig im vollen Wortlaut veröffent⸗ lichten Note keinerlei Vereinbarung getroffen ist. Die Blätter, die gegentheiligen Behauptungen Raum gegeben haben, sind von ihren „Gewährsmännern“ mit Unwahrheiten getãuscht worden.
In der am 31. v. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ sekretärs des Janern, Staats-Ministers Pr. Grafen von Posadowsky-Wehner abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurden der Entwurf eines Gesetzes wegen Verlegung der preußisch-österreichischen Grenze längs des Przemba⸗Flusses, ferner die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Landesverwaltung von Elsaß⸗Lothringen für 1899 sowie der Entwurf von Abänderungen und Ergänzungen der Bestimmungen über die Statistik der Bewegung der Bevölkzrung den zuständigen Ausschüssen über⸗ wiesen. Von einer Mittheilung, betreffend eine Denkschrift über die Thätigkeit der Kaiserlichen Normal⸗Aichungskommission, wurde Kenntniß genommen. Außerdem wurde über mehrere Vorlagen, betreffend Zoll- und Steuerangelegenheiten, sowie über eine größere Anzahl von Eingaben Beschluß gefaßt.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. G o sch * Kommandant: Kapitän zur See Ehrlich, am 30. Oktober in Neapel angekommen und beabsichtigt, am 8. November nach Corfu in See zu gehen.
S. M. S. „Gneisenau“, Komwandant: Kapitän zur See Kretschmann, ist am 30. Oktober in Lissabon einge⸗ troffen und geht am 4. November nach Tanger in See.
S. M. S. „Charlotte“, Kommandant: Kapitän zur See Vüllers, ist am 30. Oktober in Palermo angekommen und geht am 10. November nach Alexanbrien in Se.
S. M. S. „Tiger“, Kommanbant: Korvetten⸗apitän von Mittelstaedt, ist am 30. Oktober in Taku eingetroffen und beabsichtigte, heute wieder in See zu gehen.
8 , rene Kommandant: Fregatten⸗Kapitän Stein, ist gestern von Tsingtau nach Tschifu in See ge⸗ gegangen.
S. M. S. „Wörth“, Kommandant: Kapitän zur See Borckenhagen, beabsichtigte, heute von Tsingtau nach Wu— sung in See zu gehen.
Württemberg.
Die Kammer der Abgeordneten setzte gestern, wie der „St.⸗A. f. W.“ berichtet, die Berathung des Berichts der staattrechtlichen Kommission fort und 'erörterte zunächst die Frage, ob Württemberg ein Recht auf die Ersparnisse am württembergischen Militär-Etat zustehe. Die Streitfrage ist die, ob dieses in Art. 12 der Mlitär⸗Konvention aufgestellte Er⸗ sparnißrecht nur für die damalige Zeit der Pauschalbewilli⸗ gung der Militärausgaben im Reich oder auch seit dem Bestehen des spezialisierten Militär⸗Etats Geltung haben solle. Der Berichterstatter Abg. Gröber bemühte sich dar⸗ zuthun, daß die Gründe für die von der Rei Sverwaltung bestrittene Fortdauer des württembergischen Ersparnißrechts so klar und überzeugend seien, daß es an der Zeit sei, nicht mehr. bloß, wie bisher, bei Ablieferung der württem⸗ bergischen Ersparnisse an die Reichskasse den württembergischen Rechtsstandpunkt zu wahren, sondern den württembhergischen Anspruch zur Geltung zu bringen. Der Kommissionsantrag
ersucht denn auch die Regierung, hierzu die erforderlichen Schritte zu thun. Der Minister-Präsident Dr. Freiherr von Mittnacht gab, im Anschluß an die von Poschinger ver⸗ öffentlichten „Denkwürdigkeiten des Kriegs-Ministers von Suckow“, eine historische Darlegung über das Zustandekommen der Militärkonventlon, aus welcher er die Möglichkeit, ja Wahrschein⸗ lichkeit ableitete, daß der württembergische und der preußische Kriegs- Minister damals bezüglich der Frage der Ersparniffe nur für die aktuelle Zeit der Pauschalwirthschaft die noth⸗ wendigen Vorkehrungen hätten treffen wollen. Die Regierung habe die Frage seit 1875 ruhen lassen, weil sie den württembergischen Anspruch nach seinem Rechtsbestand und namentlich auch nach seinem praktischen Werth nicht als unzweifelhaft habe an— erkennen können. Wenn nun die Stände in diefer Sache eine Initiative ergreifen wollten, bei der man die Möglichkeit eines entschiedenen Mißerfolges ins Auge fassen müsse, so lege er Werth darauf, zu konstatieren, daß die Regierung hierbei nicht die, treibende Kraft gewesen sei. Der Abg. Freiherr von Wöllwarth bekämpfte den Kommissionsantrag und stellte den Gegenantrag, statt „zur Geltung“ zu‘ sagen: „zum Austrag“ zu bringen. Der Abg. von Geß ge⸗ langte zu einem ähnlichen Antrag. Da dieser Redner erwähnte, daß der Kommission ein vertrauliches Aktenstück mitgetheilt worden sei, erklärte der Minister⸗Präsident Dr. Frei- herr von Mittnacht, dieses Aktenstück müsse nun auch zur Kenntniß des Plenums gebracht werden, zu welchem Zweck sodann die Abhaltung einer geheimen Sitzung beschlofsen wurde. Der Kommissionsantrag wurde später mit 60 gegen 9 Stimmen unverändert angenommen.
Hessen.
Der frühere Finanz⸗Minister Küchler ist, wie W. T. B.“ meldet, gestern Abend nach längeren schweren Leiden gestorben.
Oefsterreich⸗ Ungarn.
Der österreichische Industriellentag nahm gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Resolution an, durch welche der Eisenbahn⸗Minister ersucht wird, die durchgeführten Tarif⸗ erhöhungen der Staatsbahnen aufzuheben und die früheren Tarife wiederherzustellen; ferner eine Resolution, be—⸗ treffend die Schaffung eines Schiffahrtsbeiraths, die Auf— hebung der erhöhten Frachtsätze des Oesterreichischen Lloyd nach der Levante, Albanien, Griechenland, Ost-Indien und China und die Wiederinkcafisetzung der Tarife vom 1. Ja— nuar 1899. — Bei dem Bankeit des Industriellentages hfselt der Handels-Minister Freiherr von Call eine Rede, in welcher er erklärte, er erblicke den kräftigsten Rückhalt für eine gedeih⸗ liche Lösung der Frage des neuen Zolltarif und der Handelsverträge in der Muwirkung des Parlaments, er wünsche daher dringend bie Thätigkeit des Abgeordnetenhauseß. Der Munister betonte, daß die achtunggebietende, erst jüngst in der Pariser Welt⸗ ausstellung glänzend bewährte Leistungsfähigkeit der 6ster— reichischen Industrie es derselben zur Pflicht mache, mit aller Macht auf eine Milderung des die besten Kräfte lähmenden inneren Streites hinzuwirken.
Wie das Wiener „Telegraph.-Korresp. Bureau“ meldet, bestätigt sich eine dem Neuen Wiener Abendblatt“ zu⸗ gegangene Nachricht aus Mostar über einen Zusammen— stoß zwischen einer österreichisch-ungarifchen Militär⸗ patrouille und montenegrinischen Soldaten, bei welchem auf montenegrinischer Seite ein Mann getödtet wurde und auf beiden Seiten Verwundungen vorkamen. Nach den bisher vorliegenden Berichten scheine es sich bei dem Vorkommniß nur um einen durch strittige Wald⸗ benutzungsansprüche hervorgerufenen Konflikt der betreffenden Grenzbevölkerungen zu handeln, sodaß dem Zwischenfall geringe Bedeutung beizumessen sein würde.
Das ungarische Unterhaus setzte gestern die Be— rathung der G'setzesvorlage, betreffend die Eheschließung des Erzherzogs Franz Ferdinand von Oesterreich' Este, fort. Der Minister-Präsident von Szell erklärte im Verlaufe der Sitzung: Die von dem Abg. Kossuth aufgestellte Alternative, wonach die Vorlage entweder ein Novum bezüglich der Thronfolge enthalte und dann unstatthaft sei, da man eine AÄenderung der Thronfolge nicht so nebenbei durchführen dürfe, oder aber kein Novum schaffe und dann überflüssig sei, sei unzutreffend. Eine Neuerung sei in der Erklarung des Erzherzogs nicht ent— halten, der Begriff der Ebenburtigkeit, von dem jene Er⸗ klärung ausgehe, sei durch Gewohnheitsrecht anerkannt. Die Thronfolge in Ungarn stehe nur den Gézherzogen von Oesterreich zu, welche nur aus einer ebenbürtigen Ehe ent⸗ stammen könnten. Dies sei im Hausgesetze bestimmi, und es sei nicht richtig, daß dieses Hausgesetz ein Geheimniß bilde. Der Minister-Präsident verlas sodann die Bestim— mungen des Hausgesetzes, welche sich auf Eheschließungen beziehen und aus welchen sich ergiebt, daß bei mangelnder Zu⸗ stimmung des Familien-Oberhauptes eine Ehe nichtig, und daß auch für die Eingehung einer morganatischen Ehe die Zu⸗ stimmung des Familien-Oberhauptes erforderlich sei. Welter bezeichnete der Minister⸗Präsident die Behauptung als unrichtig, daß die morganatische Ehe, wenn sie auch durch positives Recht nicht anerkannt sei, dem allgemeinen Bewußtsein in Ungarn fremd sei, und hob hervor, daß den Nachkommen der Erzherzoge Johann und Heinrich, eben weil sie einer morga⸗ natischen Ehe entstammten, kein Thronanspruch zuerkannt worden sei. Auf die Frage eines Abgeordneten, ob rie Ge— mahlin des Erzherzogs Franz Ferdinand Königin von Ungarn sein werde, erwiderte der Minister⸗Präsident, daß dies auf Grund der Erklärung, welche jetzt inartikuliert werden solle, nicht der Fall sein könne, so sehr er dies auch gleich den Abgeordneten bedauere. (Gcoße Bewegung und Lärm auf der ãußersten Linken.) Der Abg. Olay ruft: „Uns wird sie Königin sein!“ (Heiterkeit rechts und links; großer Lärm auf der äußersten Linken. Rufe: „Ein unabhängiges Ungarn! Ein unabhängiges Ungarn!“ Der Mmister-Präsident von Szell fuhr fort, man möge ihm glauben, daß er ebenso denke wie die Abgeordneten (Hört! höri! rechts und links) und daß, wenn dermaleinst der Erzherzog Franz Ferdinand den ungarischen Thron besteige, er der Gemahlin desselben die gleichen Gefühle und die gleiche Hochachtung entgegenbringen werde, wie auch die
anze Nation es thun werde. (Großer Lärm auf der äußersten inken. Für das Heiligthum ihrer Familie würden Gebete der ungarischen Nation emporsteigen, auch wenn Ungarn sie nicht auf dem Throne verehren könne infolge eines Hindernisses, welches nicht die unggrische Nation, sondern ihre eigene feste
Entschließung geschaffen habe. Doch möge man nicht
in die Sphäre jener Gefühle eingreifen, welche heilig und
verschlossen bleiben müsse. Derjenige, welcher mit eigener Entschließung dieses Familienheiligthum sich errichtet und dieses Glück sich erkämpft habe, und diejenige, weiche er in dieses Heilig— thum eingeführt habe, würden darüber wachen, daß die Harmonie zwischen der edlen Erfüllung des Herrscherber ufes und den übrigen Seiten des Lebens stets erhalten bleibe. Das wünsche er, und dazu erflehe er den Segen Gottes. Der Minister⸗Präsident io mit der Bitte, die Vorlage an⸗ zunehmen. Großbritannien und Irland.
Im Gegensatz zu den vielfach verbreiteten ungünstigen Mel— dungen über das Befinden der Königin Viꝑetoria erfähct das „Reuter'sche Bureau“ aus Balmoral, daß in dem Ge⸗ sundheitszustand der Königin keine Aenderung eingetreten sei, und daß Ihre Majestät sich sehr wohl befinde, nachdem Aller— höchstdieselbe den Schrecken überstanden, den der Tod des Prinzen Christian Viktor zu Schleswig⸗-Holstein verursacht habe.
Der Unter-Staatssekretär des Krieges Wyndham hielt gestern in Dover eine Rede, in welcher er, dem „W. T. B.“ zufolge, auf die anerkannte Nothwendigkeit einer Militärreform hinwies und sagte: Es sei häufig auf dem Kontinent behauptet worden, daß die Engländer dadurch, daß sie sich ihrer Reichspflichten bewußt würden, eine neue, den legitimen Bestrebungen der europäischen Mächte feindliche Gesinnung zu erkennen gäben. Dies sei aber nicht der Fall. Der Geist, der die Engländer beseele, entspringe dem gröͤßherzigen Antriebe, zu er⸗ fahren, welches von den begünstigten Völkern ber Welt am besten die ihm obliegenden Pflichten gegen die noch in barbarischem oder halbzlvilisiertem Zustande befindlichen Länder erfüllen könne.
Frankreich.
Der in Paris lebende Vertreter Aguinaldo's, Agoncillo, hat, der „Agence Havas“ zufolge, eine Kundgebung an das Volk der Vereinigten Staaten von Amerika gerichtet, in welcher er auf den materiellen und moralischen Schaden hinweist, den der gegenwärtige Krieg den Philippinen und Amerika bereits zugefügt habe und noch zufügen werde. Weiter erklärt Agoncillo, die Eingeborenen auf den Philippinen seien fähig, sich selbst zu regieren, und verlangt ein Plebiszit in der Ueberzeugung, daß alle Filippinos die Unabhängigkeit fordern würden.
Italien.
Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ w'rd der Papst zu Ende dieses Monats ein Konsistorium abhalten, in welchem aber nur Bischöfe ernannt werden sollen. In einem Konsistorium, das im Monat Januar stattfinden soll, würden, dem Vernehmen nach, 6 Italiener und 5. Ausländer, unter letzteren der Erzbischof Dr. Simar in Köln, zu Kardinälen ernannt werden.
Spanien.
Der Admiral Ramos Izquierdo ist, wie dem W. T. B.“ aus Madrid gemeldet wird, zum Marine— Minister und der General Despujol an Stelle des Generals Polavieja zum Präsidenten des Obersten Kriegs⸗ raths ernannt worden
2 Ve
geschnitten.
Aus Barcelona vom heutigen Tage berichtet W. T. B.“, der dortige Gouverneur habe zwei Niederlagen von Gewehren verschiedener Systeme, Säbeln und Munition entdeckt. Eine carlistische Verschwörung habe in der ersten Hälfte des November zum Ausbruch kommen und sich zugleich gegen den Munizipalrath, den Zivil⸗Gouverneur und den General— kapitän richten sollen. Aus dem nahe bei Barcelona gelegenen Orte Sarria seien zahlreiche Personen verschwunden. Man glaube, daß sie sich den carlistischen Banden anschl eßen würden. In Villafranca habe eine catalonische Kund— gebung stattgefunden.
In carlistischen Kreisen wird erklärt, Don Carlos stehe der Bewegung in Catalonien vollkommen fremd gegen⸗ über. Die Führer werden getadelt, weil sie eine Bewegung, die zu nichts führen könne, fo unbesonnen ins Leben gerufen hätten.
Amerika.
Bryan hielt, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend seine Abschiedsreden im Staate New York und wird bis zum Sonnabend sich in Ohio, Illinois und Indiana auf⸗ halten. Der „New York Herald“ veröffentlicht eine Er— klärung Bryan's, in welcher er sagt, die Demokcaten hätten gute Aussichten, im Staate New York zu siegen. — Der Gouverneur Roosevelt betreibe eine energische Wahl⸗ agitation, indem er im Staate New York in Massenversamm⸗ lungen Reden halte. Der Vorsitzende des demokratischen Comités spreche sich ebenfalls über die Aussichten Bryan's im Staate New York zuversichtlich aus. — Die Republi— kaner hätten gleichfalls Vertrauen zu ihrer Sache und seien der Ansicht, daß MeKinley eine größere Majorität als im Jahre 1896 haben werde.
Asien.
Aus Peking vom 30. Oktober meldet ‚„W. T. B.“, daß, nachdem die auf Paoting-fu vormarschierten Kolonnen nach der Einnahme dieser Stadt den Rückmarsch auf Peking und Tientsin angetreten hätten, die zweite deutsche Brigade, eine Eskadron und die zweite Abtheilung des Feld⸗A tillerie⸗Regi⸗ ments in Paoting⸗fu versammelt seien.
Yungping-fü (ca. 80 km wefstlich von Schan⸗hai⸗Kwan am Tsinglungho gelegen) ist durch Engländer und zwei Kom⸗ pagnien des deutschen ostasiatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 2 besetzt worden.
Das deutsche Truppentransportschif „Roland“ ist nicht, wie ‚W. T. B.“ gemeldet hatte, am 28. v. M. in Tientsin, sondern in Tsingtau eingetroffen.
Afrika.
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Pretoria vom
30. Oktober: Die Kom mission für die Prüfung der Konzessionen in Transvaal habe an diesem Tage die e , nun gen in der Angelegenheit der Dynamit— efellschaft fortgesetzt, Einer der Direktoren habe Lie Bestechung von Mitgliedern des Raad und Anderer f rechtfertigen gesucht. Aus den Büchern der Ge⸗ ellschaft, die bei der Besetzung Pretoria durch die Engländer
beschlagnahmt worden selen, gehe nach den Aussagen der mit der Prüfung dieser Bücher beauftragten Sach verständigen hervor, daß die Rechnungen unter dem Gesichte punkt aufgestellt worden seien, die Regierung ihres Antheils am Gewinn zu berauben. Aus anderen Rechnungen gehe hervor, daß die Besellschaft in diesem Jahre Transvaal eine Quantität weich⸗ spitziger, vorn gespaltener Kugeln geliefert habe.
Dasselbe Bureau berichtet aus Pretoria vom gestrigen Tage, daß, nach einer dort eingetroffenen Meldung, der General Botha sich mit einer starken Streitmacht auf dem Marsch nach dem Kenhardt-Distrikte befinde, von wo aus eine Anzahl unversöhnlicher Buren einen neuen Trek beabsichtigten.
Aus Kapstadt vom gestrigen Tage erfährt das Reuter'sche Bureau“, daß der General Hunter, nachdem zahlreiche An⸗ griffe auf die Eisenhahn in der Nähe von Ventersburg⸗Road ausgeführt worden seien, die Buren angegriffen und, ohne wesentlichen Widerstand zu finden, aus Ventersburg ver— trieben habe.
Statistik und Volkswirthschaft.
Wohlfahrts-⸗Einrichtungen. Ver Geheime Kommerzienrath Wolf in Magdeburg bat dem Vaterländischen Frauenverein der Prohin; Sachsen für dessen Volks heilstätte für Jungenkranke Frauen und Mädchen im Forst⸗ revier Vogel sang bei Gommern 30 000 S gespendet und außer⸗ dem zu Wohlfahrtseinrichtungen für seine Arbeiter die Summe von 100 000 M gestiftet.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Lens meldet W. T. B.“, daß im Koblenbecken von Pas de Calais gegenwärtig über 20 000 Grubenarbeiter aus stãndig sind (vergl. Nr. 260 d. Bl.); nur in Arras ist, infolge einer Einigung zwischen den Direfroren der Kohlenbergwerke und den Aibeitersyndikaten, der Ausstand als beendigt anzusehen.
Kunst und Wissenschaft.
Das Märkische Museum wird morgen zum ersten M ugch dem Umzug seine Pforten öffaen. allerbings nur für einen be— schränkten Kreis, und zwar für die Theilnehmer an dem Deutschen Doldsch niedetag, denen morgen und am Sonnabend von 11 di8 2 Uhr Gelegenheit geboten werden soll, die Gold. und Silberschätze des Museums zu besichtigen. Hierbei soll zum ersten Mal der kostbare Schatz des verstorbenen Siadtraths Lzwe zar Ausstellung gelangen. Mie Wiedereröffnung des Museum für das Publikun:; eifolgt am 12. Rovember.
Der Kunstsalon von Bruno u. Paul Cassirer (Vic torla⸗ straße 35) eröffnet morgen, Freitag, eine neue Aus stel lung. Diese wird zunächst eine Sammlung von 14 Werken des fran jösischen Malers Paul Csjanne enthalten, des Zeitgenossen und Mitstrebenden von Manet und Freundes Zola's, dessen Werke in Deutschan dnoch nicht zu sehen waren. Die Augstellung enthält ferner eine Reiße von Landschaften des Berliners Walter Leistikov auß dem Grunewald und ven der norwegischen Küste, eine größere Sammlung des nach Berlin übergesiedelten Müncheners Louis Cocinth, Figurenbilder und Porträts, unter diesen das Bildniß Max Liebermann“) und dag soeben vollendete von Gerhart Hauptmann; schließlich Stuspturen von Fritz Klimsch und einige Bilder von D. Y. Cameron in Glasgow. . von d'CEipagnat werden einige neue Werke zu sehen sein.
Dem Afrila⸗Reisenden Karl Schillingg, der zur Ecforschung der Lebengberhältnisse der großen Säugethiere eine wissenschaftliche Reise nach Ost -Afrika unternommen und der zoolozischen Sammlung des bayerischen Staates eine bei dieser Gelegenheit zusammengebrachte ausgejeichnete Sammlung von 22 vorzüglich konserbierten Fellen und Schädeln riesiner kolsnialer Säugethiere zum Geschenk gemacht hat, wurde, wie die Münch. Allg. Ztg. meldet, von der Königlich bayerischen Akademie der Wissensfchaften die höchstm Auz⸗ zeichnung derselben, die goldene akademische Denk münze, oer⸗ liehen. Unter der Schenkung befinden sich auch zwei tadellose Stücke der neuen Hyaena Schillingsi und Girafa Schillingsi.
Theater und Mufik.
Belle Alliance Theater.
Das Ensemble der Tegernfeer brachte am Dienstag Die Zwiderwurz'n“, Volksstück in vier Arten nach einer Erzählung gon H von Schmid von Richard Manz, erstmalig zur Aufführung. Der Spitzname „Zwiderwurz'n', welcher der schönen Sasi, der Tochter des Kurz'nbauern in der Jachenau, beigelegt worden ist, be deutet ungefähr dasselbe, was Shakespeare * mit „tho shrew“ (die Widerspenst ige) bezeichnet hat. wie überhaupt das Volts. sftück die auf bäuerlich⸗ Verhältnisse übertragene Zähmung der Widerspenstigen! behandelt, wesche dem Floffer Martl schließlich durch die Macht der Liebe gelingt. Wie sich die beftige, zanksüchtige und launenhafte Stasi all mäblich zum fanften, liebenden Mädchen wandelt, wird, mit gutem Humor und anerkennengwerther Charatteristii geschildert. Die flotte Darstellung zeigte wiederum die natürliche schau⸗ svielerische Veranlagung der Tegernfeer Gefellsch ift. Ins be sondere zeichnete sich Fräulein Lina Triebenbacher in der durchaus nicht leicht wiede ugebenden weiblichen Hauptrolle aug. In Herrn Wenga (Flosser Martl) hatte sie einen trefflichen Partner, und auch Frau Bergmooser in der komischen Rolle einer alten Jungfer, Herr Glas als Bader und Herr Sachs als Kurz'nbauer führten ihre Aufgaben mit an⸗ erkinnenswerther Sicherheit durch. Das Pubfikum schien sich gut zu unterhalten und spendete sowohl den Darstellern wie den treff⸗ lichen Jodlern, Schuhplattlern und Zitherspielern lebhasten Beifall.
Im Königlichen Opernhause wird morgen Hector Berlioz' Oper „Benvenuto Cellini in der deutschen Bearbeisung von Peter Cornellus und in nachstehender Besetzung gegeben: Kardinal Salviati; Herr Modlinger; Balducch? Herr Nebe: Theresa: Frau Herzog; Benvenuto Cellini: Her? Kraus; Aꝑcanio: Frau Goetze; Flieramosca: Herr Balß; Pompeo: Herr Stammer; junischer Schankwirth: Verr Lieban. Personen der Pan⸗ tomime; die Herren Qiaritsch, Müsler, Burwig und Fräulein Piaffenberg. Die Handlung begiebt siß in Rom um daz Jahr 1532 unter Papst Clemeng VII. Die neuen Dekorationen Innerer Hof einer Taverne! und „Der Colonna · Platz sind vom Königlichen Theatermaler Quaglio, die Werfftätte und, Gießerei Cellini's im Collosseumn“ vom Vekoraͤtongm aler Brlact gemalt. Zwischen dem ersten und zweiten Akt wird die Ouvertüre Le carnaval romain?“ gespielt. Kapellm: ister Strauß dirigiert. — Am Dienstag, den 6. November, geht zum ersten Male Der Barbier von Bagdad“, komische Oper in zwei Akten von P ter Cornelius. in Scene. Die Befetzung lautet: Khalif: Herr Berger; Baba Mustapha, Kadi: Herr Lieban; dargiana, dessen Tochter: Frau Perzog; Bostana, eine Verwandte des Kadi: Frau Goetze; Nureddin: Herr Sommer; Abul Hassan All Ebn Bekar, Barbier! Herr Knüpfer. Der Ort der Handlung ist Daf dad, Kapellmeifster Lr. Muck dirigiert. Dag Wert ist vom Ober ⸗Regisseur Tetzlaff in Scene gesetzt.
Im Königlichen Schausptelhause wird morgen G. von Moser's und T. von Trotha's Lustspiel Der wilde Reutlingen in
der bekannten Besetzung gegeben. — Am Sonnabend geht zun ersten Male Meine Schwiegertochter“ (Ma bru), Lustspiel in drei Aufzügen von Fabrice Carrs und Paul Bilhout, deutsch von Paul Bleéck, in Scene. Die Befetzung ist folgende: Levendier sen,
Deputirter: Herr Vollmer; Frau Lepeudler? Frau Schramm; Paul
Levendier, Staatsanwalt, belder Sobn: Herr Boettcher; Martha Levendier, Paul's Frau: Fräulein Sperr; Honors Tassand: Serr . Maletcot: Herr Keßler; Gräfin Lodoiska: Frau Sandow; Ferdinand Laruelle: Herr Kirschner; Gustav Laruelle: Herr Kraußneck; Marie: Frau Pagay; Herr aus dem vierten Stock, Herr Paris Das Stüch spielt in Pariö in der Gegenwart und ist von Regisseur Droescher in Scene gesetzt.
Im Neuen Königlichen Opern-Theater findet morgen eine Auffährung der Fledermaus“ statt. — Am Sonnabend geht alt sechste Vorstellung der italienischen Oper Rossini's Oper II Barbiere di Siviglia“ in Scene. Die Rosine singt Frau Marcella Sembrich; außerdem wirken die Herren Bonci, Bensaude, Arimondi und Taveechia mit. Der Billetverkauf findet täglich im Schauspielhause am Abend⸗ kassenschalter statt.
Im Deutschen Theater geht am nächsten Sonnabend Tolstoi z Drama . Die Macht der Finsternlk⸗ zum ersten Male in Scene⸗ Dem Texte ist die Uebersetzung von A. Scholz in der Bühneneinrichtung von Hans Meery zu Grunde gelegt. Die Hauptrollen werden von den Damen PVeims, Lehmann, von Holt Sarrow und den Herren Bassermann, Fischer, Reinhardt und Schwaiger dargestellt
In dem am 5. November stattfindenden dritten Phil⸗ hbarmonischen Konzert unter Arthur Rikisch's Leitung ge⸗ langen zwei Werke zum ersten Male in diesen Konzerten zur Auf⸗ führung, und zwar die Symphonie in Frmoll von Tschaikowski und das Violin: Konzert von Sinding, welches letztere von dem mitwirkenden Solisten Herrn Henri Marte au zum Vortrag gebracht wird. Die Oupertüre ju Mojart's Oper „Figar''z Hochjeit' und das Vorsplel zur Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ bilden den übrigen Theil des Programms.
Mannigfaltiges. Berlin, den 1. November 1900.
A. FE. In der Oktober ⸗Versammlung des Deutschen Vereins zur Förderung derLuftschiffahrt“ wurde zunachst auf Anregung des Vorstands die Uebersendung von Glückwunsch⸗Adressen an Seine Hoheit den Herzog Heinrich zu Mecklenburg und den Kapitän lentnant Lans, beid; seit laͤngerer Zelt Mitglieder des Vereins sowie an den Geafen Zeppelin beschlossen, die von den ungewöhnlich jahl reich erschienenen Mitgliedern fofort unterzeichnet wurden. So⸗ dann sprach Oberleutnant von Krogh vom 24. Artillerie Regiment, der als Asronaut die beiden letzten Auf fahrten des Zeppelin'schen Laftschiffs geleitet hat, über diese in der G-ichichte der Laftschiff ahrt jedeafalls bedeutungs⸗ vollen Ereignisse. Der Vortragende hatte während der Fahrt seinen Platz in der vocderen Goadel, nahe dem das Steuer regierenden Geafen Zeppelin. Die hiatete Gondel nahm der Reisende Eugen Wolff ein, die beiden Jagenieure hielten fich in der Nähe der Motoren in der Mitte auf. Die Einrichtung war so getroffen, daß vom Platz des Asconauten aus die an 14 Stellen vertheilten Ballast- bebälrer, feder für sich, entleert werden konnten. Ein Zug an der betreffenden Leine entleerte ihn ganz, nur bei den 2066 resp. 2460 kg Wasser als Ballast enthaltenden Gefäßen in der vocderen und hinteren Gonseĺ folgte auf jeden Leinen⸗ zug. bloß die Katlerrung von 20 kg. Alle anderen Ballaft. behälter hielten 0 kg jeder. Außer diesem, vom Stande des Asro= nauten aus durch 14 Leinen regierten Ballat war noch eine geringe Menge losen Ballasts in Säcken an Bord. Im Ganzen betrug der Ballast 12090 kg. Auch die fünf Ventile, einz j⸗ vorn und hinten, drei in der Mitte, wurden durch den Astonauten mittels Leinen be⸗ herrscht. Derselbe batte somlt 19 Leinen, übersichtlich angeordnet. und außerdem drel Jastcumente, nämlich zwei Anerold. Barsmeter und einen Barographen, zu überwachen, ungerechnet eine seine Aufmerksamkeit unauggesetzt beanspruchende Sekundenuhr. Von der ersten der beiden Oktober Fahrten berichtete der Vortragende nunmehr, wie fol t: Nach⸗ dem das Laftschfff die Balloahall- vꝛrlassen, erfolgte daz Kommando Laßt los!“ um 4 Uhr 45 Minaten. Es wurde mit solcher Präjision ausgeführt, daß die Leinen a tsmpo in die Luft flo en u nd der Ballon in tadelloz horizontaler Lage ausstieg. Schon nach 9 Minuten war er 250 m hob, Richtung auf Inmensta't zu, gegen den Wind, Neigung der Gondel etwaz nach vorn. Als Geaf Zeppelin Land unter sich sah, machte er eine wohlgelungene Wendung nach dem Ser zurück. Wenige Minuten später war das Fahrzeuz 315 m boch. Da es j'tzt starke Neigung nach hinten zei te, warde Gagen Wolff telephonisch ersucht, einen Sack seines Ballastes zu entlesren. Um 5 Ut 21 Minuten stellte sich wieder eine starke Neigung nach vorn ein, die trotz starker Eatlastang und trotz Brehens des Laufgewichtz sich nicht ä iderte, sodaß irgend eine 4. Z. nicht erkennbare Ünregel- mäßigkeit eingetreten fein mußte. Deshalb wendete Graf Z ppelin zur Hall: zurück und gab den Befehl jum Landen. Da auf ein 53 Sekunden langes Oeffnen des Ventils 3 der Ballon noch nicht fiel, wurden auch die Ventile 2 und 4 je 3 Sekunden geöffnet, worauf ein langsames Fallen beganr, das sich aber schnell sehr beschleunigte, sodaß in kärzester Frist der Ballon mit erhebli her Geschwindigkeit ing Wasser sauste und der Windrichtung entsprechend gegen Konstanz trieb. Da der zur Bergung bestimmte Dampfer nicht gleich zur Hand war und von der Luvseite, auf der er sich befand, nicht leicht an das treibende Luftschiff herankam, so verging einige Zeit, bis er nach der Leeseite gewechselt und das Schlepptau angelegt hatte. Trotz dieser Anfent halte war der Ballon 4 Stunden später glücklich in seiner Halle ge= borgen und der Zvischenfall — vollständige Entleerung der Ab- theilung 3 von Gas, infolge Klemmens des Ventils — so genau ermittelt, zugleich auch im übrigen die völlige Unversehrtheit des Fahrzeuges festaestellt, Laß eine neue Auffahrt in den nächsten vier Tagen in Auzsicht genommen werden konnte. — Von seinen persönlichen Eindrücken berichtete Oberleutnant von Krogb, daß ihm der Bedeutung des Moments nachze denken, zwar wenig Zet geblieben, daß ihm als Luftschiffer aber die Empfindung des starken W ndes, namentlich beim Fabren gegen den Win?, sehr neu und eigenartig ge⸗ wesen sei. — Der zweite, vier Tage später, am Sonntag, den Al. Oltobec, eisolgte Aufftieg fand unter weniger günstigen Auspien als der, erste stitt, weil Gasverlust und Fyffuston. die Kraft des Laftribs febr geschwöcht, batten, auch frotz der Aushilfe, die mit kemerkengwerther Promrtheit die bayerische Luftschifferabtheilung durch Sendung ron Wasserstoffgas leistete. Es mußte deshalb der Ballast fehr verringert, der Wasser= ballast ganz beseitigt und das Gesammtgewicht auf 60 kg ein- geschränkt werden. Von diesem geringen Ballast war man gleich nach dem wiederum tadellos vor sich gehenden Aufftieg genöthtgt, einen Sack auszuwerfen, um über 50 m Höhe hinaugzuk men und big 200 m i steigen. In dieser Höhe wurde fodann eine große Kurve beschrieben, zu der statt in Au sicht genommener 15 nahezu 17 Mi⸗ nuten verwandt wurden. In dleser Zeit wa: die Lingt— schwankung des Fahrzeugeß unbedeutend. Nach Aussührung der Kurer bat der Aöronaut, dem die geringe Menge Ballast an Bord Sorge machte, den Abstieg einleiten zu dürfen. Nach erfolgter Genehmigung wutde junächst das Ventil 3— 5 Sekunden lang gezogen. Ag trotz · dem der Ballon noch stieg, wurden auch die Ventile 2 und 4 noch 8 und endlich alle drei Ventile noch 6 Sekunden lang offen gehalten. Jetzt fiel der Ballon in so mäßiger Geschwindigkeit, daß erst 40 m über dem Wasser der letzte Ball st Sack entleert ju werden brauchte. Dann ersolgte in völlig normaler Art die Landung. Das Wesser spritzte an der vorderen Gondel hoch in die Höhe, doch blieben die Infafsen trocken. Eine halbe Stunde später war dag Luftschiff. diezmal gang unversehrt, in der Ballonballe geborgen. Nie erfte Ovation wurde dein Grafen Zeppelin bon den anwesenden sachverstäöndigen Luftsch ff ern bereitet. Se that ihm besonderg wobl. „Jedenfalls, so schloß der Redner, der seinen Vortrag mit Erläuterungen an einer ' nung des Luftschiffz be.